Rechtspopulismus und politische Erwachsenenbildung - Michael Görtler - E-Book

Rechtspopulismus und politische Erwachsenenbildung E-Book

Michael Görtler

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Beschreibung

Der Rechtspopulismus stellt eine Bewährungsprobe für die Demokratie, aber auch für die Bildungsinstitutionen dar. Das Buch untersucht, wie die politische Erwachsenenbildung diesem Phänomen begegnen kann. Im ersten Schritt werden theoretische Grundlagen und Begriffe geklärt, anschließend ausgewählte didaktische und methodische Konzepte zum Umgang mit dem Rechtspopulismus in der Praxis skizziert. Zuletzt wird kritisch diskutiert, mit welchen Herausforderungen die politische Erwachsenenbildung in diesem Kontext konfrontiert wird und welche Möglichkeiten und Grenzen des Handelns dabei sichtbar werden.

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Die Autorinnen, der Autor

 

Dr. Michael Görtler ist Professor für Theorien und Geschichte der Sozialen Arbeit an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg.

 

Lena Feilke ist Leiterin des Fachbereichs Arbeit & Beruf an der Volkshochschule Darmstadt.

 

Cora Schöberl ist Leiterin der Anerkennungsberatung ausländischer Fachkräfte im Sozialreferat der Stadt München.

Michael Görtler, Lena Feilke, Cora Schöberl

Rechtspopulismus und politische Erwachsenenbildung

Grundlagen – Herausforderungen – Konzepte

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-040752-7

E-Book-Formate:

pdf:           ISBN 978-3-17-040753-4

epub:        ISBN 978-3-17-040754-1

Inhaltsverzeichnis

 

 

1      Einleitung

2      Rechtspopulismus

2.1   Rechtspopulismus

2.2   Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

2.3   Gemeinsamkeiten und Unterschiede

2.4   Rechte Einstellungen in Deutschland

2.5   Erklärungsansätze

3      Politische Erwachsenenbildung

3.1   Gegenstandsbestimmung

3.2   Bezugspunkte

3.3   Pädagogische Zugänge

3.4   Didaktische Zugänge

3.5   Methodische Zugänge

4      Einflussfaktoren

4.1   Politik und Demokratie

4.2   Medien

4.3   Rahmenbedingungen der politischen Erwachsenenbildung

5      Schluss

6      Literatur

1

Einleitung

Der Rechtspopulismus, aber auch der Rechtsextremismus und die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa und in der Welt auf dem Vormarsch. Die Gründung von rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien in Deutschland, die Wahlerfolge in Landtags- und Bundestagswahlen, die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten, die sich nicht in Sachbeschädigung, körperlichen und verbalen Angriffen und Verletzungen erschöpfen, haben in den letzten Jahren eine intensive Debatte in Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft ausgelöst.

Insbesondere die sog. NSU-Mordserie sowie weitere Attentate auf Ausländer*innen, Politiker*innen und Journalist*innen haben die Bevölkerung erschüttert und auf die Spannungen innerhalb der Gesellschaft aufmerksam gemacht. Während in Politik und Zivilgesellschaft über politische Maßnahmen wie Gesetze, Parteiverbote, Programme usw. diskutiert wird, geht es in der Wissenschaft um pädagogische Maßnahmen, um durch Prävention und Intervention auf das Geschehen einzuwirken. Zugleich wird im Längsschnitt deutlich, dass sich die Situation trotz bildungspolitischer und pädagogischer Bemühungen nicht zu verbessern scheint – Anspruch und Wirklichkeit der politischen Erwachsenenbildung stehen damit zwischen Selbst- und Fremdzuschreibungen zur Debatte.

Vor diesem Hintergrund greift diese Publikation den Rechtspopulismus als Herausforderung der politischen Erwachsenenbildung auf und diskutiert in kompakter Form theoretische und didaktische Perspektiven, aber auch den politischen und gesellschaftlichen Rahmen, in welchen die Profession eingebettet ist. Diese Herangehensweise stellte aus mehreren Gründen eine Herausforderung für sich dar:

Erstens handelt es sich beim Rechtspopulismus als zentralem Gegenstand der Publikation, aber auch bei den verwandten Begriffen des Rechtsextremismus und der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, um komplexe Phänomene, wobei die Grenzen zwischen den Bereichen fließend sind. Daher ist dieses Begriffsfeld schwer zu greifen, und die Ursachen für rechte Einstellungen sind vielfältig.

Zweitens handelt es sich bei der politischen Erwachsenenbildung um eine heterogene Profession, die sich durch Pluralismus auszeichnet: mit Blick auf die Institutionen, Ziele, Inhalte und Teilnehmenden. Sie besticht durch eine Vielzahl an Trägern, Angeboten, didaktischen und methodischen Ansätzen, sodass auch hier von einem Begriffsfeld mit fließenden Grenzen gesprochen werden kann.

Drittens ist der politische und gesellschaftliche Rahmen komplex. Daher ist die Suche nach Faktoren, die einerseits die Verbreitung des Rechtspopulismus begünstigen und andererseits die politische Erwachsenenbildung behindern, ebenfalls schwierig.

Aus den genannten Gründen werden an dieser Stelle verschiedene Einschränkungen formuliert: Diese Publikation zielt weder darauf ab, die Begriffe des Rechtspopulismus, Rechtsextremismus oder der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in allen Facetten zu beschreiben, noch die politische Erwachsenenbildung in allen Dimensionen sowie alle möglichen didaktischen Ansätze und Methoden zum Umgang mit Rechtspopulismus darzustellen, geschweige denn die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in ihrer Gänze auszuloten. Vielmehr handelt es sich um den Versuch einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus als Herausforderung der politischen Erwachsenenbildung in kompakter Form. Daher werden ausgewählte Grundlagen, Perspektiven und Einflussfaktoren in der gebotenen Kürze dargestellt.

Zu guter Letzt soll der Hinweis erfolgen, dass das Manuskript zu dieser Publikation im Vorfeld der sog. COVID-19-Pandemie entstanden ist und sich die Fertigstellung dieses Buches aufgrund der damit verbundenen Probleme verzögert hat. Zum Zeitpunkt des Erscheinens dauert die Pandemie noch an und weder das Ende noch die Folgen sind abzusehen. Aus den genannten Gründen wurde dieses Phänomen nicht mehr thematisiert.

2

Rechtspopulismus

Dieses Kapitel befasst sich mit dem Rechtspopulismus und anderen relevanten Begriffen in diesem Kontext. Dazu gehören unter anderem der Rechtsextremismus und die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie rechte Einstellungen. Die nähere Betrachtung ist notwendig, weil die Termini mitunter unscharf und die Grenzen zwischen ihnen fließend sind. Zudem werden die Begriffe im öffentlichen Diskurs nicht selten miteinander vermischt, sodass zum Teil unklar bleibt, was damit genau gemeint sein soll. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden ausgewählte Definitionen und Ansätze zur Begriffsklärung diskutiert. Aufgrund der gebotenen Kürze können die relevanten Termini an dieser Stelle nicht vollumfänglich beschrieben werden. Zur Vertiefung sei an dieser Stelle auf die Populismus- und Extremismusforschung verwiesen.

2.1       Rechtspopulismus

Der Rechtspopulismus entzieht sich nach wie vor einer einheitlichen Definition. So wird der Begriff »je nach Disziplin und Erkenntnisinteresse« entweder »als Bewegung, Parteienausrichtung, Einstellungsmuster, Mentalität oder auch als Propaganda und Diskursphänomen verstanden« (Zick et al. 2016b: S. 113). Die Analyse der Fachliteratur in der Populismusforschung bringt eine Reihe an Merkmalen zu Tage (vgl. Wielenga/Hartleb 2011), von denen hier nur ausgewählte skizziert werden sollen.

Aus historischer Perspektive unterscheidet Puhle (2003) zwischen »Klassischen populistischen Bewegungen« und »Neo-Populisten der Gegenwart« (ebd.: S. 29). Der Populismus der Gegenwart fokussiert seiner Ansicht nach – im Gegensatz zu populistischen Strömungen in der Vergangenheit – mehr die Kritik am Staat und die Opposition zur Regierung als die tatsächliche Umsetzung bestimmter politischer Ideen (vgl. ebd.). Puhle nimmt eine Klassifizierung in fünf verschiedene Typen des Populismus in Europa vor: »Populistische Politik in Demokratisierungsprozessen, ältere und neue Protest- und Verweigerungsbewegungen, neue Rechtspopulisten (die wichtigste Gruppe) sowie Anti-Europa-Populismen und Anti-Globalisierungs-Populismen« (ebd.: S. 32). Häusler beschreibt den Rechtspopulismus dieser Zeit als »neoliberalistisch, mittelschichtfixiert und fremdenfeindlich« (Häusler 2016: S. 74). Besonderes Charakteristikum des Rechtspopulismus ist die Definition des Volkes als ethnisch homogene Gruppe, eine »Abstammungsgemeinschaft« (ebd.), deren Interessen gegenüber Eindringlingen von außen zu wahren seien. Sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern fungiert der Rechtspopulismus somit als »politisches Auffangbecken für parteipolitisch isolierte Nationalkonservative und Nationalliberale« (ebd.). Schon vor der Jahrtausendwende hatte es in Deutschland rechtspopulistische Parteien und Bewegungen gegeben, die zwar mitunter beachtliche Wahlerfolge erzielten, sich aber nicht dauerhaft etablieren konnten (vgl. Schönfelder 2008). In den letzten Jahren nun haben gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen zu einer Veränderung des Klimas in der Bevölkerung geführt. Dazu tragen die Globalisierung, die Abgabe nationalstaatlicher Kompetenzen an die Europäische Union, aber auch die globalen und europäischen Wirtschaftskrisen bei. Daraus resultierten Unsicherheiten und Ängste, aber auch Kritik an Staat und Regierung aufgrund der sich – subjektiv empfundenen – verschlechternden Lebensbedingungen. Decker weist darauf hin, dass das Hervortreten rechtspopulistischer Parteien in der Regel einer Krisenkonstellation bedürfe (vgl. Decker 2015: S. 110). Auch Häusler (2016) bezeichnet den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen als »Produkt politischer Legitimationskrisen« (ebd.: S. 73), die in einer »Legitimationskrise politischer Repräsentation« (ebd.: S. 78) gipfeln. Weiter könne die Anziehungskraft des Rechtspopulismus auch verstanden werden als »Ausdruck eines Widerstands gegen den Prozess der Entdemokratisierung, wie er sich in den neoliberalen ›Demokratien‹ durchsetzt« (Balibar 2016: S. 107). Neben der Globalisierung und Europäisierung ist auch die Zuwanderung – insbesondere die Instrumentalisierung der Islamfeindlichkeit – mitverantwortlich für den Erfolg der rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen in Europa (vgl. Mering/McCarty 2013: S. 1). Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) kann hier beispielhaft genannt werden. Die AfD fungierte seit ihrer Gründung während der sog. Eurokrise als Gegenspielerin sowohl zur EU- als auch zur Asylpolitik der Regierung und wurde u. a. damit zur Krisengewinnerin (vgl. Häusler 2016: S. 73).

Wolf (2017) setzt sich in einem dreistufigen Modell zunächst mit Populismus als rhetorischen Stil, dann mit Populismus als Ideologie und schließlich mit Rechtspopulismus als solchem auseinander, wobei die jeweiligen Formen sowohl aufeinander bezogen als auch voneinander abgegrenzt werden.

Erstens kann Populismus als rhetorischer Stil beschrieben werden, der von Politiker*innen jeglicher Couleur angewandt wird. Dieses Verständnis von Populismus meint einen Kommunikationsstil, der sich durch eine große Nähe zum Publikum auszeichnet, sowohl auf der inhaltlichen als auch der sprachlichen Ebene. So verfügen Populist*innen in der Regel über kein Programm, das auf bestimmten Werten und Einstellungen fußt, sondern greifen mit inhaltlicher Flexibilität auf, was das Publikum hören möchte. Dabei werden insbesondere die Regierung sowie Inhaber*innen politischer Ämter kritisiert, indem ihre Fehler zum Thema gemacht werden. Kennzeichnend ist weiterhin, dass Populist*innen oft in der Negation verbleiben, also Kritik üben und Gegenpositionen präsentieren, aber selten Alternativen oder konstruktive Lösungen darlegen. Darüber hinaus wird mit Halbwahrheiten und Vereinfachungen gearbeitet, woraus ein dichotomes Weltbild entsteht. Hierzu werden auch gängige Vorurteile aufgegriffen und rhetorisch verarbeitet, um ein Klima der Angst zu erzeugen. Das erfolgt, indem gesellschaftliche Herausforderungen anhand von Vorurteilen und Emotionalisierungen überzogen dargestellt werden, um dann die jeweilige populistische Bewegung als einzige Lösung präsentieren zu können. Wolf macht außerdem auf die Bedeutung von Common-sense-Argumenten in der populistischen Rhetorik aufmerksam. Hierbei findet eine Komplexitätsreduktion statt, und es wird an den gesunden Menschenverstand appelliert, um Alltagsnähe zu erzeugen. Diese Argumentationsweise erfüllt die Funktion, Fehler in der Logik zu überbrücken, und dient somit als Ersatz für überprüfbare Argumente. Eine Vereinfachung findet ebenfalls auf sprachlicher Ebene statt, indem einfache Sätze ohne Fremdwörter gebraucht werden. Weitere Stilmittel sind Provokationen und Tabubrüche, die bewusst eingesetzt werden, um mediale und öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen, z. B. durch Rückbezug auf den Nationalsozialismus. Festzuhalten ist, dass diese exemplarische Darstellung populistischer Rhetorik zum einen nicht von allen populistischen Parteien und Bewegungen verwendet wird. Zum anderen bedienen sich auch Politiker*innen anderer Parteien populistischer Kommunikationsformen. Volksnähe zu zeigen und eine sprachliche und inhaltliche Reduktion vorzunehmen, ist in einer Demokratie schließlich generell notwendig, um verstanden zu werden und einen Meinungsaustausch mit der Bevölkerung zu erreichen (vgl. Wolf 2017: S. 8–10).

Zweitens kann Populismus als Ideologie aufgefasst werden, wobei Wolf betont, dass diese Ideologie eines eigenen Fundaments entbehre. Grundsätzlich werden hier zum beschriebenen populistischen Stil inhaltliche Aspekte hinzugefügt. In der Literatur ist umstritten, ob es überhaupt eine populistische Ideologie gibt und wie diese aussieht. Diskussionen drehen sich darum, ob Populismus als eigene Ideologie betrachtet werden könne, wie Konservatismus oder Liberalismus, oder nur als Fragment einer anderen Ideologie. Die unterschiedlichen Ausformungen, die populistische Parteien und Bewegungen in verschiedenen regionalen und zeitlichen Kontexten annehmen, erschweren die Charakterisierung ebenso wie die politische Spannbreite zwischen linken und rechten Populist*innen. Es lassen sich allerdings drei Kernpunkte populistischer Ideologie finden, die immer wieder auftauchen und von Wolf aufgeführt werden: Erstens seien die Regierung und die Demokratien nicht mehr das, was sie mal waren. Zweitens seien die Eliten, die Anderen, die Fremden usw. Schuld an der Misere und drittens müsse das Volk wieder ernst genommen werden und seinen Willen artikulieren – am besten vertreten durch populistische Wortführer*innen. Zentral sind hier also die Begriffe Volk und Elite, die einen Gegensatz bilden, wobei der Volksbegriff recht schwammig gehalten wird. Charakteristisch ist, dass mit diesem Begriff von einer homogenen Masse ausgegangen wird, die ungeachtet der Herkunft und sozialen Lage einen gemeinsamen Volkswillen besitzt. Für abweichende Meinungen innerhalb dieser Gruppe besteht wenig Raum, da von einer Einheit ausgegangen wird. Populist*innen sehen die Rolle von Politiker*innen darin, als Sprachrohr dieser Volksstimme zu fungieren und kritisieren amtierende Amtsinhaber*innen, die diese Aufgabe nicht wahrnehmen würden und stattdessen egoistisch agierten. Die aktuellen politischen Eliten seien nur daran interessiert, die eigene Macht zu erhalten und würden nicht davor zurückschrecken, zu diesem Zwecke auch dem Volk zu schaden. Deshalb sehen sich Populist*innen in der Verantwortung, gegen die herrschenden Eliten zu kämpfen, um den wahren Volkswillen durchzusetzen. Zur Elite werden dabei neben Politiker*innen auch das Finanzsystem, Konzerne und alle übrigen privilegierten Schichten gezählt. Bestandteil dieser Elite seien auch die politischen Parteien, denen fehlende Bürgernähe und ein zu hoher Grad an Bürokratisierung vorgeworfen wird. Durch die hierarchische Struktur der Parteien würden Vetternwirtschaft und Korruption gefördert, sodass das Volk in der repräsentativen Demokratie von den Parteien und der Regierung nicht mehr vertreten werde. Deshalb fordern Populist*innen direktdemokratische Elemente, wie etwa Volksabstimmungen. Über die nationalstaatliche Ebene hinaus gelten auch die politischen Eliten transnationaler Organisationen, wie die Europäische Union, und internationale Institutionen als Übeltäter*innen, die nur im Interesse von Konzernen und Kapitalanleger*innen handelten. Insbesondere der EU wird die Schuld an sinkenden Löhnen und dem Verlust von Arbeitsplätzen zugeschrieben, wodurch sie ein »konkretes Symbol der sonst sehr abstrakten Globalisierung« (Wolf 2017: S. 10–12) wird und in der Folge noch negativer bewertet wird als die nationale Regierung. Wolf zieht das Fazit, dass die beschriebenen Eigenschaften populistischer Ideologien auf der Gegenüberstellung von Volk und Elite beruhen (antielitär, antibürokratisch), und bezeichnet diese Gegenüberstellung als »Dreh- und Angelpunkt der populistischen Ideologie« (ebd.).

Drittens kann der Rechtspopulismus als Phänomen begriffen werden, welches die beiden vorher genannten Elemente – rhetorischer Stil und Ideologie – verinnerlicht und um weitere Elemente ergänzt. Dabei bleibt die Gegenüberstellung von Volk und Elite bestehen, allerdings wird hier der Begriff des Volkes näher bestimmt, der in der populistischen Ideologie noch schwammig bleibt. Im Rechtspopulismus umfasst der Volksbegriff eine homogene Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Abstammung, woraus eine gleiche Kultur und gleiche Werte resultieren würden. Anders als im Populismus wird das Volk nicht nur der Elite gegenübergesetzt, sondern »den Anderen/den Fremden«, womit Ausländer*innen, Migrant*innen, Geflüchtete, Asylsuchende usw. gemeint sind. Als Ausländer*innen verstanden werden im Rechtspopulismus neben Personen anderer Nationalität auch solche mit Migrationshintergrund, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland leben sowie im eigenen Staat lebende Minderheiten und Anhänger*innen bestimmter Religionen, besonders des Islams – unabhängig von der tatsächlichen Staatsangehörigkeit. Begründen lässt sich dieses Verständnis mit der Überhöhung der eigenen Kultur, die dazu führt, dass bestimmte Traditionen und Bräuche identitätsstiftend hochgehalten werden, wodurch andere Traditionen mit Skepsis und als Bedrohung wahrgenommen werden. Rechtspopulist*innen fordern daher, das eigene Volk und die eigenen Werte vor Einflüssen von außen zu schützen, seien diese kultureller, wirtschaftlicher oder politischer Art. Zu diesem Zwecke werden verbreitete Ressentiments und Vorurteile instrumentalisiert: »Die jedem Populismus immanente Tendenz zum Ausschluss ›der Anderen‹ nimmt im Rechtspopulismus fremden- und ausländerfeindliche Züge an, die potentiell auch rassistisch sind« (ebd.: S. 14). Wolf macht darauf aufmerksam, dass zwar xenophobe Tendenzen vorhanden seien, Rechtspopulismus aber nicht einfach mit Rassismus gleichzusetzen sei. Denn Rassismus widerspreche mit seiner Verneinung der Gleichheit aller Menschen rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien, Rechtspopulismus hingegen bewege sich in einem demokratiefreundlichen Rahmen. Deshalb könne vielmehr von Ethnopluralismus gesprochen werden, also der Gleichstellung verschiedener Gemeinschaften, die nicht hierarchisch sortiert sind, aber Unterschiede aufwiesen in Kultur, Geschichte, Tradition und Werten. Dabei sei im Rechtspopulismus eine Existenz nebeneinander einer Durchmischung vorzuziehen, was durch zunehmende Immigration ausgehebelt werde. Die Argumentation hierbei ist, dass sowohl die »Einheimischen« als auch die Einwandernden daran gehindert würden, ihre Persönlichkeit zu entfalten, wenn kulturelle Vielfalt in einem Land bestehe und dies eine Entwurzelung und steigende Kriminalitätsraten zur Folge hätte.

Folglich lässt sich Populismus auf niedrigster Stufe als rhetorisches Mittel zur öffentlichkeitswirksamen Ansprache von möglichst vielen Personen verstehen, wobei mit einer Reduktion von Komplexität und dichotomen Feindbildern gearbeitet wird. Die Kombination dieses Stils mit einer Gegenüberstellung von Volk und Elite formt die Ideologie des Populismus. Zum Rechtspopulismus wird diese dann, wenn eine Abgrenzung des eigenen Volkes bzw. der eigenen Nation gegenüber anderen, fremden Personen wie Ausländer*innen, Migrant*innen, Geflüchtete, Asylsuchende usw. erfolgt (Wolf 2017: S. 13-15).

Schönfelder (2008) definiert Rechtspopulismus im Rahmen seiner Studie zum rechtspopulistischen Potential in der Bundesrepublik als ein »Abwertungs- und Abwehrpotential gegenüber Minderheiten, Schwachen und Außenseitern« (ebd.: S. 12). Dabei hat er Merkmale ausgemacht, die er zu einem »rechtspopulistischen Einstellungsmuster« zusammenfasst. Dazu zählt er zum einen die »Ethnisierung der sozialen Frage«, womit die Opferhaltung derjenigen angesprochen wird, die sich benachteiligt fühlen und die »Interessen der Deutschen« und der »kleinen Leute« vertreten sehen wollen. Daran anknüpfend kann Fremden- und Ausländer*innenfeindlichkeit benannt werden, wobei Vorurteile aufgegriffen werden, um bestimmten Bevölkerungsteilen die Schuld an der subjektiv empfundenen Benachteiligung zuzuweisen. Weiterhin benennt Schönfelder Demokratie- und Systemkritik, die mit Politikverdrossenheit und der Forderung nach einem autoritären Staat einhergehe. Als letztes Merkmal werden völkisches Denken und Nationalismus angesprochen, beispielsweise die Betonung des Stolzes darauf, Deutscher zu sein, sowie die Verharmlosung der NS-Zeit. Zusammengefasst zeige sich »ein Einstellungsmuster aus autoritär-nationalistischen Sichtweisen, ausgeprägten sozialen wie ethnisch eingefärbten Ungleichheitsvorstellungen und einem (latent) revisionistischen Geschichtsbild bezüglich Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg« (ebd.: S. 44f.).

Zusammenfassend lassen sich aus der Fachliteratur unterschiedliche Merkmale herausarbeiten. An dieser Stelle sollen besonders