Predigerblut - Andreas Stammkötter - E-Book

Predigerblut E-Book

Andreas Stammkötter

4,9

Beschreibung

Kurz vor Pfingsten wird ganz Leipzig in Alarmbereitschaft versetzt. Der neue Star am Predigerhimmel, Martin Luther, tritt in der Arena auf. Anhänger und Gegner bringen ihre Truppen in Stellung. Die Polizei scheint überfordert, da gleichzeitig das Wave-Gotik-Treffen stattfindet. Als die Situation kurz nach Luthers Auftritt eskaliert, stirbt im Gedränge vor der Arena ein Mann durch einen Messerstich. Doch war das Opfer wirklich nur zufällig vor Ort, oder hat die Vergangenheit des Predigers etwas mit der Tat zu tun? Kommissar Kroll und sein Partner Wiggens nehmen die Ermittlungen auf - und Luthers Heiligenschein beginnt langsam zu bröckeln …

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Andreas Stammkötter

Predigerblut

Kriminalroman

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2016 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2016

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung: Julia Franze

E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © M.V. Photography/Fotolia.com

ISBN 978-3-8392-5098-3

Mittwoch vor Pfingsten

Karl Altner, der Leipziger Oberbürgermeister, warf genervt die Tageszeitung auf den imposanten Schreibtisch in seinem Dienstzimmer. Auch die große, schwarzumrandete Brille konnte die Strenge in seinem Blick nicht abmildern. Franz Bleck, sein Ordnungsamtsleiter, der ihm gegenübersaß, wusste genau, was seinen Chef störte. Auch er hatte den Artikel im LEIPZIGER TAGEBLATT, der die gesamte zweite Seite einnahm, gelesen.

»Konnten wir denn nicht verhindern, dass dieser Idiot nach Leipzig kommt?«

Franz Bleck war selbstbewusst. Er war 38 Jahre alt und hatte eine erstaunliche Karriere hingelegt: Jurastudium, Angestellter im Ordnungsamt Gelsenkirchen, Leiter Ordnungsamt Zwenkau und schließlich der Posten in Leipzig. Er hielt dem Blick seines Vorgesetzten mühelos stand. »Wir haben leider keine rechtliche Handhabe. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist nicht gefährdet. Und wir haben Meinungsfreiheit in Deutschland.«

»Und die Gegendemonstranten?«

»Ist bei jeder rechten Kundgebung mindestens genauso schlimm. Von dem Aufwand bei einem Fußballspiel will ich gar nicht erst reden.«

Altner raufte sich die spärlichen grauen Haare, die ihm kurz vor der Pensionierung noch geblieben waren. »Und ausgerechnet in der Arena. Da kommen doch bestimmt 10.000 Leute.«

»Ja, die Arena ist schon seit Langem ausverkauft, obwohl die Eintrittspreise nicht gerade günstig sind. Die billigste Karte kostet 40 Euro, für den VIP-Bereich nimmt der sogar 150.« Bleck mühte sich ein Lächeln ab. »Die Karten gingen weg wie warme Semmeln.«

Altners Laune wurde nicht besser. »Dann macht der Typ auch noch richtig Kohle.«

»Darauf können Sie Gift nehmen. Der verdient nicht nur mit solchen Veranstaltungen, der schreibt auch Bücher ohne Ende. Die meisten sind ganz oben auf den Bestsellerlisten. Und dann die versteckte Werbung: Es ist bestimmt kein Zufall, dass der nur Boss-Klamotten trägt, auf denen der Markenname deutlich erkennbar ist, vor allem bei seinen Fernsehauftritten.«

Karl Altner legte die Brille auf den Schreibtisch und rieb sich die Augen. »Was finden die Leute nur an dem? Ich dachte, Religion ist out. Die Kirchenaustritte nehmen doch ständig zu.«

»Das ist es ja gerade«, antwortete Bleck spontan. »Die Menschen treten aus den Kirchen aus, weil sie unzufrieden mit den Amtskirchen sind. Sexualmoral, Rolle der Frau, langweilige Gottesdienste, Moralpredigten, Steuern und so weiter. Sie treten aus, haben aber ihren Glauben nicht verloren und suchen nach Gemeinschaft oder zumindest Erlebnissen in Gemeinschaft. Das sind die Teiche, in denen Luther fischt. Er nimmt deren enttäuschte Erwartungen auf und erfüllt sie steuerfrei. Der Mann ist rhetorisch ein Genie. Veranstaltungen mit ihm sind extrem kurzweilig und amüsant. Er spricht den Menschen, die zu ihm kommen, aus der Seele. Schauen Sie doch nur nach Amerika. Dort gibt es eine Vielzahl von Predigern wie Martin Luther, mit zum Teil noch größerem Erfolg. Er war lange in den Staaten und hat sich genau angeschaut, wie man dort arbeitet und mit religiösen Themen zum Menschenfänger wird.«

»Heißt der wirklich Martin Luther?«

»Ja, das ist sein richtiger Name. Die Eltern heißen Luther, überzeugte Christen und haben ihren Sohn Martin genannt. Hinzu kommt, dass er auch am 10. November geboren wurde, genauso wie sein berühmter Namensvetter. Und er hat aus seinem Namen eine Berufung gemacht. Nicht ohne Erfolg, wie man sieht. Er stammt übrigens aus ganz ärmlichen Verhältnissen, was er auf jeder seiner Veranstaltungen betont. Seine Eltern hatten angeblich nur einen kleinen Bauernhof, irgendwo in Bayern, und er hatte sieben Geschwister. Ob das mit den ärmlichen Verhältnissen stimmt, darf angezweifelt werden. Da gibt es ganz andere Aussagen aus seiner bayerischen Heimat.«

Altner griff nach seiner Brille und putzte sie mit seiner Krawatte. Dann setzte er sie wieder auf. Er stöhnte leise. »O.K. Dann müssen wir da wohl durch. Was haben Sie unternommen?«

»Wir haben natürlich mit der Polizei ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Das Problem ist nicht die Veranstaltung an sich, da kommen nur Besucher rein, die eine Eintrittskarte haben. Natürlich ist auch Security in der Halle, aber wir rechnen dort nicht mit Ärger. Den einschlägigen Foren im Internet nach zu urteilen, sollen am Ende der Veranstaltung massive Gegendemonstrationen stattfinden. Aber ich gehe davon aus, dass wir die Sache im Griff haben. Die Polizei wird die Parkplätze und den Zugang zur Straßenbahn am Sportforum abriegeln. Wir werden die jeweiligen Anhänger strikt trennen. Es sind zwei Hundertschaften vor Ort. Eigentlich dürfte nichts passieren. Ich und meine Leute werden natürlich vor Ort sein.«

Die Worte seines Amtsleiters beruhigten den Oberbürgermeister nicht. »Wenn ich nur an Limburg in der letzten Woche denke.«

»Limburg war eine besondere Situation, wegen diesem Tebartz van Elst. Da gingen natürlich die Emotionen hoch. Selbstverständlich habe ich mich mit meinem Kollegen in Limburg in Verbindung gesetzt. Wir wissen, welche Fehler gemacht wurden, und wir werden besser vorbereitet sein.«

»Was sind das für Menschen, die gegen diesen Luther so extrem opponieren?«

»Überwiegend konservative Kreise. Gar nicht mal so sehr aus der katholischen Kirche, aber auch. Das ist ein Gemisch aus allen Kreisen, die die herkömmlichen Werte hochhalten, rechte Gruppierungen der politischen Parteien, aber keine Neonazis, Burschenschaften – oder einfach Menschen, die das ständige Geschrei nach Veränderungen und Moderne leid sind. Die Religion spielt eine entscheidende Rolle, aber noch mal, soviel wir wissen, ist die katholische Kirche zumindest nicht direkt beteiligt. Die logistische Organisation läuft über eine Gruppierung, die sich MANUS DEI, also die Hand Gottes, nennt.«

»MANUS DEI, was hat das zu bedeuten?«

»Wie ich bereits sagte. Eine erzkonservative Organisation, die der katholischen Kirche sehr nahesteht. Es gibt Meldungen, dass die aus Rom finanziert werden. Aber diese Berichte sind durch nichts belegt. Aber natürlich ist die Frage erlaubt, woher das Geld stammt. Die Finanzbehörden verzeichnen ein extrem hohes Spendenaufkommen, meist aus dem Ausland. Wer hinter den Spendern steckt, ist überwiegend unklar. Offiziell sind die extrem sauber. Haben auch nicht einen Cent Steuerrückstand.«

»Wo sitzen die, diese MANUS DEI-Leute?«

»Der Hauptsitz der Organisation ist in Köln. Das führte man zurück auf den damaligen Kardinal Meißner, der als einer der konservativsten Köpfe der Katholischen Kirche in Deutschland gilt, was wieder für eine gewisse Nähe zur Amtskirche spricht. Die haben auch eine Niederlassung in Leipzig. Beste Lage, altes Gründerzeithaus in der Nähe des Gohliser Schlösschens. Wenn Sie da reingehen, legen Sie die Ohren an. Die Sanierung hat mit Sicherheit 5.000 Euro pro Quadratmeter gekostet. Vom Kaufpreis ganz zu schweigen.«

Der Oberbürgermeister sah auf seine Uhr. »Nun gut, oder auch nicht. Ich muss jetzt zur Einweihung der neuen Kindertagesstätte in Thekla. Halten Sie mich bitte auf dem Laufenden. Ich verlasse mich auf Sie.«

Am Vorabend der Martin Luther-Show fand man sich zusammen in den Räumlichkeiten des MANUS DEI in der Trufanowstraße in Leipzig, um die letzten Abstimmungen der Aktionen gegen den Auftritt zu treffen. Pius Ratzenburg, der Vorsitzende, war schon vor Tagen von Köln nach Leipzig angereist. Er war extrem schlank und hoch aufgeschossen. Obwohl er erst 55 Jahre alt war, sah er wesentlich älter aus. Die steten Zweifel, Sorgen und eine wohl nie endende Unzufriedenheit mit dem aktuellen Zustand des aus seiner Sicht einzigen und wahren Glaubens, hatten ihn alt werden lassen. Das Leben, oder besser gesagt, sein Leben, hatte ihn gezeichnet. Sein dunkles Haar, das er gescheitelt trug, schien vollständig vorhanden zu sein. Seine Gesichtszüge waren markant. Die Wangenknochen wölbten sich leicht hervor, und wenn er lachte, was er höchst selten tat, zerfurchten die sich bildenden Falten sein ganzes Gesicht. Den hellblauen Augen, ungewöhnlich für Menschen mit dunklen Haaren, konnte niemand ausweichen. Zudem hatte er eine Eigenschaft, die seine schon fast inquisitorische Dominanz verstärkte: Wenn er mit jemandem redete, drehte er ihm nie sein Gesicht zu. Sein Kopf schien in eine andere Richtung zu schauen, nur seine Augen suchten den Blick des Gesprächspartners. »Mit wie vielen Brüdern und Schwestern im Glauben können wir morgen rechnen?«

Birk Ehrenthaler, der Vorsitzende der Leipziger Gemeinde, war äußerlich eher das Gegenteil von Ratzenburg. Er war untersetzt und achtete wenig auf sein Äußeres: Sein Anzug war zerschlissen, die Haare schrien nach einem Friseur und einer Wäsche. Jede Rasur, bei der er nie alle Bartstoppeln erwischte, hinterließ kleine blutige Stellen, die verkrustet waren. Aber er war ein heller Kopf. Er war ein ehemaliger katholischer Priester, der seinen Beruf an den Nagel gehängt hatte, weil er sich mit den für ihn antichristlichen Veränderungen seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Laufe seines zunehmenden Alters immer weniger anfreunden konnte. Er war Mitglied der Gemeinschaft der Piusbruderschaft und ein Bewunderer ihres Gründers, Erzbischof Marcel Lefebvre, die noch immer Messen in der lateinischen Sprache abhalten wollte und es für richtig hielt, dass der Priester nicht zur Gemeinde sprach, sondern nur vor das Altarbild. Der damalige Streit zwischen Papst Benedikt und dem Holocaustleugner Richard Williamson hatte die Differenzen zur Katholischen Amtskirche offen zu Tage treten lassen und zu einem Zerwürfnis mit Rom geführt. Dies war letztendlich der Anlass, der dazu führte, dass Birk Ehrenthaler sich von der Amtskirche abwendete und sich nahezu ausschließlich der Piusbruderschaft und MANUS DEI widmete.

»Wir haben bereits über 3.000 feste Zusagen von unseren Brüdern und Schwestern aus dem gesamten Bundesgebiet. Erfahrungsgemäß kommen ungefähr 2.000 spontane Teilnehmer hinzu, sodass wir mit zirka 5.000 Unterstützern rechnen müssen.«

Pius Ratzenburg nahm die erfreuliche Nachricht ohne Gefühlsregung auf. »Was habt ihr konkret geplant?«

Ehrenthaler blätterte mit der linken Hand in seinen Unterlagen, während er sich mit der rechten im Gesicht kratzte. »Ich habe natürlich mit unseren Freunden bei der Polizei gesprochen. Die Staatsgewalt wird den Bereich zwischen der Arena und den Parkplätzen sowie die Zugänge zu den Haltestellen großräumig abriegeln. Die haben zwei Hundertschaften im Einsatz. Wir werden vorher ansetzen und mit 500 Brüdern und Schwestern mit Sitzstreiks die Zufahrten der Straßenbahngleise blockieren. Auch zwei Hundertschaften dürften nicht ausreichen, um uns alle wegzutragen. Die Polizei wird Einsatzkräfte vom südlichen Bereich der Arena Richtung Waldplatz verlagern müssen. Wir werden dann mit den übrigen Unterstützern versuchen, über den rückwärtigen Bereich zur Arena vorzudringen.«

Ratzenburg nickte, ohne eine Miene zu verziehen. »Was haben wir konkret vor?«

»Das Übliche: Kreuze, Kerzen und Lieder.«

»Wird es zu Gewalttätigkeiten kommen?«

»Ich hoffe nicht. Aber die üblichen Rangeleien können nicht ausgeschlossen werden. Das hängt von dem Auftreten der Polizei ab. Ich weiß nicht, wie viele von den dämlichen Rechtsradikalen sich unter die Gegendemonstranten mischen. Darauf haben wir natürlich keinen Einfluss.«

»Verdammte Nazis«, brummte Ratzenburg. »Die versauen uns unseren ganzen Ruf.«

Martin Luther und sein Tross, bestehend aus Management, Musikern, Beleuchtern, Tontechnikern, Bühnenarbeitern, Bodyguards und anderen Mitarbeitern, war mit einem Tourbus unterwegs, auf dem in großen Buchstaben die Botschaft DER WEG ZUM LICHT HEISST JESUS CHRISTUS prangte. Sie übernachteten im WESTIN Hotel hinter dem Hauptbahnhof. Luther bezog die geräumige Suite im oberen Bereich des Hotels, die ihm einen großzügigen Blick über Leipzig bot. Vor der Zimmertür standen zwei Leibwächter. Sie wussten genau, wem sie Zugang zu gewähren hatten. Alle waren ein eingespieltes Team.

Anja Rocchiani war so etwas wie die rechte Hand von Martin Luther. Sie kümmerte sich federführend um sämtliche Angelegenheiten des Predigers: organisierte die Bücher, Tourneen, Medienauftritte, verhandelte Verträge, einfach alles, was bei Luther anfiel und was er nicht selbst erledigen wollte: also sämtliche Angelegenheiten, mit Ausnahme von Predigen und Geld anlegen. Selbst seine Bücher schrieb Luther nicht mehr selbst, seit sich der große Erfolg eingestellt hatte. Er besaß ein Ghostwriterteam aus Psychologen und Werbespezialisten.

Es war schon nach 21 Uhr, als Anja Rocchiani Luthers Suite betrat. Die italienische Herkunft ihres Vaters war nicht zu übersehen. Sie hatte lange schwarze Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Ihre dunkelbraunen Augen harmonierten mit ihrer Hautfarbe. Wer sie nicht näher kannte, nahm stets an, dass sie gerade aus dem Sommerurlaub zurückgekommen war. Sie war zierlich und schlank, die Brüste hatte sie sich schon vor Jahren für viel Geld in Hamburg vergrößern lassen. Sie trug eine enge Jeans, eine Bluse mit weitem Ausschnitt, der ihrer Oberweite die gewünschte Aufmerksamkeit verschaffte, und High Heels.

Luther passte optisch gut zu ihr. Er war groß, schlank und stets korrekt gekleidet, meist in Anzug und Oberhemd ohne Krawatte. Auch er war gut gebräunt, die braunen Haare trug er gescheitelt. Er begrüßte sie mit einem Kuss. Sie setzten sich auf das geräumige schwarze Sofa. »Hallo, meine Liebe. Schön, dass du da bist. Ich habe uns heute Abend etwa Leichtes bestellt. Garnelen à la Toskana auf Rucolasalat. Dazu frisches Baguette. Ich hoffe, ich habe deinen Geschmack getroffen.«

Anja schmiegte sich an ihn und küsste seinen Hals. »Hast du«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Gibt es auch was Leckeres zu trinken?«

»Aber natürlich. Für dich eine Flasche Moët & Chandon, und ich habe mich für Rotwein entschieden. Die haben hier einen hervorragenden Chateau Margeaux, toller Jahrgang. Passt zwar nicht so ganz zu den Garnelen, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Die sind hier richtig gut sortiert.«

Sie richtete sich auf und rückte ein Stück zur Seite. »Lass uns noch kurz dienstlich werden. Der morgige Auftritt ist eigentlich gebongt. Das Sicherheitskonzept mit der Polizei steht. Da ist nichts mehr zu veranlassen. Du kannst morgen ausschlafen. Um zwölf machen wir einen kurzen Soundcheck. Um 15 Uhr hast du ein Interview mit dem MDR. Die üblichen Fragen, und für 16.30 Uhr habe ich dir noch einen Termin in einem Kinderheim besorgt. Die Medien sind natürlich da. Sieh zu, dass die ein paar schöne Bilder machen können, mit Kind auf dem Arm oder so etwas, das kommt immer gut an. Wir übergeben auch einen Scheck.«

Es klopfte an der Tür, und ein Hotelboy brachte auf einem Servierwagen das Essen und die Getränke. Luther schenkte Champagner und Rotwein ein.

»Das scheint morgen ja ein entspannter Tag zu werden«, sagte er beim Essen. »Kommen eigentlich viele Demonstranten?«

»Die Polizei rechnet mit 4.000 bis 5.000 Leuten. Gewaltbereite haben sich nicht angesagt. Die üblichen Verdächtigen.«

»Tja«, grinste Luther und erhob sein Glas. »So bleibt man immer im Gespräch. Wenn die wüssten, was die mir für eine Publicity bescheren. Die ganze Medienpräsenz könnte ich gar nicht bezahlen.«

»Musst du ja auch nicht«, lächelte Anja zurück.

»War es das jetzt mit dem Dienstlichen?«, fragte er, während er den obersten Knopf ihrer Bluse öffnete.

Sie schob seine Hand langsam zur Seite. »Nach dem Essen. Es wäre wirklich zu schade, wenn die Garnelen kalt werden.«

Pius Ratzenburg und Birk Ehrenthaler saßen zu später Stunde in den Räumlichkeiten des MANUS DEI in der Trufanowstraße zusammen. Die anderen waren schon gegangen. Ratzenburg trank stilles Wasser, Ehrenthaler widmete sich seiner vierten Flasche Bier.

Pius Ratzenburg wurde nachdenklich. »Weißt du, Birk. Ich frage mich schon seit längerer Zeit, ob diese ganzen Aktionen gegen Luther so viel bringen. Wir haben den ganzen logistischen Aufwand, die nicht unerheblichen Kosten, und am Ende haben wir relativ wenig erreicht. Dieser Antichrist predigt munter weiter, und wir bringen ihn noch in die Schlagzeilen. Auf die Dauer müssen wir uns schon fragen, ob sich dieser ganze Aufwand lohnt.«

Ehrenthaler setzte die Bierflasche ab und unterdrückte mit mäßigem Erfolg ein Aufstoßen. »Das habe ich mir auch schon überlegt. Aber ich sehe leider keine Alternative. Wir müssen doch Präsenz zeigen. Das sind wir unseren Mitgliedern und Freunden schuldig. Außerdem haben wir durch diese ganzen Aktionen einen enormen Zulauf an Mitgliedern.«

Ratzenburg schaute nachdenklich in sein Wasserglas. »Lass mich mal darüber nachdenken. Ich glaube, uns fehlt der ganz große Wurf. Ich gehe jetzt ins Bett.«

Pius Ratzenburg empfand seine Unvollkommenheit, gerade in Bezug auf Martin Luther, als schwere Sünde. Ihm war es bis jetzt nicht gelungen, diesen Scharlatan in die Schranken zu weisen. Er verbreitete mit immer größer werdendem Erfolg seinen Irrglauben. Ratzenburg kniete lange auf dem harten Parkett und betete. Dann legte er seinen mit scharfen Metallteilen besetzten Bußgürtel um den Oberschenkel und zog ihn fest zu. Die eiternden Wunden an seinem Bein interessierten ihn nicht.

Donnerstag vor Pfingsten

Die Leipziger Arena neben dem Stadion war schon lange vor dem Beginn der Veranstaltung bis auf den letzten Platz gefüllt. Aus den Lautsprechern ertönte dezente Gospelmusik, die kurz nach 20 Uhr verstummte. Helle Scheinwerfer beleuchteten die Bühne. Sie war ganz in Weiß gehalten, was sogar für den Boden galt. Zu sehen waren ein Schlagzeug, zwei elektrische Gitarren in ihren Ständern, eine Bassgitarre und ein Keyboard. Ein Rednerpult brauchte Luther nicht. Er benutzte nie ein Manuskript.

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