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Ein Leitfaden wider die spirituelle Verwahrlosung der Republik
- Aufarbeitung eines unterschätzten gesellschaftlichen Problems
- Hilfestellungen, wie man sich gegen offene und subtile Anwerbemethoden wehren kann
- Dieses Buch zeigt, welche Gefahren hier für Menschen und gesellschaftliche, demokratische Strukturen schlummern
In den letzten Jahren hat es den Anschein, als seien die so genannten Sekten zu einem gesellschaftlichen Randproblem geworden. Doch der Markt boomt – nach wie vor suchen die Menschen nach einem sinnstiftenden Umfeld, das sie bei den Kirchen nicht mehr finden – und verlieren sich in der Esoterik. Insbesondere das Internet ist zu einem spirituellen Supermarkt geworden, unüberschaubar die Zahl der Anbieter, mehr oder weniger subtil ihre Anwerbemethoden.
Warum sind wir so empfänglich für Seelenfänger, Wunderheiler und andere vermeintliche Heilsbringer? Ist Esoterik wirklich harmlos? Die Sekten-Expertin Ursula Caberta klärt auf: Hintergründe und Methoden, Gruppen und Netzwerke, Gefahren und Maßnahmen. Mit ihrem Buch liefert sie praktikable Hilfestellung im Umgang mit einem unterschätzten gesellschaftlichen Phänomen.
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Seitenzahl: 205
Veröffentlichungsjahr: 2011
Esoterik ist in. Doch was ist mit diesem Begriff gemeint? Sind Esoterik und Okkultismus identisch? Welche Lehren stecken dahinter? Der Markt ist groß und verwirrend, deshalb dieses Buch. Beide Begriffe fanden bereits im 19. Jahrhundert als Eigenbezeichnungen Verwendung. Allerdings war schon damals bei Anhängern und Kritikern umstritten, welche Praktiken oder Vorstellungen im Einzelnen unter den jeweiligen Begriff fallen.1
Es existieren also keine allgemeinen Richtlinien oder Grundsätze, was alles im Zusammenhang mit den Lehren zu beschreiben ist. Außerdem sind durchaus auch hier gewisse Modetrends zu berücksichtigen.
Okkulte Praktiken und der Glaube an Übersinnliches, an einen oder mehrere Götter oder andere Wesen, die Einfluss auf die individuelle Existenz, auf gesellschaftliche Entwicklungen, auf die Welt und das Universum haben sollen, sind weit verbreitet. Immer schon hat es diese Haltung gegeben, aber sie hat sich im Laufe der Zeit verändert.
Esoterischen Ideen oder okkultem Handeln werden ganz unterschiedliche Aspekte zugeordnet. Wann beginnt etwas, das mit diesen Begriffen in Verbindung zu bringen ist? Ab wann bestimmen sie die menschliche Denk- und Handlungsweise?
Interessant ist zunächst die Feststellung, dass häufig gerade die Anbieter des übersinnlichen Marktes, die also auch die ideologischen Inhalte vermitteln, den Begriff Esoterik nicht immer für sich gelten lassen wollen. Oft ist erkennbar, dass Esoterik und Okkultismus etwas miteinander zu tun haben. Allerdings: Wenn jemand einen praktizierenden Anhänger der Esoterik auf seine okkulten Vorstellungen und Handlungen hinweist, wird der wahrscheinlich kurz und milde lächeln über solche Unwissenheit und dann klarstellen, mit Okkultismus habe das alles nichts zu tun.
Umgekehrt ist feststellbar, dass jemand, der seine okkulten Wahrnehmungen bewusst vertritt, durchaus abstreiten kann, der Esoterik nahe zu stehen. Besonders vehement wehren sich Christen gegen den Esoterik- bzw. Okkultismusverdacht, denn der christliche Glaube und spirituelle Fähigkeiten, die dem Willen Gottes entsprechen, sind aus ihrer Sicht zum großen Teil nur schwer oder gar nicht mit esoterischen Lehren vereinbar.
Schon die Begriffsfindung ist also nicht unproblematisch. Sowohl die Anbieter und Konsumenten als auch die Literatur zu diesem Thema bieten keine eindeutige Auskunft. Manche empfinden den Begriff Esoterik in Abgrenzung zum Okkultismus als vornehmer, andere gehen davon aus, dass man hier alle okkulten Behauptungen und Anwendungen subsumieren kann. Erst recht wird die Diskussion unübersichtlich, wenn die These vertreten wird, man brauche über sogenannte Sekten nicht mehr so viel zu sprechen, da sich inzwischen jeder etwas darunter vorstellen könne, es genügend Aufklärung gebe und außerdem nur eine Minderheit in der Gesellschaft betroffen sei.
Diese Diskussion wurde und wird dem gesamten Problem nicht gerecht. Gerade in den letzten Jahrzehnten hat sich die gesamte Szene extrem gewandelt und entwickelt.
Sicherlich gibt es noch immer die fest organisierten Gruppen, deren Lehren und Glaubensgebilde unter dem Begriff Sekte diskutiert werden. Mit der relativ einfachen Bezeichnung einer Organisation als Sekte wird sie vom Mainstream abgegrenzt und als eine gesellschaftliche Minderheit kategorisiert, deren Anhänger wegen ihrer problematischen Situation zu bedauern seien. Der Sektenbegriff ist jedoch zur Beschreibung des Phänomens sehr problematisch, denn nicht immer sind von Anfang an feste Gruppenstrukturen erkennbar und nicht alle esoterischen Gemeinschaften lassen sich als Sekte bezeichnen. Selten ist bei den Angeboten sofort klar, welche Praktiken angewandt werden, und fast nie gibt es in der Phase der Anwerbung einen Hinweis auf die Absolutheit der Lehre. Es wird also Zeit, sich von dem die Diskussion einengenden Begriff zu lösen.
Esoteriker und Okkultisten sowie ihre Anhänger zeichnen sich dadurch aus, dass sie verschiedene Erklärungen für ihre Existenz und ihre Fähigkeiten bereithalten. Mitunter wird behauptet, dass es sich um Wissen und eine Wissenschaft handele. Es gibt seltene Versuche, ihre Lehren nach wissenschaftlich anerkannten Kriterien zu überprüfen. Da die Organisationen sich hier einerseits regelmäßig entziehen und sie andererseits nur singulär etwas wissenschaftlich belegen können, lautet die klassische Erklärung aus der Szene, ihre Theorie sei eine Weiterentwicklung der Wissenschaften. Gerne folgt auch die Erklärung, das »höhere Wissen« überschreite die Grenzen der bisherigen Forschung und deren Erkenntnisse. Dies kann man wohlwollend als wissenschaftlichen Erklärungsversuch deuten.
Da es aber ganz ohne Glauben auch nicht geht, gibt es natürlich auch Erklärungsansätze Richtung Religion. Dabei wird die esoterische Lehre oder okkulte Ideologie vehement als Glaubenssystem dargestellt, das vor allem an vergessene oder ausgegrenzte Teile von Weltreligionen anknüpft oder vorgibt, diese aus der Vergessenheit hervorzuholen und weiterzuentwickeln. Hier finden sich dann die Entdecker der reinen Bibellehre neben denjenigen, die aus verschiedenen Religionen ihr eigenes esoterisches Süppchen kochen. Angereichert werden diese Angebote gerne mit den ideologischen Ansätzen der New-Age-Bewegung und den vorgeblich so fortschrittlichen alternativen medizinischen Heilmethoden.
Ganz unübersichtlich wird es, wenn Esoterik und Okkultismus dafür in Anspruch genommen werden, quasi die Synthese zwischen Wissen und Glauben, Wissenschaft und Religion zu sein. Hier wird allzu oft die Erwartung formuliert, die »neuen« oder wiederbelebten Erkenntnisse könnten die Trennung zwischen Glauben und Wissen oder Religion und Wissenschaft aufheben.
Diese theoretische und praktische Lage macht es nicht einfach, über die Gefahren aufzuklären. Erschwerend hinzu kommt bei der Vielfalt der sich ideologisch zum Teil überschneidenden Theorien und kommerziellen Angebote, dass Esoteriker und Okkultisten als Ganzes kein verbindliches Miteinander eingehen. Anzumerken ist allerdings, dass immer wieder – manchmal zeitlich begrenzt – Netzwerke und lose Zusammenschlüsse entstehen. Im Grundsatz steht man allerdings in Konkurrenz. Folge dieser undurchsichtigen Breite der Szene ist, dass es praktisch keine Instanz oder Autorität gibt, die für alle Anhänger, Gläubigen und Kunden der Szene sprechen oder gar entscheiden könnten. So bleibt es den betroffenen Personen überlassen zu interpretieren, ob etwas esoterisch oder okkult ist. Aus dieser Entwicklung heraus ergeben sich die Probleme für Einzelne, aber auch für gesellschaftlich relevante Ideologien.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Vergangenheit einen Lernprozess in Gang gesetzt hat. Die Historie der Esoterikbewegung der letzten Jahrzehnte ist voll von tragischen Geschichten, furchtbaren Einzelschicksalen und menschlichen Katastrophen. Führerglaube, bedingungsloser Gehorsam und Angst vor der schlechten Welt oder deren Ende haben zu schrecklichen Verbrechen geführt: Kindesmissbrauch, Verführung zum Suizid, Mord – auch an den eigenen Kindern. Ganz zu schweigen von der nicht bekannten Zahl von Menschen, die sich einer vielleicht das Leben rettenden medizinischen Behandlung verweigert haben, weil die sogenannte Schulmedizin verdammt oder hilfreiche Medikamente als Teufelswerk gebrandmarkt wurden.
Gründe für einen Einstieg in esoterische Organisationen und für den sich immer weiter entwickelnden Markt mit all seinen ideologischen Facetten gibt es einige. Als Beispiele seien genannt: Orientierungslosigkeit, Angst vor sozialer Verantwortung, Selbstzweifel bis hin zu mangelndem oder fehlendem Selbstbewusstsein. Manchmal reichen allerdings schon die Langeweile im als eintönig wahrgenommenen Alltag sowie das Bedürfnis nach irgendeiner Art von Veränderung im Leben.
Vor allem in Deutschland kommt ein wesentlicher politischer Aspekt hinzu. Die christlichen Kirchen sind – zumindest als große Arbeitgeber – immer noch eine Macht im Staat. In den letzten Jahrzehnten hat die Politik die Diskussion um sogenannte Sekten und alles, was mit angeblich religiösem oder spirituellem Ansatz daherkam, auf die Kirchen verlagert. Die Weltanschauungsbeauftragten beider großer Konfessionen bemühen sich seitdem, den Anforderungen irgendwie gerecht zu werden. Staatliche Konkurrenz in diesem Feld wird allerdings von kirchlicher Seite als unangemessen empfunden, da zum christlichen Proprium die Kompetenz gehöre, die Bösen von den Guten zu trennen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Verlagerung politischer Zuständigkeit in die Hände der Kirchen eine nicht zu unterschätzende Verantwortung für vergangene Missstände trägt und aktuelle gefährliche Entwicklungen fördert.
Vieles ist schon fest verankert in den Köpfen der esoterisch Geschulten und in deren Alltag angekommen. Jedoch hat keine dieser Ideologien etwas mit der freiheitlichen und demokratischen Entwicklung einer Gesellschaft zu tun. Wir sind auf einem Niveau des politischen Irrationalismus angekommen, das endlich ernst genommen werden muss.
Zunehmend fundamentalistisch ausgelegte christliche Werte, Menschen verachtende Theorien des New Age und die Sehnsucht nach schnellen Lösungen für die privaten und globalen Probleme bedrohen den demokratischen Frieden empfindlich. Ein klares Feindbild ist dabei schon fast selbstverständlich. Die Gegner, die je nach Schwerpunkt der eigenen Auffassung das eigene Wohl und das der Gesellschaft gefährden, sind schnell gefunden. Es sind immer die anderen, die Andersdenkenden oder Andersgläubigen. Die Sprache der gesamten Szene ist unmissverständlich. Sie sollte nur im Zusammenhang wahrgenommen und nicht mehr aufgeteilt werden in einige schlimme Auswüchse und andere angeblich harmlose Spinnereien. Bei der Gesamtschau kommt man an der Entwicklung des politischen Irrationalismus nicht mehr vorbei. Leidtragende dieser gefährlichen ideologischen Entwicklung sind in zunehmendem Maße die muslimischen Bürger unseres Landes. Sie spüren die gesellschaftliche Entwicklung in Richtung politischen Irrationalismus. Die breite Front der ideologischen Esoteriker und christlichen Fundamentalisten profitieren von der Findung eines gesellschaftlichen Feindbildes namens Islam.
Guten Grund haben eigentlich alle demokratischen Kräfte in diesem Land, sich strenggläubiger Auslegung der Bibel genauso entgegenzustellen wie den esoterischen, magischen Ansprüchen dieser Szene. Demokratische Willensbildung klingt irgendwie anders: »Hauptziel der magischen Arbeit ist der Kontakt mit dem höheren Selbst, denn es ist die allerhöchste Gerichts- und Entscheidungsinstanz, der einzige wahre Meister und damit auch der eigentliche Magier«.2 An ihnen und nicht etwa an der breiten ideologischen Front der Esoteriker oder christlichen Fundamentalisten wird die gesellschaftliche Tendenz Richtung Irrationalismus deutlich.
Die Sekte ist ein sehr alter Begriff, der bis heute durchaus für Verwirrung sorgen kann. Inzwischen kann vermutlich fast jeder Erwachsene mit diesem Begriff etwas anfangen, ohne sich der Hintergründe, die in der Diskussion notwendig sind, bewusst zu sein. In der allgemeinen Wahrnehmung ist das Wort Sekte zweifellos negativ konnotiert. Allerdings ist damit häufig ein Problem verbunden, das zu selten in diesem Zusammenhang diskutiert wird. Betroffene sehen sich, auch nach einem Bruch mit der sektiererischen Gemeinschaft, einer gesellschaftlichen Diskriminierung ausgesetzt. Zum einen sind viele Menschen fest davon überzeugt, sie persönlich könnten niemals in eine Sekte geraten. Zum anderen wird betroffenen Personen schnell unterstellt, sie seien ohnehin gesellschaftlich nicht zurecht gekommen. Die am häufigsten vertretene These ist wohl diese: Ein Mensch muss labil sein oder sich in einer Lebenskrise befinden, um sich einer Sekte anzuschließen. In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren wird auch gerne auf die vermeintlich weit verbreitete neue Sinnsuche verwiesen.
Solche Vermutungen mögen bei der einen oder anderen als Sekte bezeichneten Gruppe und bei einzelnen Personen stimmen. Die aber in der Regel sehr allgemein formulierten Beschreibungen der unterschiedlichen Gruppen deuten eher auf eine Abgrenzung von als gesellschaftlich korrekt wahrgenommenen Verhaltensweisen hin. In den letzten Jahrzehnten haben sich vermeintlich für alle Gruppen geltende Merkmale in die allgemeine Diskussion eingeschlichen. Wenn allein formale Kriterien zur Feststellung eines eventuell vorhandenen Gefahrenpotenzials für Mensch und Gesellschaft ausreichen, macht man es sich zu leicht. Bei fast allen Gruppierungen, die unter den Begriff der Sekte subsumiert werden, gibt es bestimmte Parallelen, aber häufig macht nur die genaue Kenntnis des Innenlebens die wirkliche Gefahr deutlich. Diesen internen Bereich zu durchschauen ist nicht einfach, da die Initiatoren solcher Gruppen verständlicherweise genau dies zu verhindern suchen. Damit ist allerdings auch eine formale Vorgabe für die Einschätzung der Gefährdung erfüllt: Personen, die nicht der Gruppe angehören, oder die gesamte Außenwelt sind je nach Ausrichtung der Sekte entweder feindlich und böse oder noch nicht in der Lage, die guten Ideen zu erkennen.
Man könnte sich also bei der Beschreibung von Gruppen, die bestimmte Merkmale aufweisen, vielleicht noch auf den allgemeinen Sektenbegriff verständigen, aber das setzt gleichzeitig eine gewisse Kenntnis und Einstellung zu den Ideen und Verhaltensweisen dieser Gruppen voraus.
Die Gleichsetzung des Begriffs Sekte mit einer fest gefügten Gruppe wird dem Phänomen nicht gerecht, zumal oft vernachlässigt wird, wer die Zuordnung vornimmt und welche Position oder ideologische Herkunft er oder sie hat. Ab wann ist eine ideologische Gemeinschaft mit oder ohne religiösen Ansatz eine Sekte?
Es lohnt sich also, etwas mehr Klarheit in diese immer wiederkehrende Debatte um die sogenannten Sekten zu bringen, besonders deshalb, weil von kirchlicher Seite in Deutschland problematische Gruppen mit Bezug auf die christliche Lehre von der Diskussion häufig ausgegrenzt werden.
Eines ist dabei unbestreitbar: Der Begriff hat etwas mit Religion oder Glaubensinhalten zu tun, und das schon seit langer Zeit.
Das Brockhaus-Lexikon gab bereits vor 125 Jahren folgende Erläuterung: »Sekten nannte man ursprünglich die philos. Schulen, welche durch Verschiedenheit ihrer Prinzipien und Methoden gegeneinander sich abschlossen. Im kirchlichen Sprachgebrauch wurde das Wort auf die kleineren religiösen Parteien übertragen, die wegen Verschiedenheit in Lehre, Kultus und Sitte von den großen Kirchengemeinden sich absonderten. Nicht nur das Christentum, sondern alle ausgebildeten Religionen haben S. aufzuweisen. Die Anhänger einer S. heißen S e k t i e r e r«.3 Sektierer also. Schon 1886 wird damit die Ausgrenzung vom großen Ganzen formuliert. Die negative Zuordnung hat Geschichte.
Was eine Gruppe zu einer Sekte macht, füllt viele Bücher, Vorträge und Internetseiten. In der Beratungsarbeit fällt auf, dass Klienten im Zusammenhang mit Auffälligkeiten einer veränderten Lebensweise von Angehörigen häufig nachfragen, ob die Person, um die sie sich sorgen, Mitglied einer Sekte sein könnte. Falls sich im Laufe des Gesprächs durch Nachfragen ergibt, dass die klassische Sektendefinition in diesem Fall nicht passt, zeigen die Klienten häufig ihre Erleichterung, weil nach ihrer Einschätzung dann keine Gefahr droht. Welcher Irrtum damit verbunden sein kann, wird später aufgezeigt.
Wenn allerdings der Begriff Sekte verwendbar erscheint, wird die Verstrickung in ideologische Gemeinschaften als Gefährdung wahrgenommen, und zwar sowohl nach Meinung einzelner Menschen als auch in der Öffentlichkeit.
Wer sich an der Debatte um sogenannte Sekten beteiligt oder beruflich mit ihren Opfern in Berührung kommt, ist ir-gendwann gezwungen, sich mit Definitionen auseinanderzusetzen. Die amerikanische Psychologin Margaret Thaler Singer unterscheidet mehrere Merkmale: »Für den Begriff Sekte, wie ich ihn hier gebrauche, sind drei Faktoren von Relevanz: 1. Die Entstehung der Gruppe und die Rolle des Führers, 2. die Machtstruktur, also die Beziehung zwischen dem Führer (oder den Führern) und den Anhängern, 3. der systematische Einsatz von Überredungs- und Überzeugungstechniken (Techniken der mentalen Programmierung, im allgemeinen Sprachgebrauch auch Gehirnwäsche genannt)«.4
Der Historiker und Psychiater Robert Jay Lifton leitet das Forschungszentrum für Gewalt und menschliches Überleben am New Yorker John Jay College und analysiert die Gefahren, die im 21. Jahrhundert drohen: »Ich bin mir bewußt, daß der Gebrauch des Begriffs ›Sekte‹ (cult) wegen seines abschätzigen Beiklangs im Unterschied zum neutraleren Begriff ›neue Religion‹ umstritten ist. Ich gebrauche in diesem Buch beide Termini, doch ebenso wie in meinen früheren Arbeiten verwende ich den Begriff ›Sekte‹ nur für Gruppen, die folgende drei Merkmale aufweisen: totalitäre Praktiken oder Formen der Gehirnwäsche, statt einer Verehrung spiritueller Prinzipien die Verehrung eines Gurus oder Führers und eine Verbindung aus spiritueller Suche von unten und – zumeist ökonomischer und/oder sexueller – Ausbeutung von oben.«5
Aber nicht nur im psychologischen Kontext wie bei Margaret Singer oder in der Absetzung zu den sogenannten neuen Religionen wie bei Robert Lifton findet sich der Begriff Sekte. Es scheint, dass die so negativ besetzte Bezeichnung gerne zur Beschreibung vieler unbegreiflicher oder schwer erklärbarer Vorkommnisse und als ultimativer Ausdruck für den Schrecken benutzt wird, der von solchen Gruppierungen offenbar ausgeht. So begegnet man dem Begriff auch im politischen Kontext, wenn ein großes Hamburger Nachrichtenmagazin im Zusammenhang mit der Diskussion um die Rote Armee Fraktion (RAF) in den 1970er Jahren schreibt:
»Haddads Angebot läutete das Finale des ›Deutschen Herbstes‹ ein. An seinem Ende, vor 25 Jahren, waren weitere acht Menschen tot, zwei schwer verletzt und die letzten Reste der Fassade, die die RAF als politische Gruppierung erscheinen ließen, waren zerstört. In ihrem Totentanz entpuppte sich die selbst ernannte ›Stadtguerilla‹ als Sekte, deren Revolutionshalluzinationen auf ein einziges Ziel zusammengeschnurrt waren: Die Befreiung ihrer Götter, allen voran Andreas Baader …«.6
Hier wird deutlich, dass auch aktuelle politische Ereignisse und darin verwickelte Personen zur Sekte werden können. In einer anderen Ausgabe des Nachrichtenmagazins wird der ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen, Reinhard Bütikofer, zitiert mit der Formulierung, die Truppe um die damaligen US-amerikanischen Politiker Rumsfeld und Wolfowitz sei eine »politische Sekte«7.
In die Politik und die dazu gehörende Berichterstattung hat der Begriff in den unterschiedlichsten Zusammenhängen Eingang gefunden. Mit der klassischen Auseinandersetzung hat sich der Deutsche Bundestag ebenso beschäftigt wie mit der Definition des Sektenbegriffs. Die Enquete-Kommission, die seinerzeit auf Antrag der SPD-Bundestagsfraktion eingesetzt wurde (1996 bis 1998), machte in ihrem Endbericht8 zunächst den Versuch, dem Begriff von unterschiedlichen Seiten gerecht zu werden, um dann vorzuschlagen, sich ganz von ihm zu verabschieden. Dies war ein gescheitertes Vorhaben, wie sich anschließend gezeigt hat. Das nach mühsamen Debatten in der Enquete-Kommission gefundene Wortungetüm »neureligiöse, ideologische Gemeinschaften und Psychogruppen« kommt der Problematik schon näher, da es eine Differenzierung vornimmt. Klarheit jedoch sieht anders aus. Beerdigt wurde der Begriff »sogenannte Sekten und Psychogruppen«. Verwendet werden die Termini Sekte und Psychogruppe immer noch, weil sie eingängig und fest im Sprachgebrauch verhaftet sind. Den Forderungen eines anderen Umgangs mit der Formulierung, um der gesellschaftlichen Relevanz der Problematik Rechnung zu tragen, ist die Kommission damit in keiner Weise gerecht geworden. Diese Forderungen hat Wolfgang Hübner sehr treffend zusammengefasst: »Um die kritische Rezeption (zum Sekten- und Psychomarkt – die Verf.) zu erhöhen, bedarf es: eines gewandelten Problembewusstseins in der Öffentlichkeit und in der Politik, der Bereitschaft der zuständigen Stellen, ihre Beratung u. a. auf sozialwissenschaftliche Erkenntnisse zu gründen, eines veränderten Sprachgebrauchs über die Sekten, der Einrichtung verschiedener Forschungsschwerpunkte zur differenzierten Untersuchung der Vielgestaltigkeit, einer Vermittlungsinstanz für diese systematischen Arbeiten und des Transfers des erarbeiteten Wissens aus Forschung und Lehre in die Beratungspraxis wie in die Öffentlichkeit.«9
Seit dem Jahr 1996 hat sich an diesen Forderungen nichts geändert, weil nicht daran gearbeitet wurde, diese Forderungen auch nur im Ansatz zu erfüllen. Die seitenlangen Forderungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages liegen vor, keine davon ist umgesetzt, nicht eine. Geradezu klassisch wurde dem Bericht der Kommission im parlamentarischen Geschäft eine Beerdigung dritter Klasse zuteil: Er kreiste in den Ausschüssen, dann kam die Bundestagswahl, und alles fiel der sogenannten Diskontinuität zum Opfer. Das Thema war zumindest politisch erledigt, und die Szene konnte sich in Ruhe weiter ausbreiten und mehr und mehr Opfer hervorbringen.
Bei einem Blick in das Nachbarland Frankreich kann man neidisch werden. Auch dort hat sich die Nationalversammlung mehrfach mit der gesellschaftlichen Problematik befasst. Die Berichte des Parlaments wurden jedoch ernst genommen und zum Teil in Gesetze gegossen. So kann z. B. in Frankreich auch eine Körperschaft (Vereine, Firmen etc.) bei strafbaren Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. In Deutschland kennt das Strafgesetzbuch nur den Einzeltäter. Die Enquete-Kommission hat dieses Manko erkannt. Allerdings wurde die Forderung der Einführung einer strafrechtlichen Verantwortung für juristische Personen und Vereinigungen im Gegensatz zu Frankreich nie umgesetzt. 10 Eine Verhängung von Strafen, Maßregelungen oder andere Sanktionen gegen kriminelle Unternehmen, Vereine oder sonstige Personenzusammenschlüsse ist somit noch nicht möglich. Natürlich gibt es auch in Frankreich politisch noch einiges auf diesem Feld zu tun, allerdings unterscheidet die beiden Nachbarländer etwas Grundsätzliches: die Trennung von Staat und Kirche. Der Laizismus ist in Frankreich politischer Wille und wird von den Menschen konsequenter gelebt als in vielen anderen Ländern, die Gleiches von sich behaupten. In Deutschland gibt es keine wirkliche Trennung von Staat und Kirche. Bei keiner anderen gesellschaftlichen Diskussion wie der um die sogenannten Sekten wird es so offenbar. Dies hängt maßgeblich damit zusammen, dass wohl die Mehrheit der Bundesbürger selbstverständlich von einem religiös neutralen Staat ausgeht und davon, dass die christlichen Kirchen einzig und allein am Wohlergehen ihrer Mitglieder interessiert seien. Aber Kirchen und Religionsgemeinschaften sind niemals unpolitisch, sondern immer bestrebt, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen.
Der allgemeine Irrtum der vermeintlichen Trennung von Kirche und Staat hat seine Grundlage im Artikel 4 des deutschen Grundgesetzes (GG), der, so die allgemeine Wahrnehmung, vermeintlich religiöse Institutionen vor Eingriffen des Staates schützt und dafür sorgt, dass die Kirchen sich auf die ihnen zugedachten Aufgaben konzentrieren.
Er schützt allerdings keine Gemeinschaften, sondern die Individuen vor Eingriffen des Staates hinsichtlich ihres Glaubens. »Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.«11 Kein Wort darüber, dass dies nur in einer Gemeinschaft zu gewährleisten ist. Das Gegenteil ist der Fall. Der Staat hat sich nicht darum zu kümmern, ob der einzelne Bürger seines Landes an intergalaktische Kriege, an einen Gott oder mehrere Götter oder an Satan glaubt. Auch wenn ein Mensch in Deutschland seine Tulpen im Garten anbetet und ihnen spirituelle Kräfte zuordnet, ist das gedeckt von der Freiheit des individuellen Glaubens, und das Niederknien vor den Tulpen ist als ungestörte Religionsausübung frei von staatlichen Sanktionen.
Andererseits bedeutet der Artikel 4 des Grundgesetzes keinen Freibrief, hinter dem sich sämtliche Aktivitäten verstecken können. In dem Moment, wo andere Menschen betroffen sind und im Namen der individuellen Ausübung des Glaubens juristische Grenzen verletzt werden, endet auch hier die Freiheit.
Die Regelungen für Glaubensgemeinschaften finden sich in den Artikeln 136-139 und 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV).
»Artikel 136: Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt. Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert. Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden. Artikel 137: Es besteht keine Staatskirche. Die Freiheit der Vereinigung zu Religionsgesellschaften wird gewährleistet. Der Zusammenschluss von Religionsgesellschaften innerhalb des Reichsgebiets unterliegt keinen Beschränkungen. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. Religionsgesellschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verbande zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. Den Religionsgesellschaften werden die Vereinigungen gleichgestellt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen. Soweit die Durchführung dieser Bestimmungen eine weitere Regelung erfordert, liegt diese der Landesgesetzgebung ob.
Artikel 138: Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf. Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohlfahrtszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet.
Artikel 139: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Artikel 141: Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, in Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten ist.«12
In Bezug auf die Bekenntnis- und Religionsfreiheit in Deutschland wird deswegen der Artikel 4 GG immer in Verbindung mit Art 136-139 und 141 WRV genannt. Aus der Weimarer Zeit stammen die übernommenen Privilegien, die nach diesen Artikeln die Gemeinschaften erhalten, die danach Körperschaften des öffentlichen Rechts geworden sind. Die christlichen Kirchen wollten auf ihre Privilegien aus der Weimarer Zeit nicht verzichten. Aus diesen Artikeln, nicht aus Artikel 4 GG, leitet sich unter anderem das Recht ab, Kirchensteuer über das staatliche Finanzamt einzuziehen, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen den Glauben zu verkünden und an staatlichen Schulen Religionsunterricht zu erteilen.
Da die wenigsten Menschen mit dem Grundgesetz unter dem Arm ihrer täglichen Arbeit nachgehen und die Diskussion um Religion und Glaube in der Regel im Zusammenhang mit Institutionen geschieht, ist es verständlich, wenn selten differenziert wird. Dadurch können auch sehr umstrittene Gemeinschaften, die von sich behaupten, irgendeine Form von Religionsausübung zu tätigen, in der Öffentlichkeit zunächst viel Sand in das Diskussionsgetriebe streuen, bis erkannt werden kann, dass hinter der angeblichen Religion andere Interessen stecken.
Die christlichen Kirchen haben bei der Fassung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland mit der Übernahme der Vorschriften aus der Weimarer Reichsverfassung mit dafür gesorgt, dass nicht nur ihre Privilegien aus der damaligen Zeit erhalten blieben, sie haben darüber hinaus erreicht, dass es eine klare Trennung zwischen Staat und Kirche nicht gibt. Daran soll auch politisch nichts geändert werden. In der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages hat sich nur die Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion, bestehend aus Abgeordneten und Sachverständigen, in einem Sondervotum dafür ausgesprochen, dem Deutschen Bundestag einen Prüfauftrag zu empfehlen, sich den in diesem Zusammenhang entscheidenden Artikel 140 GG verfassungsrechtlich anzusehen.13 Die Empfehlung beinhaltet die ausdrückliche Aufnahme von Kriterien wie Rechtstreue und die Loyalität gegenüber dem demokratisch verfassten Staat als Voraussetzungen für die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts bei Religionsgemeinschaften. 14
Da selbst die mit großer Mehrheit (in der Regel gegen die Stimme der Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen) verabschiedeten Handlungsempfehlungen der Kommission keine Umsetzung im Deutschen Bundestag erleben, gilt dies natürlich erst recht bei einem Sondervotum einer einzelnen Partei.
Solange aber die großen christlichen Konfessionen in der Politik so viel Einfluss haben, wird es – so steht zu befürchten – in Deutschland keine klaren Entscheidungen im Sinne der Opfer geben bzw. keinen Verbraucherschutz auf dem sogenannten Psychomarkt. Hören wir endlich mit der Behauptung auf, den Menschen schadeten nur solche Ideologien und Gruppen, die von den christlichen Kirchen als gefährlich und sektiererisch eingestuft werden. Die Diskussion muss von politischer und gesellschaftlicher Seite endlich aufgebrochen werden, damit die Kirchen endlich Verantwortung für die Bereiche übernehmen, von denen sie sich bisher erfolgreich abgesetzt haben. Andernfalls wird es weiterhin okkulte und esoterische Ansätze in Verbindung mit christlicher Glaubenslehre geben und entsprechende Gemeinschaften, die Menschen in die Abhängigkeit führen und mit freien, demokratischen Grundsätzen unvereinbar sind. Dies ist umso dringlicher, da in der Bundesrepublik Deutschland eine Verfestigung von Glaubensinhalten aller Art und eine zunehmende demokratieabträgliche gesellschaftliche Entwicklung zugunsten von Glaubensideologien feststellbar sind.
Es mag auf den ersten Blick in ein Schwarzbuch Esoterik nicht hineingehören, aber es ist notwendig, endlich darüber nachzudenken, dass konsequentes politisches Vorgehen für die Menschen in Deutschland und gegen ideologische Tendenzen bezüglich der im Grundgesetz garantierten Selbstbestimmung sehr viel mit der historisch gewachsenen Situation in diesem Land zu tun hat. Eine unkritisch hingenommene Entwicklung machte viele Missstände in der Vergangenheit und bis heute erst möglich.
Dass die christlichen Gemeinschaften selbstverständlich an staatlichen Autoritäten vorbei ihr eigenes Rechtssystem für völlig legitim halten, zeigt die immer noch anhaltende Diskussion um Opfer in katholischen und evangelischen Einrichtungen.
Wahrscheinlich hat es vielen Menschen erst die Augen geöffnet, als die Bundesjustizministerin im Jahr 2010 (!) den Hinweis für nötig hielt, die Verfolgung von Straftaten von wem auch immer sei eine Angelegenheit des Staates. Anlass war die Diskussion um die sexuellen Übergriffe in der katholischen Kirche. Auch diese Informationen waren ja nicht neu. Immer wieder waren in der Vergangenheit Fälle von sexualisierter Gewalt in katholischen Kreisen öffentlich geworden. Aber erst in der jüngst geführten Diskussion erfuhr die breite Öffentlichkeit, dass die katholische Kirche für sich das Recht in Anspruch nimmt, zu entscheiden, wann und bei welchen Straftaten die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird. Diese für die Kirche selbstverständliche Denkweise, solche Fälle intern zu regeln, macht allzu deutlich, dass die Abstimmung zwischen Staats- und Kirchenrecht in Deutschland noch nicht vollständig ist. Wie viele Straftäter in den Reihen der katholischen, aber auch der evangelischen Kirche sind bisher ungestraft davongekommen? Wird die deutsche Gesellschaft das je erfahren?
Viele halbherzige Diskussionen um sogenannte Sekten und esoterische Gemeinschaften wären ohne die Irritationen über die Kirchen nicht möglich. An den Deutschen sind die politischen Umbrüche des 19. Jahrhunderts vorbeigegangen. Es gab keine erfolgreiche bürgerliche Revolution, die die durch Bismarck gestaltete Nation der Deutschen zu einer demokratischen Gesellschaftsordnung geführt hätte. Das Obrigkeitsdenken war Bestandteil der deutschen Gesinnung und ist es geblieben. Zwangsläufig wird die Entwicklung der Moderne vor allem beim Bildungsbürgertum mit großer Skepsis und mit Unbehagen betrachtet. Der sich entwickelnde Liberalismus gilt u. a. als Wurzel des Übels. Gesellschaftliche Veränderungen und damit verbundene Krisen, die vor allem durch die ökonomische Entwicklung der Industrialisierung hervorgerufen wurden, werden seit jeher als Sinnkrisen empfunden oder zumindest so gedeutet. Im Zusammenhang mit solchen Erklärungsmustern entstand eine politische Ideologie, die als Irrationalismus bezeichnet wird.
»Irrationalismus liegt in unserem Zusammenhang dann vor, wenn politische Anschauungen außerhalb von Vernunft und Rationalität angesiedelt sind und demgegenüber von Vorurteilen, Emotionen, Lügen oder Halbwahrheiten geprägt sind. Die Äußerung ›Die Juden sind unser Unglück‹ ist eine typische Wendung des politischen Irrationalismus. Sie knüpft an bestehende Vorurteile an, schürt Angst und Haß und ist durch nichts, aber auch gar nichts zu begründen. Die Esoterik ist eine Form des Irrationalismus, wobei ihre Apologeten allerdings von sich behaupten, Zugang zum Übersinnlichen zu haben. Das, was sie sagen, wird als Wahrheit der Auserwählten gepriesen. So ist z.B. die Blut-und-Boden-Ideologie der Nazis nicht nur irrational, sondern auch esoterisch, denn wer von der ›magischen Kraft des arischen Blutes‹ redet, appelliert nicht nur an Vorurteile und Gefühle, sondern bringt den Bereich des Übersinnlichen mit ins Spiel.«15
Bei dem zurzeit in fast inflationärer Weise in Medien und Publikationen beschworenen Bild der momentan herrschenden Sinnkrisen ist es bei einem Blick in die Vergangenheit nicht verwunderlich, dass die Gesellschaft sich geradewegs wieder in eine Phase des Irrationalismus begibt, wenn sie nicht schon längst darin steckt. Die Zeichen sind unübersehbar, wenn sie nicht verdrängt werden. Ganze Heerscharen von Menschen befinden sich auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, auf der Suche nach ganzheitlichem Sein, nach Übersinnlichem und Hilfsmitteln aus dem Irrationalen oder dem Glauben für die Bewältigung der eigenen Existenz.
Einmal ist es die Verbundenheit mit den Gesetzen der Natur, ein anderes Mal wird der Kampf um den Erhalt der göttlichen Schöpfung beschworen, um irrationales Denken und Verhalten zu rechtfertigen. Die Vertreter der christlichen Kirchen grenzen irrationalistisches Verhalten gerne ab von ihrem Glauben, ihrem Handeln und ihrem Einfluss auf diese Entwicklung. Selbstverständlich allerdings nehmen sie mit Freude zur Kenntnis, dass in den letzten Jahren der Ruf nach den sogenannten christlichen Werten immer lauter wird. Wahrscheinlich assoziieren die meisten Menschen damit das jüdisch-christliche Gebot der Nächstenliebe. Vergangenheit und Gegenwart zeigen allerdings, dass davon bei den sich auf das Christentum berufenden Vertretern im breiten Feld der sogenannten neureligiösen oder ideologischen Gemeinschaften, aber auch auf dem nicht davon trennbaren Esoterikmarkt nicht viel zu hören oder zu lesen ist. Da gibt es schon eher Anleihen an andere Vorgaben aus dem Buch der Bücher.
Die Bibel liefert nicht nur die Interpretation eines liebenden, vergebenden Gottes und seines Sohnes, der mit einer Botschaft des Friedens auf dieser Erde unterwegs war. Sie kann auch Vorlagen liefern für die scheinbare Begründung von Ausgrenzung und kriegerischen Auseinandersetzungen. Das Christentum nur als friedliche Religion zu sehen, ist leider irreführend. Auch das Christentum nimmt für sich in Anspruch, die »wahre« Religion zu sein, und bei Verinnerlichung dieses Anspruches werden die nichtfriedlichen Interpretationen sichtbar.
»Im Laufe der abendländischen Geschichte sind sehr viele Kriege unter Berufung auf die Johannisoffenbarung geführt worden. Grauenvolle Blutorgien waren die Folge wie beim ersten Kreuzzug in Jerusalem (1096-1099) und beim vierten Kreuzzug in Konstantinopel (1202-1204). Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) schlugen Katholiken und Protestanten aufeinander ein, bis sie halb Europa verwüstet hatten.«16
Politisch können die Vorgaben aus der Bibel problemlos als Begründung für Auseinandersetzungen hervorgeholt werden. Nicht nur die Offenbarung des Johannes liefert Vorlagen im Kampf gegen das unchristliche Böse. In den Evangelien findet sich Ähnliches bei Matthäus und Markus in den sogenannten apokalyptischen Reden.17 Dort wird geschildert, wie Kriege und Kriegsgerichte, Erdbeben und Hungersnöte, Verfolgungen und Vertreibungen, Verfinsterungen von Sonne, Mond und Sternen die »Letzten Tage« einleiten. »Die Partei des Guten wird angeführt von einem militanten, man darf wohl sagen, ziemlich monströs wirkenden Jesus Christus, der in verschiedenen Gestalten auftritt. […] Das Lamm Gottes (Christus) öffnet die sieben Siegel eines geheimnisvollen Buches, in dem die Plagen, welche in der Endzeit auf die Menschheit hereinbrechen werden, aufgeschrieben sind. […] Die Hauptvernichtungsarbeit aber leisten, nach der Öffnung weiterer Siegel, verschiedene Zornes-, Rache- und Zerstörungs-Engel. […] Nachdem schon zwei Drittel alles irdischen Lebens vernichtet wurden, kommt es in Armageddon zur kosmischen Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse. Die Guten siegen, wie sollte es anders sein.«18
Die christlichen Werte können also durchaus zu anderen Interpretationen anregen. Der immer wieder beschriebene, angebetete Gottessohn, der gelitten hat, um die Sünden der Menschheit und der Welt auf sich zu nehmen, bekommt dann das Gesicht eines rachsüchtigen Messias. Damit verbunden ist die Botschaft, der christliche Gott habe seinen Sohn beauftragt, diesen Glauben als wahre Rettung für die Menschheit zu erkämpfen, um das vorhergesehene Tausendjährige Reich entstehen zu lassen.
Natürlich ist es leicht, diese Christus-Variante von kirchlicher Seite als nicht relevant für die christliche Lehre zu bagatellisieren. Dies fällt umso leichter, da die große Mehrheit der Christen mit dem Bild des gütigen Sohnes Gottes aufgewachsen ist. Aber es dürfte kaum zu leugnen sein, dass das andere Bild in der Lehre ebenso verankert ist und sich jederzeit, wenn es opportun erscheint, auch benutzen lässt. Dies haben in der Vergangenheit vor allem die Kreuzzüge und Religionskriege bewiesen. Das Ziel, ein christliches Paradies auf der Erde zu erhalten und nach den großen Katastrophen zu den Auserwählten des kriegerischen Christus zu gehören, hat bis heute viele Menschen in die Abhängigkeit von Gruppen geführt, die mit Bezug auf Christentum und Versprechungen vom gesegneten christlichen Land neue Anhänger anwerben. Dieses Thema und die unheilvollen Zusammenhänge sind zurzeit sicher aktueller als in den letzten 30 Jahren.
Beschäftigt man sich mit Esoterik, aus welchem Grund auch immer, stehen praktisch alle Trägersysteme zur Informationsvermittlung zur Verfügung. Von Printmedien bis zum Internet, überall ist es unvermeidlich, irgendwann auf die Angebote der Szene zu stoßen. Sicherlich ist hin und wieder Kritisches zu lesen, aber im Vergleich zu den inzwischen sehr umfangreichen und undurchsichtigen Angeboten fällt die kritische Auseinandersetzung eher bescheiden aus. Die Angebote dieses Marktes differieren, aber ein Ziel ist ihnen allen gegeben: Kunden für die unterschiedlich teuren Angebote zu erreichen. Schätzungen über den jährlichen Umsatz von esoterischen Angeboten in Deutschland lagen vor wenigen Jahren bei ca. 7 Milliarden Euro. Neuerdings ist den Medien zu entnehmen, dass sich der Umsatz nach aktuellen Schätzungen inzwischen auf 20 Milliarden Euro jährlich erhöht hat. Das sind Wachstumsraten einer Branche, von denen andere in der Bundesrepublik nur träumen können. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die Finanzbehörden regelmäßig mindestens die einschlägigen Fernsehsendungen und die Auftritte im Internet ansehen, um zu ermitteln, wer da genau welche Gewinne mit den Hoffnungen und Ängsten von Menschen einstreicht.
Bei einigen Angeboten ist man vielleicht noch geneigt, ein gewisses Maß an Verständnis für die Wahrnehmung der verlockenden Offerte aufzubringen. Viele Menschen können sich vermutlich vorstellen, dass es unter bestimmten Lebensbedingungen reizvoll sein kann, einmal Kartenlegen oder die Errechnung des persönlichen Horoskops als Form der persönlichen Entscheidungshilfe in Anspruch zu nehmen. Bei anderen mit Werbetrommeln angepriesenen Angeboten kann man sich allerdings nur noch die Frage stellen: Nehmen hier Menschen ihr Recht auf Dummheit in Anspruch?
Quasi unerschöpflich ist das Angebot im Internet. Wer auch immer etwas sucht, hier wird er fündig. Ob die potenziellen Opfer der Anbieter immer gezielt magische Seiten im Netz suchen oder eher zufällig an die Angebote geraten, ist mangels Erforschung der Szene nicht feststellbar. Aber der eine oder die andere ist vielleicht hängen geblieben bei verheißungsvollen Überschriften wie Magie des neuen Jahrtausends.19 Neben den zu erwartenden Angeboten wie »Zukunftsvorhersage« oder »Rückführung in frühere Leben« findet sich hier auch eine Ausbildung zur Hexe. Die Hexenschule hat unterschiedlich Esoterisches im Programm, was der Laie auf diesem Gebiet eher bei anderen spirituellen Angeboten vermuten würde. Rechnet man höchstwahrscheinlich schon damit, dass eine Hexe lernen muss, anderen Menschen die Zukunft voraussagen zu können, so könnte man vielleicht ins Grübeln kommen, wenn zum Hexenlehrgang auch die Fähigkeit für Astralreisen gehört. Das Angebot richtet sich an unterschiedlich begabte Menschen ebenso wie an Neugierige. »Ahnen Sie schon lange, dass in Ihnen magische Kräfte wohnen und möchten Sie sie erwecken?«, lockt das Angebot unter der Überschrift Hexenschule der hohen Kunst der Magie.20
Wie es sich bei Lehrberufen gehört, bietet die Seite dem Interessierten verschiedene Lehrgänge an: einen Grund- lehrgang, einen Aufbaulehrgang und schließlich einen Spitzenlehrgang. Der Grundkurs ist für Anfänger gedacht, aber auch für Menschen, deren magische Fähigkeiten abgenommen haben. Das scheint es also auch zu geben: Aus irgendwelchen Gründen können magische Kräfte das Zeitliche segnen. Aber das »Magie-Netz« gibt Entwarnung: Im Grundlehrgang der Hexenschule können Menschen, die sich vor vielen Jahren mit der Kunst der Magie beschäftigt haben und nun ihre Kenntnisse auffrischen möchten, wieder ihrer Fähigkeiten bewusst werden, sie sozusagen wiederbeleben. Wer den sogenannten Spitzenlehrgang bucht, sollte allerdings schon alles regeneriert haben, was verloren gegangen war. Denn nach Abschluss dieses Lehrganges ist die Hexe anscheinend vollkommen: »Durch ihn (den Spitzenlehrgang – die Verf.) erreichen Sie meisterliche Kenntnisse in den Künsten der Magie, mit denen Sie ihr und das Leben anderer Menschen in die gewünschte Richtung lenken und zu hohen Erkenntnissen über die Natur des Lebens und des Todes erlangen (sic!) können«21, oder anders gesagt: Macht über andere. Auch über die Ausbildungsdauer wird nicht geschwiegen. Man sollte wohl bei positivem Verlauf vom Grundlehrgang bis zur Spitze sechs Jahre rechnen. Warum nicht, was kann es schaden? Denn dieses Angebot ist im Preisvergleich schon als »billiger Jakob« einzustufen: Der Spitzenlehrgang ist für nur sage und schreibe 40 Euro im Monat zu haben. Schüler, Studenten, Rentner und Arbeitslose sind mit 30 Euro im Monat dabei; das klingt fast schon nach einem Schnäppchen. Und noch etwas anderes zeichnet diese magische Schule aus: Es sind Fernlehrgänge, sodass die Mutation zur Hexe bequem zu Hause geschieht, und geprüft wird auch: »Die Prüfungen finden alle halbe Jahre statt, am Ende steht noch einmal eine Abschlussprüfung. Sie erhalten bei Bestehen der Prüfung ein Abschlusszertifikat mit Angabe von Noten.«22 Leider wird verheimlicht, welche Prüfungsfächer zu absolvieren sind.
Nicht nur Angebote zur Vermehrung der Hexenzunft sind im World Wide Web zu finden. Auch andere »Fähige« mit Kontakten zu Wesen, die dem Normalsterblichen verborgen bleiben, finden eine Plattform und werden beworben.
»Die Feen erfüllen die Formen mit Heiligkeit, Fröhlichkeit, Leichtigkeit, Zuversicht und neuem Staunen«.23 Dieses Zitat wird einer Frau zugeschrieben, die in der Öffentlichkeit vor allem dadurch bekannt wurde, dass sie von sich behauptet, mit Engeln sprechen zu können. Alexa Kriele hat in der esoterischen Szene durchaus eine Karriere vollzogen. Als Referentin für ganzheitliche Seminare wird sie wie folgt angekündigt: »Naturgeister sind feinstoffliche Wesen, die auf der Erde leben und die Natur beseelen. Sie leben in Bäumen, Blumen, Moosen, an Quellen, in der Erde und in Steinen. Auch wenn sie auf den ersten Blick unsichtbar sind, wirken sie auf ihre Weise, um die Schöpfung zu vervollkommnen und im Gleichgewicht zu halten. Wie man mit den unterschiedlichen Naturwesen in Kontakt kommt und wie sie mit uns kommunizieren, darüber berichtet die erfahrene Engel-Dolmetscherin […].«24
Alexa Kriele hat bereits öffentlich kundgetan, dass Engel kein Deutsch sprechen. Es muss also eine Art Engelisch geben, oder wie nennt man die Sprache der Engel? Wie schön, dass Frau Kriele keine Verständigungsprobleme hat. Allerdings bleibt es nicht bei den übersetzten Botschaften der Engel für Ratsuchende mit Hang zum Magischen oder Spirituellen, sie behauptet ebenso, dass es eine Art von Engelmedizin gebe, womit sie sich in die Heilerszene einordnet. Natürlich wird man von ihr nicht hören, dass sie fähig sei, Menschen zu heilen, sie gibt in ihren Seminaren nur Ratschläge zur Atmung und anderem. Die Zuständigkeit für das Ergebnis liegt nicht bei ihr, sondern bei anderen »feinstofflichen Wesen«, die allerdings schwer zu verklagen sind, sollte sich die Heilungs- oder auch nur Besserungshoffnung bei körperlichen Beschwerden nicht realisieren.
Nachdem Frau Kriele recht werbewirksam in verschiedenen Medien ihre Sprachfähigkeit mit den Engeln erläutern durfte, gab es bei einem Fernsehauftritt eine heilsame Irritation für einige potenzielle Kunden. In der Sendung Menschen bei Maischberger am 5. Januar 2010 wurde sie öffentlich mit einer von ihr vertretenen These konfrontiert, die weit über die bisherige Engel- und Naturgeisterdarstellung hinausgeht. Frau Kriele ist der Meinung, »dass sexuell missbrauchte Kinder und HIV-Infizierte nicht nur Opfer oder Betroffene einer Infektionskrankheit sind, sondern immer auch unter Umständen in einer anderen Inkarnation Täter seien, die nur verspätet zur Verantwortung gezogen werden.«25
Konnte man eine gewisse Zeit davon ausgehen, dass sich Frau Krieles Thesen, jeder Mensch bekomme bei der Geburt eine gewisse Grundausstattung von Engeln mit, durch Aufklärung und kritische Berichterstattung irgendwann in Luft auflösen, erinnert das Zitat bei Frau Maisch-berger schon sehr an andere Ideologien, für die die Ausgrenzung von bestimmten Personengruppen ganz normal zu sein scheint.
In den Dauerwerbesendungen auf den einschlägigen Fernsehkanälen wie z. B. AstroTV treten die unterschiedlichsten Anbieter auf. Verkaufsfördernde Hinweise, dass ein erweitertes Angebot der jeweiligen Produktpalette auch im Internet nachzulesen ist, fehlen fast nie bei diesen Sendungen. Es gibt vermeintliche Hilfe für alle Lebenslagen, für alle Sorgen, Probleme und Problemchen. Das Thema heißt wieder und immer wieder: der Energiefluss. Sei es der im Menschen, in der unmittelbaren Umgebung wie Wohnung, Haus oder Garten, alles muss fließen, positiv natürlich. Selbstverständlich fehlt auch nicht der große Bezug, der den ganzen Globus umfasst. Die Botschaft ist auch hier eindeutig: Die positive Energie muss her, sie muss strömen, dann klappt das schon. Sind die positiven Ströme nicht immer gleich abrufbar – und das kommt anscheinend öfter vor, als es die Verkaufsstrategie offenbart –, können immerhin zumindest die negativen Energien mit den kommerziell angebotenen Hilfsmitteln irgendwie in Schach gehalten werden; das ist ja auch schon etwas.
Geht man darauf ein und kauft die entsprechenden Produkte oder nimmt die angebotene Dienstleitung, ob Kartenlegen oder Hellsehen, in Anspruch, dann geschieht Wunderbares: Der Konsument bleibt gesund, findet endlich den richtigen Partner, den neuen Job oder Sonstiges, was auf seiner Wunschliste steht. Welche Aussichten! Es müsste eigentlich die Frage aufkommen, warum sich esoterische Hilfsmittel einer großen Nachfrage erfreuen, wenn doch täglich angeblich so viele Wunder geschehen.
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1. Auflage
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eISBN 978-3-641-05869-2
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www.randomhouse.de
Leseprobe
Vgl. Ingolf Christiansen, Rainer Fromm, Hartmut Zinser, Brennpunkt Esoterik. Okkultismus Satanismus Rechtsradikalismus, hg. von der Behörde für Inneres, Arbeitsgruppe Scientology, Hamburg 2004, 5.
(Butler, Walter, E. Die hohe Schule der Magie. Über die Kunst, willentlich Bewusstsein zu verändern, esotera Taschenbuch, 1997, Rückseite)
Brockhaus Conversations-Lexikon in sechzehn Bänden. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie, Vierzehnter Band, Stichwort »Sekten«, Leipzig 1886.
Margaret Thaler Singer / Janja Lalich, Sekten: Wie Menschen ihre Freiheit verlieren und wiedergewinnen können, Heidelberg 1997, 34, zitiert nach: http://www.agpf.de/Begriff.htm.
Robert Jay Lifton, Terror für die Unsterblichkeit. Erlösungssekten proben den Weltuntergang, München 2000, 17 (Fußnote), zitiert nach: http://www.agpf.de/Begriff.htm.
Der Spiegel 44/2002: Wie die Palästinenser die Rote Armee Fraktion unterstützten: Pakt des Terrors, zitiert nach:http://www.agpf.de/Begriff.htm.
Vgl. Der Spiegel 11/2003: Im Hamburger Rathaus versuchen ein Grünen-Chef und eine US-Generalkonnsulin, zwei Kontinente zu versöhnen: Fette Mutter Europa, zitiert nach: http://www.agpf.de/Begriff.htm.
Vgl. Endbericht der Enquete-Kommission »Sogenannte Sekten und Psychogruppen«, Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode (1994-1998), Drucksache 13/10950.
Wolfgang Hübner, Einführung, in: Politische Studien, hg. von der Hanns-Seidel-Stiftung, 346/1996.
Vgl. den Endbericht der Enquete-Kommission »Sogenannte Sekten und Psychogruppen«, Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode (1994-1998), Drucksache 13/10950, 296.
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 4, Abs. 1-2.
Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Reichsverfassung), 1919.
Art. 140 GG: »Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.«
Vgl. Endbericht der Enquete-Kommission »Sogenannte Sekten und Psychogruppen«, Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode (1994-1998), Drucksache 13/10950, 307.
Thomas Ewald, Esoterik – eine historische Betrachtung, in: Thomas Ewald/Hans-Gerd Jaschke /Hartmut Zinser, Esoterik und New Age. Herausforderungen an die Jugend- und Erwachsenenbildung, Hessische Landeszentrale für politische Bildung, Nr. 20, Wiesbaden 1996, 2.
Victor und Victoria Trimondi, Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse, München 2006, 18.
Vgl. Mt 24; Mk 13.
Victor und Victoria Trimondi, Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse, München 2006, 16f.
Vgl. die Internetpräsenz http://www.magie-netz.de.
Vgl. ebd.
Ebd.
Ebd.
http://www.impulse-ganzheitliche-seminare.de.
Ebd.
http://www.esowatch.com/ge/index.php?title=Alexa_Kriele.