Raststätte Mile 81 - Stephen King - E-Book

Raststätte Mile 81 E-Book

Stephen King

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Beschreibung

An der Wegmarkierung Mile 81 des Maine-Turnpike steht eine mit Brettern vernagelte Raststätte. Hier treffen sich sonst die älteren Schüler, um zu trinken und Dinge zu tun, die ältere Schüler gern in Schwierigkeiten bringen. Der 11-jährige Pete Simmons ist heute aber allein hier, weil er weiß, dass die Großen woanders sind. Er findet eine halbvolle Wodkaflasche und trinkt davon so viel, dass er benebelt einschläft. Kurz darauf rollte ein schlammverdreckter Kombi (komischerweise hat es in Maine seit Wochen nicht geregnet) auf den von Unkraut überwachsenen Parkplatz, obwohl auch der Tankstellenbetrieb vor Längerem eingestellt wurde. Die Fahrertür öffnet sich, aber niemand steigt aus. Doug Clayton, Versicherungsvertreter aus Bangor, ist ein gottesfürchtiger Mensch. Der verlassen dastehende Kombi weckt den Samariter in ihm. Er biegt von der Schnellstraße ab und hält mit seinem Prius hinter dem schlammigen, kennzeichenlosen Kombi. Etwas später hält auch Julianne Vernon, die gerade mit ihrem Pferdeanhänger unterwegs ist. Die beiden leeren Autos haben sie neugierig gemacht. Sie findet Claytons zerbrochenes Handy neben der offenen Kombitür – und kommt dieser dabei selbst zu nahe. Als Pete Simmons aus seinem Dämmerschlummer erwacht, steht ein halbes Dutzend Autos an der Raststätte Mile 81. Zwei Kinder – Rachel und Blake Lussier und ein Pferd namens Deedee sind die einzigen Lebewesen, die er sieht. Es sei denn, man zählt den Kombi dazu.

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Seitenzahl: 88

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Das E-Book

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An der Wegmarkierung Mile 81 des Maine-Turnpike steht eine mit Brettern vernagelte Raststätte. Hier treffen sich sonst die älteren Schüler, um zu trinken und Dinge zu tun, die ältere Schüler gern in Schwierigkeiten bringen. Der 11-jährige Pete Simmons ist heute aber allein hier, weil er weiß, dass die Großen woanders sind. Er findet eine halbvolle Wodkaflasche und trinkt davon so viel, dass er benebelt einschläft.

Kurz darauf rollte ein schlammverdreckter Kombi (komischerweise hat es in Maine seit Wochen nicht geregnet) auf den von Unkraut überwachsenen Parkplatz, obwohl auch der Tankstellenbetrieb vor Längerem eingestellt wurde. Die Fahrertür öffnet sich, aber niemand steigt aus.

Doug Clayton, Versicherungsvertreter aus Bangor, ist ein gottesfürchtiger Mensch. Der verlassen dastehende Kombi weckt den Samariter in ihm. Er biegt von der Schnellstraße ab und hält mit seinem Prius hinter dem schlammigen, kennzeichenlosen Kombi.

Etwas später hält auch Julianne Vernon, die gerade mit ihrem Pferdeanhänger unterwegs ist. Die beiden leeren Autos haben sie neugierig gemacht. Sie findet Claytons zerbrochenes Handy neben der offenen Kombitür – und kommt dieser dabei selbst zu nahe.

Als Pete Simmons aus seinem Dämmerschlummer erwacht, steht ein halbes Dutzend Autos an der Raststätte Mile 81. Zwei Kinder – Rachel und Blake Lussier und ein Pferd namens Deedee sind die einzigen Lebewesen, die er sieht. Es sei denn, man zählt den Kombi dazu.

So herzergreifend wie das verfilmte Stand By Me, so albtraumhaft wie Christine – Raststätte Mile 81 ist klassischer Stephen King.

Der Autor

Der Autor

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Schon als Student veröffentlichte er Kurzgeschichten, sein erster Romanerfolg, Carrie, erlaubte ihm, sich nur noch dem Schreiben zu widmen. Seitdem hat er weltweit 400 Millionen Bücher in mehr als 40 Sprachen verkauft. Im November 2003 erhielt er den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk. Bei Heyne erscheint sein großer Bestseller Der Anschlag.

Titel

Stephen King

Raststätte Mile 81

Aus dem Amerikanischen vonWulf Bergner

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Impressum

Die Originalausgabe erschien als E-Book unter dem Titel Mile 81 bei Scribner, New York.

Copyright © 2011 by Stephen KingCopyright © 2011 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random HouseArtwork: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, ZürichSatz und Produktion E-Book: C. Schaber Datentechnik, WelsISBN 978-3-641-07904-8

1. Pete Simmons (Huffy, Bj. 2007)

1. PETE SIMMONS

(Huffy, Bj. 2007)

»Du kannst nicht mit«, sagte sein älterer Bruder.

George sprach mit gedämpfter Stimme, obwohl seine übrigen Freunde – eine Gruppe Zwölf- und Dreizehnjähriger aus der Nachbarschaft, die sich die Rip-Ass-Raiders nannten – vorn am Ende der Straße auf ihn warteten. Nicht sehr geduldig. »Es ist zu gefährlich.«

»Ich hab keine Angst«, sagte Pete. Er sprach ganz tapfer, obwohl er ein bisschen Angst hatte. George und seine Freunde wollten zur Kiesgrube hinter der Bowlingbahn. Dort würden sie ein Spiel spielen, das Normie Therriault erfunden hatte. Normie war der Anführer der Rip-Ass-Raiders, und das Spiel hieß »Fallschirmspringer über Bord«. Zum Rand der Kiesgrube führte ein Weg mit tiefen Fahrspuren und das Spiel bestand daraus, ihn mit vollem Tempo auf dem Rad hinunterzurasen, dabei aus voller Lunge »Raiders rule!« zu brüllen und abzuspringen, während man über die Kante flog. Früher oder später würden die Eltern das mitbekommen und das würde das Ende von „Fallschirmspringer über Bord“ sein. Vorläufig ging das Spiel jedoch weiter.

George war clever genug, seinen Bruder nicht mitspielen zu lassen; selbst wenn Normie T. einen Zehnjährigen hätte mitmachen lassen (was er ziemlich sicher nicht getan hätte), dieses Spiel war wirklich gefährlich. George sollte sich um Pete kümmern, während ihre Eltern in der Arbeit waren. Wenn Pete sein Huffy in der Kiesgrube zu Schrott fuhr, würde George wahrscheinlich eine Woche Hausarrest bekommen. Und wenn der Kleine sich einen Arm brach, stand darauf ein Monat. Und war es – gottbewahre! – sein Hals, würde George sich vermutlich die gesamte Zeit, bis er auszog, um aufs College zu gehen, in seinem Zimmer vertreiben müssen …

Außerdem liebte er den kleinen Scheißer.

»Häng einfach hier draußen ab«, sagte George. »Wir sind in ein paar Stunden wieder da.«

»Mit wem abhängen?«, fragte Pete. Er war missmutig, und das mit einigem Recht. Es waren Osterferien, aber alle seine Freunde, die seine Mutter »altersgemäß« genannt hätte, schienen irgendwohin verreist zu sein. Ein paar waren nach Disney World in Orlando gefahren, und wenn Pete daran dachte, füllte sich sein Herz mit Neid und Eifersucht – ein übles Gebräu, aber eigenartig wohlschmeckend.

»Häng einfach ab«, sagte George. »Geh in den Supermarkt oder so was.« Er wühlte in seiner Hosentasche und brachte ein paar verknitterte Geldscheine zum Vorschein. »Hier sind zwei Dollar.«

»Beeil dich, Simmons, sonst fahren wir ohne dich!«, rief Normie.

»Komme!«, rief George zurück. Dann sagte er leise zu Pete: »Nimm das Geld, und sei kein Spielverderber.«

Pete nahm das Geld. »Ich hab sogar mein Vergrößerungsglas dabei«, sagte er. »Ich wollt denen zeigen, wie …«

»Den Babytrick haben die doch alle schon tausendmal gesehen«, sagte George. Als er sah, wie Petes Mundwinkel nach unten zuckten, versuchte er, den Schlag etwas abzumildern. »Guck dir außerdem den Himmel an, Blödmann. An einem bewölkten Tag kann man mit einem Vergrößerungsglas kein Feuer machen. Häng einfach ab, ja? Wenn ich zurückkomme, spielen wir Battleship oder so was am Computer.«

»Okay, Schisser, dann bis später!«, rief Normie.

»Ich muss weg«, sagte George. »Tu mir den Gefallen, und komm nicht in Schwierigkeiten. Bleib in der Nähe.«

»Du brichst dir wahrscheinlich das Rückgrat und bist für den Rest deines beschissenen Lebens gelähmt«, sagte Pete … Dann spuckte er hastig zwischen gespreizten Fingern aus, um den Fluch ungeschehen zu machen. »Alles Gute!«, rief er seinem Bruder nach. »Spring am weitesten!«

George winkte mit einer Hand, um zu zeigen, dass er verstanden hatte, sah sich aber nicht noch einmal um. Er stand auf den Pedalen seines Fahrrads, eines großen alten Schwinns, das Pete bewunderte, aber nicht fahren konnte (er hatte es einmal versucht und war auf halber Strecke der Einfahrt hingeknallt). Pete beobachtete, wie sein Bruder das Tempo steigerte, während er ihre Straße in dem Vorort Auburn entlangraste, um zu seinen Kumpels aufzuschließen.

Dann war Pete allein.

*

Er nahm das Vergrößerungsglas aus seiner Satteltasche und hielt es über den Unterarm, aber es gab weder einen Lichtfleck noch Hitze. Grimmig sah Pete zu den tief hängenden Wolken auf und steckte das Vergrößerungsglas zurück. Es war ein gutes, ein Richforth. Er hatte es letztes Jahr zu Weihnachten bekommen, als Hilfsmittel für seine Ameisenfarm, ein Naturkundeprojekt.

»Es wird in der Garage enden und Staub ansetzen«, hatte sein Vater gesagt, aber obwohl das Ameisenfarmprojekt seit Februar beendet war (Pete und seine Partnerin Tammy Witham hatten eine Eins dafür bekommen), hatte Pete das Vergrößerungsglas noch immer nicht satt. Besonderen Spaß machte es ihm, im Garten hinter dem Haus Löcher in Papierfetzen zu brennen.

Aber nicht heute. Heute erstreckte sich der Nachmittag vor ihm so endlos wie eine Wüste. Er konnte nach Hause fahren und fernsehen, aber sein Vater hatte alle interessanten Programme blockiert, nachdem er entdeckt hatte, dass George Boardwalk Empire, das voller Gangster und nackter Busen war, aufgezeichnet hatte. Auf ähnliche Weise war Petes Computer blockiert, und er hatte noch nicht rausgekriegt, wie sich diese Kindersicherung umgehen ließ; obwohl das noch kommen würde – es war nur eine Frage der Zeit.

Also?

»Also nichts«, sagte er halblaut und strampelte auf seinem Rad langsam zum Ende der Murphy Street. »Also … beschissen … nichts.«

Zu klein, um »Fallschirmspringer über Bord« zu spielen, weil es zu gefährlich war. Echt Scheiße. Er wünschte sich, ihm fiele etwas ein, was George und Normie und all den Raiders zeigen würde, dass auch kleine Jungen Gefahren bestehen konn…

Da fiel ihm etwas ein. Er konnte die aufgegebene Raststätte erforschen! Pete glaubte nicht, dass die Großen davon wussten, denn der Junge, Craig Gagnon, der ihm davon erzählt hatte, war in seinem Alter gewesen. Er hatte gesagt, er sei letzten Herbst mit ein paar anderen Kindern, Zehnjährigen, dort gewesen. Natürlich konnte das alles gelogen gewesen sein, aber das glaubte Pete nicht. Craig hatte zu viele Einzelheiten erzählt, obwohl er sonst nicht gerade besonders fantasievoll war.

Mit dem neuen Ziel im Kopf begann Pete, schneller in die Pedale zu treten. Am Ende der Murphy Street bog er links in die Hyacinth ein. Auf dem Gehsteig war niemand unterwegs, am Randstein parkten keine Autos. Aus dem Haus der Rossignols war das Heulen eines Staubsaugers zu hören, aber sonst hätten alle schlafen oder tot sein können. Pete vermutete, dass sie in Wirklichkeit, wie seine Eltern auch, in der Arbeit waren.

Er fuhr nach rechts auf die Rosewood Terrace hinaus, vorbei an dem gelben Schild mit der Aufschrift SACKGASSE. Entlang der Rosewood standen nur ungefähr ein Dutzend Häuser. Am Ende der Straße verlief ein Maschendrahtzaun quer über die Fahrbahn. Dahinter lag ein Dickicht aus Büschen und kümmerlichem aufgeforstetem Wald. Als Pete sich dem Maschendrahtzaun (und dem daran völlig überflüssigerweise angebrachten Schild KEINE DURCHFAHRT) näherte, hörte er zu treten auf und rollte im Freilauf weiter.

Eines war ihm – vage – bewusst: Auch wenn er George und seine Raider-Kumpels als Große ansah (wofür die Raiders sich natürlich selbst hielten), waren sie nicht wirklich die Großen. Die echten Großen waren ultracoole Teenager, die einen Führerschein und eine Freundin hatten. Echte Große gingen auf die Highschool. Sie tranken gern, rauchten Gras, hörten Heavy Metal oder Hip-Hop und fummelten mit den Mädchen rum.

Also auf zur aufgegebenen Raststätte!

Pete stieg von seinem Huffy ab und sah sich um, ob er beobachtet wurde. Hinter ihm war niemand. Sogar die lästigen Crosskill-Zwillinge, die jede Ferien im ganzen Viertel Seilspringen übten (im Tandem), waren nirgends zu sehen. Ein glattes Wunder, fand Pete.

Nicht allzu weit entfernt konnte Pete das gleichmäßige Wusch-wusch-wusch von Autos auf der I-95 hören, die in südlicher Richtung nach Portland oder in nördlicher nach Augusta unterwegs waren.

Sogar wenn Craig die Wahrheit gesagt hatte, war der Zaun wahrscheinlich repariert worden, dachte Pete. Bei seiner Pechsträhne heute würde ihn das nicht wundern.

Als er näher hinsah, war jedoch zu erkennen, dass der Zaun, obwohl er so aussah, in Wirklichkeit nicht ganz war. Irgendjemand (vermutlich ein Teenager, der schon längst in die Reihen der Jungen Erwachsenen übergewechselt war) hatte die Felder in gerader Linie von oben bis unten durchgeknipst. Pete sah sich nochmals um, dann griff er mit beiden Händen in die Metallrauten und drückte dagegen. Er erwartete Widerstand, aber es gab keinen. Das durchtrennte Stück Maschendrahtzaun schwang nach innen auf wie das Hoftor einer Farm. Die Wirklich Großen hatten es tatsächlich benutzt. Boah.

Das war nur logisch, wenn man darüber nachdachte. Sie mochten einen Führerschein haben, aber sowohl Einfahrt als auch Ausfahrt der Raststätte Mile 81 waren jetzt mit großen orangeroten Fässern des Straßendienstes verbarrikadiert. Aus dem rissigen Beton des verlassenen Parkplatzes wucherte bereits das Unkraut. Das hatte Pete selbst schon tausendmal gesehen, weil der Schulbus die I-95 benutzte, um von Laurelwood aus, wo er zustieg, drei Ausfahrten weit zur Auburn Elementary School Nr. 3 in der Sabattus Street zu fahren.

Er konnte sich noch an die Zeit erinnern, als die Raststätte geöffnet gewesen war. Es hatte eine Tankstelle, einen Burger King, einen Frozen-Yogurt-Laden und ein Sbarro’s mit lecker italienischer Pizza und Pasta gegeben. Dann war die Mile 81 geschlossen worden. Petes Dad hatte mal gesagt, am Turnpike gebe es einfach zu viele Raststätten und der Staat könne es sich nicht leisten, alle zu betreiben.

Pete schob sein Rad durch die Lücke im Maschendrahtzaun, dann drückte er das improvisierte Tor wieder zu, bis die Rauten zusammenpassten und der Zaun wieder ganz aussah. Er ging auf die Wand aus Büschen zu und achtete darauf, mit den Reifen des Huffys nicht über Glasscherben zu fahren (von denen es auf dieser Seite des Zauns nicht wenige gab). Außerdem hielt er Ausschau nach dem Besonderen, das es hier geben musste; der zerschnittene Zaun sprach Bände davon.

Und da war es auch, von ausgetretenen Zigarettenkippen und ein paar weggeworfenen Bier- und Limonadenflaschen markiert: ein Trampelpfad, der tiefer ins Gebüsch führte. Pete schob sein Rad weiter und folgte dem Pfad. Das hohe Gebüsch verschluckte ihn. Und hinter ihm verträumte die Rosewood Terrace einen weiteren trüben Frühlingstag.

Es war, als wäre Pete Simmons niemals da gewesen.

*

Der Trampelpfad zwischen dem Maschendrahtzaun und der Raststätte Mile 81 war nach Petes Schätzung ungefähr eine halbe Meile lang, und unterwegs gab es überall Hinweise auf die Jugendlichen: ein halbes Dutzend winzige braune Fläschchen (zwei noch mit Kokslöffeln, an denen Rotz klebte), leere Snackpackungen, ein Slip mit Spitzenbesatz, der an einem Dornbusch hing (Pete hatte den Eindruck, dass er schon länger dort hing, vielleicht schon an die fünfzig Jahre), und – Jackpot! – eine halb volle Flasche Wodka Popov, noch mit Schraubverschluss. Nach kurzer innerer Diskussion steckte Pete sie in die Satteltasche zu seinem Vergrößerungsglas, dem neuesten Heft von American Vampire und einigen in einem Plastikbeutel verstauten doppeltgefüllten Oreos.

Er schob sein Rad über einen träge fließenden kleinen Bach, und bingo-boingo: Da war die Rückseite der Raststätte. Hier gab es einen weiteren Maschendrahtzaun, aber auch dieser war aufgeschnitten, und Pete konnte glatt hindurchschlüpfen. Der Trampelpfad führte nun durch hohes Gras zum rückwärtigen Parkplatz. Auf dem früher die Lastwagen mit Lieferungen vorgefahren waren, vermutete er. In der Nähe des Gebäudes konnte er auf dem Asphalt dunklere Rechtecke sehen, wo einmal die Müllcontainer gestanden hatten. Pete klappte den Ständer seines Huffys herunter und stellte es auf einem davon ab.

Als er daran dachte, was als Nächstes bevorstand, fing sein Herz zu pochen an. Einbruch, du Hasenfuß. Dafür könntest du ins Gefängnis kommen. Aber war es Einbruch, wenn man eine offene Tür vorfand oder das Brett bei einem vernagelten Fenster lose war? Natürlich würde er dort unbefugt eindringen, aber war bloßes Eindringen schon eine Straftat?

In seinem Innersten wusste er, dass es eine war, aber er vermutete, dass es ohne Gefängnis abgehen würde, wenn dabei keine Gewalt angewendet wurde. Und war er nicht hergekommen, um etwas zu riskieren? Etwas, womit er später Normie und George und den übrigen Rip-Ass-Raiders gegenüber angeben konnte?

Okay, er hatte Angst, aber wenigstens langweilte er sich nicht mehr.

Pete versuchte, die Tür mit dem verblassenden Schild NUR FÜR PERSONAL zu öffnen und stellte fest, dass sie nicht nur abgeschlossen, sondern ernsthaft abgesperrt war – sie gab keinen Millimeter nach. Flankiert wurde sie von zwei Fenstern, aber ein Blick genügte, um ihm zu zeigen, dass sie fest vernagelt waren. Dann erinnerte er sich an den Maschendrahtzaun, der ganz ausgesehen hatte, aber es nicht gewesen war, und rüttelte deshalb an den Brettern. Aussichtslos. Irgendwie war das eine Erleichterung. Jetzt konnte er einfach unverrichteter Dinge umdrehen, wenn er wollte.

Nur … die Wirklich Großen kamen dort rein. Das stand für ihn fest. Wie also schafften sie das? Von der Vorderseite aus? In Sichtweite des Verkehrs auf dem Turnpike? Der Highway war schließlich die meistbefahrene Straße Amerikas. Vielleicht wenn sie nachts kamen? Pete hatte jedenfalls nicht vor, das am helllichten Tag auszuprobieren. Wenn jeder vorbeikommende Autofahrer mit einem Mobiltelefon unter der Notrufnummer 911 melden konnte: »Vielleicht interessiert es Sie, dass sich an der Raststätte Mile 81 ein kleiner Rotzlöffel rumtreibt. Sie wissen schon, da, wo früher der Burger King war.«

Ich würd mir lieber bei »Fallschirmspringer über Bord« den Arm brechen, als meine Eltern aus den State Police Barracks in Gray anrufen zu müssen. Sogar lieber beide Arme.

Trotzdem schlenderte er zur Laderampe hinüber, und dort wieder: Jackpot! Vor der Betoninsel lagen Dutzende von Zigarettenkippen sowie ein paar dieser winzigen braunen Fläschchen, die ihre Königin umgaben: eine dunkelgrüne Hustensirup-Flasche. Die betonierte Fläche der Laderampe, an die die großen Sattelschlepper rückwärts herangestoßen waren, befand sich in Petes Augenhöhe, aber der Beton bröckelte, und für einen gelenkigen Jungen in High-Chucks gab es hier reichlich Tritte. Pete hob die Arme über den Kopf, fand mit den Fingerspitzen Halt in der zerklüfteten Betonplatte der Laderampe – und damit nahmen die Dinge ihren Lauf, wie es so schön hieß.