Rhein-Flugzeugbau GmbH und Fischer Flugmechanik - Paul Zöller - E-Book

Rhein-Flugzeugbau GmbH und Fischer Flugmechanik E-Book

Paul Zöller

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Beschreibung

Die Rhein-Flugzeugbau GmbH (RFB) wurde 1956 in Krefeld vom früheren Focke-Wulf Produktionsleiter Willi Käther und Carl Deilmann gegründet. Hanno Fischer übernahm die technische Leitung bei Rhein-Flugzeugbau. Unter ihm entwickelte sich das einzige größere Flugzeugwerk in Nordrhein-Westfalen in den kommenden 33 Jahren zu einem Innovationsbetrieb der deutschen Luftfahrtindustrie. Entwicklungen wie der Motorsegler Sirius, das Reiseflugzeug Fanliner oder der militärische Fantrainer haben in der Fachwelt weltweite Beachtung gefunden. Rhein-Flugzeugbau entwickelte sich im Laufe der Zeit zum größten unter den kleineren deutschen Luftfahrtbetrieben. Anfang der siebziger Jahre kam es zur Zusammenarbeit zwischen Hanno Fischer und Alexander Lippisch bei der Erforschung des von Lippisch entdeckten Bodeneffekts. Bei Rhein-Flugzeugbau entstanden zwei Versuchsträger X.113 und X.114 mit denen die Nutzung des Bodeneffekts erforscht und Potentiale für die Seeaufklärung untersucht werden sollten. Nach dem Tod von Alexander Lippisch setzte Hanno Fischer die Arbeit an den Bodeneffekt-Fahrzeugen in seinem Ingenieurbüro Fischer Flugmechanik alleine fort. Fischer hat in den vergangenen 25 Jahren die Technologie zur Nutzung des Bodeneffekts soweit entwickelt, dass inzwischen Fahrzeuge für 100 und mehr Passagiere realisierbar sind. Viele seiner Airfish- und Hoverwing-Entwürfe werden in Asien inzwischen in Lizenz nachgebaut. Das Buch gibt einen Überblick über die Luftfahrt-Entwicklungen von Hanno Fischer während der vergangenen 65 Jahre und über die Geschichte der Unternehmen, in denen diese Entwicklungen größtenteils entstanden sind.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kommunikation

Hanno Fischer

Fischer-Boretzki FiBo

FiBo 2

Rhein-Westflug Fischer & Co

RWF RW-3 Multoplan

Rhein-Flugzeugbau GmbH

RFB RF1

RFB-Standort Mönchengladbach

RFB-Wartungsbetrieb

RFB-Zieldarstellung und Luftbildflüge für die Bundeswehr

RFB-Teilefertigung und Zulieferbetrieb

RFB-Beteiligung Leichtflugtechnik Union (LFU)

RFB-Übernahme durch Vereinigte Flugtechnische Werke

RFB-Übernahme der Sportavia-Pützer

RFB Sirius Motorsegler

RFB Schubgondel SG / Fan Pod

RFB Fanliner

RFB Fanstar

RFB Fantrainer

Vought V.538 Eaglet (NGT-Ausschreibung)

Royal Thai Air Force (RTAF) Fantrainer

RAF Provost T.3A Ersatz – AST.412

Zweite Trainerausschreibung der Luftwaffe 1985

FT-600 Vertrieb

Rockwell / RFB Fan Ranger / FR-06 Ranger 2000

Tiro Trainer

Fanjet FJ-600

RFB Stauflügel-Fahrzeuge

Collins X.112

RFB X.113

CLST ESKA-1

Bavar 2

RFB X.114

RFB-215

RFB SSF-I

RFB X.117

RFB-Übernahme in den MBB-Konzern

RFB FL-5 und FF Whisper-Fan

MBB-Übernahme durch DASA

Übernahme des RFB durch ABS International

RFB-Auflösung

Fischer Flugmechanik / Airfoil Development GmbH

Airfish AF-1 / AF-2

Airfish AF-3

Flarecraft L-325

Airfish AF-8

Flightship Ground Effect Pty, Australien

Wigetworks Private Ltd, Singapur

Flightship FS-40

Hoverwing HW2VT

Hoverwing HW20

Hoverwing HW50 Wingship WSH 500

Hoverwing HW80

Flyship GmbH

Hoverwing HW4

Weitere Hoverwing-Entwicklungen

Anhang

RFB-Geschäftsführung 1956 – 2006

RFB-Beteiligungen 1956 – 2006

Fischer Flugmechanik Lizenzpartner seit 1990

Luftfahrt-Patente von Hanno Fischer und RFB

Flugzeug- und Fahrzeugproduktion (RWF, RFB, FF)

Rhein-Westflug RW-3 Produktion

Rhein-Flugzeugbau RF-1 Produktion

Rhein-Flugzeugbau Sirius Produktion

Rhein-Flugzeugbau Fanliner Produktion

Rhein-Flugzeugbau Fantrainer Produktion

RFB/MBB/Rockwell Fanranger Produktion

Collins/RFB X-Series Produktion

Fischer Flugmechanik Airfish Lizenzbauten

Fischer Flugmechanik Hoverwing Lizenzbauten

RFB Zieldarstellungs-Flugzeuge

Hawker Sea Fury

Harvard T6

North American OV10B Bronco

English Electric Canberra

IAI 1124 Westwind

Bildnachweis

Index

Vorwort

Bekannt ist Hanno Fischer als technischer Leiter der Rhein-Flugzeugbau GmbH aus Mönchengladbach. Mit seinen in der Fachwelt vielbeachteten Konstruktionen begründete Hanno Fischer den Ruf des Unternehmens als luftfahrttechnische Innnovationsschmiede. Die dreißigjährige Aktivität für Rhein-Flugzeugbau stellt aber nur einen kleinen Ausschnitt seiner inzwischen 65 jährigen Tätigkeit als Konstrukteur und Entwickler dar, die bis zum heutigen Tag von kontinuierlicher Innovation geprägt ist.

Innovation erfordert nicht nur den Mut zum Andersdenken, sondern vielmehr auch den Mut zum Andersmachen. Den Mut zum Andersmachen hat Hanno Fischer in 65 Jahren stets aufgebracht. Seine Konstrukteurslaufbahn begann 1951 mit dem Entwurf des Motorseglers FiBo 2 zu einer Zeit als in der jungen Bundesrepublik der Motorflug noch verboten war. In den Sechzigern gehörte Hanno Fischer zu einer kleinen Gruppe von Ingenieuren, die sich erstmals mit der Verwendung von Kunststoffbauteilen im Bereich der tragenden Strukturen des Flugzeugbaus beschäftigten. Im aufstrebenden Jetzeitalter bringt Hanno Fischer Mitte der siebziger Jahre ein kostengünstiges Propellerflugzeug mit jetähnlichem Flugverhalten für die Strahlpiloten-Ausbildung ins Gespräch. Von einschneidender Bedeutung wird für Fischer in den siebziger Jahren die Zusammenarbeit mit Alexander Lippisch bei der Grundlagenerforschung des Bodeneffekts. Fischer betritt damit das ingenieurmässige Niemandsland zwischen Luft- und Seefahrt. Nach dem Tod von Alexander Lippisch führt Hanno Fischer die Entwicklung weiter und gelangt über mehrere Versuchsträger mit der Airfish AF-3 schließlich zum weltweit ersten serientauglichen Bodeneffekt-Fahrzeug. In seinem Entwicklungsbüro Fischer Flugmechanik sind daraus in den vergangenen 25 Jahren weitere technologische Entwicklungsstufen entstanden, die inzwischen Groß-Fahrzeuge für mehrere 100 Passagiere ermöglichen. Absatz finden die Entwürfe von Hanno Fischer vor allem in Asien, wo Fischers Bodeneffekt-Fahrzeuge die große Lücke zwischen preisgünstigem, aber zeitintensivem Seeverkehr und schnellem, aber kostspieligem Luftverkehr abdecken.

Das vorliegende Buch widmet sich den Entwicklungen von Hanno Fischer und den beiden Unternehmen, in denen diese Entwicklungen in den zurückliegenden 65 Jahren umgesetzt wurden. Für den Autor war es ein besonderes Glück und eine große Freude, daß Hanno Fischer selbst diese Ausarbeitung tatkräftig und umfangreich unterstützt hat. Der Leser erhält damit eine authentische und korrekte Sicht aus erster Hand auf die damaligen Begebenheiten mit vielen Details und Hintergründen, die uns ansonsten verborgen geblieben wären. Glücklicherweise konnte Hanno Fischer auch einen großen Teil des verwendeten Bildmaterials aus seiner privaten Bildsammlung und Resten des ehemaligen RFB-Bildarchivs beisteuern, die hier teilweise erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Ein besonderer Dank geht an Michael Fader von Wings-Aviation, der viele Informationen und Bilder zum Einsatz der Fantrainer in Thailand zur Verfügung gestellt hat. Vielen Dank auch an Steve Darke und Jean Marc Braun, die zahlreiche Bilder der thailändischen Fantrainer beigesteuert haben und den Verbleib der Flugzeuge ausführlich auf flickr.com dokumentieren. Dieses Buch wäre auch ohne den vielfältigen Support aus dem Internet nicht möglich gewesen. Vielen Dank an alle, die auf ihren Webseiten, in Foren oder digitalen Bibliotheken ihre Informationen zur Verfügung gestellt haben. An dieser Stelle gilt Panagiotis Zagklis mein besonderer Dank, über dessen Facebook-Seite der Autor nicht nur umfangreiches Material zum Stand der Bodeneffekt-Forschung bekam, sondern auch der persönliche Kontakt zu Hanno Fischer hergestellt wurde. Vielen Dank, Panagiotis! Dank auch an die Vielen, die Bildmaterial aus ihren persönlichen Archiven für dieses Buch beigesteuert haben.

Dem Autor ist es in erster Linie ein Anliegen, die bestehende Lücke zum Thema Rhein-Flugzeugbau und Hanno Fischer in der deutschen Luftfahrtliteratur zu schließen. Schön wäre es, wenn der Leser diesen Lückenfüller als einen spannungsreichen Bogen durch 65 Jahre Luftfahrtgeschichte empfindet.

Krefeld im September 2016,

Paul Zöller

Kommunikation

Mit dem vorliegenden Werk erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es mag auch durchaus sein, daß sich in dieser Biographie der eine oder andere Fehler eingeschlichen hat. Viele Leser werden vielleicht auch erst durch diese Veröffentlichung dazu angeregt, Ihr Wissen zu teilen.

Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, für unsere Leser eine Kommunikationsplattform in Facebook zur Verfügung zu stellen. Hier sind Sie gerne dazu eingeladen, Ihre Meinung, Ihre Anmerkungen und Korrekturen, aber auch Ihre eigenen Erfahrungen und Geschichten, die Sie in Verbindung mit Rhein-Flugzeugbau oder Hanno Fischer gesammelt haben, zu hinterlassen.

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Hanno Fischer1

Hanno Fischer als Gefreiter der Luftwaffe 1943 (001, Sammlung Fischer)

Hanno Fischer wird am 15. November 1924 in Wünschelburg in Schlesien, dem heutigen Radkow, als Sohn von Werner und Elfriede Fischer geboren. Der Vater ist Oberst in der Reichswehr, was die Familie zu häufigen Umzügen zwingt. Von Schlesien zieht die Familie nach Heiligenbeil in Ostpreußen und später ins Sudetenland nach Braunau, dem heutigen Broumov.

Schon in jungen Jahren begeistert sich Hanno Fischer für den Flugzeugmodellbau und das Segelfliegen. Auf der Reichs-Modell-Bauschule „Hoher Meißner“ im nordhessischen Velmeden absolviert Fischer einen Lehrgang als Modellbaulehrer. Um 1938 tritt Hanno Fischer in die Flieger-HJ in Neudorf bei Braunau ein. Neben ersten Flugerfahrungen als Segelflieger auf einem SG38 gewinnt er auch Einblicke in den Bau und die Instandhaltung von Flugzeugen. Im Februar 1943 absolviert Hanno Fischer sein Abitur. Er meldet sich danach freiwillig zur Luftwaffe. An der Luftkriegsschule LKS 3 in Wildpark-Werder am Zernsee wird Fischer zum Nachwuchsoffizier der Luftwaffe ausgebildet. Hier sammelt Fischer auch seine ersten Motorflugerfahrungen mit Bücker und Klemm 35. Bereits nach sechs Starts absolviert Fischer seinen ersten Alleinflug mit einem Motorflugzeug. Nach der fliegerischen Grundausbildung wird Hanno Fischer an die Flugzeugführerschule C8 in Wiener Neustadt zur Jagdfliegerausbildung versetzt. Den zweiten Teil seiner Ausbildung absolviert Fischer 1944 beim Jagdgeschwader 108 in Bad Vöslau, das Teil der Flugzeugführerschule A/B 62 ist.

Nach der Pilotenausbildung kommt Hanno Fischer Anfang 1945 in die IV. Gruppe des Jagdgeschwader JG3 „Udet“, welche mit gepanzerten Focke-Wulf FW190 als Sturmgruppe in Prenzlau an der Oderfront im Einsatz steht. Hanno Fischer stößt in Strausberg erstmals zu seiner neuen Stammeinheit. Am 25. April 1945 verlässt die Gruppe im Rahmen des allgemeinen Rückzugs Prenzlau. In sieben Tagen geht es über Tutow, Greifswald und Richtenberg nach Rerik. Kurz vor Kriegsende wird Hanno Fischer am 1. Mai 1945 in der Nähe von Jarmen bei Greifswald in einem Luftkampf mit sieben russischen Jak 3 abgeschossen. Mit stehendem Motor absolviert Fischer bei Tutow eine Bauchlandung, die er leicht verletzt übersteht. Am nächsten Tag verlegt er mit seiner Gruppe zum letzten Mal von Rerik auf den Fliegerhorst IV in Westerland auf Sylt.

Als englische Einheiten die Insel am 8. Mai 1945 besetzen, entschließt sich Hanno Fischer zur Flucht. Er erwartet eine jahrelange Gefangenschaft in England zur Wiedergutmachung und will sich daher zu seinen Eltern nach Braunau im Sudentenland durchschlagen. Fischer startet von Sylt mit einer abgestellten Messerschmitt Bf 108. Der Treibstoff reicht bis in die Nähe von Göttingen, wo Fischer innerhalb einer Woche zum zweiten Mal mit eingefahrenem Fahrwerk notlandet. In Zivilkleidung schlägt er sich bis in das amerikanisch besetzte Weimar durch, wo er sich offiziell meldet. Die Amerikaner schöpfen jedoch Verdacht und inhaftieren Fischer am 13. Mai 1945 für drei Wochen im Weimarer Gefängnis. Die Amerikaner übergeben Hanno Fischer danach an die Franzosen. Fischer kommt in das „Camp de Novel“ bei Annecy in Ostfrankreich. Fischer meldet sich als Landarbeiter und wird auf einem Bauernhof bei Annecy untergebracht. Später arbeitet Fischer in einer Uhrenfabrik in Clues. Erst im Februar 1948 wird Hanno Fischer aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen.

Seine Eltern findet Hanno Fischer inzwischen in Anröchte in Westfalen. Dort heiratet der 24-jährige Hanno Fischer 1948 die aus Weimar kommende Erika Richter. Beide siedeln noch im gleichen Jahr nach Köln um, wo sie die nächsten zwei Jahre in Notunterkünften, wie dem ehemaligen preußischen Fort IX, leben. Hier wird auch ihre älteste Tochter Gudrun 1949 geboren. Anfang 1950 bezieht die junge Familie endlich eine Parterrewohnung in der neu errichteten Westhovener Siedlung. Zur Wohnung gehört ein Lagerraum und ein Ladenlokal, in dem Hanno und Erika Fischer einen Spirituosen-Handel für eine schlesische Brennerei eröffnen. Die ebenfalls zur Wohnung gehörende Garage wird beim späteren Bau der FiBo 2 zur Flugzeugwerkstatt umfunktioniert. In Poll kommt Sohn Herwig 1952 zur Welt, Tochter Heidrun folgt 1961 bereits in Mönchengladbach. Neben dem Spirituosen-Handel betreibt Hanno Fischer ein Fernstudium im Fachbereich Maschinenbau, das er 1951 erfolgreich abschließt.

1 Heimatmuseum Köln-Porz, Ausstellung „Hanno Fischer“, 2015

Fischer-Boretzki FiBo

Toni Boretzki in Köln um 1951 (002, Sammlung Fischer)

In der Nachbarschaft von Hanno Fischer in Westhoven wohnt der ehemalige Fluglehrer Toni Boretzki. Boretzki war vor dem Krieg Schreiner und kam während des Kriegs zur Luftwaffen-Ausbildung. Mit Hanno Fischer teilt er die Leidenschaft fürs Fliegen. Als sich 1951 die Freigabe des motorlosen Segelflugs in Deutschland abzeichnet, beginnt der junge Maschinenbautechniker Fischer mit dem Entwurf eines eigenen Segelflugzeugs. Fischer und Boretzki wollen unmittelbar nach Freigabe des Segelflugs durch die alliierte Militärbehörde mit dem Bau des Flugzeugs beginnen.

Hanno Fischers Entwurf ist auch für die damalige Zeit eher ungewöhnlich. Es ist Fischers erste eigene Entwicklungsarbeit als Maschinenbauer. Aber Hanno Fischer verfügt aus der Kriegszeit über umfangreiche fliegerische Erfahrung, die er bei der Auslegung nutzt. Der einsitzige Segler ist mit einem T-Leitwerk ausgestattet. Im Gegensatz zu den meisten Segelflugzeugen der ersten Stunden des bundesdeutschen Segelflugzeugbaus ist das Flugzeug nicht in Holzbauweise ausgeführt, sondern verfügt über einen Metallrahmen. Zur Erprobung seines Entwurfs baut Fischer zunächst ein Modell des Fibo (Fischer-Boretzki), den er auf dem stillgelegten Autobahnteilstück vor der Rodenkirchener Brücke testet.

Obwohl die alliierte Militärregierung 1951 nur den motorlosen Segelflug freigeben will, sieht Fischer in seinem Entwurf bereits die Auslegung als Motorsegler vor. Fischer platziert dafür einen Motorraum hinter der Kabine, den er offiziell als Gepäck- und Balastraum bezeichnet. In diesem Raum soll später ein einfacher Motorrad-Motor als Antrieb untergebracht werden. Vom Motorraum führt eine Fernwelle ins Heck des Flugzeugs, wo ein Zweiblatt-Propeller in einem Spalt im Leitwerk untergebracht ist. Der Zweiblatt-Propeller ist im T-Leitwerk für reine Segelflüge vertikal fixierbar. Auf diese Weise ist die FiBo auf den ersten Blick als motorgetriebenes Flugzeug nicht direkt zu erkennen. Offiziell verfügt sie zwar über die Vorrichtungen für eine spätere Motoraufrüstung, bleibt aber ohne Motor ein Segelflugzeug. Auch die aerodynamischen Eigenschaften der Luftschraube im Leitwerksspalt erprobt Hanno Fischer zunächst mit dem FiBo-Modell.

Flugversuche vor der Rodenkirchener Autobahnbrücke mit FiBo-Modell 1951 (003, Sammlung Fischer)

Auf Grund der Modellversuche überarbeitet Hanno Fischer den FiBo-Entwurf noch einmal grundsätzlich. Der neue Entwurf erhält die Bezeichnung FiBo 2. Das Flugmodell wird später als FiBo 1 bezeichnet. Beide Entwürfe unterscheiden sich vor allem in der Auslegung des Rumpfbereichs voneinander. Für die FiBo 2 führt Hanno Fischer schließlich die Detailkonstruktion aus. Als die alliierte Militärbehörde am 1. September 1951 den Bau und Betrieb von Segelflugzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland freigibt, hat Hanno Fischer die Konstruktionsarbeiten an der Fischer-Boretzki FiBo 2 fast fertiggestellt. Im Winter 1951/52 beginnen Hanno Fischer und Toni Boretzki in Fischers Garage in der Amselstraße in Westhoven mit dem Prototypen-Bau der FiBo 2.

FiBo 2

Die Konstruktion des FiBo 2 besteht aus einem Stahlrohrrumpf mit ovalem Querschnitt und Stoffbespannung. Das freitragende Schulter-Tragwerk ist in Aluminium ausgeführt. Zunächst ist die FiBo als Einsitzer ausgelegt. Das Leitwerk ist wie bei der FiBo 1 in Form eines hochgelagerten T-Leitwerks ausgeführt, in dem ein Druckpropeller in einem Spalt angeordnet ist.

Fischer und Boretzki beginnen mit dem Teilebau. Unterstützt werden die beiden von Nachbarn, die Erfahrungen in der Metallverarbeitung haben. Obwohl die FiBo 2 Struktur in Metall ausgeführt ist, übernimmt der gelernte Schreiner Toni Boretzki die Bauleitung. Anfänglich findet der Bau noch im Schutz der Garage von Hanno Fischer statt. Die immer größer werdenden Baustrukturen können aber bald nur noch im Freien auf der Straße vor der Garage unter den Augen der Öffentlichkeit bearbeitet werden. Als offizielles Segelflugzeug drohte der FiBo 2 von Seiten der Militärbehörden aber zunächst keine Gefahr, auch wenn sich ihre aufwendige Struktur deutlich von den zu dieser Zeit üblicherweise entstehenden Holzseglern unterscheidet.

Während die Mittel der Garagenwerkstatt für den Aufbau der Rohrholmstruktur der Zelle ausreichen, greift Fischer für die Herstellung der Strukturbauteile des Tragflügels auf einen erfahrenen Metallbaubetrieb zurück. Die Fertigung dieser Bauteile übernehmen die Vereinigten Aluminiumwerke Ristau, Pieper & Co. in Lüdenscheid. Eigentlich war die Nachkriegsproduktion dieses Unternehmen auf die Fertigung von Haushalts- und Küchengeräten aus Aluminium spezialisiert. Dennoch waren die Presswerkzeuge ausreichend groß dimensioniert, um die Spanten und Längsholme nach Fischers Vorgaben zu fertigen. Die Montage des Flügels erfolgt vor Fischers Garage auf der Straße in Westhoven.

Bau der FiBo 2 Tragfläche auf der Straße in Westhoven, 1952 (005, Sammlung Fischer)

Mit Beginn der Arbeiten an der illegalen Motorisierung kommt das Projekt in eine kritische Phase. Während man bei Inspektionen durch die englischen Militärbehörden den Motorraum noch als Gepäckraum deklarieren konnte, musste der Umbau des vorgesehenen Motorrad-Motors in der verschlossenen Garage erfolgen. Fischer verwendet den 15 PS DKW Motor seines Motorrads als Ausgangsbauteil. Diesen Motor baut er in einen Flugmotor um und bereitet ihn zum Antrieb der Fernwelle vor. Spätestens als Fischer mit dem Test des Motors beginnt, werden die englischen Militärbehörden aufmerksam, zumal sich Anwohner über den ständigen Motorlärm während der Testläufe beschweren. Mehrfach kündigen sich die Behörden zu einer Inspektion des Flugzeugs an. Zum Teil erfolgen unangekündigte Razzien, vor denen Fischer und Boretzki im Vorfeld gewarnt wurden. Jedes Mal können sie den Motor rechtzeitig ausbauen und zu verstecken. Allerdings erregen die Montagestellen und Ölflecken im Motorraum bei den Inspektionen die Aufmerksamkeit der Engländer. Es gelingt den englischen Militärbehörden jedoch nicht, Fischer und Boretzki die illegale Verwendung eines Motors in dem Flugzeug nachzuweisen. Dies hätte dann eine sofortige Beschlagnahmung und Zerstörung der FiBo 2 zur Folge gehabt.

Grundsätzlich war der Entwurf eines Motorseglers Anfang der fünfziger Jahre nicht neu. Schon 1937 hatte Wolf Hirth ein Patent auf ein Segelflugzeug mit Hilfstriebwerk beantragt. Auch die Anordnung der Luftschraube im Rumpf war bereits 1940 von Hans Wünscher mit einem Patent geschützt worden. Fischer konkretisiert diese Vorkriegspatente hinsichtlich der Anordnung des Triebwerks im Rumpf. Noch während des Baus der FiBo 2 reicht Hanno Fischer am 16. Januar 1952 hierfür sein erstes Patent ein, das nach Freigabe des Motorflugzeugbaus im Januar 1956 unter der Nummer DE937744C erteilt wird.

Patent-Deckblatt des ersten Patents DE937744 von Hanno Fischer von 1952

Toni Boretzki war inzwischen an Tuberkulose erkrankt. Sein Zustand verschlechterte sich drastisch und schränkte ihn bei seiner Arbeit an der FiBo 2 ein. Gelegentlich erhielt Fischer inzwischen Unterstützung von Günther Hausmann. Hausmann war selbst Segelflieger und hatte einen Gleiter im Eigenbau erstellt, den er mit Hanno Fischer im Bergischen Land erprobt hatte. Anfang 1953 ist der FiBo 2 fertig. Die Erprobung beginnt im Frühjahr 1953 auf der gesperrten Autobahn A4 zwischen Gremberg und der Rodenkirchener Rheinbrücke, die zu dieser Zeit noch nicht wieder instandgesetzt war. Das Flugzeug war auf den Namen „Ostwind“ getauft worden. Taufpate war Paul Adenauer, der Sohn des Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Paul Adenauer war seit 1951 Kaplan in Porz.

Erstflug der FiBo 2 auf der A4 an der Rodenkirchener Brücke 1953 (008, Sammlung Fischer) (von links: unbekannt, Toni Boretzki, unbekannt, Seidel, Fischer (im Cockpit), Pusch, Meier und Niesel)

Spätere Flugaufnahme der umgebauten Fischer-Boretzki FiBo 2a (009, Sammlung Fischer)

Der kleine Motorrad-Motor reicht für einen Start der FiBo 2 nicht aus. Sie muss am Boden mit einem Auto angeschleppt werden. Erst in der Luft bringt der Motor die notwendige Leistung, um das Flugzeug vorwärts zu bringen. Auch wenn dieser erste Motorflug der FiBo 2 auf der A4 abgeschirmt von der Öffentlichkeit erfolgte, dürfte es sich um den ersten Motorflug eines deutschen Nachkriegs-Flugzeugs gehandelt haben. Zumindest aber gehört die FiBo 2 neben der HD53 von Heini Dittmar zu den beiden ersten „illegalen“ Motorflugzeugen in Deutschland, die beide ihren Erstflug 1953 hatten. Erst zwei Jahre später geben die Militärbehörden dem Motorflug in Deutschland offiziell wieder frei.

Weitere Erprobungsflüge im Schlepp und Freiflug finden auf Feldern in der Nachbarschaft Westhovens statt. Als Fischer und Hausmann den kleinen 15 PS Motor gegen einen 30 PS starken DKW Zweitakter tauschen, ist der FiBo auch in der Lage ohne vorherigen Motorrad-Schlepp zu starten. Der erste Alleinstart des Fibo findet auf der Ringstraße des stillgelegten Luftwaffen-Flugplatzes in Köln-Ostheim statt.

Als Fischer bei einem seiner Flüge von den Militärbehörden erwischt wird, untersagen sie ihm weitere Erprobungsflüge. Fischer legt Einspruch mit der Begründung ein, dass der Motor in der FiBo 2 eine reine Verzierung sei und nicht zum Antrieb des Flugzeugs diene. Danach lässt sich Fischer mit dem Motorrad hochziehen und schaltet erst im Flug den DKW-Motor hinzu. Aber auch dabei wurde Fischer erwischt, weil die Fehlzündungen beim Anlassen des DKW-Motors auch am Boden zu hören waren. Fischer musste die weitere Erprobung in Köln zunächst einstellen.

Bernhard Schulze-Wilmert (010)

Während der Erprobung der FiBo 2 lernt Hanno Fischer Bernhard Schulze-Wilmert kennen. Schulze-Wilmert ist an der Vermarktung einer zweisitzigen Variante der Fibo 2 interessiert. Fischer beginnt daraufhin mit der Modifikation des Prototypen. Bei der Auslegung der FiBo 2 hatte Fischer den Schwerpunkt des Flugzeugs für ein Segelflugzeug ohne Motor ausgelegt. Wurde der Motor im Gepäckraum eingebaut, mussten im Bug Sandsäcke als Ausgleichslast aufgenommen werden. Um auf diese Sandsäcke verzichten zu können, beabsichtigte Hanno Fischer ohnehin den Rumpf nach vorne zu verlängern. Fischer brachte den von Schulze-Wilmert geforderten zweiten Sitz in der Rumpfverlängerung hinter dem Pilotensitz unter. Gleichzeitig verlagerte Fischer das Fahrwerk und das Heckrad. Im August 1953 liegt der neue zweisitzige Entwurf der verlängerten FiBo 2 vor, das nun als FiBo 2a bezeichnet wird. Während die FiBo 2 noch ein mit einem Motor aufgerüstetes Segelflugzeug war, ist die FiBo 2a auslegungsseitig ein wirklicher Motorsegler. Bernhard Schulze-Wilmert finanziert den Umbau der FiBo 2 und wird von Fischer dafür als Teilhaber der Entwicklung aufgenommen. Da Toni Boretzki auf Grund seiner Erkrankung als Bauleiter für den Umbau ausfällt, vergibt Fischer den Umbau an die Vereinigten Aluminiumwerke Ristau, Pieper & Co in Lüdenscheid, die bereits die Teile für den Metalltragflügel gefertigt hatten.

Bernhard Schulze-Wilmert erweitert die Gespräche mit den Vereinigten Aluminiumwerken Ristau um die Aufnahme einer Serienproduktion des FiBo 2a. Da der Bau von Motorflugzeugen zu dieser Zeit in Deutschland aber noch verboten war, soll der Serienbau als Segelflugzeug beginnen. Bei den Vereinigten Aluminiumwerken besteht Interesse an einem neuen Standbein in der frisch aufkeimenden deutschen Luftfahrt-Industrie. Fischer und Schulze-Wilmert übernehmen die Verantwortung für die Entwicklung und spätere Zulassung des Flugzeugs, während die Vereinigten Aluminiumwerke Ristau für Bau und Vermarktung die Verantwortung tragen. Die Vereinigten Aluminiumwerke erwerben dazu eine Produktionslizenz von Fischer und Schulze-Wilmert, über die die beiden an den Erlösen der verkauften Serienmaschinen partizipieren. In Lüdenscheid beginnen bereits die Vorbereitungen für die Vermarktung und den Vertrieb der FiBo 2a. Das Flugzeug wird als Segelflugzeug „vorgesehen als Motorsegler“ in Werbeblättern von 1954 beworben.

FiBo 2a in der Amselstrasse in Poll mit Meier, Boretzki (im Cockpit) und Fischer (012, Sammlung Fischer)

Doch die englischen Militärbehörden werden erneut auf die FiBo 2a aufmerksam. Bei einer Inspektion der Vereinigten Aluminiumwerke Ristau in Lüdenscheid entdecken sie das im Umbau befindliche Flugzeug und beschlagnahmen es auf Grund seiner Vorrüstung für den verbotenen Motorflug. Zwar gelingt es Hanno Fischer sein Flugzeug wieder frei zu bekommen. Den Vereinigten Aluminiumwerken untersagen die englischen Militärbehörden aber jegliche weitere Aktivität im Flugzeugbau. Das Unternehmen gibt daraufhin die Planungen zum Aufbau einer Serienfertigung der FiBo 2a auf. Fischer und Schulze-Wilmert stellen die FiBo 2a mit dem zeitweise genesenen Toni Boretzki selbst fertig. Da auch Hanno Fischer inzwischen unter ständiger Beobachtung der englischen Militärbehörden steht, entschließt er sich, die Erprobung der FiBo 2a außerhalb von Köln durchzuführen und verlagert das Flugzeug nach Bonn-Hangelar.

In Hangelar findet im August 1954 ein offizieller Segelflugtag statt. Hanno Fischer meldet die modifizierte, noch nicht geflogene FiBo 2a in Hangelar für eine Flugvorführung offiziell an. Der Kölner Stadt-Anzeiger unterstützte das Vorhaben Fischers mit 2000 DM. Die FiBo 2a erhält am Leitwerk einen Werbeschriftzug des Kölner Stadt-Anzeigers. Im Vorfeld des Flugtages berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger ausführlich über Fischers FiBo 2. Auch andere Zeitungen berichten über die ersten illegalen Motorflüge in Deutschland mit einem nicht zugelassenen Flugzeug. Vermutlich hat auch der Flugplatz-Kommandant in Hangelar Kenntnis von diesen Artikeln. Er verweigert der FiBo 2 den Start. Fischer behauptet allerdings in der Diskussion, dass er eine Sonder-Genehmigung für den Flug vom englischen Oberkommando in Mönchengladbach habe. In einem fingierten Telefonat mit dem Oberkommando in Mönchengladbach bestätigt Fischer im Beisein des Flugplatzkommandanten am Telefon, dass er die Sondergenehmigung zu einer Platzrunde in Hangelar habe und bedankt sich hierfür. Der Flugplatz-Kommandant gibt daraufhin die FiBo 2 zum Start frei. So kann die FiBo 2a in Hangelar nicht nur ihren ersten Versuchsflug absolvieren, sondern sie wird im August 1954 auch erstmals öffentlich mit Motor geflogen.

Hanno Fischer mit seiner Frau Erika und FiBo 2a in Bonn-Hangelar (013, Sammlung Fischer)

Fischer und Schulze-Wilmert wenden sich zu dieser Zeit schon einem neuen Projekt zu, der Entwicklung der späteren RW-3. Die FiBo 2a wird zunächst bei Günther Hausmann in Ostheim eingelagert. Toni Boretzki stirbt an seiner Tuberkulose-Erkrankung während eines Sanatorium-Aufenthalts in Marienberg. Luftfahrthistorisch war die FiBo 2 nach dem Ende des zweiten Weltkriegs vermutlich 1953 das erste in der Bundesrepublik Deutschland gebaute und geflogene Motorflugzeug. Die FiBo 2 war aber nicht das einzige Flugzeug, dass zu dieser Zeit bereits als Motorsegler ausgelegt wurde. Auch die Entwürfe von Heini Dittmar oder Fritz Raab aus der Zeit vor 1955 sahen eine spätere Ausrüstung mit Motoren vor. Sie wurden bis 1955 ausschließlich ohne Motor in Kleinserien gebaut und nach Freigabe des Motorflugs 1955 aufgerüstet.

Nach der gescheiterten Serienaufnahme bei den Vereinigten Aluminiumwerken Ristau bleibt die FiBo 2 ein Einzelstück. Das Flugzeug wird später an einen Interessenten verkauft, der die Maschine weiterentwickeln möchte. Dies scheint aber nicht mehr realisiert worden zu sein. Vermutlich wurde das erste bundesdeutsche Motorflugzeug später zerlegt. Der FiBo 2 ist der Beginn einer konsequent über Jahrzehnte von Hanno Fischer fortgeführten Entwicklungslinie, deren prinzipielle Entwurfselemente kontinuierlich weiterentwickelt wurden und auch in den späteren Entwürfen vom RW-3 bis zu den finalen Fanliner- und Fantrainer-Entwürfen der siebziger und achtziger Jahre wiederzufinden sind.

Fischer-BoretzkiFibo 2FiBo 2aBesatzung12Länge 6, 80 mSpannweite13,90 m13,90 mFlügelfläche16,70 m²16,70 m²Höhe2,15 m2,15 mLeermasse 200 kgMax. Startmasse300 kg400 kgHöchstgeschwindigkeit 135 km/hTriebwerk30 PS DKW 

Rhein-Westflug Fischer & Co.

Nachdem sich die Vereinigten Aluminiumwerke Ristau nach der Intervention der englischen Militärbehörden aus der geplanten Serienfertigung der FiBo 2a zurückgezogen hatten, beabsichtigen Hanno Fischer und Bernhard Schulze-Wilmert eine Serienproduktion in eigener Verantwortung. Beide gründen in Porz-Westhoven 1954 die Rhein-Westflug Fischer & Co. Sitz der Firma ist die Wohnung von Hanno Fischer in der Amselstrasse 5. Finanzieller Geldgeber für die anstehenden Flugzeugentwicklungen ist Bernhard Schulze-Wilmert. Hanno Fischer übernimmt die Rolle des technischen Geschäftsführers.

Hanno Fischer überarbeitet den FiBo 2 Entwurf nochmals unter fertigungstechnischen Gesichtspunkten und beginnt mit der Planung des Serienbaubetriebs. Inzwischen deutet sich aber bereits die bevorstehende Freigabe des Motorflugs in Deutschland an. Hanno Fischer gibt den Entwurf der FiBo 2 daher auf und beginnt mit der Entwicklung eines neuen leistungsstarken Motorseglers, der allerdings die wesentlichen Merkmale des FiBo 2a verwendet. Als die Pariser Verträge im Mai 1955 das Bauverbot von Motorflugzeugen in Deutschland beenden, hat Hanno Fischer den Entwurf des neuen Motorseglers unter der Bezeichnung RWF RW-3 bei Rhein-Westflug bereits abgeschlossen.

Mit der Aufhebung des Bauverbots von Motorflugzeugen entstehen in der Bundesrepublik 1955 eine ganze Reihe von neuen Luftfahrzeugbaubetrieben. Bernhard Schulze-Wilmert und Hanno Fischer kehren daher zu ihrer ursprünglichen Idee der Vergabe von Produktionslizenzen für die von ihnen entwickelten Flugzeugmuster zurück. Rhein-Westlfug konzentriert sich daher auf die Rolle als entwicklungstechnischer Betrieb, in dem Hanno Fischer seine Entwürfe einschließlich Prototypen-Erprobung und Zulassung bis zur Serienreife führt. Bernhard Schulze-Wilmert übernimmt die Vermarktung von Baulizenzen.

Die Rhein-Flugzeugbau GmbH in Krefeld wird 1956 der erste und einzige Lizenznehmer für den Nachbau der Rhein-Westflug RW-3. Hanno Fischer begleitet die Einführung des Flugzeugmusters bei Rhein-Flugzeugbau bis 1958 und übernimmt später die technische Leitung des Unternehmens. Weitere Entwürfe entstehen dann nicht mehr bei Rhein-Westflug sondern bei Rhein-Flugzeugbau.

RWF RW-3 Multoplan

Die bei Rhein-Westflug seit 1954 entwickelte RW-3 Multoplan ist ein zweisitziger Mitteldecker, der als Mehrzweckflugzeug zum Einsatz kommen soll. Das Flugzeug vereint die Belange eines wirtschaftlichen Reiseflugzeugs mit denen eines kunstflugtauglichen Motorseglers.

Das Triebwerk ist wie bei der FiBo komplett im Rumpf hinter dem Cockpit untergebracht und treibt über eine Fernwelle den Druckpropeller, der in einem Rumpfschlitz vor der Seitenflosse integriert ist. Als Motor ist ein leistungsstarker Porsche 678/0 Motor mit 65 PS vorgesehen. Der Rumpf ist als Stahlrohr-Konstruktion ausgeführt, die im vorderen Bereich mit Kunststoffschalen verkleidet wird, während der hintere Teil stoffbespannt ist. Die Verwendung von Kunststoffteilen ist die erste GFK-Anwendung im Flugzeugbau. Leitwerk und der einholmige, negativ-gepfeilte Flügel sind als Ganzmetall-Konstruktion ausgeführt. Nur die Ruderflächen sind stoffbespannt. Um das Flugzeug sowohl für den normalen Reise- und Segelflug als auch für Kunstflüge nutzen zu können, gestaltet Fischer den Ganzmetallflügel flexibel. Er besteht aus vier leicht trennbaren Segmenten, von denen die beiden 2,50 Meter langen Außenflügel-Segmente optional montiert werden können. Auf diese Weise variiert die nutzbare Spannweite der RW-3 zwischen 11 und 16 Metern. Für den normalen Reise- und Segelflug bis 4,4g werden die beiden äußeren Segmente montiert, während für Kunst- und reine Motorflüge bis 6g die Außenflügel abgenommen werden. Bei den kurzen Tragflächen werden Randkeulen am Flügelende montiert, die zusätzlich 30 Liter Kraftstoff aufnehmen können. Um den Abtransport des Motorseglers bei Außenlandungen zu ermöglichen, können auch die inneren Tragflächen schnell demontiert und stehend am Rumpf montiert werden. Mit einer Schleppstange kann die RW-3 an einen PKW angehängt auf dem eigenem Dreibein-Fahrwerk transportiert werden oder platzsparend in einer Flugzeughalle untergebracht werden.

Bei der Entwicklung greift Hanno Fischer auf die Unterstützung des Flugtechnischen Ingenieurbüros Gerhard Siegel in Gauting zurück. Siegel war vor dem Zweiten Weltkrieg als Segelfluglehrer aktiv und hatte zahlreiche technische Fliegerbücher veröffentlicht. Er war Statiker und Dozent für Flugzeugbau. Zuletzt hatte Siegel in Madrid für Dornier an der Entwicklung der Do 27 teilgenommen. Für das luftrechtliche Zulassungsverfahren berechnet Siegel die Statik und Festigkeit des RW-3 Entwurfs. Siegel arbeitet zeitgleich auch an der Entwicklung des Konkurrenzmusters Motorraab mit.

Die Auslegung des Fahrwerks vergibt Fischer an Herbert Gomolzig in Wuppertal2. Gomolzig hatte sich in Zeiten des Bauverbots mit der Konstruktion von Kraftfahrzeugen beschäftigt. Der Gomolzig Taifun wurde 1949 der Öffentlichkeit vorgestellt, ein Fahrzeug, das seiner Zeit weit voraus war und über zahlreiche Innovationen, unter anderem Flügeltüren verfügte. Seit 1952 betrieb Herbert Gomolzig in Wuppertal ein Ingenieurbüro, das sich auf Flugzeug- und Maschinenbau spezialisierte. Im Jahr 1954 nahm Gomolzig in Wuppertal-Barmen in der Dahlerstr. 28 die Lizenzfertigung von Segelflugzeugen, wie Grunau Baby V auf. Gomolzig sieht für die RW-3 einen Entwurf für ein einziehbares Dreibein-Fahrwerk mit Bugrad vor. Durch den im Leitwerk integrierten Propeller kann das Fahrwerk auffällig kurz gestaltet werden. Später übernimmt Gomolzig auch noch die Auslegung der Kunststoffnase der RW-3 und die Montage der Prototypen.

RW3 Fahrwerk von Gomolzig (014, RWF-Prospekt)

RW3 Cockpit Layout (015, RWF-Prospekt)

Durch das wachsende Interesse kleinerer deutscher Flugzeugbaufirmen an Porsche Motoren beginnt Porsche ab 1955 mit der Entwicklung eigener Flugzeugmotore unter der Bezeichnung 678. Dieser Flugmotor basierte auf dem KFZ-Motor aus der Porsche 356 Serie. Hanno Fischer sieht diesen Motor für seine RW-3 vor. Es dauert allerdings noch bis zum 1. März 1957 bis Porsche diesen ersten Luftfahrtmotor 678/0 der Öffentlichkeit vorstellt.

Fischer greift daher für seinen RW-3 Prototypen zunächst auf einen KFZ-Motor von Porsche zurück und modifiziert diesen zur Nutzung als Flugantrieb. Fischer untersucht für den RW-3 Prototypen die luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotore Typ 527, 528 und 546 mit 45 ccm und 45-50 PS, die bei Porsche seit 1951 für die Personenwagen produziert wurden. Diese Motore erweisen sich für die schwere RW-3 als unterdimensioniert. Sie werden daher nur für die ersten Testflüge im Prototyp verwendet und sollen später gegen den Flugmotor Porsche 678 ausgetauscht werden. Für die Serienvariante werden dann die Flugmotore 678/3 und 678/4 von Porsche untersucht. Der Porsche 678/3 mit einer Leistung von 65 PS kommt 1958 in den ersten Serienflugzeugen zum Einsatz. Diese Motorvariante erweist sich aber für den schweren Motorsegler ebenfalls als unterdimensioniert. Erst mit dem Porsche 678/4 mit 75 PS Leistung erreichen die RW-3 Serienflugzeuge ab 1959 ein akzeptables Leistungsniveau.

Porsche 678 Flugmotor (016, RFB-Prospekt)