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Resilienz kann man lernen! Lassen Sie sich von Dr. Eva Kalbheim zeigen, wie Sie mithilfe von innerer Stärke und seelischer Widerstandskraft gelassener und souveräner mit belastenden Lebensumständen umgehen. Resilienz hilft Ihnen, immer wieder zu Ihren Ressourcen zurückzufinden, auch wenn Sie unter Druck stehen oder sich gestresst fühlen. Anhand von zahlreichen Beispielen aus verschiedenen Lebenslagen und einfach durchzuführenden Übungen zeigt die Autorin, wie Sie Ihre innere Stärke kennenlernen und festigen und so schwierige Situationen, Misserfolge und Krisen besser meistern.
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Seitenzahl: 442
Resilienz für Dummies
Manche Menschen gehen aus Krisen und Katastrophen gestärkt hervor, andere überstehen sie unbeschadet und wieder andere zerbrechen daran. Die innere Widerstandskraft und seelische Stärke, die nötig ist, um schwierige Lebensumstände gut zu meistern, nennt man Resilienz. Dieser Begriff stammt aus der Werkstoffkunde und bezeichnet die Eigenschaft eines Materials, nach Dehnung, Verbiegung oder Zerrung wieder in seinen Ausgangszustand zurückzukehren. Resiliente Menschen halten auch größten physischen oder psychischen Belastungen stand, ohne daran kaputtzugehen. Die moderne Resilienzforschung hat gezeigt, dass Resilienz nur zu einem kleinen Teil vererbt wird. Sie entwickelt sich vielmehr lebenslang durch den Austausch zwischen Mensch und Umwelt weiter und ist damit ein dynamischer Anpassungsprozess. Resilienz ist nie ganz da oder ganz weg, sondern sie ist ein Kontinuum und zeigt sich je nach Situation, körperlicher und seelischer Verfassung mal mehr, mal weniger.
Der Glaube, sein eigenes Schicksal sinnvoll beeinflussen zu können, wird in den ersten zehn Lebensjahren erworben. Aber auch im Laufe des weiteren Lebens kann jeder die Fähigkeit, mit widrigen Umständen gut umzugehen, aufbauen, erweitern und üben. Hilfreich für ein Resilienztraining ist die Kenntnis der sieben Säulen der Resilienz:
Optimismus,Akzeptanz,Handlungsfähigkeit,Verantwortungsbereitschaft,Lösungsorientierung,Netzwerkpflege,Zukunftsplanung.Wer optimistisch in die Zukunft schaut und alles, was er nicht ändern kann, akzeptiert, wer bereit ist, zu handeln und Verantwortung zu übernehmen, Lösungen zu finden, sein Netzwerk zu pflegen und Pläne zu schmieden, ist Krisen in der Regel nicht hilflos ausgeliefert. Die sieben Säulen der Resilienz bewusst zu stärken, hilft, auch in den anstrengendsten Lebenssituationen durchzuhalten, weiterzumachen und sich nicht entmutigen zu lassen. Daneben gibt es innere und äußere Schutzfaktoren, die die Resilienz stärken: stabiles Selbstwertgefühl, hohe Selbstwirksamkeitserwartung, positive Lebenseinstellung, Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse, erfolgreiche Selbststeuerung, soziale Kompetenz, sichere Bindungen und Humor.
Auch resiliente Menschen machen immer wieder die Erfahrung, dass sie etwas nicht schaffen, dass sie scheitern oder dass ihnen etwas misslingt. Im Vertrauen auf ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten akzeptieren sie, dass etwas vielleicht nicht so geklappt hat wie gewünscht, obwohl sie sich angestrengt haben – sie sind sich aber sicher, dass wieder bessere Zeiten kommen. Eine wichtige Fähigkeit resilienter Menschen besteht darin, unterscheiden zu können, wann es sich zu kämpfen lohnt und wann man sich seinem Schicksal fügen sollte. Darüber hinaus sind widerstandsfähige Persönlichkeiten bereit, ihre Komfortzone regelmäßig zu verlassen und Neues zu wagen.
Die innere Widerstandskraft ist wie eine Batterie, die kontinuierlich Energie abgibt. In Krisenzeiten ist der Zugang zu den eigenen Ressourcen jedoch manchmal verschüttet und man fühlt sich leer und hilflos. In solchen Momenten braucht man Zeit und Ruhe, um die Reserven wieder aufzufüllen. Abgrenzung, Rückbesinnung, Pausen und Auszeiten dienen dazu, Kräfte zu sammeln und sich den Problemen erneut stellen zu können.
Resilienz für Dummies
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
2. Auflage 2023
© 2023 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany
Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.
Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.
Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Print ISBN: 978-3-527-72078-1
ePub ISBN: 978-3-527-84251-3
Coverfoto: © cpa1 / stock.adobe.comKorrektur: Frauke Wilkens, München, Petra Bonitz, Hemmingen
Dr. med. Eva Kalbheim ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Coach und Kommunikationsexpertin. Sie beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit den Auswirkungen von Stress, Anspannung und Krisen auf die Gesundheit. In ihrer Arbeit als Pressesprecherin einer großen Spendenorganisation und Geschäftsführerin eines therapeutischen Verbands sammelte sie umfangreiche Erfahrungen in der Mitarbeiterführung und -motivation. Mit einem innovativen Gesundheitscoaching-Konzept unterstützt sie Menschen, die eine bessere Work-Life-Balance und größere Krisenfestigkeit erreichen möchten. In Führungskräftetrainings legt sie besonderen Wert auf die Bedeutung der Kommunikation für entspannte, angstfreie und inspirierende Arbeitsbedingungen. Sie hat zahlreiche Bücher verfasst, die dem interessierten Leser helfen gesund zu bleiben, seine Persönlichkeit weiterzuentwickeln, sich realistische Ziele zu setzen und erfolgreich zu sein. Dr. Eva Kalbheim arbeitet hauptberuflich als Chefärztin und stellvertretende Klinikdirektorin der Libermenta Klinik Schloss Gracht in Erftstadt und hat eine Psychotherapie-Praxis in Bonn. Mehr Informationen über ihre Arbeit gibt es im Internet unter www.eva-kalbheim.de.
Meinen Eltern Gisela und Klaus Kalbheim in memoriam gewidmet.
Der erste Impuls für dieses Buch kam von meiner früheren Lektorin Inken Bohn, Wiley-VCH, mit der ich im Verlauf des Schreibens viele angeregte Diskussionen geführt habe – ich danke ihr sehr für die aufmerksame, konstruktive Unterstützung. Herzlich danke ich meiner jetzigen Lektorin Esther Neuendorf, Wiley-VCH, und meinem langjährigen Freund und Korrekturleser Robert Egg, deren Anmerkungen mir außerordentlich weitergeholfen und mich immer wieder inspiriert haben. Für die Erstellung der Grafiken danke ich Barbara Floer. Der größte Dank geht an meine Familie, die mich immer verständnisvoll und einfühlsam unterstützt.
Cover
Titelblatt
Impressum
Über die Autorin
Widmung
Danksagung
Einführung
Über dieses Buch
Konventionen in diesem Buch
Was Sie nicht lesen müssen
Törichte Annahmen über den Leser
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden
Wie es weitergeht
Teil I: Resilienz – die Grundlagen
Kapitel 1: Die Bedeutung von Resilienz
Erfolgreich im Leben trotz schwieriger Umstände
Die sieben Säulen der Resilienz
Die eigenen inneren Ressourcen kennenlernen
Resilienz lebenslang erweitern
Krisen überwinden und daran wachsen
Resilienz von Kindern stärken
Kapitel 2: Resilienz fördern
Sich selbst besser kennenlernen
An sich glauben
Stark sein, auch wenn die Wellen hochschlagen
Resilienz und Gesundheit
Kapitel 3: Resilienz kann man üben
Innere Stärke gewinnen und bewahren
Stressoren besiegen oder ausblenden
Loslassen und Scheitern lernen
Übungsplan: Resilienztraining für jeden Tag
Teil II: Resilienz im Alltag
Kapitel 4: Resilient sein oder nicht sein – Möglichkeiten und Grenzen
Analyse der Stressfaktoren im Alltag
Die innere Stärke bewahren
Sich nicht überfordern
Checkliste: Was Sie selbst ändern können
Kapitel 5: Den Erfolg buchen
Die eigenen Stärken bewusst wahrnehmen
Situationen positiv beeinflussen
Menschen zum Mitmachen motivieren
Kapitel 6: Aus Niederlagen und Krisen lernen
Das Leben ist eine Achterbahn
Niederlagen annehmen und analysieren
Professionelle Hilfe suchen
Teil III: Resilienz im Berufsleben
Kapitel 7: Das Geheimnis der Starken
Sich selbst gut kennenlernen
Stärken bewusst einsetzen
Umgang mit Schwächen und Verletzbarkeit
Kapitel 8: Konflikte und Krisen im Beruf aktiv bewältigen
Resilienz und Kommunikation
Resilienz und Mitarbeiterführung
Konflikt- und Krisenmanagement
Kapitel 9: Aktive Stressreduktion im Job
Umdeutung von Stresssituationen
Achtsamkeit entwickeln
Körperübungen gegen den Stress
Checkliste: Work-Life-Balance
Teil IV: Resilienz in der Kindheit fördern
Kapitel 10: Vererbung und Umweltfaktoren
Wie Resilienz vererbt wird
Wie die Umwelt Resilienz beeinflusst
Epigenetik: Auch Stress wird vererbt
Kapitel 11: Kinder stark machen
Fordern und fördern – die Mischung macht’s
Kinder können mehr
Erziehung zur Resilienz
Checkliste: Was braucht mein Kind?
Teil V: Erfolgsfaktor Resilienz
Kapitel 12: Grenzen erweitern
Stark, stärker, am stärksten
Die Kraft kommt von innen
Resilienz im Alter
Kapitel 13: Die Komfortzone verlassen
Mut zum Aufbruch
Über sich hinauswachsen
Kapitel 14: Die Reserven wieder auffüllen
Die Bedeutung von Auszeiten
Warnzeichen erkennen und ernst nehmen
Kapitel 15: Selbstfürsorge: Wer hat, kann teilen
Das eigene Befinden verbessern
Selbstfürsorge ist nicht egoistisch
Der selbstfürsorgliche Tagesplan
Teil VI: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 16: Zehn Fakten zu Resilienz
Resilienz ist erblich
Resilienz ist beeinflussbar
Resilienz verändert sich im Laufe des Lebens
Resilienz kann man üben
Resilienzerziehung funktioniert
Wenig resiliente Menschen blühen unter guten Bedingungen auf
Scheitern kann man üben
Aus Katastrophen kann man lernen
Gedanken beeinflussen Gefühle – und umgekehrt
Schmerz geht vorüber
Kapitel 17: Zehn alltagstaugliche Resilienzübungen
Der Body Scan
Die Schuhe des anderen
Immer wieder etwas Neues ausprobieren
Kein Schatten ohne Sonne
Drei, zwei, eins – meins
Der Scheinwerfer der Aufmerksamkeit
Kleine Dinge genau beschreiben
Netze knüpfen
Die Oase der Stille
Der Detektiv im Kopfkino
Kapitel 18: Zehn Tipps für ein Resilienztraining mit Kindern
Der sichere Ort
Das Schlimmste ist gar nicht so schlimm
Was ich schon alles kann
Jeden Tag eine gute Tat
Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt
Ich bin nicht allein
Das Leben ist schön
Ich bin mutig und neugierig
Viele schöne kleine Dinge
Was die anderen denken
Kapitel 19: Zehn Meilensteine auf dem Weg zu mehr Resilienz
Beziehungen pflegen
Krisen überwinden
Veränderungen akzeptieren
Ziele ansteuern
Aktiv und entschlossen sein
Sich selbst besser kennenlernen
Ein positives Selbstbild pflegen
Nüchtern und sachlich bleiben
Optimistisch sein
Auf sich selbst achten
Kapitel 20: Zehn schnelle Tipps für mehr Resilienz
Probleme akzeptieren
Fakten prüfen
Kopfkino ausschalten
Hilfe suchen
Positiv denken
Netzwerke pflegen
Neugierig sein
Pause machen
Tief durchatmen
Kinder stärken
Abbildungsverzeichnis
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 3
Tabelle 3.1: Kritische Lebensereignisse – eine Rangliste der zwölf stressigsten E...
Kapitel 4
Tabelle 4.1: Checkliste zur Resilienz: Was Sie selbst ändern können
Kapitel 9
Tabelle 9.1: Checkliste Work-Life-Balance
Kapitel 11
Tabelle 11.1: Kinder entsprechend ihrer Persönlichkeit fördern und fordern
Kapitel 13
Tabelle 13.1: Checkliste für den Weg zum Ziel außerhalb der Komfortzone
Tabelle 13.2: Mit der ABC-Technik Ideen generieren
Kapitel 15
Tabelle 15.1: Selbstfürsorge-Ziele und Unterstützer auf dem Weg dorthin
Tabelle 15.2: Selbstfürsorglicher Tagesplan für mehr Resilienz
Kapitel 2
Abbildung 2.1: Das Johari-Fenster stellt die bewussten und unbewussten Persönlich...
Abbildung 2.2: Das Stressmodell nach Lazarus
Kapitel 5
Abbildung 5.1: Aufbau einer Mind Map
Abbildung 5.2: Das Yerkes-Dodson-Gesetz belegt, dass Menschen unter...
Kapitel 7
Abbildung 7.1: Das Eisenhower-Prinzip der Delegation
Kapitel 8
Abbildung 8.1: Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow
Abbildung 8.2: Die vier Seiten einer Botschaft nach Friedemann Schulz von Thun
Cover
Titelblatt
Impressum
Über die Autorin
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Fangen Sie an zu lesen
Abbildungsverzeichnis
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
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Innere Stärke und seelische Widerstandskraft heißen im Fachjargon Resilienz. Dies bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen umgehen zu können. Resiliente Menschen halten auch größte psychische oder physische Belastungen aus, ohne zu zerbrechen. Sie gehen oft sogar gestärkt aus einer Krise oder Katastrophe hervor. Die moderne Resilienzforschung hat gezeigt, dass die seelische Widerstandskraft nur zu einem kleinen Teil ererbt wird. Sie entwickelt sich vielmehr vorwiegend im andauernden Austausch zwischen Individuum und Umwelt und ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess.
Resilienz ist demnach ein Faktor, der in der Kindheit angelegt wird, aber auch im Erwachsenenalter gefördert werden kann. Sich auf seine innere Stärke zu konzentrieren und Kinder so zu erziehen, dass sie resilient durchs Leben gehen, kann man lernen: Anhand von zahlreichen Beispielen aus verschiedenen Lebenslagen und einfach durchzuführenden Übungen zeige ich Ihnen in diesem Buch, wie Sie Ihre innere Stärke kennenlernen und festigen. Resilienz basiert auf sieben Säulen: Optimismus, Akzeptanz, Handlungsfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Lösungsorientierung, Netzwerkpflege und Zukunftsplanung. Diese Säulen bewusst und selbstbestimmt zu stärken, trägt dazu bei, die Wechselfälle des Lebens gelassen zu überstehen und seinen eigenen Weg zu gehen. Schwierige Situationen, Rückschläge, Misserfolge, Krisen und Katastrophen können Sie so künftig besser meistern. Wenn Sie aufmerksam in sich hineinhorchen, werden Sie immer wieder zu Ihren eigenen Ressourcen zurückfinden, auch wenn Sie unter Druck stehen oder sich gestresst fühlen.
Resilienz für Dummies hilft Ihnen, sich ein ganz persönliches Resilienztraining zusammenzustellen, um belastbarer, leistungsfähiger und widerstandskräftiger zu werden. Sie finden in diesem Buch Tipps und Hinweise für unterschiedliche Lebenssituationen und können ganz verschiedene Übungen ausprobieren. Diese Übungen sind leicht zu erlernen und ohne Hilfsmittel durchzuführen. Stellen Sie sich nach Ihren eigenen Bedürfnissen ein Trainingsprogramm zusammen und üben Sie, wann immer Sie Zeit und Ruhe haben.
Da gerade die ersten zehn Lebensjahre eines Menschen seine innere Widerstandskraft erheblich prägen, befasst dieses Buch sich ausführlich mit der resilienzfördernden Kindererziehung. Finden Sie die richtige Mischung für die Förderung und Forderung Ihres Kindes und helfen Sie ihm, sein Potenzial auszuschöpfen, eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung zu entwickeln, tragfähige zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen und an sich zu glauben.
Resilienz ermöglicht es einem Menschen, schwierige Situationen gut zu meistern und von Krisen oder Katastrophen nicht aus der Bahn geworfen zu werden. Zwar ist die innere Widerstandskraft zum Teil angeboren, doch sie kann im Laufe des Lebens immer weiter gestärkt werden. Daher stelle ich Ihnen in diesem Buch zahlreiche Resilienzübungen vor. Eines haben all diese Übungen gemeinsam: Sie beginnen mit einer Fokussierung der Aufmerksamkeit nach innen. Ich lade Sie ein, sich bei diesen Übungen zu versenken und auf sich selbst zu konzentrieren. Hilfreich dafür ist, dem eigenen Atem zu folgen und tief in den Bauch einzuatmen. Wundern Sie sich deshalb nicht, dass die Bauchatmung sehr häufig erwähnt wird – sie befreit Ihren Körper auf ganz natürliche Weise von Anspannung.
Internetadressen sind in Maschinenschrift dargestellt, damit Sie sie leicht erkennen können. Wenn Internetadressen aus Layoutgründen auf zwei Textzeilen verteilt werden mussten, wurden keine zusätzlichen Zeichen (also keine Bindestriche oder Ähnliches) eingefügt. Sie können die Internetadresse so eingeben, wie sie im Buch steht, als wäre der Zeilenumbruch gar nicht vorhanden.
Der besseren Lesbarkeit halber wähle ich bei Berufs- und Personenbezeichnungen oft die männliche Form. Selbstverständlich sind immer alle Geschlechter gemeint.
Sie finden in diesem Buch eine Fülle von Informationen über Resilienz. Die einzelnen Teile des Buches können Sie der Reihe nach lesen oder Sie suchen sich die Kapitel heraus, die für Sie besonders wichtig sind. Jeder Teil enthält alle für das Verständnis notwendigen Informationen, sodass Sie das Buch nicht unbedingt von vorn nach hinten durchlesen müssen. In Textkästen und neben dem Beispielsymbol gibt es weiterführende Informationen oder anschauliche Erläuterungen, die Ihnen zusätzliches Wissen vermitteln – diese Passagen können Sie aber auch überspringen, ohne Wesentliches zu verpassen.
Beim Schreiben des Buches habe ich einige Annahmen über Sie vorausgesetzt, um Ihnen die Informationen zu geben, die Sie wirklich brauchen. Dies sind meine Annahmen:
Ich nehme an, dass Sie schon einige schwierige Situationen in Ihrem Leben überstanden haben.
Ich glaube, dass Sie sich mehr innere Widerstandskraft wünschen, damit Probleme Sie künftig möglichst nicht mehr aus der Bahn werfen können.
Ich gehe davon aus, dass Sie bereit sind, an sich zu arbeiten, um Katastrophen, Rückschläge oder Hindernisse gut zu meistern oder sogar gestärkt daraus hervorzugehen.
Ich nehme an, dass Sie praktische Tipps suchen, wie Sie besser mit Krisen und schwierigen Situationen umgehen können, und dass Sie bereit sind, diese Tipps in Ihrem Alltag auszuprobieren.
Ich glaube, dass Sie für Ihr Resilienztraining nicht unbegrenzt viel Zeit haben, sondern dass Sie sich einfache und rasch umsetzbare Hinweise wünschen, um mehr innere Widerstandskraft zu erreichen.
Resilienz für Dummies ist in sechs Teile eingeteilt, die Ihnen Hinweise für und Informationen über die Stärkung der inneren Widerstandskraft in unterschiedlichen Lebensbereichen und -situationen geben. Hier ein kurzer Überblick über das, was Sie in den einzelnen Teilen dieses Buches finden.
In diesem Teil lernen Sie das Konzept der inneren Widerstandskraft kennen und erfahren etwas über den aktuellen Stand der Resilienzforschung. Ich stelle Ihnen die sieben Säulen der Resilienz sowie die Schutz- und die Risikofaktoren für seelische Stärke vor. Sie erfahren, wie wichtig Selbsterkenntnis ist, wie Sie Ihr Selbstbild mit dem Bild, das andere von Ihnen haben, abgleichen können und was Sie aus diesem Abgleich zwischen Selbst- und Fremdbild lernen. Sie finden in diesem Teil außerdem Resilienzübungen und konkrete Anregungen für einen Resilienztrainingsplan.
In diesem Teil stelle ich Ihnen die wichtigsten Stressfaktoren vor, die Ihre innere Widerstandskraft schwächen können und dazu führen, dass Sie Probleme und Schwierigkeiten weniger gut bewältigen. Sie lernen die inneren Antreiber kennen, die Ihre Glaubenssätze beeinflussen und Ihre Selbstwirksamkeitserwartung prägen. Sie lesen etwas über die Bedeutung des Selbstwerts und erfahren, wie Sie in Ihren verschiedenen Lebensbereichen ganz bewusst an einer Stärkung Ihrer Resilienz arbeiten können. Um Krisen gut zu meistern, sind angemessene Bewältigungsstrategien hilfreich. In diesem Teil lernen Sie verschiedene Strategien kennen, um unterschiedliche äußere Kraftquellen sowie die eigenen inneren Helfer künftig besser zu nutzen.
In diesem Teil stelle ich Ihnen die Bedeutung der inneren Widerstandskraft im beruflichen Zusammenhang vor: Einerseits ist Resilienz wichtig, um die Wechselfälle des Berufslebens gut zu überstehen und den eigenen Weg erfolgreich zu gestalten, andererseits sollte die seelische Stärke nicht dazu genutzt werden, sich selbst oder seine Mitarbeiter auszubeuten und Unmögliches zu verlangen. Um eine gute Balance zwischen Leistungsbereitschaft und Selbstfürsorge zu finden, bedarf es der Frustrationstoleranz sowie einer realistischen Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen. Motivieren, Delegieren und Neinsagen sind drei wichtige Strategien für die Resilienzförderung, die Sie in diesem Teil näher kennenlernen. Darüber hinaus erfahren Sie mehr über die Bedeutung der Kommunikation und lernen erfolgreiches Konfliktmanagement im beruflichen Zusammenhang kennen. Sie finden zahlreiche Resilienzübungen, die Sie in Ihren Berufsalltag einbauen können, damit Sie künftig besser mit Stress umgehen werden. Und Sie können sich mithilfe einer Checkliste einen Trainingsplan zusammenstellen, um Ihre Work-Life-Balance zu verbessern und Ihre Lebensqualität zu erhöhen.
Die innere Widerstandskraft eines Kindes wird geprägt durch zwei große Einflüsse: durch die Vererbung und durch Umweltfaktoren. Schützenden und stärkenden Faktoren stehen bestimmte Risikofaktoren gegenüber. In diesem Teil erfahren Sie, wie Sie die genetische Resilienzausstattung eines Kindes erkennen und was Sie tun können, um seine Resilienz zu fördern. Sie lernen die aktuellen Forschungsergebnisse zur Vererbung kennen, bekommen Tipps für die Resilienzerziehung und Hinweise, wie Sie die Persönlichkeitsentwicklung Ihres Kindes unterstützen können. Ich stelle Ihnen Übungen vor, die Sie gemeinsam mit Kindern oder Jugendlichen durchführen können, um deren innere Widerstandskraft zu stärken. Und Sie lesen in diesem Teil etwas über erfolgreiches Krisenmanagement für Familien.
In diesem Teil lernen Sie die Geheimnisse resilienter Menschen kennen: Eine realistische Selbsteinschätzung, unerschütterlicher Glaube an sich selbst, die Verwirklichung von Träumen und das regelmäßige Verlassen der Komfortzone sorgen dafür, dass die innere Widerstandskraft im Laufe des Lebens wächst und bis zum Lebensende stark bleibt. Sie erfahren in diesem Teil außerdem etwas über die Bedeutung von Kompromissen und das Für und Wider der Routine. Um lebenslang widerstandsfähig zu bleiben und Krisen gut zu überstehen, sollten Sie Ihre inneren Reserven regelmäßig auffüllen und gut für sich sorgen, denn Selbstfürsorge stärkt Ihre Resilienz dauerhaft. Selbstfürsorge ist außerdem die Basis Ihres Engagements für andere Menschen: Wer innere Widerstandskraft hat, kann sich um andere kümmern und ihnen durch schwere Zeiten helfen. Sie bekommen in diesem Teil daher Tipps für die Gestaltung von Pausen und Auszeiten, Anregungen zur Stressreduktion und -bewältigung sowie Hinweise für die Vorbeugung und Behandlung von Burn-out.
Die letzten fünf Kapitel dieses Buches sind vollgepackt mit Tipps und Übungen. Sie finden darin zehn Fakten zu Resilienz, zehn alltagstaugliche Resilienzübungen, zehn Tipps für die Resilienzförderung bei Kindern, zehn Meilensteine auf dem Weg zu mehr Resilienz sowie zehn ultraschnelle Tipps für mehr Resilienz.
Dieses Symbol steht für hilfreiche Tipps und praktische Hinweise für Ihr Resilienztraining.
Dieses Symbol soll Ihre Aufmerksamkeit auf typische Fallen oder Hindernisse in Bezug auf Resilienz lenken.
Der Text neben diesem Symbol liefert Ihnen wichtige Informationen über Resilienz und deren Bedeutung für Ihr Leben.
Neben diesem Symbol finden Sie aktuelle oder besonders wichtige internationale Forschungsergebnisse zum Thema Resilienz.
Hinter diesem Symbol finden Sie eine Resilienzübung, die Sie sofort ausprobieren können.
Neben diesem Symbol steht ein Alltagsbeispiel, das die vorangegangenen Textpassagen konkretisiert. Sie können diesen Abschnitt überspringen, ohne wichtige Informationen zu verpassen.
Wenn Sie sofort ins praktische Resilienztraining einsteigen möchten, beginnen Sie die Lektüre dieses Buches mit Kapitel 3. Sie finden dort rasch umsetzbare Tipps sowie einen Übungsplan für Ihr ganz individuelles Trainingsprogramm und können schon heute beginnen, Schritt für Schritt widerstandsfähiger zu werden. Stehen Sie im Berufsleben vor besonderen Herausforderungen und befürchten, dass mögliche Krisen Sie aus der Bahn werfen könnten, fangen Sie mit Kapitel 9 an. Dort finden Sie Checklisten und Hinweise, die Ihr Arbeitsleben leichter machen und Ihre Work-Life-Balance verbessern können. Erziehen Sie Kinder und möchten deren innere Widerstandskraft stärken, blättern Sie zu Kapitel 11. Hier erfahren Sie, welche Schutzfaktoren Kinder brauchen, um zu starken und selbstbewussten Menschen heranzuwachsen, und wie Sie diese Faktoren fördern. Haben Sie das Gefühl, dass Sie in Routine und Bequemlichkeit versinken, hilft Ihnen Kapitel 13 weiter. Darin lesen Sie, wie Sie Ihre Komfortzone immer wieder ganz bewusst verlassen und neue Impulse in Ihr Leben bringen können. Details über das Zusammenspiel zwischen Selbstfürsorge und Weltfürsorge lesen Sie in Kapitel 15. Möchten Sie einen konkreten Fahrplan für Ihren eigenen Weg hin zu mehr Resilienz, schlagen Sie Kapitel 19 auf. Oder suchen Sie im Inhalts- oder Stichwortverzeichnis nach dem Thema oder der Übung, die Sie am meisten interessieren. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und viel innere Stärke auf Ihrem weiteren Lebensweg!
Teil I
IN DIESEM TEIL …
In diesem Teil lernen Sie das Konzept der inneren Widerstandskraft kennen und erfahren etwas über den aktuellen Stand der Resilienzforschung. Ich stelle Ihnen die sieben Säulen der Resilienz sowie die Schutz- und die Risikofaktoren für seelische Stärke vor. Sie erfahren, wie wichtig Selbsterkenntnis ist, wie Sie Ihr Selbstbild mit dem Bild, das andere von Ihnen haben, abgleichen können und was Sie aus diesem Abgleich zwischen Selbst- und Fremdbild lernen. Sie finden in diesem Teil außerdem Resilienzübungen und erste Anregungen für einen Resilienztrainingsplan.
Die Resilienz eines Menschen entwickelt sich im Laufe des Lebens weiter. In diesem Teil erfahren Sie auch, warum Krisen wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung sind und wie Sie sogar das Scheitern lernen können. Sie werden sehen: Jede überstandene Katastrophe kann dazu beitragen, dass Sie ein bisschen stärker werden.
Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Resilienz als innere Stärke und WiderstandskraftDie eigene Resilienz kennenlernenResilienz lebenslang ausbauen und stärkenKinder stark fürs Leben machenInnere Stärke und seelische Widerstandskraft heißen im Fachjargon Resilienz. Dies bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen umgehen zu können. Resiliente Menschen halten auch größte psychische oder physische Belastungen aus, ohne zu zerbrechen. Sie gehen gestärkt aus einer Krise oder Katastrophe hervor. Warum überstehen manche Menschen schwere Schicksalsschläge, während andere sich schon von kleinen Misserfolgen aus der Bahn werfen lassen? Kann man die seelische Widerstandskraft im Laufe des Lebens stärken oder gar überhaupt erst lernen?
Die moderne Resilienzforschung hat gezeigt, dass die seelische Widerstandskraft nur zu einem kleinen Teil ererbt wird. Sie entwickelt sich vielmehr vorwiegend im andauernden Austausch zwischen Individuum und Umwelt und ist damit ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess. In diesem Kapitel lernen Sie das Konzept der Resilienz kennen und erfahren, wie Sie Ihre Resilienz und die Ihrer Kinder erweitern und lebenslang stärken können.
Arm, blind, verwaist – und trotzdem ein gefeierter Soulmusiker: Ray Charles. Unehelich, vergewaltigt, minderjährig schwanger – und trotzdem die bestbezahlte amerikanische Fernsehmoderatorin: Oprah Winfrey. Vaterlos, mittellos, bildungsfern – und trotzdem deutscher Bundeskanzler: Gerhard Schröder. Solche Biografien zeigen: Auch ganz ohne gute Startchancen und unter schlechtesten Bedingungen können Menschen im Laufe ihres Lebens zur Hochform auflaufen. Solche Menschen bezeichnet man als resilient. Sie müssen sich Krisen, Einschränkungen und Hindernissen stellen, überwinden diese jedoch mit Bravour und machen das Beste aus ihren Möglichkeiten. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass dafür drei Faktoren wesentlich sind:
die Gabe, stolz auf sich zu sein,
stabile emotionale Beziehungen zu anderen Menschen und
die frühe Bewältigung von Leistungsanforderungen.
Wer davon überzeugt ist, schwierige Situationen meistern zu können, kann gelassener und optimistischer durchs Leben gehen als jemand, der sich den Wechselfällen der Welt hilflos ausgesetzt fühlt und Erfolge eher dem Zufall als seinen eigenen Fähigkeiten zuschreibt. Es ist also wesentlich, möglichst früh im Leben schon erfahren zu haben, dass man Einfluss auf den Lauf der Dinge hat. Dies fördert die Selbstwirksamkeitserfahrung und damit die Resilienz.
Menschen mussten sich schon immer mit Katastrophen und Unheil auseinandersetzen. Nur diejenigen, die solche Krisen in Kindheit und Jugend überlebten, konnten sich fortpflanzen – Widerstandskraft ist also zumindest teilweise erblich. Solche genetischen Faktoren spielen jedoch vermutlich für die Resilienz eines Menschen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind die sozialen und psychologischen Faktoren, beispielsweise:
Wie ist ein Mensch in soziale Strukturen eingebunden?
Wie schätzt er seine eigenen Ressourcen ein?
Wie schicksalsgläubig ist er?
Wie viel Kreativität zur Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten steht ihm zur Verfügung?
Neben genetischen, sozialen und psychologischen Ansätzen gibt es noch eine weitere Theorie: die mechanistische, die darauf beruht, dass das menschliche Gehirn belastende oder bedrohliche Situationen entweder als überwältigend beziehungsweise nicht beeinflussbar oder aber als handhabbar bewertet.
Stress entsteht im Kopf: Das Gehirn analysiert jede Situation blitzschnell und stuft diese entweder als angenehm, neutral oder bedrohlich ein. Bei bedrohlichen Situationen erfolgt eine zweite Analyse: Stehen genügend Bewältigungsstrategien zur Verfügung? Falls ja, wird die Situation als handhabbar eingestuft und der Körper schaltet in den Handlungsmodus um. Der dabei entstehende Stress wirkt positiv, also aktivierend, und wird als Eustress bezeichnet. Wird die Situation jedoch als übermächtig bewertet, schaltet der Körper das uralte Kampf-oder-Flucht-Programm ein oder stellt sich tot. Dieser negative Stress heißt Dysstress.
Resiliente Menschen scheinen Krisen überwiegend als beeinflussbar zu bewerten – diese Bewertung läuft unterbewusst in Sekundenschnelle ab und führt dazu, dass sogenannte Coping-Mechanismen in Gang gesetzt werden: Dadurch kann der in eine bedrohliche Situation geratene Mensch, einem Stehaufmännchen gleich, auf Bewältigungsstrategien zurückgreifen, die ihm in der Vergangenheit bereits geholfen haben, oder er kann neue Strategien entwickeln, um sich aus der Bedrohung zu befreien. Die Erfahrung, eine weitere Krise gemeistert zu haben, wird im Gehirn dann auf der Habenseite abgespeichert und hilft, bei nächster Gelegenheit eine andere schwierige Situation ebenfalls als lösbar zu bewerten.
Resilienz ist nicht nur für den einzelnen Menschen wichtig, sondern auch für soziale Systeme, also ganze Gesellschaften oder einzelne Gruppen. Krisen und Katastrophen überrollen Dörfer, Städte, Länder, Kontinente – viele davon vollkommen überraschend. Solche Ereignisse nennt man »X-Events« (extreme Ereignisse) und sie wirken sich zumeist verheerend aus. Die Resilienzforschung hat gezeigt, dass diejenigen sozialen Systeme X-Events am besten überstehen, die über eine große Vielfalt an Wissen, Verhaltensweisen und Fähigkeiten verfügen und in denen sich die beteiligten Menschen vertrauen.
Wenn ein System auf höchstmögliche Effizienz ausgerichtet ist, erweist es sich zumeist als wenig resilient. Widerstandskraft geht jedoch damit einher, dass auch das Scheitern als Möglichkeit mitgedacht wird.
Sowohl Systeme als auch einzelne Menschen streben nach Sicherheit. Sich aber dennoch auf Unsicherheit vorzubereiten, stärkt den Überlebensvorteil – denn es gibt kein Leben ganz ohne Krisen, Katastrophen und Konflikte. Die Resilienzforschung hat darüber hinaus gezeigt, dass Zweifel am Sinn des Lebens oder Fragen nach dem Sinn von Katastrophen die Widerstandskraft von Menschen und Systemen senken. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn Menschen oder soziale Systeme einen Sinn im Leben sehen und Katastrophen als gegeben hinnehmen, sind sie in der Lage, auch die größten Widrigkeiten durchzustehen.
Der Glaube, sein eigenes Schicksal sinnvoll beeinflussen zu können, wird in den ersten zehn Lebensjahren erworben. Aber auch im Laufe des weiteren Lebens kann jeder die Fähigkeit, mit widrigen Umständen gut umzugehen, aufbauen, erweitern und üben.
Die sieben Säulen der Resilienz sind:
Optimismus,
Akzeptanz,
Handlungsfähigkeit,
Verantwortungsbereitschaft,
Lösungsorientierung,
Netzwerkpflege,
Zukunftsplanung.
Resilienz ist keinesfalls eine rosarote Brille, die Schwierigkeiten oder Gefahren ausblendet. Im Gegenteil: Ein realistischer Blick auf die Gegebenheiten ist notwendig, um angemessen planen und handeln zu können.
In diesem Buch stelle ich Ihnen neben den verschiedenen Resilienzkonzepten auch zahlreiche Übungen und Tipps vor, mit denen Sie Ihre Fähigkeit, Krisen und Schwierigkeiten zu meistern, verbessern können. Die sieben Säulen der Resilienz sind dabei ein roter Faden, der sich durch das Resilienzübungsprogramm durchzieht und Ihnen helfen kann, sich Schritt für Schritt zu stärken. Checklisten und konkrete Fragen zu den sieben Säulen dienen dazu, Ihre Ist-Situation zu analysieren und Ziele zu formulieren, die Sie erreichen möchten, um resilienter zu werden und künftig besser mit Stress, Sorgen und Nöten umgehen zu können.
Die Grundeinstellung resilienter Menschen ist optimistisch: Sie sind davon überzeugt, dass alles irgendwann wieder gut oder gar noch besser werden wird – und zwar nicht zuletzt, weil sie selbst die Umstände beeinflussen können. »Ich habe es ganz allein geschafft – nicht, weil ich blind, schwarz oder arm war, sondern weil ich ich bin«, sagte Ray Charles, der blinde Musiker. Resiliente Menschen stellen sich der Realität, blenden negative Dinge nicht aus und verleugnen Krisen nicht. Sie akzeptieren Schwierigkeiten und lassen ihren Gefühlen dabei freien Lauf. Wenn sie traurig sind, weinen sie. Wenn sie einsam sind, suchen sie Kontakt. Wenn sie nicht mehr weiterwissen, bitten sie andere um Hilfe.
Auch resiliente Menschen machen immer wieder die Erfahrung, dass sie etwas nicht schaffen, dass sie scheitern, dass ihnen etwas misslingt. Sie nehmen sich Zeit, um wieder klar denken zu können und neue Kraft zu sammeln. Im Vertrauen auf ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten akzeptieren sie, dass etwas vielleicht nicht so geklappt hat wie gewünscht, obwohl sie sich angestrengt haben – sie sind sich aber sicher, dass wieder bessere Zeiten kommen, in denen sie die Früchte ihrer Anstrengung ernten können.
Wenn Sie in einer Krise stecken und sich hilflos fühlen, akzeptieren Sie Ihre Ängste ohne schlechtes Gewissen. Sorgen Sie dafür, dass Sie sich trotzdem sicher fühlen können, indem Sie Schutz, Hilfe und Unterstützung annehmen. Sie müssen nicht alles allein schaffen, sondern dürfen Schwäche zeigen. Resilienz bedeutet auch, die eigenen Grenzen zu akzeptieren.
Wer sich als Opfer hilflos einer Katastrophe ausgeliefert fühlt, verfällt möglicherweise völlig gelähmt in einen archaischen Totstellreflex. Auch resiliente Menschen kennen das Gefühl der Hilflosigkeit und akzeptieren es einige Zeit. Irgendwann krempeln sie dann jedoch im wörtlichen oder übertragenen Sinne die Ärmel hoch und loten ihren Handlungsspielraum aus. Sie legen die Opferrolle ab, prüfen die ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten, probieren verschiedene Strategien aus und analysieren das Ergebnis ihres Tuns.
Darüber hinaus ist Verantwortungsbereitschaft wichtig: Resiliente Menschen können realistisch einschätzen, wie groß ihr eigener Anteil an einer schwierigen Situation ist und was sie selbst zum Entstehen einer Krise beigetragen haben. Sie haben möglicherweise Schuldgefühle, quälen sich aber nicht mit endlosen Vorwürfen oder fruchtlosen Schuldzuweisungen.
In einer Krise verzweifelt und mutlos zu sein, ist ganz normal. Wer von schlimmen Ereignissen überrollt oder von einem Schicksalsschlag in die Knie gezwungen wird, braucht Zeit, um seine Situation zu akzeptieren. Auch die Frage nach dem Warum und der Wunsch nach einem gerechten Ausgleich sind nachvollziehbare Reaktionen auf eine Katastrophe. Wer jedoch in diesem Zustand der Rat- und Hilflosigkeit verharrt, findet nur schwer einen Weg in die Zukunft. Resiliente Menschen sind in der Lage, die Folgen des Geschehenen für ihr Leben zu analysieren und nach Lösungen für ihre Schwierigkeiten zu suchen. Sie überdenken die ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten, hinterfragen die Folgen der Krise und entscheiden sich für ihren individuellen Weg im Umgang mit schwierigen Situationen. Lösungsorientierung ist immer besser als Problemorientierung: Die eine Haltung ist vorwärts orientiert und ermöglicht Aktivität, die andere ist rückwärtsgerichtet und damit wenig konstruktiv.
Loslassen erhöht die Gelassenheit und führt so zu einer ausgeglichenen, entspannten Gemütsverfassung. Festhalten erhöht hingegen oft den inneren Druck und die Anspannung. Eine gute Mischung aus Anspannung und Entspannung fördert die Gesundheit – Festhalten und Loslassen sollten sich also abwechseln.
Krisen für möglich oder gar für sehr wahrscheinlich zu halten, ist ein weiteres Merkmal von Resilienz: Wer sich nicht darauf verlässt, dass die Sonne immerzu scheinen und das Leben stets einfach und bequem sein wird, kann sich besser auf Schwierigkeiten vorbereiten. Resiliente Menschen sind Meister im Loslassen: Sie nehmen sowohl das Gute als auch das Schlechte hin, klammern sich an nichts fest und akzeptieren die Wechselfälle des Lebens so, wie sie eben sind. Resilienz besteht unter anderem auch darin, die Zukunft realistisch zu planen und sich auf Krisen so gut wie möglich vorzubereiten.
Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wer seine Sorgen und Nöte mit anderen teilt, entlastet sich ein wenig und sichert sich gleichzeitig die Unterstützung seiner Mitmenschen. Resiliente Menschen schaffen es, anderen Menschen mitzuteilen, welche Hilfe sie brauchen – sie bitten konkret um Rat und Tat. Netzwerkpflege ist ein ständiges Geben und Nehmen. Die Rollen des Helfenden und des Hilfesuchenden wechseln sich ab. Wer Kraft in sein Netzwerk investiert und sich um andere kümmert, wird in Krisenzeiten nicht alleinstehen.
Stabile soziale Beziehungen halten gesund: Wer enge Bindungen pflegt, hat eine höhere Lebenserwartung, ein stärkeres Immunsystem und weniger Depressionen. Fehlender sozialer Rückhalt erwies sich in wissenschaftlichen Untersuchungen hingegen als genauso schädlich wie das Rauchen von 15 Zigaretten pro Tag.
Resiliente Menschen können gut unterscheiden, wer ihnen wirklich hilft, weil er empathisch und zugewandt ist – und wer nur daran interessiert ist, aus einer Beziehung Profit zu ziehen. Von solchen Menschen verabschieden widerstandsfähige Persönlichkeiten sich rasch, wenn es gilt, eine Krise durchzustehen. Denn hohle Worte oder leere Versprechungen kosten nur weitere Kraft, weil sie enttäuschend und frustrierend sind.
Viele Menschen leben ihr Leben, ohne regelmäßig oder gar intensiv über sich nachzudenken. Solange alles in geordneten Bahnen läuft, stellen sie sich, ihre Ziele und ihre Handlungsweisen nicht infrage, sondern bewältigen ihren Alltag und seine Herausforderungen, so gut sie können. Wenn etwas schiefläuft, denken sie – je nach Persönlichkeitsstruktur – entweder »Beim nächsten Mal klappt es ganz sicher wieder« (Optimist), »Immer misslingt mir alles« (Pessimist) oder »Jetzt ist es schiefgegangen, aber vielleicht geht es bald wieder besser« (Realist). Wenn jedoch eine richtige Krise über die Menschen hereinbricht, zieht es unabhängig von der Persönlichkeitsstruktur manchen den Boden unter den Füßen weg, während andere hinfallen, aufstehen, sich im übertragenen Sinne den Staub abklopfen und weitermachen. Zu welcher Gruppe gehören Sie: Sind Sie ein Stehaufmännchen oder wirft eine Krise Sie aus der Bahn?
Wenn Sie immer wieder im Leben die Erfahrung gemacht haben, dass schwierige Situationen, Stress oder Katastrophen Sie lähmen, handlungsunfähig machen oder an sich selbst zweifeln lassen, könnte es sinnvoll sein, dass Sie Ihre Ressourcen besser kennenlernen und Ihre Resilienz stärken. Haben Sie hingegen festgestellt, dass Krisen Ihnen wenig ausmachen und Sie vielleicht sogar gestärkt daraus hervorgehen, dann ist Ihre Resilienz vermutlich bereits gut ausgeprägt und Sie können anderen Menschen als Vorbild dienen oder zur Seite stehen. So oder so, die Analyse der eigenen Ressourcen und die Selbstreflexion sind immer hilfreich und helfen dabei, die eigene Position in der Welt zu verstehen und möglicherweise auch zu ändern.
Selbstwert ist einer der Schlüsselfaktoren für die Resilienz. Worauf sind Sie stolz? Beantworten Sie sich ganz in Ruhe folgende Fragen:
Was mögen Sie an sich besonders gern? Schreiben Sie fünf oder mehr Punkte dazu auf.
Was können Sie besonders gut? Notieren Sie mindestens fünf Dinge.
Was sagen die Menschen, die Ihnen wichtig sind, über Sie? Bestimmt fallen Ihnen fünf positive Aussagen ein.
Wenn Sie sich einem fremden Menschen beschreiben müssten, welche fünf Adjektive würden Sie benutzen?
Schauen Sie sich Ihre Listen an – was löst es bei Ihnen aus, etwas Gutes über sich selbst zu denken und zu lesen? Können Sie stolz auf sich sein und diesen Stolz zulassen? Resiliente Menschen haben ein stabiles Selbstwertgefühl und finden sich selbst liebenswert. Sie schauen nicht unkritisch auf sich, sondern sehen ihre Stärken und positiven Eigenschaften mit großer Wertschätzung. Wenn sie etwas geschafft haben, sind sie mit sich sehr zufrieden und können dies auch zum Ausdruck bringen.
Beobachten Sie Kinder einmal dabei, wie sie neue Fertigkeiten erlernen und sich dann an ihrem Erfolg freuen: Ein Kind strahlt über das ganze Gesicht, wenn es zum ersten Mal geschafft hat, eine Türklinke herunterzudrücken. Es klatscht vor Freude in die Hände, wenn es einen Turm aus Bauklötzen gebaut hat, der nicht umkippt. Und es möchte, dass seine Eltern Anteil daran nehmen, wenn es etwas Neues gelernt hat: »Schau mal, was ich kann!« Versuchen Sie, sich an Ihrem nächsten kleinen oder großen Erfolg wie ein Kind zu freuen. Wie fühlt sich das an? Können Sie Ihren Stolz genießen?
Wenn Sie Ihre Resilienz vergrößern möchten, halten Sie regelmäßig inne und überlegen sich, worauf Sie bei sich selbst stolz sind. Konzentrieren Sie sich nicht auf materiellen Besitz, sondern richten Sie Ihr Augenmerk auf Ihren inneren Reichtum. Jeder Mensch hat innere Werte – erkennen Sie Ihre Stärken und erfreuen Sie sich daran. In diesem Buch stelle ich Ihnen zahlreiche Übungen vor, mit denen Sie Ihr Selbstwertgefühl stabilisieren können.
Resiliente Menschen verfügen über ein sicheres soziales Netz. Sie sind bindungswillig und -fähig, pflegen Beziehungen zu anderen Menschen und suchen sich in Zeiten der Not Unterstützung und Beistand. Wie steht es um Ihre emotionalen Bindungen? Stellen Sie sich dazu ein paar Fragen:
Wenn Sie nachts um drei Uhr dringend mit einem vertrauten Menschen reden müssten, um nicht zu verzweifeln, wen würden Sie anrufen? Vielleicht fallen Ihnen eine, zwei oder sogar drei Personen ein, die Sie aus dem Bett werfen dürfen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
Falls Sie diskreten Rat in einer heiklen Situation bräuchten, wen würden Sie fragen? Notieren Sie die Person(en).
Welche Ihrer Freunde und Verwandten gratulieren Ihnen zuverlässig jedes Jahr zum Geburtstag? Schreiben Sie auf, wer das ist.
Wem würden Sie Ihr letztes Hemd schenken? Und wen würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Prüfen Sie, ob Sie auf beide Fragen dieselbe Person nennen oder ob Ihnen zwei Menschen einfallen.
Zwischenmenschliche Beziehungen brauchen mindestens genauso viel Pflege wie Ihre Karriere, die Wohnung, das Auto, ein Hobby oder Ihr Garten. Die Kraft, die Sie in andere Menschen investieren, bekommen Sie im Laufe der Zeit doppelt und dreifach zurück – wenn es Ihnen nicht gut geht, wenn Sie von einem Schicksalsschlag getroffen oder von einer Katastrophe überrollt werden, trennt sich in Ihrem sozialen Umfeld die Spreu vom Weizen. Diejenigen Menschen, denen Sie wichtig sind und um die Sie sich beständig gekümmert haben, werden Ihnen verlässlich zur Seite stehen und Ihnen unaufgefordert oder auf Ihre Bitte hin sicherlich helfen. Menschen, zu denen Sie nur eine oberflächliche, unverbindliche Beziehung haben, ziehen sich in schlechten Zeiten zurück und überlassen Sie Ihrem Schicksal.
In den nächsten Kapiteln finden Sie Tipps, wie Sie Ihr soziales Netz knüpfen, pflegen und vergrößern können, denn stabile emotionale Beziehungen sind ein Grundpfeiler der Resilienz. Wenn Sie Menschen haben, denen Sie blind vertrauen können, sind Sie auch in der Lage, Notzeiten durchzustehen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen.
Wer schon früh im Leben die Möglichkeit hatte, zu erfahren, dass er etwas leisten, Dinge bewegen und Ziele erreichen kann, dessen Resilienz ist erfahrungsgemäß groß. Und auch im Laufe des Lebens ist es wichtig, immer wieder zu spüren, dass man Einfluss auf die Welt hat – im Kleinen wie im Großen. Fragen Sie sich:
Welche Aufgaben haben Sie im Alter von vier bis zehn Jahren in Ihrer Familie übernommen? Erinnern Sie sich an etwas, das zuerst schwierig war, Ihnen dann aber gut gelungen ist?
Gibt es eine Situation in Ihrer Kindheit oder Jugend, in der Sie eigentlich dachten, dass Sie dafür noch zu klein oder zu schwach sind, die Sie dann aber erfolgreich gemeistert haben?
Auf welche Leistung waren Sie in Ihrer Schulzeit besonders stolz?
Welches Ziel haben Sie in der Pubertät erreicht, obwohl alle dachten, Sie schaffen es nicht?
Mit welcher Leistung identifizieren Sie sich in Ihren einzelnen Lebensjahrzehnten besonders?
Vielleicht sind Sie nun ganz erstaunt schwarz auf weiß lesen zu können, was Sie in Ihrem Leben schon alles geleistet und welche Ziele Sie erreicht haben – die eigene Leistungsfähigkeit steht bei vielen Menschen nicht im Fokus ihrer Aufmerksamkeit. Viele halten es entweder für selbstverständlich oder für nicht der Rede wert, dass sie viel leisten. In diesem Buch erläutere ich Ihnen, warum es wichtig ist, die eigene Leistungsfähigkeit richtig einzuschätzen und stolz auf das zu sein, was Sie erreichen. Sie fördern Ihre Resilienz, wenn Sie sich Ihr eigenes Denken und Handeln bewusst machen und wertschätzen, was Sie leisten können.
Die Resilienzforschung zeigt, dass der Grundstein für innere Widerstandskraft zwar in der Kindheit gelegt wird, dass man aber sein ganzes Leben lang die eigene innere Stärke ausbauen kann. Auch diejenigen, denen nur wenige resilienzfördernde Faktoren in die Wiege gelegt wurden, sind in der Lage, sich selbst widerstandsfähiger zu machen und krisentauglich zu werden beziehungsweise zu bleiben. Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen, Ihre aktuelle Resilienz einzuschätzen und sie stetig zu erweitern. Mit zahlreichen Übungen und Checklisten unterstütze ich Sie dabei, sich ein Trainingsprogramm für mehr innere Kraft zusammenzustellen.
Weg vom Problem, hin zur Lösung – dieser Grundsatz zeichnet die Positive Psychologie aus. Hierbei wird nicht mehr auf Defizite, Schwächen, Fehler oder Versäumnisse geschaut, sondern der Blick richtet sich nach vorn: Welche Lösungswege gibt es, welche Ressourcen stehen einem Menschen zur Verfügung, wie kann er sich selbst helfen, wo kann er Unterstützung einfordern? Sie können diese Haltung problemlos in Ihren Alltag übernehmen. Denken Sie künftig bei Herausforderungen an deren Bewältigung, statt darüber zu grübeln, warum es wieder einmal Sie getroffen hat, wieso das Schicksal es ausgerechnet mit Ihnen so schlecht meint, welchen Sinn die Krise hat oder dass es ja eigentlich von vornherein klar war, dass Ihnen alles misslingt. In diesem Buch finden Sie Tipps für das lösungsorientierte Denken, das Ihre Resilienz stärken kann.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen großen Scheinwerfer – wie er zum Beispiel bei den Dreharbeiten zu einem Film benutzt wird. Wenn Sie in eine schwierige Situation geraten, können Sie mit dem Scheinwerfer entweder in die Ecke leuchten, aus der die Bedrohung kommt. Oder Sie schwenken den Scheinwerfer in die Ecke, in der sich der Notausgang befindet, und beleuchten Ihren Ausweg. Oft ist es durchaus sinnvoll, erst einmal das Problem auszuleuchten. Vergessen Sie dann aber nicht, den Lösungsweg recht bald ins Licht zu rücken.
Resiliente Menschen erkennen sowohl ihren eigenen Anteil an Krisen als auch ihre Handlungsmöglichkeiten, um Krisen zu überwinden. Es fördert die Resilienz, sich nicht hilflos dem Schicksal ausgeliefert zu fühlen, sondern Verantwortung für das eigene Schicksal zu übernehmen. Probieren Sie das im Alltag einmal aus: Wenn Sie den Impuls spüren, andere Menschen für Ihre Probleme verantwortlich zu machen, stellen Sie sich vor Ihrem inneren Auge ein großes rotes Stoppschild vor. Halten Sie inne und fragen Sie sich, was Sie selbst dazu beigetragen haben, dass es zu diesem Problem kam. Vielleicht haben Sie etwas missverstanden? Vielleicht haben Sie sich missverständlich ausgedrückt? Vielleicht haben Sie etwas von anderen Menschen erwartet, wovon diese gar nichts ahnten? Richten Sie dann den Blick auf Ihre Eigenverantwortung: Was können Sie tun, um das Problem zu lösen? Welche Auswirkungen hat das Problem auf Ihre aktuelle Situation? Wie können Sie in Zukunft ähnliche Probleme vermeiden?
Es kann zunächst unbequem, lästig oder gar bedrohlich sein, die Verantwortung nicht auf andere zu schieben, sondern selbst zu schultern. Doch es lohnt sich: Wenn Sie sich immer wieder bewusst machen, dass Sie in Ihrem Leben am Steuerrad stehen und Ihr Schiff durch Stürme und hohe Wellen lenken, werden Sie zunehmend resilienter. Sie spüren Ihre Selbstwirksamkeit immer deutlicher und können Ihre Kräfte und Fähigkeiten besser einschätzen und zielgerichteter einsetzen. In den nächsten Kapiteln unterstütze ich Sie mit Übungen und Reflexionen dabei, Ihre Eigenverantwortung zu erkennen und Freude daran zu entwickeln, Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
»Wer nach dem Sinn des Lebens fragt, hat ihn längst verloren« – dieser Kalenderspruch enthält viel Wahrheit, denn ohne Verlorenheit würde sich die Sinnfrage nicht stellen. Resiliente Menschen sind zumeist davon überzeugt, dass das Leben einen Sinn hat, auch wenn sie diesen Sinn nicht immer erkennen können oder (noch) nicht verstanden haben. Sie akzeptieren das Leben so, wie es ist, und verlieren sich nicht in quälenden oder lähmenden Gedankenkreisen. Den Sinn des eigenen Handelns zu hinterfragen, ist hingegen eine andere Sache: Selbstreflexion trägt erheblich zur Resilienz bei.
Krisen und Schwierigkeiten gehören zum Leben dazu. Wenn alles glatt läuft, werden Menschen manchmal träge und unaufmerksam. Es ist wenig hilfreich, den Sinn des Lebens grundsätzlich infrage zu stellen, weil eine Katastrophe passiert. Auch die Frage »Warum ich?« bringt Sie nicht wirklich weiter. Die sinnvollere Haltung schwierigen Herausforderungen gegenüber ist vielmehr eine Haltung der Akzeptanz: »Es ist so, wie es ist – und ich werde versuchen, das Beste daraus zu machen.«
»Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie«, sagte der Philosoph Friedrich Nietzsche. Der Holocaust-Überlebende und Psychotherapeut Viktor Frankl ergänzte dies noch: »Das Wissen um eine Lebensaufgabe hat einen eminenten psychotherapeutischen und psychohygienischen Wert.«
In diesem Buch finden Sie viele Übungen, die Ihnen dabei helfen können, Ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und aus den alltäglichen Gegebenheiten das Beste zu machen. Sie können Ihre Resilienz trainieren, indem Sie Ihrem Leben Sinn geben – immer wieder aufs Neue, auch wenn Sie oft genug mit vermeintlichem Unsinn zu tun haben.
Kein Leben ohne Krisen, kein Fortschritt ohne Rückschläge: Seit Menschen die Erde bevölkern, müssen sie Naturkatastrophen, Hungersnöte, Kriege und Schicksalsschläge ertragen und überwinden. Manche Menschen zerbrechen an schlimmen Erfahrungen, an manchen gehen Krisen spurlos vorüber, andere wachsen sogar daran. Wer gestärkt aus schwierigen Situationen hervorgeht, wird als resilient oder widerstandsfähig bezeichnet. Dabei steht nicht im Vordergrund, wie kämpferisch jemand ist. Eine wichtige Fähigkeit resilienter Menschen besteht vielmehr darin, sicher unterscheiden zu können, wann es sich zu kämpfen lohnt und wann man sich lieber seinem Schicksal fügen sollte. Wenn ein resilienter Mensch spürt, dass Kampf angesagt ist und sich lohnt, aktiviert er seine Ressourcen und läuft zur Hochform auf. Wenn er jedoch absehen kann, dass der Kampf mit größter Wahrscheinlichkeit verloren gehen wird, gibt er auf und akzeptiert das Unausweichliche. Dieses Aufgeben ist kein Scheitern, sondern in manchen Fällen genau der richtige Weg, um nicht kaputtzugehen.
Wenn das Leben immer nur ruhig und gleichmäßig, stressfrei und bequem verläuft, geschieht nichts Neues. Viele wichtige Veränderungen gehen auf Krisen zurück: Revolutionen, Kriege und wirtschaftliche Zusammenbrüche führen oft zu einer politischen oder sozialen Erneuerung der Gesellschaft. Naturkatastrophen spornen den Forschergeist an und Seuchenausbrüche fördern die medizinische Entwicklung. Vergleichbares gilt auch für persönliche Krisen: Sie können bewirken, dass ein Mensch noch einmal ganz von vorn anfängt, sich neu erfindet, einen anderen Weg einschlägt, etwas Ungeahntes über sich selbst lernt.
Das chinesische Schriftzeichen für »Krise« (wei-ji) besteht aus zwei Teilen: »wei« bedeutet Gefahr und »ji« bedeutet Chance. Denn jede Krise ist zwar eine Gefahr, bietet aber auch die Chance, über sich hinauszuwachsen.
Nehmen Sie sich ein bisschen Zeit und schauen Sie sich Ihren bisherigen Lebensweg in Ruhe an:
Wie oft waren Sie im Leben schon an einem Tiefpunkt und haben sich dann wieder aufgerappelt? Wer oder was hat Ihnen auf dem Weg aus dem Tief herausgeholfen?
Was ist Ihnen misslungen, woran sind Sie gescheitert? Mit welchen Mitteln haben Sie den Misserfolg, das Scheitern überwunden?
In welchen Momenten waren Sie verzweifelt, verängstigt oder haben sich verloren gefühlt? Wodurch hat sich Ihre Stimmung wieder verbessert, wer oder was hat Ihnen Sicherheit und Mut gegeben?
Welche Probleme erschienen Ihnen zunächst unüberwindlich, erwiesen sich dann aber als lösbar? Was haben Sie daraus gelernt?
Vielleicht erkennen Sie durch diese Reflexion bereits Ihr persönliches Muster: Sind Sie resilient, also nach jeder Krise stärker als zuvor? Dann können Sie Ihre bereits vorhandenen Ressourcen weiter ausbauen und sich durch Resilienzübungen noch widerstandsfähiger machen. Oder verfügen Sie über wenig innere Widerstandskraft und lassen sich von schwierigen Situationen erdrücken? Dann finden Sie in diesem Buch zahlreiche Beispiele, Tipps und Tricks, um Ihre Resilienz zu schulen und innerlich stärker zu werden.
Aus Ihren Antworten auf die Fragen im vorherigen Abschnitt können Sie Ihre persönlichen Schutzfaktoren ableiten:
Ihr soziales Netz, also die Menschen, die Sie auf Ihrem Weg begleiten, die Ihnen helfen, Ihnen zur Seite stehen und für Sie da sind;
Ihren Selbstwert, also das Wissen um Ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Ressourcen, sowie die Wertschätzung dessen, was Sie können und sind;
Ihre Grundhaltung, also die Einstellung, mit der Sie Krisen und schwierigen Situationen begegnen;
Ihre Lösungsorientierung, also die Fähigkeit, nach vorn zu schauen und Probleme aktiv anzugehen;
Ihre Selbstwirksamkeitserwartung, also Ihr Glaube an sich selbst.
Dieses Buch kann Ihnen dabei helfen herauszufinden, welche Rolle die einzelnen Schutzfaktoren in Ihrem Leben spielen und wie Sie sie stärken können. Ein wichtiger Schutzfaktor, der vor dem Zusammenbruch in Krisen und Katastrophen schützt, ist der Humor: Resiliente Menschen bewahren sich auch in schweren Zeiten den Blick für die lustigen oder skurrilen Momente, nehmen nicht alles ganz so ernst, haben eine distanzierte Haltung und schauen mit einem Augenzwinkern auf die sich ihnen stellenden Herausforderungen.
Wenn Sie in einer schwierigen Situation das Gefühl haben, überhaupt nicht mehr lachen zu können, probieren Sie eine Übung aus dem Lachyoga aus: Atmen Sie einige Male tief ein und aus, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen und fangen Sie dann ganz leise an zu kichern – ganz ohne Grund. Steigern Sie sich vom Kichern zum herzhaften Lachen. Dämpfen Sie dann die Lautstärke wieder und beenden Sie die Übung mit einem lustigen Kichern bei geschlossenen Lippen. Atmen Sie anschließend noch ein paar Mal ein und aus und kehren Sie dann mit Ihrer Aufmerksamkeit zurück nach außen. Auch wenn Sie überhaupt keinen Grund zum Lachen hatten, wird die Lachübung Ihnen ein gutes Gefühl vermitteln, denn Ihr Körper kann nicht unterscheiden zwischen dem Lachen über einen Witz und dem Lachen ohne Grund. Die Wirkung ist immer dieselbe: Glückshormone