Robert - Siegfried Diller - E-Book

Robert E-Book

Siegfried Diller

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Beschreibung

Das fiktive Dokudrama "Robert" ist ein Versuch, die Geschehnisse des Badeunfalls meines Bruders in Erinnerung zu rufen und dadurch sein Gedächtnis zu bewahren. Die erzählerische Dokumentation will eintauchen in das kurze Leben Roberts (1937-1944), in die damalige Zeit (Drittes Reich) und damit auch in das furchtbare Kriegsjahr 1944, in dem sich der Badeunfall ereignet hatte. Mit den spärlich vorhandenen Fakten soll der nicht restlos aufgeklärte Ertrinkungstod des Bruders aufge- und verarbeitet werden.

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Für meinen im Kindesalter verstorbenen Bruder Robert,

dessen Andenken durch meinen Roman bewahrt werden soll.

Er ruhe in Gottes Frieden. Amen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

I.

Einleitendes Kapitel

Ein tragischer Unfall

Die Schuld-Frage

Die Warum- und Sinn-Frage

II.

Fiktives Dokudrama

Der Geburtstermin rückt näher

Roberts Geburt

Badezeit

Baden im Sommer in einem Fluss

Das Unheil beginnt

Kindheit im Zweiten Weltkrieg

Eisstoß auf der Donau

Fahrten nach Berlin und Besuch im Zoo

Überforderung und Wertschätzung

Das Milieu

Die Luftangriffe auf Regensburg

Das Militärschwimmbad am Unteren Wöhrd

Der verhängnisvolle Tag

Das Todesdrama

Trauer und Wut, nagende Ungewissheit

Die Schuld-Frage und keine Anklage

Die Beerdigung Roberts

Schlussbemerkungen

III.

Anhang

Wissenswertes

Literaturverzeichnis

Bildnachweis

Vorwort

So oder so ähnlich könnte es gewesen sein … Dieses Motto steht auch über meinem dritten Roman, der dieses Mal aber kein überwiegend fiktiver Roman, sondern eher ein fiktives Dokudrama ist. Oder allgemein ein Versuch, die Geschehnisse des Badeunfalls meines Bruders in Erinnerung zu rufen und dadurch sein Gedächtnis zu bewahren. Zeugen, die über das Ertrinken meines Bruders berichten könnten, sind mittlerweile verstorben – liegt der Badeunfall mittlerweile doch immerhin schon 79 Jahre zurück. Aber mich bewegt dieses Geschehen noch immer, obwohl ich meinen Bruder nicht gekannt habe, nie kennenlernen durfte, denn ich bin erst sechs Jahre nach seinem Tod als fünftes und letztes Kind meiner Eltern zur Welt gekommen; vielleicht auch deshalb, weil sie eben ihr drittes Kind verloren hatten. Ich will mit diesem Roman eintauchen in die damalige Zeit und damit auch in das furchtbare Kriegsjahr 1944, in dem der Badeunfall stattgefunden hatte.

Dieses Buch soll auch eine Mahnung sein, Kinder nicht unbeaufsichtigt den Gefahren eines Gewässers auszusetzen. Wasser ist lebenserhaltend, es kann jedoch auch todbringend sein. Das dürfen wir bei all den Badefreuden nie vergessen und müssen es unseren Kindern lehren, damit keines von den Kleinen uns verloren geht.

I. Einleitendes Kapitel

Ein tragischer Unfall

Mein Bruder Robert starb durch einen tragischen, unvorhersehbaren Unfall. Er war noch ein Kind, gerade erst sechs Jahre und sieben Monate alt. Es war ein unglückseliges Geschehen, das vielleicht verhindert hätte werden können. War es Unaufmerksamkeit, fehlende Umsicht oder Gedankenlosigkeit des Badepersonals und des Betreibers oder die nicht vorhandene Aufsicht? Letztlich werden wir es nie mehr ganz aufklären können.

Allein im Jahr 2020 sind in Deutschland 378 Menschen ertrunken, 2021 waren es mindestens 299 Personen. Davon sind in den beiden genannten Jahren 156/120 Menschen in einem See und 130/95 Personen in einem Fluss ertrunken; in einem Schwimmbad waren es dagegen ‚nur‘ 6/7 Leute. Somit sind Seen und Flüsse Unfallschwerpunkte. So ist auch ein Fluss, nämlich die Donau, zum tödlichen Verhängnis für meinen Bruder Robert geworden.

Die Statistik zeigt noch eine andere sehr schmerzliche Zahl; denn unter all den Ertrunkenen waren im Jahr 2020 über 23 Kinder unter 10 Jahren, und 2021 waren es 17 unter Zehnjährige. Zahlen für das Jahr 1944, in dem mein kleiner Bruder den nassen Tod starb, liegen nicht vor. Eine diesbezügliche Statistik gab es damals noch nicht. Aber ich denke, dass er damals nicht der Einzige war, sondern traurigerweise einer unter vielen. Auch bei meinem Bruder waren fehlende Schwimmkenntnisse, aber auch unglückliche Umstände, wie ein Loch im Schwimmbeckenboden, ursächlich für den tödlichen Unfall.

Die Schuld-Frage

Nach einer gewissen Zeit der Schockstarre, des Nicht-Begreifenwollens und der tiefen Trauer wird bei vielen Angehörigen eines jungen Unfallopfers die Schuld-Frage gestellt. Wer oder was ist schuld am Tod unseres lieben Kindes? Wer trägt dafür die Verantwortung und wen kann man zur Rechenschaft ziehen bzw. dafür bestrafen? Gerne wollen wir die Schuld an einer Person festmachen, denn irgendwer muss ja einen Fehler begangen und versagt haben. Sei es durch Leichtsinn, Unaufmerksamkeit, eventuell vorsätzlich oder fahrlässig, denn dies zu wissen, würde unseren Schmerz, unsere Wut und den Verlust etwas besänftigen. Doch auch wenn die Schuld-Frage geklärt ist und der Schuldige feststeht und eine Strafe erhält, macht es das zugefügte Leid nicht unumkehrbar, denn wir können einen Toten nicht mehr dadurch lebendig machen. Die leidgeprüften Angehörigen und die Verursacher, die Schuldigen, müssen ihr ganzes Leben lang mit diesem Verlust oder mit der Schuld leben. Sie sind durch diese schreckliche Tatsache schon gestraft genug. Die Schuld-Frage darf auch nicht zu einem Rachefeldzug werden. Der Hass auf die Verursacher oder Täter darf sich nicht in unser Herz fressen, denn dieser Hass zerstört unseren Seelenfrieden, den es wieder zu erlangen gilt. Schuldigen vergeben – ist natürlich leichter gesagt als getan. Das braucht seine Zeit und übergroße Vergebensbereitschaft. Und weil das Leben weitergeht, müssen Hinterbliebene eine Überlebensstrategie entwickeln. Außerdem dürfen Verursacher nicht ein Leben lang mit Schuldgefühlen belastet werden; sie dürfen nicht unter der Last zerbrechen, denn auch die Schuldigen haben ein Recht irgendwann wieder unbeschwerter weiterzuleben. Ein schuldhafter oder unglückseliger Verlust darf nicht zur Zerstörung menschlicher Beziehungen führen und das Weiterleben unerträglich machen.

Die Warum- und Sinn-Frage?

Ganz allgemein stellen sich, wenn ein Mensch durch ein unvorhersehbares Unglücksereignis bzw. einen tragischen Unfall aus dem Leben gerissen wird, viele der betroffenen Angehörigen aber überhaupt die Frage: Warum? Dies erst recht, wenn es sich um ein Kind handelt. „Warum musste es so früh sterben? Warum musste ein unschuldiges, junges Wesen, das doch eigentlich das Leben noch vor sich hatte, den Tod erleiden?“ An diesen Warum-Fragen verzweifeln viele Verwandte, Bekannte oder Freunde, weil es darauf eigentlich keine befriedigende Antwort gibt. Der Schicksalsschlag erschüttert unser selbstbewusstes Menschsein, stürzt uns in eine tieftraurige Sinnkrise, lässt uns unsere Ohnmacht und Hilflosigkeit schmerzlich erkennen. Wir zweifeln, wie man so sagt, an Gott und der Welt. „Warum hat Gott das zugelassen? Warum kam es überhaupt zu dieser Verkettung unglücklicher, tragischer Umstände? Warum zur falschen Zeit am falschen Ort?“

Die Antwort kennen wir nicht, und wir Menschen werden sie auch in diesem irdischen Leben nie erfahren. Diese Sinn-Frage bleibt für uns ein Geheimnis, und erst wenn wir selber in die Ewigkeit eingehen, wird es gelüftet werden. Denn eines ist klar: Sollte ich einmal vor Gottes Thron stehen, dann werde ich IHM diese Warum-Frage stellen und eine Antwort nicht nur erbitten, sondern sogar einfordern. Denn nur ER allein kann das Geheimnis lösen und uns von der Sinnkrise erlösen. Gott allein kann uns das scheinbar Verlorene in seiner unendlichen Liebe zurückgeben und uns wieder mit unseren verloren geglaubten Lieben vereinen. Wir allein können keinen Sinn in einem Unglück erkennen, weil uns Menschen das Vermögen, zu einer tieferen, transzendentalen Einsicht fehlt. Wir können die sinnlich erkennbare Welt nicht überschreiten und in die übersinnliche, übernatürliche Welt erkennend eintauchen, um so ein Unglück zu verstehen.

Wir können z.B. auch nicht verstehen, wenn in der Bibel steht, dass Gott von Abraham fordert, er solle seinen einzigen Sohn Isaak opfern. Oder auch, dass Gott seinen einzigen Sohn Jesus Christus am Kreuz für uns geopfert hat. Die gläubigen Jünger erkannten erst durch die Begegnung mit dem Auferstandenen, dass der Opfertod Jesu zur Vergebung unserer Sünden geschehen ist und für uns Gläubige den Zugang zum Paradies, zum ewigen Leben, geöffnet hat. Für uns, seine Freunde, hat er sich geopfert.

Eine Erzählung von Jesus und seinen Jüngern, die nicht in der Bibel steht, möchte ich hier noch anfügen, auch wenn das darin Geschehene man nicht mit dem Ertrinkungstod meines Bruders vergleichen oder gleichsetzen kann: Jesus war als Wanderprediger mit seinen Jüngern unterwegs, und als es Abend wurde, fanden sie bei einer Bauersfamilie Unterschlupf. Sie wurden von den Bauersleuten verköstigt und konnten dort nächtigen. Der Bauer erzählte Jesus, dass eine sehr gute Ernte in den nächsten Tagen auf seinen Feldern zu erwarten sei. Mit dem erwarteten Erlös könnte der Sohn des Hauses in die Stadt zum Studieren gehen. Hoffentlich, so meinte der Bauer, bleibt das Wetter gut bis zur Ernte. Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die Jünger und Jesus von den gütigen Bauersleuten. Als sie einen Kilometer weit vom Anwesen entfernt waren, zog plötzlich ein Unwetter auf und der herabprasselnde Hagel zerstörte die ganze Ernte. Die Jünger riefen empört zu Jesus: „Wie kannst Du das zulassen, obwohl wir von der Gutsfamilie so freundlich und großzügig behandelt und aufgenommen worden sind. Hättest Du nicht ein Wunder vollbringen können, ja müssen?“ Doch Jesus antwortete: „Wenn ich schönes Wetter zugelassen hätte, dann wäre der Sohn mit dem ganzen Geld in die Stadt gezogen, hätte es dort verprasst und wäre ein Verbrecher geworden. Weil ich das vorhergesehen habe, deshalb war es das größere Wunder, die Ernte zu verhageln. Der Sinn so manches Geschehen erschließt sich Euch Menschen eben nicht.“