Schatz, ich habe Aktien gekauft! - Christian Thiel - E-Book

Schatz, ich habe Aktien gekauft! E-Book

Christian Thiel

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Beschreibung

Aktien: Wenn nicht jetzt, wann dann? Die meisten Menschen haben Angst vorm großen Crash, dabei ist eine Flaute an der Börse ihre Chance für den günstigen Einstieg ins Investieren mit Aktien! Der Finanzexperte Christian Thiel nimmt diese Sorgen ernst und entkräftet sie Kapitel für Kapitel, indem er Bedrohungsszenarien analysiert und widerlegt und gestandene Anlageprofis wie Gerd Kommer, Albert Warnecke (der »Finanzwesir«) oder Saidi Sulilatu, den YouTuber von Finanztip, zu Wort kommen lässt. Sie erzählen, wie sie mit Ängsten umgegangen sind, wie sie Entscheidungen für Aktien oder ETFs getroffen haben, und ob sie sich schon mal über einen Kauf geärgert haben. Anleger sind eben auch nur Menschen, aber nicht alle Menschen sind Anleger. Sollten Sie Ihr Geld noch nicht an der Börse investieren, wird dieses Buch Ihnen die nötige Sicherheit geben!

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Christian Thiel

»SCHATZ, ICH HABE AKTIEN GEKAUFT!«

Wie Sie die Angst vor der Börse verlieren und Ihr Geld vermehren

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Aktien: Wenn nicht jetzt, wann dann?Die meisten Menschen haben Angst vorm großen Crash, dabei ist eine Flaute an der Börse ihre Chance für den günstigen Einstieg ins Investieren mit Aktien! Der Finanzexperte Christian Thiel nimmt diese Sorgen ernst und entkräftet sie Kapitel für Kapitel, indem er Bedrohungsszenarien analysiert und widerlegt und gestandene Anlageprofis wie Gerd Kommer, Albert Warnecke (der »Finanzwesir«) oder Saidi Sulilatu, den YouTuber von Finanztip, zu Wort kommen lässt.Sie erzählen, wie sie mit Ängsten umgegangen sind, wie sie Entscheidungen für Aktien oder ETFs getroffen haben, und ob sie sich schon mal über einen Kauf geärgert haben. Anleger sind eben auch nur Menschen, aber nicht alle Menschen sind Anleger.Sollten Sie Ihr Geld noch nicht an der Börse investieren, wird dieses Buch Ihnen die nötige Sicherheit geben!

Vita

Christian Thiel beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Börse. Seiner Leidenschaft für die Welt der Geldanlage frönt er auf seinem Blog »Großmutters Sparstrumpf« (grossmutters-sparstrumpf.de). 2017 erschien Schatz, ich habe den Index geschlagen! Wie ich auszog, die besten Aktien der Welt zu kaufen im Campus Verlag. Christian Thiel lebt als Single- und Paarberater und Buchautor mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Berlin.

Kapitel Ianlegen

Wieso ich regelmäßig Aktien kaufe – und dann meine Frau küsse.

Ganz Deutschland lebt mit null Prozent Zinsen. Oder mit Minuszinsen. Ganz Deutschland? Nein! Eine kleine, verschworene Gemeinschaft von Anlegerinnen und Anlegern wehrt sich tapfer und unbeugsam gegen die Übermacht der negativen Renditen. Es ist auch gar nicht so schwer, mit seinem Geld einen ordentlichen Gewinn zu erzielen. Das geht – mit Aktien. Leider zieht derzeit nur eine kleine Minderheit der Deutschen diese Form einer Unternehmensbeteiligung in Erwägung. Und wenn sie Aktien besitzen, dann zumeist in Form eines teuren Aktienfonds, der seinem Vergleichsindex (dem DAX, dem MDAX, dem S&P 500, dem Weltaktienindex MSCI World) hinterherläuft. Das sollte sich ändern. Wir können unsere Scheu vor dieser Form der Geldanlage abbauen. Und lernen, eigenverantwortlich unser Geld anzulegen.

Neulich erst habe ich es wieder getan – ich habe Aktien gekauft. Das ist heute ganz einfach. Zwei Klicks im Internet, und schon befindet sich die gewünschte Zahl der Aktien von Starbucks oder Adidas in meinem Depot. Ein wenig mulmig war mir schon bei meinem Kauf, wenn ich ganz ehrlich bin. Aktien waren gerade ziemlich billig. An der Börse ist das, anders als bei Sonderangeboten im Supermarkt, die Zeit, in der man besonders gute Nerven braucht, um zu kaufen.

Denn wenn Aktien billig sind, dann schreibt der Stern gerade, dass uns ein Mega-Crash drohen könnte, der Spiegel hat festgestellt, dass Donald Trump die Welt zu einem unglaublich unsicheren Ort gemacht hat. Und in Focus Money suchen Sie vergeblich nach Nachrichten wie »Hurra. Aktien sind gerade günstig – greifen Sie zu!«. Sie schreiben stattdessen von den neuesten Vorhersagen eines Crash-Propheten, dessen Namen mir gerade entfallen ist und der die geneigte Leserschaft darauf einstimmt, dass nun der endgültige, finale und diesmal auch vollständige Kollaps der Finanzmärkte ganz, ganz nahe ist. Im Grunde befinden wir uns derzeit schon mitten in diesem Kollaps, haben aber, naiv und gutgläubig, wie wir nun mal sind, noch gar nichts davon gemerkt. Endzeitstimmung pur.

Die weltpolitische Lage ist unübersichtlich – und gefährlich

Die Welt ist ein unsicherer Ort, meinen die Medien. Die Kurse werden um 60 bis 90 Prozent fallen, sagen die Endzeitpropheten. Mindestens! Soll ich ausgerechnet in so einer schrecklichen Zeit Aktien kaufen? Ja, warum denn nicht! Nennen Sie mir bitte eine Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, in der es keine politischen Unsicherheiten auf diesem Planeten gab.

Wir hatten das unglaubliche Wettrüsten der Vereinigten Staaten mit der Sowjetunion, bei dem sich beide bis an die Zähne bewaffneten, um den Gegner zehn oder gar zwanzig Mal vernichten zu können. Wir hatten den Koreakrieg mit geschätzt 4,5 Millionen Toten. Wir hatten die Kubakrise, den Vietnamkrieg, den unglaublichen Anstieg des Ölpreises in den 1970er-Jahren mit all den wirtschaftlichen Problemen, die das nach sich zog. Zudem hatten wir zahlreiche Kriege auf allen Erdteilen, den Kollaps der Sowjetunion, rund 200 Staatsstreiche und eine sehr große Zahl an ziemlich verrückten Potentaten. Und zugegeben: Donald Trump, den haben wir auch. Die Welt ist ein unübersichtlicher und gefährlicher Ort. Keine Frage.

Die Welt ist gefährlich – und Aktien steigen trotzdem

Doch halt! Ging es denn wirklich um die Frage, ob die Welt gefährlich ist? Oder ging es nicht vielmehr darum, ob es sich lohnt, einen Teil seines Geldes in Unternehmen anzulegen? Einer Anlage in Aktien haben politische Konflikte und militärische Eskalationen in der ganzen Zeit nichts anhaben können – und das hat einen ganz einfachen Grund: Auch bei politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten werden neue, erfolgreiche Firmen gegründet (Apple, Microsoft, Facebook, Alphabet/Google), oder alteingesessene Firmen (wie Lindt, American Express oder Adidas) haben ein paar spannende Ideen für neue Produkte oder Dienstleistungen. Und weil der menschliche Geist, gepaart mit findigem Unternehmertum, sich stets etwas Neues ausdenkt, ist es völlig unvermeidlich, dass Aktien auf lange Sicht steigen. Denn Aktien sind Unternehmensbeteiligungen.

Der Mann mit dem Knall

Das alles hält deutsche Crash-Propheten nicht davon ab, den nächsten Aktien-Crash zu verkünden. Der wird – mega! Sie sind, so gesehen, auch gar keine Crash-Propheten, sondern Mega-Crash-Propheten. Oder um es ganz präzise zu sagen: Es sind Weltuntergangspropheten, wie es sie in der abendländischen Kultur nun seit rund 2000 Jahren gibt. Das Ende aller Dinge ist nah! So steht es schon in der Bibel. Petrus hat das gesagt.

Ein Crash mit 90 Prozent Verlust wird derzeit beinahe jede Woche voller Inbrunst von irgendeinem der vielen Mega-Crash-Verkünder vorhergesagt. Wenn ich mich recht erinnere, dann hieß der letzte Unglücksverkünder, von dem ich so eine schreckliche Vorhersage gehört habe, Dr. Felix Krull. Ich weiß noch, wie meine Frau ganz besorgt zu mir kam und mir von seiner düsteren Prognose erzählte (der garantiert schlimmste Crash aller Zeiten). Möglicherweise hieß der Mann aber auch gar nicht Dr. Krull, sondern Dr. Knall. Ganz sicher war sich meine Frau in dieser Frage nicht. Mir gefiel der zweite Name viel besser, weil er mir die Gelegenheit gab, mich über seinen Pessimismus lustig zu machen. »Der Mann hat aber einen Knall«, sagte ich leichthin.

Dr. Knall treibt es mit seinen Vorhersagen allerdings ganz besonders bunt und setzt auf ein sehr großes Maß an Gutgläubigkeit bei seinen Anhängern: Die Wirtschaft wird kollabieren, das Finanzsystem sagt unserem Planeten ade, und da alles Geld vollkommen wertlos wird, bezahlen findige Jünger von Weltuntergangspropheten beim Bäcker demnächst mit kleinen Goldkrumen, die sie von Goldbarren abgebrochen haben, die sie schon vor Jahren beim silbern glänzenden Schein des Mondes in weiser Voraussicht in ihrem heimischen Garten vergraben haben. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!

Das Ende aller Dinge ist nah!

Dass unser Finanzsystem kurz vor dem Kollaps steht, wird nun schon seit zehn Jahren immer wieder verkündet – und wenn Sie dieses Buch in der Hand halten (oder aber hören), dann können es auch schon elf oder zwölf Jahre sein. Zwölf Jahre Crash-Prognosen, die allesamt nicht eintreffen – und die Medien berichten immer noch davon. Sehr seltsam.

Während Aktien also gerade billig sind (die Kurse fallen an manchen Tagen nur ein wenig, an anderen stürzen sie regelrecht zu Boden), frage ich mich: Lieber Apple kaufen oder doch Starbucks? Oder Disney? Disney steigt gerade sehr erfolgreich in das Geschäft mit dem Streaming ein. In meiner Familie schaut niemand mehr Fernsehen. Alle streamen. Bei Netflix. Bei YouTube. Sehen Sie, warum Aktien steigen müssen? Menschen denken sich unablässig etwas aus, was andere Menschen so sehr begeistert, dass sie bereit sind, dafür Geld auszugeben.

Neue Produkte, neue Dienstleistungen

Apple hat mit der Apple Watch einen tollen Hit gelandet und mit den kabellosen Kopfhörern AirPods auch. Starbucks wiederum ist derzeit damit beschäftigt, sich China als Markt zu erschließen. In China wird noch immer sehr wenig Kaffee getrunken. Nur rund eine Tasse pro Kopf und Tag. Schwer vorstellbar, dass das so bleibt. Zudem wird China zunehmend reicher, und junge Chinesen können sich die teuren Getränke von Starbucks leisten.

Kaffee zu trinken ist ein Megatrend. Und der große Gewinner von mehr Kaffeekonsum und mehr Reichtum heißt wohl auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten – Starbucks. Kann eine Korrektur an den Aktienmärkten daran etwas ändern? Wohl kaum.

Weder der Crash der Jahre 2000 bis 2002 noch die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise haben am Aufstieg von Starbucks zu einem die Welt umspannenden Konzern etwas ändern können. Der Aktienkurs des Unternehmens hat für eine Weile gelitten. Klar. Auch die Corona-Krise hat dem Kurs zugesetzt. Kein Wunder. Viele Filialen mussten vorübergehend schließen oder durften nur noch außer Haus verkaufen. Aber auch das geht vorbei. Der Trend zum Kaffeetrinken bleibt.

Abb. 1: Starbucks bedient den Trend zum Kaffeetrinken und Zum-außer-Haus-Arbeiten perfekt.

Zumindest in der Wirtschaftskrise von 2008 hat der Kurs von Starbucks erkennbar gelitten. Von 20 Dollar ging es hinab bis auf 5 Dollar. Autsch! Umsätze wie Gewinne haben für eine Weile stagniert – und der Kurs sank. Aktien von Starbucks wurden also vorübergehend billig, sprich: zu einer guten Kaufgelegenheit. Dennoch stieg der Kurs dann wieder, was im Kursverlauf gut zu sehen ist.

Steigende Umsätze und steigende Gewinne führen zu steigenden Kursen

In der Zwischenzeit stieg nicht nur der Aktienkurs selber, auch Umsatz und Gewinn wuchsen. Und die Dividende erhöhte sich auch. Das ist der Teil des Gewinns, den ein Unternehmen an seine Aktionäre ausschüttet. Wenn ich die Dividende wieder in Aktien anlege, dann fällt mein Gewinn noch sehr viel höher aus, als im Chart zu sehen ist. Doch es kommt noch besser. Starbucks erhöht seine Dividende von Jahr zu Jahr. 2010 gab es nur 0,18 Dollar je Aktie – jetzt sind es schon 1,48 Dollar. Das ist ein Anstieg um 720 Prozent. Auch Apple hat seine Dividende im vergangenen Jahrzehnt deutlich nach oben gesetzt (840 Prozent), und Disney lässt sich ebenfalls nicht lumpen. Hier sind es immerhin noch 530 Prozent mehr.

Verstehen Sie nun, warum Aktienbesitzern, die Anteilsscheine von Starbucks, von Apple und von Disney im Depot haben, die Welt von null Prozent Rendite so fremd ist? Allein die stets steigende Dividende des Unternehmens hat diese Aktien zu einem lohnenden Kauf gemacht.

Ich sitze noch immer am Computer und schaue auf die Kurse von Apple, von Starbucks und von Disney. Ich muss mich entscheiden. Wenn ich die Aktien dann gekauft habe, ist es an der Zeit, meiner Frau davon zu erzählen.

»Schatz, ich habe Aktien gekauft«, sage ich dann zu ihr. Sie kennt das schon. Immer wieder haben wir das in den vergangenen Jahren gemacht. Mal waren Aktien gerade günstig, mal haben wir aber auch einfach so gekauft, während die Kurse gerade stiegen. Natürlich haben wir vorher darüber gesprochen, wie viel von unserem Geld wir jetzt in den Markt legen wollen.

»Schatz, ich habe Aktien gekauft«, sage ich also zu meiner Frau.

»Ach ja?«, sagt sie und wartet darauf, dass ich zu den wirklich wichtigen Dingen im Leben komme – und sie küsse. Und das mache ich dann auch.

Den Index kaufen

Apple, Starbucks, Disney – welche von den drei Unternehmensaktien soll ich nun kaufen? Ich habe die Aktien der drei schon lange im Depot. Ich kenne die Firmen und ihre Entwicklung. Und ich habe eine Einschätzung ihrer Zukunft – wer also wird jetzt aufgestockt? Ich muss mich entscheiden. Aber muss ich das wirklich tun?

Ich habe nicht nur die Möglichkeit, mir eine einzelne Aktie ins Depot zu legen. Ich kann auch gleich den ganzen Index kaufen, den Weltaktienindex MSCI World zum Beispiel, den amerikanischen Index S&P 500 oder den deutschen MDAX – in Form eines ETF (exchange traded fund), der gleich alle Aktien enthält, die in einem Index gelistet sind.

Das hat deutliche Vorteile. Wer in den ganzen Index investiert, der braucht sich um die einzelnen Aktien, die er besitzt, keine Sorgen mehr zu machen. Die Amerikaner verlieren die Lust auf teuren Kaffee von Starbucks? Apple kann sein iPhone nicht mehr verkaufen? Disney produziert nur noch Flops? Alles eher unwahrscheinlich, aber es kann passieren. Der Handyhersteller Nokia, einst eines der wertvollsten europäischen Unternehmen, ist untergegangen. Karstadt wurde nach Jahren mit fallenden Umsätzen und hässlichen Verlusten für 1 Euro an einen Finanzinvestor verhökert. Und von der einst stolzen AEG hat man auch schon lange nichts mehr gehört.

Einzelaktien kommen mit einem erhöhten Risiko daher. Ein Unternehmen kann ins Stolpern geraten. Manchmal stolpern sie nicht nur, sondern fallen. Gerade neulich erst hat die Restaurantkette Vapiano ihre Insolvenz erklärt. Die Aktie war schon vor der Corona-Krise sehr tief gefallen. Das Geschäft lief schlecht. Das Management wechselte häufig. In einer Krise zeigt sich sehr schnell, wer schlecht gewirtschaftet hat. Warren Buffett, der reichste Investor der Welt, sagt gerne: »You only learn who has been swimming naked when the tide goes out.«

Nachkaufalarm bei Vapiano

Vapiano has been swimming naked. Die Ebbe hat es gezeigt: Wer Vapiano im Depot hat, für den ist die Insolvenz des Unternehmens bitter. Wer bei Vapiano gearbeitet hat und die Aktie seines Unternehmens im Depot hatte, für den war die (absehbare) Insolvenz der Restaurantkette doppelt bitter. Job verloren – Ersparnisse weg.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie zahlreiche »Aktienexperten« von Börsenmedien den Anlegerinnen und Anlegern die Aktie auch nach den ersten Abstürzen des Kurses noch wärmstens empfohlen haben. Nachkaufalarm schrieb eine besonders überzeugte Internetseite, nur um kurz darauf den ebenfalls von der Insolvenz bedrohten amerikanischen Konzern General Electric auch für einen guten Kauf zu halten. Nachkaufalarm! Abenteuerlich.

Dem Index selber macht die Insolvenz eines einzelnen Unternehmens nichts aus. Der MDAX enthält stets 50 mittelgroße deutsche Unternehmen. Im S&P 500 werden stets die größten 500 amerikanischen Unternehmen gelistet, die an der Börse notiert sind. Wer einen Index kauft, der ist, was die Branchen angeht, in die er anlegt, breit diversifiziert. Allerdings hat er mit dem MDAX nur Aktien aus Deutschland im Depot. Und mit dem S&P 500 nur Unternehmensbeteiligungen in den USA. Er ist also geografisch kaum diversifiziert.

Der MSCI World hingegen investiert in rund 1.600 Unternehmen in zwei Dutzend Ländern. Schon besser. Mag Deutschland wirtschaftlich durch eine schwere Krise gehen, wie es Japan und seiner Wirtschaft, seinen Immobilien sowie seinem Aktienmarkt nach 1990 passiert ist – wer sein Geld in den Weltaktienmarkt anlegt, der bekommt damit den wirtschaftlichen Erfolg von 23 Ländern in sein Depot. Mit einem einzigen ETF.

Einzelaktien kaufen oder lieber gleich den ganzen Index?

Wenn Apple, Disney und Starbucks gerade billig sind, dann trifft das in der Regel auch auf den S&P 500 und den MSCI World zu. Diese Indizes kann ich jetzt also auch zum Sonderangebot kaufen – mit einem ETF. Ein ETF auf den S&P 500 notiert jetzt schon 12 Prozent unter seinem jüngsten Hoch. Ein Schnäppchen also. Aber wer weiß – vielleicht wird das alles in den nächsten Tagen ja noch billiger und ich kann den ganzen Index zu 18 oder 20 Prozent Rabatt kaufen?

Apple, Disney, Starbucks – am Ende habe ich alle drei gekauft. Ich vertraue auf ihr Geschäftsmodell und bin der festen Überzeugung, dass ich mit diesen Aktien einmal mehr den Index schlagen werde – so wie mir das jetzt schon seit Jahren gelingt. Der Index selber ist ein sicherer Kauf und sorgt dafür, dass meine Gewinne nicht geringer ausfallen als die des gesamten Marktes. So ergeht es leider vielen Anlegern. Sie haben Aktien von Daimler im Depot oder von General Electric – und ärgern sich, dass sie deutlich schlechter abschneiden als der Index selber.

Abb. 2. Zwanzig Jahre Daimler – ein Graus. Viel Auf und viel Ab. Und fallende Kurse: von 90 Euro runter bis auf 30 Euro.

Mit der Aktie von Daimler dem Index hinterherzulaufen ist sehr einfach – im Chart ist das gut zu sehen. Während der Kurs von Starbucks steigt und steigt, ist das bei der Lieblingsaktie der Deutschen nun wirklich nicht der Fall. In den zurückliegenden zwanzig Jahren ist sie zwar heftig geschwankt, konnte in dieser Zeit aber nicht zulegen. Stattdessen fiel sie von ehemals 90 Euro auf rund 30 Euro. Ärgerlich.

Wer den ganzen Index kauft, fährt oft besser

Wer einen breit diversifizierten Index wie den MSCI World kauft, der hat diese Probleme nicht. Er macht genau den Gewinn, den der ganze Markt gerade macht – und fertig. Nun komme keiner und sage: »Aber Daimler hat doch Dividenden gezahlt!« Ja, das stimmt. Aber das haben die 1.600 Unternehmen aus dem MSCI World oder die 500 Firmen, die im S&P 500 gelistet sind, ja auch getan. Und diese Dividenden kommen zu den Gewinnen des Index noch hinzu.

Der Erfinder von ETFs ist John C. Bogle, der Gründer von Vanguard, dem zweitgrößten Vermögensverwalter der Welt. Bogle begann in den 1970er-Jahren damit, Indexprodukte auf den Markt zu bringen. Der Grund hierfür war einfach: Kaum ein Fonds mit seinem teuren Management schaffte es, besser abzuschneiden als der Index selber. Das hat verschiedene Gründe, und einer davon ist ganz offensichtlich das teure Management. Ehe Anlegerinnen die Gewinne des Fonds zu sehen bekommen, muss das Management bezahlt werden. Die Kosten hierfür liegen bei den meisten Fonds bei rund 1,5 Prozent. Ist ein Fonds genauso gut wie der Index, zum Beispiel 8 Prozent, dann bleiben nach Kosten leider nur noch 6,5 Prozent übrig.

In Mark und Pfennig

Immer wieder werden wir uns die Folgen von Anlageentscheidungen auf den kommenden Seiten auch in realen Geldbeträgen anschauen. Die Zeiten von Mark und Pfennig sind zwar schon lange vorbei, doch niemand sagt ja ernsthaft in Euro und Cent. Also wird diese Rubrik in den folgenden Kapiteln immer wieder in Mark und Pfennig heißen.

Was also bedeuten 8 Prozent oder 6,5 Prozent in Mark und Pfennig? Wenn Sie 10 000 Euro gespart haben und in den Aktienmarkt legen, dann haben Sie bei 6,5 Prozent (Fondsrendite) und bei 8 Prozent (Marktrendite) einen sehr unterschiedlichen Return. Wie groß dieser Unterschied im ersten Jahr ist, das können die meisten Menschen problemlos im Kopf ausrechnen. Bei 8 Prozent ergibt sich ein Gewinn von 800 Euro. Bei 6,5 Prozent hingegen nur 650 Euro. Die übrigen 150 Euro sind in den Taschen des Fondsmanagements verschwunden.

Dieser Unterschied ist schon im ersten Jahr fühlbar. Er vergrößert sich allerdings im Laufe der Zeit sehr deutlich. Die 150 Euro, die das Fondsmanagement zum einen erfreut und zum anderen auch reicher gemacht haben, bringen in Zukunft für Ihren persönlichen Vermögenszuwachs nichts mehr ein. Sie sind verloren. Ganz anders ist die Lage, wenn Sie die vollen 800 Euro bekommen haben und auch weiterhin im Markt liegen lassen. Im zweiten Jahr bringen auch diese 150 Euro (wie auch die 650 Euro) einen Gewinn. Den Zinseszins. Deshalb muss sich die Schere zwischen den beiden Anlagevarianten mit der Zeit immer weiter öffnen. Auf lange Sicht wird der Unterschied größer und größer.

In Mark und Pfennig

Bringt der Aktienmarkt in den folgenden dreißig Jahren im Durchschnitt 8 Prozent, dann haben Sie am Ende den Betrag von rund 100 000 Euro. Das ist ein Gewinn von 90 000 Euro für Sie.

Bezahlen Sie aber das Fondsmanagement und haben deshalb nur 6,5 Prozent Gewinn, dann haben Sie nach drei Jahrzehnten nur 56 000 Euro Gewinn erzielt. Und das ist nur der beste Fall, denn viele Fonds liegen mit ihrem Return deutlich hinter dem Index. Nur sehr wenigen gelingt es, besser abzuschneiden.

Das Management reduziert den Return

Die Kosten für das Management reduzieren den Return für Anlegerinnen. Sie schaffen keinen Mehrwert. Das brachte John C. Bogle auf die Idee, diese Kosten einfach einzusparen. Kein Management – keine Kosten, so seine Idee. Das hat die Verwaltung von Anlegergeldern revolutioniert. Auf diese Weise bleibt ein größerer Teil der Gewinne bei den Aktionären. Billige ETFs kosten nur einen Bruchteil von dem, was bei einem Fonds fällig wird – im günstigsten Fall sind es nur 0,07 Prozent. In den USA sind viele ETFs mittlerweile sogar kostenfrei zu erhalten. Null Euro für das Management. Wow.

Dank John C. Bogle kaufen heute viele Anleger schlicht den Index. Die Fondsindustrie ist darüber natürlich nicht erbaut. Und schimpft. Soll sie. Je mehr Anleger erkennen, dass ein gut bezahltes Fondsmanagement keine Leistung erbringt, sondern nur ihre Rendite schwächt, desto mehr werden sie zu ETFs übergehen. Das senkt die Einnahmen der Fondsmanager. Dr. Hendrik Leber ist so ein Fondsmanager. Er hat die Fondsgesellschaft Acatis gegründet. Werfen wir einen Blick auf seinen Fonds auf internationale Aktien, um zu verstehen, wie schädlich Aktienfonds für das Vermögen von Anlegern sind (Abbildung 3).

Abb. 3: Der Index (MSCI World, schwarz) ist klüger und schlägt den Fonds Acatis Aktien Global Fonds A (blau) – um Längen.

In Blau sehen Sie die Entwicklung des Fonds Acatis Aktien Global Fonds A. In Schwarz darüber verläuft der MSCI World (ETF auf Euro-Basis inklusive Dividenden). Beide Anlagevarianten haben in den vergangenen zehn Jahren einen positiven Return gebracht. Das ist auch nach dem Corona-Knick am rechten Ende des Charts noch so. Der Fonds steht derzeit mit rund 88 Prozent im Plus – ein einfacher ETF dagegen mit 150 Prozent. Und auch das schauen wir uns jetzt mal in Mark und Pfennig an.

In Mark und Pfennig

Bei einer Anlagesumme von 10 000 Euro haben Sie in diesen zehn Jahren mit dem Fonds einen Gewinn von 8 800 Euro erzielt.

Mit einem ETF auf den MSCI World dagegen sind es 15 000 Euro.

Wir können uns den unterschiedlichen Return der beiden Anlagevarianten auch auf Basis eines einzelnen Jahres anschauen. Dann ergeben sich bei einem Investment in den MSCI World durchschnittliche Gewinne von 9,56 Prozent pro Jahr. Beim Acatis-Fonds sind es hingegen nur 6,5 Prozent, 3 Prozent weniger. Das lässt zwei Schlüsse zu. Erstens haben Sie Jahr für Jahr eine erhebliche Summe an Dr. Hendrik Leber bezahlt – 1,35 Prozent beträgt die Gebühr, die sein Management erhebt. Zweitens hat das Management (wie die meisten Fondsmanager) eine deutliche Underperformance gegenüber seinem Vergleichsindex. Es läuft ihm hinterher. Um immerhin 1,65 Prozent pro Jahr.

Nun glauben Sie bitte nicht, ich hätte für diesen Vergleich absichtlich einen besonders schlechten Fonds herausgesucht. Das Gegenteil ist der Fall. Der Fonds von Acatis ist vielmehr einer der besten Fonds mit internationalen Aktien im deutschsprachigen Raum, den ich kenne. Es gibt sehr viel schlechtere Fonds.

Was Sie in diesem Buch erwartet

Die miserable Performance vieler Fonds und die gnadenlosen Verkaufsstrategien der Finanzwirtschaft werden uns im weiteren Verlauf dieses Buchs beschäftigen (Kapitel 2). Und denken Sie bei dem Wort »Finanzwirtschaft« bitte nicht nur an die Deutsche Bank mit ihrem derzeit absolut miserablen Ruf. Bei der Commerzbank oder der Sparkasse werden Sie genauso gnadenlos über den Tisch gezogen – und Ihr Geld wandert in deren Taschen.

Wir werden uns mit dem bekanntesten Finanzblogger Deutschlands treffen (Kapitel 3). Der heißt Albert Warnecke und ist durch seine Webseite finanzwesir.com bekannt. Außerdem sprechen wir mit dem Mann, der die Geldanlage in ETFs in Deutschland deutlich populärer gemacht hat – Dr. Gerd Kommer (Kapitel 4) – und fragen uns, wie es sein kann, dass Aktien auf lange Sicht steigen, die Mehrheit der Menschen aber trotzdem Angst vor ihnen hat.

Natürlich darf auch der erfolgreichste Investor der Welt in einem Buch über die langfristige Geldanlage nicht fehlen. Warren Buffett ist selber seit knapp achtzig Jahren im Aktienmarkt unterwegs – schon mit elf Jahren hat er seine erste Aktie gekauft. Buffett (Kapitel 5) wird uns den Zahn ziehen, dass wir alle am Markt unermesslich reich werden, und wird uns erklären, wieso es für Investoren in der Regel eine ganz schlechte Idee ist, Aktien aus einer neuen Branche zu erwerben, die von den Medien gerade zum »the next big thing« erklärt wird. Die Frage, wie der Aktienmarkt die vergangenen hundert Jahre hinter sich gebracht hat, wird uns in diesem Kapitel ebenfalls beschäftigen. Manchmal steigen Aktien für dreißig Jahre ohne große Krisen. Manchmal stagnieren sie für viele Jahre. Und immer wieder machen sie genau das, was die große Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger gerade nicht erwartet. Apropos Anleger. Und Anlegerinnen. Leider sind es mehr Männer, die sich für die Börse interessieren. Das sollte sich ändern. In diesem Buch wird abwechselnd die männliche und die weibliche Form genutzt. Und manchmal alle beide.

In Kapitel 6 werden wir einen Blick auf die Möglichkeiten werfen, sein Geld im Markt zu verlieren. Denn auch das ist sehr leicht möglich – wie wir am Chart von Daimler schon gesehen haben. Im 7. Kapitel werden wir uns ansehen, wie man den Index schlagen kann (wenn man das denn will). Aber vielleicht wissen Sie das ja schon, weil Sie mein erstes Buch über Aktien, Schatz, ich habe den Index geschlagen, bereits gelesen haben.

Immer wieder wird es in diesem Buch auch darum gehen, warum Aktien als Anlageklasse so erfolgreich sind (weil der menschliche Geist stets Neues erfindet). Im 8. Kapitel betrachten wir deshalb auch all die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte und wagen einen Ausblick auf die zehn Jahre, die nun vor uns liegen. Aktien sind eine Unternehmensbeteiligung. Sie beteiligen uns nicht am vergangenen Erfolg von Firmen, sondern an deren Zukunft. Das macht die Anlage in Einzelaktien so riskant, denn an der Börse ist der Blick durch den Rückspiegel jederzeit ziemlich klar. Wir kennen die vergangene Entwicklung eines Unternehmens wie Apple, Starbucks oder Adidas. Der Blick durch die Windschutzscheibe dagegen ist mehr als nur undeutlich. Niemand von uns weiß genau, was auf ein Unternehmen wie Apple, Adidas oder Starbucks in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zukommt.

Schließlich werden wir uns (Kapitel 9) noch mit der Frage auseinandersetzen, warum es so einfach ist, beim Blick auf einen Chart, der den Crash des Jahres 2008/09 zeigt, der festen Überzeugung zu sein, es sei ganz einfach, zum Zeitpunkt des Tiefs zu kaufen. Und warum das der Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger nicht gelingt, wenn die Kurse wirklich purzeln.

Börsenmedien meiden

Was im Markt nicht funktioniert, wird uns oft beschäftigen. Denn wenn Sie sich mit Ihrem Geld auf den jeweils neuesten Börsenhype von Börsenmedien stürzen, dann werden Sie den Index nicht schlagen. Eher werden Sie jede Menge Geld verlieren. So wie bei den Lithium-Aktien, die von vielen deutschen Börsenmedien in den Jahren 2016 und 2017 als der Weisheit letzter Schluss angepriesen wurden. Wenn Sie mit Ihrem Geld mit dabei waren, dann können Sie ein Lied von den Folgen singen. Es ging zum Beispiel mit dem Lithium-Produzenten Albemarle hoch von 58 auf 140 Dollar (Abbildung 4). Und dann wieder runter bis auf 55 Dollar. Uff.

Abb. 4: Auch Albemarle ist 2016 in den Lithium-Hype geraten. Das ist kein Spaß für Anlegerinnen und Anleger, die ihr Geld auf den stark steigenden Kurs des Chemieunternehmens gesetzt haben.

Vielleicht wären Sie aber auch lieber nicht beim Cannabis-Hype mit dabei gewesen, der gleich im Anschluss an den Lithium-Hype losbrach. Auch der brachte es in kürzester Zeit auf unglaubliche Anstiege – nur um nachher umso heftiger zu Boden zu stürzen. Wie etwa bei dem bekannten Cannabis-Unternehmen Tilray (Abbildung 5).

Abb. 5: Wer beim Cannabis-Hype mit dabei war, den hat es schlimm erwischt. Börsenliebling Tilray fiel von über 200 Dollar auf nur noch 6 Dollar – ein Verlust von 97 Prozent. Autsch!

Wer sich auf die platten Ratschläge von »Börsenexperten« in deutschen Börsenmedien stützt, der hat in den vergangenen Jahren leider auch Südzucker mit im Depot (Kursentwicklung in zwanzig Jahren: null Prozent) oder gar Vapiano (Kursentwicklung in drei Jahren: minus 99 Prozent)

Angst vor dem kommenden Crash

Börse ist Psychologie. Im Mittelpunkt dieses Buches wird deshalb immer wieder die Angst stehen. Die Angst der Anlegerinnen und Anleger vor Verlusten. Die gibt es nicht nur in Deutschland. Natürlich kennen auch Amerikaner diese Angst vor dem Verlieren ihres Geldes. Und auch sie lassen sich dabei gerne vom Pessimismus ihrer Zeitgenossen anstecken. Das gilt auch dann, wenn ihnen gerade fünfundzwanzig Jahre mit steigenden Kursen und ohne jeden Crash bevorstehen.

Wie zum Beispiel im Jahr 1948. Angst herrscht an der Wall Street. Die Börse ist sich sicher, dass die Kurse purzeln werden – nach sechs guten Jahren, in denen Aktien um mehr als 70 Prozent gestiegen sind. Während Europa nach einem verheerenden Weltkrieg immer noch hungert und friert, haben die Amerikaner einen beispiellosen Wohlstand erreicht. Gründe für Optimismus bei den Anlegerinnen gibt es genug. Doch es hilft alles nichts – die Wall Street hat Höhenangst. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit sind einfach zu schlecht.

Erst waren Aktien von 1929 bis 1932 in einem der schlimmsten Crashs der Börsengeschichte nahezu kollabiert. Dann waren sie im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1937 noch einmal heftig eingebrochen. Auch die Jahre 1939 bis 1941 hatten wiederum fallende Kurse gesehen. Die Anleger waren sich 1948 sicher: Der nächste Crash stand bald bevor. Kaum ein Anleger konnte sich an eine Zeit erinnern, in der die Kurse länger als sechs Jahre in Folge gestiegen waren. Warum bitte sollte es jetzt anders kommen?

Angst ist ein schlechter Ratgeber

Aus heutiger Sicht ist diese Angst der amerikanischen Anleger ausgesprochen befremdlich. Ihnen standen fünfundzwanzig Jahre mit steigenden Kursen bevor. Und sie hatten Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt. Sie sehen: Angst ist ein schlechter Ratgeber.

Das alles klingt ein wenig wie heute auch. Nach einem heftigen Crash in den Jahren 2000 bis 2002 und dann noch einmal 2008 erwarten Privatanlegerinnen und -anleger nahezu täglich die nächste Katastrophe an der Börse. Und was macht der Crash? Er kommt nicht. Warum auch? Ein Crash kommt nicht, weil Anleger ihn erwarten. Er kommt in der Regel dann, wenn unbändiger Optimismus die Börse beherrscht. Optimismus an der Börse? Nein, das hatten wir jetzt lange nicht – volle zwei Jahrzehnte lang. Auch die Corona-Krise hat daran nichts geändert. Der Aktienmarkt fiel schnell in einen Bärenmarkt. So nennt man es, wenn die Kurse um über 20 Prozent vom letzten Hoch verlieren. Das ist nichts Ungewöhnliches an der Börse. Im Durchschnitt passiert das alle fünf bis zehn Jahre ein Mal. Sie fielen zunächst noch ein Stück weiter und machten dann wieder kehrt.

Die Kosten der Angst

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Wer im Jahr 1948 verkauft hat, der hat enorme Gewinne verpasst. Allein in den folgenden zehn Jahren stieg der Index S&P 500 um stolze 260 Prozent (plus Dividenden). Und dabei blieb es nicht. Volle fünfundzwanzig Jahre stiegen die Kurse, unterbrochen nur von kurzen, eher milden Rezessionen. Die amerikanische Wirtschaft erlebte ihre besten Jahre, die goldenen 50er, denen immer noch gute 60er-Jahre folgten.

Und was machten die Privatanleger? Viele standen an der Seitenlinie – und warteten auf den angeblich unvermeidlichen Crash. Erst Mitte der 1960er-Jahre begannen sie, dem anhaltenden Börsenaufschwung zu vertrauen. Sie wurden optimistisch. Und schließlich auch überbordend optimistisch.

Überbordender Optimismus an der Börse – das ist in der Vergangenheit selten gutgegangen. Der Optimismus der 60er endete im Crash des Jahres 1973. Dem Optimismus der 90er erging es nicht besser – er führte in den langen Niedergang der Kurse von 2000 bis 2002. Trotzdem haben die Optimisten auch in dieser Zeit mit Aktien auf lange Sicht profitieren können.

Das Vermögen der Deutschen stagniert

Die Folgen der Verunsicherung lassen sich am Vermögen vieler Deutschen ablesen – es stagniert, angesichts von Null- und Negativzinsen. Sie haben Angst vor einem Investment im Aktienmarkt. Das ist ihnen zu unsicher. Stattdessen kaufen sie lieber Genussscheine von Prokon, einen Anteil an einer Teakholzplantage auf Sumatra, die es möglicherweise nur im bunten Verkaufsprospekt gibt, oder Nachrangdarlehen mit noch zweifelhafteren Perspektiven, um der Zinsfalle zu entgehen. Und verlieren ihr Geld.

Derweil führen die historisch niedrigen Zinsen zu stets steigenden Aktienkursen. Viele Anlegerinnen stehen trotzdem mit ihrem Geld an der Seitenlinie. Sie warten verzagt auf … ja, worauf eigentlich?