Revenge - Niemand außer dir - Katy Evans - E-Book

Revenge - Niemand außer dir E-Book

Katy Evans

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als Maverick Cage die junge Reese Dumas kennenlernt, ist ihm sofort klar, dass er sich von ihr fernhalten sollte. Während der aufstrebende Untergrundkämpfer sein ganzes Leben darauf ausgelegt hat, eine Legende im Ring zu werden, ist es Reese bestimmt, gegen ihn zu sein und seinen Untergang herbeizusehnen. Denn Reese ist keine geringere als die Cousine von Remington Tates Frau - und auf Mavs Weg zum Ruhm gilt es nur noch, den legendären Riptide zu bezwingen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 385

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungPlay ListEins – SeattleZwei – SeattleDrei – Er ist bei mirVier – KnockingFünf – Lass uns sparrenSechs – Der grosse OzSieben – ParkAcht – ZwängeNeun – Ein Penny für deine GedankenZehn – Training mit OzElf –Der Underground aus der FerneZwölf – Erste HilfeDreizehn – Erster LohnVierzehn – Mit dem Greyhound nach DenverFünfzehn – WiedersehenSechzehn – Der Kampf in Denver NahtSiebzehn – TateAchtzehn – Wer bin ichNeunzehn – PartyZwanzig –Training mit RiptideEinundzwanzig – Der Rächer ist nahZweiundzwanzig – Nie wiederDreiundzwanzig – Gebrochene KnöchelVierundzwanzig – Maverick verarztenFünfundzwanzig – Oz ausnüchternSechsundzwanzig – An den Tag gebrachtSiebenundzwanzig – SieAchtundzwanzig – StärkerNeunundzwanzig – Lauf mit mirdreißig – Nicht verschicktEinunddreißig – SchnellerZweiundreißig – Komm mit mirDreiunddreißig – Erste KlasseVierunddreißig – RacerFünfunddreißig – BostonSechsunddreißig – Meine erste grosse EntscheidungSiebenunddreißig – SemifinalsAchtunddreißig – MilesNeununddreißig – VertraulichVierzig – Der Phönix und der SkorpionEinundvierzig – LegendeZweiundvierzig – Der dunkle RächerDreiundvierzig – Dieser MorgenVierundvierzig – Es ist so weitFünfundvierzig – Plätze am RingSechsundvierzig – Letzter KampfEpilog – Ich gehöre zu ihmDanksagungDie AutorinDie Romane von Katy Evans bei LYX.digitalImpressum

KATY EVANS

Revenge

Niemand außer dir

Roman

Ins Deutsche übertragenvon Beate Bauer

Zu diesem Buch

Maverick »The Avenger« Cage hat sein Ziel stets vor Augen: Er will den bisher ungeschlagenen Underground-Titelverteidiger Remington »Riptide« Tate besiegen und die Nummer Eins werden. Von seinen Gegnern wegen seiner Herkunft verachtet und von den Trainern gemieden, kämpft er sich Fight für Fight an die Spitze und wird vom Nobody zum gefährlichsten Newcomer der Saison. Nichts kann ihn ablenken – bis er auf Reese Dumas trifft, die Frau mit den strahlend blauen Augen. Die ihn unterstützt hat, ohne auch nur das Geringste über ihn zu wissen. Beide spüren eine Verbindung, die über Leidenschaft weit hinausgeht. Doch Reese wohnt bei ihrer Cousine, die ausgerechnet mit seinem Rivalen Remington verheiratet ist. Auf welcher Seite wird Reese stehen, wenn es hart auf hart kommt und sich Maverick und Riptide im Ring gegenüberstehen?

Den großen Träumen und den noch größeren Menschen, die sie verfolgen

Play List

Street Lights von Kanye West

Unbreakable Smile von Tori Kelly

Rollercoaster von den Bleachers

Resistance von Muse

Feels Like Tonight von Daughtry

Geronimo von Sheppard

Favorite Record von Fall Out Boy

Beautiful Life von Nick Fradiani

I Won’t Give Up von Jason Mraz

Madness von Muse

Beautiful Now von Zedd

Fight Song von Rachel Platten

Eins

SEATTLE

Reese

Meine Mutter bringt mich zum Flughafen. Ich trage meine Lieblingsjeans und mein Lieblingstop. Wahrscheinlich als Glücksbringer.

»Kommst du wirklich klar?«

»Ja, wirklich.«

»Reese.« Sie nimmt meine Hand, bevor ich aussteigen kann. »Ich liebe dich …«

»Ich liebe dich auch.« Ich lächle sie an.

Sie beugt sich zu mir herüber, um mich zu umarmen, und ich schließe die Augen und halte sie einen Moment lang fest. Sie riecht nach Zitrone. Nach Zuhause, nach allem, was mir vertraut ist.

»Hast du deinen Reisepass, deine Buchungsbestätigung …?«

Ich nicke, springe aus dem Wagen und nehme meinen Koffer heraus.

Ich drehe mich um und winke zum Abschied, und ich spüre einen Anflug von Heimweh, als sie davonfährt und ich ihr nachschaue.

Ich hole tief Luft und betrete zum ersten Mal im Leben allein den Flughafen.

Zwischen dem Einsteigen und der Landung in Seattle vergehen über vier Stunden. Das Flugzeug kreiste über eine halbe Stunde, bis der Regen aufhörte und wir die Landeerlaubnis bekamen. Es ist feucht und grün. Meine Cousine Brooke wartet vor dem Terminal auf mich.

»Reese!«

Mit ihrem hohen Pferdeschwanz und in ihren hautengen Jogginghosen und dem heißen Body darunter sieht sie aus, als wäre sie der Sports Illustrated entsprungen. »Wie schön, dass du da bist.« Sie umarmt mich ganz fest, bevor sie mich einem großen Mann mit lockigen Haaren vorstellt, der neben ihr steht. »Das ist Pete.«

»Hallo Reese«, sagt er und greift nach meinem Koffer. »Willkommen im Team.«

»Danke für die Einladung.«

Wenn Brooke irgendwelche Vorbehalte dagegen haben sollte, mich den ganzen Sommer um sich zu haben, lässt sie es sich nicht anmerken. Während der Fahrt ist sie aufgekratzt und gesprächig und beantwortet meine Fragen bezüglich ihres drei Jahre alten Sohns Racer, um den ich mich kümmern soll.

Am Ende der Sackgasse erreichen wir ihr Haus auf einem weitläufigen Ufergrundstück von Lakehaven, mit stuckverzierter Fassade, ausladendem Dach und gepflegtem Rasen.

Ich bin sprachlos und schaue mir das Haus mit großen Augen an, als sie mich kurz herumführt. Überall smarte Technologie, fünf Zimmer und eine Küche wie in einem Restaurant. Sie hat hohe Fenster und ist hell, mit Blick auf den Mount Rainier auf der gegenüberliegenden Seite eines schimmernden Gewässers.

Brooke führt mich den Flur entlang zum Gästezimmer. Im Flur hängen gerahmte Bilder berühmter Athleten, darunter eins, auf dem RIPTIDE steht. Ich versuche, nicht hinzustarren, denn ich weiß, dass RIPTIDE ihr berühmter Ehemann, ehemaliger Boxer und mittlerweile Kämpfer der Mixed Martial Arts ist. Sogar Leute, die noch nie etwas von dieser Kampfsportart gehört haben, scheinen ihn zu kennen. Mom behauptet, er werde auch RIP genannt, weil er seine Gegner töte. Nicht im wörtlichen Sinne. Nun, das hoffe ich jedenfalls. Doch er rammt sie in den Boden. Die Artikel im Internet sagen, er sei eine Kampfmaschine und der Beste von allen.

Als wir in meinem Zimmer sind, bin ich versucht, Brooke zu fragen, ob sie sich in ihrem Haus schon einmal verlaufen hat. Das Zimmer ist doppelt so groß wie meins zu Hause, in hellen Farbtönen gestrichen, freundlich eingerichtet und mit Vorhängen und einer Tagesdecke in Pastellblau.

»Hier ist eine Mitgliedskarte für das Fitnessstudio; wir kaufen sie im Dutzend fürs Team. Du gehörst jetzt zur Familie.« Sie zwinkert. »Essen ist ihm Kühlschrank; saubere Handtücher im Bad, das Bett ist frisch bezogen. Handy?«

»Ja.«

»Okay. Deine Mom hat dir meine Nummer gegeben, stimmt’s?«

Wir überprüfen gegenseitig unsere Nummern. Es ist schon eine Weile her, dass ich mit ihr gesprochen habe. Ich bin eigentlich schüchtern und überhaupt nicht gesprächig. Brooke weiß das, glaube ich. Bestimmt hat meine Mom sie über alles ins Bild gesetzt, was in meinem Leben passiert ist, von der Geburt bis heute, so wie sie mir mitgeteilt hat, dass Brooke Remington »Riptide« Tate geheiratet hat.

Sie sind ein bedeutendes Paar in der Wellness- und Athletikwelt, ein bedeutendes Paar, das es aus eigener Kraft geschafft hat.

Meine Mutter glaubt, es würde mir neue Energie geben, wenn ich Zeit mit ihnen und ihrem Team verbringe, während sie an den Underground-Kämpfen dieses Sommers teilnehmen.

Als ich sagte, dass ich herausfinden will, was ich mit meinem Leben anfangen möchte, hat Brooke mir angeboten, zu ihnen zu kommen.

Und hier bin ich nun, um herauszufinden, wer ich bin.

Ich packe aus und lege meine Sachen ordentlich in eine Schublade, und nachdem ich ein paar Sachen in den Schrank gehängt habe, trete ich ans Fenster und blicke aufs Wasser, während Brooke draußen zu einem großen dunkelhaarigen Mann tritt, der ein kleines Kind auf den Schultern trägt. Ich weiß, es sind ihr Mann und ihr Sohn.

Ich habe den kleinen Racer seit Weihnachten nicht mehr gesehen, und Brookes Mann kenne ich noch gar nicht, doch seine Ausstrahlung entspricht seinem Ruf, selbst von hier aus gesehen. Remy Tate gleicht einem Berg, und auf seinen Schultern sitzt sein Sohn und scheint sich pudelwohl zu fühlen. Vieles ist über den berühmten Riptide gesagt worden, vor allem dass er sexy und männlich sei. Racer bearbeitet den Kopf seines Vaters mit den Fäusten, und Remy hält ihn an den Füßen fest. Er blickt zu dem langen Kai und aufs Wasser, als Brooke näher kommt und Remy ihre Arme um die Taille schlingt.

Ich lächle, als ich sie so sehe. Wegen seiner Kämpfe sind sie viel unterwegs, weshalb ich sie nicht oft zu Gesicht bekomme, doch wir sind eine Familie. Sie sehen friedvoll und glücklich aus. Racer rutscht hin und her und zeigt aufs Wasser, als wollte er auf ein Boot.

Racer. Mein Ticket, um aus der Stadt herauszukommen. Jemand, um den ich mich kümmern kann, außer um mich selbst.

Ich denke an Miles und spüre einen Stich. Vielleicht vermisst er mich ja, wenn ich weg bin. Und vielleicht merkt er, dass er etwas anderes als Freundschaft für mich empfindet.

Wir kommunizieren, aber nicht so oft, wie ich es gern hätte.

Hallo, bin gut angekommen

Schön. Viel Spaß, Reesey

Danke

Wird bestimmt schön

Ich warte darauf, dass er mich etwas fragt. Tut er nicht. Ich rolle mich auf dem Bett zusammen und starre auf mein Telefon. Dann schicke ich meiner Mutter eine Nachricht, um ihr mitzuteilen, dass ich in Seattle bin.

Zwei

SEATTLE

Maverick

Nicht in einer Million Jahre, Kleiner.

Nein.

NICHT INTERESSIERT.

Hau bloß ab!

Vier Städte in zwei Tagen, und mehr Türen, die mir vor der Nase zugeschlagen werden, als ich zählen kann. Ich schultere meinen Rucksack und streiche einen weiteren Namen von meiner Liste.

Nach dreißig Minuten Busfahrt suche ich zwischen den Geschäfts- und Wohngebäuden des Blocks nach der Hausnummer und klopfe dann an meine letzte Tür.

»Coach Hennesy?«

Er ist ein großer Mann mit grau meliertem Haar in Jogginghosen und mit einem gelben Timer um den Hals. Er schenkt mir einen fragenden Blick.

»Ich bin Ihr nächster Champion.«

Er lacht, doch dann muss er irgendetwas in meinem Gesicht und an meiner Haltung sehen. Hunger, Entschlossenheit, Mut. Vielleicht kann man mir meinen Biss ja an den Augen ablesen. Er wird ernst und macht die Tür weiter auf.

»Komm rein.«

Er fragt mich nicht nach meinem Namen.

Wahrscheinlich weiß er, dass er meinen Namen im Wörterbuch unter »entschlossen« finden wird.

Er führt mich zur Garage. »Wo hast du vorher trainiert?«, fragt er.

»Ich hab’s mir selbst beigebracht. Hab mir Videos angeschaut.«

Er schnaubt und zuckt dann die Achseln. »Okay, mal sehen, was du drauf hast.«

Ich schaue mir das Equipment an. Ein Sandsack hängt von der Decke, sein Leder ist von den Schlägen der Kämpfer abgenutzt. In der Ecke sind ein Boxdummy, ein Speedball, Gewichte. Ein vollständiges privates Fitnessstudio. Ich lasse meine beiden Taschen fallen, öffne den Rucksack und ziehe mir die Boxhandschuhe an, ohne meinen Hoodie abzulegen.

»Zieh das aus; ich muss wissen, was du hast. Muss deinen Körperbau sehen«, sagt Hennesy.

Ich beiße die Zähne zusammen. Langsam öffne ich meinen Hoodie, ziehe ihn aus und werfe einen Blick über meine Schulter, wobei ich mich so hindrehe, dass der Coach meinen Rücken nicht sehen kann. Der Typ räumt den Kampfplatz frei. Gut. Wir können also loslegen. Als ich in Position gehe, kommt er auf mich zu.

»Gib her.« Ich reiche ihm meinen Hoodie, und er wirft ihn beiseite, verschränkt dann die Arme und schaut mich an. »Zuerst den Speedball.«

Ich atme tief ein, gehe vor dem Speedball in Position und schlage zu. Bam.

Ich schlage weiter, rasend schnell, und meine Fäuste lassen den Ball fliegen.

Ich hätte mich vorher aufwärmen sollen, aber ich mache das schon seit Tagen, und ich werde nicht damit aufhören, ehe ich nicht einen Coach habe – und auch dann nicht.

Ich hab jetzt Schwung drauf und lege an Geschwindigkeit zu, während sich meine Arme hin und her bewegen und den Speedball bearbeiten, bis er sich so schnell bewegt, dass man ihn nicht mehr sehen kann.

Ich fange an zu schwitzen; es ist stickig hier drin, doch ich kann nicht aufhören. Er muss mich annehmen. Ich brauche ein Ja, um in den Ring zu kommen. Nur ein Ja, den Rest erledige ich.

»Genug.« Hennesy stoppt mich. Er zeigt auf Boxdummy und Sandsack. »Mal sehen, wie du den Sandsack bearbeitest.«

Ich hole aus und ramme meine Fingerknöchel in den Sack, wobei ich meine volle Kraft in die Fäuste lege. Tack, puff, bumm.

Hennesy wird ganz unruhig vor Begeisterung. »Heilige Scheiße, Junge!«

Ich häng mich richtig rein, bin hochkonzentriert – nur noch ich, der braune Ledersack, meine Fäuste und nichts außer der Stelle, die ich fixiere und treffe.

»Ich hab genug gesehen.« Er hält den Sandsack fest. Seine Augen schimmern. »Füll das aus.«

Ich ziehe meinen rechten Handschuh aus und nehme den Stift, den er mir hinhält, während er einen Vertrag auf einen Schreibtisch in der Ecke knallt. Ich beuge mich hinunter, um meinen Namen und die Kontaktdaten einzutragen, und merke zu spät, dass man so das Tattoo auf meinem Rücken sehen kann.

»Du bist sein Junge.«

Ich erstarre, während ich unterschreibe.

Eine Sekunde vergeht. Dann noch eine.

Langsam lege ich den Stift hin und werfe einen letzten Blick auf den Vertrag. Ich komme vielleicht doch nicht dazu, ihn auszufüllen. Ich drehe mich um.

Er ist blass geworden.

Ich warte ein paar Sekunden. Vielleicht ist er anders. Vielleicht kommt er damit klar.

Er wirft mir meine Jacke zu. »Raus hier. Niemand will dich kämpfen sehen.«

Ich mache ein finsteres Gesicht, als ich meine Jacke mit einer Hand auffange und vor ihn hintrete.

»Was für ein Jammer. Denn ich kämpfe so oder so.«

Ich schaue ihn unverwandt an, während ich meinen linken Handschuh ausziehe, in den Hoodie schlüpfe und den Reißverschluss zuziehe.

Ich gehe hinaus, und die Tür knallt hinter mir zu. Ich beiße die Zähne zusammen, stopfe die Handschuhe in meine Tasche und erspähe das alte Paar schwarzer Handschuhe darin. Ich schiebe sie tief in die Reisetasche und mache den Reißverschluss zu.

Die Saison beginnt in anderthalb Wochen. Kein Coach? Kein Kampf. Ich komme nicht mal in ein Fitnessstudio rein.

Aber ich lasse nicht zu, dass mich irgendjemand oder irgendetwas vom Ring fernhält.

Ich hebe einen Penny vom Boden auf.

Da bemerke ich auf der anderen Straßenseite ein Mädchen in Trainingsklamotten, das sich die Schuhe zubindet. Sie ist nur einen Schritt von der Tür vom Fitnessclub entfernt. Ich richte mich auf, ziehe mir die Kapuze meines Hoodies über den Kopf, überquere die Straße und folge ihr hinein, als würde ich dazugehören.

Drei

ER IST BEI MIR

Reese

Heute ist der allererste Tag meines persönlichen Bootcamps. Nach einem gemeinsamen Tag mit den Tates ist die gute Nachricht, dass es keine verführerischen Schokoriegel gibt. Nur Grünzeug mit Bioetiketten. Alles frisch. Früchte, mageres Fleisch, alles, was ich brauche, um endlich – endlich – die zehn überflüssigen Pfunde zu verlieren, die ich seit ein paar Jahren mit mir herumtrage. Sie bringen Gefühle von Unsicherheit, Unzufriedenheit und Frustration mit sich. Sie sind der Beweis dafür, dass ich überhaupt keine Willenskraft gegenüber meinen Fressattacken oder Begierden besitze. Eine Erinnerung daran, wieso ich weder tanzen gehe noch mich – trotz meiner Liebe zum Strand – im Badeanzug zeige, um mich zu sonnen. Ich habe vor, wie eine Verrückte zu trainieren.

Wenn ich wieder nach Hause zurückkehre, werde ich einen Raum mit vielen Leuten mit strahlendem Lächeln und ohne mein riesiges Hinterteil betreten und so hübsch aussehen, dass Miles Morris bei meinem Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft. Er wird zugeben, dass ich die Einzige für ihn bin und unsere Freundschaft ihn zu blind gemacht hat, um es zu merken.

Und ich werde mit ihm schlafen – das erste Mal, dass ich es überhaupt tue – und mich nicht davon verunsichern lassen, dass er mich nackt sieht, weil ich wunderschön und schlank und vor allem selbstsicher sein werde. So selbstsicher, dass ich es am helllichten Tag tun werde, falls er mich darum bittet.

Keuchend ziehe ich mein T-Shirt herunter, als es mir über die Hüften nach oben rutscht und verringere die Geschwindigkeit des Laufbands ein wenig. Wenn ich das nicht tue, werde ich auf allen vieren zur Kinderbetreuung kriechen müssen, um mein kleines Energiebündel abzuholen und nach Hause zu bringen, und das mit heraushängender Zunge. Nein, danke.

Ich bin in einem Bootcamp für gesundes Leben.

Brooke findet, ich sehe aus wie Jennifer Lawrence, und dass sie mich um meine Sanduhrfigur beneidet. Ich sehe aus, als würde mein Oberkörper in einem Korsett stecken. Kurvig. Doch ich würde sofort Brookes athletischen Körperbau dagegen eintauschen. Meine Sanduhrfigur ist genetisch bedingt, doch ein athletischer Körperbau braucht mehr als Gene; er braucht hartes Training, und das bewundere ich.

Ich stelle das Laufband ein wenig schneller ein und schaue mir die anderen in dem betriebsamen Fitnessstudio an. Doch mein Blick wandert zurück zu dem Typen, der hinter mir ins Studio geschlüpft ist.

Er ist am anderen Ende des Raums und bearbeitet einen Sandsack. Er sieht völlig konzentriert aus. Er ist der einzige Kämpfer hier, der weder mit irgendjemand anderem noch mit einem Trainer spricht.

Zwar wirkt er so, als hätte er keine Freunde, aber nur weil er in Ruhe gelassen werden will und keine Freunde braucht; er hat seine Fäuste.

Inzwischen schenken alle im Studio dem attraktiven Kerl Aufmerksamkeit. Vielleicht weil er den Sandsack mit aller Kraft bearbeitet und die Kette, an der dieser aufgehängt ist, zum Rasseln bringt. Doch ich glaube, es liegt vor allem daran, dass er vor Leidenschaft für das, was er tut, geradezu knistert. Und er sieht soooooo gut dabei aus.

Rechts von mir entdecke ich eine der Empfangsdamen, die in den Gewichte- und Cardio-Bereich geht. Eine zweite tritt zu ihr. »Keine Mitgliedschaft«, höre ich sie sagen.

Die eine kehrt zum Empfang zurück, den man aufgrund der offenen Raumkonzeption von meinem Laufband aus sehen kann, nimmt den Telefonhörer und legt kurz darauf wieder auf. »Sie kommen«, sagt sie, als die zweite Assistentin zu ihr hinter den Empfangstresen tritt.

Ich laufe weiter und richte meine Aufmerksamkeit auf den Kerl. Er ist ein knallharter Typ. Ich habe noch nie jemanden einen Sandsack so hart schlagen sehen. Außer dem Sandsack, auf den er einschlägt, scheint nichts für ihn zu existieren.

Ich beobachte ihn, als auf einmal zwei uniformierte Wachmänner im Fitnessstudio auftauchen.

Die Dame am Eingang zeigt auf ihn. Er scheint die beiden zu spüren und hebt mit finsterer Miene den Blick. Dann geht er langsam auf sie zu. Er bleibt in ungefähr einem Meter Entfernung stehen und nimmt die großspurigste, herausforderndste Haltung ein, die ich je gesehen habe. Fast so, als wartete er darauf, rausgeschmissen zu werden.

»Sie müssen mitkommen und Ihre Mitgliedschaft am Empfang bestätigen«, sagt einer der Jungs drohend.

Ich halte das Laufband an und steige herunter. »Er gehört zu mir.«

Der Typ und der Wachmann drehen sich zu mir um, und ich nicke rasch. »Er ist mit mir hier.« Ich zücke meine Mitgliedskarte. Die Wachmänner kommen zu mir, um sie zu prüfen. Einer holt eine der Empfangsdamen.

»Er soll sich beim nächsten Mal als Gast eintragen«, sagt sie schlecht gelaunt zu mir.

Ich nicke.

Die Wachmänner ziehen sich zurück, und ich merke, dass mich der Typ anschaut. Ziemlich unverblümt sogar. Er hat eine Jogginghose und einen Hoodie an und trägt eine bestimmte Haltung zur Schau. Reglos steht er da, und die Jogginghose mit dem Durchziehband sitzt tief auf den schmalen Hüften, weshalb ein Teil der Hüftknochen und seiner Bauchmuskeln zu sehen ist. Er hat dichtes schwarzes Haar und Augen in der Farbe von Stahl, die das Metall aber auch zum Schmelzen bringen könnten. Er hat den ruhigsten intensiven Blick, den ich je gesehen habe.

Und der ist auf mich gerichtet.

Mir ist unbehaglich.

Und ich bin mir meiner selbst bewusst.

Ich trage ein fuchsiafarbenes Trainingstop, und mein honigfarbenes Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ich bin nichts Besonderes, nicht unter den Mädchen im Fitnessstudio und auch nicht unter denen draußen in der Welt. Als er mich ansieht, spüre ich, wie mich die Haarspitzen meines Pferdeschwanzes am Rücken kitzeln, und ich erschauere.

Ich finde sein Starren unangenehm, daher verscheuche ich ihn. »Mach einfach weiter«, sage ich.

Er rührt sich nicht von der Stelle.

Sein Gesicht ist jung und gebräunt und sieht wie gemeißelt aus; seine Augenbrauen sind glatt und sitzen tief wie zwei wütende Striche; seine Nase ist zu perfekt für einen Kämpfer; und sein Kiefer sieht aus, als könnte man ihn nicht brechen.

Irritiert von seinem Starren steige ich zurück auf mein Laufband.

Der Typ zieht vor Überraschung die Brauen noch ein wenig tiefer herunter. Ich ziehe meine herausfordernd hoch, um ihm zu sagen Willst du mich weiter anstarren?

Er deutet ein Lächeln an, eine unerwartet hinreißende Andeutung eines Lächelns.

»Geh trainieren«, sage ich.

Er nickt mir auf seine überhebliche Art zu, als wollte er damit Danke sagen, kehrt dann zu seinem Sandsack zurück und greift nach seinen Handschuhen. Er zögert ein paar Sekunden mit nachdenklicher Miene, während er den Sandsack anblickt, als hätte ihn etwas verwirrt. Er schüttelt den Kopf, starrt den Sandsack an, und im Bruchteil einer Sekunde – Bumm bumm, paff! – trifft er ihn dreimal und bringt die Kette erneut zum Rasseln.

Ich merke, wie die Leute fragend in meine Richtung blicken. Ein paar wirken besorgt, andere scheinen sich zu fragen, ob er wirklich mit mir hier ist. Sie erinnern mich ein wenig an meine Mutter. Reese, versprich mir, dass du auf dich aufpasst.

Ich pass schon auf mich auf, Mutter. Lass mich gehen. Gib mir Flügel! Ich habe sie verdient, oder?

Ich habe um Zeit für mich selbst gebettelt.

Heute ist der erste Tag meines neuen und besseren Selbst.

Also nutze ich die verbleibende halbe Stunde, hole dann meine Sachen und mache mich eilig auf den Weg zur Tagesbetreuung, um meinen kleinen Racker abzuholen.

Während der ganzen Zeit hat der Typ nicht mehr den Blick von seinem Sandsack abgewandt.

»Wie war dein Tag?«, fragt Brooke später am Abend.

»Gut.«

»Nur gut?«

Ich nicke lächelnd. Ich bin nicht sehr gesprächig, und ich fühle mich normalerweise gehemmt und unbehaglich in Gegenwart anderer. Ich glaube, das ist genetisch bedingt. Auch wenn meine Mutter gesprächig ist, gleicht mein Vater einem Eremiten und ist sehr zurückgezogen bis auf gelegentliche väterliche Fragen wie »Kommst du mit dem Geld klar?« oder »Hat deine Mutter mit dir über das Ausgehverbot gesprochen?«

Ich bin am liebsten mit meinem Vater zusammen. Im Gegensatz zu meiner Mutter versucht er nicht, mich zum Reden zu animieren.

Wir gehören zu der Sorte von Menschen, die Schweigsamkeit zu schätzen wissen.

Ich spüre diese Gemeinsamkeit mit Brookes Mann ebenfalls.

Ich habe ihn gestern Abend gesehen – umwerfend, blauäugig, stark und schweigsam; er ist wie ein liebenswürdiges Tier – und nach der Begrüßung und einem kurzen Lächeln ist ihm meine Anwesenheit angenehm genug, um mich heute Morgen einfach zu ignorieren, als wir, jeder für sich, gefrühstückt haben.

Ich habe dann das Wort ergriffen, bevor wir fertig waren.

»Warum trainierst du nicht im Fitnessclub mit ein paar der anderen?«, fragte ich ihn ganz unvermittelt, als ich an den Typen denken musste, dem ich dort begegnet bin.

»Ich kann mich allein besser konzentrieren.« Er ließ sein iPad sinken, auf dem er etwas gelesen hatte. »Du kannst mit Brooke und mir zum Training gehen, wenn du möchtest.«

»Nein!«, wehrte ich rasch aus Gründen ab, die ich selbst nicht begreife, und als er mich auf väterliche Weise neugierig ansah, fügte ich hinzu: »Ich mag das Fitnessstudio. Danke.«

Am Dienstag habe ich solchen Muskelkater, dass ich ins Bett krieche. Am Mittwoch ist es nicht anders. Aber ich fühle mich voller Energie und schlafe göttlich.

Am Donnerstag ist mein Leben bei den Tates perfekt eingespielt und mein Tagesablauf ausgesprochen angenehm. Racer frühstückt morgens mit Mom und Dad, während ich dusche und mich fertigmache. Die Tates setzen uns bei der Kita ab, und ich gehe zum Fitnessstudio ein paar Blocks entfernt. Später hole ich Racer wieder ab, spiele nachmittags mit ihm, gehe schwimmen, rufe Mom und ein paar Freunde an oder verbringe den Abend mit Pete oder Riley.

Wie ich erfahren habe, ist Pete, der uns vom Flughafen abgeholt hat, Remys persönlicher Assistent.

Dann ist da noch der träge, freundliche Riley, der Sekundant des Coachs.

Remys Coach heißt Lupe; er ist glatzköpfig und hat etwas übrig für das letzte Mitglied in Tates’ Team, die mütterliche Diane, Remingtons Ernährungsberaterin und Köchin.

Alles in allem fühle ich mich viel wohler, als ich es zu diesem Zeitpunkt erwartet hatte. Die Atmosphäre bei den Tates und im Team ist familiär. Ich habe das Gefühl, dazuzupassen, und sie behandeln mich wie eine der ihren.

Heute Morgen ist es kühl, weshalb ich eine Extraschicht anziehe und mich frage, ob ich Mr Geheimnisvoll aus dem Gym wiedersehen werde. Es regnet manchmal, sogar im Sommer. Ein sanfter, leiser Regen, bei dem ich die ganze Nacht durchschlafen kann. An manchen Abenden stiehlt sich Brooke von Remy weg, wenn er etwas mit den Jungs zu besprechen hat, und wir verbringen einen Mädelsabend und reden über alles Mögliche. Ich will unbedingt lernen, wie ich meinen Körper in Form bringen kann. Etwas, das mich bisher nie interessiert hat.

Brooke hat mir gesagt, was ich nach dem Training essen soll, je nachdem, was ich erreichen will. Fett und Proteine zum Abnehmen oder für den Muskelaufbau. Kohlenhydrate für Energie. Ich bekomme auch regelmäßig Anrufe von Mom und Dad. Meine Eltern sind liebevoll, und ich bin ein Einzelkind. Mir hat es nie an Zuneigung gefehlt, und meine Wünsche sind mir nie versagt worden. Ich wollte nie von zu Hause weg; ich habe mich zu wohl dort gefühlt. Zu sicher. Aber dann wurde mir etwas klar: Ich verließ mich so sehr auf Mom und Dad, dass ich anfing, ihnen die Entscheidungen zu überlassen. Welches College? Welcher Beruf? Ich weiß, dass Mom und Dad triftige Gründe haben, sich um mich zu sorgen und diese Entscheidungen für mich treffen zu wollen, doch ich wollte mein Leben selbst in die Hand nehmen. Deshalb habe ich sie schließlich gebeten, mir die Wahl zu überlassen. Sie waren einverstanden. Und ich war schockiert zu entdecken, dass ich es nicht konnte. Die letzte Entscheidung, die ich meiner Mutter überließ, war, Brooke anzurufen und sie zu fragen, ob ich zu ihr kommen könnte.

Meine Mutter hat eine Gärtnerei. Sie hat mir einmal gesagt: wenn man eine Pflanze umbettet, darf sie nicht gleich gegossen werden, sonst stirbt sie. Zwei Wochen lang wird sie beansprucht, werden ihre Überlebenskräfte getestet, und erst nach diesen zwei Wochen ist sie bereit für das Wasser, das sie zum Wachsen braucht.

Ich habe nicht vor, es mir hier gemütlich zu machen. Und ich bin bereit, mich zu entwickeln. Ich brauchte eine Veränderung. Ich bin fast zwanzig.

»Geht’s dir wirklich gut?«, hat Mom gefragt.

»Ja«, habe ich gestern Abend gesagt, als sie anrief. Und zum ersten Mal seit langer Zeit habe ich das auch so gemeint.

Ich habe auch vom Underground erfahren. Letztes Jahr war der Abschlusskampf zwischen Remington »Riptide« Tate und Parker the Terror. Er muss ein ziemlicher Albtraum gewesen sein. Es war ein ausgeglichener Kampf, doch Terror verlor und wurde später ins Krankenhaus gebracht und konnte wegen der intensivmedizinischen Behandlung nicht weiterkämpfen. Ein alter Feind und Gegner, Benny the Black Scorpion, ist dieses Jahr anscheinend verschwunden, und keiner weiß, wo er ist und ob er wieder zurückkommt. Ein paar Leute glauben, dass Twister ein Anwärter ist. Und Spiderman – der seinen alten Trainer entlassen und sich einen neuen genommen hat – soll angeblich auch in guter Form sein.

Parker und Scorpion haben Remy einen harten Wettkampf geliefert, doch sie waren verbraucht. Lange durchzuhalten erfordert Disziplin, erzählt mir Pete. Nicht nur der Kampf selbst, sondern der gesamte Lebensstil, für den sich ein Kämpfer entscheidet, um sich in Form zu bringen.

Ich übernehme diesen Lebensstil mit Freude.

Der Kerl – Steel Eyes – ist jeden Tag im Gym. Er redet mit keinem. Man könnte meinen, es würde Kraft kosten, Kraft, die er sich lieber für seine Schläge auf den Sandsack aufhebt. Schläge direkt aus diesen definierten Bauchmuskeln heraus, die mit einem dumpfen Aufprall auf dem Leder landen. Wahrscheinlich ist er neu in der Stadt. Keiner weiß das. Er trägt Ohrhörer, um sich vom Rest der Welt abzuschotten. Kürzlich habe ich einen Blick in das Meldebuch werfen können; er unterzeichnet mit dem Namen Cage, Käfig.

Und wie in einem Käfig fühlte ich mich, als er mich an unserem zweiten Tag direkt ansah.

Sein Blick verriet, dass er mich in meinen Sportsachen wiedererkannte, und so etwas wie Freude flackerte ebenfalls in seinen Augen auf. In dem kurzen Moment hatte ich das seltsame Gefühl, dass er sich freute, mich zu sehen. Seine Augen haben eine wirklich seltsame Farbe – metallisch, wie glänzender Stahl –, und er stand vor der Tür des Gyms, als wartete er auf jemanden. Als ich ihn sah, spürte ich einen seltsamen Anflug von Nervosität und zückte dann meine Karte, um hineinzugehen. Er folgte mir, zog seine Kapuze ein wenig weiter über den Kopf, um sein Gesicht zu verbergen, und schlüpfte mit mir hinein.

Ich blieb am Empfang stehen. »Er ist mit mir hier«, sagte ich zu den Damen, und er nahm den Stift neben dem Meldebuch und trug sich ein.

»Danke«, sagte er leise, als wir den Trainingsbereich betraten.

Ich nickte und hatte plötzlich das Gefühl, Schmetterlinge zum Frühstück gehabt zu haben.

Seither ist es jeden Tag so. Und jeden Tag ertappe ich ihn dabei, wie er mich während des Trainings anschaut. Jeden Tag ein bisschen länger.

Der Typ schlägt hart zu. Und er hört nicht auf damit. Andere Clubmitglieder, vor allem diejenigen, die in der Nähe des Sandsacks trainieren, scheinen sich bedroht zu fühlen und reden die ganze Zeit über ihn.

Der ist irgendwie angefressen.

Für wen hält er den Sandsack bloß?

Wer hat diesen Jungen bloß geärgert?

Er ist kein Junge. Er ist ein mindestens siebenundneunzig Kilo schwerer und einsdreiundachtzig großer Mann. Und bestimmt ein paar Jahre älter als ich. Vielleicht … dreiundzwanzig?

Er trainiert viel am Sandsack und am Speedball. Er übt Finten, hüpft herum und schlägt schließlich zu, als hinge sein Leben davon ab. Doch wenn ihn jemand anspricht, ist das Verspielte plötzlich verschwunden und er verschanzt sich hinter einer Mauer, die in den letzten Tagen jeden auf Distanz gehalten hat. Er strahlt etwas Unversöhnliches aus. Etwas Entschlossenes. Und das auf so einschüchternde Weise, dass es keinem entgeht. Viel zu einschüchternd, um ihn zur Rede zu stellen, dass er das Studio benutzt. Sie lassen ihn in Ruhe und trainieren weiter, während sie ihm verstohlene Blicke zuwerfen.

Ich mache mich zum Gehen bereit, als er von dem Sandsack ablässt und zu mir kommt.

»Hey.«

Ich reiße die Augen auf, als ich seine Stimme höre. Eine tiefe, männliche Stimme wie Donnergrollen.

Oh nein, Kumpel, du brichst unseren unausgesprochenen Pakt des Schweigens nicht, denke ich alarmiert.

»Wie heißt du?«, fragt er mich mit zusammengezogenen Brauen.

»Reese.«

Er nickt zum Dank und geht. Mit einem seltsam unbehaglichen Gefühl bleibe ich zurück. Ich habe mich wegen eines Typen noch nie so unbehaglich gefühlt. Tief durchatmend wende ich mich zum Gehen, wobei ich bemerke, dass Cage die Handschuhe auszieht, als wollte er sich ebenfalls auf den Weg machen.

Racer nennt mich Ree. Einfach Ree. Obwohl er das R auch nicht richtig aussprechen kann, weshalb es wie Wee klingt. Was bezaubernd ist. Und peinlich.

Er spricht eigentlich viel besser, doch ich glaube, es ist sein Kosename für mich. Der kleine Hosenscheißer liebt mich. Dieses Grübchen auf der Wange ist jedes Mal zu sehen, wenn ich auftauche. Ich hebe ihn hoch und setze ihn auf meine Hüfte, wenn ich ihn nach dem Training abhole. »Hattest du Spaß, Racer?«

Er nickt nur und blickt mich mit dem Grübchen im Gesicht an.

»Was ist?« Ich tue so, als wüsste ich nicht, worauf er wartet, und sage dann: »Ooooh! Das hier?« Ich halte ihm das Eis am Stiel hin.

Mit seiner pummligen Hand greift er danach.

»Gib mir einen Kuss, sonst bekommst du es nicht.« Sein Kuss ist feucht, doch ich bin ganz hingerissen davon. Wie von den Küssen von Fluff, unserem Hund.

Brooke möchte noch einmal schwanger werden. Ich weiß, dass es nicht leicht sein wird, sich bei dem Leben mit den Kämpfen um zwei Babys zu kümmern. Doch Racer ist nicht mehr so klein. Er ist intelligent … und ganz schön durchtrieben.

Wir halten beim Park, wo ich ihm immer etwas zu essen gebe. Riley aus dem Team kommt mit dem Kinderwagen dorthin.

»Hallo Fremde«, sagt er.

»Hey.«

»Hast du dir ein Baby ausgeliehen, um Typen anzumachen?«

»Genau. Aber hier in der Nähe ist niemand zum Abschleppen. Keine interessanten Typen jedenfalls.«

Wie Miles, denke ich.

»Komm her, kleiner Mann.« Riley setzt Racer in den Kinderwagen und sie stoßen die Fäuste aneinander.

»Ich kann nicht glauben, dass er das tut.«

»Und ob. Sein Vater würde einen Anfall bekommen, wenn er den Faustgruß nicht könnte.«

»Was hat er als Nächstes für ihn auf Lager? Mit vier Jahren Schattenboxen?«

Er macht sich lachend auf den Weg.

»Danke, Riley.«

Ich spüre ein Prickeln im Nacken, und als ich mich umdrehe, entdecke ich Stahlauge, der mich ansieht. Er macht Push-ups am Boden, wie beim Militär, schnell und geschmeidig, und er hat den Kopf im Nacken, um mich dabei anzuschauen. Mit solcher Intensität und Verwirrung, dass mir der Atem stockt. Er hört auf mit den Push-ups und steht auf.

Er blickt erst Racer an und dann mich.

Er sieht verwirrt aus.

»Wee, Happa.«

»Essen. Ja. Du möchtest die Fruchtbären, stimmt’s?« Ich drehe mich um, um die Box mit dem Essen und eine Tüte mit getrockneten Früchten zu öffnen, und als ich zu der Stelle blicke, wo Cage war, ist er verschwunden.

Ich suche den Park ab und sehe, dass er auf den Laufpfad eingebogen ist. Leute mit Rollerblades fahren vorbei. Andere werfen Bälle. Es gibt Leute, die spazieren gehen, andere, die laufen, und Paare, die auf Decken liegen und knutschen oder zu Mittag essen.

Und Cage, der im langsamen Laufschritt in die Luft boxt, als hinge sein Leben davon ab.

Ich kneife die Augen ein wenig zusammen und schaue mir sein Profil an.

Er hat etwas Rebellisches. Als würde er lieber Entschuldigung sagen als Dürfte ich vielleicht …, und vielleicht nicht einmal Entschuldigung. In seinem Ausdruck steckt eine tiefe Leidenschaft und in seinen Augen ein Lodern. Ich bewundere leidenschaftliche Menschen. Menschen, die andere überstrahlen; sie sind so leidenschaftlich, wollen so viel, sehnen sich nach so viel.

Er hat Schweißperlen auf der Stirn, und nicht zum ersten Mal ertappe ich mich dabei, wie ich über ihn nachdenke, mich Dinge frage, die ich mich nicht einmal im Stillen fragen sollte.

Ich schaue zu ihm hin, bis er zwischen den Bäumen am Rand des Pfads verschwindet, und dann bemerke ich, dass Racer geschickt aus seinem Sportwagen geklettert ist. Die Tüte mit den getrockneten Früchten liegt genau dort, wo er eben noch gesessen hat. Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich den Buggy ohne Racer sehe. Der Schreck trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube.

Ich springe auf und suche den Park ab. Racer rennt gerade hinter einem Labrador her, der zuerst seinen eigenen Schwanz und dann einen Schatten jagt und dabei vom einen Ende der Wiese zum anderen läuft, als wäre er noch nie in seinem Leben gerannt.

»Racer!«

Ich kann die Decke und alles andere gar nicht schnell genug in meine Tasche stopfen. Ich tue es auch nicht. Ich lasse alles stehen und liegen und renne hinter ihm her in dem Moment, als der Hund Racer entdeckt und auf ihn zustürmt. Der Hund ist nicht an der Leine und dreimal so groß wie Racer.

Ich sehe eine vertraute Gestalt, die zu einem Ast hochspringt und nach etwas greift, das wie ein Tennisball aussieht, der zwischen den Blättern steckt. Er wirft ihn auf den Boden.

Der Hund schnappt ihn sich und prescht schnell wie eine Gewehrkugel davon.

Racer rennt freudig krähend hinter ihm her.

Er kommt nicht sehr weit. Cage klemmt ihn sich unter den Arm und bringt ihn zu mir. »Hast du was verloren?«, fragt er und stellt Racer vor mich hin.

»Ob ich was verloren habe?«, frage ich verwirrt.

Meinen Atem.

Meinen Kopf.

Und um ehrlich zu sein, einen Teil meiner Seele ebenfalls.

Mein Herz pocht noch immer wie eine Kesselpauke.

Ich hätte Racer im Park verlieren können!

Der Hund hätte ihn zerfleischen können!

Brooke hat mir gesagt, dass er gegenüber Gefahren unerschrocken und respektlos sei, doch ich hätte nie geglaubt, dass es so schwer wäre, auf einen süßen, kleinen Bengel wie ihn aufzupassen.

Dabei wäre es gar nicht so schwer gewesen, wenn ich meine Aufmerksamkeit auf Racer gerichtet hätte, anstatt auf den Typen, der jetzt einen halben Meter von mir entfernt steht, bedrohlich nah jetzt.

Cage sieht mich an, während ich mich sammle. »Danke«, sage ich zu ihm und gehe dann vor meinem Schützling in die Hocke. »Racer.« Ich blicke in seine strahlenden blauen Augen und spüre, wie ich zittere. »Tu das nicht noch mal. Wenn du den Hund streicheln möchtest, komme ich mit.«

»Wieso?«, fragt er herausfordernd mit strahlendem Blick.

»Ich konnte dich nirgends sehen, und ich hatte Angst, dass dir was passiert.«

Er legt seinen kleinen Kopf zurück und beäugt Cage, wobei er in der Sonne blinzelt.

Cage schaut ihn ebenfalls an und dann mich. Er sieht auf einmal fasziniert aus. Und sein Gesicht ist so verwirrend, dass ich mich zwingen muss, den Blick abzuwenden und auf eine Stelle hinter seiner Schulter zu blicken.

»Wee is meine Freundin!«, sagt Racer stolz und streckt Cage den Arm hin. Mir ist sofort klar, dass er Cage die Faust hinhält.

»Er will den Faustgruß machen«, erkläre ich hastig.

Cage betrachtet Racer in seinem Superman-T-Shirt und seiner hübschen, kleinen Jeans. »Du bist’n cooler Knirps.«

Er ballt eine Faust – seine ist riesig und gebräunt, Racers blass und pummelig –, und sie schlagen ihre Fäuste gegeneinander.

Cage hebt den Blick und schaut mich an. Und ich mache den Fehler, mich eiskalt dabei erwischen zu lassen, wie ich ihn anstarre. Sein düsterer, intensiver Blick ist irgendwie sexy und verwirrend.

Er und ich werden offensichtlich nicht unsere Fäuste gegeneinander stoßen, und ich kann einfach keinen klaren Gedanken fassen. Mir hat es die Sprache verschlagen.

Pheromone liegen in der Luft, und mein Körper reagiert seltsam. Warum reagiert mein Körper seltsam?

Ich bin nicht besonders gesprächig, doch der Typ ist noch schlimmer.

»Hattest du genug vom Gym für heute?«, frage ich ihn.

Herrgott. Gibt’s vielleicht eine blödere Frage, Reese?

Er sieht noch immer verwirrt aus, doch sein Ausdruck verändert sich leicht, als ich das Studio erwähne. Er verdüstert sich aus irgendeinem Grund. »Keine Sparringpartner. Zu voll.«

Ich nicke. »Ich kann dein Partner sein«, platze ich heraus. »Morgen.«

Die schwarzen Brauen schießen hoch. »Du sparrst?«

Ein wenig spöttisch hebe ich mein Kinn und nicke. »Ich werd’s lernen.«

Plötzlich bin ich voller Energie.

Ich hebe Racer hoch. »Wir sehen uns morgen«, sage ich und kehre stumm zu dem Buggy und unseren Sachen zurück. Ich meine, seinen Blick in meinem Rücken zu spüren, also lenke ich mich mit Racer ab und nehme die Trockenfrüchte vom Kinderwagensitz. »Willst du noch was?«, frage ich Racer und zeige ihm die Tüte.

Er stößt meine Hand weg und versucht wegzurennen. »Ich will zu dem Hund.«

Ich fange ihn mit Mühe ein. »Okay, aber setz dich da rein, dann schieb ich dich ganz schnell.«

Er hört auf, sich aus meinem Arm zu winden und lässt sich von mir in den Buggy setzen, wobei er über meine Schulter hinweg etwas angrinst.

Oder jemanden.

Ich drehe mich zu Cage um, der uns mit einem kleinen Lächeln zusieht, das mehr in mir auslöst, als es sollte. Ich lächle ebenfalls matt und spüre seinen Blick auf meinem Rücken, als ich Racer den Pfad entlangschiebe.

»Das ist nicht schnell, Wee! Schneller!«, sagt Racer.

Scheiße. Echt jetzt? Mein Hintern hüpft bestimmt wie verrückt.

Ich beuge mich zu ihm hinunter. »Wenn wir um die Ecke sind, bitte. Reese hat sich schon genug vor dem Typen blamiert.« Ich zerzause ihm das Haar und halte nach dem Labrador Ausschau.

Vier

KNOCKING

Maverick

Im Businessbereich des Hotels stehen ein Dutzend Computer, doch ich bin der Einzige dort. Ich suche das Netz nach Trainern im Raum Seattle ab. Schreibe eine neue Liste. Ich habe bei der Spitze angefangen und bin jetzt bei den unteren Rängen, als ich den zweiten Namen notiere, dann suche ich eine weitere halbe Stunde. Verdammt, meine Möglichkeiten sind bald erschöpft.

Ich logge mich aus, reiße die Seite von dem Notizblock des Hotels ab und starre auf die beiden Namen, die auf meiner Liste stehen. Ich reibe mir das Kinn und lese die Adressen noch einmal.

Dann falte ich das Blatt zusammen, schiebe es in meine Jeanstasche, schnappe mir meine Wasserflasche und gehe hinaus zur Bushaltestelle.

Ich mache zwei Stopps.

Zwei weitere Türen, die mir vor der Nase zugeschlagen werden.

Ich lege meine Hand flach auf die letzte, beiße die Zähne zusammen und schlage mit der Handfläche dagegen.

»Komm schon, Mann!«, rufe ich.

Keine Reaktion.

Herrgott.

Arschlöcher.

Ich setze mich auf den Bürgersteig und lehne missmutig den Kopf an die Mauer. Ich habe noch drei Tage, um einen Coach zu finden. Drei Tage, um überhaupt eine Chance aufs Kämpfen zu bekommen.

Ich wühle in der Vordertasche meiner Jeans und nehme den Penny heraus, den ich bei Hennesy gefunden habe. Ich schließe meine Hand darum und bitte um etwas Glück und eine verdammte Chance.

Ich bin bei meiner Mutter in Pensacola aufgewachsen. In der Nähe des Strands. Sie wollte, dass ich zur Armee gehe. Doch wie sich herausstellte, war Disziplin nie meine Stärke. »Als ich dich Maverick genannt habe, wusste ich nicht, dass du es so ernst nehmen würdest«, tadelte mich meine Mutter scherzhaft, als ich die Truppe verließ. »Maverick« bedeutet Rebell, das wusste ich natürlich.

Wir vereinbarten, dass ich ihn sehen dürfte, wenn ich einundzwanzig wäre. Meinen Vater. »Er ist geschäftlich viel unterwegs, Mav. Ich weiß nicht, ob du ihn sehen solltest.«

»Dann fahr ich eben mit. Ich will was lernen. Schließlich bin ich sein Sohn, oder?« Ich hatte mir wohl vorgestellt, dass wir einen Draht zueinander hätten. Ich konnte es nicht erwarten, aus Florida herauszukommen.

Mein Vater schickte mir zu jedem Geburtstag ein Paar Boxhandschuhe.

»Er war ein guter Mann«, sagte meine Mutter jedes Mal, wenn ich nach ihm fragte.

»Ich will ihn sehen.«

»Er war ein guter Mann.« Sie betonte das »war«.

Ich begriff es nicht. Man war nicht erst gut und dann schlecht; das konnte nicht sein. Oder? Ich war zu jung und ziemlich dumm.

An meinem einundzwanzigsten Geburtstag gab sie mir seine Adresse und Telefonnummer, und als er nie ans Telefon ging, fuhr ich hin.

Mein Vater – den ich mir groß und stark vorgestellt hatte und der meine Mutter und mich aus ehrenhaften Gründen verlassen hat – lag hilflos in einem Krankenhausbett, das viel zu klein für seinen Körper war. Es gab keine Vorwarnung. Nichts, was meiner Mutter und mir verraten hätte, dass sich unser Leben für immer ändern würde. Es war am helllichten Tag, ein Tag wie jeder andere. Doch ich war zum ersten Mal in dieser Stadt. Allein.

Also saß ich dort ohne Tränen.

Nur er und ich.

Ein Fremder, mit dem ich blutsverwandt bin.

Die Ärzte sagten, sie hätten versucht, sein Gehirn nach dem Unfall abschwellen zu lassen. Sie versetzten ihn ins künstliche Koma. Er wollte nicht wieder aufwachen. Sein Koma ist jetzt real. Es hängt allein von seinem Lebenswillen ab, sagten sie.

»Mein Vater ist ein Kämpfer; das ist er«, erzählte ich den Ärzten. Das ist alles, was ich über ihn weiß.

»Vielleicht hat er keine Kraft mehr zum Kämpfen.«

Ich schaute meinen Vater an; er war vernarbt, derangiert, fertig. Nicht der Kerl, von dem meine Mutter ein Foto hatte.

Kämpf weiter, wollte ich gern sagen.

Doch ich sagte es nicht. Ich weiß noch immer nicht, ob ich ihn Dad oder Vater nennen soll, oder bei dem Spitznamen, den man ihm als Kämpfer gegeben hat.

Stattdessen sagte ich: »Ich werde dafür sorgen, dass du stolz auf mich bist.«

Ich flog wieder nach Hause, duschte, zog mich um und während ich die Boxhandschuhe herausnahm, dachte ich daran, dass die Ärzte meinten, es sehe nicht gut aus. Ich ging zu meiner Mutter in die Küche.

»Ich werde nicht mehr nach Hause zurückkommen.«

Sie weinte leise. Ich nahm sie in den Arm und hielt sie fest. Seit sechs Jahren schon war ich größer als sie, und sie fühlte sich klein und zerbrechlich in meinen Armen an.

»Ich liebe dich, Mav.« Sie packte mich am Kinn und küsste mich auf die Wange. »Sag mir, wohin du gehst. Melde dich.«

»Mach ich.«

»Maverick. Du bist nicht dein Vater. Du musst das nicht tun.«

»Nein. Aber ich bin halb er und halb du.« Ich schaute sie an. »Ich will mehr als das hier.« Ich hatte nur eine Reisetasche, meine Ersparnisse und meinen Rucksack bei mir, als ich die Tür öffnete. »Ich werde ihm zeigen, dass es ein Fehler war, mir keine Zeit zu widmen.«

Im Bus zog ich das letzte Paar Handschuhe heraus, das er mir zum Geburtstag geschickt hatte. Er hatte mir keine neuen geschenkt, sondern ein paar alte mit der Nachricht: Da du die Handschuhe nie benutzt, die ich dir schicke, und es auch nicht vorhast, schicke ich dir welche von einem echten Kämpfer.

Die Handschuhe waren so alt, dass sie an den Handgelenken mit silbernem Klebeband repariert waren. Ich schlüpfte erst in den einen und dann in den anderen Handschuh und stellte fest, dass sie mir passten.

Sie passten mir.

Fünf

LASS UNS SPARREN

Reese

Wie ist das Luxusleben?

Miles hat gestern Abend endlich eine SMS geschickt. Ich war schon im Bett, als das Telefon summte. Ich spähte auf den Screen und schnellte hoch.

Wahrscheinlich hätte ich mit dem Antworten eine Minute warten sollen. Es ist nicht gut, wenn man zu sehnsüchtig rüberkommt, und um ehrlich zu sein, ich war es nicht. Doch er ist einer meiner engsten Freunde und einer der wenigen Menschen, die alles von mir wissen und mich trotzdem mögen.

Gut!, antwortete ich.

Überlege gerade, dich zu besuchen und deine neuen Freunde kennenzulernen.

Soll das ein Vorwand sein?, fragte ich mich. Wir sind doch Freunde. Er braucht keinen Vorwand; er bräuchte einfach nur zu sagen, dass er mich vermisst. Vielleicht. Zögernd tippte ich: Na klar. Wann willst du kommen?

Weiß noch nicht. Vielleicht zum Halbfinale? Kannst du mich und die Jungs dann RIP vorstellen?

Ich las die Nachricht, stand dann auf und schaute mich im Spiegel an. Bis dahin würde ich toll aussehen, eine Menge Selbstvertrauen verströmen und ein klares Ziel in meinem Leben haben. Also schrieb ich:

Mal sehen, was ich tun kann, wird schon klappen.

Ich habe nicht viele Freunde; ich schätze diejenigen, die ich habe, weil es immer ein Kampf war, sie zu finden und dann auch zu behalten.