Relax - Alexa Hennig von Lange - E-Book

Relax E-Book

Alexa Hennig von Lange

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Beschreibung

»Ich will heute Nacht komplett wegbeamen, andere Sphären durchfliegen, mit den Flügeln schlagen, dem Mond guten Abend sagen und das Gras wachsen hören. Original, das geht.« In ›Relax‹ erzählt Alexa Hennig von Lange von jungen Leuten, die sich mit allen verfügbaren Drogen auskennen, Marihuana, Kokain, Ecstasy oder einfach unidentifizierten Pillen. Abfeiern ist angesagt ‒ bis zum Umfallen. In bester Bukowski-Manier geht es viel und unverblümt um Sex: neben Ecstasy und Bier ein schneller Muntermacher gegen die tödliche Langeweile ‒ notfalls mit Hilfe von Harald, dem Vibrator. ›Relax‹ ist ein Flug durch ein Wochenende, schnell geschnitten, mit rasanten Dialogen. Und es ist eine Liebesgeschichte: Cool und komplett unmoralisch, schreiend komisch und doch wunderbar anrührend. »Was nützt die Emphase des Fans, wenn es um ein Werk von Bedeutung und Könnerschaft geht, vergleichbar mit Salingers ›Fänger im Roggen‹?« – Die Zeit »Was die Autorin wirklich zum Kult erhoben hat: lebensecht wirkende innere Monologe zu schreiben, dass man immer das Gefühl hat, die Jugendlichen stünden in ihren T-Shirts und Badeschlappen geradewegs vor einem.« – F.A.Z.

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Seitenzahl: 376

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In ›Relax‹ erzählt Alexa Hennig von Lange von jungen Leuten, die sich mit allen verfügbaren Drogen auskennen, Marihuana, Kokain, Ecstasy oder einfach unidentifizierten Pillen. Abfeiern ist angesagt – bis zum Umfallen. In bester Bukowski-Manier geht es viel und unverblümt um Sex: neben Ecstasy und Bier ein schneller Muntermacher gegen die tödliche Langeweile – notfalls mit Hilfe von Harald, dem Vibrator.

›Relax‹ ist ein Flug durch ein Wochenende, schnell geschnitten, mit rasanten Dialogen. Und es ist eine Liebesgeschichte: Cool und komplett unmoralisch, schreiend komisch und doch wunderbar anrührend.

Alexa Hennig von Lange

Alexa Hennig von Lange

Relax

Für Armin von Alexa.

Du sollst mutig sein, es darf gelernt werden.

1

Chris

EINS    Mann. Ich bin ein Rockstar. Ich weiß, das will jeder sein. Das finde ich komplett gut. Ich meine, stell dir das mal vor, da klebt deine Autogrammkarte in 1000 bekloppten Zeitungen, und wenn du auf die Straße gehst, weiß jeder alles über dich. Du gehst abends feiern, lädst die Jungs ein, und die Weiber sind verrückt nach dir. Egal, was du für eine Scheiße erzählst, die Leute findens lustig. Original. Ich meine, du hast komplett die Macht. Du bist der Guru, und alles was du sagst, glauben die Leute. Alle wollen cool sein, und du bist der absolut Coolste, und alle fragen sich: »Wie macht der Typ das?« Und du denkst: »Was ham die alle, ich bin doch ganz normal!« Mann. Du kannst dir einfach alles erlauben. Wenn du Lust hast, schmeißt du mit Barhockern um dich oder grabschst den Weibern an die Titten. Da bedanken die sich noch bei dir, weil du sie angefasst hast.

Ich bin ein Rockstar.

Ich muss mich jetzt erst mal ablegen. Vorher rauche ich aber noch eine Zigarette. Wo ist jetzt diese verdammte Schachtel? Hier finde ich original nichts wieder. Ich muss mal bei Gelegenheit aufräumen. Draußen regnet es schon wieder. Mann, o Mann. Das wird ein Sommer. Nachher kommen die Jungs. Die treffen grade Brian. Der hat richtig gute Pillen. Keine Ahnung, wo er die herhat. Die Jungs haben versprochen, sie bringen welche von Brian mit. Der wohnt auf dem Land in einem Riesenhaus mit einem großen Garten. Brian ist richtig locker. Der gibt Partys, macht Essen, hat immer Holz für ein gutes Lagerfeuer. Und will keine Kohle dafür. Da kommen dann so 1000 Leute, und die ganze Nacht ist Musik, Feuer und gute Pillen. Das ist, wie auf einer Insel in der Südsee sein. Alle bringen Schlafsäcke mit, und irgendwann legst du dich ins Gras und pennst ein. Brian ist gut.

Heute wollen die Jungs und ich richtig zappeln gehen. Vorher muss ich mich aber noch ein bißchen ablegen. Da sind ja die Zigaretten. Gibts ja nicht. Wie kommen die denn zwischen die abgewichsten Unterhosen? Jedenfalls habe ich sie nicht dahin geschmissen. Mann. Ich muss schlafen, sonst drehe ich noch durch. Das ist der Tod. Du schmeißt dir eine Pille ein und bist müde. Das ist keine gute Mischung. Du musst wach sein, sonst bist du ganz fickerig. Dein Gehirn sagt: »Nich schlafen«, und dein Körper sagt: »Schlafen.« Das macht dich komplett fertig. Wirklich. Ich kenne mich da aus. Den Fehler versuchst du nur einmal zu machen.

Ich habe meiner Mutter gesagt, dass ich die Dinger schlucke. Einfach so. Ich wollte mal wissen, wie sie so reagiert. Sie ist komplett fertig gewesen, und seitdem heult sie, weil sie Angst hat. Das nervt ein bisschen, sie kennt das eben nicht. Aber ich bin mir sicher, würde sie die Dinger schlucken, sie würde es auch immer wieder tun. Original.

Ey, manchmal habe ich auch Angst. Aber nicht so wegen der Pillen, eher wegen der ganzen anderen Scheiße und so. Da denke ich jetzt lieber nicht dran, sonst kriege ich noch komplett schlechte Laune, und darauf habe ich jetzt original überhaupt keine Lust.

Ich will ein Rockstar sein.

Die Jungs klingeln, und ich stehe in Unterhosen an der Tür. Du kannst einfach nicht den ganzen Tag in Jeans rumrennen. Irgendwann wird das komplett zu eng da drin, und deine Eier wollen Luft schnappen.

»Tach, Jungs!«

»Mann, du musst ma lüften!«

»Hast du Papers?«

»Klar!«

Die Jungs sitzen auf meinem Bett und bauen. Der ganze Tabak fliegt daneben, und wenn ich nächstes Mal in meinem Bett liege, klebt mir das ganze Zeug am blanken Arsch.

»Mann, verteil nicht das ganze Zeug in meinem Bett!«

»Halts Maul! Willst du lieber bauen?«

Die Jungs können ganz schön nerven. Und zum Rattern bin ich auch nicht mehr gekommen. Fuck. Vielleicht gehe ich mal kurz ins Klo. Das ist aber auch nicht so richtig entspannend, wenn die Jungs nebenan einen rauchen. Erst mal Musik anmachen.

Die Jungs reichen das Ding rum, und überall fliegt die Asche rum. Ich meine, wozu stehen denn hier überall diese häßlichen Aschenbecher aus braunem Glas? Doch nicht zum Spaß!

»Paß doch ma auf!«

»Relax!«

Ich habe Angst, dass die mir hier meine Bude abfackeln. Ich meine, den Jungs kann es ja egal sein, die sitzen ja hinterher nicht auf der Straße ohne irgendwelchen ideellen Kram. Die Jungs machen mich komplett wahnsinnig, und sie trampeln auf meinen Nietzsche-Büchern rum.

»Nimm ma dein Fuß da runter!«

»Nietzsche! Is das gut? Das war doch ’n Nazi, oder?«

»Quatsch!«

»Wie isn das so?«

»Okay!«

Die Jungs nerven. Die trampeln überall auf meinen Büchern rum und stellen blödsinnige Fragen. Nietzsche ist mein Guru, und seine Bücher sind meine Bibeln.

Nietzsche war einfach auch ein Rockstar. Original.

Irgendwer hat mal ein Zitat von Nietzsche gebracht, und da dachte ich: »Mann, der Typ is cool!« Ich bin dann in einen Buchladen rein und habe gefragt, welches Buch von Nietzsche zu empfehlen ist. Die haben mir zwei in die Hand gedrückt, und jetzt trampeln die Jungs drauf rum.

»Jungs, ihr nervt!«

»Wasn los, Mann? Schlecht gefickt?«

»Gar nich gefickt!«

Die Jungs finden das lustig. Ich nicht. Ich will rattern. Ich bin komplett unentspannt. Vielleicht gehe ich ins Klo und setze mich in die Badewanne.

»Das Zeug is gut. Is vom Brian. Mann. Der hat Geschmack.«

»Brian is locker!«

»Ich geh ma aufs Klo!«

»Willste nich mehr?«

»Nee.«

»Musste scheißen, oder was?«

Die Jungs sind komplett indiskret.

»Chris sieht ganz fickrig aus!«

»Ich muss pissen!«

»Geh rattern!«

»Viel Spaß!«

Sehe ich fickrig aus, oder was? Keine Ahnung, was die Idioten meinen. Mein Spiegelbild ist doch ganz okay, oder? Mann, ist die Badewanne kalt am Arsch. Mein Schwanz will nicht, und nebenan lachen die Jungs hysterisch. Das ist vielleicht eine Stimmung hier. Wie willst du denn da rattern? Geht gar nicht. Außerdem will ich nicht, dass die das mitkriegen, die sollen denken, dass ich pisse.

Und so lange pißt kein Mensch. Ich stehe komplett unter Zeitdruck. Also wieder raus aus der Wanne, Schwanz einpacken, Spülung drücken. Fertig gepisst. Benimmt sich so ein Rockstar?

»Gut Hand gefickt?«

»Gar nich Hand gefickt!«

Die Jungs sind komplett breit und liegen überall rum.

»Ich hab nich gerattert!«

»Dafür haste aber ziemlich lang gepisst!«

»Habt ihr von Brian Pillen?«

»Klar. So viel du willst!«

»Wasn für welche?«

»Schwarze. Brian sagt, die sind gut.«

»Zeig ma!«

Die Jungs haben echt eine Meise. Die haben komplett ein Kilo Pillen eingekauft. Brian hat bei sich zu Hause noch ein ganzes Depot liegen. Dass der keine Angst hat, dass ihn die Bullen mal besuchen kommen. Ich meine, ich fühle mich schon nicht so richtig wohl, wenn ich 10 von den Dingern bei mir rumliegen habe. Manchmal kriegt meine Kleine einen Anfall, und dann bohrt sie Löcher in Seifenstücke und drückt die Pillen rein und stopft das ganze wieder zu. Das funktioniert komplett gut. Du wäschst dir mit der Seife einfach noch ein paarmal die Hände, und schon ist wieder alles beim Alten. Außer, dass die Seife nicht mehr 1,50, sondern 150Mark wert ist.

»Wolln wir die Pillen gleich nehm, oder was?«

»Klar!«

Ich hole Wasser. Im Flur stolpere ich erst mal über den Anrufbeantworter. Mann. Ich bin komplett fickrig. Auf Pille kannst du einfach nicht rattern. Das führt zu nichts. Ich weiß auch nicht, woran das liegt. Es geht einfach nicht. Vielleicht ratter ich doch noch schnell.

»Ich geh aufs Klo!«

»Was rennste denn dauernd aufs Klo?«

»Chris is fickrig!«

»Halts Maul und friß deine Pillen!«

Diesmal lege ich mir aber ein Handtuch unter. Drüben telefonieren die Jungs und machen den Abend klar. Ich fummel wieder an meinem Schwanz rum und höre jedes beknackte Wort. Ich habe nicht mal Ohropax. Manchmal wünsche ich die Jungs zum Teufel. Mein Schwanz lebt auf. Ich versuche schnell, an riesen Titten zu denken. Nebenan schreien die Jungs, und dann geht original überhaupt nichts mehr. Ich drücke die Spülung.

»Was läuft?«

»Fritz kommt!«

»Haste mit ihm telefoniert?«

»Yes! Er bringt was mit!«

»Optimal!«

»Was isn jetzt? Schmeißen wir uns die Dinger, oder nicht?«

»Klar!«

Die Jungs und mich spults komplett. Mann. Die Dinger von Brian sind richtig gut.

»Mich spults komplett.«

»Was is, Jungs? ’n bißchen fernsehen?«

Die Jungs und ich hängen vor der Glotze ab. MTV. Auf Pille, Musik mit Bildern, ist richtig gut. Ich frage mich, ob die alle auf E komponieren. Ich meine, ist doch möglich.

»Fuck, sind die gut.«

»Brian hat Geschmack!«

»Ein Hoch auf Brian!«

»Brian is locker!«

»Scheiße. Weißte noch, als wir bei Brian komplett die ganze Nacht Holz geschleppt ham, damit das Feuer nich ausgeht?«

»Mann. Wir ham die ganze Nacht Holz geschleppt. Das war wie ne Sucht. Ich muss Holz schleppen! Ich schlepp Holz. Ich muss Holz schleppen!«

»Wir ham komplett das beste Feuer gemacht, das je bei Brian gebrannt hat.«

»Original!«

»Mann. Die ganze Zeit Holz rumgetragen!«

»Ja. Krank. Mann. Wir ham keine Minute gesessen.«

»Du hattest ja auch noch deine Alte mit. Die war gut dabei, was?«

»Die hatte einfach zwei Pillen geschluckt.«

»Die saß die ganze Zeit da, und wir ham Holz geschleppt.«

»Wahnsinn!«

»Ja. Für meine Frau Holz geschleppt.«

»Die hat original einfach nur dagesessen!«

»Die hat ja Schiss gehabt, weil Nico von ner Frau gequatscht hat, die gestorben is, weil se auf Pille nich pissen konnte!«

»Und deine Süße konnte nich pissen, oder was?«

»Right! Mann, voll Schiss gehabt!«

»Und du hast Holz geschleppt. Idiot!«

»Wieso denn?«

»Deine Süße hat Todesängste, weil se nich pissen kann, und du schleppst Holz!«

»Für meine Frau!«

»Du trinkst ja auch ’n Fass Rum für deine Süße und legst dich hinterher neben sie!«

»Ja, Mann. Is doch okay.«

Die Jungs haben Probleme. Meine Süße ist locker. Für die könnte ich jeden Tag ein Fass Rum trinken.

»Wo isse eigentlich?«

»Zu Hause.«

»Warum?«

»War müde. Is doch okay!«

Ich habe Lust, meine Süße anzurufen. Auf Pille habe ich sie extrem lieb. Da kriege ich dann immer so ein komisches sehnsüchtiges Gefühl. Ich weiß auch nicht, wie ich das beschreiben soll. Ich rufe sie jetzt mal an.

»Hey, meine kleine Ficksau!«

»Selber!«

»Mein kleines Mösenbecken!«

»Schwanzlutscher!«

»Nee. Das bist du!«

»Was macht ihr?«

»Die Jungs und ich ham ein paar Pillen geschmissen. Ich bring dir welche mit.«

»Klasse!«

»Schläfst du schon?«

»Ja!«

»Okay meine Süße, Kleine. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich vermisse!«

»Ich dich auch!«

»Also, wir gehn gleich noch ein bisschen zappeln.«

»Viel Spaß!«

»Hey, ich komm dann nachher zu dir! Is das okay?«

»Klar!«

»Dicken Kuss!«

»Selber!«

Meine Kleine ist ganz müde. Ich hätte jetzt Lust, mich neben sie zu legen oder sie zu ficken. Mann. Die liegt da jetzt ganz alleine nackt in ihrem weichen Riesenbett, und ich hänge hier blöde mit den Jungs rum. Shit happens!

»Meine Süße hat schon geschlafen!«

»Dann weißte ja, wo se is!«

Meine Kleine ist komplett sexsüchtig. Meine kleine Ficksau. Auf Pille kann die ohne Ende ficken. Sonst auch. Immer. In der ersten Nacht haben wir in ihrem Flur gefickt. Sie hat immer gesagt: »Wir sind im Flur!« Permanent. »Wir sind im Flur, wir sind im Flur!« Richtig gut gefickt haben wir. Sie hatte Besuch und Schiss, dass jemand aufs Klo muss. »Wir sind im Flur!« Ich meine, es war komplett abgefahren. Jede Sekunde hätte jemand kommen können. Ich dachte, mein Schwanz platzt.

»Meine Kleine hat mir den Schwanz gelutscht. Auf der Autobahn. Bei 150.«

»Wo hat die dir eigentlich noch keinen geblasen?«

»Original, schon überall!«

»Das is ne Sau!«

»Im Strom hat se an der Bar meinen Schwanz rausgeholt!«

»Quatsch!«

»Original!«

Meine Kleine hat da keine Hemmungen. Wenn die Lust auf Schwanz hat, packt sie ihn aus, fummelt rum und freut sich, wenn ich einen Steifen kriege. Das ist manchmal richtig unangenehm. Wirklich. Ich meine, versuch mal, deinen Ständer wieder einzupacken. Kannst du voll vergessen. Die Pillen sind der Hammer.

»Mann. Mich spults!«

»Am liebsten würde ich hier liegenbleiben!«

»Ich will ficken. Außerdem kommt Fritz nachher.«

»Stimmt!«

Mann. Die Jungs spinnen komplett. Fritz hat gutes Koks. Ich rauche erst mal eine Zigarette. Auf Pille kannst du so viel rauchen, wie du willst. Der Rauch bleibt immer weich.

Das ist angenehm, und du hast was im Mund. Nett ist das.

»Wolln wir los?«

»Taxi?«

»Logisch!«

»Sag ma Nummer!«

»19410!«

Die Jungs und ich fahren immer Taxi. Du kannst einfach nachts nicht nüchtern bleiben. Das macht komplett keinen Spaß. Ich meine, entweder legst du dich ins Bett und pennst, oder du knallst dich zu und gehst richtig feiern.

»Und?«

»Taxi kommt gleich!«

»Bestens!«

»Hast du die Pillen?«

»Wollen wir die jetzt alle mitnehmen, oder was?«

»Dachte ich eigentlich!«

»Nee. Lass ma ’n paar hier!«

Wenn wir die ganzen Dinger mitnehmen, ist das auch blöd. Dann werfen wir uns die alle ein, und hinterher musst du so viel saufen, dass du wieder runterkommst. Nee, danke! Heute nich!

Hoffentlich kriegen wir ein Raucher-Taxi. Es ist ziemlich daneben, wenn du im Taxi nicht rauchen kannst. Du sitzt dahinten drin, hast Lust auf eine Zigarette und darfst nicht rauchen. Ich meine, kannst du gleich wieder aussteigen.

»Lass uns ma runtergehn!«

»Was willste denn da unten auf der Straße stehn?«

»Mann. Das Taxi is in einer Minute da!«

»Wenn de meinst!«

Die Jungs musst du immer aus der Wohnung prügeln. Die sind komplett langsam. Dann steht das Taxi unten auf der Straße, und du zahlst dafür, weil die Jungs nicht in die Pötte kommen. Eine Warteminute kostet immerhin 1Mark.

Ich rede gerne mit Taxifahrern. Meine Kleine redet permanent vom Kinderkriegen. Die ist richtig besessen von diesem Gedanken. Ich finds okay. Ich meine, wenn sie Kinder haben will, dann soll sie welche haben. Ich meine, wen interessiert das? Es kommt alles so, wie es kommen soll, und wenn meine Kleine jetzt ein Kind kriegt, dann soll es eben so sein. Kein schlechter Gedanke, meiner kleinen Ficksau ein Kind zu machen. Zack. Abgespritzt, und schon bist du zu dritt. Klasse, wie das so funktioniert. Bin mal gespannt, wie das Kind dann so aussieht.

Das ist ja wie im Film. Ich und die Jungs stehen auf dem Bürgersteig, und ein Taxi fährt vor. Komplett nobel!

»Rauchertaxi!«

»Strike!«

Ich rede gern mit Taxifahrern.

»Hast du Kinder?«

»Ja!«

»Wie viele?«

»Zwei!«

»Echt? Was denn?«

»Einen Jungen und ein Mädchen!«

»Und dann biste jetzt nich bei deiner Familie?«

»Nee. Geht nich!«

»Warum?«

»Mann, Chris, lass den Taxifahrer in Ruhe!«

»Hey, warum denn? Lass mich doch jetzt ma! Nee, sag ma, warum geht das nich?«

»Weil meine Freundin verheiratet ist!«

»Nee, gibts ja nich!«

»Doch!«

»Was sagt ihr Alter dazu?«

»Der denkt, dass die Kinder von ihm sind!«

»Is ja abgefahrn!«

»Findste?!«

»Nee, wirklich! Und wann siehste dann deine Kinder?«

»Tagsüber. Da arbeitet ihr Mann!«

»Mann, das is ne Geschichte. Was sagen deine Kinder dazu?«

»Is für die okay!«

»Chris, lass ma jetzt!«

Die Jungs nerven. Ist doch spannend. Du fährst im Taxi rum und lernst lauter interessante Taxifahrer kennen. Ist doch klasse. Jeder hat seine Geschichte. Irgendeine abgefahrene Geschichte. Mann. Manchmal frage ich mich, ob hier noch irgendwas normal ist. Der Typ tut mir komplett leid. Ich meine, der liebt eine Frau, hat mit der zwei Kinder, und die Alte ist mit einem anderen Penner verheiratet. Gibts ja nicht. Come on, ich meine, dann soll sich die Alte von ihrem Macker scheiden lassen. Das ist doch nichts Halbes und nichts Ganzes.

»Dann soll sich deine Alte von ihrem Macker scheiden lassen!«

»Sag du ihr das!«

»Hey Mann, geht in Ordnung!«

»Chris, aussteigen!«

»Ja! Warte doch ma!«

»Na los!«

»Was kriegste denn?«

»14,80.«

»Mach 17!«

»Brauchste ne Quittung?«

»Haste ne leere?«

»Klar!«

»Machs gut und grüß deine Kinder!«

Die Quittung bringe ich meiner Kleinen mit. Heiraten ist ein Quark. Das kann gar nicht funktionieren. Du kannst einfach nicht dein ganzes Leben lang nur einen Menschen lieben. Das geht gar nicht. Meine Eltern haben sich auch scheiden lassen. Komplett blöde Geschichte. Denke ich nicht gerne dran. Ich meine, Scheiße. Deine Eltern kommen nicht miteinander zurecht, und du schleppst die Sache bis an dein Lebensende mit dir rum. Das ist doch komplett ungerecht. Ich denke da nicht gerne dran. Das tut weh, und Scheiße, am besten du fickst einfach nur.

»Na Jungs, ficken?«

»Erst ma ’n Bier, würde ich sagen!«

»Ja, lass ma reingehn, vielleicht is Fritz schon da!«

»Hoffentlich is Balu anner Tür!«

Balu kenne ich schon lange, ist ein cooler Typ. Irgendwie immer freundlich. Gut, wenn du Leute kennst. Ich meine, solche, die an der Tür stehen. Freier Eintritt heißt das, und später kriegt Balu ein Bier von mir spendiert.

»Hey, Mann. Alles klar?«

»Logisch!«

»Könn die Jungs mit rein?«

»Okay, kommt rein!«

»Hey, Balu, bist ’n klasse Typ! Wir trinken nachher ’n Bier zusammen!«

»Geht klar!«

Das ist hier eine Luft. Mal sehen, wer noch so da ist. Mann. Die scheißen einen hier immer mit Nebel zu. Kannst du ja nichts sehen. Da fällt mir ein, die haben mich heute original mit meinen Badelatschen reingelassen. Gibts ja nicht.

»Jungs, die ham mich heute original mit meinen Badelatschen reingelassen!«

»Original!«

»Wann war das …? Du weißt schon. Letztes Mal ham die vielleicht nen Zirkus gemacht!«

»Stimmt. Dich wollten se nich reinlassen. Die spinnen doch komplett!«

»Ich sag dir, nächsten Sommer ham se alle Badelatschen an, weils modern is!«

Original. Die haben mich tatsächlich mit meinen Badelatschen reingelassen. Badelatschen sind cool, und das ist das wichtigste. Lenny hat auch Badelatschen. Der schneidet sich sogar die Haare von den Zehen, weil die so lang sind und sich immer in den Gummiriemen verhaken.

»Erstma an die Bar, oder nich?«

»Klar. Was trinken wir denn?«

»Averna, oder nich?«

»Mit Eis und Zitrone?«

»Nee, nur mit Zitrone!«

Averna mit Eis. Das ist komplett die Sünde. Die Jungs und ich trinken immer Averna. Das gehört einfach dazu. Ist schon ein richtiges Ritual. Und hinterher ein Fass Rum auf meine Süße. Ich bin nämlich ein Matrose.

Doris ist da. Mann, die hampelt immer komplett ab hinter der Bar. Die steht keine Sekunde still. Doris zappelt rum wie so ein blödes Blechmännchen zum Aufziehen. Zappel, zappel, zappel.

»Tach, Doris!«

»Süßer, dein Averna!«

»Hey, Süße, trinken wir gleich nen Kurzen!«

»Kommt sofort!«

»Mach den Jungs auch einen klar!«

»Hier, Jungs, Prost!«

Doris arbeitet immer hier. Die ist komplett gut drauf. Meine Herren. Die kann feiern. Jede Nacht, wenn es sein muss. Und eine kleine Tochter hat die auch noch. Original. Trotzdem kannst du mit der flirten. Ohne Ende. Die ist einfach gut drauf. Jede Nacht feiert die Frau. Unglaublich. Ich finde das klasse. Das Leben ist zum Feiern da.

»Na, Doris, alles klar?«

»Klar!«

»Na, is doch klasse, oder?«

Die Doris. Der geht es immer gut. Wie die das macht. Und das mit der kleinen Tochter nebenbei. Nee, was ich mit Doris schon geflirtet habe. Nur so, ohne knutschen. Einfach immer über die Bar rüber und zugezwinkert. Mann, was ich vor der mal mit Lenny eine Show abgezogen habe. Wir haben an der Bar gestanden und geknutscht. Original. Die Jungs, nee, alle haben gedacht: »Die sind ja komplett durchgeknallt, Chris und Lenny, stehen da und knutschen.« Das war richtig lustig. »Was machen die denn da. Das gibts ja nicht!« Ich habe Lenny komplett meine Zunge in den Mund geschoben. War gut, mal was anderes.

Männer küssen komplett anders als Frauen.

Mann, aber ich wusste original nicht, wohin mit meinen Händen. So scharf war das Ganze ja nun doch nicht, dass ich Lenny gleich begrabbeln wollte. Ich meine, einer Frau grabschst du an den Arsch oder fummelst in ihren Haaren rum. Aber da hatte ich doch bei Lenny keine Lust drauf. Irgendwann habe ich meine Hände in die Hosentaschen gesteckt und überlegt, wann wir wohl aufhören zu knutschen.

Ich glaube, ich muss jetzt erst mal was trinken.

»Was is, Jungs, trinken wir noch einen?«

»Logisch!«

»Doris, machste uns noch einen Averna und nen Kurzen. Für dich und die Jungs!«

Wenn ich den runter habe, muss ich Lenny doch mal drauf anquatschen. Wir haben original nie drüber geredet. Seltsam. Ich meine, da knutschst du mit einem von den Jungs rum, und dann tust du so, als wäre nichts passiert. Warum machst du es dann? Das war eine Erfahrung, komplett innig, und dann redest du nicht mal drüber. Kannst du doch mal ansprechen, so ganz locker, ohne gleich ein Problem draus zu machen. Einfach nur mal wissen, was der andere denkt. Ist doch okay, oder?!

»Mann. Richtig geknutscht ham wir, was Lenny?«

»Logisch!«

»Mann. Ich war voll drauf!«

»Ich auch! 5Lines gezogen und gesoffen!«

»5Lines? Woher hatteste das Zeug?«

»Weiß nich mehr!«

»Haste mir gar nichts von gesagt!«

»Warum auch?«

»Biste blöd? Warum haste mir nichts gegeben?«

»Ich wollte das Zeug allein ziehn!«

»Du bist drauf!«

»War doch trotzdem ’n netter Abend, oder nich?«

»Klar, voll geknutscht!«

»Mann. Ich dachte, wasn jetzt los!«

»Original, ich auch!«

»Stehste hier mit Chris und knutschst!«

»Wie isn das eigentlich passiert?«

»Keine Ahnung!«

»Ich wusste komplett nich, wohin mit meinen Händen!«

»Abgefahrn!«

»Darauf trinken wir!«

»Logisch!«

»Hey, Doris, ne Runde Kurze und für dich gleich zwei!«

So musst du mit Barkeepern umgehen. Immer mal einen Kurzen mit denen trinken, und irgendwann zahlst du nur noch eine Pauschale. Außerdem ist doch nett, wenn man sich kennt. Du quatschst ein bisschen mit denen, fragst, wie es geht, und alles ist klar. Aber jetzt frage ich mich ja schon, wo Fritz bleibt. Ich meine, wenn Lenny schon von Lines quatscht, kann Fritz ja mal langsam antanzen, damit die Sache hier ins Rollen kommt.

»Jungs, habt ihr Fritz schon gesehn?«

»Nee. Die alte Sau wollte schon längst da sein!«

»Wenn der nich kommt, dreh ich komplett durch!«

»Relax! Der kommt schon. Wir ham doch noch ’n paar Pillen!«

»Alles klar!«

»Ja, oder nich? Dann sehn wir später weiter, wenn Fritz da is. Wir ham doch Zeit!«

»Hat Fritz gesagt, dass er kommt?«

»Ja, Mann. Jetzt bleib ma locker!«

»Da is er doch!«

»Prost!«

Mann. Darauf kannst du dich echt verlassen. Fritz kommt immer, wenn er sagt, dass er kommt. Das ist sein Job. Außerdem redet er gerne. Am liebsten über sich. Wenn der dich gekrallt hat, kommst du nicht mehr weg. Fritz ist unser Guru, und seine Geschichten sind endlos. Fritz war schon so ziemlich überall, und irgendwie kommt er mit seiner Verarbeitung nicht hinterher. Ich meine, der erzählt dir pausenlos aus seinem Leben. Der hat abgefahrene Dinger erlebt, und die erzählt er dir alle. Original, alle. Du kommst nicht mehr weg. Die ganze Zeit gräbt der Geschichten aus, von irgendwelchen Honolulu-Weibern, die in Bananenröckchen um ihn rumgetanzt sind und ihn verwöhnt haben.

Ich meine, der Typ ist schon in jeden weltlichen Genuss gekommen. Ist doch okay. Mit Fritz hatte ich schon richtig viel Spaß. Der hat einfach immer gutes Zeug dabei, und wenn du nett zu ihm bist, kriegst du das ganze zum Freundschaftspreis. Du bleibst einfach bei ihm, und er kann dir seine Geschichten erzählen. Scheißegal, ob du zuhörst oder dein Kopf schon auf der Bar liegt, und du denkst, das ist deine letzte Nacht. Letzten Sommer haben Fritz und ich uns so zugeknallt, dass wir das Zeug hinterher rauchen mussten, weil unsere Nasen komplett dicht waren. Original. Wir dachten nur, das Zeug muss weg. Ist ja auch eine Sünde, wenn du das bis morgen liegen lässt.

»Fritz, alles klar?«

»Was gehtn hier heute ab?«

»Musik, ’n bisschen zappeln und ’n paar Pillen legen!«

»Was trinkstn du da?«

»Averna. Willste auch ein?«

»Ja. Probier ich ma einen. Ich kann heute nich so auf Party!«

»Was is los?«

»Ja … nix! Einfach nur keine Lust auf Party!«

»Haste was dabei? Die Jungs und ich überlegen nämlich sonst, ob wir noch ne Pille nehmen!«

»Ja, macht doch!«

»Nee, ich meine, haste was dabei?«

»Ja. Kann ich euch ja später geben!«

»Wenn de was dabeihast, nehmen wirs lieber gleich!«

»Warte ma. Ich muss erst ma was trinken!«

Mann. Der Typ hat die Ruhe weg. Die Jungs werden schon unruhig. Entweder jetzt Pille oder Koks oder Arschlecken. Ich muss das Ganze mal ein bisschen vorantreiben. Sonst besäuft der sich in Nullkommanix, und dann weiß er hinterher nicht mehr, in welcher seiner vielen Taschen das Zeug steckt. Fritz rennt immer mit der hässlichsten Lederweste rum, die ich je gesehen habe. Original. Die sieht von hinten aus wie so ein String-Tanga. In der Mitte vom Rücken geht einfach nur so ein dünner, schwarzer Lederriemen runter. Unten und oben hängt er an anderen Lederriemen, und vorne ist alles voller ausgefranster Taschen.

»Los, Fritz, rück das Zeug raus! Die Jungs werden unruhig!«

»Haste nen Schein?«

»Jungs, hat einer von euch nen Schein?«

»Hier! Will ich aber nachher wiederham!«

»Wer zahlt denn hier die ganzen Runden?«

»Und wer hat die Pillen gezahlt!«

»Könn wir da später drüber reden?«

Mann. Die Jungs sind komplett anstrengend. Ist doch egal. Die sollen mal nicht so ein Theater machen. Kriegen besten Stoff und bepissen sich wegen einem beschissenen Zwanziger. Den ziehen wir uns doch sowieso gleich die Nase hoch. Wenn du so ein Hobby hast, darfst du sowieso nicht kleinlich sein. Ich meine, das Zeug hat seinen Preis. Na ja, ist ja auch gut so. Fritz ist so cool, dass er einem das Zeug doch tatsächlich auf der Theke zuschiebt. Der kennt da nichts. Der holt sein Tütchen aus der Tasche, faltet es auf und zack, hast du dein Zeug in einem Zwanziger verpackt. Kannst du gleich mit aufs Klo marschieren.

»Danke. Bist ’n cooler Typ, Fritz!«

»Ja. Hau ab damit!«

»Mach ich auch gleich. Hat jemand ne Karte von euch?«

»Mach se aber nich kaputt! Is mein ganzes Leben!«

»Quatsch. Kriegste gleich wieder!«

Das Zeug ist besser als jede Pille. Mit Fritz habe ich es mir mal richtig gegeben. Die ganze Nacht, und erzählt hat der Typ, bis mir die Ohren flatterten. Original, wahrscheinlich sogar noch länger. Hier schwitzt ja komplett jeder Körper. Finde ich gut, alle bewegen sich nach dem gleichen Rhythmus. Fritz sagt, das erinnert ihn an die Soldatenmärsche im Dritten Reich. Alle im Gleichschritt. Ich weiß nicht. So eng darfst du das nicht sehen, oder?! Ist doch schön, wenn alle zusammen tanzen. Alle hören die gleiche Musik und sind auf Droge. Das ist so, als würden sich alle zuzwinkern und denken: »Wir feiern auf unsrer Insel in der Südsee.« So schwül ist es hier auf jeden Fall. Vielleicht ist das extra so. Damit du dich wirklich wie im Urlaub fühlst. Weg vom Scheiß, hin zur Entspannung. Gute Sache, eigentlich. Ich liebe Feiern.

Auf dem Klo ist ja richtig der Teufel los. Müssen die alle pissen oder wollen die sich alle was reinziehen? Keine Ahnung. Ich plädiere auf Pissen.

Dieses Warten nervt. Endlich ist eine Kabine frei. Der Schein ist schon komplett durchgeschwitzt. Meine Hände zittern, und alles geht ein bisschen langsam. Wo ist diese Scheißkarte? Draußen hämmern sie gegen die Tür.

Ich brauche Ruhe.

Ganz langsam. Erst mal den Schein auseinanderfalten, auf den Klodeckel legen. Vorsicht, nicht so zittern, sonst ist alles verloren. Dann die Karte in der Hosentasche finden und hacken. Eine hübsche Linie ziehen, und jetzt habe ich nichts zum Hochziehen. Also, runter mit dem Zeug. Direkt auf den Deckel, Schein rollen, Spülung drücken und hochziehen. Draußen drehen sie schon komplett durch.

»Was machste denn so lange?«

»Reg dich ab!«

Blick in den Spiegel. Wichtig ist, dass nichts an der Nase bleibt. Ehrlich, dieser Lärm und dieser übertriebene Nebel gehen mir langsam auf den Senkel. Ich habe mal von so einem Volk in Marokko gehört. Die ziehen immer in die Wüste, bauen ihre Zelte auf, zünden Räucherstäbchen an, und dann geht es los. Die spielen Gitarre, schlagen auf Trommeln und zack, ist der Trancezustand erreicht. Das ist doch nett. Alle zusammen. Ich glaube, ich muss da mal hin und fragen, ob die mich mitnehmen.

Mal gucken, wo die Jungs sind. Ist das voll hier. Gibts ja nicht. Woher kommen die ganzen Leute, möchte ich mal wissen? Die treten einem auf die Füße, kippen ihr Bier über dein T-Shirt oder schlagen dir ihre feuchten Finger ins Gesicht. Und Luft gibt es auch keine mehr. Nur noch Nebel. Und Menschen.

»Mann, woher komm die ganzen Leute?«

»Keine Ahnung!«

»Wo isn meine Karte?«

Jetzt weiß ich nicht, wo die Karte ist. Erst mal erinnere ich mich grade an gar nichts, und dann suche ich mal. Also, da ist sie nicht und da auch nicht. Ich weiß nicht, was ich mit der Karte gemacht habe. Kann sein, dass sie noch auf dem Klo ist.

»Die is noch aufm Klo.«

»Was?!«

»Ja, Mann. Ich hab se vergessen!«

»Das glaub ich nich!«

»Doch, is wirklich wahr! Die is noch aufm Klo!«

»Dann hol meine Karte!«

»Die pisst grade!«

»Ich find das nich lustig. Hol meine Karte!«

»Reg dich nich auf! Jede Karte muss ma pissen!«

»Chris, hau ab!«

Mann. Habe ich ja noch nie erlebt, dass sich jemand so aufregt, nur weil seine Karte mal pissen muss. Ich muss mich bei der Karte entschuldigen und ihr erklären, dass es nicht meine Schuld ist, wenn ich sie vom Klo weghole. Auch eine Karte will schließlich mal alleine sein. Das ist ihr gutes Recht, oder? Jetzt ist die Kabine auch noch besetzt.

»Mach die Tür auf! Meine Karte is da drin!«

»Hau ab!«

»Mach auf! Meine Karte fühlt sich einsam!«

»Halts Maul!«

»Mach auf! Ich will zu meiner Karte!«

»Haste se nich mehr alle, oder was!«

Der Typ spinnt doch komplett. Da liegt sie ja, die Karte. In einer Pfütze, die Ärmste. Hat original niemand mitgenommen. Klasse. Irgendwie eklig, aber ich kann die ja nicht liegenlassen. Mit Klopapier anfassen, geht schon. Mann, ist das eklig.

»Was machste da?«

»Ich hol meine Karte vom Klo!«

»Is ja eklig!«

»Willste se ablecken?«

Kann ich auch nicht ändern, wenn die da in der Pfütze liegt. Wasche ich sie eben ab. Mit ein bisschen Seife geht das schon. Wie neu. Klasse. Ich stecke die mal besser in die Hosentasche, sonst haut die hinterher noch mal ab.

»Alles klar!«

»Wo is meine Karte?«

»In meiner Hosentasche!«

»Gib her!«

»Moment!«

»Mach schon!«

»Relax!«

»Los!«

»Bitte schön!«

»Arschloch!«

»Kann ich was dafür, wenn deine Karte pissen muss?«

»Meine Karte muss nie pissen!«

»Wo is eigentlich Fritz?«

»Weg!«

»Wie, weg?«

»Abgehaun!«

»Was soll das denn? Hat er was dagelassen?«

»Nee, abern schönen Gruß solln wir dir sagen!«

»Warum is ern abgehaun?«

»Keine Ahnung!«

»Der hätte doch ma warten könn!«

Das verstehe ich jetzt echt nicht. Der hätte doch warten können. Ich wollte noch was haben. Jetzt ist er weg. Das ist ja komplett bescheuert. Was mache ich denn jetzt? Erst mal was trinken.

»Is er wirklich weg?«

»Ja, Mann! Trinken wir noch was?«

»Was solln das? Warum is Fritz denn jetzt einfach abgehaun?«

»Wenn de die ganze Zeit aufm Klo abhängst!«

»Er hätte doch warten könn!«

»Was is jetzt? Trinken wir noch was, oder nicht?«

»Klar. Auf den Schock!«

Ich glaube, ich gehe auch gleich. Noch ein Bier, und dann ist Ende. Fritz ist weg, meine Kleine liegt nackt im Bett, und hier drinnen ist der Sauerstoff ausgegangen. Das macht doch keinen Spaß.

»Ich hau gleich ab!«

»Wieso?«

»Weiß nich!«

»Willste zu deiner Alten, oder was!«

»Klar. Ficken!«

»Du hasts gut!«

Original. Einfach ins Taxi steigen, mit Taxifahrer reden, aussteigen, klingeln, Treppe rauf, Hose runter, ficken. Optimal.

»Prost!«

»Biste morgen bei deiner Süßen?«

»Erst ma auspennen, dann ma sehn!«

»Wir telefonieren!«

»Ich ruf dich an. Sonst bin ich bei meiner Süßen!«

»Alles klar!«

Jetzt bin ich aber fickrig. Meine Kleine liegt nackt im Bett und schläft. Macht nichts, wenn ich sie aufwecke. Meine Kleine freut sich, wenn ich komme. Dann steht sie ganz warm und weich in der Tür und fummelt an ihrer Muschi rum. Nur so, weil meine Kleine immer an ihrer Muschi rumfummelt. Dann legt sie ihren Arm um mich und fragt, wie spät es ist.

»Wie spät isses eigentlich?«

»Halb drei!«

»Noch so früh?«

Ich gehe trotzdem. Das macht mich hier alles ganz zappelig. Meine Augen wissen gar nicht, wo sie hinsehen sollen. Immer hin und her. Die Bar, die Jungs, mein Glas, der Nebel, meine Hände, grünes Feuerzeug, grinsendes Mädchen, Lennys Badelatschen. Balu kommt. Scheiße, mit dem muss ich noch ein Bier trinken.

»Balu, was is, trinken wir ’n Bier?«

»Astrein. Bin gleich wieder da!«

Jetzt muss ich warten. Ich hasse Warten. Warten ist komplett blöd, besonders, wenn du wegwillst. Dann wird eine Minute zu einer halben Ewigkeit, und das ist langweilig.

Ich setze mich erst mal hin. Meine Pupillen werden noch verrückt. Ich kann sie nicht festhalten. Die machen 400-Meter Hürdenlauf. Hoch zur Galerie, runter zur Tanzfläche, vollgeschwitzte T-Shirts, gefärbte Haare, schwingende Zigaretten, Bierflaschen, Aschenbecher, die Bar, ich auf dem Barhocker, die Jungs von unten, mein Kopf auf der Bar.

»Fuck!«

»Alles klar?«

»Klar! Trinken wir ’n Bier?«

»Kannste noch?«

»Wasn das für ne Frage?«

Mein Kopf in der Luft, meine Pupillen an Balus Augen festgekrallt. Klar trinke ich noch ein Bier mit Balu. Habe ich ihm versprochen. Bin ich ihm schuldig. Er hat die Jungs umsonst reingelassen. Da muss ich ein Bier mit ihm trinken.

»Doris, zwei Bier und ne Runde, für dich und die Jungs!«

Ich will zu meiner Süßen, mein Kopf will auf die Bar. Doris läuft hin und her, füllt kleine Gläser, bringt Bier. Für Balu und mich.

»Auf dich, Balu!«

»Auf dich und deine Süße!«

»Die liegt im Bett und schläft!«

»Richtig so!«

»Mann, mich spults. Ich muss hier raus!«

»Biste gut unterwegs?«

»Komplett! Die Jungs ham Pillen besorgt!«

»Habt ihr noch welche?«

»Ich nich!«

Die sind für meine Süße. Außerdem habe ich keine Lust, die Dinger zu verschenken. Heute nicht. Sollen doch die Jungs ihre Pillen rausrücken. Die, die ich noch habe, kriegt meine Kleine. Die Jungs sollen das machen.

»Die Jungs ham welche!«

»Habt ihr noch was?«

»Haste 30Mark?«

»Spinnst du? Gib her oder nich!«

»Dann nich!«

»Los, mach schon!«

Die Jungs sind Idioten. Die sollen Balu eine geben, und dann ist Ruhe.

»Jetzt gebt Balu eine. Mann. Is doch egal!«

»Gib du ihm doch eine!«

»Die is für meine Süße!«

Ich glaube es nicht. Das ist doch wohl komplett peinlich. Balu lässt uns rein, und die Jungs machen so einen Aufstand und erzählen, dass ich Pillen habe. Jetzt muss ich noch ein Bier mit Balu trinken, wenn ich die Pille behalten will.

»Doris, noch zwei Bier!«

»Kommt sofort!«

»Jungs, zieht hier ma keine Show ab!«

»Wir ham nich mehr so viele!«

»Eine habt ihr ja wohl für Balu!«

»Mann. Es is noch früh. Könn wir ja gleich nach Hause gehn!«

»Das gibts ja nicht!«

»Du wolltest die Dinger zu Hause lassen!«

Das ist komplett peinlich. Ich gebe Balu jetzt eine. 30 Mark verschenkt und zwei Bier. Bin ich Millionär, oder was! Mit den Jungs rede ich morgen.

»Hier!«

»Ihr spinnt total!«

»Ich hau ab!«

»Was is mit deinem Bier!«

»Könnt ihr euch übern Schwanz kippen!«

»Bis morgen!«

Die Jungs nerven, und die Leute, die mir auf den Füßen rumtrampeln, auch.

»Mann. Ich hab Badelatschen an!«

»Selbst schuld!«

Spinnen die denn hier alle komplett? Nie wieder Badelatschen in diesem Schuppen. Das ist ja der reinste Horror. Alle latschen dir auf deine Füße!

Hier brauchst du Stahlkappen, wenn deine Füße überleben sollen. Was stehen die denn hier alle am Eingang rum? Ich will hier raus.

»Mach ma Platz!«

»Drängel nich so!«

»Halts Maul!«

»Was haste gesagt?«

»Halts Maul!«

»Gehts noch, oder was!«

»Leck mich am Arsch!«

Alles Ignoranten. Kein Wunder, dass es mit der Welt den Bach runtergeht. Alle stehen im Weg, und keiner kommt voran. Die sind alle komplett beschränkt. Hauptsache, ich kriege jetzt ein Taxi. Auf Warten habe ich überhaupt keine Lust. Ich will zu meiner Süßen und ihre Muschi lecken. In Badelatschen kommst du ja überhaupt nicht vorwärts.

»Was glotztn du so?«

»Hey, guck ma, der hat Badelatschen an!«

»Halts Maul!«

»Tatsächlich, der hat Badelatschen an!«

»Gehste jetzt baden, oder was?«

»Nee. Ficken!«

»Mit Badelatschen. Is ja abgefahrn!«

Ich halts nicht aus. Manche Leute sind so doof, dass es Angst macht. Da ist ja ein Taxi.

»Guten Abend!«

»Guten Morgen!«

»Meinetwegen. Auch gut!«

»Wo solls hingehen?«

»Zu meiner Süßen!«

»… und wo is das?«

»Erst ma grade aus!«

»Und dann?«

»Fahr doch erst ma los.«

»Na gut!«

»Hey, ich zeig dir jetzt, wo meine Süße wohnt!«

»Na, da bin ich ja mal gespannt!«

»Sie is meine große Liebe!«

»Na, dann pass mal gut auf sie auf! … Und jetzt?«

»Da vorne links! Haste auch ne große Liebe?«

»Ja!«

»Und … Fährste nachher noch zu ihr?«

»Nein!«

»An der Ampel links. Warum nich?«

»Sie ist den irdischen Weg gegangen.«

»Hmhm!?«

Was meint er denn jetzt damit. »Den irdischen Weg gegangen«, habe ich ja noch nie gehört. Was meint er denn? Vielleicht ist sie gestorben. Da frage ich mal lieber nicht nach. »Den irdischen Weg gegangen«, komisch. Obwohl, wenn sie tot ist, müsste er sagen: »Sie ist den himmlischen Weg gegangen!« Ich möchte wirklich gerne wissen, was er meint.

»Meine is zu Hause!«

»Hast du ein Glück!«

»Das sagen alle!«

Da fällt mir ein, ich habe wirklich Glück. Ich habe original vergessen, die Drinks zu bezahlen. Ich brech ab, das gibts ja nicht, die Jungs müssen original die ganzen Runden blechen. Klasse, da hätte ich Balu ja glatt zwei Pillen geben können. Aber jetzt muss ich dringend pissen. Das ist immer so. Du kommst aus einem Club raus, steigst ins Taxi und merkst, dass du pissen musst.

»Kannste ma kurz anhalten?«

»Warum?«

»Weil ich pissen muss!«

»Jetzt?«

»Ja, jetzt!«

»Kannste das nicht bei deiner Freundin machen?«

»Nein. Also, halt ma bitte an!«

»Ich kann hier doch nich anhalten, mitten auf der Straße!«

»Warum nich?«

»Weil hier überall Häuser sind!«

»Na und?«

»Da komm doch die ganze Zeit Leute vorbei!«

»Halt an, oder soll ich dir ins Auto pissen?«

»Na gut!«

Endlich. Lange hätte ich es nicht mehr gemacht. Eine volle Blase ist so ziemlich das Unangenehmste, was es gibt. Das tut richtig weh. Mann. Hier sind ja wirklich nur Häuser. Kein Baum, kein Strauch, kein gar nichts. Dann muss das Auto dran glauben. Ein bisschen verstecken möchte ich mich ja schon. Reicht ja, wenn du das Geplätscher hörst. Jetzt kann ich nicht mehr. Der Typ hat mich komplett irre gemacht mit seinem Gequatsche. Ich fühle mich beobachtet. Der Typ glotzt die ganze Zeit unruhig in meine Richtung. Was will er machen, wenn jemand kommt? Mir einen Warnpfiff geben, sich auf die Straße werfen, um von mir abzulenken? Ich will jetzt pissen. Ganz ruhig. Am besten an fließendes Wasser denken. Plätscher, plätscher, fließ … Na also, geht doch. Du musst dir nur zu helfen wissen.

»Alles klar!«

»Das hat aber lange gedauert!«

»Reg dich ab!«

Muss der Penner eigentlich alles kommentieren? Ansonsten fühle ich mich jetzt erheblich besser. Vielmehr erleichtert. Es geht doch nichts über eine leere Blase. Wozu bist du denn ein Mann, wenn du nicht überall hinpinkeln kannst? Ist doch wirklich sehr praktisch, diese Vorrichtung. Meine Süße ist ganz neidisch darauf. Die macht immer ein Riesentheater, wenn wir auf dem Land Party machen. Dann muss ich immer mitkommen. 300Meter querfeldein, nur damit sie keiner sieht oder hört. Dann kreischt sie immer, und dann muss ich 100Meter weiter gehen und warten. Das ganze ungefähr alle 20Minuten. Sie sagt, sie kann nichts dafür, aber wenn sie weiß, dass das mit dem Pinkeln problematisch wird, dann muss sie erst recht. Die Weiber!

»Wo lang?«

»Gradeaus. Und, wie läuft das Geschäft?«

»Nich so gut. Die Leute haben alle kein Geld!«

»Ich auch nich. Ich fahr trotzdem Taxi. Da lernste so nette Leute wie dich kenn!«

»Du kennst mich doch gar nicht!«

»Na ja, ich meine … jetzt rechts!«

Der Typ muss nicht alles auf die Goldwaage legen. Ich meine ja nur. Du fährst nachts gemeinsam rum, den gleichen Weg und quatschst ein bisschen. Ist doch nett. Der Typ ist einfach zu verkrampft. Der soll sich mal lockermachen.

»Hier isses. Hier wohnt meine Süße!«

»17,20!«

»Wie lang fährste noch?«

»Keine Ahnung. Bis ich keine Lust mehr habe!«

»Wolln wir einen rauchen?«

»Gib mir erst mal die Kohle!«

»Stimmt so! Was is, haste Lust?«

»Okay!«

Ich will ihn ja nicht zwingen. Ich meine ja nur, dass ihm das ganz guttun würde. Der Typ ist ja null relaxt. Vielleicht sollte ich ihn doch noch mal fragen, was mit seiner Alten los ist. Womöglich ist das der Schlüssel zu seiner miesen Laune. Ich baue uns erst mal einen, und dann sehen wir weiter. Mann. Ich brauche Licht. Hier ist es so dunkel, da streust du alles daneben.

»Mach ma Licht an!«

»Was? Und wenn die Bullen kommen?«

»Passiert gar nichts!«

»Bist du sicher? Ich fahr schließlich Taxi!«

»Ich bin ja gleich fertig!«

»Na gut!«

Der Typ ist ja komplett paranoid. Habe ich ja noch nie erlebt. Der verlässt nur zum Taxifahren seine Wohnung, und sonst sieht er Fernsehkrimis und glaubt, dass jeder ihn übers Ohr hauen will. Der hat bestimmt noch nie was Verbotenes getan. Du musst doch ein bisschen Spaß haben im Leben. Sonst hat das doch alles gar keinen Wert. Ich meine, solange du niemandem wehtust, ist alles erlaubt. Was soll das? Diese ganzen blöden Gesetze. Wenn du die alle beachten wolltest, müsstest du dein ganzes Leben damit verbringen, Gesetze zu beachten. So ein Quatsch.

»Bist du fertig?«

»Ja, gleich!«

»Aber wenn die Bullen kommen!«

»Die komm nich!«

»Woher willst du das denn wissen!«

»Weiß ich eben!«

»Das kannst du gar nicht wissen!«

»Stimmt!«

»Na, also!«

Der Typ macht mich wahnsinnig. Entweder wir rauchen einen zusammen oder nicht. So einfach ist das. Aber dieses Rumgenerve muss doch wohl nicht sein. Dann soll er fahren. Ich kann das Ding auch alleine rauchen. Ist ja nur ein Angebot von mir. Ich kann mich damit auch in irgendeinen Hausflur setzen und die Ruhe genießen. Wäre mir jetzt sogar fast lieber. Obwohl, ich will ja wissen, was mit seiner Alten abgegangen ist. Mal sehen, wie ich das am besten aus ihm rauskriege. Erst mal rauchen.

»Fertig!«

»Na endlich!«

»Kannste schneller bauen, oder was?«

»Um ehrlich zu sein, ich hab noch nie einen gebaut!«

»Ich mags, wenn Leute ehrlich sind!«

»Sehr witzig!«

»Nee wirklich. Lügen is komplett uncool!«

»Manchmal muss man lügen!«

»Wann denn?«

»Weiß nicht. Du weißt schon. Notlüge!«

»Nee, weiß nich. Ich find Lügen blöd.«

»Ja, schon. Aber manchmal muss man lügen, weil es praktisch ist. Zum Beispiel!«

»Praktisch? Stell dir ma vor, du kommst mit deinen Geschichten komplett durcheinander. Du weißt nich mehr, wem de was erzählt hast, und schon sitzte richtig in der Scheiße!«

»Hast recht!«

»Klar hab ich recht!«

»Trotzdem muss man manchmal lügen!«

»Du bist komisch!«

Bei dem Kerl ist doch das ganze Leben eine einzige Lüge. Lügen, weil es praktisch ist. So was Idiotisches habe ich ja noch nie gehört. Dann muss er ja auch annehmen, dass alle anderen ihn anlügen, weil es praktisch ist. Ich frage mich, wem er dann überhaupt noch vertrauen kann, und da wären wir wieder bei meiner These, dass er denkt, dass ihn jeder übers Ohr hauen will. Das kann nicht glücklich machen.

»Dann vertrauste wohl niemandem, was?«

»Nee, warum auch?«

»Weils praktisch is. Nee, ma im Ernst. Vertrauen is alles!«

»Wenn du meinst!«

»Ja, Mann. Meinste, ich könnte mit meiner Süßen zusamm sein, wenn ich ihr nich vertrauen würde?«

»Weiß ich nicht. Ich kenne sie nicht!«

»Das gibts doch nich. Ich meine doch nur, zum Beispiel!«

»Wenn du ihr vertraust, ist doch wunderbar. Dein Pech. Wirst schon sehen, was du davon hast!«

»Wie meinste das jetzt?«

»Weißt du, was sie macht, wenn du nicht da bist und aufpasst?«

»Warum aufpassen? Ich vertrau ihr doch!«

»Sag, weißt du, was sie macht, wenn du nicht da bist?«

»Wenn sies mir hinterher erzählt!«

»Und woher weißt du, dass sie nicht lügt?«

»Weil ich ihr vertraue!«

»Warum vertraust du ihr?«

»Weil ich sie liebe!«

»Was du nicht sagst!«

Der Typ ist der Hammer. Der ist ja völlig allein auf dieser Welt. Wenn er niemandem vertraut, dann kann er ja auch niemanden lieben. Das ist komplett irre. Das kann ich gar nicht glauben. Obwohl, wenn ich ihn mir so im Rückspiegel ansehe, wird mir einiges klar. Der Typ ist komplett zu. Der hat sich vorgenommen: »Ich fühle nichts mehr.« Hilfe, dass es so was gibt. Den musst du da irgendwie rausholen. Ich teste das jetzt mal mit seiner Alten an.

»Wie meinste das überhaupt, sie is den irdischen Weg gegangen?«

»Ich hab nicht gesagt: ›Sie ist den irdischen Weg gegangen‹!«

»Haste doch vorhin gesagt, oder nicht?«