Professionelles Onboarding - Elke Müller - E-Book

Professionelles Onboarding E-Book

Elke Müller

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Beschreibung

Onboarding-Management von A bis Z Das Thema Onboarding ist heute aktueller als jemals zuvor. Denn es sind nicht mehr die Unternehmen, die sich ihre Arbeitskräfte aussuchen können – heute wählen die BewerberInnen ihren Arbeitsplatz aus einer Vielzahl von Angeboten aus. Um als ArbeitgeberInnen attraktiv zu sein und die passenden Mitarbeitenden zu finden und zu halten, muss heutzutage das Onboarding stimmen, von der Stellenanzeige über die Bewerbungsphase bis hin zur Integration der neuen Fachkräfte. Eine klare Strategie ist das A und O, um einen Onboarding-Prozess erfolgreich durchzuführen. Doch allzu oft wird der Fokus nur auf die fachliche Einarbeitung gelegt und die Mitarbeitenden werden nach einigen Wochen sich selbst überlassen. Elke Müller setzt in ihrem Buch genau an diesem Punkt an: Onboarding beginnt für sie noch vor der Stellenausschreibung, geht weit über die übliche Einführungsphase hinaus und hat das Ziel, die neuen Mitarbeitenden auch sozial zu integrieren, ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu geben, das Gefühl, willkommen und eingebunden zu sein. Hier liegt das große Potenzial, die Beschäftigten langfristig an das Unternehmen zu binden und die Fluktuation einzudämmen.  Anhand von abwechslungsreichen Übungen, Tipps, unterhaltsamen Illustrationen und erprobten Lösungsansätzen zeigt Elke Müller auf, wie Onboarding im modernen Unternehmensalltag gelingt und Sie langfristig die richtige Onboarding-Strategie für Ihren Fachbereich finden. Viele Video-Tutorials, vertiefende Lerninhalte und ein motivierendes Lerntagebuch motivieren, das Gelernte direkt in die Praxis umzusetzen.

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Seitenzahl: 240

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Elke Müller

Professionelles Onboarding

Neue Mitarbeitende finden und erfolgreich integrieren

ELKE MÜLLER

Professionelles Onboarding

Neue Mitarbeitende finden und erfolgreich integrieren

Ein Hinweis zu gendergerechter Sprache: Die Entscheidung, in welcher Form alle Geschlechter angesprochen werden, obliegt den jeweiligen Verfassenden.

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss, außer es handelt sich um externe Links zum GABAL eCAMPUS. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-212-8

ISBN ePUB: 978-3-96740-430-2

Umschlaggestaltung: Buddelschiff, Stuttgart | www.buddelschiff.de

Illustrationen: Stephan M. Rey

Umschlagkonzept: Buddelschiff, Stuttgart | www.buddelschiff.de

Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach

Autorenfoto: Ben Schulz AG/Uwe Klössing

Layout: Buddelschiff, Stuttgart | www.buddelschiff.de

Satz: ZeroSoft, Timisoara

© 2024 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2024 erschienenen Buchtitel "Professionelles Onboarding - Neue Mitarbeitende finden und erfolgreich integrieren" von Elke Müller ©2024 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Inhalt

Lernen mit vielen Sinnen

Ein paar Worte vorweg

1Warum ein Onboarding-Prozess wichtig ist

Onboarding heute – Facts & Figures

Der Fachkräftemangel: Onboarding im Arbeitnehmer*innen-Markt

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

2Die künftigen Mitarbeitenden

Von alten Hasen und jungen Hüpfern

Onboarding der verschiedenen Generationen

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

3Voraussetzungen und Vorbereitungen für ein gutes Onboarding

Was neue Mitarbeitende erwarten

Wie sich Unternehmen gut aufstellen

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

4Die ersten Kontakte

Die Stellenausschreibung

Die Bewerbungen

5Eingestellt – und nun?

Die Pre-Boarding-Phase nach der Vertragsunterzeichnung

Die Integrationsphase

Konflikte und Fehlerkultur

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

6Zielgruppenspezifisches Onboarding

Warum zielgruppenspezifisches Onboarding sinnvoll ist

Onboarding von Führungskräften

Onboarding internationaler Mitarbeitender

Onboarding von Auszubildenden

Onboarding von Non-Desk oder Frontline Workers

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

7Virtuelles Onboarding

Besondere Herausforderungen des virtuellen Onboardings

Methoden für ein virtuelles Onboarding

Kurz & knapp: Die wichtigsten Learnings

Zum Schluss

Dank

Endnoten

Weiterführende Literatur

Über die Autorin

Lernen mit vielen Sinnen

Unsere interaktiven Bücher im praktischen Softcoverformat sprechen viele Sinne und Lernkanäle an und bieten Ihnen echten Mehrwert. Digitale Zusatzinhalte ergänzen die Bücher und ermöglichen so einen optimalen Umsetzungserfolg.

Natürlich steht jedes Buch auch für sich allein gut da. So bekommen Sie mit diesem Buch alles, was Sie brauchen, um den Onboarding-Prozess in Ihrem Unternehmen als strategischen Prozess zu gestalten. Mit dem Kauf dieses Buches haben Sie außerdem einen exklusiven kostenfreien Zugang zu allen Zusatzmaterialien wie Audios, Videos, nützlichen Vorlagen und Checklisten erworben, die Sie hinzuziehen und als Unterstützung für die Umsetzung der im Buch enthaltenen Ideen abrufen können. Diese werden auf unserem GABAL eCAMPUS zur Verfügung gestellt.

Der eCAMPUS ist ein geschützter Bereich, von dem Sie als Buchkäuferin oder Buchkäufer die Zusatzinhalte für unsere Whitebooks downloaden können – kostenfrei, in keiner Weise verpflichtend und ohne zeitliche Beschränkung. Der eCAMPUS wird in der nächsten Zeit um viele Inhalte und Features erweitert.

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CHECKLISTE. Folgen Sie dem QR-Code, können Sie eine nützliche Checkliste downloaden.

AUDIO. Hier können Sie sich einen Podcast zum Thema anhören.

VIDEO. Hier führt Sie ein QR-Code zu kurzen weiterführenden Videos.

Wenden Sie sich bei Fragen gern jederzeit an: [email protected].

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung.

Ein paar Worte vorweg

Na endlich! Noch ein Buch zum Thema „Onboarding“. Wurde dazu nicht schon alles geschrieben und veröffentlicht? Wie aktuell ist das Thema denn eigentlich noch?

Es gibt noch unglaublich viel zum Onboarding zu sagen, und ich finde das Thema brandaktuell! Wir befinden uns gerade mitten in einem Arbeitnehmer*innen-Markt, in dem nicht mehr die Unternehmen und Organisationen aus Hunderten von Bewerbungen die eine passende heraussuchen, sondern in dem die Bewerber*innen sich das Unternehmen und den künftigen Job aus einem sehr großen Angebot aussuchen können. Das stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Da ist nicht mehr nur der angebotene Job interessant, sondern da muss alles stimmen: von der Stellenausschreibung über die Bewerbungsphase bis hin zur Integration.

Sicher können Sie sich noch an Ihren Start in einem neuen Unternehmen erinnern: Haben Sie sich wirklich willkommen gefühlt, war die Technik startklar, gab es Ansprechpartner*innen für Ihre Belange, hatte die Führungskraft ein offenes Ohr für Sie? Oder waren Sie überwiegend auf sich allein gestellt in einem Team, das kaum Zeit hatte, Ihnen die nötigsten Informationen zu geben? Diese eigenen Erfahrungen geben gute Hinweise, wie die Onboarding-Journey erfolgreich gestaltet werden sollte. Doch mein Eindruck ist, dass nur wenige Unternehmen tatsächlich die eigenen Mitarbeitenden befragen, wie für sie damals die Onboarding-Reise verlaufen ist. Schade, denn diese Rückmeldungen sind Gold wert und helfen, Antworten auf die Fragen zu finden: An welchem Punkt geht die Reise eigentlich los? Welche besonderen Aussichtspunkte und Highlights steuern wir an? Wer sind die Reisebegleiter*innen, wer hat die Reiseleitung inne? Welche Inhalte müssen in unserem Reiseführer festgehalten werden?

Denn leider verstehen viele Unternehmen auch heute noch unter „Onboarding“ einen mehr oder weniger herzlichen Empfang am ersten Arbeitstag nach dem Motto: „Hier ist der Arbeitsplatz, hier die Ausstattung, dazu bitte Kontakt mit der IT aufnehmen, und das sind Juliane Schulz, Ben Häberle und Anita Frederico, die Kollegen, die Sie einarbeiten.“ Natürlich folgt noch eine kurze Vorstellungsrunde und das Team bemüht sich, dem oder der „Neuen“ die wichtigsten Informationen zukommen zu lassen, und man geht am ersten Tag gemeinsam in die Mittagspause. Und dann überlässt man den neuen Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin ihrem Schicksal, dem kalten Wasser.

Dieses Buch möchte dafür sensibilisieren, dass Onboarding nicht erst am ersten Arbeitstag beginnt, sondern im besten Fall schon beim Recruiting mitgedacht wird – je klarer das Bild der neuen Mitarbeiterin, des neues Mitarbeiters, desto besser die eingehenden Bewerbungen, desto passgenauer kann eine Onboarding-Strategie aussehen. Denn es macht einen relevanten Unterschied, ob Mitarbeitende aus dem Ausland kommen, ob es sich um Sachbearbeiter*innen, um Mitarbeitende in der Produktion oder um Führungskräfte handelt.

Onboarding ist auch mehr als die gut organisierte Einarbeitung in den ersten zwei, drei Monaten. Erst wenn alle Beteiligten genau wissen, wie die langfristige Integration der neuen Mitarbeitenden in das Team und das Unternehmen und somit deren langfristige Bindung erreicht wird, kann der Prozess gelingen. Dieser beginnt eben schon beim Recruiting, der Personalbereich begleitet den Prozess, und letztendlich sind alle in der aufnehmenden Fachabteilung, die Kolleg*innen und Führungskräfte, bestens auf die neuen Mitarbeitenden vorbereitet. In der Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und dem ersten Arbeitstag halten der Personalbereich und die Führungskraft Kontakt, versorgen die neuen Kolleg*innen mit Wissenswertem zum Unternehmen und fühlen sich mit zuständig für die persönlichen Belange, die mit den Neuanfang zusammenhängen – wie Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer neuen Schule für die Kinder oder Ähnliches. Und auch, wenn die neuen Mitarbeitenden an Bord sind und sich akklimatisiert haben, geht der Onboarding-Prozess weiter: Der regelmäßige Kontakt zu den Teammitgliedern und zur Führungskraft hilft, aufkommende Probleme gleich zu erkennen und zu lösen und das Band zum Unternehmen zu stärken.

Dabei spielt es keine Rolle, wie das jeweilige Unternehmen oder die Organisation die neuen Kolleg*innen benennt: Onboardees, Newbies, Starter oder New Joiner – für alle ist es mehr als nur ein erster Schritt durch eine neue Firmentür, es ist der Beginn einer Reise des Vertrauens. Noch zu oft liegt der Fokus in den ersten Monaten auf einer rein fachlichen Einarbeitung, doch Onboarding bedeutet ebenso die soziale, kulturelle und emotionale Integration!

Ich bin überzeugt, dass ein schlüssiges Onboarding nicht als alleinstehender Prozess betrachtet werden kann, sondern die Zielgruppe und die Rahmenbedingungen im Unternehmen berücksichtigen muss. Das heißt im Umkehrschluss, dass ohne klares Bild der künftigen Mitarbeitenden und der Personalstrategie, ohne Wissen um den eigenen Purpose und die Werte, die gelebt werden wollen, auch kein gutes Onboarding gelingen kann. Die kulturelle, soziale und emotionale Integration gelingt nicht über die beste fachliche Einarbeitung der Welt – sie gelingt nur über eine gelebte, vielfältige Willkommenskultur, und diese ist Ausdruck einer Haltung im Unternehmen!

Somit heiße ich Sie herzlich willkommen an Bord – die Reise in das Onboarding diesseits und jenseits der Firmentür kann beginnen!

Stuttgart, im Frühjahr 2024

Elke Müller

1

Warum ein Onboarding-Prozess wichtig ist

Onboarding heute – Facts & Figures

Der Begriff „Onboarding“ stammt natürlich aus dem Englischen, und schon seine ursprüngliche Bedeutung aus dem Seemannsumfeld verrät, dass es hier um sehr viel mehr als nur um die fachliche Einarbeitung geht: Es geht darum, jemanden „mit an Bord zu nehmen“, damit er oder sie Teil der Crew wird und alles Nötige lernt, um wertvoller und unverzichtbarer Teil des Teams zu werden (wie die Segel zu setzen und einzuholen, unlösbare Knoten zu binden oder behände in der Takelage zu klettern).

In der gängigen Literatur und entsprechend auch in den meisten Unternehmen wird Onboarding in der Regel als die Phase verstanden, die mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages beginnt und ein halbes Jahr nach Eintritt des oder der neuen Mitarbeitenden abgeschlossen ist. Es geht dabei überwiegend um die fachliche Einarbeitung und oft nur an zweiter Stelle um die Integration in das neue Arbeitsumfeld.

Der Onboarding-Prozess ist jedoch weit mehr als ein formaler Akt der fachlichen Einarbeitung, er ist vielmehr ein Schlüssel zur Etablierung tiefer emotionaler und sozialer Verbindungen zwischen neuen Mitarbeitenden und dem Unternehmen. Diese emotionalen Facetten des Onboarding spielen eine entscheidende Rolle für den langfristigen Erfolg und die Bindung von Talenten.

Was beim Onboarding heute oft falschläuft

Lang angelegte wissenschaftliche Studien zum Onboarding sucht man vergeblich. Zu finden sind viele Bachelor- und Masterarbeiten, die sich dem Thema widmen, oft sehr branchenspezifisch. Haufe führt regelmäßig Studien zum Thema durch, sodass sich hier über die letzten Jahre gewisse Trends und Veränderungen erkennen lassen. Dennoch lassen sich stichhaltige Gründe für die vermehrten frühen Kündigungen und damit das Scheitern des Onboarding ausmachen.

In der Haufe-Studie von 2023 liest man diese erschreckende Zahl: 36 % der Befragten erleben in ihren Unternehmen frühe Kündigungen zwischen der Vertragsunterschrift und dem ersten Arbeitstag.1 Zu einem Zeitpunkt also, bei dem die neuen Mitarbeiter*innen die neue Firma noch gar nicht richtig kennengelernt haben. Erstaunlich, dass noch immer in der Mehrzahl der vorhandenen Literatur Onboarding mit dem ersten Arbeitstag beginnt!

Nimmt man dieses Studienergebnis ernst, müsste klar sein, dass Onboarding nicht warten kann, bis die neuen Kolleg*innen tatsächlich die Arbeit aufnehmen, sondern dass eine nahtlose Verbindung zwischen der Recruiting- und der Employer-Journey ratsam ist. Somit wird der Raum für das Aufkommen falscher Erwartungen eingeschränkt – denn diese sind bei 56 % der Befragten der Grund für eine frühe Kündigung.

Die Tatsache, dass die Interessen der neuen Mitarbeitenden viel zu wenig berücksichtigt werden, spielt in den wenigen vorhandenen Studien leider nahezu keine Rolle. Erstaunlich, denn es geht beim Onboarding schließlich nicht nur um das „aufnehmende“ Unternehmen, sondern mindestens genauso um die neuen Mitarbeiter*innen.

Alles eine Frage der Perspektive! Die Sicht der Mitarbeitenden!

Eine Ausnahme bildet eine empirische Untersuchung von Katharina Schmidt aus dem Jahr 2014. Dort führt sie auf, was sich die neuen Mitarbeitenden als wichtige Bestandteile von Onboarding-Prozessen wünschen:2

Aufbau unternehmensinterner und sozialer Netzwerke

Einführung in Strategie & Richtung sowie die unternehmerischen Werte

Soziale Integration – adäquate Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, um die Selbsterfahrung zu ermöglichen / beschleunigen

Kennenlernen der Prozesse

Offene und ehrliche Kommunikation der Erwartungen

Überblick über den Karriereverlauf und die Möglichkeiten der Entfaltung

Es geht hier viel um Wertschätzung, um das Erleben und weniger um trockene Theorie, um das Selbst-Tun und -Erfahren, um Methodenvielfalt bei der Einarbeitung und vor allem wünschen sich neue Kolleg*innen klar erkennbare Prozesse und Strukturen. Diese Ergebnisse sind nach wie vor hochaktuell!

Jetzt könnte man einwenden, dass sich seit 2014 sicher viel bewegt und verbessert hat, aber weit gefehlt! Denn auch eine Studie des Recruiting-Software-Anbieters softgarden von 2022 gibt einen guten Einblick in die Erwartungen der neuen Mitarbeitenden. Aus der Studie geht unter anderem hervor, dass eine Mehrheit der neuen Mitarbeitenden erwartet, dass ihre künftigen Führungskräfte schon vor dem Arbeitsantritt Kontakt zu ihnen aufbauen und dass (digitale) Veranstaltungen für Neueinsteiger*innen organisiert werden.3

Erschreckend sind die Ergebnisse dieser Studie zum Ausstieg beim Einstieg: Die Quote derer, die schon einmal während der ersten 100 Tage wieder gekündigt haben, ist zwischen 2018 und 2022 um stolze 53 % angestiegen, von 11,6 % im Jahr 2018 auf 17,8 %. Rechnet man noch die 17,4 % dazu, die es zwar nicht getan haben, aber kurz davorstanden, sind das erschreckende Zahlen und sagen sehr viel über die Qualität des jeweiligen Onboarding aus!

Als Gründe für ihre Kündigung geben Befragte dieser Studie an:

„Kein Programm zur Einarbeitung.“

„Kein Onboarding vorhanden, ins kalte Wasser geschmissen und für fehlerhafte Prozesse verantwortlich gemacht worden.“

„Schlechte Einarbeitungsbedingungen, Remote-Tätigkeit.“

„Es gab kein Onboarding. Da zudem im Homeoffice gearbeitet werden musste, gab es keinen Bezug zum Unternehmen und den Mitarbeitern.“

„Versprechen aus dem Bewerbungsgespräch wurden nicht eingehalten.“4

Hier wird sehr klar, wie wichtig Onboarding für neue Mitarbeitende ist und wie wichtig die Klärung der gegenseitigen Erwartungen in diesem Prozess ist.

Die folgenden weiteren Gründe für ein gescheitertes Onboarding sind teilweise mit diesem Hauptgrund verknüpft und auch untereinander verzahnt, werden hier aber noch einmal einzeln hervorgehoben:

Unklare Verantwortlichkeiten

In der Regel sind viele Bereiche im Unternehmen in das Onboarding integriert, wie z. B. Personalentwicklung, Recruiting, Führungskraft, Team, IT, Empfang und Facility Management oder sogar Employer Branding, doch es gibt keine Stelle, die direkt verantwortlich zeichnet – und das spricht nicht für übergreifende Prozessstrukturen und somit für eine effiziente Herangehensweise an das Thema. Es ist also nach wie vor recht zufällig und abhängig von der Abteilung oder den Führungskräften, welchen Onboarding-Prozess neue Mitarbeitende in ein und dem gleichen Unternehmen durchlaufen. Und wenn neue Kolleg*innen noch vor Arbeitsantritt oder in den ersten Monaten kündigen, kann der „Schwarze Peter“ munter immer den anderen zugeschoben werden.

Keine Planung oder Systematik

In der Realität beschränkt sich das Onboarding oft nur auf die ersten Wochen und läuft wenig systematisch ab. Vieles hängt dann vom Zufall ab: Gibt es jemanden im Team oder aus der Führungsriege, der bereit ist, Strukturen aufzuzeigen, Arbeitsprozesse ausführlich zu erläutern, Zuständigkeiten zu klären und Wissen zu vermitteln? Oft wird es den Kolleg*innen überlassen, neue Teammitglieder „irgendwie“ mitten aus ihrer täglichen Arbeit heraus mit dem notwendigsten Wissen zu versorgen, quasi nebenbei. Somit sind die Newbies rasch auf sich gestellt, was naturgemäß zuerst zu Fehlern und dann zu Unzufriedenheit im gesamten Team oder Bereich führt, da entstandene Fehler in der Regel Mehrarbeit für alle bedeuten. Die Zufriedenheit aller Mitarbeitenden leidet und die neuen Kolleg*innen fragen sich, inwieweit sich Zusagen aus den Bewerbungsgesprächen überhaupt mit der Realität decken und ob der neue Job der richtige für sie ist.

Kein eigenes Budget

Hinzu kommt, dass Onboarding in fast 75 % der Unternehmen ohne eigenes Budget auskommen muss, da es ja keine „Onboarding-Abteilung“ gibt. Laut der letzten Haufe-Studie können oder wollen „nur noch 15 % der befragten Unternehmen ein eigenes Budget für Onboarding-Maßnahmen zur Verfügung stellen“ – 2020 waren das noch 22 %.5 Hier zeigt sich, dass in den Jahren der Corona-Pandemie der Rotstift in diesem Bereich angesetzt wurde. Das ist eine erschreckend geringe Zahl – wir befinden uns in Zeiten von Fachkräftemangel über fast alle Branchen hinweg und viele Unternehmen sehen sich in einem War of Talents. Und dann soll das Onboarding „kostenlos“ funktionieren?

Wie soll ein strategischer Prozess gelingen, der ohne Budget auskommen muss? Das bedeutet, dass die Verantwortung für den Prozess dezentral in den Fachbereichen und teilweise noch bei HR, Recruiting und Personalentwicklung liegt. Und hier im schlechtesten Fall jeder einen eigenen Prozess aufsetzt, so wie dieser am besten in den Arbeitsalltag passt. In wie vielen Unternehmen dadurch Räder wohl immer wieder neu erfunden werden … Es mag zwar kein eigenes Budget geben, Geld wird aber mit Sicherheit für Onboarding ausgegeben – wahrscheinlich in Summe mehr, als es kosten würde, einen echten strategischen Prozess aufzusetzen.

Keine soziale Integration

Traurig und erschreckend ist, dass 94 % der befragten Unternehmen den Fokus auf die fachliche Einarbeitung legen und keine gesonderten Maßnahmen zur sozialen Integration vorsehen. Hier wird unglaublich viel Potenzial zur nachhaltigen Bindung an das Unternehmen nicht mal in Ansätzen genutzt.6

Schon aus psychologischer Sicht macht die soziale Integration viel Sinn. So stellen Richard J. Gerrig und Philip G. Zimbardo in ihrem Standardwerk „Psychologie“ fest: „Die Phase der Einführung vermittelt nicht nur Informationen. Sie stellt auch einen Einstellungsbildungsprozess dar, weil Einstellungsbildung auf Erlebtem und dem daraus Gelerntem basiert. Daraus resultieren positive oder negative Bewertungen von Menschen, Objekten und Vorstellungen welches Verhalten und die Art und Weise wie Menschen ihre soziale Realität konstruieren, beeinflussen.“7

Sprich: Während des Onboardings nehmen die neuen Mitarbeitenden die Unternehmenskultur wahr und bilden sich ein Urteil, ob sie in dieses System passen. Die erste Phase im neuen Unternehmen ist entscheidend für die Einstellung gegenüber den Kolleg*innen und dem Arbeitgeber und trägt so im besten Fall zu einer Bindung bei. Wird dieser Aspekt vernachlässigt, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Kündigung sehr viel größer.

In den ersten Tagen der „Newbies“ liegt der Fokus meistens darauf, sie mit ihren Aufgaben, den Prozessen und Unternehmensstrukturen vertraut zu machen. Emotionale Aspekte spielen hier oft eine eher untergeordnete Rolle, dabei sind sie genauso wichtig wie die fachlichen Kompetenzen: Die Gefühle, die ein neuer Mitarbeiter oder eine neue Mitarbeiterin in dieser entscheidenden Phase erlebt, beeinflussen nachhaltig deren Bindung an das Unternehmen und die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen. Gerade jetzt, da die „Neuen“ unsicher und auf Hilfe angewiesen sind, entscheidet sich, wie wohl sie sich bei dem neuen Arbeitgeber fühlen.

Kaum digitale Lösungen

Die Jahre der Pandemie waren auch kein Beschleuniger „z. B. durch häufigeres Remote-Onboarding. 64 % der Befragten geben an, keine zusätzlichen Maßnahmen ergriffen zu haben.“8 Auch hier schlummert noch sehr viel Potenzial, um vor allem den Pre-Boarding-Prozess digital zu begleiten und die Bindung schon vor dem ersten Arbeitstag aufzubauen. Es gibt mittlerweile viele Software-Lösungen, die Bewerber*innen-Management und Onboarding verbinden – in der Realität sind diese Lösungen jedoch nur sehr eingeschränkt in der Anwendung. Oder es sind reine „Planungstools“, die die Kommunikation mit den neuen Mitarbeitenden nicht abbilden.

Immerhin: Die Haufe-Studie 20179 kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass „stolze 84 % der befragten HR-Verantwortlichen Verbesserungspotenzial bei ihrem derzeitigen Onboarding-Prozess sehen. Somit sind nur 16 % der Meinung, dass ihre bisherigen Maßnahmen keiner Änderung bedürfen.“ Und im Vergleich dazu die Studie aus dem Jahr 2021: „… betrachten 68 % der Befragten ihr unternehmenseigenes Onboarding als verbesserungs- und ausbaufähig.“10

In der Umfrage von 2023 gibt es eine Veränderung zu den früheren Studien: 84 % der Unternehmen starten ihren Onboarding-Prozess bereits vor dem ersten Arbeitstag, also bereits in der Pre-Boarding Phase.11 Da diese mehrere Monate dauern kann, ist dies ein äußert sinnvolles Tun.

Die Lösung: ein systematischer Onboarding-Prozess

Da ist also noch viel Luft nach oben! Im optimalen Fall gibt es einen systematischen Onboarding-Prozess mit klaren Zuständigkeiten, zugeschnitten auf die jeweilige Position und Aufgabe. So können „Neue“ aktiv und produktiv an Arbeitsabläufen beteiligt werden und müssen sich das notwendige Wissen nicht selbst zusammensuchen. Es gibt regelmäßige Möglichkeiten für Feedback mit der Führungskraft und den Kolleg*innen, der gegenseitige Erwartungs- und Wissensabgleich wird Teil des Alltags. Im ganzen Prozess kommt der jeweiligen Führungskraft eine besondere Rolle zu, ohne sie misslingt Onboarding. Somit misslingt auch die Implementierung eines festen Prozesses ohne das 100%ige Commitment aller Führungskräfte.

Ein effektives Onboarding berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Erwartungen der Newbies. Dies erfordert keine personalisierte und individuelle Behandlung, sondern es geht um die Schaffung eines Raums für persönliches Wachstum und Entfaltung. Die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und eine Stimme im Team zu haben, schafft nicht nur Vertrauen, sondern fördert auch die Kreativität und Innovation.

Auf diese Weise werden die neuen Mitarbeitenden sozial integriert; sie können Beziehungen in der Organisation aufbauen und sich ein unterstützendes Netzwerk schaffen. Das wirkt sich natürlich auf das allgemeine Wohlbefinden aus. Team-Building-Aktivitäten und informelle Treffen ermöglichen es, über die Grenzen der Rollen und Hierarchien hinauszublicken und menschliche Verbindungen zu schaffen.

Mitarbeitende auch emotional „an Bord zu holen“ ist eine Investition, die sich langfristig auszahlt! Die Zeit und Aufmerksamkeit, die Führungskräfte den emotionalen Bedürfnissen ihrer neuen Mitarbeitenden widmen, trägt zur langfristigen Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit bei. Jede Organisation, die neben all den sachlichen und fachlichen Aspekten die emotionale Seiten des Onboarding im Blick hat, wird nicht nur qualifizierte und motivierte Fachkräfte gewinnen, sondern auch eine positive Unternehmenskultur fördern, die auf Vertrauen, Engagement und gemeinsamen Werten basiert.

Die Ziele eines strategischen Onboarding-Prozesses lassen sich recht kurz zusammenfassen. Das Onboarding soll:

eine

optimale fachliche Einarbeitung

in den neuen Aufgabebereich gewährleisten und somit die Einarbeitungszeit zu verkürzen. Dies geschieht, indem es den neuen Mitarbeitenden die notwendigen Ressourcen (Arbeitsmittel) und Informationen zur Verfügung stellt, die es ihnen erleichtern sollen, ihre Aufgaben schnell zu erlernen.

in das

„emotionale und kulturelle Wertesystem“

des Unternehmens oder der Organisation integrieren, also mit der Unternehmenskultur vertraut machen, Werte abgleichen und Identifikation aufbauen.

die

soziale Integration

in das Team, die relevanten Abteilungen und den

Beziehungsaufbau

zu allen notwendigen Ansprechpartner*innen ermöglichen. Die neuen Kolleg*innen sollen sich von Anfang an im Unternehmen wohlfühlen, Wertschätzung erfahren und eine Bindung zum neuen Arbeitgeber aufbauen, um die Fluktuationsrate zu senken.

die neuen Mitarbeitenden in das

System der „relevanten Stakeholder“

integrieren.

klare Ziele für die ersten Wochen aufzeigen und diese mit regelmäßigen Feedbackgesprächen abgleichen. So wissen die neuen Mitarbeitenden, wo sie stehen und die Führungskräfte oder auch das Team sehen, wo noch nachgesteuert werden muss.

Ziele des Onboardings (eigene Darstellung)

REFLEXION. Wahrscheinlich haben Sie schon einen oder gar mehrere eigene Onboardings durchlaufen. Schauen Sie mal zurück und beantworten Sie für sich die folgenden Fragen:

► Gab es emotionale Aspekte?► Woran konnten Sie diese festmachen?► Wie war der Aufbau der sozialen Bindung?► Wodurch fühlten Sie sich dazugehörend?► Wenn es diese positiven Aspekte so nicht gab – was wäre Ihre Wunschvorstellung davon?

Der Fachkräftemangel: Onboarding im Arbeitnehmer*innen-Markt

Haaalloooo – ist da wer?

Der Begriff „Arbeitnehmer*innen-Markt“ spiegelt die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt wohl am besten wider: Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist signifikant größer ist als das Angebot an verfügbaren Arbeitnehmer*innen. Die potenziellen Mitarbeitenden können sich also ihren Arbeitgeber aussuchen und haben einen deutlichen Einfluss auf ihre Gehälter und die Arbeitsbedingungen wie flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten oder den sichtbar positiven Umgang mit Diversity.

Und dieser Trend verstärkt sich: Der Arbeitsmarkt wird bis zum Jahr 2035 circa 7 Millionen Menschen verlieren, darunter fast 5 Millionen Babyboomer, die in Rente gehen. Diese Zahl kommt jedoch nicht überraschend, wir konnten immer schon recht genau ausrechnen, wann wie viele Arbeitnehmer*innen aus dem Arbeitsleben ausscheiden. So waren nach der Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB im vierten Quartal 2023 fast zwei Millionen Positionen zu besetzen, fast alle am besten „sofort“.12

Zwei Aspekte beim Fachkräftemangel sind entscheidend:

1.

Die Zahl der zu besetzenden Stellen liegt über der Anzahl der zur Verfügung stehenden und für die Aufgabe qualifizierten Arbeitnehmer*innen.

2.

Gemäß der Bundesagentur für Arbeit spricht man von einem Fachkräftemangel, wenn die Besetzung freier Arbeitsstellen deutlich länger dauert als „üblich“, d. h. eine hohe Vakanzzeit liegt bei einem Wert von ca. 40 % über der durchschnittlichen Zeit zur Besetzung neuer Stellen.

Beide Punkte treffen nicht für jedes Unternehmen und jede Branche zu. Dennoch ist diese Fachkräftelücke in den vergangenen Jahren für immer mehr Bereiche und Branchen zur Realität geworden, zum Teil nochmals deutlich befeuert durch die Corona-Pandemie.

DOKUMENT:

Eine Linksammlung zu aktuellen Zahlen, Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräftemangel

https://gabal-ecampus.de/whitebooks/onlinecourse/digitale-zusatzinhalte-zum-whitebook-professionelles-onboarding-/191/511

Je größer für die einzelnen künftigen Mitarbeitenden also die Auswahl an Arbeitgebern ist, umso mehr gewinnen „weiche“ Faktoren an Bedeutung.

Wie präsentiert sich der Arbeitgeber in den Stellenausschreibungen? Wie sind die Erfahrungen während des Bewerbungsprozesses? Welche Versprechen werden gemacht? Wie nehme ich als Bewerber*in die Unternehmenskultur wahr? Wie sind der Umgang und die Gesprächskultur im Bewerbungsprozess? Und natürlich: Inwieweit geht man auf meine Wünsche ein? Stimmen beispielsweise Gehalt und Verantwortung? Welche Benefits gibt es? Wie kann die Work-Life-Balance gelingen?

Und damit sind wir schon mitten im Onboarding-Prozess! Der eben nicht erst bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags beginnt, sondern schon beim Erstellen der Karriereseite des Unternehmens und dem Eingang der Bewerbung! Es ist doch sehr wahrscheinlich, dass die hier gemachten Erfahrungen nicht für sich allein stehen, sondern Ausdruck der Unternehmenskultur und bestehender Prozesse und Strukturen ist. Holpert es hier, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch beim Onboarding holprig und „zufällig“.

Warum wird der Onboarding-Prozess nicht gleich auf der Karriereseite beschrieben? Oder die Candidate Journey mit den entsprechenden Recruiting KPIs – das wünschen sich zum Beispiel 74 % der Bewerber*innen!13 Genau mit diesen Fragen beschäftigen wir uns in den nächsten Kapiteln!

Bewerber*innen hinterfragen, ob das Unternehmen „ihr“ künftiges Unternehmen ist oder ob sie sich nicht lieber ein anderes suchen, bei dem sie das Gefühl haben, dass es transparent agiert und bei dem ihre Werte und Vorstellungen besser mit der erlebten Unternehmenskultur matchen.

Das heißt für die Unternehmen, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Recruiting und Onboarding einen nahtlosen Übergang von der Bewerbungsphase zur Einarbeitung sicherstellt und eine erfolgreiche Integration der neuen Mitarbeiter*innen gewährleistet. Die aktuellen Bewerber*innen wollen nicht nur einen Arbeitsvertrag in der Tasche, sondern wünschen sich auch einen „social contract“, der sie als Person und Individuum wertschätzt.

Gerade wenn zwischen Vertragsunterzeichnung und dem ersten Arbeitstag Wochen oder gar Monate liegen, also die Pre-Boarding-Phase sehr lang ist, werden emotionale Aspekte immer wichtiger. Sie vermitteln Wertschätzung und sind ein Zeichen einer echten Willkommenskultur. Entfallen diese Touch-Points, führt das zu Unzufriedenheit und Zweifeln und letztendlich zu den gefürchteten frühen Kündigungen. Den Führungskräften kommt in diesem Prozess eine besondere Rolle zu, denn sie sind mitverantwortlich dafür, dass Onboardees sich persönlich wahrgenommen fühlen.

Das bedeutet, Unternehmen müssen sich in einem Arbeitnehmer*innen-Markt intensiv damit auseinandersetzen, wie sie neue Mitarbeitende für das Unternehmen einnehmen, bevor diese überhaupt zu Mitarbeitenden werden!

Oft wird die Zuwanderung bzw. die Rekrutierung internationaler Fachkräfte als eine Lösung für den Fachkräftemangel genannt. Es ist mit Sicherheit eine notwendige Lösung, aber auch eine, die erhebliche Auswirkungen auf jeden Onboarding-Prozess hat.

Es reicht nicht aus, dass Unterlagen auf Englisch übersetzt werden oder ausreichend Sprachkompetenz beim Arbeitgeber und den Kolleg*innen vorhanden ist. Es braucht zudem interkulturelle Kompetenz sowie Kenntnisse über die notwendigen Schritte, um einen Visums-Prozess zu unterstützen, ausländische Abschlüsse anerkennen zu lassen oder anstehende Behördengänge zu erledigen, damit eine Arbeitsaufnahme möglich wird.

Leider ist der Standort Deutschland für viele internationale Talente recht unattraktiv, wie eine Studie der OECD und der Bertelsmann Stiftung zeigt.14 Bemängelt werden

die kaum vorhandene Digitalisierung,

komplizierte Visaverfahren bzw. die zögerliche Einbürgerungspraxis sowie

zu wenig Möglichkeiten, einen geeigneten Arbeitsplatz entsprechend des Kompetenzprofils zu finden.

Auch die aktuelle Studie „Expat Insider 2023“ von InterNations15 macht sehr deutlich, dass Deutschland bei den ausländischen Arbeitnehmer*innen nicht zu den beliebtesten Ländern dieser Welt gehört. Die Gründe sind vielfältig: ein sehr enger und somit teurer Wohnungsmarkt, die fehlende Digitalisierung und langwierige und oft unklare Behördenprozesse. Es werden aber auch Punkte genannt wie die schwierige Integration: Es fällt vielen schwer, Anschluss an die deutschen Kolleg*innen zu finden und sich ein soziales Umfeld aufzubauen.

Umso mehr Bedeutung kommt dem Onboarding-Prozess zu, um als Arbeitgeber von internationalen Talenten wahrgenommen und für attraktiv befunden zu werden. Viele internationale Fachkräfte fühlen sich allein gelassen und auf sich gestellt, wenn sie sich im Prozess der Visumsbeantragung befinden. Leider betrachten noch immer zu viele Unternehmen dieses als eher private Angelegenheit und bieten wenig bis keine Unterstützung und Beratung für diesen Zeitraum an. Was zum Teil auch daran liegt, dass die notwenigen Kenntnisse im Personalbereich und erst recht in den Fachabteilungen nicht vorhanden sind.

Auf die Besonderheiten des Onboardings internationaler Mitarbeitender gehe ich in Kapitel 6 detailliert ein.