Raketenkraft und Roboterträume - Norbert Fiks - E-Book

Raketenkraft und Roboterträume E-Book

Norbert Fiks

0,0

Beschreibung

Die fantastische Welt der Science-Fiction ist voller Geschichten, erfundenen und wahren. In diesem Band hat der Journalist und SF-Fan Norbert Fiks einige seiner Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des Genres versammelt, die er in verschiedenen Magazinen, Fanzines, Conbüchern und in seinem Blog veröffentlicht hat. Es geht um bekannte und fast vergessene Künstler und Autoren, um Arno Schmidt und Walter Ernsting, um Flüge zum Mond, um Roboter und Raketenpioniere. Zeitlich erstrecken sich die Themen von der Gründerzeit bis ins 21. Jahrhundert.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 190

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ein MaYa-Buch

Inhalt

V

ORWORT

E

IN

S

TAR AM

P

ULPHIMMEL

W

ILLY

L

EY

E

IN

P

IONIER DER

P

-A

STRONAUTIK

T

HE

F

ANTASTICAL

T

RAVELLER

E

IN

P

HANTAST

,

DIESER

S

CHMIDT

E

IN

G

RÜNDERZEIT

-A

USFLUG ZUM

M

OND

V

OM

B

ODENSEE DIREKT ZUM

M

OND

A

UF DER SCHWARZEN

L

ISTE DER

N

AZIS

D

ER

S

CHEIN TRÜGT

F

RAGWÜRDIGES

V

ERHÄLTNIS ZUR

G

EWALT

I

M

S

CHUTZ VON

S

UPRONYL

D

AS AUFGERÄUMTE

S

ONNENSYSTEM

E

IN

W

ORT MACHT

K

ARRIERE

F

RÜHSTART FÜR DAS

SF-T

ASCHENBUCH

W

IE WIR

»

ZU DEN

S

TERNEN

«

KAMEN

D

IE GROSSE

L

EERE AB DER

J

AHRTAUSENDWENDE

E

IN GRAMMATIKALISCHES

S

CHLAMASSEL

M

IT

A

RTHUR

C. C

LARKE AUF DEM

H

OLZWEG

P

UBLIKATIONSGESCHICHTE

Vorwort

In den vergangenen Jahren habe ich für verschiedene Zeitschriften, Magazine, Fanzines und Con-Bücher zahlreiche Texte zur Geschichte und Gegenwart der Science-Fiction geschrieben. Vieles davon bezog sich auf einen aktuellen Anlass oder eine konkrete Vorgabe und ist ohne diesen Zusammenhang unverständlich oder längst überholt. Manches ist aber zeitlos, und wenn es bei der Veröffentlichung interessant war (was ich hoffe), ist es wohl weiterhin und über den ursprünglichen, mitunter kleinen Leserkreis hinaus von Interesse. Artikel in Zeitschriften etc. geraten schnell in Vergessenheit und entgehen oft selbst den aufmerksamsten Zeitgenossen. Mir selbst ist es schon passiert, dass ich nicht mehr wusste, wo und wann einer meiner Text veröffentlicht wurde, als ich etwas nachsehen wollte (als Verfasser kann ich zum Glück ins Manuskript schauen). Um Abhilfe zu schaffen, gibt es diesen Sammelband.

Die darin enthaltenen Texte sind, wenn es für das Verständnis nötig erschien, leicht überarbeitet und ergänzt worden, übersehene Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Größere Eingriffe wurden nicht vorgenommen. Im Unterschied zu den Originalveröffentlichungen fehlen aus urheberrechtlichen Gründen etliche Abbildungen. Die Texte sind inhaltlich gruppiert, nicht nach dem Veröffentlichungsdatum sortiert. Die bibliografischen Angaben stehen im Anhang.

Die fantastischen Welten der Science-Fiction ist voller Geschichten, erfundenen und wahren. Lernt unter andrem einen großartigen Künstler der Pulp-Frühzeit kennen, erfahrt, welcher deutsche SF-Autor lange vor Erich von Dä-niken ein Anhänger der Prä-Astronautik war oder wie aufgeräumt das Sonnensystem in der PERRY RHODAN-Serie ist.

Leer, im Januar 2024

Ein Star am Pulphimmel

Der gebürtige Westpreuße Hans Waldemar Wessolowski gehörte in den frühen 1930er Jahren zur ersten Garde und zu den beliebtesten Künstlern der Science-Fiction-Pulpmagazine in den USA. Von Januar 1930 bis März 1933 war er erster Chefillustrator der ASTOUN-DING STORIES OF SUPER-SCIENCE und malte in dieser Zeit alle Titelbilder für das Magazin, das unter dem Titel ANALOG bis heute besteht. In Deutschland ist er weitgehend unbekannt.

Über Wessolowski, vor allem über seine frühen Jahre, gibt es in der Literatur und im Internet verstreut biografische Daten, die zum Teil widersprüchlich sind und für die es oft keine eindeutigen oder überprüfbaren Quellen gibt. Selbst für sein Geburts- und sein Todesjahr sind unterschiedliche Daten überliefert. Ein Teil der Angaben geht auf ihn selbst zurück. Verlässlicher sind dagegen Daten aus offiziellen und offiziösen Quellen wie den alle zehn Jahre durchgeführten US-Volkszählungen und Adressbüchern.

Johannes Waldemar Wesolowski [sic!] wurde am 19. August 1894 als Sohn des Stellmachers Simon Wesolowski und dessen Frau Bertha in Graudenz in Westpreußen, 100 Kilometer südlich von Danzig, geboren. 1920 kam die Stadt an der Weichsel aufgrund des Versailler Vertrags zu Polen und wurde in Grudziądz umbenannt. Deshalb wurde Wessolowski gelegentlich als Pole bezeichnet, er selbst gab als Herkunftsland immer »Germany« an. Er soll einen Bruder und zwei Schwestern gehabt haben. Bei einem Unfall als Kind verlor er das linke Auge, weshalb er ein Glasauge hatte, was in seinen Registrierungsunterlagen für den Militärdienst von 1917 vermerkt ist. Das Formular hielt zudem fest, dass Wessolowski groß war, blaue Augen und braunes Haar hatte.

Ab 1910 studierte Wessolowski angeblich an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. Gemeint sein wird die Hochschule für die bildenden Künste in Berlin, die seit 1875 Maler und Bildhauer ausbildete und eine Abteilung der Akademie war. Wessolowski war da erst 16 oder 17 Jahre alt. Einen Teil seines Studiums soll er durch den Verkauf von Zeichnungen an die legendäre Satirezeitschrift SIMPLI-CISSIMUS finanziert haben. Es gibt darauf im SIMPLICISSIMUS-Archiv, das alle Schreiber und Zeichner aufführt, allerdings keinen Hinweis. Es erscheint auch reichlich unwahrscheinlich, dass dieses gesellschaftskritische, antiwilhelminisch eingestellte, in München erscheinende Blatt, für das einige der bedeutendsten Karikaturisten und Zeichner der Zeit tätig waren, Zeichnungen eines völlig unbekannten und unerfahrenen Kunststudenten von einer erzkonservativen Kunstschule in Berlin annehmen würde. Eher kommen die illustrierten Berliner Satirezeitschriften ULK, FLIEGENDE BLÄTTER oder KLADDERADATSCH infrage; dort hätte Wessolowski persönlich vorsprechen können. In einem Interview, das Julius Schwartz und Mort Weisinger Anfang 1933 für das Fanzine SCIENCE FICTION DIGEST mit Wessolowski führten, heißt es, dass er für das Studium ein Stipendium bekommen hatte und seine Ausgaben durch »cartoon work« deckte.

Bevor er in die USA einwanderte, fuhr Wessolowski nach eigenen Angaben zwei Jahre lang zur See, wobei er zweimal die Erde umrundet haben will. Ausweislich seiner Einbürgerungsunterlagen von 1944 kam er am 6. Mai 1914 – vermutlich als Besatzungsmitglied – mit der Fürst Bismarck in New Orleans an. Als letzten Wohnsitz in Deutschland gab er Hamburg an.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Anekdote, die Gail Thompson, eine Großnichte seiner späteren Frau Minnie, 2002 zum Besten gab. Danach kam Hans Wessolowski erst einen Monat später, im Juni 1914, in die USA. Er war angeblich in New Orleans vom Schiff ins Wasser gesprungen und an Land geschwommen. Tatsächlich hatte die Fürst Bismarck, ein Passagierschiff der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (Hapag), am 7. Juni 1914 New Orleans ohne Passagiere außerplanmäßig angelaufen und drei Tage lang Ladung aufgenommen. Damals war gemutmaßt worden, dass das Schiff Waffen und Munition für das Huertas-Regime in Mexiko transportierte und das Deutsche Reich damit ein Embargo durch die USA umging.

Wessolowski ging nach Missouri. Als Beruf gab er dort bereits 1916 »artist« an. 1917, als die USA in den Ersten Weltkrieg eintraten, wurde er in Kansas City für den Militärdienst registriert, aber nicht eingezogen. Am 18. Mai 1918 heiratete er die gut vier Jahre ältere Minnie Isabella Ross, die aus der Ortschaft Milo 150 Kilometer südlich von Kansas City stammte. Noch 1925 war das Paar in Kansas City gemeldet. Vor der Volkszählung 1930 zogen die Wessolowskis nach New York um. Zwischen 1935 und 1940 verließ das Paar die Stadt wieder und ließ sich in Fairport, Connecticut, nieder. Nur wenige Monate vor seinem Tod kaufte Hans Wessolowski ein Anwesen im benachbarten Westport, in dem seine Witwe bis 1950 wohnte.

In Kansas City war Wessolowski als »commercial artist«, als Werbegrafiker, gemeldet und für die Union Bank Note Company, die Burger-Braid Engraving Company und die

Mit der Ausgabe vom Oktober 1928 der AIR ADVENTURES (links) beginnt Wessolowskis Karriere als Pulp-Illustrator. Rechts sein erstes SF-Titelbild, für AMAZING STORIES vom September 1929.

Ferry Hanly Advertising Company tätig. Im Dezember 1927 trat er erstmals als freischaffender Zeichner in Erscheinung und illustrierte The Apple-Tree Saga von Manuel Komroff für MCCLURE’S MAGAZINE. Das 1893 gegründete Monatsmagazin aus New York gilt als Erfinder des Sensationsjournalismus. Vermutlich lebte Wessolowski da schon in New York. Es folgten Aufträge für CLUES DETECTIVE STORIES, AIR ADVENTURES, THE DANGER TRAIL, THREE STAR MAGAZINE und WIDE WORLD ADVENTURES und andere Pulp-Magazine, wie die auf billigem Papier gedruckten Hefte genannt wurden. Seine ersten Pulp-Titelbilder malte Wessolowski 1928 für die Oktober-Ausgaben von AIR ADVENTURES und DANGER TRAIL aus dem Verlag von William Clayton. Zu sehen sind auf beiden Titelbildern Männer mit einer Waffe in der ausgestreckten rechten Hand – ein Motiv, das Wessolowski so ähnlich immer wieder verwendet hat.

Dann wandte Wessolowski sich der Science-Fiction zu. 1926 hatte der Luxemburger Hugo Gernsback AMAZING STO-RIES, das erste Science-Fiction-Magazin, auf den Markt gebracht. Als dessen Titelbildkünstler und Innenillustrator setzte der gebürtige Österreicher Frank R. Paul Maßstäbe, die für Jahrzehnte das Erscheinungsbild der SF-Pulps bestimmten. Paul hatte praktisch keine Vorbilder, die farbigen Titelbilder waren einmalig. Die wesentlichen Stilelemente waren (wissenschaftlich-phantastischer) Realismus, einfacher Bildaufbau sowie starke Farbkontraste und typische Bildelemente wie Raumschiffe, Roboter, Laboratorien, Planeten und glubschäugige Monster. Das machte die Pulps an den Zeitungskiosken unverkennbar.

Paul blieb Gernsback treu, als dieser 1929 pleite ging, Amazing abgeben musste und mit SCIENCE WONDER STORIES ein neues Magazin auf den Markt brachte. Das machte den Weg bei AMAZING frei für andere Künstler wie Wessolowski. Das erste SF-Cover von Wessolowski und zwei Illustrationen zur Story The Red Peril von S. P. Meek erschienen in der Ausgabe vom September 1929. Sieben weitere Titelbilder und zahlreiche Innenillustrationen für AMAZING STORIES und den Ableger AMAZING STORIES QUARTERLY folgten bis August 1930.

In dieser Zeit muss Harry Bates, der erste Herausgeber von ASTOUNDING, auf Wessolowski aufmerksam geworden sein. Die Premierenausgabe dieses neuen SF-Magazins aus dem Clayton-Verlag mit einem Titelbild von Wesso, wie er seine Werke signierte, erschien im Januar 1930. Dargestellt ist ein Motiv aus The Beetle Horde von Victor Rousseau, einem fleißigen englischen Pulp-Autor, der sich in den USA niedergelassen hatte. Das Bild, »painted in water-color«, zeigt im Vordergrund einen Mann in einer Fliegermontur, der von einem riesigen Käfer angegriffen wird. Links hinter ihm steht eine nur mit einem Negligé (aus Fell?) bekleidete blonde Frau, etwas abseits ist eine weitere Kampfszene dargestellt. Im Hintergrund ist ein in einer Dünenlandschaft abgestürztes Flugzeug zu erkennen. Hier hat ein stereotypisches, immer wieder aufs Neue variierte Pulp-Motiv Premiere: Starke Männer schützen hilflose und vor allem leicht bekleidete Frauen vor Ungeheuern, Aliens oder Robotern (selbst wenn die Szene so in der Story gar nicht vorkommt).

Wesso war außerdem für die Titelbilder der kurzlebigen STRANGE TALES OF MYSTERY AND TERROR zuständig. Dieses Fantasy- und Horrormagazin wurde ebenfalls von Bates herausgegeben.

Der Künstler hat offenbar gut verdient, denn er konnte sich in New York ein Penthouse »way up in the sky« mit Blick auf den Riverside Drive, damals wie heute eine der begehrtesten Adressen in der Stadt, leisten. Dank der Volkszählungsunterlagen von 1930 ist bekannt, dass die Monatsmiete für seine Wohnung in einem neunstöckigen Haus in der 55th Street West in Manhattan 135 Dollar betrug (ob es sich dabei um das Penthouse handelt, ist unklar). Für die Titelbilder zahlten die Pulp-Verlage ab 50 Dollar aufwärts, Top-Künstler bekamen 200 Dollar und mehr. Für Hugo Gernsback wollte Wesso nicht arbeiten, weil dieser nicht genug zahlte. Das Durchschnittseinkommen lag zu der Zeit in den USA bei knapp 1400 Dollar.

David H. Keller, der Wesso einmal besuchte, soll dadurch zu seiner Kurzgeschichte The Pent-House inspiriert worden sein, die im Februar 1932 in AMAZING STORIES erschien. Darin geht es um ein junges Paar und dessen Gönner, die sich fünf Jahre in einem Penthouse in New York einsperren, um das bevorstehende Ende der Menschheit zu überleben. Die Illustration zu dieser Story ist von Leo Morey, der mit Frank R. Paul, Howard V. Brown und Wesso zu den »Big Four« der frühen Pulp-Künstler gezählt wird.

„Phalanxes of Atlans“ von F. Van Wyck Mason wurde in Fortsetzungen in ASTOUNDING STORIES veröffentlicht. Wessos Illustration dazu erschien im März 1931.

Wessolowskis Bilder kamen bei den Lesern an. Das schlug sich in begeisterten Zuschriften, die in der »Readers Corner« von ASTOUNDING abgedruckt wurden, nieder. »Wesso sure is a dandy artist. Try not to lose him«, schrieb etwa E. F. Hittleman aus New York in der Ausgabe vom März 1931. Normalerweise wurden in den abgedruckten Leserbriefen die Künstler und deren Werke nur gelegentlich gewürdigt und auch nie so ausführlich wie die Autoren und ihre Texte.

Die Kritiker bescheinigten Wesso eine gute Beherrschung des Bildaufbaus, Detailgenauigkeit und ausdrucksstarke Farbigkeit, manche nannten seinen Stil grell, aber das gilt im Grunde für jeden Pulp-Künstler. Er hatte ein gutes Händchen für besonders bizarre Monster und futuristische Architektur und war auch wegen seiner actiongeladenen Motive beliebt. Was ihm offensichtlich nicht so lag, waren Menschen. Seine männlichen Figuren ähneln sich in Aussehen, Haltung und Gesichtsausdruck auffällig, weshalb man schon allein daran ein Wesso-Cover erkennen könnte. Häufig halten sie eine Waffe oder einen anderen Gegenstand in der rechten Hand und strecken sie nach vorne. Typisch dafür ist das Cover der ASTOUNDING-Ausgabe von Januar 1931, das im Übrigen auch das erste Pulp-Cover ist, auf dem ein Roboter zu sehen ist (Abbildung auf S. 154). Dass Wesso diesbezüglich keine Entwicklung durchgemacht hat, zeigt eines seiner letzten Cover für THRILLING WONDER STORIES im Juni 1941.

1934 zeichnete Wesso das Titelbild für die Januar-Ausgabe des Magazins MOTOR im Artdéco-Stil.

Als ASTOUNDING-Verleger William Clayton pleite ging und das Magazin im Frühjahr 1933 verkaufte, war auch Wesso davon betroffen. Zwar kam ASTOUNDING schon wenige Monate später zurück auf den Markt, allerdings mit dem neuen Chefillustrator Howard V. Brown. Drei Jahre lang veröffentlichte Wesso keine einzige SF-Illustration, und sein erstes Cover nach dieser Auszeit erschien erst im September 1937, wieder für ASTOUNDING. Er wird in dieser Phase aber die Hände nicht in den Schoss gelegt haben; von irgendetwas muss er seinen Lebensunterhalt bestritten haben. Davon zeugt ein Cover für das Magazin MOTOR Anfang 1934 im Art-déco-Stil, das überhaupt keine Ähnlichkeit mit Wessos Pulp-Titelbildern hat.

Bis 1942 folgten sechs weitere Cover für ASTOUNDING, drei für THRILLING WONDER STORIES und eines für die MARVEL SCIENCE STORIES. Das Titelbild für ASTONISHING STORIES im März 1942 war sein letztes. Es zeigt typische Wesso-Elemente: Ein Drache hält eine Frau fest, ein Mann schießt mit einem Strahlengewehr auf das Ungeheuer.

Hans Waldemar Wessolowski um das Jahr 1930. Das Bild (Archiv David Saunders, New York) zeigt ihn vermutlich zusammen mit seiner Schwiegermutter Mary Ross, seiner Schwägerin Ida Young und deren Tochter Dorothy.

In dieser Zeit war Wesso mit Dutzenden Illustrationen in verschiedenen Pulps nicht nur im Science-Fiction-Genre vertreten. Weil die Zahl der Magazine erheblich zugenommen hatte, bestand ein großer Bedarf an Zeichnern. Seine letzte Illustration, zu Death Strikes a Discord von A. Boyd Correll, erschien im Dezember 1943 in THE PHANTOM DETEC-TIVE.

Wesso ist auch außerhalb der Pulp-Welt tätig gewesen und hat als freischaffender Gebrauchsgrafiker gearbeitet. In einer Zwölf-Zeilen-Meldung über seinen Tod wies die NEW YORK TIMES auf seine langjährige Verbundenheit mit der Grafikabteilung der NEW YORK DAILY NEWS, damals die auflagenstärkste Tageszeitung in den USA, hin.

Am Ende seiner Karriere ragte die Tätigkeit für das CAP-TAIN FUTURE MAGAZINE, das 1940 auf den Markt kam und einen Superhelden in den Mittelpunkt stellte, heraus. In diesem Magazin erschien alle drei Monate ein abgeschlossener Roman über den Superhelden Curtis Newton alias Captain Future, fast ausschließlich von Edmond Hamilton geschrieben. Die ersten sechs wurden von Wesso illustriert (die Cover waren von Earle K. Bergey).

Captain Future ist es zu verdanken, dass Wessolowski-Illustrationen erstmals in Deutschland erschienen, mehr als 60 Jahre nach seinem Tod. Der Golkonda-Verlag in Berlin begann 2012 damit, Hamiltons Romane mit den Originalcovern und -innenillustrationen in Neuübersetzungen zu veröffentlichen.

Über Wessos Privatleben und seine persönlichen Interessen ist so gut wie nichts bekannt. Von Julius Schwartz und Mort Weisinger wurde er im SCIENCE FICTION DIGEST als bescheiden charakterisiert und »a swell guy« (ein prima Kerl) genannt. Er soll ein exzellenter Golfspieler und guter Bridgepartner gewesen sein. Auf einem 1939 in THRILLING WONDER STORIES veröffentlichten Foto von ihm ist ein Mann mit rundem Gesicht und hoher Stirn zu sehen. Auf einem weiteren Foto, das einige Jahre zuvor aufgenommen worden sein dürfte, sitzt Wesso im Anzug und mit Strohhut in der Hand zusammen mit zwei Frauen und einem Kind an einem See im Gras.

Wesso starb am 12. Mai 1948 nach kurzer Krankheit im Krankenhaus von Norwalk, einer Stadt zwischen seinem letzten Wohnort Westport und New York. Er wurde nur 53 Jahre alt. Der Tod des »well known commercial artist« und die Trauerfeier waren der Lokalzeitung THE NORWALK HOUR Meldungen wert. Begraben wurde er vermutlich in Westport. Minnie Ross starb im Oktober 1972 und wurde in ihrem Heimatort Milo bestattet.

Literatur

Everett F. B

LEILER

: Science-fiction – the Gernsback years; a complete coverage of the genre magazines Amazing, Astounding, Wonder, and others from 1926 through 1936. Kent 1998.

Steve D

AVIDSON

/Jean Marie S

TINE

(ed.): The Best of Amazing Stories: The 1930 Anthology. o. O., 2018.

Jane F

RANK

: Science Fiction and Fantasy Artists of the Twentieth Century: A Biographical Dictionary. Jefferson/London 2009.

Anthony F

REWIN

: One Hundred Years of Science Fiction Illustration. London 1974.

Peter H

AINING

: The Classic Era of American Pulp Magazines. Chicago 2001.

Timothy F. M

ITCHELL

: Science Fiction Illustration. In: The Missouri Review, vol. 7, no. 2. Columbia 1984.

Adam R

OBERTS

: The History of Science Fiction. Basingstoke/New York, 2006.

Alva R

ODGERS

: A Requiem to Astounding. Chicago 1964.

Julius S

CHWARTZ

/Mortimer W

EISINGER

: Hans Waldemar Wessolowski. Interviewed by Julius Schwartz and Mortimer Weisinger. In: Science Fiction Digest, April 1933 (kindly provided by David Ritter)

Online-Quellen, frei zugänglich

G

EBURTS

-N

EBEN

-R

EGISTER

des Königlich Preußischen Standes-Amts Graudenz, Kreis Graudenz, für das Jahr 1894: Archiwum Państwowe w Toruniu (Staatsarchiv Torun), 69/1140/0/2.1/1076 (138) (online;

https://www.genealogiawarchiwach.pl/

).

Jon G

USTAFSON

, Peter N

ICHOLLS

and Gary W

ESTFAHL

: "Wesso, H W" - The Encyclopedia of Science Fiction (online;

http://www.sf-encyclopedia.com/entry/wesso_h_w

).

I

NTERNET

S

PECULATIVE

F

ICTION

D

ATABASE

(online;

http://www.isfdb.org/cgi-bin/ea.cgi?1212

).

Lonnie Pierson D

UNBIER

(ed.): Hans Waldemar Wesso - Artist Biography & Facts (online;

https://www.askart.com/artist/artist/104900/artist.aspx

).

David S

AUNDERS

: H. W. Wesso – Field Guide To Wild American Pulp Artists, 2009 (online;

http://www.pulpartists.com/Wesso.html

).

S

ECOND

C

HANCE

G

ARAGE

, LLC: Motor Illustrator: H. W. Wesso (online; http://

www.secondchancegarage.com/motor-covers/MoTor-Cover-Artist-H-W-Wesso.cfm

).

Phil S

TEPHENSEN

-P

AYNE

: WESSOLOWSKI, HANS W(aldemar) «WESSO”; (18941948) - Galactic Central (online;

http://www.philsp.com/homeville/SFI/c98.htm#A6179

;

http://www.philsp.com/homeville/fmi/c/c552.htm#A21510

).

Doug S

TEWART

: Guys and Molls: Smithsonian Magazine, August 2003 (online,

https://www.smithsonianmag.com/arts-culture/guys-and-molls-86688117/

).

US-B

OTSCHAFT IN

D

EUTSCHLAND

: About the USA. Zahlen & Fakten: Einkommen und Preise 1900-1999 (online;

https://usa.usembassy.de/etexts/his/e_g_prices1.htm

).

W

IKIPEDIA CONTRIBUTORS

: »Hans Waldemar Wessolowski«. In: Wikipedia, The Free Encyclopedia, 2019 (online;

https://en.wikipedia.org/wiki/Hans_Waldemar_Wessolowski

).

Online-Quellen, nicht frei zugänglich

Der Zugang zu folgenden Quellen erfordert kostenpflichtige bzw. Test-Abos bei Genealogie-Portalen, Zeitungsarchiven u. ä.

A

DRESSBÜCHER VON

K

ANSAS

C

ITY

; Bridgeport, Fairfield, etc; Westport, Saugatuck, etc.; verschiedene Jahrgänge (1916-1950)

Ancestry.com:

USA-Städteverzeichnisse, 1822-1995. Provo, UT, USA:

Ancestry.com

Operations, Inc., 2011.

US-V

OLKSZÄHLUNGEN

1920, 1930, 1940 United States of America, Bureau of the Census /

Ancestry.com

. US-Volkszählungen. Provo, UT, USA:

Ancestry.com

Operations, Inc., 2012.

H

EIRATSURKUNDE

vom 18.5.1918

Ancestry.com

. Missouri, USA, Landkreis Jackson, Heiratsregister, 1840-1985. Provo, UT, USA:

Ancestry.com

Operations, Inc., 2015.

R

EGISTRATION

C

ARD

, Kansas City 5.6.1917

Ancestry.com

. US-Einzugsregistrierungskarten 1. Weltkrieg, 1917–1918. Provo, UT, USA:

Ancestry.com

Operations Inc, 2005.

R

EGISTRATION

C

ARD

, Fairfield, Connecticut, 27.4.1942 National Archives Catalog, NAI 5136724 (online:

https://catalog.archives.gov/id/5136724

);

Ancestry.com

. US-amerikanische Einzugsregistrierungskarten 2. Weltkrieg, 1942. Lehi, UT, USA:

Ancestry.com

Operations, Inc., 2010.

N

ATURALISIERUNGSANTRAG

, 1942; E

INBÜRGERUNGSBESTÄTIGUNG

1944 National Archives at Boston; Waltham, Massachusetts; Archivtitel: Naturalization Record Books, 12/1893 - 9/1906; NAI-Nummer: 2838938; Titel des Aufzeichnungssatzes: Records of District Courts of the United States, 16852009; Nummer des Aufzeichnungssatzes: RG 21

M

ELDUNGEN ÜBER

T

OD

und Trauerfeier von Hans Waldemar Wessolowski The New York Times, 14. März 1948; The Norwalk Hour, 13.5.48, 15.5.48.

M

ELDUNGEN ÜBER

T

OD

und Trauerfeier von Minnie Wessolowski The Nevada Daily Mail, 3.10.72; 26.10.72.

»Fürst Bismarck« in New Orleans, Liner Going For Huerta? Fuerst Bismarck Reaches New Orleans – May Take On Arms Cargo. In: New York Times, 7.6.1914.

(alle zuletzt abgerufen am 10.1.2021)

Willy Ley

Wenn es um die Frage geht, wann die Science-Fiction nach Deutschland kam, landet man unweigerlich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als junge Deutsche die Pulp-Magazine kennenlernten, die amerikanische Soldaten oder deren Kinder mitgebracht hatten. Deren offensichtliche Popularität veranlasste den Rastatter Verleger Erich Pabel, 1953 mit der von deutschen Autoren verfassten JIM PARKER-Serie in der Heftroman-Reihe UTOPIA auf den Markt zu gehen, die ab Heft 44 den Untertitel Science Fiction Zukunftsromane trug. Es folgte 1954 der UTOPIA GROSSBAND mit dem Untertitel Science-Fiction in deutscher Sprache, in der auf Anregung von Walter Ernsting alias Clark Darlton Übersetzungen angloamerikanischer SF erschienen. Aber es gibt eine davon unabhängige Vorgeschichte. Die Ehre, als derjenige genannt zu werden, der den Begriff Science-Fiction nach Deutschland brachte, gebührt Willy Ley. Es gibt sogar ein Datum. Es war am 16. Juli 1930.

Willy Ley ist vor allem als Chronist der Raketenforschung der ersten Stunde und Propagandist der Raumfahrt bekannt. Er wurde am 2. Oktober 1906 als Sohn eines Weinhändlers in Berlin geboren. Er arbeitete nach seiner Schulzeit bei einer Berliner Großbank und ab 1926 als freier Schriftsteller und Journalist, unter anderem für den VOR-WÄRTS, die Tageszeitung der SPD. 1927 gehörte er zu den ersten Mitgliedern des neu gegründeten Vereins für Raumschiffahrt (VfR), dem auch die Raketenund Raumfahrtpioniere Max Valier, Hermann Oberth und Wernher von Braun angehörten. Eine Zeitlang war er dessen stellvertretender Vorsitzender. In dieser Zeit war er an den ersten Raketenversuchen beteiligt und dank seiner umfangreichen Sprachkenntnisse für die Auslandskontakte des Vereins zuständig. 1935 wanderte er aus politischen und beruflichen Gründen in die USA aus. Dort tat er sich nach Kriegsende unter anderem mit von Braun zusammen, um Werbung für die Raumfahrt zu machen, und arbeitete als Sachbuchschriftsteller und Kolumnist. Ley starb am 24. Juni 1969, vier Wochen vor der ersten Mondlandung.

Der junge Willy Ley.

In Sachen Science-Fiction trat Willy Ley das erste Mal 1926 in Erscheinung, als im Leipziger Verlag Hachmeister & Thal seine Schrift Die Fahrt ins Weltall erschien. Verfasst hatte er sie als Reaktion auf Max Valiers 1924 veröffentlichtes Buch Der Vorstoß in den Weltenraum. Im Unterschied zu dem, was Valiers Buch im Untertitel versprach, hielt der junge Ley es keinesfalls für »gemeinverständlich«. Valier war neben Hermann Oberth in den 1920er Jahren in Deutschland der wichtigste Pionier der Raketenforschung. 1930 kam er durch die Explosion einer Raketendüse ums Leben und gilt deshalb als erstes Opfer der Raumfahrt, obwohl er nur am Raketeneinsatz für bodengebundene Fahrzeuge und Flugzeuge forschte.

In Die Fahrt ins Weltall