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Karriere oder Liebe? In Bobs Café muss Harvey seine Entscheidung überdenken
Die weihnachtliche Gay Romance lässt Herzen höher schlagen
Für den erfolgreichen Geschäftsmann Harvey hat sein Job absolute Priorität. Wer etwas erreichen will, muss hart arbeiten – da bleibt keine Zeit für Privates. Weihnachten in Alaska? Kein Problem, wenn es darum geht, einen neuen Kunden zu gewinnen. Das Fest der Liebe kann man schon mal ausfallen lassen, schließlich ist es in Harveys Augen ohnehin überbewertet. Mit dem aufziehenden heftigen Schneesturm hat er allerdings nicht gerechnet und plötzlich sitzt er am Rande des Denali-Nationalparks fest. Seine einzige Chance, die Reise noch rechtzeitig fortzusetzen, ist Bob, der attraktive und ruhige Besitzer des Café Teegestöber. Obwohl die beiden kaum unterschiedlicher sein könnten, findet Harvey plötzlich die Vorstellung, Weihnachten in dieser Einöde zu verbringen, gar nicht mehr so schlimm …
Erste Leser:innenstimmen
„Ein herzergreifender Weihnachtsroman zum Dahinschmelzen!“
„Die Gegensätze zwischen Harvey und Bob wurden einfühlsam dargestellt und die wachsende Zuneigung hat mich richtig mitfiebern lassen.“
„Romantisch, witzig und perfekt zum Wohlfühlen!“
„Eine bezaubernde Liebesgeschichte perfekt zur Weihnachtszeit und das in einer atemberaubenden Kulisse.“
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Seitenzahl: 161
Für den erfolgreichen Geschäftsmann Harvey hat sein Job absolute Priorität. Wer etwas erreichen will, muss hart arbeiten – da bleibt keine Zeit für Privates. Weihnachten in Alaska? Kein Problem, wenn es darum geht, einen neuen Kunden zu gewinnen. Das Fest der Liebe kann man schon mal ausfallen lassen, schließlich ist es in Harveys Augen ohnehin überbewertet. Mit dem aufziehenden heftigen Schneesturm hat er allerdings nicht gerechnet und plötzlich sitzt er am Rande des Denali-Nationalparks fest. Seine einzige Chance, die Reise noch rechtzeitig fortzusetzen, ist Bob, der attraktive und ruhige Besitzer des Café Teegestöber. Obwohl die beiden kaum unterschiedlicher sein könnten, findet Harvey plötzlich die Vorstellung, Weihnachten in dieser Einöde zu verbringen, gar nicht mehr so schlimm …
Überarbeitete Neuausgabe Oktober 2024
Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98998-035-8 Hörbuch-ISBN: 978-3-98998-039-6 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98998-578-0
Copyright © 2022, Tanya Carpenter Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2022 bei Tanya Carpenter erschienenen Titels Weihnachten im Teegestöber (ISBN: 978-3-75796-512-9).
Covergestaltung: Fenja Wächter unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com: © MaLija, © Yevhenii Chulovskyi, © PeopleImages.com, © Yuri A
E-Book-Version 16.10.2024, 12:29:26.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Karriere oder Liebe? In Bobs Café muss Harvey seine Entscheidung überdenkenDie weihnachtliche Gay Romance lässt Herzen höher schlagen
»Shelley, klären Sie das gefälligst. Ich werde denen keinen Cent für diese Schrottkarre zahlen, haben Sie das verstanden? Das ist eine Zumutung. Shelley?« Natürlich war meine Sekretärin der absolut falsche Adressat für meinen Zorn, aber in der Autovermietung erreichte ich niemanden und wenn ich meinem Ärger nicht Luft machte, würde ich daran ersticken.
Leider antwortete auch meine Sekretärin gerade nur sehr abgehackt und das lag nicht an einer Sprachstörung ihrerseits, sondern daran, dass ich mich im verdammten Niemandsland befand. Schon wieder erklang lediglich Rauschen. Die Störung im Handyempfang konnte ich allerdings nur bedingt dieser rostigen Blechbüchse zuschreiben, die mir von der Autovermietung am Flughafen zugeteilt worden war. Die uralten Scheibenwischer, heruntergefahrene Reifen und den stotternden Motor umso mehr. Unter normalen Umständen hätte ich diesen Wagen niemals angenommen, aber es war Weihnachten, keine anderen Autos mehr verfügbar gewesen und ich musste zu diesem verdammten Termin, der ohnehin schon unter keinem guten Stern zu stehen schien.
Dass Greystone Industries das Meeting auf den ersten Weihnachtsfeiertag gelegt hatte, störte mich nicht. Ich konnte diesem Fest sowieso nichts abgewinnen und im Grunde gefiel es mir sogar, dass mein neuer Geschäftspartner offenbar ähnlich dachte. Aber über die Feiertage war es schwierig, kurzfristig Flüge zu bekommen, weshalb ich nicht direkt nach Dawson City hatte fliegen können, sondern den Umweg über Anchorage inklusive einer anschließenden eintägigen Autofahrt in Kauf nehmen musste. Mein Plan war es gewesen, unterwegs in irgendeinem Hotel zu übernachten und dann pünktlich morgen Nachmittag zum Termin zu erscheinen. Aber allmählich verlor ich den Glauben daran, das zu schaffen.
Ha! An Weihnachten den Glauben verlieren? Ja, konnte ich. Denn nicht genug, dass das mit den Flügen so ein Problem gewesen war und ich diese Schrottkarre erwischt hatte, die Krönung war noch dieses blöde Navi, das vermutlich zum letzten Mal vor der Sintflut upgedatet worden war und mich in eine absolut gottverlassene Gegend manövriert hatte. Es schien mit allen Mitteln verhindern zu wollen, dass ich mein Ziel erreichte oder überhaupt jemals wieder menschliche Behausungen und einen Hauch von Zivilisation sah, denn weit und breit waren hier nur Schnee, Bäume und Berge.
»Tut mir leid, Mr Bellows«, drang Shelleys Stimme wieder zu mir durch. »Da geht niemand mehr ran. Ich kümmere mich gleich morgen darum. Heute ist aufgrund des Feiertages schon geschlossen. Und der Flughafen wurde ebenfalls vor einer halben Stunde gesperrt, weil ein Blizzard aufzieht und der Flugverkehr vorübergehend eingestellt werden muss.«
Ich unterdrückte nur mühsam einen Fluch. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Natürlich. Statt sich ums Geschäft zu kümmern, waren die Mitarbeiter der Autovermietung inzwischen bei ihren Familien. Schließlich war heute Heiligabend. Gott, ich hasste Weihnachten. Sollte ich bei meinem Job wohl eigentlich nicht, denn als Inhaber einer Marketing-Agentur war es mein Job, gerade solche Feste effektiv zu nutzen, um Waren an den Mann und die Frau zu bringen. Das konnte ich auch, ich war gut in dem, was ich tat. Nicht umsonst gehörte meine Agentur inzwischen zu den zehn besten in ganz Nordamerika.
Was ich selbst über Santa Claus und Co dachte, spielte keine Rolle. Es stand schließlich nirgendwo geschrieben, dass ich glauben musste, was ich in den Werbeslogans transportierte. Es musste funktionieren, und Verkaufsstrategien waren selten mehr als genau das: Strategien, geschickte Manipulationen, hinter denen kaum ein Funke Wahrheit steckte. Man war nicht überzeugt von dem, was man da sagte, sondern nur davon, dass es funktionierte. So lief das in diesem Geschäft nun mal. Wer heutzutage noch nicht kapiert hatte, dass alles auf Kommerz und Suggestion ausgelegt war, dem war nicht mehr zu helfen. Gerade Weihnachten verdeutlichte mir das jedes Jahr – und das schon seit meiner Kindheit.
Nun schlug sich auch noch das Wetter auf die Seite der Winterwonderland-Fraktion. Wenn der Schneesturm vorbei war, würde alles unter einer unschuldig-weißen Schneedecke liegen, während die Sonne vom blauen Himmel lachte. Das perfekte Weihnachtspanorama. Mir drehte sich der Magen um bei dem Gedanken. Oder ich bekam von dem ganzen Stress allmählich wirklich ein Magengeschwür. Mein Arzt warnte mich seit langem schon davor, und war auch jedes Mal wenig begeistert, wenn ich mir wieder ein Rezept bei ihm holte. Aber ohne pharmazeutische Hilfsmittel schaffte ich zuweilen mein Pensum nicht, und irgendwie musste ich abends ja auch wieder runterkommen, um wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.
Bei diesen Straßenverhältnissen konnte ich es jedenfalls abhaken, den Zeitplan zu schaffen. Hoffentlich zeigten die Greystones Verständnis. Das hier war schließlich höhere Gewalt. Ich musste diesen Deal machen. Wenn es mir gelang, war meine Agentur für die nächsten Jahre fein raus. Wenn nicht … Tja, in unserem Business lagen Aufstieg und Fall oft verdammt dicht beieinander. Aber ich würde nicht fallen. Niemals. Ich erreichte meine Ziele, weil ich hart arbeitete und alles andere hinter den Job zurückstellte. So funktionierte das eben, wenn man erfolgreich sein wollte.
»Mr. Bellows? Wäre es dann jetzt okay, wenn ich auch Feierabend mache? Ich kann wie gesagt heute sowieso niemanden mehr erreichen und meine Kinder freuen sich schon auf die Bescherung.«
Kinder. Auch so eine Sache, die ich nie würde nachvollziehen können. Nicht, dass ich etwas gegen Kinder hätte, aber allein die Vorstellung, mein Leben nach so einem kleinen Menschen ausrichten und im Job womöglich Abstriche machen zu müssen, jagte mir eine Heidenangst ein. Zum Glück würde sich mir dieses Problem niemals stellen. Erstens war ich schwul und zweitens beschränkte sich das Zwischenmenschliche bei mir auf ein paar schnelle Nummern in Gayclubs. Für mehr hatte ich schlicht keine Zeit.
»Mr. Bellows?«, drang die Stimme meiner Sekretärin unsicher in meine Gedanken.
»Ja. Ja, Shelley, machen Sie Feierabend. Aber morgen früh rufen Sie direkt bei diesen Autofritzen an und klären das. Die können froh sein, wenn ich keinen Schadenersatz verlange. Ich versuche jetzt, irgendwo zu drehen und zurückzufahren. Ach, und bevor Sie nach Hause gehen, informieren Sie bitte noch die Greystones, dass ich vermutlich am Flughafen übernachten muss und erst morgen losfahren werde.« Mit etwas Glück dann in einem zuverlässigeren Fahrzeug. »So leid es mir tut, dann müssen wir den Termin um einen Tag verschieben. Shelley? Haben Sie mich gehört?«
Als ich keine Antwort erhielt, blickte ich auf mein Handydisplay und hätte das Gerät vor Wut beinah aus dem Fenster geworfen. Kein Empfang. So ein verdammter Mist! Hoffentlich dachte meine Sekretärin von allein so weit, dass sie bei Greystone Industries anrief und meine Verspätung erklärte.
Just in diesem Moment leuchtete auch noch die Tankanzeige auf.
»Na wunderbar. So viel also zu meinem Plan, umzudrehen.« Auf dem Rückweg würde ich im Leben nicht rechtzeitig eine Tankstelle erreichen, denn es war über eine Stunde her, dass ich die letzte passiert hatte, an der vermutlich ohnehin jetzt kein Tankwart mehr zu finden war. Auch der würde mit seiner Familie unterm Weihnachtsbaum sitzen und Lieder singen. Also blieb nur der Weg nach vorn, in der Hoffnung, dass dort in absehbarer Zeit eine Ortschaft auftauchte, wo ich Treibstoff für dieses alte Karre und vielleicht einen heißen Kaffee und ein Sandwich für mich finden würde. Und – falls dieser elende Schneefall noch dichter wurde – schlimmstenfalls auch ein Zimmer für die Nacht.
Meine Befürchtungen hinsichtlich des Wetters bestätigten sich nur knapp zehn Minuten später. Der Schneefall wurde zusehends stärker, dazu kam Wind auf, der an einigen Stellen so heftig war, dass es die Karosserie ordentlich durchschüttelte. Gottlob war ich kein allzu ängstlicher Mensch. Wenn am Flughafen ein Blizzard aufzog, waren dies hier wohl seine Ausläufer. Aber Hut ab, er hatte die Distanz deutlich schneller hinter sich gebracht als ich – oder aber er hatte den direkten Weg genommen, während das Navigationsgerät mich auf eine Sightseeingtour durch Nimmerland geschickt hatte. Wobei es gerade nichts zu sehen gab außer Weiß auf Weiß, und selbst das wurde zunehmend von der einsetzenden Dunkelheit und dem dichten Schneetreiben verschluckt.
Bei dem Versuch, irgendeinen Anhaltspunkt draußen zu erkennen, der auf menschliche Existenz hinwies, verlor ich die Straße für Sekunden aus dem Blick. Lang genug jedenfalls, dass mich wie aus dem Nichts ein lautes Hupen reflexartig auf die Bremse treten ließ, wodurch die profilarmen Räder den Grip verloren und der Wagen sich quer stellte. Ohne Einwirkmöglichkeit schlitterte ich seitlich auf zwei Scheinwerfer zu, die offenbar gerade hinter einer Kurve aufgetaucht waren. Es hupte erneut, ich hielt den Atem an und die Hände fest ums Lenkrad gekrallt. Wartete auf den Aufprall, doch der blieb aus.
Stattdessen kam ich Zentimeter vor dem anderen Fahrzeug zum Stehen, das sich als eine Art Minitruck mit Schneeschaufel vorne dran entpuppte. Die Fahrertür wurde aufgerissen, ein älterer Mann mit einer Art Pilotenmütze streckte den Kopf heraus und rief mir etwas zu, das ich zunächst nicht verstand. Mühsam kurbelte ich das Fenster runter, denn elektrische Fensterheber hatte der Mietwagen natürlich auch nicht.
»Bist du bekloppt?«, fuhr der Typ mich sofort an. »Was machst du bei diesem Wetter mit diesem Ding hier draußen. Das ist lebensmüde, ist dir das klar?«
Ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf und überhörte seine Unhöflichkeit.
»Guten Abend, Sir. Ich habe mich leider verfahren. Das ist ein Mietwagen und das Navi … na ja, irgendwie funktioniert es wohl nicht. Ich bin auf dem Weg nach Dawson, aber so wie es aussieht, wurde ich wohl von der Technik fehlgeleitet.«
Der Fremde stockte kurz, kratzte sich den kurzen, grauen Bart und deutete dann über seine Schulter.
»Na ja, wenn das so ist. Also Dawson liegt da hinten. Sind noch so zehn Minuten. Mit dem da«, er deutete auf das, wie ich durchaus ebenfalls fand, nur bedingt wintertaugliche Auto, »vermutlich eher zwanzig. Fahr bloß langsam, ich hab keine Zeit, dich nachher aus dem Graben zu ziehen. Muss sehen, dass wir nicht komplett einschneien. Scheiß Blizzard.«
Mein Herz machte einen freudigen Hüpfer. Ich war in Dawson? Oder zumindest so gut wie? Okay, es gab wohl doch noch Weihnachtswunder, denn eigentlich war die Strecke von Anchorage bis hierher gar nicht in so kurzer Zeit zu schaffen, aber ich wollte nicht darüber grübeln. Hauptsache, der Termin platzte nicht. Ich beschloss, es als himmlisches Weihnachtsgeschenk zu sehen und künftig vielleicht nicht ganz so sehr Grinch zu sein.
»Vielen Dank, guter Mann. Sie glauben gar nicht, was Sie mir gerade für eine Freude gemacht haben.«
Ich kurbelte das Fenster wieder hoch, weil es echt scheiße kalt draußen war. Alaska eben. Der Motor heulte auf und die Räder drehten durch, als ich versuchte, meinen fahrbaren Untersatz wieder in die Spur zu bringen. Ehe ich in die Verlegenheit kam, den Räumdienst um Hilfe zu bitten, stieg der schon von selbst aus seinem Truck und kam kopfschüttelnd auf mich zu. Ohne noch mal ein Wort an mich zu richten, ging er einfach zum Heck, stemmte beide Hände dagegen und rief mir zu, ich sollte gefühlvoll Gas geben. Es erschien mir unklug, mich mit ihm anzulegen, weshalb ich widerspruchslos Folge leistete und tatsächlich, nach ein paar weiteren kleinen Schlingern, griffen die Reifen wieder und ich rutschte dank Manpower-Unterstützung wieder in Fahrtrichtung auf die Straße.
Ich wollte mich noch bedanken, doch da winkte der Alte schon ärgerlich ab und stieg wieder in seinen Truck, um scheinbar mühelos weiterzufahren. Ich beneidete ihn. Vielleicht sollte ich in Dawson nach einer Autowerkstatt suchen und für die Rückfahrt neue Winterräder aufziehen lassen. Doch zum einen bezweifelte ich, dass mir über Weihnachten jemand diese Dienstleistung bieten würde und zum anderen sah ich auch nicht ein, der Autovermietung auch noch Reifen zu spendieren.
***
Eine Viertelstunde später erreichte ich endlich eine kleine Ansiedlung von Häusern und dort gab es tatsächlich auch eine Tankstelle! Halleluja. Es war noch nicht Dawson, aber zumindest die Versicherung, dass es Zivilisation in dieser gottverlassenen Gegend gab.
Die Zapfsäulen wirkten ein bisschen antiquiert, aber sie funktionierten. Jetzt noch schnell ein bisschen Proviant organisieren, dann würde ich es sicher bis Dawson schaffen. Weit konnte es nun nicht mehr sein, es sei denn, der Typ vom Schneeschieber hatte mich verarscht.
Leider beschränkte sich die Auswahl im Verkaufsraum auf alle möglichen Utensilien rund ums Auto. Weder Snacks noch Getränke. Nicht zu ändern. Hinter dem Kassentresen saß ein kleiner Junge von vielleicht sieben oder acht Jahren.
»Hi. Ist dein Vater da?«
Ein Kopfschütteln war die Antwort.
»Deine Mom?«
Wieder eine Verneinung.
»Jemand bei dem ich bezahlen kann?«
Daraufhin deutete er auf den Betrag im Display und streckte seine Hand aus. Okay, Kartenzahlung war hier wohl nicht möglich. Hätte mich auch gewundert.
Ich seufzte und zählte sechzig Dollar ab, die ich ihm reichte.
»Den Rest kannst du behalten«, meinte ich mit einem hoffentlich freundlichen Lächeln. Irgendwie tat mir der Knirps leid. Ein Kind sollte nun wirklich am Heiligabend zuhause sein.
»Kannst du mir vielleicht sagen, wie weit es noch bis Dawson ist?«
Jetzt riss er die Augen auf und machte eine ausladende Geste mit den Armen, die den gesamten Verkaufsraum beschrieb. Was wollte er mir damit denn sagen? Dass sich sein Wissen auf den Laden beschränkte? Wieso sagte er nichts? War er stumm? Verstand er mich überhaupt?
Kopfschüttelnd wünschte ich ihm Frohe Weihnachten, was ihn zumindest grinsen ließ, und ging zum Wagen zurück. Direkt weiterfahren oder erst noch Verpflegung für mich selbst besorgen? Mein Magen knurrte vernehmlich und traf die Entscheidung.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich ein kleines Café. Das war dann wohl Fügung des Schicksals.
Ich überquerte die Straße, was denkbar leicht war, da hier weit und breit kein Auto fuhr. Wenn ich ihrem Verlauf mit dem Blick folgte, dann sah ich eine Handvoll weiterer Häuser. Vielleicht auch ein paar mehr. Mhm. Komische Siedlung.
Über dem Eingang des Cafés prangte in geschwungener Leuchtschrift Teegestöber. Ah ja. Hoffentlich gab es hier dann überhaupt Kaffee. Aber drinnen sah es einladend und warm aus, und zur Not würde ich nehmen, was ich kriegen konnte.
Erleichtert stellte ich allerdings schon beim Eintreten fest, dass es köstlich nach Kaffee duftete. Ebenso wie nach Kuchen und belegten Baguettes.
»Guten Abend«, begrüßte mich der Kellner, oder was auch immer er war. Ich schätzte ihn auf Ende dreißig, also nur unwesentlich älter als ich. Seine braunen Haare waren leicht zerzaust und ein Dreitagebart zierte sein Gesicht, aus dem mich fröhliche Augen und ein hübscher Mund anstrahlten. Man sah ihm an, dass er häufig lächelte, musste man in dem Job wohl auch. Das hatte in seine Mundwinkel und rund um seine Augen kleine Fältchen eingegraben, die ihm aber ausgesprochen gut standen. Tja, wären wir hier in einem Club, hätte ich vielleicht in Erwägung gezogen, mit ihm zu flirten, aber wir waren am Arsch der Welt und ich musste dringend weiter. Für eine heiße Nummer im Nebenzimmer hatte ich keine Zeit.
»Auch Guten Abend. Ein Café namens Teegestöber?«, fragte ich skeptisch. Sicher nicht der beste Einstieg in eine Unterhaltung, aber da konnte ich nicht aus meiner Haut. »Ist nicht sehr marketingtauglich, oder?«
Der Typ runzelte kurz die Stirn, grinste dann aber und zuckte mit den Schultern. »Och, weißt du, die Konkurrenz ist hier nicht sonderlich groß, wie du vielleicht schon bemerkt hast. Ich denke, da ist das vertretbar. Ich mag einfach Kaffee und Tee gleichermaßen und weil wir hier in ziemlich vielen Monaten im Jahr mit Schneegestöber zu tun haben, fand ich den Namen irgendwie passend.«
Ich schüttelte innerlich den Kopf, musste aber dennoch in sein Lachen mit einstimmen. So gesehen gar nicht verkehrt. Für mich als Marketing-Experte aber dennoch ein absolutes No-Go.
»Was darf ich dir denn zubereiten?« Er wies auf den Hocker direkt vor sich und stützte sich, nachdem ich dort Platz genommen hatte, mit beiden Händen auf dem Tresen auf, was unsere Gesichter nah zueinander brachte. Unwillkürlich musste ich schlucken, weil mir sein Blick durch und durch ging. Der Kerl hatte verdammt schöne Augen, in denen etwas schimmerte, das mich irritiert blinzeln ließ.
»Ich hätte gerne einen Caramel Macchiato«, sagte ich hastig. »Wenn du hier sowas machen kannst.«
Der Barista – nachdem ich einen Blick auf das Equipment geworfen hatte, konnte man ihn wohl so nennen – grinste erneut breit.
»Klar, kein Problem. Magst du eine Prise Zimt und Koriander drin, oder lieber nicht?«
Ich schürzte die Lippen. »Ich probier gern mal was aus.« Warum nur klang das selbst in meinen Ohren zweideutig?
Er nickte zufrieden und machte sich daran, mein Getränk zuzubereiten. In der Zwischenzeit betrachtete ich die Auswahl an Snacks und entschied mich für ein Schinken-Salami-Baguette. Nach diesem Tag durfte ich mir dieses Double durchaus gönnen.
»Ich heiße übrigens Bob«, stellte sich der Barista vor, der vermutlich auch der Inhaber war, wenn er dem Laden hier den Namen gegeben hatte.
»Harvey«, gab ich bereitwillig Auskunft.
Er stellte den Macchiato vor mich. »Wohl bekomm’s.« Schnuppernd hob ich die Nase, aber weniger wegen des Heißgetränks als vielmehr wegen ihm. Er roch verdammt gut. Nach einer Mischung aus frischem Kaffee und Tannenzweigen. Als ich sein Schmunzeln bemerkte, war es mir peinlich, seinen Duft so intensiv eingeatmet zu haben. Was sollte er denn jetzt von mir denken?
»Ähm, danke.« Ich deutete auf das Baguette. »Das nehm ich auch noch.« Bloß schnell ablenken.
»Gern. Ich kann dir aber auch was Warmes zubereiten. Wir haben Burger, kleine Pizzen und eine Hühnerbrühe. Die hat Margo heute Morgen frisch vorbeigebracht und die ist superlecker.«
Eigentlich wollte ich möglichst schnell wieder weiter, aber eine Hühnerbrühe klang verlockend, denn die Heizung in meinem Mietwagen war auch nicht die Beste.
»Okay, du hast mich von der Suppe überzeugt.«
»Einmal Hühnersuppe à la Margo, kommt sofort.«
Während er eine kleine Kochplatte anschaltete und einen Topf daraufstellte, in den er etwas aus einer großen Kanne hineingoss, sah ich mich im Café um.
»Nicht viel los hier«, meinte ich und deutete auf den leeren Raum.
»Es ist schon spät«, entgegnete Bob ungerührt. »Die meisten kommen morgens hier vorbei.« Er blickte aus dem Fenster. »Aber ich schätze, die nächsten Tage muss ich kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich den Laden geschlossen lasse.«
»Ah, Weihnachtsferien, ja?«