Rosie Byler's Bäckerei - Lydia Preischl - E-Book

Rosie Byler's Bäckerei E-Book

Lydia Preischl

4,9

Beschreibung

Rosie Byler, eine junge Amisch-Frau, ist dabei, ihre Rolle im Leben zu finden. Das Angebot ihrer Großmutter, in deren Bäckerei mitzuarbeiten, kommt ihr sehr gelegen. Sie freut ich auf die neue Aufgabe - und auch darauf, ihren heimlichen Schwarm Jason täglich im Geschäft sehen zu können. Aus den Heimlichkeiten wird eine tiefe Freundschaft und schließlich Liebe. Da schlägt das Schicksal in der Byler-Familie zu. Rosie wird gefordert und steht ihre Frau. Immerhin ist da immer noch Jason, der zu ihr hält, auch wenn eine glückliche Zukunft für Rosie und Jason plötzlich in sehr weite Ferne rückt.

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Die Charaktere und Geschehnisse im Roman sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind

rein zufällig.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 1

„Das. Ist. Echt. Lecker!“ Rosie Byler saß am blankgescheuerten Tisch in der Wohnküche ihrer Großmutter und deutete mit dem rechten Zeigefinger auf den Lebkuchen, den sie in ihrer linken Hand hielt. Sie betonte jedes Wort einzeln, so begeistert war sie von Großmutters neuem Backwerk.

„Woher hast du dieses Rezept?“ Sie erhob sich, schnappte sich einen zweiten Lebkuchen vom Teller, und ging zum Ofen hinüber, wo Rosetta Byler gerade ein neues Blech mit lecker duftendem Gebäck herauszog.

„Du erinnerst dich doch an die deutsche Dame, die kürzlich in meiner Bäckerei war?“

Rosie nickte. Sie kannte die Marotte ihrer Großmutter, ihre Kunden nach deren Lieblingsrezepten zu fragen. Dafür hatte sie eigens eine kleine Ecke im Laden eingerichtet, in der Papier und Stifte auf einem kleinen Tischchen lagen und immer auch ein paar Probierstücke eines Gebäcks. Wer sich die Mühe machte und tatsächlich etwas aufschrieb, dem gab ihre Großmutter einen Kaffee aus.

„Frau Holzmann hat mir ein Buch geschickt. Ein Weihnachtsbackbuch aus ihrer Heimat. Es ist eine Neuauflage von einem ganz alten Backbuch, mit den Zutaten, die man früher benutzt hat. Das Buch ist ein echter Schatz und ich habe ihr schon geschrieben, wie begeistert ich darüber bin“, erklärte Rosetta, während sie mit der bloßen Hand die heißen Lebkuchen vom Blech auf ein Gitter legte.

Ihre Hände wären inzwischen aus Leder, pflegte sie zu sagen, wenn sie während einer solchen Aktion die entsetzten Blicke ihrer Besucher wahrnahm. Rosie kannte das inzwischen und wunderte sich nicht mehr.

Stattdessen hielt sie Rosetta das Gitter hin und stellte es schließlich auf den Tisch nach vorne.

„Was ist es, das den Lebkuchen so lecker macht?“ Rosie holte sich noch ein Exemplar vom Teller, bevor sie wieder zur Großmutter trat, und drehte das Gebäck in alle Richtungen. Schließlich brach sie es in zwei Teile und schnüffelte am saftigen Inneren.

Großmutter Byler beobachtete sie lächelnd. Ihre Wangen glänzten rot von der Hitze am Ofen und die Augen hinter den dicken Brillengläsern blickten schon ein wenig trübe drein. Wenn sie neue Rezepte entdecken wollte, musste sie die Lupe zu Hilfe nehmen.

Alle Byler-Frauen waren klein und neigten zu ausgiebiger Körperfülle. Auch Rosie war nicht gertenschlank, aber die harte Arbeit, die die tägliche Putz- und Hausarbeit oder die Pflege des Gartens mit sich brachte, hielt ihr Gewicht in gesunden Grenzen. Tatsächlich hatten einige der jungen Männer, die in der nahegelegenen Kutschenfabrik arbeiteten, ein Auge auf Rosettas hübsche Enkelin geworfen, die das natürlich zufrieden zur Kenntnis nahm. Wenn sich auch ein bestimmter Jemand leider ziemlich zurückhielt.

Rosie war jetzt sechzehn Jahre alt. Sie würde sich bald taufen lassen und dann unwiderruflich zur amischen Gemeinschaft gehören. Für Rosie selber gab es keinen anderen Weg. Sie hatte sich nie für die Welt interessiert, die schrillen Kleider, die Hektik, den Lärm, den die Touristenbusse mitbrachten, wenn sie ihr Dorf besichtigten. Trotzdem nahm sie für sich in Anspruch, während ihrer Rumspringa-Jahre in die Welt hinaus zu schnuppern, um zu sehen, was sie sicherlich nicht vermissen würde.

„Du warst gestern in Philadelphia?“, fragte ihre Großmutter gerade, während sie zwei Teebecher mit dampfendem Pfefferminztee auf den Tisch stellte und sich auf den Stuhl Rosie gegenübersetzte.

Rosie nickte eifrig.

„Das war wirklich interessant. All die Menschen und Autos. Schon allein die Fahrt dorthin. Irgendwie überwältigend.“

Rosie hielt ihre Hände an den Becher, um festzustellen, ob der Tee schon soweit abgekühlt war, damit sie ihn trinken konnte. Sie zog die Hände schnell wieder weg.

Rosetta schmunzelte. „Du wirst noch viele Kuchen backen müssen, damit deine Hände nicht mehr so empfindlich auf Hitze reagieren.“

Rosie plusterte die Backen auf. „Das ist wohl wahr. Mama sagt auch immer, ich bin extrem empfindlich, wenn es um meine Hände geht.“

„Und Philadelphia?“ Großmutter nippte an ihrem Tee, hütete sich aber zuzugeben, dass er auch ihr zu heiß war.

„Wir waren in zwei Shopping-Centern und dann im Kino. Also ehrlich, Grandma, das ist nicht mein Ding. Man sitzt da stundenlang und schaut auf die Leinwand. Und dort machen irgendwelche Leute irgendwelche Sachen. Was soll das?“ Rosie schüttelte den Kopf in Erinnerung an dieses Erlebnis. „Weißt du, Grandma. Die Stadt hat mir schon gefallen. Und irgendwie auch das Kino. Aber für immer so was, nein, wirklich nicht. Da brauche ich schon was Reelles. Und wenn es nur eine heiße Teetasse ist.“ Sie schmunzelte.

„Richtig so, Kind. Aber schau dich ruhig um. Wenn du getauft bist, ist das nicht mehr so einfach.“

Rosie schaute ihre Großmutter, die gerade angelegentlich in die heiße Flüssigkeit starrte, verwundert an. Was meinte sie damit, dass es nicht mehr so einfach wäre? Im Moment konnte Rosie sich nicht vorstellen, dass sie Sehnsucht nach der Welt da draußen bekommen würde. Aber interessant war es schon, zu sehen, was für die Weltlichen grundsätzlich wichtig zu sein schien.

Die beiden Frauen schwiegen einen Moment. Rosie dachte an ihr Zuhause. House-at-the-Water – ihr Dorf, das ein wenig anders war, als die anderen Ansiedlungen hier in Pennsylvania County. Nicht nur der seltsame Name lockte Touristen an, es war die Tatsache, dass House-at-the-Water eine der wenigen amischen Dörfer war, das nur amische Einwohner hatte. Keine Mennoniten und schon gar keine englischen Nachbarn gab es hier. Das lag im Wesentlichen daran, dass der Siedlungsplatz im Dorf begrenzt war. Lediglich zwei Farmer gab es hier, ansonsten hatten sich die Leute Berufe gesucht, die weniger Grundbesitz benötigten. Der knappe Platz war von dichtem Wald umgeben, der von einer gut ausgebauten Landstraße durchschnitten wurde. Zu House-at-the-Water führte eine Abzweigung, die sich etwa eine Meile durch den Wald aufwärts schlängelte und schließlich an ihrer Lichtung endete. Dort eben, wo sich das Dorf seit Jahrzehnten ohne nennenswerte Veränderung ausbreitete.

Direkt am Dorfanfang, dort, wo die Zufahrtsstraße sich gabelte und einerseits in die Richtung des Anwesens ihrer Eltern und andererseits an der Kutschenfabrik entlang, an den Pferdekoppeln von Ed Stolzfus und der Farm von Dave Hershey vorbei bis zum kleinen See führte, der dem Ort seinen Namen gab, stand das aus einem Raum bestehende Schulhaus des Dorfes.

Am Ortseingang gab es einen Autoparkplatz, auf dem es genug Platz für zwei Busse und noch ein paar PKWs gab. Es war ein Zugeständnis der Ältesten an die moderne Zeit, da die Besucher sonst mit ihren Fahrzeugen überall im Weg standen und selbst die schmalen Kutschen der Einheimischen zuweilen keinen Durchlass fanden. Auf diese Weise hielt man den Ort weitgehend autofrei. Nebeneffekt war, dass das Dorf noch urwüchsiger wirkte, als ohnehin schon.

Links und rechts der Ortsdurchgangsstraße, die bei ihnen vorbeiführte, gab es einige kleine Geschäfte, die sich mit Hilfe der Touristen gut behaupten konnten. Aber auch Mennoniten und Weltliche, die weiter unten an der Hauptstraße wohnten, kamen zuweilen, um einzukaufen.

Ihre Großmutter sprach in ihre Gedanken.

„Und wie war das Autofahren?“

Wieder hatte Rosie das Gefühl, dass ihre Großmutter auch gerne Philadelphia sehen würde. Oder hatte sie gar Sehnsucht nach der Welt und bereute es, dass sie den Weg ihrer Geburt weitergegangen war?

„Es war interessant.“ Damit benutzte Rosie dieses Wort zum wiederholten Male. Irgendwie konnte sie ihre Empfindungen gar nicht recht beschreiben. Es war fremd, anders. Aber nichts, was sie jetzt tiefer berührt hätte.

„Als ich in deinem Alter war, hatten wir auch unsere Rumspringa-Jahre. Aber wir hatten weder das Geld, noch die Möglichkeit, weiter als bis Coatesville zu kommen. Und das war damals auch noch ein Nest. Irgendwie würde ich gerne mal woandershin reisen und mir ein wenig von der Welt anschauen.“

Als sie sah, wie Rosie vor Überraschung über die offenen Worte ihrer Großmutter die Augen aufriss, hob sie die Hand, um ihre Enkelin einzubremsen.

„Keine Aufregung, Rosie. Aber wenn man stundenlang in der Küche steht, dann macht man sich schon manchmal solche Gedanken. Und ja, ohne mein Leben in Frage zu stellen: Ich bedauere es schon, dass wir damals nicht die Möglichkeiten hatten, die ihr heute habt.“

Rosie fiel etwas ein. „Was würdest du machen, wenn du in Philadelphia wärst?“

Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „In eine Buchhandlung gehen und Koch- und Backbücher kaufen. Das ist meine Passion. Ich glaube, es ist auch der Platz, den mir der Herr zugeteilt hat. Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt, der ein Leben lang das immer Gleiche mit solcher Begeisterung macht, als ich die Arbeit in der Küche und in der Bäckerei.“ Sie lächelte versonnen.

Rosie nickte. Das entsprach der Wahrheit. Ihre Großmutter pflegte Lieder aus ihrem Gesangbuch, dem Ausbund, zu singen, wenn sie bei der Arbeit war und sich unbeobachtet wähnte. Ihr Gesicht war vollkommen entspannt, wenn sie Rezepte niederschrieb oder ihre Waren in dem kleinen Ladengeschäft einräumte. Ja, das war ein Segen, so einen Platz im Leben zugewiesen zu bekommen. Das verstand Rosie und sie wünschte, auch einmal so ein Glück zu haben.

Trotzdem war es unamisch, so zu denken. Jeder Platz war der richtige, ob er nun Spaß machte oder nicht. Man sollte sich darüber keine Gedanken machen.

„Hör zu, Grandma. Wie wäre es, wenn ich dir heute im Laden ein wenig aushelfe, dann kannst du noch ein wenig an deinen Rezepten herumbasteln.“

„Hast du denn Zeit? Es ist Waschtag.“

„Wir sind schon fertig damit. Mama konnte wahrscheinlich nicht schlafen, weil sie schon vor vier Uhr aufgestanden ist. Als ich sie hörte, konnte ich auch nicht mehr schlafen.“

Sie grinste ein wenig schief. Denn grundsätzlich schlief Rosie durchaus gerne länger, zumindest länger als bis vier Uhr morgens. Da war es schon ein Luxus, erst um halb sechs aufstehen zu müssen.

„Na gut, dann nehme ich dein Angebot gerne in Anspruch.“

Wie auf Kommando erscholl im Laden, der an die Küche zur Straßenseite hin anschloss, die Türbimmel.

Rosie erhob sich, trank den Rest ihres Tees und ging nach vorne.

„Guten Morgen, Mrs. Bouwer. Was kann ich für Sie tun?“

„Guten Morgen, Rosie. Gibt es heute Nusskuchen?“

„Aber sicher. Wie viele Stücke hätten Sie denn gerne?“

„Oh, einen ganzen. Ich bringe ihn meiner Mutter ins Seniorenheim. Die alten Herrschaften sind ganz wild auf den Nusskuchen Ihrer Großmutter und auf eine Tasse guten Kaffees.“ Mrs. Bouwer lächelte Rosie freundlich zu. Sie war eine Weltliche, die nicht direkt in der Nähe wohnte, aber zuweilen vorbeikam, um einige von Rosettas Leckerbissen zu holen.

„Und noch einen Nussstrudel.“ Mrs. Bouwer hatte eine Vorliebe für Nüsse. „Und noch zehn von diesen leckeren Käsebrötchen. Die bekomme ich sonst nirgends.“

Rosie hatte die Sachen eifrig zusammengepackt und wartete nun darauf, ob Mrs. Bouwer noch weitere Wünsche hatte.

Inzwischen waren die nächsten Kunden in den Laden gekommen. In den nächsten zwei Stunden riss der Kundenstrom nicht ab, so dass Rosie eine Menge zu tun hatte. Die letzten Kunden waren einige der Männer aus der Kutschenfabrik von Henry Stolzfus, die sich ihren Lunch holten. Und auch, wenn sie es niemals zugegeben hätte, ihr liebster Kunde war heute nicht dabei…

Nachdem Rosie gegen ein Uhr nachmittags die Ladentüre zur Mittagspause geschlossen hatte, gingen Rosetta und sie hinüber in das große Familienzimmer ihrer Eltern.

Eigentlich war Rosettas Backstube der Wohnraum des Großdaddyhauses, in dem sie zusammen mit ihrem Mann einige Jahre verbrachte, nachdem sie ihren Besitz ihrem Sohn, Rosies Vater, übergeben hatten. Dann starb Rosies Großvater bei einem Unfall und Rosetta hatte sich die Bäckerei aufgebaut. Zuvor hatte sie ihre Backwerke an einen Laden in Bird-in-Hand geliefert. Um ein kleines Ladengeschäft zu erhalten, trennte Rosies Vater den Wohnraum in die Backstube und den Ladenbereich. Obgleich die Ältesten in den Ladengeschäften Strom erlaubt hatten, ging Rosetta auch hier den traditionellen Weg. Sie beleuchtete den Laden mit Öllampen, was gerade in den frühen Stunden der Wintertage einerseits hell genug war, auf die auswärtigen Kunden aber auch sehr romantisch wirkte. In allen sonstigen Teilen der Häuser gab es ohnehin die übliche Beleuchtung mit stromunabhängigen Gas- oder Ölleuchten. Rosetta hätte nach dem Beschluss der Ältesten auch einen strombetriebenen Ofen anschaffen können, doch auch hier bevorzugte sie nach wie vor die altherkömmliche Methode. Sie backte in zwei gasbetriebenen Herden und ihrem guten alten Holzofen. Und sie behauptete steif und fest, dass Backwaren, die mit Strom gebacken werden, nicht so gut schmecken würden.

Auch Telefonanschlüsse erlaubten die Ältesten zu Geschäftszwecken, die meisten entschieden aber, das Dorftelefon zu benutzen, das im Büro der Kutschenmanufaktur von Henry Stolzfus stand.

Dorthin hatte Rosetta ihre Enkelin nach dem Lunch geschickt. Rosetta benötigte einiges an Rohstoffen, die sie sich von einem Großhändler liefern ließ. Ihre Bestellungen gab Mrs. Finch durch, die als Bürokraft bei Henry Stolzfus arbeitete. Sie war Herrscherin über ein modernes Büro mit PC, Kopierapparat, Telefon und allerlei sonstigen Dingen, die mit Strom aus der Steckdose versorgt wurden und den Leuten im Dorf nicht erlaubt waren. Die Gemeinschaft in House-at-the-Water nutzte Mrs. Finches Dienste, um geschäftliche Transaktionen abzuwickeln, Bestellungen aufzugeben und Zahlungen zu leisten oder einfach, um Werbung für ihre Produkte zu machen. Dazu hatte die patente Mrs. Finch eine Website erstellt, die immer mehr Nutzer fand. Besonders der Quiltshop profitierte von Mrs. Finches Geschäftssinn. Es verging kaum ein Tag, an dem keine Bestellung für den kleinen Laden einging. Deshalb verkauften einige der Damen im Dorf ihre selbsthergestellten wertvollen Quilts bei Elli Glick.

Rosettas Auftrag gefiel Rosie. Sie ging die wenigen Schritte bis zur Kutschenmanufaktur beschwingt und in freudiger Erregung. Vielleicht konnte sie ja einen Blick… Sie spürte, wie ihre Wangen glühten und befahl sich selber, sich nicht so albern zu benehmen.

„Hallo Mrs. Finch“, grüßte sie, als sie das Büro betrat. Es war an das Wohnhaus der Stolzfus-Familie angebaut und sah aus wie ein Laden mit großen Fenstern und einer gläsernen Eingangstür. Gleich daneben konnte man die Werkhalle betreten, in der die in der Amisch-Welt begehrten Kutschen hergestellt wurde.

Mrs. Finch tippte in ihren PC und schaute nicht auf, als Rosie hereinkam. Sie war um die dreißig Jahre alt und passte sich in ihrer Erscheinung an ihre Umgebung an. So lange Rosie sie kannte, kam sie mit weitschwingenden, zumeist in dunklen Farben gehaltenen Röcken, die unterhalb des Knies endeten, und einer passenden, hochgeschlossenen Bluse zur Arbeit. Lediglich bei großer Hitze gestand sie sich eine kurzärmelige Bluse zu. Ihre Haare hatte sie entweder zu einem Pferdeschwanz oder zu einem Dutt zusammengebunden. Vor einigen Wochen hatte Rosie die junge Frau in Coatesville in dem Supermarkt gesehen, in dem ihre Mutter zuweilen Großeinkauf machte. Dort trug sie eine enge Jeans und ein Shirt mit Spaghettiträgern. Ihre Haare fielen in weichen Locken über die Schultern. Rosie wusste also, dass Mrs. Finch durchaus eine moderne weltliche junge Frau war, die jedoch ihre Arbeit in der Welt der Amisch sehr ernst nahm.

„So, jetzt. Ich wollte bloß noch die Mail fertigschreiben.“ Mrs. Finch lächelte und wandte sich Rosie zu. „Was kann ich für Rosetta tun?“, erriet sie.

„Eine Bestellung an Miller und Miller.“ Rosie reichte den Zettel, den Rosetta handschriftlich ausgefüllt hatte, über den Schreibtisch.

Mrs. Finch holte einen schmalen Aktenordner zu sich heran, öffnete ihn und legte den Zettel zuoberst hinein. Dann tippte sie die Zahlen in die Bestellmaske der Firma, deren Internetseite sie gerade aufgerufen hatte.

„Es wird kurze Zeit dauern, dann kannst du die Bestellbestätigung gleich mitnehmen…“ Der jungen Frau war nicht entgangen, dass Rosie die Zeit genutzt hatte, um durch ein Verbindungsfenster zwischen Büro und Fertigungshalle einen oder auch mehrere verstohlene Blicke zu werfen. Sie schmunzelte. „Aber vielleicht könntest du mir in der Zwischenzeit einen Dienst erweisen?“

Rosie fühlte sich ertappt und antwortete eine Spur zu schnell: „Gerne, natürlich, klar.“

„Könntest du für mich in die Halle gehen und Mr. Fisher sagen, dass er kurz bei mir vorbeischauen sollte?“

Mr. Fisher war einer der Vorarbeiter in der Werkstatt.

„In die Halle… äh, ja klar.“

Rosies Aufregung wuchs mit jedem Schritt, den sie dem Halleneingang näherkam.

Eigentlich war es eine Scheune, in die nachträglich einige Fenster eingebaut worden waren, um sie besser zu beleuchten. Auch dort gab es Strom, der allerdings nur für die Lampen benutzt wurde. Ansonsten wurden die Kutschen in hundertprozentiger Handarbeit ohne moderne Hilfsmittel hergestellt. Und genau diese Tatsache machte die Gefährte so interessant für die Old Order Amisch, jene Gruppen, die streng nach den alten Regeln lebten und jegliche Moderne ablehnten. Henry Stolzfus lieferte die Kutschen bis nach Ohio, wo es noch besonders viele konservative Gemeinschaften gab.

Als Rosie durch die Reihen der Männer ging, die mit ihrer Arbeit beschäftigt waren, senkte sie nach Amisch-Art züchtig den Kopf. Als unverheiratete Frau musste sie auf Zurückhaltung bedacht sein. Dennoch versuchte sie aus den Augenwinkeln…Da entdeckte sie ihn! Jason Burkholder! Er hatte sich über einen Kutschbock gebeugt, um irgendwelche Schrauben anzuziehen. Als sie in seine Nähe kam, schaute er zufällig in die Höhe. Der Schraubenschlüssel, den er in der Hand hielt, fiel klirrend zu Boden. Niemand sonst nahm davon Notiz, da es insgesamt recht laut in der Halle zuging, in der immerhin zehn Männer zugange waren.

Rosie jedoch erschrak und vergaß ihre Zurückhaltung, als das Werkzeug direkt neben ihr auf den Boden aufkam. Jasons und ihre Blicke trafen sich für einen Moment, bis Rosie sofort wieder auf den Boden schaute. Doch der eine Blick hatte genügt.

Jason sah so gut aus! Wenn er sich nur für sie interessieren könnte! Er hatte seinen Hut auf dem Kutschbock liegen und so konnte sie ihn kurz ohne Kopfbedeckung sehen. Seine schwarzen Haare widerstanden der üblichen Männerfrisur, einer Art Pagenschnitt, der bis über die Ohren reichte. Jasons Haare wellten sich und umkränzten sein für die frühe Jahreszeit reichlich braungebranntes Gesicht auf äußerst attraktive Art und Weise. Er hatte die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt und gab einen Blick auf seine muskulösen Arme frei. Rosie fühlte, wie ihre Knie weich wurden, und benötigte ihre ganze Konzentration dafür, unfallfrei weitergehen zu können.

„Tut mir leid!“, sagte Jason, während er den Schraubenschlüssel wieder aufhob. „Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt.“

„Oh, nein. Natürlich nicht“, presste Rosie hervor und setzte ihren Weg fort, nicht ohne Jason mit einem schüchternem Lächeln zu bedenken.

Als sie wenig später ihren Auftrag beendet hatte und mit dem Bestellpapier von Mrs. Finch wieder ihren Heimweg antrat, atmete sie tief durch.

Jason gefiel ihr. Immer besser. Ausnehmend gut.

Sie hatte ihn bei einigen Singabenden, zu denen sich die Dorfjugend und auch einige Jugendliche von außerhalb trafen, gesehen, aber bisher noch kein Wort mit ihm gewechselt. Nun war sie ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht worden und sie blieb kurz stehen, um in die Ferne zu blicken und sich wieder zu sortieren. Es gab zwischen Elias Smuckers Restaurant und dem Geschenkeladen von Joan Parker eine Lücke, durch die man einen sagenhaften Blick über die Baumwipfel hinweg in das weite Land blicken konnte. Insgesamt lag House-at-the-Water zwar in einem Tal, aber es handelte sich um eine Hochebene, die zur einen Seite hin weiter abfiel. Der Blick hinunter auf die vereinzelt stehenden Bauernhöfe, die amischen oder mennonitischen Besitzern gehörten, das noch zurückhaltende Grün auf den Wiesen und die frisch angesäten Felder faszinierten Rosie immer wieder aufs Neue. Wie konnte jemand nur daran denken, diesen wunderbaren Ort zu verlassen?

Wohl oder übel musste sie sich von dem majestätischen Anblick losreißen. Schräg hinter ihr lag das Haus ihrer Eltern und das Großdaddyhaus mit Rosettas Laden. Sie wandte sich um und blickte auf den bewaldeten Berghang, der sich hinter dem Dorf auftat. Der ausladende Wald gehörte der Gemeinschaft, die geräumigen Grundstücke den einzelnen Familien. Aber bis auf die beiden Bauernhöfe von Daniel Miller und Dave Hershey hatte im Ort niemand genug Land, um von der Landwirtschaft leben zu können. Deshalb hatten sich die Familien früh umorientiert und sich andere Einnahmemöglichkeiten gesucht. In den großen Gärten wurde jeder Quadratzentimeter für den Anbau von Obst- und Gemüse genutzt. Es gab Hühner und Ziegen, deren Produkte reißenden Absatz fanden. Die Familien lieferten sie an Geschäfte in Bird-in-Hand oder an die örtlichen Läden. Die Männer schließlich arbeiteten zumindest zeitweise in der Kutschenfabrik oder in einem anderen Handwerk, um ihre Familie ernähren zu können.

Sie wusste, dass die Männer ihres Bezirks, der sich über das Dorf und einige weitere Höfe in der Umgebung erstreckte, am Samstag eine Zusammenkunft haben würden. Es ging wohl um den Ort und die besondere Situation hier, aber Rosie kümmerte sich nicht um Sachen, die sie nichts angingen. Es war Sache der Männer, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Das alles schoss Rosie durch den Kopf, als sie ganz bewusst die Geschäfte betrachtete, die sich entlang der Straße angesiedelt hatten. Die Familien konnten von den Einnahmen einigermaßen leben, sofern nicht etwas Unvorhergesehenes passierte. Aber dafür waren sie Amisch. Um sich gegenseitig zu helfen und einzuspringen, wenn Not am Mann war.

Kapitel 2

In den nächsten Tagen kam Rosie nicht dazu, auch nur einen Gedanken an das Singen, an Heiratskandidaten und an einen davon im Besondern zu verschwenden. Die Frühjahrsarbeit im Garten wollte getan werden, was hieß, dass sie von früh bis spät auf dem riesigen Grundstück unterwegs war und ihren Eltern assistierte. Gleich hinter dem Haus, dort, wo keine Bäume die Sonne behinderten, befanden sich die Frühbeete, wo ihre Mutter Salat- und sonstige Pflanzen herangezogen hatte. Nun wurden sie in das Gewächshaus umgepflanzt. Das Gewächshaus war ihres Vaters ganzer Stolz. Er selber würde das natürlich nicht zugeben, denn Stolz gehörte nicht zu amischen Gepflogenheiten. Nichtsdestotrotz hielt er sich viele Stunden in der Woche dort auf, um kleinere Reparaturen vorzunehmen, neuen Platz zu schaffen, Frühlingspflanzen ins Freie zu bringen und neue Sämlinge auszusäen. Grundsätzlich mochte Rosie die Arbeit im Garten, manches mehr, manches weniger. Aber alles musste eben gemacht werden. Sie hielt sich im Frühjahr gerne im Gewächshaus auf. Da war es angenehm warm und es roch nach frischer Erde. Die Arbeit mit dem Frühbeet mochte sie weniger. Sie liebte es ganz und gar nicht, im Bücken oder kniend tätig zu sein, weil ihre Knie nach kurzer Zeit zu schmerzen begannen. Aus dem gleichen Grund half sie auch nicht gerne beim Schrubben des Holzbodens im Haus. Viel lieber wusch sie Wände und Fenster.

Heute war ihre Aufgabe, Tomatenpflanzen zu vereinzeln und ausreichend große Pflanzen umzutopfen. Sie würden bei der guten Pflege, die ihnen ihre Mutter angedeihen ließ, rasch wachsen und die viele Arbeit mit leckeren Tomaten belohnen.

„Ich habe eine neue Sorte ausprobiert. Kirschtomaten. Im Supermarkt gibt es fast nur noch diese kleinen Tomaten, kaum mehr die großen, fleischigen Früchte. Die Englischen scheinen sie zu lieben“, erzählte ihre Mutter gerade, während sie den Platz, an dem die Tomatentöpfchen verweilen sollten, sauber machte und den Tisch vorbereitete.

Die Englischen. Es war der Ausdruck der Amisch für alle Leute, die nicht der eigenen Religion angehörten. Lediglich die Mennoniten, von denen viele aus den Reihen der

Amisch kamen, wurden davon ausgenommen.

„Ja, ich mag sie auch gerne aus der Hand essen. Sie sind so süß“, stimmte Rosie gutgelaunt zu. Sie hatte die Ärmel ihres Arbeitskleides nach hinten gekrempelt und wischte sich die Hände an ihrer Gärtnerschürze ab, die sie nur hier im Gewächshaus trug, so schmuddelig war sie inzwischen geworden. Selbst mit größter Mühe gelang es Rosie nicht mehr, sie einigermaßen sauber zu waschen. Aber der Herr hatte Arbeit werden lassen, da wird ihn eine schmutzige Schürze wohl kaum stören. Sie lächelte in sich hinein, als ihr diese Erkenntnis durch den Kopf ging.

„Wenn du keine andere Arbeit für mich hast, bereite ich die Pflanzkartoffeln zum Vorkeimen vor. Vater hat mir die Eimer herausgestellt.“

„Nein, mach nur. Ich stelle nur noch die Tomatentöpfe um und pflanze ein paar Salatpflanzen. Dann wird es Zeit fürs Abendessen.“

Eifrig machte sich ihre kleine, runde Mutter an die Arbeit, um die von Rosie gepflanzten Töpfchen auf den blankpolierten Platz an der Sonne zu befördern. Rosie liebte es, ihr zuzusehen. Jeder Handgriff schien zu sitzen. Sie hatte einen festen Griff und wusste immer genau, was zu tun war. Rosie bewunderte sie dafür. Sie selber nahm sich häufig als tollpatschig wahr, jemand, dem ständig Sachen aus der Hand fielen, die schnell nervös wurde, wenn etwas nicht sofort klappte, und relativ rasch in Panik verfiel, wenn sie vor einem Problem stand, dessen Lösung sie nicht gleich durchschaute.

„Ich werde nicht lange brauchen, dann komme ich und helfe dir“, gab Rosie ihrer Mutter noch mit auf den Weg in die Küche.

Rosie schleppte den ersten Eimer herein und suchte aus den über den Winter schrumpelig gewordenen Kartoffeln diejenigen heraus, die schon kleine Keimaugen zeigten. Sie legte sie auf große Platten und verschaffte ihnen ein warmes Plätzchen in dem geräumigen Gewächshaus. Als sie auch die restlichen fünf Eimer auf diese Weise sortiert hatte, nahm sie den Rest mit hinaus, um sie in die Scheune zu bringen, die im rechten Winkel neben dem Haus stand und von erheblich kleineren Ausmaßen war, als die sonst üblichen der Landwirte. In der Scheune der Bylers lagerten Werkzeuge, Töpfe, Kisten, Platten und was man sonst für die Arbeit in einem ausladenden Garten brauchte. In einem winzigen steinernen Anbau stand ein merkwürdiger Ofen, der aus einem Heizelement und einem darauf festsitzenden großen Topf bestand. Große Mengen Kochgut konnten damit hergestellt werden. Normalerweise benutzten ihre Eltern den Ofen, um Kartoffeln zur Zufütterung zum Getreide für die vielen Hühner zu kochen, was einmal in der Woche passierte. Aber manchmal, wenn geschlachtet wurde, benutzten die Frauen den blankgescheuerten Ofen auch, um Fleisch zu sieden und zum Einmachen vorzubereiten.

Rosie nahm die Schürze ab und hängte sie an den dafür vorgesehenen Platz. Dann säuberte sie ihre Hände an der Wasserpumpe, die für die Gartenbewässerung genutzt wurde, und ging durch den Hintereingang ins Haus. Nur selten klopften Besucher am Vordereingang, der in einen Vorgarten zur Straße hinausging. Bei den Amisch war es üblich, den Hintereingang zu benutzen. Da sich alle wie in einer großen Familie fühlten, war der Familieneingang auch der richtige Weg, um das Haus der Nachbarn oder Freunde zu besuchen.

Ihre Mutter werkelte in der Wohnküche.

„Ich komme gleich, Mama.“ Rosie steckte ihren Kopf in den großen Raum, um sofort wieder zu verschwinden und die hölzerne Treppe hinauf zu den Schlafräumen zu erklimmen. Sie hatte sich mehrmals den Schweiß aus dem Gesicht gewischt und hatte nun das dringende Bedürfnis, sich das Gesicht zu waschen. Dazu nahm sie ihre Kapp, die typische Kopfbedeckung, die sie von früh bis spät trug, ab und schüttete Wasser in die Waschschüssel auf ihrem Zimmer. Als sie das Gefühl hatte, jeglichen Schmutz erwischt zu haben, drehte sie ihr langen dunklen Haare wieder zum obligatorischen Dutt und setzte ihre Kapp wieder auf. Keine amische Frau brauchte dazu einen Spiegel. Es war alltäglich und tausendfach geübt, damit alles richtig saß.

Wenig später stand sie neben ihrer Mutter in der Küche und rührte eine leckere Quarkcreme mit Eiern, Zucker und Grieß zusammen und ließ sie in eine Auflaufform gleiten.

„Was soll ich denn für Obst nehmen?“ Rosie stellte die Form auf die seitliche Ablage und wischte sich ihre Hände ab.

„Wir haben noch viele Äpfel. Hast du Lust auf Apfelauflauf?“ Ihre Mutter sah sie lächelnd an, wissend, dass Rosie Äpfel liebte.

„Äpfel sind gut. Ich hole gleich ein Glas.“

Die junge Frau liebte nicht nur Quarkauflauf aus eingemachten Äpfeln, sondern überhaupt Aufläufe aller Art. Und Strudel. Und die Pies ihrer Großmutter. Und alles Süße. Sie seufzte, was ihrer Mutter ein erneutes Lächeln entlockte.

„So schlimm?“, fragte sie gespielt besorgt.

„Ach, ich dachte nur daran, dass ich aufhören sollte, so viele süße Sachen zu essen“, sagte Rosie und begleitete den Satz mit einem erneuten tiefen Seufzer.

„Warum?“ Mutter Byler wusste natürlich, dass sich Rosie Sorgen um ihre Figur machte.

Rosie sah an sich hinunter.

„Ich werde zu dick“, stellte sie zerknirscht fest.

„Merkst du es an deinen Kleidern?“

„Eigentlich nicht.“

„Dann hör auf, so eitel zu sein. Eitelkeit ist kein Charakterzug, den ich gerne an dir sehe.“ Elizabeth konnte nicht anders, als ihre Tochter freundlich zurechtzuweisen.

„Ja, du hast recht. Statt mich zu beklagen, sollte ich mich lieber zusammenreißen. – Könnten wir heute nicht mal Pflaumen nehmen?“ Rosie mochte Pflaumen nicht.

„Nimm, was du nehmen möchtest. Aber sieh zu, dass du den Auflauf in den Ofen bekommst. Der Eintopf ist gleich fertig.“ Für ihre Mutter war das Gespräch beendet, da sie sich nun nachdrücklich mit dem Fleischeintopf beschäftigte und als letzte Gemüsesorten noch Blumenkohl und Erbsen zugab.

Rosie beeilte sich also damit, in den Keller hinabzusteigen, um ein Glas Pflaumen zu holen. Sie hatten im Herbst so viel eingemacht, dass beinahe täglich eine der leckeren Obstkonserven auf den Tisch kam.

Für die inzwischen recht klein gewordene Familie hatten sie mittelgroße Gläser gewählt, während im Kellerabteil ihrer Großmutter die Vorräte für die Bäckerei standen. In diese Gläser passten fünf Liter und Rosie hatte immer Mühe damit, die glatten, sperrigen Gläser zu holen, falls ihre Großmutter Nachschub benötigte. Rosie fiel ein, dass sie ihre Großmutter noch fragen musste, was sie für ihr Gebäck am nächsten Morgen brauchen würde.

Rasch war der Auflauf im Ofen und sie entschloss sich, gleich in den Laden hinüberzugehen. Das Großdaddyhaus war durch eine Tür im Treppenhaus mit dem Haupthaus verbunden, so dass sie rasch hinübereilen konnte.