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Königs Erläuterungen – Textanalyse und Interpretation mit ausführlicher Inhaltsangabe und Abituraufgaben In einem Band bieten dir die neuen Königs Erläuterungen alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst. Das spart Zeit bei der Vorbereitung! Alle wichtigen Infos zur Interpretation. - von der ausführlichen Inhaltsangabe über Aufbau, Personenkonstellation, Stil und Sprache bis zu Interpretationsansätzen - plus 4 Abituraufgaben mit Musterlösungen und 2 weitere zum kostenlosen Download . sowohl kurz als auch ausführlich. - Die Schnellübersicht fasst alle wesentlichen Infos zu Werk und Autor und Analyse zusammen. - Die Kapitelzusammenfassungen zeigen dir das Wichtigste eines Kapitels im Überblick – ideal auch zum Wiederholen. - Das Stichwortregister ermöglicht dir schnelles Finden wichtiger Textstellen. . und klar strukturiert. - Ein zweifarbiges Layout hilft dir Wesentliches einfacher und schneller zu erfassen. - Die Randspalte mit Schlüsselbegriffen ermöglichen dir eine bessere Orientierung. - Klar strukturierte Schaubilder verdeutlichen dir wichtige Sachverhalte auf einen Blick. . mit vielen zusätzlichen Infos zum kostenlosen Download.
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Seitenzahl: 139
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 454
Textanalyse und Interpretation zu
Heinrich Mann
PROFESSOR UNRAT
Karla Seedorf
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgabe: Mann, Heinrich: Professor Unrat. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 63. Aufl. 2011.
Über die Autorin dieser Erläuterung: Karla Seedorf, geboren 1975 in Temeschwar (Rumänien), studierte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg Diplom-Germanistik (Schwerpunkt Literaturvermittlung und Literaturkritik) und Psychologie. Nach 9 Jahren Unterrichtserfahrung als Deutschlehrerin an beruflichen Schulen arbeitet sie seit 2010 als freie Lektorin und Schulbuchautorin für verschiedene Verlage und ist Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für Deutschdidaktik in Bamberg.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.
1. Auflage 2014
ISBN 978-3-8044-7015-6
© 2014 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Marlene Dietrich als „Lola-Lola“ im Film „Der blaue Engel“; Regie: Josef von Sternberg, Deutschland 1930 © ullstein bild
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Heinrich Mann: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Das Wilhelminische Zeitalter
Der Einfluss von Friedrich Nietzsche
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
3.3 Aufbau
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Professor Unrat
Rosa Fröhlich
Schüler Lohmann
Die Schüler von Ertzum und Kieselack
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Heinrich Manns Perspektivismus
Figurensprache und Realismuskonzeption
3.7 Interpretationsansätze
Satire über das Schulwesen
Psychogramm eines anarchistischen Tyrannen
Studie über das Verhältnis von Liebe und Macht
Professor Unrat als Künstlerroman?
4. Rezeptionsgeschichte
4.1 Wirkungsgeschichte
4.2 Der blaue Engel und andere Verfilmungen
4.3 Bühnenadaptionen
5. Materialien
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 **
Aufgabe 3 ***
Aufgabe 4 ***
Literatur
Zitierte Ausgabe
Weitere Werke des Autors
Biografien
Lernhilfen und Kommentare für Schüler
Weitere Sekundärliteratur
Rezensionen
Sonstige Literatur
Verfilmungen
Ballett/Theater
Internetquellen
Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht.
Das 2. Kapitel befasst sich mit Heinrich Manns Leben, informiert über den zeitgeschichtlichen Hintergrund und stellt weitere wesentliche Werke Heinrich Manns vor:
Heinrich Mann wurde 1871 in Lübeckgeboren und starb 1950 im amerikanischen Exil in Santa Monica (Kalifornien), USA.
Manns Roman Professor Unrat(1905) karikiert das wilhelminische Bürgertum, das kulturelle Klima in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg und das Gymnasium als Sozialisationsinstanz. Bereits in seinem Frühwerk wird so der gesellschaftskritische Impetus deutlich. Viele seiner Romane, Erzählungen und Theaterstücke kritisieren die bürgerliche Scheinmoral und analysieren die autoritären Strukturen des deutschen wilhelminischen Kaiserreichs. Dazu gehört die Kaiserreich-Trilogie, dessen bekanntestes Werk Der Untertan (1914) ist.
Trotz rasanten Ausbaus Deutschlands zum Industrieland blieben die hierarchisch-feudale Gesellschaftsstrukturen unter Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) zunächst unangetastet und forderten Kritik heraus.
Das 3. Kapitel bietet eine Textanalyse und Interpretationsansätze:
Professor Unrat – Entstehung und Quellen:
Professor Unrat entstand 1904 innerhalb weniger Monate in Florenz und Südtirol. Die Grundidee des Romans und zahlreiche Details entnahm Heinrich Mann Zeitungsberichten über einen realen Gerichtsfall eines 60-jährigen ehemaligen Berliner Professors und seiner Frau, einer früheren Chansonnette. 1905 erscheint der Roman im Albert Langen Verlag, München.
Inhalt:
Der Roman erzählt in 17 Kapiteln vom 57-jährigen Gymnasialprofessor Raat. Dieser lebt seit Jahren verwitwet und zurückgezogen, sein einziger Lebensinhalt ist die humanistische Bildung. Als einzelgängerischer Deutsch-, Latein- und Griechischlehrer hat er Generationen von Schülern tyrannisiert und wird hinter seinem Rücken „Unrat“ gerufen. Als er bei dem verhassten Schüler Lohmann ein Gedicht über die „Künstlerin Rosa Fröhlich“ findet, macht er sich in seiner Kleinstadt auf die Suche nach dieser Dame, um den Schüler damit zu Fall zu bringen. Er findet die Sängerin schließlich im Vergnügungslokal „Der Blaue Engel“. Immer mehr verfällt Raat den Reizen dieser Kleinstadtkurtisane. Als er bei einem Gerichtsprozess zu ihrer Verteidigung gegen seine Schüler aussagt und dabei deren angesehene und einflussreiche Familien beschimpft, wird Raat kurz darauf aus dem Schuldienst entlassen. Er heiratet Rosa, doch nach zwei Jahren Ehe mit ihr ist er finanziell ruiniert. Um sich Geld zu verschaffen, laden sie angesehene Bürger der Stadt in ihre Villa zum Glücksspiel und Wein ein, wo Rosa ihre Verehrer geschickt und diskret auszunehmen weiß und als Gegenleistung mit manchem auch intim wird. Als Rosa den von einer langen Auslandsreise zurückgekehrten Lohmann zu sich einlädt, stürzt Unrat sich eifersüchtig auf sie und versucht sie zu würgen. Lohmann steht ihr bei, Unrat flieht mit Lohmanns Brieftasche. Lohmann zeigt ihn an. Der Roman endet mit Unrats und Rosas Verhaftung.
Die Hauptpersonen:
Professor Raat:
57-jähriger Gymnasiallehrer
wird hinter seinem Rücken als „Unrat“ verlacht
Karikatur eines misanthropisch-tyrannischen Lehrers mit anarchistischen Tendenzen
ausgeprägtes Macht- und Herrscherbedürfnis, verachtet andere
unmoralisch, unpolitisch, ungläubig
verfällt Rosa, rasende Eifersucht vor allem auf Lohmann
Rosa Fröhlich:
Sängerin im „Blauen Engel“, unbekümmert sinnlich
empfindet Mitleid und Dankbarkeit für Unrat
heiratet Unrat und lässt sich und ihre uneheliche Tochter aushalten
Komplizin Unrats und „Instrument“ seiner Rache an der Gesellschaft
Lohmann:
Schüler Unrats, aus angesehener Konsulfamilie
intellektuell, überheblich, zynisch, jugendlich überspannte Weltverachtung
wohlwollendes Interesse an Unrats anarchistischen Ausbrüchen
am Schluss verantwortlich für Unrats (und Rosas) Verhaftung
von Ertzum:
Schüler Unrats, aus alteingesessener Landadelsfamilie
beschränkte Intelligenz, frühreif, körperlich ungestüm und kräftig
verliebt in Rosa Fröhlich
Unrat zerstört seine geplante Offizierslaufbahn
Kieselack:
Schüler Unrats, aus Kleinbürgerfamilie
auf seinen Vorteil bedacht, illoyal, hinterhältig
endet wegen Unrat als Bierkutscher.
Auch auf die Nebenfiguren gehen wir kurz ein.
Stil und Sprache in Heinrich Manns Professor Unrat:
Verschränkung verschiedener Erzählperspektiven: auktorialer, zum Teil ironisch-kommentierender Erzähler, personale Erzählweisen
psychologisierender Perspektivismus, Leitmotivik und Farbsymbolik vereinen naturalistische und expressionistisch-groteske Stilelemente
Interpretationsansätze:
Satire über das humanistische Gymnasium als Vermittlungsinstanz wilhelminischer Untertanentugenden
Psychologische Fallstudie über einen anarchistischen Tyrannen
Dekadenzroman und Studie über das Verhältnis zwischen Liebe und Macht
Beschreibung der Künstler-/Boheme-Gesellschaft als Gegenentwurf zur rigiden Bürgerlichkeit
Heinrich Mann (1871–1950), hier auf einem signierten Porträt von 1906 © Bundesarchiv
JAHR
ORT
EREIGNIS
ALTER
1871
Lübeck
Am 27. März als erstes Kind des Speditionskaufmanns Thomas Johann Heinrich Mann und seiner Frau Julia, geb. de Silva-Bruhns (Tochter einer Brasilianerin und eines nach Brasilien ausgewanderten Lübecker Farmers) geboren.
1875–1890
Lübeck
Geburt der Geschwister Thomas (*1875), Julia (*1877), Carla (*1881) und Viktor (*1890). Behütete Kindheit in wohlhabenden Verhältnissen, wo der angesehene Vater seit 1877 Senator ist.
4–19
1884
St. Petersburg
Bildungsreise, dessen Eindrücke er in einem Reisetagebuch festhält.
13
1889
Lübeck
Enttäuschung der Eltern über seinen vorzeitigen Abgang vom Gymnasium. Begeisterung für Heinrich Heine. Erste poetische Versuche und Zeitungsveröffentlichungen.
18
1889–1891
Dresden
Buchhändlerlehre bei Zahn & Jaensch in Dresden, die er 1891 abbricht.
18–20
1891
Berlin
Ab April Volontär im S. Fischer Verlag. Parallel Studien an der Friedrich-Wilhelms-Universität.
20
1891
Lübeck
13. Oktober: Tod des Vaters. Liquidation der väterlichen Firma. Monatliche Zinseinkünfte rund 180 Mark, womit er bis zur Inflation im Ersten Weltkrieg den Großteil seiner Ausgaben bestreitet.
20
1892
Berlin
Im Aufsatz Neue Romantik Auseinandersetzung mit Realismus, Naturalismus und Romantik.
21
Wiesbaden Lausanne
Kuraufenthalte nach Lungenblutung. Beginn eines selbstständigen Boheme-Literatenlebens.
1893
München
Übersiedlung der Familie Mann nach München. Reisen nach Paris und Italien.
22
1894
Erster Roman In einer Familie.[1]
23
1895–1896
Herausgeber der nationalkonservativen, antisemitischen Monatsschrift Das Zwanzigste Jahrhundert. Blätter für deutsche Art und Wohlfahrt.
24–25
1895–1898
Rom Palestrina
Italienaufenthalt, zum Teil mit seinem Bruder Thomas.
24–27
1899–1914
München Berlin Italien
Ohne festen Wohnsitz, Aufenthalte in München, Berlin, an der Côte d’Azur, meistens in Italien.
28–43
1900
Im Schlaraffenland. Ein Roman unter feinen Leuten.
29
1902/03
Romane Die Göttinnen oder Die drei Romane der Herzogin von Assy und Die Jagd nach Liebe.
32
1905
Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen. Verlobung mit der Schauspielerin Inés (Nena) Schmied, Tochter eines deutsch-argentinischen Plantagenbesitzers.
34
1909
Roman Die kleine Stadt. Lösung der Verlobung mit Inés Schmied.
38
1910
München
Freitod der ihm nahe stehenden Schwester Carla.
39
1912
Berlin
Bekanntschaft mit der Prager Schauspielerin Maria (Mimi) Kanová während der Proben zu seinem Theaterstück Die große Liebe.
41
1914
München
Heirat mit Maria Kanová, gemeinsame Wohnung in München. Vorabdruck des Romans Der Untertan in Zeit im Bild wird bei Kriegsbeginn gestoppt.
43
1915
Tief greifender Konflikt mit Bruder Thomas wegen unterschiedlicher künstlerischer und politischer Ansichten. Offene Angriffe in Aufsätzen und Essays.
44
1916
München
Geburt der Tochter Henriette Maria Leonie.
45
1918
München
Kriegsende, Abdankung Wilhelm II., Novemberrevolution. Mitarbeit im „Politischen Rat geistiger Arbeiter“.
47
1919
Beginn der Weimarer Republik mit Reichspräsidenten Friedrich Ebert. Essays Macht und Mensch, gewidmet der deutschen Republik.
48
1920
München
Uraufführung Der Weg zur Macht im Residenztheater. Zunehmende publizistische Tätigkeit.
49
1922
Aussöhnung mit Thomas Mann.
51
1923
Paris
Erster Besuch in Frankreich nach dem Weltkrieg.
52
Weßling b. München
Tod der Mutter.
1924
Prag
Auf Tschechoslowakei-Reise Begegnung mit dem Präsidenten Masaryk.
53
1925–1932
Gesammelte Werke in 13 Bänden erscheinen im Wiener Paul Zsolnay Verlag.
54–61
1925
Berlin
Tod Friedrich Eberts. Hindenburg wird Reichspräsident. Der Untertan, Die Armen, Der Kopf erscheinen als Kaiserreich-Trilogie. Romane der deutschen Gesellschaft im Zeitalter Wilhelms II.
54
1926
Berlin
Wahl zum Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Sektion Dichtkunst.
55
1927
München Paris
Freitod der Schwester Julia. Engagement für die deutsch-französische Verständigung.
56
1928
Berlin
Nach Trennung von Maria (Mimi) wohnt er bis 1939 in Berlin. Wahl zum Vorsitzenden des Volksverbandes für Filmkunst.
57
1929
Berlin
Gemeinsame Wohnung mit der Nachtlokal-Bardame Nelly Kröger, die von Familie Mann nicht akzeptiert wird.
58
1930
Weltwirtschaftskrise. Scheidung von Maria. Verfilmung vonProfessor Unratunter dem TitelDer blaue Engelmit Marlene Dietrichin der Rolle der Lola.
59
1931
Berlin
Wahl zum Präsidenten der Sektion Dichtkunst bei der Preußischen Akademie der Künste.
60
Paris
Rede zur deutsch-französischen Verständigung beim Schriftstellerkongress.
1933
Berlin
Unterzeichnung eines Aufrufs zur Aktionseinheit von KPD und SPD gegen die Nationalsozialisten (u. a. mit Käthe Kollwitz und Albert Einstein). 30. Januar: Hitler wird Reichspräsident.
62
Frankreich
21. Februar: Flucht nach Frankreich, zuerst nach Sanary-sur-Mer, dann (bis 1940) nach Nizza.
Berlin
10. Mai: Verbrennung von Heinrich Manns Schriften. 25. August: Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft; Heinrich Mann wird als staatenlos geführt. Konfiszierung seines Vermögens. Regelmäßige politische Artikel in frz. Zeitung, Vorsitzender des Vorbereitenden Ausschusses der deutschen Volksfront: einer NS-Widerstandsgruppe aus SPD- und KPD-Mitgliedern. Antifaschistische Flug- und Tarnschriften.
1935
Roman Die Jugend des Königs Henri Quatre.
64
1936
Tschechoslowakischer Staatsbürger mit Hilfe Masaryks. Der Spanische Bürgerkrieg beginnt.
65
1938
Roman Die Vollendung des Königs Henri Quatre.
67
1939
Nizza
Heirat mit Nelly (Emmy) Kröger. Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Verschleppung von Maria Mann ins KZ Theresienstadt.
68
1940
Frankreich
Kapitulation Frankreichs vor Hitlers Truppen.
69
Pyrenäen
Flucht über Spanien und Portugal in die USA.
USA
Zwischenaufenthalte in New York, Princeton, Hollywood. Wohnsitz in Los Angeles und Santa Monica. Wegen finanzieller Not regelmäßige Unterstützung durch Bruder Thomas.
1944
Santa Monica
Freitod seiner Frau Nelly nach wiederholten Selbstmordversuchen.
73
1945
Prag
Die gesundheitlich schwer geschädigte Maria Mann kehrt aus dem KZ Theresienstadt zurück und wird vom Neffen Klaus nach Prag gebracht, wo sie zwei Jahre später stirbt.
74
1946
Stockholm
Veröffentlichung der 1943/44 geschriebenen Lebenserinnerungen Ein Zeitalter wird besichtigt.
75
1947
Ostberlin
Verleihung der Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität in Abwesenheit.
76
1949
Ostberlin
Nationalpreis 1. Klasse für Kunst und Literatur der DDR. Letzter Roman Der Atem.
78
1950
Ostberlin
Berufung zum Präsidenten der neu gegründeten Akademie der Künste zu Berlin/DDR. Einladung zur Übersiedlung nach Berlin.
79
Santa Monica
Trotz inneren Widerstands Vorbereitung zur Rückkehr. Am 12. März Tod durch Hirnblutungen. Beisetzung neben Nelly in Santa Monica.
1961
Ostberlin
Urnenüberführung und Beisetzung auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Anwesenheit der Tochter Leonie Mann.
ZUSAMMENFASSUNG
Der Roman – 1904 geschrieben und 1905 erschienen – karikiert das wilhelminische Bildungsbürgertum und das geistig-kulturelle Klima Deutschlands vor dem Ersten Weltkrieg:
Gymnasium als Sozialisationsinstanz für Untertanenmentalität und bürgerliche Tugenden
Trotz rasanten Ausbau Deutschlands zum Industrieland bleiben hierarchisch-feudale Gesellschaftsstrukturen zunächst unangetastet
In der Hansestadt Lübeck sind alteingesessene Patrizier- und Adelsfamilien tonangebend
Bürgerliche Familie streng hierarchisch-patriarchalisch geprägt
Verlogene Doppelmoral vor allem für Frauen niederen Standes von Nachteil.
Wenngleich Professor Unrat keine genauen Zeit- und Ortsangaben enthält, so legen Dialektausdrücke und die Beschreibung von Örtlichkeiten und städtischen Gesellschaftsschichten nahe, dass die Romanhandlung in den 1880er- oder 1890er-Jahren in Heinrich Manns Heimatstadt Lübeck spielt. Mann hat hier – anders als in seinem späteren, ebenfalls Weltruhm erlangten Roman Der Untertan (1914) – kein umfassendes Gesellschaftsporträt dieser Epoche gezeichnet, sondern anhand der exemplarischen Figur des Gymnasialprofessors Unrat das deutsche Bildungsbürgertum der wilhelminischen Epoche (1888–1918) karikiert: Indem er die Doppelmoral offenlegt und die Ausprägungen kollektiver Disziplinierungsmaßnahmen darstellt, vermittelt er uns ein Stimmungsbild des gesellschaftlich-kulturellen Klimas in Deutschland vor den Weltkriegen. Für die Romanhandlung zentral sind Gesellschaftsstruktur und Mentalität des wilhelminischen Bürgertums wie auch die Rolle, die dem Gymnasium dabei als Sozialisationsinstanz zukommt.
Das Wilhelminische Zeitalter
Das Wilhelminische Zeitalter ist geprägt vom Kampf um die Vormachtstellung in der Welt, Wettrüsten und kolonialer Expansion. An der Spitze der wilhelminischen Gesellschaft steht Kaiser Wilhelm II. (1859–1941), dessen Macht durch Adel, Bürokratie, Militär und Kirche aufrechterhalten wird. Die Vorstellung eines kaiserlichen Gottesgnadentums erfordert unkritische, autoritätsgläubige Untertanen. Vor allem der Adel und das (Groß-)Bürgertum begeistert sich für die nationalistische, imperialistische und militaristische Großmachtpolitik Wilhelms II. Das Hochhalten bürgerlicher Tugenden wie Fleiß, Gehorsam, Ordnung, Bescheidenheit und Enthaltsamkeit befördert ebenfalls die Identifikation mit Kaiser und Vaterland in weiten Teilen der Bevölkerung.
Deutschland entwickelt sich nach dem Krieg gegen Frankreich (1870/71) in rasanter Geschwindigkeit vom Agrarstaat zu einem fortschrittlichen Industrieland. Durch Neugründungen von Firmen und Aktiengesellschaften wird die Industrieproduktion mit Hilfe neuer Energiequellen und einem ausgebauten Eisenbahnnetz stark erweitert. Die vorindustrielle Gesellschaftsstruktur bleibt dabei zunächst weitgehend unangetastet, Adel bzw. das adlige Offizierskorps sind nach wie vor gesellschaftlich tonangebend. Eine neue Bevölkerungsschicht entsteht – ein wirtschaftlich erfolgreiches, konservativ-reaktionäres Großbürgertum, bestehend aus Unternehmern, Bankiers, Fabrikanten, Ärzten und Anwälten. Diese neue Oberschicht orientiert sich an der alten Herrschaftselite, kopiert pseudoaristokratische Umgangsformen und bevorzugt repräsentativen Prunk.
Dem gegenüber steht das Proletariat, eine immer größer werdende Arbeiterschicht, die am Rande des Existenzminimums lebt und trotz liberaler und sozialdemokratischer Bestrebungen kaum politischen Einfluss hat.
Kaiser Wilhelm II (Mitte, von hinten) 1891 bei einem Besuch in Heinrich Manns Heimatstadt Lübeck. © ullstein bild – Süddeutsche Zeitung Photo / Scherl
Im monarchisch organisierten Kaiserreich hat die Freie Hansestadt Lübeck