Riten, Bräuche, Märchen und Legenden aus Korsika - Miluna Tuani - E-Book

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Miluna Tuani

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Beschreibung

Riten, Bräuche, Märchen, Legenden und Traditionen aus Korsika
Das ganze Jahr über finden religiöse Feste und Zeremonien auf der Insel Korsika statt, die wie zu Urzeiten zelebriert werden. Von den mystischen Osterriten, der Granitula, der Prozession des Catenacciu, über die Legende des Marienkultes in Pancheraccia im Boziu, den Legenden aus Naturgegebenheiten, bis hin zu den Weihnachtsriten, urigen Bräuchen und schaurig schönen Märchen. Ein Essay, das uns in die geheimnisvolle Welt der Mystik aus der Vergangenheit der Insel innerhalb des 21. Jahrhunderts entführt.

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Miluna Tuani

Riten, Bräuche, Märchen und Legenden aus Korsika

allen Korsikafans und denen die es noch werden möchten...BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Riten und Bräuche aus Korsika Die Praxis des l’Occhjiu

Riten und Bräuche aus Korsika  Die Praxis des l’Occhjiu

Die Praxis des “l'Occhjiu” (des Exorzismus gegen einen auferlegten Fluch) ist auf Korsika eine Tradition die auf tausend Jahre zurückgeht und von Generationen zu Generationen, hauptsächlich von Frauen, überliefert wurde und immer noch wird. Hier eine Abhandlung über diese Praxis, gefolgt von einer Anekdote, selbsterlebt...

 

Riten und Bräuche aus Korsika – Legenden und Traditionen: Die Praxis des l’Occhjiu

Die Praxis des “l'Occhjiu” (Exorzismus gegen einen auferlegten Fluch) ist auf Korsika eine Tradition die auf tausend Jahre zurückgeht und von Generationen zu Generationen, hauptsächlich von Frauen, überliefert wurde und immer noch wird.

Es ist eine Art Ritual, eine Predigt, die man nur in der Weihnachtsnacht erlernen und überliefern kann.

Es gibt mehrere Überlieferungen dieses Rituals und auch jede Predigt ist unterschiedlich, aber der Zweck ist derselbe bei allen:

Es dient dazu, eine Person, die von einer Art Fluch heimgesucht wurde, davon zu befreien.

Es gibt auch spezielle Ritual Formeln, die dazu dienen, Kopfschmerzen, Unwohlsein und allgemeine Erschöpftheit, ungeklärte Müdigkeit zu beseitigen, da diese Symptome oft Folgen eines unbemerkten Fluches sein können.

Auch können manche "weise" Frauen,  die dieses Ritual beherrschen, größeren Wunden schneller zur Heilung verhelfen.

Einige Rituals Formeln sind spezifisch an ein Dorf gebunden und werden nur in der Familie von der Mutter an die Tochter, wie schon gesagt, in der Weihnachtsnacht überliefert.

Normalerweise ist es die älteste Frau, oft eine Greisin, die das Ritual an ihre Töchter, Enkelin und Urenkeltöchter sowie Nichten und Cousinen weitergibt.

Die älteste Adeptin dieses Rituals, nennt man die Signadora (die Signierende).

 

Das Ritual spielt sich folgender Massen ab:

Im Dunkeln setzt sich die Signadora an einen Tisch vor eine Öllampe und einen tiefen Teller mit Wasser gegenüber der Person, die vom einem Fluch befreit werden möchte oder die testen möchte, ob man einen Fluch auf sie gelegt hat.

Nach Anzünden der Lampe beginnt das Ritual.

Sie rezitiert mehrere Formeln in einer Art Gesangspredigt, aber so leise, dass man sie weder verstehen noch hören kann.

Dann lässt sie einige Tropfen Öl in den Teller mit Wasser fallen.

Wenn die Tropfen Öl rund und klein bleiben, liegt keinerlei Fluch auf der Person.

Im Fall, dass die Tropfen sich auflösen und zu Formen zerfließen, bedeutet das, dass auf der Person ein Fluch liegt, der sie krank macht.

Die Signadora macht nun mehrere Kreuzzeichen unter dem Teller, während sie weiter ihre Rituals Formeln unhörbar spricht.

Fühlt sich die Person nicht augenblicklich besser, muss eine zweite Signadora das Ritual wiederholen und ist danach auch keine Besserung eingetreten, kann eine Dritte ihr Glück versuchen ...

Aber meistens klappt es beim ersten Mal!

Also wer dieses Ritual erlernen will, sollte eine Signadora aufsuchen und sie um die Überlieferung in der Weihnachtsnacht bitten.

Mir selbst wurde es oft angeboten, aber ich hatte zu Weihnachten selten Zeit, mich damit zu befassen.

Aber es wird der Tag kommen, an dem ich bereit bin, dieses Ritual zu erlernen...

 

Eine kleine Anekdote zur Praxis des Occhjiu auf Korsika

Man muss nur daran glauben…

Vor einigen Jahren arbeitete ich als Haushaltshilfe bei einer alten Dame.

Eines Morgens als ich bei ihr ankam, schaute sie mich durchdringlich an.

Dann fragte sie, ob ich irgendwelche Beschwerden hätte, Kopfschmerzen, Fieber o.a.

Ich war ein wenig erstaunt, dann fragte ich,  wieso sie mir diese Fragen stellte und sie antwortete mir, dass sie spüre, dass jemand einen Fluch l’Oghjiu" gegen mich oder gegen jemand in meiner Familie geworfen hatte.

Ich wurde bleich, dann erzählte ich ihr, das mein Töchterchen, damals 2 Jahre alt, seit fast einer Woche Fieber hatte, sich schlapp und müde fühlte und ständig gähnte, tagsüber und nachts viel weinte und kaum schlief, aber keinerlei Anzeichen von einer Krankheit aufwies.

Die Kinderärztin hatte sie von oben bis unten durchgecheckt, sogar Blutproben genommen, Urinproben gemacht und nichts, rein gar nichts gefunden!

«Aha» sagte die alte Dame.

„Ich habe mich also geirrt, es hat ihre Tochter erwischt; jemand hat ihr einen Fluch geschickt. Wenn Sie möchten, führe ich das Ritual durch, um sie davon zu befreien. Bringen Sie sie mir noch heute Nachmittag vorbei und wir werden sie von ihrem Übel befreien“.

Ich willigte ein und, gegen 14.00 Uhr kam ich mit meiner kleinen Fee bei ihr an.

Sie fing gleich an zu weinen, war rot, verschwitzt und heiß, hatte trotz der Medikamente fiebrige glasige Augen, war zappelig und nervös, was gar nicht ihre Art war.

Die liebe Signadora lud uns ein, sich in ihrem Ritualsraum niederzulassen vor einem runden tiefen Tisch auf großen Kissen, wo schon die Öllampe und der Teller mit Wasser standen.

Sie setzte sich uns gegenüber, fragte nach dem Namen meiner Kleinen und begann das Ritual.

Nachdem sie das Öl eingeträufelt hatte, beobachtete ich mit Staunen die Öltropfen, die aufgingen und sich überall verteilten.

“Na das war ja klar“, sagte die Signadora und begann mit dem Antifluchritual.

Mein Töchterchen schien sich schon zu beruhigen und schaute wie hypnotisiert auf die tanzenden Öltropfen.

Es dauerte noch eine Weile, dann war es vorbei und die Signadora rief erfreut

„Na wie fühlst du dich, meine Kleine?“ -

Mein Töchterchen schaute lachend auf; ihr Gesicht hatte eine normale Farbe angenommen, ihre Augen strahlten klar und gesund - ich fasste an ihre Stirn, die nicht mehr glühte...

«Es hat geklappt, sie ist befreit und wieder gesund!

Ich danke Ihnen von Herzen, aber wissen Sie wer meiner Kleinen einen Fluch auferlegt hat und warum?»

Die Signadora schaute wie durch mich hindurch und erklärte dann, es seien Neider und schlechte schwarze Seelen aus dem Dorf in dem ich wohnte.

Auch das erstaunte mich nicht.

Sie gab mir einen kleinen Talisman, den ich meiner Töchter umhängen sollte, um sie vor neuen Angriffen zu schützen.

Den trug sie dann auch und ich habe mir ebenfalls einen zugelegt.

Leider hat sie ihren  Mitte 2012 verloren und die liebe Signadora war bedauerlicher Weise inzwischen verstorben...

 

Schockierdende Gegebenheiten folgten...

wäre es alles so katastrophisch abgelaufen, wenn ich eine Signadora gefunden hätte?

http://www.bookrix.de/_ebook-miluna-tuani-teufelskreis/

 

© Miluna Tuani - 2004

© Miluna Tuani

Riten und Bräuche aus Korsika: Der Schwarze Christ (U Cristu Negru)

 Ein weiterer Beitrag aus der Reihe "Riten und Bräuche aus Korsika", stelle ich die Prozession des Schwarzen Christen in Bastia vor... ein Ritus, der auf ein Geschehnis im Jahre 1428 zurückzuführen ist...

 

Der Schwarze Christ (U Cristu Negru)

 

In der Nacht vom 2. zum 3 Mai 1428, hoben zwei Fischer, Camugli und Giuliani genannt, die aus Terra Vecchia stammten, einem Stadtteil von Bastia auf Korsika, eine angeschwemmte Christstatue aus schwarzgetünchtem Holz aus dem Meer. 

Das Erscheinen des schwarzen Christen schien den Bewohnern der Stadt damals wie ein Wunder, also brachten sie die Statue in die Kapelle Sainte-Croix de Bastia, wo sie seither angebetet wird: 

 

Jedes Jahr am 3. Mai, wird der schwarze Christ in einer Prozession durch die alten Gassen der Stadt getragen, von den Mönchen der Konferiere Santa Croce, begleitet von Pilgerren, Gläubigen, Fischern und Neugierigen, die von der Zitadelle bis zum alten Hafen von Bastia ziehen, wo dort dann die traditionelle Segnung des Meeres stattfindet ...

 

Die Statue ist noch heute in der Kapelle Sainte-Croix de Bastia (rue de l'Évêché), in einer Vitrine zu bestaunen.

 

c Miluna Tuani

 

Die Legende des Marienkultes in Pancheraccia im Boziu

Riten, Bräuche und Legenden aus Korsika:

Die Legende des Marienkultes in Pancheraccia im Boziu

 

Einer Legende nach ist im 18.Jahrhundert in Pancheraccia, wie auch in Lourdes, die heilige Jungfrau Maria einem jungen Mädchen erschienen, als es sich in einer abgelegenen Berggegend in wilder Natur verlaufen hatte.

 

Die Legende des Marienkultes in Pancheraccia im Boziu

 

Das kleine Mädchen war einer Bergziege in die wilde Macchia hinter ihrem Dorf gefolgt, erst spät bemerkte sie, dass sie den Weg zurück verloren hatte. Sie irrte lange herum, und gab dann endlich auf, legte sich in einer Grotte nieder, schwach vor Durst und Hunger. Sie erinnerte sich nicht, wie lange sie dort gelegen hatte, als sie von einer hellen Erscheinung vor ihr geweckt wurde. Sie blickte auf und schaute direkt in das Antlitz der heiligen Madonna, die sie mit sanfter Stimme ermutigte, sich wieder auf den Weg zu machen. Doch die Kleine antwortete schwach:

 

„Ich habe keine Kraft mehr, ich bin so durstig und hungrig!" –

 

Da zeigte die Madonna vor sich auf den anliegenden kargen Felsen, und auf einmal schwoll eine glasklare Quelle aus dem Gestein. Das Mädchen stürzte sich darauf, um zu Trinken. Als sie endlich ihren Durst gelöscht hatte, entdeckte sie neben dem Felsen einige verwilderte Feigenbäume mit großen reifen violetten Früchten, und sie pflückte sie, um sich satt zu essen

 

„Danke, oh Santa Regina!" –

 

Die Madonna lächelte sanft, dann nahm sie das Kind bei der Hand und begleitete sie zurück zu ihr Dorf.

Als das Mädchen endlich das Dorf vor sich liegen sah, war die Erscheinung auf einmal verschwunden. 

Ihre Familie nahm sie dankbar in die Arme, nachdem sie fast über eine Woche verschollen gewesen war.

Als sie dann von ihrer Begegnung erzählte, pilgerte die ganze Dorfgemeinschaft zu dem Felsen in den Bergen, wo von nun an die heilige Quelle sprudelte.

 

Seit diesem Tag ist Pancheraccia zu einem bedeutenden Wallfahrtsort von Korsika geworden. Die Kapelle, die man zu Ehren der Madonna erbaut hat, und in der die Quelle eingefasst wurde, überragt das ganze Tal und ein einzigartiger Blick eröffnet sich bis zum Meer.

 

Am 7. September findet jedes Jahr die Prozession statt, bei der die Madonnenstatue von der Kirche des Dorfes unter der Teilnahme der Bruderschaft im Fackelschein auf den Straßen des Dorfes zum Sanktuar getragen wird, und eine Messe wird dann vor Ort zelebriert.

 

Am 8. September finden dann zwei weitere Messen statt. Die Statue wird über die Dorfgassen zurück in ihre Pfarrkirche getragen, wo die gesegneten ornamentalen Bänder der Madonna an die Pilger auf dem Kirchplatz Bänder verteilt werden, mit der die Statue geschmückt wurde