Rückgratlos - Inma Harju - E-Book

Rückgratlos E-Book

Inma Harju

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Beschreibung

In der Hoffnung, dass ein Abgeordneter Inma bei Ihrem Verfahren Hilfe leisten möchte, fährt sie nach Berlin und trifft auf seinen wissenschaftlichen Mitarbeiter. Rainer Zorn. Ein Mann. Ein Mann, der sich nicht outen möchte. Ein homosexueller Mann, der einen Kinderwunsch hat. Als Inma schwanger wird, beginnt jedoch ihre Hölle auf Erden...

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IRREN IST MENSCHLICH.

FEHLER PASSIEREN.

DOCH EIN BEAMTENFEHLER AUS

DER VERGANGENHEIT, DARF

KEINE PHANTOMMENSCHEN

KREIEREN.

Für meine Familie.

INMA HARJU

Rückgratlos

Inhaltsverzeichnis

PROLOG

ERSTER TEIL

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

ZWEITER TEIL

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

DRITTER TEIL

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

Kapitel 95

PROLOG

Aus Erfahrungen lernen.

Nicht aufgeben.

Rainer Zorn hatte aus seinen Erfahrungen gelernt und wurde zum Soziopathen, denn auf seiner Reise durch sein Leben, hatte er sich selbst verloren. Verloren, weil niemand ihn aufzuhalten vermochte.

Wir alle wissen, dass unser Leben viele Reisen für uns bereithält, auf denen wir eins lernen müssen: Selbstverantwortung.

Tagtäglich können und müssen wir sicherstellen, dass wir die Verantwortung über unser Leben nicht verlieren, doch was sollen wir tun, wenn uns die Verantwortung über unser Leben dann doch einmal entgleiten sollte oder wir sie tatsächlich verloren haben? Weil wir einem Lügner vertraut hatten? Weil ein guter Rat sich als schlechter entpuppt hat? Weil Menschen Dinge sahen, die es nicht gab? Weil Dinge, die logisch erschienen nur dem Zufall geschuldet waren?

Dann wird es Zeit sich zu erinnern, denn aus jeder Erfahrung – so schlimm sie auch sein mag – können wir nur lernen.

Wenn wir bereit sind, unser Leben tagtäglich zu verbessern, wird es uns gelingen. Doch wir müssen sicherstellen, dass wir unseren Vorhaben genügend Zeit und Raum dafür geben, da Wachstum und Fortschritt nicht über Nacht zu erreichen ist.

Geduld.

Ein großer Wunsch. Eine große Sache. Ein Segen, wenn man sie inne hat. Ein Fluch, wenn man sie nicht aufbringenkann. Insbesondere dann, wenn eine Rechtssache zu klären ist.

Recht.

Gesetz.

Ordnung.

Es ist gut, ein Verfechter von Regeln zu sein, doch was soll man tun, wenn diejenigen, die sie innehaben sollten und sie tagtäglich anwenden müssten, sich ihrer Verantwortung verweigern?

In einem sollen Fall des blanken Irrsinns hilft es nur noch, dass wir die Rechtsstaatlichkeit respektieren und darauf hoffen, dass zumindest am Bundesverfassungsgericht, welches für uns immer erreichbar ist und bleiben wird, kriminelles Verhalten vermieden wird, da unsere Bundesverfassungsrichter als Gesetzeshüter und unsere Strafverfolgungsbeamten, tagtäglich hart arbeiten. Schwerstarbeit leisten, um sicherzustellen, dass wir sicher und geschützt sind.

Sie verdienen unseren Respekt. Jeden Tag aufs Neue, denn sie haben Verantwortung.

Die Verantwortung Regeln zu befolgen.

Verantwortung sich an das Gesetz zu halten.

Manchmal aber müssen wir Einfluss auf das hier und jetzt nehmen, indem wir die Menschen, die für den staatlichen Schutzauftrag Sorge tragen, sanft aufwecken, damit sie erfahren, dass etwas völlig in die Falsche Richtung läuft.

Vor allem dann, wenn ein Soziopath die Herrschaft über unser Leben erlangt hat und mit seinen Straftaten die er in der Vergangenheit begangen hat, jeden Tag aufs Neue die Menschen die uns eigentlich helfen sollten, in die Irre führt.

Regeln.

Regeln sind da um uns zu leiten.

Ein einheitliches Verhalten von allen sicherzustellen, damit das miteinander überhaupt erst möglich wird. In der klassischen Definition bezeichnen wir Regeln, als aus bestimmten Regelmäßigkeiten abgeleitete verbindliche Richtlinien. Richtlinien, die uns in bestimmten Bereichen verbindlich mitteilen, wie wir bestimmte Dinge zu verstehen und umzusetzen haben. Wie wir uns verhalten sollen.

Regeln sind aus Erfahrungen und Erkenntnissen gewonnene Richtlinien, die wir auch als Normen, Vorschriften, Verordnungen kennen oder kennenlernen dürfen. In Form von Gesetzen und Weisungen, doch es gibt auch ungeschriebene Regeln: Moral und Werte.

Doch die wichtigste Regel, im Drehbuch unseres Lebens, das wir jeden Tag aufs Neue selber schreiben ist, dass wir im Stande sind unseren Verstand zu benutzen, um tagtäglich das Richtige zu tun.

Unser Leben, unser soziales Miteinander und die Qualität unseres Seins hängt von Regeln ab, die wir befolgen möchten. Wir Menschen sind die Screenplaywriter unseres Daseins, doch oft verkennen wir, dass das Screenplay was wir schreiben, Auswirkungen auf andere hat, weil wir so oft vergessen „über den Tellerrand“ hinauszublicken oder auf unser Herz zu hören.

Wir alle wissen, dass wir nicht unfehlbar sind. Wir alle wissen, dass wir – auch wenn wir uns stets bemühen, das Richtige zu tun – oft falsche Entscheidungen treffen.

Fehlentscheidungen, weil wir nicht nachgedacht hatten oder uns vielleicht die Zeit zum Nachdenken gefehlt hat, doch wir alle wissen auch, dass wir manchmal Regeln brechen, weil wir darum gebeten werden.

Ja, jeder Mensch bricht Regeln. Hin und wieder passiert es einfach, doch für den Fall, dass man erwischt wird, hat man stets eine Ausrede parat, denn niemand von uns will sich Schuld aufladen. Zumindest so lange nicht, wie Bestreiten noch sinnvoll erscheint.

Wir müssen uns selbst, nicht zum Sündenbock für eine Fehlentscheidung verkehren. Selbst Straftaten, die wir zu Lasten anderer Begehen müssen wir nicht zugeben, denn das Gesetz erlaubt uns zu schweigen.

Doch wenn wir reden, müssen wir die Wahrheit sagen.

Wenn wir etwas falsch gemacht haben, wollen wir meist nicht zur Verantwortung herangezogen werden. Die wenigsten von uns zeigen Rückgrat, wenn sie sich der Schuld bewusst sind, der sie sich vielleicht schon immer bewusst waren, doch falsch gehandelt haben.

Falsches Handeln, in der Hoffnung nicht erwischt zu werden. Einem Trugschluss unterlegen, dass das was wir getan haben, vielleicht nicht so schlimm war und nicht „so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde“.

Im Selbstschutz sind wir uns immer „selbst der Nächste“.

Manche von uns entwickeln im Selbstschutz eine Niedertracht, die nach Verurteilung schreit, doch nicht immer ist das, was wir als Schützenswert erachten etwas, was von tragender Bedeutung wäre.

Ein Scherz aus dem Volksmund berichtet vom elften Gebot: „Lass dich nicht erwischen.“

Wenn wir Regeln brechen, richten wir Schaden an. Um uns aus der Verantwortung zu winden, werden wir weitere Regeln brechen müssen. Wir Lügen, wir Betrügen. Wir instrumentalisieren und intrigieren. Wir unterdrücken krampfhaft die Wahrheit, damit unsere Fehler nicht gesehen werden. Wir hoffen, dass man uns glaubt und wenn dem so ist, wird uns Macht zugesprochen.

Ja, jeder von uns hat irgendwann einen Grund, warum er Regeln nicht befolgt. Selbst diejenigen, die wissen, dass sie sie befolgen müssen. Politiker. Richter. Beamte. Und alle anderen denen die Macht des Gehorsams das Befolgen von Regeln quasi aufzwingt.

Regeln.

Regeln machen unser Leben einfacher, doch die Menschen, die Regeln bewusst brechen, um uns zu schaden, machen sich schuldig.

Sie machen sich des Verrats schuldig.

Eines Verrats, der Verurteilung erzwingt.

ERSTER TEIL

Die Vergangenheit...

1

Obwohl Inma durch die Ereignisse der vergangenen zwölf Jahre wie ausgelaugt war, wusste sie, dass sie nicht aufgeben durfte. Zu viel war passiert und ihre Kapitulation würde Sieg bedeuten.

Ein Sieg derer, die lang genug am längeren Hebel saßen und ihre Macht missbrauchten, um sie zu vernichten.

»Ich schaffe das!«, flüsterte sie sich selbst zu, als sie vor ihrem Computer saß, und eine Email an den Bundesverfassungsrichter Henning Radtke schrieb.

Inmas Lippen zitterten. Eine mögliche Antwort auf diese Email würde das „Aus“ bedeuten, denn dies würde Kenntnis beweisen. Kenntnis über ihren Fall. Kenntnis, die Inma zu Fall bringen könnte.

Inma glaubte an das Gute im Menschen, doch sie wusste, dass es zwangsläufig auch das Böse gab.

»Er darf nichts erfahren. Eine Antwort darf nicht kommen, denn das hieße, er wüsste über 1 BvQ 60/20 bescheid!«, brabbelte sie in den Raum hinein, während ihr Mann ins Wohnzimmer kam.

»Was ist? Brauchst du was?«, fragte Timo, doch schnell erkannte er, dass seine Frau lediglich in einem Selbstgespräch verfangen war.

»Selbstverständlich!«, antwortete Inma zu seiner Verwunderung und sah ihren Mann eindringlich an.

»Ich brauche Gewissheit, dass der Mann, der am Bundesverfassungsgericht sitzt und über unseren Fall zu befinden hat, kein Verbrecher ist!«, ergänzte Inma, doch sie hatte keine Zweifel.

Keine Angst.

Alles was sie wollte, war Gewissheit. Einen handfesten und zitierfähigen Beweis, dass Oberamtsrat Leyerle keine Grenzen kannte und vor keinem Verbrechen halt machen würde, auch wenn er sich dazu an Bundesverfassungsrichtern schuldig machen musste.

Im Verfahren 1 BvQ 11/16, hatte Herr Leyerle bereits gezeigt zu was er fähig war, als er am Ostersamstag, eine Entscheidung zu Lasten der Bundesverfassungsrichterin Gabriele Britz erließ.

Damals, im Jahr 2016 war für den selbsternannten Verfassungsrichter, den niemand kannte, alles einfach gewesen. Er traf Entscheidungen, die nach Verurteilung schrien. Er führte Verfassungsrichter vor, als er weitere Entscheidungen erließ, die an der intellektuellen Kraft des Bundesverfassungsgerichts Zweifel aufkommen ließen. Er nötigte, vorgeblich im Namen von Gabriele Britz und Henning Radtke, als er unzählige Rechtsanwälte und Richter anrief und Inma als „verschoben“ bezichtigte.

Eine psychische Historie hatte er ihr vorgeworfen.

Sie bei jeder Gelegenheit, die sich angeboten hatte, verleumdet. Angeblich auf Aufforderung. Angeblich, hatte er mit Verfassungsrichtern über Inma gesprochen und handelte auf Anweisung.

Wer Oberamtsrat-ich-bin-nicht-mehr-bei-mir-Leyerle letztendlich angewiesen hatte ist völlig unklar. Ein Mysterium aus der Nordseite des Systems. Des Rechtsstaates, der scheinbar „am Ende“ sein soll, doch an den alle glauben wollen.

Glauben müssen, um nicht durchzudrehen.

2

»Hast du sie weggeschickt?«, fragte Timo. Er wusste, was seine Frau lostreten wollte, denn sie besprach jeden einzelnen ihrer Schritte mit ihm.

»Die Email? Ja! Vor zehn Minuten versendet.«

»Und du bist dir sicher, dass du niemals eine Antwort bekommen wirst?«, hinterfragte ihr Mann ungläubig.

»Sicher ist nur der Tod und der kommt meist unverhofft und ungelegen zugleich, doch in diesem Fall…in diesem Fall, Timo…«, Inma seufzte, während ihr ein hoffnungsvolles Lächeln über die Lippen kam. »In diesem Fall habe ich ihn nicht vorgewarnt. Nicht so wie damals im August, als ich ihm mitgeteilt hatte, dass ich zu Dr. Barth Kontakt aufgenommen habe! Damals hatte ich ihn „vorgewarnt“ damit jeder sehen kann, zu was Herr Oberamtsrat Leyerle fähig ist!«

»Du hast in deiner Sachstandsanfrage vom 22.08.2022 ernsthaft geschrieben, dass du Dr. Barth kontaktiert hast?«, hinterfragte Timo, da er sich nicht mehr erinnern konnte. Erinnern wollte, denn eine Lösung war nicht erreicht worden.

»Ja. Ganz genau so war es! Den Referatsleiter Verfassungsrecht am Bundesministerium der Justiz hatte ich höchstpersönlich benannt!«

In der Tat hatte Inma, noch bevor sie das Bundesministerium der Justiz angeschrieben hatte, dem Oberamtsrat-selbsternannter-Verfassungsrichter-Leyerle eine Sachstandsanfrage zukommen lassen und auf Dr.Barth verwiesen.

Vierundzwanzig Stunden hatte sie dem Strippenzieher hinter einem Staatsskandal gegeben, Herr des neuen Problems zu werden, damit er angemessen agieren konnte. Vierundzwanzig Stunden, hatten offenbar ausgereicht, die Telefonleitung für einen Moment glühen zu lassen und den verantwortungsvollen Beamten um Mitwirkung zu ersuchen.

Dr. Barth war kein unbeschriebenes Blatt. Dies wusste Inma aus einer vertrauensvollen Quelle. Der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, doch niemand wollte in Dr. Barth einen Wegseher vermuten. Oder einen Handlanger, der sich gegen einen Verfassungsrichter auflehnt. So jemanden konnte und wollte man im Referatsleiter des Referats IVA 3 nicht erkennen.

Keiner von Ihnen, denn die Vereinigten der Staatsrechtslehre glaubten an den Rechtsstaat.

Die Verfassung.

Das Gesetz.

Die Mitglieder der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer hatten sich geirrt, doch irren ist bekanntlich: menschlich.

›In naiver Hoffnung, weit verfehlt!‹, dachte sich Inma, während sie die Worthülsenparade des Dr. Barth am 25.08.2022 zur Kenntnis nehmen durfte, doch diesmal erhielt Herr Leyerle keine Vorwarnung, denn die Sache war zu ernst geworden.

Keine Spielchen.

Keine Tests mehr.

Das End-Game hatte begonnen.

3

»Ich hoffe, dass du mit deiner Annahme nicht auf die Schnauze fällst und einer anderen Wahrheit ins Gesicht blicken musst, Inma!«, zweifelte Timo im Moment angebrochener Verzweiflung.

Er hatte Angst um sie.

Angst, dass die Anderen, die Mächtigen, die die am längeren Hebel der Macht saßen, ihr einen Strick aus ihren Aktionen drehen würden.

Timo vermutete schon lange ein Komplott, doch er verstand nicht, wieso Unbefangene mitmachten.

»Und wenn der Binninger…«

»Hör auf! Hör auf damit!«, brüllte Inma ihren Mann an und weigerte sich, auch nur einen Gedanken, an ein politisches Komplott zu verschwenden. Nachdem sie ihre Contenance wiederfand, hatte sie eine Ansage zu machen:

»In dieser Sache gibt es nur eine Wahrheit, Timo. Die Rechtswahrheit und ich habe Recht. Dank Richterin Balschun, kann ich die Tatsachenlage auch beweisen, selbst wenn ich völlig falsch liegen sollte und in meiner Sache zu viele Köche den Brei verderben.«, erklärte seine Frau.

»Na dann hoffe ich…«

»Hoffnung Timo…Hoffnung wird den Fall nicht lösen. Das wird ein Kampf. Das wird Sisyphusarbeit, denn bislang hatten wir unzählige Schlachten. Der Kampf gegen den selbsternannten König des Bundesverfassungsgerichts Leyerle, hat heute erst begonnen und das wird wirklich kein Spaziergang im Park von Versailles!«

»Hä?«

»Das Böse zu bekämpfen ist kein Spaziergang im Park, Timo, oder siehst du das anders?«

»Naja…bislang haben alle den Abgeordneten der politischen Einflussnahme auf Behörden und Gerichte bezichtigt, oder nicht?«, bemerkte Timo, der es nicht lassen konnte, wie alle Anderen zu denken, weil Herr Clement dies behauptet hatte.

»Wer sind alle? Ich? Habe ich ihn bezichtigt, Timo?«

»Nein, so habe ich das nicht gemeint, Inma«, setzte sich ihr Mann umgehend zur Wehr, denn er hatte Clemens Binninger nicht beschuldigen wollen.

»Es ist nicht wichtig, wer was sieht und vermutet, Timo. Es ist wichtig, wie die Fakten aussehen und seit dem 26.09.2020 ist die Faktenlage klar und seit dem 10.03.2021 rechtskräftig bewiesen!«

»Und warum funktioniert dennoch nichts? Warum brechen Richter das Gesetz? Warum berichtet Richterin Daniels von Nötigung und Erpressung? Warum hat der Vizepräsident des Amtsgerichts Pankow ihr eine Rechtsbeugung untergejubelt? «

»Weil er es konnte und sich für Herrn Leyerle und gegen den Rechtsstaat entscheiden hatte, als er sich entscheiden musste!«

»Und warum erfährt die Präsidentin des Gerichts von nichts? Warum macht Justizbeschäftigte Radsey bei der Sache mit? Warum Frau Frau Lüdke?«

»Weil die alle meinen, dass wir nicht in Deutschland sind…schließlich werden wir in Deutschland melderechtlich nicht mehr geführt, falls es dir entgangen ist!«

»Das weiß ich, doch…«

»Es ist schwer sich gegen ein Phantomdasein zur Wehr zu setzen, wenn man zurückgezogen leben muss, Timo! So viel Vorstellungskraft wird der Vizepräsident des Amtsgerichts Pankow schon besitzen, während er dem Leyerle in die Karten spielt!«

»Und wenn er nicht der Strippenzieher ist? Wenn es die Präsidentin des Gerichts höchstpersönlich ist, die die Sache unter den Tisch zu kehren versucht?«

Timos Zweifel waren berechtigt, doch Inma wollte dem undurchsichtigen Pseudojustizgeraschel kein Gehör schenken.

»Ich weiß nicht…wieso denkst du in die Richtung, dass Richterin Abel in die Sache verwickelt sein könnte?«

»Ich sage nicht, dass sie verwickelt sein muss. Mir ist einfach nur aufgestoßen, dass sie vor langer Zeit am Bundesverfassungsgericht, als wissenschaftliche Mitarbeiterin, tätig war.«

»Ja, ja! Und am Kammergericht hat sie auch mal gearbeitet! Timo siehst du ein, das dieser Gedankenansatz völliger Quatsch ist?«

»Diese Frage kann wohl nur noch die Staatsanwaltschaft beantworten!«

»Ja, so ist es…und zwar dann, wenn der Knut den Vorwurf bestreiten sollte!«

»Knut?«

»Dr. Knut Messer!«

»IKEA!«

»IKEA?«

»Ich Krieg Einen Anfall, denn das Ganze hier ist doch ein Geratewohl ins Blaue hinein!«

4

Obwohl Inma keine Zweifel hegte und sich stets auf ihr Bauchgefühl verlassen konnte, sah Timo ihren gequälten Gesichtsausdruck. Einen Gesichtsausdruck, den sie schon damals hatte, als ihr Schreiben den Berliner Justizsenator Behrend nicht erreichen konnte.

Jedes mal, wenn Richter Frenzel jemanden vorschlug, der die Umkehr in Inmas Fall hätte herbeiführen können, gab es keine Antwort.

Unerreichbar.

Abwarten und Kaffee trinken. In positiver Erwartung, dass sie Recht behält. Mehr konnte Inma im Moment nicht tun, doch das musste sie auch nicht, denn sie fühlte, dass schon bald der Vorhang der Dunkelheit, der ihr das Tageslicht versperrte, aufgerissen werden würde.

Inma hatte in den vergangen Jahren gelernt, dass ein anonymes Leben nicht unbedingt das schlechtere ist, sobald man sich daran gewöhnt hat. Anonym zu leben war dennoch nicht besser. Es war einfach nur anders, denn die gewöhnlichen Sozialstrukturen waren nicht mehr zugänglich. Man musste sich neu organisieren.

Phantommensch.

Während Inma sich neu organisierte, lernte sie, dass Selbstvertrauen und Optimismus, die wichtigsten Eigenschaften waren, die sie für ihre soziale Auszeit mitbringen musste. Eigenschaften, die sie erlernen musste, da ihr bisheriger Lebensweg von Verrat, fehlendem Selbstwertgefühl und Pessimismus durchdrungen war.

Inma hatte gelernt, positiv zu denken, denn jeder positive Gedanke gab ihr die Gewissheit, dass sie ihrem ultimativen Lebensziel, tagtäglich näher rückte. Sie hörte auf ihre innere Stimme und ihren Instinkt und ließ sich von anderen Meinungen, die ihre Einstellung in eine andere Richtung abdriften ließen, nicht mehr behelligen.

Als Timo erneut die Angst ins Gesicht geschrieben stand, fiel Inma auf, wie sehr sie sich von einander unterschieden. Nicht nur in den offensichtlichen Dingen, dass Timo ein Mann war und sie eine Frau, sondern gerade deswegen, weil er mit der Welt die sie sich geschaffen hatten, irgendwie zufrieden war, obwohl es nichts gab, was Inmas Mann hätte erfreuen können.

Timo gehörte nicht zu den Menschen, die sich nach Ruhm und Anerkennung sehnten, doch er war der Mann, der für seine Familie schon immer eingestanden war und immer einstehen würde. Kein unmoralisches Angebot – und davon hatte Timo einige erhalten – und kein Karriereversprechen, hätten Inmas Mann dazu bewegen können, sie im Stich zu lassen oder sie zu verraten.

Während diese Gedanken, was Timo für seine Familie geopfert hatte, durch ihren Kopf gingen, wollte seine Frage, ob sie DAS schaffen würde, ihren Kopf nicht verlassen. Der Klang seiner Stimme, als er diese Frage stellte, wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen, denn er war doppeldeutig. Voller positiver Hoffnung und erdrückender Angst zugleich.

Nicht neutral.

Einfach nur zweigeteilt.

Inma warf einen Blick auf die Uhr. Fünfzehn Uhr vierzig. Sie wusste, dass es zu früh war, doch sie wusste auch, dass nichts unmöglich wäre.

»Der Verfassungsrichter wird sich wundern!«, sagte er schließlich, doch Inma schüttelte entschieden den Kopf.

»Nein, weil ihn diese Email nicht erreichen wird!«, sagte Inma mit völliger Sicherheit und lächelte verschmitzt.

Timo sah seine Frau an, während sie unter seinem Blick eine weitere Regung von Unsicherheit, die mit Furcht verbunden war, spürte. Plötzlich war sie da. Plötzlich und unerwartet, obwohl sie sich entschieden hatten, das Gefühl der Angst nicht mehr zuzulassen.

»Keine Angst. Ich weiß was ich tue!«

Inma versuchte ihrem Mann die Zweifel und die Angst zu nehmen, die sich mittlerweile in ihm breitgemacht hatten, doch sie wusste, dass ihr dies nur noch mit sehr viel Mühe gelingen würde, nachdem was in den vergangenen Wochen passiert war.

5

Mehr als eine Woche war vergangen, doch Herr Radtke gab kein Lebenszeichen von sich, sodass Inma den Lehrstuhl der Universität Hannover kontaktieren musste, um das „Warten auf Henning“ zu beenden.

Letztendlich hatte Inma Recht behalten, dass es für sie unmöglich sein würde, Professor Radkte erreichen zu können, doch was Inma am 02.11.2022 noch nicht wusste war, dass Bundesverfassungsrichter Radtke, durch seinen eigenen Lehrstuhl an der Universität, unerreichbar gesetzt wurde.

Seine freundlichen, wissenschaftlichen Mitarbeiter bestätigten, dass Herr Professor Radtke nicht den exklusiven Zugang zu seinem Email-Postfach hatte. Wer hingegen seine Emails filterte, wollte man Inma allerdings nicht mitteilen. Für Inma wäre es wichtig gewesen, wer ihre Email an den Verfassungsrichter unterdrückt hatte, doch einen Namen wollte man nicht nennen. Freundlich bat man sie, sich in ihren Angelegenheiten die das Bundesverfassungsgericht betrafen, direkt an das Bundesverfassungsgericht zu wenden.

Straftaten zu Lasten des Verfassungsrichters, wollte der selbsternannte, verbale Betreuer des Professors nicht zur Kenntnis nehmen und war auch nicht bereit, Herrn Radtke über die Zustände, die seit Jahren am Bundesverfassungsgericht vorherrschten, zu unterrichten. Inma wurde als Querulantin abgestempelt, da ein Mitarbeiter des Professors es vorgezogen hatte, für den Professor zu entscheiden.

Während Inma auf die „Erlösung“ gewartet hatte, hatte sie nicht gefaulenzt, da sie wusste, dass nach der Kontaktaufnahme zum Lehrstuhl des Professors, bereits „heiße Eil-Post aus Karlsruhe“, in den Sternen geschrieben stand.

Oberamtsrat Leyerle hatte am 04.11.2022 mit einer Kriegserklärung begonnen, sodass Inma aufrüsten musste. Einen Pressekontakt, der den Stein ins Rollen bringen sollte, hatte sie bereits gefunden und nach der Karlsruher Lügenpost aus dem Hause Leyerle, konnte schließlich ein Gesprächstermin mit einer „alten Häsin“ vereinbart werden.

Anny Huber.

Eine Politreporterin.

Eine starke Frau, die sich für und gegen jeden einsetzte.

Weil Anny Huber völlig ausgebucht war, traf sie sich mit Inma am Sonntag zu einem Spaziergang, denn das Eisen musste bekanntlich geschmiedet werden, so lange es noch heiß war und Inmas Berichterstattung, hatte die Journalistin als „heißes Eisen“ eingestuft.

Ein Sonntag.

Ein Termin.

Unüblich, doch notwendig, denn Oberamtsrat Ich-behaup-te-auch-das-die-Erde-eine-Scheibe-ist-Leyerle, sollte zum letzten Mal „das Wort“ für Verfassungsrichter ergreifen.

6

»Was hat dieser Herr Leyerle gegen Sie, Frau Harju? Gibt es da eine Historie, die Ihnen vielleicht entgangen ist?«, fragte die Nürnberger Journalistin.

»Was soll ich sagen? Ich weiß es nicht. Ich kenne diesen Mann nicht, sodass ich mutmaßen muss, dass auch er mich nicht kennt!«

»Und warum versucht dieser Mann sie zu vernichten?«

»Auch diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, denn ich bin eine ganz normale Frau…nichts besonderes…doch für Herrn Oberamtsrat Leyerle, scheine ich besonders wichtig zu sein, Frau Huber!«

»Frau Harju, ich…wie soll ich sagen…ich habe in meinem Job gelernt, dass die meisten Menschen nicht böswillig, sondern neugierig sind, doch mit der Neugierde kommt eben immer mehr der Wahrheit…oder das, was andere als Wahrheit vermuten ans Licht.«

»Was meinen Sie, Frau Huber?«

»Wissen Sie, Frau Harju, ich bin keine Justizreporterin, sondern schreibe zu politischen Themen.«

»Aber Sie interessieren sich für die Rechtssache, ja?«

»Sie schließen ein politisches Komplott gegen Sie aus, was ich hinnehmen muss…«

»Ich schließe nicht nur ein Politikum aus, sondern versperre mich schon dem Denkansatz in diese Richtung, Frau Huber!«

»Warum?«

»Dafür gibt es viele Gründe!«

»Nennen Sie mir einen, Frau Harju!«

»Es gab nie einen Grund, dass der Abgeordnete sich in meinen Fall involvieren musste, denn seine Gattin war Bürgermeisterin der Stadt Nufringen und hätte jederzeit eine Ehe schließen können und über das Verbot der Mehrehe irrtümlich hinwegsehen können, so wie Frau Kelm es getan hatte, als sie wissentlich an einer Zwangsheirat zum Schutz meiner Tochter mitwirkte!«

»Aber die Email an den Abgeordneten…«

»Die Email an den Abgeordneten beweist lediglich, dass die Binningers – ohne mich zu kennen – von einer intakten Beziehung ausgegangen sind und den Rechtsstaat achten! Hieraus allein schließe ich ein Politikum aus!«

»Haben Sie den Abgeordneten jemals kontaktiert?«

»Ja. Über seine Firma. Als ich Ihn fragte, ob er in der Sache mitmischt, so wie es alle Rechtsanwälte eben vermuteten, war Herr Binninger gekränkt.«

»Gekränkt?«

»Gekränkt. Er wusste sich nicht mehr zu helfen. Ich hatte ihn mit meiner Nachfrage zu tiefst verletzt und er hörte sich sehr glaubwürdig an!«

»Gut. Dann muss man DAS für den Moment so hinnehmen, Frau Harju!«

Anny Huber kannte die Email, die Ulrike Binninger im September 2011 an ihren Gatten geschrieben hatte. Sie hatte nahegelegt, dass man auf Inmas US-amerikanischen Mann „Druck“ ausüben möge. Diese Worte missfielen, doch lieferten in der Tat keinen Beweis für politische Einflussnahme auf Gerichte und Behörden.

»Und wenn Rainer Zorn seinen Vorgesetzten mit dieser Email erpresste?«, hinterfragte Anny Huber, denn sie konnte und wollte ein Politikum nicht ausschließen.

»Ich glaube nicht, dass Herr Binninger zu den Männern gehört, die sich erpressen lassen!«, erwiderte Inma und lachte.

»Gut. Dann muss hier irgendetwas anderes los sein, Frau Harju! Dann würde ich Ihre Dokumente noch einmal durchgehen und ich würde sagen, dass wir uns am Dienstag zu einer weiteren Besprechung treffen!«

7

Da Anny Huber bis in den Februar 2023 völlig ausgebucht war, musste sie ihre Grundbedürfnisse mit der Besprechung verbinden. Für dreizehn Uhr hatte sich die Journalistin mit Inma zum Mittagessen verabredet.

Obwohl Inma nicht zu den Frauen gehörte, die viel von Kleidung hielten, wusste sie, um den Irrtum aus dem Volksmund: „Kleider machen Leute“.

Obwohl Inma die Vorstellung von „Instant-Chick“ missfiel, hatte sie sich entschlossen, den „Jeans-Sneaker-Pulli-Gammel“ am 15.11. im Kleiderschrank zu belassen, und Frau Huber – zumindest kleidungstechnisch – einen gewissen Respekt zu erweisen.

Im Bereich der Haute-Couture war Inma Invalidin und musste auf Shabby-Chick der Dress-Szene ausweichen. Ein Tageskleid von Desigual. Eine Thermostrumpfhose. Schwarze Stiefel ohne Absatz. Inma hatte sich für schwarz-weiß-rot entschieden. Sie wusste, wie sie ihr Haar kämmen würde, um dem Morgenlook des zerknitterten It-Girls entgegenzusteuern.

Als Inma am Abend begonnen hatte, ihre Nägel zu feilen, die Nagelhaut zurückzuschieben und sich Nagellack aufzutragen, sah ihre Tochter sie wie eine Außerirdische an.

»Wer bist du und was hast du mit meiner Mutter gemacht?«, fragte Jenny als sie die Acetonduftwolke in ihrem Zimmer wahrgenommen hatte.

»Hey, das ist nicht lustig!«, sagte Inma, obwohl sie innerlich bereits lachte.

»Seit wann benutzt du Nagellack?«, fragte Jenny ungläubig.

»Ach hin und wieder.«

»Ich habe dich noch nie mit Nagellack gesehen und ich werde in wenigen Monaten elf, Mom!«

»Noch nie? Das kann ich ja gar nicht glauben!«, eröffnete Inma, doch ihr schien, dass Jenny mit ihrem Einwand Recht haben könnte.

Jenny wusste, dass ihre Mutter am Folgetag ein „Date“ mit einer Journalistin hatte, doch solche „Dates“ hatte ihre Mutter schon viele gehabt.

»Ist die Frau lesbisch?«, fragte Jenny.

»Wieso?«

»Na weil du ihr offensichtlich gefallen willst!«, warf Jenny ein.

»Nein. Ich will mich einfach besser fühlen.«

»Und Nagellack macht es möglich, dass du dich besser fühlst?«

Jennifer verstand nicht, auf was ihre Mutter hinauswollte.

»Weißt du, mein Schatz, wenn du dich schlecht fühlst…«

»Dann hilft es, besser auszusehen!«, unterbrach Inmas Tochter.

Jenny hatte verstanden.

Stars und Sternchen mussten immer perfekt sein. Auch wenn sie sich manchmal nicht so perfekt fühlten. Jenny wusste um die Macht des Make-ups Bescheid und wusste auch, dass Vorsorge besser war als Nachsorge.

»Es ist nicht nur die Frisur, das Make-up, die Kleidung die den ersten Eindruck ausmacht, Jenny. Unser Auftreten im Moment des „Auftritts“ beinhaltet auch unseren Gang, unser Lächeln…selbst der Handshake…«

»Auf den man wegen Corona mittlerweile verzichtet!«, unterbrach Jennifer erneut.

»Ja…aber vielleicht kommt er ja wieder…selbst der Handshake sagt viel über unsere Persönlichkeit aus!«

»Immer?«

»Naja…nicht immer, doch immer dann wenn du dich in einer Situation befindest, wo man dich wahrnimmt!«

»Und in der Kunst?«

Jenny stellte Fragen.

»Nein, mein Schatz…da musst du abliefern. In der Kunstszene…da zählt eben nur das Endprodukt. Da kümmert sich niemand wer du aktuell bist, denn die Profis von heute, erzählen dir morgen, wer du sein wirst!«

»So wie dieser Herr Leyerle?«

»Ja…der erzählt mir aber auch, wer ich gewesen bin…und zwar „seiner Meinung“ nach!«

8

Trotz aller Bemühungen und aller Erwartungen zum Trotz, konnte Inma Anny Huber nicht überzeugen. Die Nürnberger Politreporterin hatte sich auf ein Politikum festgelegt, von dem sie keinen Abstand nehmen wollte. Sie wollte Clemens Binninger zu Fall bringen, da sie der Ansicht war, genug Indizien gegen ihn in der Hand zu haben.

Indizien die für Inma die Koinzidenz in ganz großem Licht erstrahlen ließen.

»Sie finden es also normal, Frau Harju, dass die Polizei des Deutschen Bundestages, seit September 2014, kein Ergebnis liefern kann?«

»Was bei der Polizei des Deutschen Bundestags los ist, weiß ich nicht, doch…«

»Und der dezente Umstand, dass Herr Binninger selbst Polizist ist, regt Sie nicht zum nachdenken an?«

»Im Bundestag ist Herr Binninger nur eins gewesen: Abgeordneter!«

»Und dass Abgeordnete einen guten Draht zu Justizsenatoren pflegen?«

»Das gehört zum Job, Frau Huber!«

»Und vielleicht gehörte es im Jahr 2012 auch zum Job, für seinen Mitarbeiter, bei der Landesjustizverwaltung einen kleinen Gefallen zu erbeten?«

»Nur weil Herr Clement im Januar 2016 solch einen Unfug behauptet hatte, muss das nicht die Wahrheit sein, Frau Huber!«, erklärte Inma mit brüchiger Stimme, doch sie lieferte nach: »Mir scheint, dass Herr Clement lediglich aus „seinem Fehler“ zu meinen Lasten rauskommen wollte, indem er seinen Referatsleiter…wider besseren Wissens…falsch Verdächtigte«

»Ja?«

»Ja! Ich halte Herrn Clement für ziemlich rückgratlos…«

»Wirklich?«

»Wirklich, Frau Huber…und ich denke, dass Herr Clement sehr wohl weiß, wie das Gesetz umzusetzen ist… schließlich versteht er ziemlich gut, was es bedeutet, sich einer Straftat nicht selbst bezichtigen zu müssen!«

»Ihr Wort in Gottes Ohr, Frau Harju!«

»Rainer Zorn hatte gegenüber meinem Mann Herrn Clement als Deutschlands dümmsten Beamten betitelt!«

»Wann war das?«

»Am 05.07.2014, als Rainer uns zur Bigamie gratulierte und mein Mann ein Veto vortrug!«

»Wissen Sie noch was ihr Mann gesagt hatte?«

»Ja…er fragte, von welcher Bigamie er spricht, da schließlich Josh Harju die Anerkennung einer Urkundenfälschung beantragt hatte!«

»Was sagte Herr Zorn darauf?«

»Das Herr Clement eben Deutschlands dümmster Amtsträger sei!«

»Mehr nicht?«

»Nein. Das war alles!«, erklärte Inma ohne verstehen zu können, auf was die Reporterin hinauswollte, doch des Rätsel Lösung wollte gefunden werden: »Das bedeutet, dass Rainer Zorn immer die Wahrheit sagt?«

Anny Huber hakte mit Nachdruck nach, doch Inma wollte keine Fragespielchen mehr spielen und zog ein nachdenkliches Schweigen einer Antwort vor.

»Und als Rainer Zorn sich vor dem Generalkonsulat in Danzig als ihr aktueller Ehegatte ausgegeben hatte, um Ihre Daten auszuspähen, sprach Herr Zorn dann auch die Wahrheit?«

»Nein, das nicht…«