Resilienzförderung in Krippe und Kindertagespflege - Silke Kaiser - E-Book

Resilienzförderung in Krippe und Kindertagespflege E-Book

Silke Kaiser

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Beschreibung

Kinder für das Leben zu stärken und deren seelische Widerstandskraft (Resilienz) zu fördern ist Thema des vorliegenden Buches. Dazu werden Grundlagen der Resilienzforschung vorgestellt und konkrete Möglichkeiten aufgezeigt, wie alltagsintegrierte Förderung von Lebenskompetenzen und Resilienz in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege mit dem Schwerpunkt der Unter-Drei-Jährigen praxisnah gestaltet werden kann. Pädagogisch Tätige werden durch Beispiele und Reflexionsfragen angeregt, in der Interaktion mit den (jungen) Kindern passgenaues, praktikables und individuell umsetzbares pädagogisches Handeln zur Resilienzförderung umzusetzen. Materialien wie Kopiervorlagen runden das Buch ab.

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Die Autorin, der Autor

Prof.in Dr.in Silke Kaiser hat eine Professur für Pädagogik der Kindheit an der Evangelischen Hochschule Freiburg.

Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff war an der Evangelischen Hochschule Freiburg Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie.

Silke Kaiser, Klaus Fröhlich-Gildhoff

Resilienzförderung in Krippe und Kindertagespflege

Ein Praxisbuch für Fachkräfte

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-038800-0

E-Book-Formate:

pdf:           ISBN 978-3-17-038801-7

epub:        ISBN 978-3-17-038802-4

Inhaltsverzeichnis

 

 

1         Einleitung

2         Seelische Gesundheit und Lebenskompetenzen

3         Resilienz – Definitionen

3.1      Resilienz – verwandte Theorien, Konzepte und Studien

3.2      Risiko- und Schutzfaktoren

3.3      Resilienzfaktoren

4         Was brauchen Unter-Dreijährige für eine gesunde Entwicklung?

4.1      Rahmung: Kinderrechte und ethische Grundlagen pädagogischer Beziehungsgestaltung

4.2      Der Kreislauf professionellen pädagogischen Handelns

4.3      Seelische Grundbedürfnisse

4.3.1   Bindung

4.3.2   Exploration und Weltaneignung (Autonomie)

4.3.3   Selbstwerterhöhung, Selbstwertschutz

4.3.4   Kompetenz und Selbstwirksamkeit, Orientierung und Kontrolle

4.3.5   Lustgewinn/Unlustvermeidung

4.4      Entwicklungsaufgaben und Entwicklungsthemen

4.4.1   Kognitive Entwicklung

4.4.2   Emotionale Entwicklung

4.4.3   Soziale Entwicklung

5         Gestaltung gelingender Interaktionen mit Kindern unter 3 Jahren zum Auf- und Ausbau positiver Beziehungen

6         Alltagsintegrierte Förderung der seelischen Gesundheit/Resilienz

6.1      Selbst- und Fremdwahrnehmung

6.2      Selbstregulation

6.3      Selbstwirksamkeit

6.4      Soziale Kompetenz

6.5      Problemlösefähigkeiten

6.6      Aktive Bewältigungskompetenz/Umgang mit Stress

6.7      Weitere Schutzfaktoren

7         Alltagsintegrierte Resilienzförderung auf individueller Ebene: Professionelles Handeln in einer konkreten Dilemmasituation anhand eines Fallbeispiels

8         Praxis konkret: Alltagsintegrierte Resilienzförderung auf Gruppenebene in Schlüsselsituationen anhand der Resilienzfaktoren

8.1      Mahlzeiten

8.2      Pflege

8.3      Freispiel

8.4      Stärkende Lieder, Fingerspiele, Kniereiter, Rhythmen und Reime

9         Kompetenzen der pädagogischen Fachkräfte im Hinblick auf Resilienzförderung

10      Rahmenbedingungen und Vernetzung im Sozialraum

11      Kinder stärken in Zeiten der Corona-Krise. Worauf es ankommt

12      Literaturverzeichnis

13      Anhang

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zur eigenen Selbstwahrnehmung

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zur Reflexion der eigenen Selbstregulation

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zur Selbstwirksamkeit

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zur Sozialen Kompetenz

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zu Problemlösefähigkeiten

Reflexionsfragen für pädagogische Fachkräfte zur aktiven Stressbewältigungskompetenz

Checkliste Reflexion individuelle Resilienzförderung im Team (oder einzelne Fachkraft)

Liste mit Liedern, Fingerspielen, Geschichten, Büchern zur Förderung der Resilienzfaktoren

1

Einleitung

 

 

Wie Kindern ein seelisch gesundes Aufwachsen in Wohlbefinden von Anfang an ermöglicht werden kann, ist Thema dieses Buches. Angesichts zahlreicher Widrigkeiten, denen Kinder – auch in Deutschland – im Zuge des Aufwachsens möglicherweise begegnen, stellt sich die Frage, wie dies gelingen kann. Aktuell sieht sich die Menschheit konfrontiert mit einer Pandemie globalen Ausmaßes, die Menschen aus der ganzen Welt in ihren Bewältigungsfähigkeiten herausfordert – sowohl auf körperlicher als auch auf seelischer Ebene. So legt das Bundesministerium für Bildung und Forschung aktuell ein »Aktionsprogramm Aufholen nach Corona« auf, durch das die Folgen der Pandemie aufgefangen werden sollen. Es wird festgestellt, dass es zur »Bewältigung der Krisenfolgen … notwendig [ist], Kinder und Jugendliche in ihren sozialen Kompetenzen zu stärken« (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2021).

Wie können die sozial-emotionalen Kompetenzen von Kindern im pädagogischen Alltag gestärkt werden? Welche Faktoren können hilfreich sein? Wie kann – auch angesichts vielfältiger möglicherweise auftretender Krisen im Lebenslauf (Pandemie, Trennung, Scheidung, chronische Krankheit usw.) – darüber hinaus die seelische Widerstandskraft von Kindern – deren Resilienz – allgemein aufgebaut und gefördert werden? Diesen Fragen wird im vorliegenden Buch nachgegangen.

Grundlage ist eine Dissertation, in deren Rahmen (gefördert durch die Stiftung Kinderland Baden-Württemberg) ein Weiterbildungsprogramm für pädagogische Fachkräfte entwickelt wurde, um diese zu befähigen, alltagsintegriert die seelische Widerstandskraft (Resilienz) von Kleinkindern zu fördern. Das vorliegende Buch spricht nicht nur pädagogische Fachkräfte aus Kinderkrippen an, sondern ebenso Fachkräfte aus der Kindertagespflege. Auch in den bisweilen als Ein-Personen-Betrieb arbeitenden Kindertagespflegestellen kann die seelische Gesundheit der Kinder gut gefördert werden.

Seit August 2013 besteht ein Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kindertagesbetreuung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Aktuell werden in Deutschland 829.200 Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege gebildet, betreut und erzogen. Das ist mehr als ein Drittel der Unter-Dreijährigen (35,0 %), bei steigender Tendenz. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen zeigt sich, dass die Unter-Einjährigen nur zu einem sehr geringen Teil vertreten sind (1,8 %), mehr als ein Drittel der Einjährigen (37,5 %) und mit 64,5 % fast zwei Drittel der zweijährigen Kinder (Statistisches Bundesamt, 2020).

Im Zuge der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern soll verstärkt die Gesundheit der Kinder gefördert werden: Auf nationaler Ebene weist das nationale Gesundheitsziel »Gesund aufwachsen« mit den Schwerpunkten Lebenskompetenz, Bewegung und Ernährung darauf hin. Dabei umfassen die »Lebenskompetenzen« die Aspekte Selbstwahrnehmung, Empathie, kritisches/kreatives Denken, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit, die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen, sowie Emotions- und Stressbewältigungsfähigkeiten. Diesem Konzept gesundheitsbezogener Lebenskompetenzen wird der Resilienzansatz zugeordnet.

Die Bildungspläne der Bundesländer verweisen – teilweise direkt, teilweise indirekt – auf die Notwendigkeit der Förderung grundlegender Basiskompetenzen der Krippen- und Kitakinder. So differenziert bspw. der Bildungs- und Erziehungsplan aus Bayern (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, 2012) als Basiskompetenzen personale Kompetenzen wie Selbstwahrnehmung, motivationale, kognitive und physische Kompetenzen, Kompetenzen im sozialen Kontext wie Sozialkompetenz, Wertebildung und Verantwortungsübernahme sowie demokratische Teilhabe, Lernkompetenzen und den kompetenten Umgang mit Veränderungen und Belastungen (Resilienz).

Dabei sollte mit der Förderung seelischer Gesundheit von Kindern so früh wie möglich begonnen werden (Hohm et al., 2017; Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff, 2015; Wustmann-Seiler, 2012). Die Kindertageseinrichtung bietet hierbei ein geeignetes Setting, um die seelische Gesundheit von Kindern zu fördern (Geene, Kliche & Borkowski, 2015). Allerdings existieren für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen häufig erst Anregungen zur Resilienzförderung für die Arbeit mit Kindern ab drei Jahren. Zudem liegen diese fast immer in Programmform vor (z. B. Prävention und Resilienzförderung in Kindertageseinrichtungen – PRiK von Fröhlich-Gildhoff, Dörner & Rönnau-Böse, 2021). Im Hinblick auf Kinder unter drei Jahren ist es weniger ratsam, mittels Programmen vorzugehen. Denn der Entwicklungsstand von Kindern unter drei Jahren lässt häufig noch nicht zu, sich zu fest vorgegebenen Terminen in der Woche für eine längere Zeitspanne auf ein konkretes Thema einzulassen. So schwankt beispielsweise die Aufmerksamkeitsspanne bei Kindern unter drei Jahren beträchtlich: erst ab etwa zwei Jahren sind Kinder zu längeren Aufmerksamkeitsspannen in der Lage, wobei es hier große Unterschiede zwischen den einzelnen Kindern gibt (Pauen & Vonderlin, 2007). Stattdessen erweist sich für Kinder unter drei Jahren der Weg der Resilienzförderung im pädagogischen Alltag als geeigneter. Die Förderung von Resilienz im pädagogischen Alltag (»alltagsintegrierte Resilienzförderung«) bietet den Vorteil, dass nicht extra eine feste Zeit in der Wochenstruktur eingeplant werden muss wie beim programmatischen Vorgehen oder dass jeweils eine kleine Kindergruppe von einem eigens zur Verfügung stehenden Team an Pädagog*innen für die Resilienzförderung aus der Gruppe genommen werden muss. Die alltagsintegrierte Resilienzförderung setzt ganz konkret in allen alltäglich stattfindenden pädagogischen Situationen an. Somit geht es nicht darum, dass Pädagog*innen etwas zusätzlich oder etwas Besonderes machen, sondern das ohnehin stattfindende interaktionelle Geschehen unter dem Aspekt der Resilienzförderung gestalten. Wie dies unter Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen Besonderheiten und basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen bei Unter-Dreijährigen geschehen kann, ist Gegenstand dieses Buches.

Die seit dem Frühjahr 2020 herrschende Corona-Pandemie stellte und stellt Kindertageseinrichtungen, Eltern und Kinder vor besondere Herausforderungen. Geschlossene Kindertageseinrichtungen, Eltern unter Doppelbelastung, Notgruppen, weniger Sozialkontakte der Kinder untereinander, Masken tragende Erwachsene, deren Mimik für die Kinder somit weniger zu erkennen war und ist, Sorgen und Ängste der Erwachsenen, die von den Kindern durchaus wahrgenommen werden, geschlossene Spielplätze und vieles mehr musste im vergangenen Jahr bewältigt werden. Solche unvorhergesehenen Veränderungen können als kritisches Lebensereignis psychische Probleme hervorrufen (Ravens-Sieberer et al., 2020). Besonders belastet waren dabei Kinder mit Migrationshintergrund, aus Elternhäusern mit niedrigerem Bildungsstand sowie aus beengten Wohnverhältnissen (ebd.).

In dem Bewusstsein, wie schwierig es unter heutigen Bedingungen für Fachkräfte ist, ihre Kraft einzuteilen trotz herausfordernder struktureller Bedingungen wie beispielsweise Fachkräftemangel, ungünstiger Fachkraft-Kind-Relation, ungünstiger Räumlichkeiten, hoher Anforderungen hinsichtlich Dokumentation wird die Notwendigkeit betont, auf eine gute Beziehung zu allen Kindern Wert zu legen und jedes einzelne Kind in der Entwicklung seiner Fähigkeiten und Potenziale sowie in seinen Lebens- und Bewältigungskompetenzen zu stärken, denn seelisch gesunde Kinder können selbstbestimmt(er) ihre Zukunft gestalten.

Das vorliegende Praxisbuch gibt in den ersten Kapiteln (Kap. 2 bis Kap. 6) einen theoretischen Überblick zu grundlegenden Konzepten, Theorien und Begrifflichkeiten von seelischer Gesundheit, entwicklungsförderlicher Interaktionsgestaltung und Resilienz. Im weiteren Verlauf werden Möglichkeiten alltagsintegrierter Resilienzförderung und praktische Beispiele sowie Reflexionsfragen vorgestellt (Kap. 7 bis Kap. 9). Schließlich werden Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der Vernetzung im Sozialraum thematisiert (Kap. 10). Am Ende des Buches finden sich Vorlagen mit Reflexionsfragen zur Anwendung in der Einrichtung und zur Selbstreflexion.

Die Autorin und der Autor freuen sich über Zuschriften, Anregungen, Erfahrungen mit dem Buch, auch Erfahrungen mit Reflexionsfragen und Vorlagen aus dem Anhang des Buches sowie über Beispiele aus Ihrer Praxis.

Dieses Buch soll pädagogische Fachkräfte in Kinderkrippen, Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege einladen, sich mit den Konzepten seelische Gesundheit und Resilienz sowie gelingender Gestaltung von Interaktionen auseinanderzusetzen und praktische Ideen liefern, wie Resilienz im pädagogischen Alltag gefördert werden kann. Dabei ist es natürlich hilfreich, sich im Team gemeinsam auf den Weg zu machen, sich gemeinsame Ziele zu setzen und deren Erreichung zu reflektieren. In der Kindertagespflege wäre es zu diesem Zweck denkbar, sich mit anderen Kindertagespflegestellen zusammenzuschließen, sich regelmäßig zu treffen und den Austausch zu suchen. Es ist aber auch möglich, sich als einzelne Fachkraft in der Kindertagespflege auf den Weg zu machen. Zum Gelingen der hier vorgestellten Ideen trägt bei, sich immer wieder in seinem Handeln zu reflektieren und einen stärkenorientierten und zugleich selbstkritischen Blick auf eigene Handlungen und Wissensbestände zu richten, um die eigene pädagogische Tätigkeit zum Wohl der Kinder und im Interesse der eigenen Fachlichkeit stetig weiter zu professionalisieren.

2

Seelische Gesundheit und Lebenskompetenzen

 

 

Was wird unter Resilienz verstanden? Wie hängt diese zusammen mit seelischer Gesundheit und Lebenskompetenzen? Kann die Entwicklung von Resilienz unterstützt werden? Was ist dabei zu beachten? Warum sollte Resilienz so früh wie möglich gefördert werden?

Angesichts der Herausforderungen, mit denen sich Kinder in ihrem Prozess des Aufwachsens konfrontiert sehen können, sollte es ein zentrales Anliegen entwicklungsfördernder Pädagogik sein, die Gesundheit der Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zu fördern. Damit entspricht pädagogisches Handeln der aktuellen Forderung nach kontinuierlicher Gesundheitsförderung und Prävention, die auf bestmögliche Gesundheitskompetenz von Kindern zielt und die Chancengleichheit aller Kinder im Blick hat (Bundesministerium für Gesundheit, 2019). In der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird Gesundheit (idealistisch formuliert) gleichgesetzt mit einem körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefinden auf umfassender Ebene. Als ein Teilbereich der Gesundheitsförderung wird die »Entwicklung von Persönlichkeit und sozialen Fähigkeiten … sowie die Verbesserung sozialer Kompetenzen und lebenspraktischer Fertigkeiten« gefordert (Weltgesundheitsorganisation, 1986). Diese lebenspraktischen Fertigkeiten werden auch als Lebenskompetenzen bezeichnet, worunter Fähigkeiten verstanden werden, durch anpassungsfähige und positive Verhaltensweisen effektiv mit den Anforderungen und Herausforderungen des täglichen Lebens umzugehen. Hierzu zählen Entscheidungsfähigkeiten, Problemlösefähigkeiten, die Fähigkeiten, kreativ und kritisch denken zu können, effektiv kommunizieren zu können, interpersonale Fähigkeiten, Empathie, Emotionsregulationsfähigkeiten und Stressbewältigungsfähigkeiten (Weltgesundheitsorganisation, 1994). Die Bundesrepublik Deutschland greift die Ansätze zur Gesundheitsförderung der WHO auf: Im Zuge der Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern soll verstärkt die Gesundheit der Kinder gefördert werden. Auf nationaler Ebene zeigt dies das nationale Gesundheitsziel »Gesund aufwachsen« (Bundesgesundheitsministerium, 2010), das die Schwerpunkte auf die Aspekte Lebenskompetenz, Bewegung und Ernährung richtet, wobei die Lebenskompetenz auf dem Konzept der Salutogenese aufbaut und die oben genannten Aspekte der WHO aufgreift. Dem Konzept gesundheitsbezogener Lebenskompetenzen wird der Resilienzansatz zugeordnet. Seit 2016 bietet das Präventionsgesetz (»Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention«), das unter anderem den Setting-Ansatz – d. h. beispielsweise die Gesundheitsförderung von Kindern in der Kindertageseinrichtung – stärkt, als nationale Präventionsstrategie einen Rahmen für die vermehrte Förderung der Gesundheit von Kindern in ihrer Lebenswelt: Indem Kinder bereits in der Kindertageseinrichtung in ihrem gesunden Aufwachsen gestärkt und die Familien mit eingebunden werden, sollen sie die gewonnenen Kompetenzen auf ihr weiteres Leben übertragen und so gesünder durch ihr Leben gehen können, weshalb die Gesetzlichen Krankenkassen diese Gesundheitsförderung im Setting-Ansatz fördern sollen (Nationale Präventionskonferenz, 2018).

Es gibt inzwischen zahlreiche Literatur, in der Resilienz sowie die entsprechenden Studien beschrieben werden (für den deutschsprachigen Raum z. B. Opp & Fingerle, 2008; Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff, 2020; Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff, 2015; Wustmann, 2004). Im Folgenden werden deshalb in verkürzter Form grundlegende Begrifflichkeiten erläutert, die zum Verständnis notwendig sind, ohne jedoch allzu sehr in die Tiefe zu gehen. Zuerst wird Resilienz allgemein umschrieben, bevor explizit Kinder unter drei Jahren und deren Resilienzentwicklung betrachtet werden.

3

Resilienz – Definitionen

 

 

Resilienz bedeutet das Vermögen eines Kindes – bzw. Menschen allgemein –, sich trotz widriger Umstände, Krisen oder (lebens-)bedrohlicher Erfahrungen personaler oder sozialer Ursache (Vulnerabilitäts- und Risikofaktoren) seelisch gesund zu entwickeln, d. h. über ausreichende personale und soziale Schutzfaktoren zur Bewältigung zu verfügen und sich an widrige Umstände anpassen zu können. Dies beinhaltet auch die angemessene Bewältigung von altersentsprechenden Entwicklungsaufgaben (Wustmann Seiler, 2012).

In der Fachdiskussion wird von einem engeren oder weiteren Resilienzbegriff ausgegangen: Bei der engeren Definition zeigt sich Resilienz darin, dass eine Krise vorliegt, die angemessen bewältigt wird. Masten (2016) benennt zum Prüfen des Vorliegens von Resilienz die zwei folgenden Fragen: (1) »Hat ein Risiko vorgelegen? … (2) Kommt die betroffene Person zurecht?« (S. 29), und Werner (2008) weist darauf hin, dass sowohl ein Risiko vorgelegen als auch eine positive Anpassung stattgefunden haben muss (S. 311). Unter einem Risiko oder einer Krise wird dabei ein »zeitlich begrenztes Geschehen [verstanden], in dem ein Mensch … mit belastenden Ereignissen oder Lebensumständen konfrontiert wird, die bisherige Lebensziele bedrohen oder infrage stellen und in dem alle verfügbaren Problemlösestrategien versagen und Ressourcen nicht ausreichend sind« (Widulle, 2020, S. 240).

Derzeit existieren in der Forschung somit zwei Blickweisen auf Resilienz: Die eine fasst den Begriff enger und bezieht Resilienz nur auf Situationen, in denen »eine extrem bedrohliche, d. h. hoch riskante Situation unerwartet gut bewältigt« wird (Wieland, 2011, S. 185). Die andere Sicht spricht nicht nur bei Vorliegen einer hoch riskanten Situation wie einer lebensbedrohlichen Krankheit oder einem Unfall von Resilienz, sondern auch beim »Erwerb bzw. Erhalt altersangemessener Fähigkeiten und Kompetenzen« (Wustmann-Seiler, 2012, S. 20). Dieser weiter gefasste Begriff von Resilienz (z. B. auch Fröhlich-Gildhoff & Rönnau-Böse, 2021) geht davon aus, dass Menschen über wichtige Fähigkeiten – die personalen Resilienz- oder Schutzfaktoren (s. u.) – verfügen, die dann (auch) in kritischen Situationen zum Tragen kommen und zur Bewältigung dienen. Diese Kompetenzen sind nicht nur relevant für Krisensituationen, sondern auch notwendig, um z. B. Entwicklungsaufgaben und weniger kritische Alltagssituationen zu bewältigen. Die Einzelkompetenzen entwickeln sich im Verlauf der Lebensgeschichte in verschiedensten Situationen, werden unter Belastung aktiviert und manifestieren sich dann als Resilienz. Fingerle (2011) verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff des »Bewältigungskapitals«:

»Über Bewältigungskapital zu verfügen bedeutet, Ressourcen zu identifizieren, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Potential von Problemen und Krisen weiter zu entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen« (S. 213).

Des Weiteren kann unterschieden werden zwischen Resilienz als Reaktion auf akute Ereignisse und zwischen Resilienz als Prozess:

»Jeweils zu definieren ist, ob von Resilienz im Sinne einer stabilen Reaktionsfähigkeit auf akute Ereignisse gesprochen wird … oder von Resilienzprozessen, die angesichts chronischer Belastungen (Armut, Krieg) gelingen … .Von ›minimal impact resilience‹ wird gesprochen, wenn es um Reaktionen auf akute Stressfaktoren/Traumata oder potentiell traumatisierende Ereignisse geht« (Thun-Hohenstein, Lampert & Altendorfer-Kling, 2020, S. 13).

Resilienz kann jedenfalls als »eine bedeutende Metakompetenz« (Wieland, 2011, S. 191) aufgefasst werden.

Demgemäß sollten die Problemlösestrategien und Ressourcen der betreffenden Person erweitert werden, um die Bewältigungsmöglichkeiten in einer Krise zu erweitern. Fingerle (2020) stellt die Adaptivität von Menschen in das Zentrum der Resilienz. Je flexibler ein Mensch in Krisensituationen ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich erfolgreich an veränderte Umstände anpassen kann und desto höher ist der Grad der je zu erreichenden Freiheit (ebd.). Es sollte somit hinsichtlich der Resilienz eines Individuums jeweils eruiert werden, wie groß die Möglichkeiten der dynamischen Anpassung an veränderte (Krisen-)Situationen sind. Bezogen auf die Corona-Pandemie wäre beispielsweise zu fragen: Wie können die Anpassungsmöglichkeiten der Menschen vergrößert werden? Grossmann und Grossmann (2020) sehen den spezifischen Resilienzbegriff kritisch und fokussieren stattdessen allgemeiner die Entwicklung von psychologischer Anpassungsfähigkeit auf dem Weg zu psychischer Sicherheit.

Mit dem Begriff der Resilienz wurden beschrieben

1.  Kinder, die vielen Entwicklungsrisiken ausgesetzt waren und sich trotzdem gut entwickelten

2.  Kinder, die trotz dauerhafter Stressbelastung ihre Kompetenzen erhielten und entwickelten

3.  Kinder, die sich von traumatischen Erfahrungen unerwartet rasch erholten (Werner, 1994).

Einig ist sich die Forschung hinsichtlich der folgenden drei Zuschreibungen zu Resilienz (Rönnau-Böse & Fröhlich-Gildhoff, 2015; Wustmann-Seiler, 2012):

  Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess

  Resilienz ist variabel

  Resilienz ist situationsspezifisch und multidimensional.

Resilienz ist ein dynamischer Anpassungs- und Entwicklungsprozess: Resilienz entwickelt sich in Interaktion mit den Bezugspersonen und der weiteren sozialen Umwelt. Resilienz bildet sich aus, wenn Anforderungen positiv bewältigt werden.

Resilienz ist variabel: Resilienz ist nicht unbedingt dauerhaft in einer Person vorhanden, sondern kann je nach Krisensituation und Zeitpunkt variieren. So kann ein Kind vielleicht den Tod seines geliebten Hasen gut überwinden, aber mit der Trennung und Scheidung der Eltern überfordert sein oder umgekehrt. Resilienz entwickelt sich, sie muss mit jeder aktuellen Anforderungssituation wieder neu errungen werden.

Resilienz ist situationsspezifisch und multidimensional: Resilienz lässt sich nicht von einem Lebensbereich auf andere übertragen. Es kann ein Kind mit der elterlichen Scheidung überfordert sein, aber sich trotzdem im schulischen Bereich weiterhin altersentsprechend entwickeln.

Resilienz lässt sich nach Werner und Smith (1982) vor allem auf folgende drei Faktoren zurückführen:

  Eigenschaften und Kompetenzen des Kindes, die im sozialen Umfeld positive Reaktionen auslösen

  Eigenschaften der Familie, die sich schützend auf das Kind auswirken, wie enge Bindungen zu einer Bezugsperson, familiäre Zuwendung, Stärkung der kindlichen Autonomie und Initiative

  Unterstützung des weiteren sozialen Umfeldes, wie positive Rollenmodelle, hilfreiche Lehrkräfte und Personen aus der Nachbarschaft, die Kompetenzen der Kinder und die Herausbildung positiver Werte fördern (Hohm et al., 2017; Werner, 2011).

Diskutiert wird die Ausbildung von Resilienz für das Feld der Kinderpsychologie durch folgende Entwicklungen (Reinelt, Schipper & Petermann, 2016):

a)  Resilienz durch Resistenz. Es wird davon ausgegangen, dass Kinder sich in ihrer Empfänglichkeit für Reize aus der Umwelt voneinander unterscheiden. Kinder mit höherer Resistenz reagieren weniger stark auf negative Umwelteinflüsse, aber auch weniger stark auf unterstützende Umgebungsbedingungen.

b)  Resilienz durch Kompensation. Wenn die Anforderungen aus der Umwelt die Fertigkeiten und Fähigkeiten eines Kindes übersteigen, dann kompensiert das Kind dies, indem es auf andere Ressourcen zurückgreift. So kann ein Kind, dessen Eltern in Trennung leben, sich vermehrt bei seinen Großeltern aufhalten, um so einen weniger krisenhaften Ort zum Rückzug zu haben.

c)  Resilienz durch Restrukturieren. Wenn ein Kind schwierige Situationen erfolgreich bewältigt, empfindet es weniger Stress. Die Regulation der eigenen Emotionen und die Fähigkeit, Probleme zu lösen, werden erhöht. Das Kind macht durch bewältigte Anforderungen die Erfahrung, dass es in der Lage ist, mit Krisen umzugehen. Hieraus erwächst die Zuversicht, auch mit künftigen Anforderungssituationen umgehen zu können.

3.1       Resilienz – verwandte Theorien, Konzepte und Studien

Resilienz wird seit mehreren Jahrzehnten erforscht. Ausgelöst durch den Zweiten Weltkrieg und die einschneidenden Erlebnisse, die er für die Menschen mit sich brachte, begannen mehrere Forscherpersonen, sich mit den seelischen Auswirkungen solcher Erlebnisse auf die Menschen zu befassen (Masten, 2016). Wurde anfangs noch vorwiegend danach gefragt, wer psychisch erkrankt und warum, veränderte sich die Fragestellung im Lauf der Zeit hin zu der Frage, wer psychisch gesund bleibt und warum (ebd.). Dies waren die Anfänge der Resilienzforschung, die parallel zu Veränderungen in der medizinischen Forschung verliefen, in der ebenfalls ein Blickwechsel (Paradigmenwechsel) stattfand weg von einer pathogenetischen Sichtweise, die nach den Ursachen für Krankheit suchte, hin zu einer salutogenetischen Sichtweise, die nach den Ursachen für Gesundheit fragte (Wustmann Seiler, 2012).

Die Salutogenese, die auf Antonovsky (1997) zurückgeht, ist ein Ansatz, der mit dem Resilienzkonzept verwandt ist. Was den Menschen gesund erhält und was die Gesundheit fördert, sind Fragen, denen die Salutogenese nachgeht. Zentral sind zwei Begriffe: die generalisierten Widerstandsressourcen und das Kohärenzgefühl. Generalisierte Widerstandsressourcen sind individuelle, umweltbezogene und gesellschaftliche Faktoren, die der Gesundheit förderlich sind (wie kognitive Ressourcen, Wissen über Gesundheit usw. auf individueller Ebene, Frieden und stabile soziale Netzwerke auf gesellschaftlicher Ebene; Franke, 2015). Verfügt ein Mensch über viele Widerstandsressourcen, bildet sich eine Grundüberzeugung aus, dass das Leben gemeistert werden kann und Sinn macht, auch wenn Hindernisse zu überwinden sind. Diese Grundüberzeugung – das Kohärenzgefühl – setzt sich zusammen aus dem Gefühl der Verstehbarkeit (»Ich kann die Welt/Situationen verstehen«), aus dem Gefühl der Handhabbarkeit (»Ich kann mein Leben/Situationen handhaben«) und aus dem Gefühl der Bedeutsamkeit und Sinnhaftigkeit (»Ich sehe einen Sinn im Leben/Diese Situation ergibt einen Sinn«). Je mehr Widerstandsressourcen ein Mensch hat, desto stärker ist sein Kohärenzgefühl. Ein starkes Kohärenzgefühl entsteht bei einem Kind, indem es Vertrauen in eigene Fähigkeiten oder in hilfreiche Fähigkeiten anderer Personen entwickelt und zusätzlich Vertrauen aufbaut, dass alles gut werden wird (Klappstein & Kortewille, 2020). Auch die Sicht Frankls auf den Menschen, dem er einen unbedingten Willen zum Sinn (Frankl, 2015) zuspricht, lässt eine Verwandtschaft mit dem Resilienzkonzept erkennen. Weitere Theorien, bei denen sich ein Zusammenhang zum Resilienz-Konzept herstellen lässt, sind die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1993) und Interaktionistische Theorien wie der ökosystemische Ansatz von Bronfenbrenner (1981). Letzterer geht davon aus, dass Entwicklung stets eingebettet in ein zusammenhängendes System stattfindet – verändert sich ein Bestandteil des Systems, bringt dies Veränderungen in anderen Teilen des Systems mit sich.

Es gibt inzwischen zahlreiche Studien zu Resilienz, die der Frage nach der psychischen Widerstandskraft nachgehen. Die wohl bekannteste und häufig zitierte Studie zu Resilienz ist die Kauai-Studie (Werner, 1994), eine Längsschnittstudie, die über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren Menschen von ihrer pränatalen Entwicklung an beobachtete. Dabei wurden die Lebensumstände von nahezu 700 Kindern auf der Hawaii-Insel Kauai erfasst – beginnend bereits vor der Geburt, kurz nach der Geburt, sowie 1, 2, 10, 18, 32 und 40 Jahre nach der Geburt (Werner, 2011). Von diesen Kindern waren ca. 30 % hohen Entwicklungsrisiken ausgesetzt, weil sie beispielsweise bereits bei der Geburt Komplikationen erlebt hatten, in dauerhafter Armut lebten, in der Familie psychische Krankheiten auftraten und ständig Streit herrschte. Davon zeigte wiederum ein Drittel der Kinder ungünstige Entwicklungsverläufe: auffälliges Verhalten, psychische Probleme oder Straffälligkeit (Werner, 2008). Ein anderes Drittel der Kinder entwickelte sich jedoch positiv: sie wurden bereits als Säuglinge positiv charakterisiert, im Kleinkindalter setzte sich diese Beschreibung fort, gegen Ende der Grundschulzeit und im Jugendalter zeichneten sich diese Kinder und Jugendlichen dadurch aus, dass sie »Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten gewonnen (hatten) sowie die Überzeugung, dass die Probleme, die sie angingen, durch ihre eigenen Handlungen überwunden werden könnten« (Werner, 2011, S. 37).

Als weitere Resilienz-Studien führen Bengel, Meinders-Lücking und Rottmann (2009) für Deutschland die Mannheimer Risikokinderstudie (Laucht et al., 1998) und die Bielefelder Invulnerabilitätsstudie (Lösel & Bender, 2008) an, in den USA das Minnesota Eltern-Kind-Projekt (Yates et al., 2003), die Rochester-Längsschnittstudie (Sameroff et al., 2003), in Großbritannien die British Cohort Study (Schoon, 2006), in Neuseeland die Dunedin-Multidisziplinäre-Gesundheits- und Entwicklungsstudie (Caspi et al., 2003) oder die Christchurch-Gesundheits- und Entwicklungsstudie (Fergusson & Horwood, 2001), um nur einige der bisherigen Studien zu nennen. Die genannten Studien fanden eine Vielzahl an Faktoren, die eine seelisch gesunde Entwicklung hemmen können (Risikofaktoren) und eine Zahl an schützenden Faktoren, die eine seelisch gesunde Entwicklung stärken (Schutzfaktoren).

3.2       Risiko- und Schutzfaktoren

Risikofaktoren können die gesunde Entwicklung eines Kindes gefährden, da durch sie das Auftreten einer psychischen Störung begünstigt wird (Bengel, Meinders-Lücking & Rottmann, 2009; Holtmann & Schmidt, 2004). Dabei gibt es Faktoren, die in der Person des Kindes ihren Ursprung haben (kindbezogene/Vulnerabilitätsfaktoren) und Risikofaktoren, die im nahen oder weiteren sozialen Umfeld des Kindes liegen (Risikofaktoren/Stressoren