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ADHS stellt die betroffenen Kinder und Jugendlichen ebenso wie deren Eltern, Erziehende und Lehrende vor Herausforderungen. Die Kinder benötigen besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung in ihrer Entwicklung, wobei besonders ihre Eltern zu "Expertinnen und Experten" für ADHS und die verfügbaren Hilfen werden. Aber auch alle beteiligten Fachkräfte sollten umfassend informiert sein, damit die notwendige Zusammenarbeit auf einem gemeinsamen Verständnis beruht. Wie ADHS in jedem Alter bewältigt werden kann, wird durch zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten der Einflussnahme veranschaulicht, die den Betroffenen alle wichtigen Informationen liefern. Der Aufbau des Buchs orientiert sich dabei am Lebenslauf, beginnend mit der frühen Kindheit über das Grundschulalter bis hin zur Jugend und zum Erwachsenenalter.
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Seitenzahl: 215
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Die Autorinnen
Dr. Martina Ruhmland ist Professorin für Psychologie und Gesprächsführung im Fachbereich Sozialwesen an der Hochschule Fulda.
Dr. Hanna Christiansen ist Professorin für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie am Fachbereich Psychologie an der Universität Marburg.
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1. Auflage 2022
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-034266-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-034267-5
epub: ISBN 978-3-17-034268-2
Einleitung
1 Was ist eigentlich »ADHS«?
Martina Ruhmland und Hanna Christiansen
1.1 Theorien zur Entstehung
1.2 ADHS als Entwicklungsstörung
1.3 Diagnostik
2 ADHS in der frühen Kindheit und im Vorschulalter
Martina Ruhmland
2.1 Entwicklung der Symptomatik – Erscheinungsbild
2.2 Behandlungsmöglichkeiten
2.2.1 Prävention
2.2.2 Manualisierte Programme
2.2.3 Weitere Behandlungsmöglichkeiten
2.3 Eltern – Möglichkeiten der Einflussnahme
2.4 Erzieher:innen – Handlungsmöglichkeiten in der Kita
3 ADHS in der mittleren Kindheit
Martina Ruhmland
3.1 ADHS – Erscheinungsbild
3.2 Behandlungsmöglichkeiten
3.2.1 Manualisierte Programme
3.3 Eltern – Möglichkeiten der Einflussnahme
3.3.1 Grundsätzliche Prinzipien des Umgangs
3.3.2 Spezifische Strategien bei Verhaltensproblemen
3.3.3 Auftanken eigener Reserven
3.4 ADHS in der Grundschule
3.4.1 Manualisierte Programme
3.4.2 Auf die Klasse bezogene Maßnahmen
3.4.3 Kindbezogene Maßnahmen
3.4.4 Hausaufgaben
3.4.5 Zusammenarbeit Schule Elternhaus
3.4.6 Ganztag
4 ADHS im Jugendalter
Timo Hennig
4.1 ADHS – Erscheinungsbild
4.2 Behandlungsmöglichkeiten
4.2.1 Allgemeine Prinzipien und Ziele
4.2.2 Manualisierte Programme
4.3 Eltern – Möglichkeiten der Einflussnahme
4.4 ADHS in der weiterführenden Schule
5 ADHS im Erwachsenenalter
Elke Riechmann und Hanna Christiansen
5.1 ADHS – Erscheinungsbild
5.2 Behandlungsmöglichkeiten
5.3 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Beiträger:innen
In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl an Veröffentlichungen zum Thema Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erschienen. Dies liegt zum einen daran, dass mit etwa 5 % der Kinder und Jugendlichen eine nicht unerhebliche Anzahl an Kindern und Jugendlichen diese Diagnose erhält und sie damit zu den häufigsten Störungen im Kindes- und Jugendalter zählt. Zum anderen fallen die Betroffenen nicht nur in ihrem Alltag in den Familien durch anforderndes Verhalten auf, sondern vor allem auch im Kindergarten, der Schule oder später in der Ausbildung. So sind nicht nur die Kinder/Jugendlichen und ihre Eltern selbst, sondern auch das Umfeld von der Frage nach Umgangs- und Behandlungsmöglichkeiten betroffen. Wie bei kaum einer anderen psychischen Störung wird dabei so kontrovers diskutiert, wie z. B. die Behandlung tatsächlich aussehen sollte, wie Lehrkräfte im Schulalltag das Verhalten steuern könnten, oder die Störung an sich wird gar in Frage gestellt, da es sich nur um eine »Modediagnose« handle. Diese Diskussionen haben eine fast überbordende Anzahl an Studien und Forschung inspiriert, die Erkenntnisse sind in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen. So weiß man inzwischen, dass die ADHS keine ausschließliche Störung des Kindes- und Jugendalters ist, sondern sie häufig bis ins Erwachsenenalter erhalten bleibt und auch hier noch ein hoher Behandlungsbedarf bestehen kann.
Im Folgenden sollen zunächst aktuelle Theorien zur Entstehung einer ADHS dargestellt und erläutert werden. Dies soll dazu verhelfen, den sinnvollen Einsatz der in den späteren Kapiteln vorgeschlagenen Behandlungen und Umgangsweisen mit Betroffenen nachvollziehen zu können.
Weitere Themen wie spezifische Erscheinungsbilder, Möglichkeiten der Intervention und Förderung sowie der Prävention werden in den folgenden Kapiteln zu den verschiedenen Altersabschnitten behandelt.
Das Phänomen »ADHS« wird seit Jahrzehnten beschrieben, die Beschäftigung mit sehr unruhigen Kindern, die die Aufmerksamkeit nicht halten können, ist in der Medizin allerdings schon deutlich älter. So spricht z. B. der Psychiater Wilhelm Griesinger bereits 1845 davon, dass Kinder, die keine Ruhe hielten und keine Aufmerksamkeit zeigten, unter einer gestörten Reaktion des Zentralorgans auf die einwirkenden Reize litten (Griesinger, 1861). Während in den folgenden Jahrzehnte über die Ursachen vielfältig diskutiert wurde, ist die Beschreibung des Verhaltens und der Symptomatik eines hyperaktiven Kindes seit damals unverändert. Einen guten Überblick über die historische Entwicklung der Beschäftigung mit dem Störungsbild gibt der Medizinhistoriker Eduard Seidler im Deutschen Ärzteblatt (Seidler, 2004).
»ADHS« ist die inzwischen in Deutschland etablierte Abkürzung für den Begriff der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und steht vor allem für ein klinisches Erscheinungsbild mit erheblichen Schwierigkeiten im Halten der Aufmerksamkeit, mit impulsivem Handeln (plötzlich, ohne zu überlegen oder abzuwarten) und überschießender motorischer Aktivität. Zu diesen als »Kernsymptomatik« bezeichneten Verhaltensweisen gesellen sich oft weitere als problematisch angesehene Auffälligkeiten wie aggressives oder aufsässiges Verhalten. Andererseits kann die Aufmerksamkeitsstörung zentral erscheinen, während kaum oder keine Hyperaktivität oder Impulsivität vorliegt. Entsprechend vielfältig sind auch die Bezeichnungen des Phänomens ADHS: Einfache Aufmerksamkeits- und Aktivitätsstörung, Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens oder Aufmerksamkeitsdefizit ohne Hyperaktivität.
Während unstrittig ist, dass es Menschen gibt, die eine mehr oder weniger ausgeprägte gestörte Aufmerksamkeit, motorische Aktivität oder Impulsivität zeigen, wird in Deutschland immer wieder diskutiert (in den Medien, aber auch in Buchveröffentlichungen), ob es sich bei ADHS überhaupt um ein klinisch relevantes, also auch behandlungsbedürftiges Störungsbild handelt. In internationalen wissenschaftlichen Fachkreisen herrscht dagegen Einigkeit darüber, dass es bei extremen Ausprägungen in diesen Verhaltensbereichen zu großen Problemen im Aufwachsen und der Lebensführung kommen kann und Betroffene Hilfestellung und Unterstützung brauchen, um negativen Verläufen entgegenzuwirken.
Was ist »Aufmerksamkeit«?Der Begriff »Aufmerksamkeit« beschreibt verschiedene Formen der Selektivität, also der Auswahl von Informationen aus unserer Umwelt: Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird vom Menschen nur ein Teil der aktuell verfügbaren Informationen verarbeitet und damit unserem Bewusstsein zugänglich (vgl. Ansorge & Leder, 2017).
Diese Auswahl ist zum einen darin begründet, dass unser Geist nur ein begrenztes Fassungsvermögen hat und nicht unbegrenzt Informationen verarbeiten kann, zum anderen verhilft sie uns dazu, gezielt handeln zu können. Damit ein Mensch einen Apfel vom Baum pflücken kann, muss zunächst ein bestimmter unter den vielen dort hängenden ausgewählt (selegiert) werden. Da wir nur über zwei Hände verfügen, muss die genaue Position und Größe bestimmt werden, damit der Apfel auch erfolgreich gepflückt werden kann (Beispiel nach Allport, 1987).
Unsere Aufmerksamkeit dient also der Auswahl bestimmter Informationen (wobei andere störende Informationen ignoriert werden), um sie als Grundlage zu weiteren Handlungen nutzen zu können.
Auch zum Aufbau unseres Wissens brauchen wir Aufmerksamkeit: Lernen basiert u. a. darauf, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf wichtige oder neue Informationen richten, die dann aktiv verarbeitet und dem Gedächtnis zugänglich gemacht werden. Ohne fokussierte Aufmerksamkeit verschwinden Informationen sehr häufig (vgl. Baddeley, 2001).
Bei Patient:innen mit ADHS scheint die Schwelle, ab der eine gerichtete Selektion von Informationen zum Handeln führt, geringer zu sein: Zum einen haben sie große Probleme darin, gezielt auf bestimmte Reize zu reagieren, zum anderen zeigen sie Schwierigkeiten dabei, die Reaktion auf andere Reize willentlich zu unterdrücken (relevante Informationen können nur schwer von nicht relevanten unterschieden werden).
Seit mehr als drei Jahrzehnten wird intensiv zu den Ursachen von ADHS geforscht und eine breite Datenbasis zu Risikofaktoren durch Vererbung und Umwelt sowie zu neuropsychologischen und biologischen Besonderheiten liegt inzwischen vor. Dennoch gibt es bislang kein vollständiges und umfassendes Verständnis der Störung. Sicher ist, dass es keinen einfachen Verursachungsfaktor gibt und dass das Zusammenspiel mehrerer Faktoren in unterschiedlichen Entwicklungsphasen eine Rolle zu spielen scheint.
Die folgenden kurzen Erläuterungen bieten eine Zusammenfassung der inzwischen vorliegenden Erkenntnisse aus genetischen, psychologischen und neuropsychologischen Untersuchungen, die dann in aktuellen Modellen und Theorien zur Entstehung der ADHS integriert werden.
Das Auftreten einer ADHS wird vermutlich durch ein Zusammenspiel biologischer und psychosozialer Faktoren hervorgerufen (z. B. Banaschewski et al., 2004; Nigg, 2006).
Die ADHS wird dabei als eine Störung verstanden, deren sichtbare Symptome (eben Unaufmerksamkeit, verringerte Impulssteuerung und motorische Unruhe) sich durch verringerte selbstregulative Fähigkeiten erklären lassen. Eine gut funktionierende Selbstregulation bedeutet, dass man die eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen regulieren, also steuern kann. So ist man in der Lage, tagtäglich (auch langfristige) Ziele im Blick zu behalten und sich auf Handlungen zu konzentrieren, die einen diese Ziele erreichen lassen.
Selbstregulation meint die Tatsache, dass Menschen in der Lage sind, eigenes Verhalten im Hinblick auf selbst gesetzte Ziele zu steuern (Reinecker, 2014).
Ein berühmtes Experiment aus der Entwicklungspsychologie veranschaulicht die Selbstregulationsfähigkeit bei Kindern im Vorschulalter. Diesen wurden in einer Einzelsitzung begehrte Süßigkeiten, z. B. Marshmallows, auf einem Teller dargeboten. Der Versuchsleiter verließ den Raum mit dem Hinweis, dass sie das Doppelte erhalten, wenn sie es schaffen, die Süßigkeit nicht zu essen, bis er wieder in den Raum zurückkehrt (Mischel, 2015). Dieser in vielen Varianten wiederholte Versuch zeigt, dass Kinder unabhängig von ihrer Intelligenz, sozialen Herkunft oder anderem unterschiedlich in der Lage sind, abzuwarten (»Belohnungsaufschub«), und dass sie auch unterschiedliche Strategien anwenden, um ein gesetztes Ziel (z. B. es zu schaffen, nichts zu essen) zu erreichen. Strategien, die für eine gute Selbstregulation genutzt werden, sind z. B. die Organisation und Speicherung von Informationen (z. B. die Information, dass es doppelt so viele Süßigkeiten gibt, wenn man abwartet) sowie der Einsatz selbstwertdienlicher Überzeugungen (»ich weiß, dass ich das schaffen kann«), Zeitmanagement (z. B. auch ablenkendes Singen, um die Zeit zu überbrücken) und die Reflexion über das eigene Denken und Handeln.
Ein mit der Fähigkeit zur Selbstregulation eng verknüpftes Konzept ist das der »Exekutiven Funktionen«. Damit werden in der Psychologie Funktionen des Gehirns beschrieben, die als Grundlage zur Selbstregulation benötigt werden: So werden die exekutiven Funktionen unterteilt in die Fähigkeit zur Inhibition (Unterdrückung von Verhalten, das in diesem Moment nicht hilfreich oder angebracht wäre), die Fähigkeit zum flexiblen Wechseln von Aufgaben (Beenden einer Verhaltensweise, um etwas anderes zu tun) sowie dem Aktualisieren von Gedächtnisinhalten (Miyake et al., 2000).
Alle diese Funktionen werden mit einer bestimmten Region unseres Gehirns, dem präfrontalen Cortex (dem Teil der Gehirnrinde, der im Bereich der Stirn verortet ist) in Zusammenhang gebracht. Viele der Auffälligkeiten von Patienten mit ADHS lassen sich mit Funktionen des präfrontalen Cortex in Verbindung bringen: Defizite in der Aufmerksamkeitssteuerung, des Arbeitsgedächtnisses, der Verhaltenshemmung und der flexiblen Verhaltensplanung (Wilcutt et al., 2005; Burgess et al., 2010).
Diese Phänomene zusammenfassend wurde von Barkley ein Erklärungsmodell der ADHS vorgeschlagen, das diese neuropsychologischen Defizite im präfrontalen Cortex als zentral ansieht (u. a. 1997, S. 73). Danach führt ein durch diese Gehirnregion gesteuerter unzulänglich ausgeprägter Mechanismus zur Hemmung zu Defiziten in den oben beschriebenen exekutiven Funktionen, was wiederum die Qualität interner Handlungskontrolle und -planung beeinträchtigt, wodurch in der Folge eine angepasste Verhaltenssteuerung unmöglich und ADHS-typisches Verhalten gezeigt wird (Abb. 1.1).
Abb. 1.1: Modell der mangelnden Verhaltenshemmung
Da dieses Modell aber nicht die bei vielen Patient:innen mit ADHS auftretenden Auffälligkeiten in motivationalen Prozessen erklären konnte, wurde von Sonuga-Barke (2002) das sogenannte Dual-Pathway Modell entwickelt (Abb. 1.2). Er nimmt an, dass es neben der Störung von exekutiven Funktionen und einer damit einhergehenden Störung der Verhaltenshemmung einen zweiten Pfad der Verursachung von ADHS-Symptomen gibt.
Ein vielfach gesicherter Befund in der Untersuchung von Kindern mit ADHS ist, dass diese schnelle, dafür aber kleinere Belohnungen für ein erwartetes Verhalten gegenüber späteren, größeren Belohnungen be-vorzugen (s. o. »Marshmallow-Test«). Wenn die Kinder nicht die Möglichkeit haben, der für sie unangenehmen Verzögerung zu entgehen, zeigen sie typischerweise hyperaktives Verhalten, was von Forschenden so interpretiert wird, dass sie hiermit das unangenehme Gefühl beim Verstreichen einer längeren und für sie langweiligen Zeitperiode reduzieren (Antrop et al.,2000; Sonuga-Barke, 2002).
Abb. 1.2: Dual-Pathway-Modell der ADHS, modifiziert nach Sonuga-Barke (2002, S. 32)
Dafür könnte eine grundlegende Veränderung der Belohnungsmechanismen im Gehirn die Ursache sein; die Kernsymptomatik der ADHS wäre demnach Ausdruck der Motivation, als unangenehm erlebte Verzögerungen zu verhindern.
Untersuchungen, die diese zwei möglichen Wege der Verursachung einer ADHS-Symptomatik überprüften, konnten tatsächlich nachweisen, dass die beiden angenommenen Pfade unabhängig voneinander auf neuropsychologischer Ebene basieren (Dalen et al., 2004).
Die beiden oben beschriebenen Modelle basieren vor allem auf Befunden, dass ADHS zu einem erheblichen Anteil vererbt wird und man inzwischen davon ausgeht, dass eine Vielzahl von Genen mit jeweils kleinem Beitrag zu einer geschätzten Erblichkeit von ca. 75 % beiträgt (Faraone et al., 2005). Insgesamt zeigt sich die ADHS-Symptomatik dabei als ausgesprochen heterogen und man geht davon aus, dass es keine »einfachen« Wege der genetischen Verursachung gibt. Wie bei vielen anderen psychischen Störungen auch wird bei der ADHS angenommen, dass psychosoziale Faktoren Einfluss auf die Ausprägung und den Verlauf haben.
Döpfner et al. (2008) haben dies in ihrem Modell sehr anschaulich zusammengefasst. Sie gehen dabei von gesicherten biologischen Faktoren aus (genetische Disposition), die über einen veränderten Neurotransmitterstoffwechsel zu den oben beschriebenen exekutiven und motivationalen Störungen führen. Auf der Verhaltensebene führen sie zu den drei zentralen Kernsymptomen der ADHS: Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Diese wiederum haben einen Einfluss auf die Interaktion mit den unmittelbaren Bezugspersonen, die in Kombination mit ungünstigen psychosozialen Bedingungen (wie z. B. geringer sozioökonomischer Status, Konflikte durch Trennung, elterliche Belastung) den Schweregrad und Verlauf der Symptomatik negativ beeinflussen können. Bei positiven psychosozialen Bedingungen wiederum ist die Möglichkeit der positiven Einwirkung gegeben.
Neben den oben beschriebenen Unterscheidungen in neuropsychologischen Besonderheiten bei ADHS kann auch davon ausgegangen werden, dass im Entwicklungsverlauf Prozesse multipel miteinander wirken. So hat sich z. B. in der über Jahre hinweg begleitenden Untersuchung von Kindern mit ADHS herausgestellt, dass die beschriebene Hauptsymptomatik aus Unaufmerksamkeit, motorischer Unruhe und Impulsivität starken Schwankungen unterliegt. Es handelt sich also nicht um eine statische oder fixe Störung, sondern um eine Störung mit ausgesprochen heterogenen Entwicklungsverläufen, die in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden können. Das Interessante an dieser Einteilung nach charakteristischem Verlauf ist, dass hier versucht werden kann, an spezifischen Entwicklungspfaden anzusetzen, um spezifische Behandlungen und Hilfen zu initiieren.
Im Einzelnen lassen sich folgende vier Gruppen unterscheiden (Sonuga-Barke & Halperin, 2010):Typ I: Frühe, eher milde ADHS-Symptome, die einen Risikofaktor für die Entwicklung oppositioneller Störungen darstellen; ein strenger/negativer elterlicher Erziehungsstil nimmt dabei Einfluss auf die weitere Entwicklung der Störung.Typ II: Frühe, eher milde ADHS-Symptome entwickeln sich langfristig zu bedeutsamer (behandlungsbedürftiger) Symptomatik, entweder durch den Einfluss von genetischen oder Umweltfaktoren oder aufgrund von Veränderungen des Umfelds (z. B. wenn das Kind in die Schule kommt).Typ III: Frühe, ausgeprägte ADHS-Symptome entwickeln sich aufgrund schützender Faktoren, wie z. B. strukturiertes, hilfreiches Erziehungsverhalten/strukturierte Schule, klare Regeln und Grenzen nicht weiter negativ, sodass es zu einer Unterbrechung der Störungsentwicklung kommt.Typ IV: Frühe, chronische Symptome bestehen bereits seit dem Kindergartenalter und gehen mit temperamentsbasierten Schwierigkeiten der Emotionsregulation einher, wodurch negatives elterliches Erziehungsverhalten verstärkt wird, was wiederum zu einer weiteren Verschlechterung der Symptomatik führt.
Was sind »Schutzfaktoren« – was sind »Risikofaktoren«?ADHS bildet sich über verschiedene Entwicklungspfade im Verlauf von Kindheit und Jugend aus. Innerhalb dieser Entwicklung bestehen diverse Einflussmöglichkeiten. Diese können negativ sein, also damit verbunden, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Symptomatik verstärkt. Dann spricht man von »Risikofaktoren«. Werden die Risiken durch bestimmte Faktoren abgemildert, sodass die Entwicklung eventuell sogar verhindert wird, spricht man von »Schutzfaktoren«.Dieses Modell von Risikofaktoren und Schutzfaktoren wird nicht nur in Bezug auf ADHS angenommen, sondern letztlich für die Entwicklung aller psychischen Störungen.
Die ICD-10 und auch das DSM-5 unterscheiden die drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Diese müssen situationsübergreifend auftreten (z. B. zu Hause und in der Schule/im Kindergarten) und sich vor dem 7. (ICD-10, WHO, 2004) bzw. 12. Lebensjahr (DSM-5, APA 2013) manifestieren. Wenn über mindestens sechs Monate mindestens sechs Unaufmerksamkeits-, drei Überaktivitätssymptome und ein Impulsivitätssymptom in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden, unangemessenen und klinisch beeinträchtigenden Ausmaß auftreten, wird die einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung nach ICD-10 (F90.0) klassifiziert. Liegen komorbide Störungen des Sozialverhaltens vor, wird eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens vergeben (F90.1).
Analog müssen im DSM-5 ebenfalls mindestens sechs von neun Unaufmerksamkeits- (UA) bzw. Hyperaktivitäts-/Impulsivitätssymptomen (HI) erfüllt sein, um die kombinierte Erscheinungsform zu diagnostizieren (≥ 6 UA- + ≥ 6 HI-Symptome erfüllt). Für die vorwiegend unaufmerksame (≥ 6 UA-, ≤ 5 HI-Symptome) bzw. vorwiegend hyperaktiv-impulsive (≥ 6 HI-, ≤ 5 UA Symptome) Erscheinungsform müssen aus dem jeweiligen Hauptsymptombereich mindestens sechs Kriterien erfüllt sein, aus den anderen Bereichen können weniger oder auch keine Symptome vorliegen. Autismus-Spektrum-Störungen sind nach der Aktualisierung im DSM-5 kein Ausschlusskriterium mehr; für das ICD-11 ist eine analoge Anpassung zu erwarten. Nach DSM-5 können ab dem 17. Lebensjahr statt mindestens sechs Symptomen nur fünf für die Diagnosestellung aus den Bereichen Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität vorliegen. Im DSM-5 wurden Umformulierungen der Items vorgenommen, um die Symptomatik im Jugend- und Erwachsenenalter adäquater zu erfassen. Im Erwachsenenalter oder auch bei älteren Jugendlichen kann sich die Überaktivität auf ein subjektives Unruhegefühl beschränken.
Zur Diagnostik der ADHS liegen verschiedene Leitlinien vor (American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 2007; Taylor et al., 2004; Village, 2011). Gemeinsam ist diesen die Verwendung unterschiedlicher Methoden und Informationsquellen, die eine standardisierte Diagnostik aus Verhaltensbeobachtungen, Eltern- und Lehrkraftfragebogen, strukturierten Interviews sowie eine somatische Befunderhebung empfehlen – für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die NICE-Leitlinien (https://www.nice.org.uk/guidance/cg72; Zusammenfassung: Atkinson & Hollis, 2010) spezifizieren folgende diagnostische Empfehlungen:
• Eine Diagnose sollte von Expert:innen vorgenommen werden (z. B. Psychiater:innen, Pädiater:innen oder Spezialist:innen mit Ausbildung und Expertise im Bereich der ADHS).
• Da ADHS in allen Altersgruppen vorkommen kann, sind die Symptomkriterien altersangepasst anzuwenden.
• Für eine Diagnose sind Fragebogenverfahren nicht ausreichend. Eine Diagnose sollte auf einer klinisch-psychologischen Einschätzung basieren, mit vollständiger Anamnese, Selbst- und Fremdurteilen (von Eltern und Lehrkräften/Erzieher:innen), der Erfassung komorbider Störungen, möglicher elterlicher Erkrankungen sowie der Einschätzung der intellektuellen Fähigkeiten.
• Nur wenn die Diagnosekriterien nach DSM oder ICD erfüllt und mindestens moderate anhaltende Beeinträchtigungen gegeben sind, die in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, darf die Diagnose vergeben werden.
Kritik dieser Empfehlungen ergibt sich aufgrund der Subjektivität von Selbst- und Fremdbeurteilungen sowie der Anfälligkeit für Verzerrungen bei klinischen Interviews (Edwards et al., 2007). Die Neigung zu heuristischen Urteilen zeigt sich eindrucksvoll in der Studie von Bruchmüller, Margraf und Schneider (2012). Für diese wurden 1.000 zufällig ausgewählten niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen/-psychiater:innen vier Fallvignetten zu einem Jungen, Leo, bzw. Mädchen, Lea, zugeschickt (Bruchmüller, Margraf & Schneider, 2012; Bruchmüller & Schneider, 2012). In der ersten Vignette waren alle ADHS-Kriterien erfüllt; in der zweiten fehlten die Kriterien des situationsübergreifenden Auftretens und des Ersterkrankungsalters vor dem 7. Lebensjahr; in der dritten zusätzlich weitere ADHS-Symptome und die vierte Vignette beschrieb die Generalisierte Angststörung des Kindesalters (GAS). Nach der ersten Vignette wurden 80 % der Mädchen und 77 % der Jungen richtig klassifiziert; 20 % der Mädchen und 23 % der Jungen wurden nicht richtig als krank erkannt. In der zweiten Vignette erhielten 11 % der Mädchen und 20 % der Jungen eine falsch positiv Diagnose; in der dritten Vignette 9 % der Mädchen und 20 % der Jungen und in der vierten Vignette (GAS) immer noch 13 % der Mädchen und 18 % der Jungen. Die falsch-positiv-Rate für die Jungen überstieg die falsch-negativ-Rate für Mädchen signifikant, was ein Hinweis auf eine Überdiagnostizierung der Jungen ist. In einer Replikationsstudie konnten diese Ergebnisse für den Iran, einen anderen kulturellen Kontext, repliziert werden (Beheshti et al., 2021).
Was sind »Behandlungsleitlinien«?Behandlungsleitlinien fassen Empfehlungen zur Diagnostik (also Feststellungen zum Vorhandensein relevanter Informationen) und zur Behandlung von Erkrankungen zusammen. Sie richten sich an alle relevanten Berufsgruppen und sollen dazu beitragen, dass Patient:innen eine auf aktueller wissenschaftlicher Basis fußende, angemessene Behandlung erhalten. Da sich wissenschaftliche Erkenntnisse stets weiterentwickeln, werden die bestehenden Leitlinien in regelmäßigen Abständen überarbeitet.
In Deutschland koordiniert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) diese Leitlinien-Entwicklung.
Hierfür wird zunächst eine Leitlinienkommission gebildet, in der alle für die betreffende Erkrankung wichtigen Berufsgruppen vertreten sind. In der Kommission wird das aktuelle Wissen zusammengetragen und bewertet, wobei unterschiedliche Sichtweisen und Einschätzungen diskutiert und in der dann erstellten Leitlinie berücksichtigt werden sollen (»strukturierte Konsensfindung«).
Auch das Alter kann zur Überdiagnostizierung beitragen. Die Studien von Elder (2010), Evans et al. (2010), Morrow et al. (2012) und Wuppermann et al. (2015) zeigen, dass die jüngsten Kinder einer Schulklasse im Vergleich zu den ältesten bis zu dreimal so hohe Raten an ADHS-Diagnosen und Methylphenidatverschreibungen aufweisen (z. B. ist der Einschulungsstichtag der 1. Januar, d. h. alle Kinder, die bis zum 31. Dezember geboren wurden, müssen in dem Schuljahr eingeschult werden, wohingegen die Kinder, die ab dem 1. Januar geboren wurden, erst ein Jahr später eingeschult werden) (Elder, 2010; Evans, Morrill & Parente, 2010; Morrow et al., 2012, Wuppermann et al., 2015). Wahrscheinlich hängt dieser Befund mit der insgesamt hohen Varianz in der Entwicklung von (Vor-)Schulkindern zusammen. Eine Replikationsstudie mit dem Quantified Behavior Test bestätigt diese Annahme, da in dieser Studie kein Unterschied zwischen den jüngsten und ältesten Kindern eines Jahrgangs in der ADHS-Symptomatik vorlag, wenn Alters- und Geschlechtsnormen zugrunde gelegt werden (Ulberstad & Boström, 2018). Eine frühe und korrekte Identifikation von Verhaltensproblemen ist die beste Möglichkeit, um pathologische Entwicklungen aufzuhalten. Aufgrund dessen sollten diagnostische Verfahren sowohl Entwicklungsmeilensteine als auch mögliche Verhaltensauffälligkeiten erheben, um letztere vor dem Hintergrund der allgemeinen Entwicklung einschätzen zu können. Alters- und Geschlechtsnormen sollten zur Einschätzung herangezogen werden.
Da Mädchen ab dem 12. Lebensjahr über höhere Problemwerte berichten und Mütter Jungen unter zwölf Jahren als auffälliger einschätzen (Kan et al., 2013) und es starke Schwankungen in den Symptomen über die Zeit gibt (Lahey & Willcutt, 2010; Rabiner et al., 2010) sowie Geschlecht, Ethnizität und der sozio-ökonomische Status (SÖS) die Symptombeurteilungen beeinflussen (Huss et al., 2008), kann eine ergänzende Diagnostik mit objektiven Verfahren hilfreich sein, wie sie z. B. neuropsychologische Testverfahren ermöglichen (Hasson & Fine, 2012).
Für das Erwachsenenalter liegen ähnliche diagnostische Empfehlungen wie die oben ausgeführten vor (review Haavik, Halmøy, Lundervold & Fasmer, 2010). Das European Consensus Statement zur Diagnostik und Therapie adulter ADHS (Kooij et al., 2010) empfiehlt folgenden Gold-Standard:
1. Einsatz spezifischer klinischer Interviews und Erfassung komorbider Achse I und II Störungen
2. Verwendung standardisierter Fragebögen zur Erfassung adulter ADHS-Symptome
3. Begutachtung von Schul- und Arbeitszeugnissen
4. neuropsychologische Diagnostik
In einer Studie zur Diagnostik der adulten ADHS konnten wir zeigen, dass 27,6 % der Patient:innen unter dem cut-off-Wert des Amsterdamer Kurzzeitgedächtnis-Tests (AKGT) lagen. Der AKGT wird verwendet, um das Vortäuschen von Symptomen zu überprüfen (Schmand & Lindeboom, 2005). In dieser Studie korrelierte der AKGT nicht mit den Validitätsskalen der Conners Adult ADHD Rating Skalen, sondern es zeigten sich signifikante Zusammenhänge mit den neuropsychologischen Markern Daueraufmerksamkeit und geteilte Aufmerksamkeit (Hirsch und Christiansen, 2015).
Tabelle 1.1 führt verschiedene Verfahren zur Diagnostik der ADHS auf. Es werden zunächst strukturierte klinische Interviewverfahren aufgeführt, die der Gold-Standard zur Erfassung der ADHS und weiterer psychischer Störungen sind, da systematisch die Kriterien nach ICD oder DSM erfasst werden und zudem das klinische Urteil für die Diagnose herangezogen wird. Weiter werden verschiedene Fragebogenverfahren exemplarisch angeführt (u. a. die Familie der Conners-Skalen, Skalen des DISYPS-III), die zur vertieften Diagnostik eingesetzt werden sollten und Einschätzungen im Selbst-, Eltern- und Lehrkraft- bzw. Fremdurteil vorsehen. Abschließend werden zwei neuropsychologische Verfahren aufgeführt – der Quantified Behavior Test, der die drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität objektiv erfasst und für die Altersgruppe sechs bis 65+ angewendet werden kann, und der Amsterdamer Kurzzeitgedächtnistest, der das Vortäuschen von Symptomen erfasst (siehe dazu auch Hirsch und Christiansen, 2015).
Tab. 1.1: Diagnostische Verfahren
VerfahrenBeschreibungAltersbereichVersionen
Die meisten Kinder, bei denen körperliche Unruhe oder Verträumtheit besonders auffällig sind, werden im Verlauf der Grundschulzeit auf ADHS hin untersucht und so werden in diesem Altersbereich auch die meisten Diagnosen vergeben. Das liegt zum einen daran, dass nun Anforderungen wie ruhiges Sitzen und Zuhören oder länger die Aufmerksamkeit zu halten an die Kinder gestellt werden. Das genau ist aber für Kinder mit ADHS besonders schwer zu erfüllen. Zum anderen fällt es im Vorschulalter und erst recht in der frühen Kindheit schwer, die Symptomatik verlässlich zu erfassen, da die zentralen Anzeichen der Störung wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität zu üblichen, also durchaus »normalen« Verhaltensweisen bei jüngeren Kindern zählen. Es ist nicht einfach, eine alterstypische von einer klinischen Ausprägung (also für die Diagnosestellung bedeutsamen) zu unterscheiden. Weiter sollte man vorsichtig sein, da eine so frühe Diagnosestellung auch zu einer Stigmatisierung beitragen kann. Das bedeutet, dass Kindern mit der Diagnose ADHS schon früh negative Eigenschaften zugeschrieben werden, was dazu führen kann, dass z. B. bei Eintritt in die Schule Lehrkräfte bei ihnen vermehrt Unaufmerksamkeit und problematisches Verhalten erwarten und so die schulische Laufbahn von Anfang an belastet wird.