Schwarzbuch Waffenhandel - Jürgen Grässlin - E-Book

Schwarzbuch Waffenhandel E-Book

Jürgen Grässlin

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Beschreibung

Politik, Industrie, Banken – wer profitiert vom Krieg?

Unsere Politiker beschwören den Frieden und betreiben den Krieg: Deutschland ist der weltweit drittgrößte Waffenexporteur – und schreckt vor Lieferungen an verbrecherische Regime und Diktatoren nicht zurück. Jürgen Grässlin deckt auf, wer die Profiteure dieser Kriegswirtschaft sind, er nennt Industrieunternehmen beim Namen, er zeigt, wer in der Politik die Exporte genehmigt und wie die Banken das alles finanzieren. Hochbrisante Fakten, profund recherchiert – ein Augenöffner, wie tief unser Land in die globale Tötungsmaschinerie verstrickt ist.

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Jürgen Grässlin zählt seit vielen Jahren zu den profiliertesten Rüstungsgegnern Deutschlands. Er ist Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Sprecher der Kampagne »Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel!« sowie der Kritischen AktionärInnen Daimler (KAD) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e. V.). Er ist Autor zahlreicher kritischer Sachbücher über Rüstungsexporte sowie Militär- und Wirtschaftspolitik, darunter internationale Bestseller. 2011 wurde Grässlin mit dem »Aachener Friedenspreis« ausgezeichnet.

Jürgen Grässlin

Schwarzbuch

Waffen

handel

Wie Deutschland am Krieg verdient

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Originalausgabe 06/2013

Copyright © 2013 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Thomas Bertram

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-07421-0V002

www.heyne.de

Vorwort

Den Opfern eine Stimme, den Tätern Name und Gesicht

Bild 1

Mehr als zwei Millionen Menschen starben bisher durch Kugeln aus den Läufen von H&K-Waffen. Mohamed Jama aus Berbera (Nordsomaliland) erhielt bei einem mit G3-Gewehren verübten Massaker einen Kopfschuss. Er wird zeitlebens geistig behindert sein.

Ein Staat in einem Krisengebiet. Ein Staat, in dem die Demokratiebewegung auf eigenem Territorium und im Nachbarland mit Waffengewalt unterdrückt wird. Ein Staat ohne geschriebene Verfassung und landesweite Wahlen. Ein Staat, der Facebook-Protestierer mit Folter bestraft, der die Rechte von Frauen massiv einschränkt. Ein Staat, in dem die Scharia gilt, wo vermeintlichen Dieben auf Plätzen öffentlich Hände abgehackt, Homosexuelle und Christen hingerichtet werden. Ein Staat, in dem eine Fatwa ausgerufen wird, wonach zukünftig nur muslimische Gotteshäuser bestehen dürfen. Ein aus westlicher Sicht barbarischer Staat, der Erinnerungen ans tiefste Mittelalter wachruft.

Sprechen wir von einem Land auf der Achse des Bösen? Dessen menschenverachtende Regierung, im »Krieg gegen den Terror« gewaltsam zum Guten bekehrt werden soll? Nicht im Mindesten! Saudi-Arabien ist ein befreundetes Land, das Königshaus in Riad gilt als vertrauter Verbündeter der Bundesregierung, als enger Wirtschaftspartner der Bundesrepublik Deutschland. Wie die Bundeskanzler vor ihr, hofiert auch die bekennende Christin Angela Merkel das repressive Herrscherhaus von König Abdullah Bin ’Abdul ’Aziz al-Saud als einen nahestehenden Freund. Waffenhandel als Beitrag zur Stabilisierung eines diktatorischen Regimes!

Bei Zusammenkünften mit Wirtschaftsdelegationen werden Menschenrechte pro forma angesprochen, und zugleich profitable Waffendeals eingefädelt. Zahlungskräftige Freunde belohnt man mit einer Lizenz zum Eigenbau von G36-Sturmgewehren, der Lieferung von Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter Typhoon und einer Tausende Kilometer langen Grenzsicherungsanlage rund um das Land. Freunde unterstützt man auch zukünftig im Kampf gegen externe und interne Feinde, beispielsweise mit Leopard-2-Kampfpanzern sowie – gewünscht – mit Radpanzern Boxer und Spürpanzern Dingo (siehe Kap. 3).1

Saudi-Arabien ist ein Beispiel unter vielen. Zu Recht verweist die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) in ihrem Rüstungsexportbericht 2012 darauf, dass im Vorjahr 64 Länder Kriegswaffen und Rüstungsgüter erhalten hätten, deren Menschenrechtssituation vom Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) als sehr bedenklich eingestuft worden seien. Im Jahr 2010 waren es noch 48 Länder gewesen.2 So steht Saudi-Arabien pars pro toto für die Ausweitung der Rüstungsexportgenehmigungen der Bundesregierung, für weitere Tabubrüche, für den grundlegenden Paradigmenwechsel: Nicht Restriktion, nicht Zurückhaltung, nicht Mäßigung und schon gar nicht die Wahrung der Menschenrechte stehen im Mittelpunkt der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung, sondern deutsche Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen. Führende Politiker propagieren offen den Waffenhandel gegen Terrorismus und für die Sicherung der Rohstoffzufuhr der industrialisierten Welt. Beim Bergedorfer Gesprächskreis im September 2011 in Berlin und bei der Bundeswehrtagung im Oktober 2012 in Strausberg ließ die Bundeskanzlerin ihre neue Doktrin durchblicken: Fortan sollen Scheindemokraten und Despoten noch mehr Waffen aus Deutschland erhalten und das Geschäft selbst erledigen. So können mit dem Export von Mordwerkzeugen Auslandseinsätze der Truppe minimiert werden. Denn mit toten Bundeswehrsoldaten lassen sich keine Wahlen gewinnen.

An seinen Außengrenzen schottet sich der europäische Kontinent immer mehr ab und wird zur Festung Europa. Eines der jüngsten Beispiele sind die Genehmigungen für die Lieferung von Waffen und Rüstungsgütern an das diktatorische Regime von Abdelaziz Bouteflika. Seit April 1999 festigt der algerische Staatspräsident seine Macht mit Waffengewalt, wird die Demokratiebewegung im Land brutal unterdrückt, werden Christen verfolgt. Dessen ungeachtet genehmigte die Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel Waffendeals mit dem Bouteflika-Regime im Umfang von rund 10 Mrd. Euro (siehe Kap. 4). Waffenhandel als Beitrag zu Völkerverständigung und Humanität? Keine andere Region bedroht den Weltfrieden stärker als der Nahe und Mittlere Osten. Nichtsdestotrotz zählen viele der dort gelegenen Staaten zu den Hauptempfängern deutscher Waffen.

Politisch heiß diskutiert sind U-Boot-Lieferungen an Israel. Am 21. März 2012 unterzeichneten Thomas de Maizière und Ehud Barak, die Verteidigungsminister Deutschlands und Israels, einen Vertrag zur Lieferung eines sechsten U-Bootes. Die israelische Marine verfügt bereits über drei moderne U-Boote der Dolphin-Klasse, zwei weitere stehen vor der Auslieferung, das fünfte und sechste sollen folgen. Mittels technischer Umrüstung können U-Boote der Dolphin-II-Klasse Atomwaffen abfeuern (siehe Kap. 5). Waffenhandel als Beitrag zu Frieden und Gerechtigkeit?

In keinem anderen Politikbereich klaffen humanistischer Anspruch und tödliche Wirklichkeit weiter auseinander als beim staatlich legalisierten Waffenhandel. Solange sie menschenverachtende Waffenlieferungen unterstützen, sollten die Parteien CDU/CSU und SPD Begriffe wie »demokratisch«, »christlich« oder »sozial« aus ihrem Parteinamen streichen. »Liberal« im Sinne von Wirtschaftsförderung war nicht nur die Devise der FDP: Gemeinsam mit der SPD verfünffachten selbst Bündnis 90/Die Grünen in Regierungsverantwortung Rüstungsexporte in den Jahren 2002 bis 2005. Mit der Aufsehen erregenden Stellungnahme der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin entpuppt sich neben Bundeskanzler Gerhard Schröder auch der Grünen-Chef Joschka Fischer als zweite Schlüsselfigur. Der damalige Außenminister- und Vizekanzler, seinerzeit stellvertretender Vorsitzender im geheim tagenden Bundessicherheitsrat (BSR), votierte vielfach pro Rüstungsexport (siehe Kap. 2).

Die Gesamtbilanz ist bedrückend: Bundesregierungen gleich welcher politischen Couleur genehmigten Waffenhandel selbst mit diktatorischen Regimen. Bar jeglicher Transparenz oder gar Demokratie erfolgten und erfolgen diese Entscheide im BSR, einem Kabinettsgremium unter Leitung des jeweiligen Kanzlers bzw. der Kanzlerin.

Dieses Buch möchte Opfern und Zeugen eine Stimme geben. Denn noch immer werden die Opfer dieser Geschäftspolitik totgeschwiegen, noch immer werden Rüstungsexporte unter anderen Gesichtspunkten gesehen, maßgeblich unter monetären. Nicht zuletzt der Krieg in Libyen hat uns – einmal mehr – eindringlich vor Augen geführt, dass die Waffenhändler in Nadelstreifen keinerlei Skrupel kennen.

Kriege und Konflikte sind gut fürs Geschäft einer Industrie, deren führende Unternehmen sogar dem Global Compact der Vereinten Nationen beigetreten sind. Viele Rüstungskonzerne haben den UN-Verhaltenskodex für eine globalisierte Wirtschaft auf der Basis ethischer Wertvorstellungen unterzeichnet. Mehr noch: Firmenintern haben sie sich Ethikcodes, Verhaltensrichtlinien und Compliance-Organisationen gegeben – und täuschen somit moralisches Handeln vor. Denn zur Unterbindung des Waffenhandels mit menschenrechtsverletzenden Staaten haben all diese wohlfeinen Papiere nicht geführt.

Profitinteresse kennt keine Grenzen und keine Rücksichtnahme. Während der sozialen Unter- und Mittelschicht in Griechenland radikale Sparmaßnahmen zur staatlichen Haushaltssanierung aufgezwungen wurden (und weiterhin werden), profitierte die deutsche Rüstungsindustrie schamlos von milliardenschweren Geschäften mit dem griechischen Staat. Geld war in Athen genug vorhanden, zumindest für Waffenbeschaffungen. Im Jahr 2006 rangierte Griechenland gar auf Platz 2 der wichtigsten Bestellerländer deutscher Waffen.3

Überboten wird das eine Armenhaus durch das andere. Im Jahr 2010 bewilligte die Bundesregierung den Transfer von U-Booten, Teilen für Kampfschiffe und von Unterwasserortungsgerät an das portugiesische Militär im Gesamtwert von 811739201 Euro. Damit erklomm das total überschuldete Portugal Platz 1 der Empfängerländer deutscher Waffen.4

Rüstungsexport ist ein eiskaltes Geschäft. Ob Armut oder Menschenrechtsverletzung: Die Situation im Empfängerland spielt de facto keinerlei Rolle. Ihr wahres Gesicht zeigt die rüstungsproduzierende und -exportierende Industrie nirgendwo deutlicher als auf Rüstungsmessen. Deren schlimmste ist die im Zwei-Jahres-Turnus stattfindende IDEX. Während sich von Tunesien ausgehend in Nordafrika der Widerstand gegen die verhassten Diktatoren formierte, feierte die weltweite Rüstungscommunity im Februar 2011 in Abu Dhabi zeitgleich ihre Todesprodukte mit Waffenschauen und Kampfvorführungen.

An vorderster Front mit dabei deutsche Waffenfabrikanten von Rang und Namen: Atlas Elektronik, ATM ComputerSysteme, Blohm + Voss Naval, Carl Zeiss Optronics, Daimler AG und Daimler Trucks North America, Diehl BGT Defence, Diehl Defence Holding und Diehl Remscheid, Dynamit Nobel Defence, EADS, Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, Fr. Lürssen Werft, GIWS Gesellschaft für intelligente Wirksysteme, Heckler & Koch, Howaldtswerke-Deutsche Werft, Junghans Microtec, Krauss-Maffei Wegmann, MTU Friedrichshafen, Northrop Grumman LITEF, Rheinmetall Defence, Rohde & Schwarz und die ZF Friedrichshafen AG – um nur einige von mehr als 70 deutschen Unternehmen zu nennen (siehe Kap. 5).5

Waffenhandel ist ein Bombengeschäft, denn am Ende zählt nur eines: Profit, Profit und nochmals Profit. Zur Vertuschung der Tatsache, dass Deutschland bestens am Krieg verdient, müssen Scheinargumente herhalten, zuallererst das der Arbeitsplätze. Dabei ist die Rüstungsindustrie zweifelsohne keine Schlüsselindustrie Deutschlands. Da hilft es wenig, dass eine Studie des Berliner Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR im Auftrag des Lobbyverbandes BDSV für 2011 plötzlich annähernd 98000 Erwerbstätige und 218640 indirekte Beschäftigungsverhältnisse im Sektor der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie errechnet haben will. Fakt ist, dass die Branche die Anzahl der direkt in der Rüstung Beschäftigten seit Ende der Achtzigerjahre von 400000 auf unter 100000 senken musste.6 Fakt ist zudem, dass der Rüstungsexport gerademal 0,12 Prozent zum Gesamtexport beiträgt.7 Dennoch rangiert Deutschland auf Platz drei der Weltwaffenexporteure. Diese Position wurde durch enthemmten Waffenhandel errungen, bar jeglicher moralischer und ethischer Werte. Seit Jahrzehnten beliefern deutsche Waffenschmieden selbst menschenrechtsverletzende und kriegführende Staaten in aller Welt.

Damit Waffenhandel funktioniert, muss er bestens geplant, vorbereitet, abgesprochen, beworben, herbeigeführt, erschlichen, erkauft, genehmigt und letztlich vollzogen werden. Dieses System funktioniert nicht zuletzt dank einer perfekt organisierten Lobbymaschinerie, in der die zahlreichen Zahnräder der Rüstungsindustrie, der Bundeswehr und der Politik, bestens geölt und geschmiert von mächtigen und einflussreichen Lobbyverbänden und deren Hintermännern, nahtlos ineinandergreifen. An der Spitze dieser Lobby-Organisationen stehen – national wie international – vermeintlich angesehene Persönlichkeiten der Wirtschaftswelt, der Streitkräfte und der Parteipolitik in Deutschland (siehe Kap. 4).

Über Direktexporte oder weltweit genehmigte Lizenzfertigungen gelangen immer mehr in Deutschland produzierte oder entwickelte Waffen und Rüstungsgüter in die entlegensten Winkel der Erde. In den allermeisten Fällen genehmigt die Bundesregierung, in den allerseltensten Fällen untersagt sie Waffenhandel. So standen im Jahr 2010 den Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von rund 4,75 Mrd. Euro und Sammelausfuhrgenehmigungen von 737,3 Mio. Euro abgelehnte Anträge im Volumen von 8,1 Mio. Euro gegenüber.8 Schlimmer noch die absoluten Zahlen im Jahr danach: 2011 standen Einzelausfuhrgenehmigungen im Volumen von 5,41 Mrd. Euro und Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von 5,38 Mrd. Euro Ablehnungen im Gesamtwert von 24,8 Mio. Euro entgegen. Wurden 2010 gerademal 113 Anträge auf Genehmigung von Rüstungsgüterausfuhren abgelehnt, so waren es 2011 nur noch 105.9

Besteht dennoch der – angesichts der extrem hohen Genehmigungsquote äußerst seltene – Verdacht ungesetzlichen Vorgehens, so verfolge ich diesen mit Strafanzeigen. Beispielsweise gegen Heckler & Koch, wie der in Kapitel 6 dieses Buches beschriebene Fall Mexiko nachdrücklich belegt. Einer der spektakulärsten Rüstungsexportfälle in Deutschland, dessen Hintergrundrecherche dieses Buch exklusiv liefert. Fälle wie diese aber stellen die Ausnahme dar, der eigentliche Skandal ist die Legalität und damit die Akzeptanz moralisch verwerflichen Handels. Geschätzte 98 Prozent aller bundesdeutschen Rüstungsexporte erfolgen mit Genehmigung der Kontrollbehörden oder des Bundessicherheitsrates.

Erstmals gibt dieses Schwarzbuch den Verantwortlichen des ungezähmten Waffenhandels Name und Gesicht. In 20 Täterprofilen wird die Verstrickung von Rüstungsmanagern und Politikern in Waffengeschäfte bzw. deren Genehmigung differenziert aufgezeigt. Die Top Ten der Täter in der Politik schont keine der fünf in wechselnden Koalitionen amtierenden Regierungsparteien. Als Vorsitzende des Bundessicherheitsrates verantworten die Bundeskanzler die brisantesten Rüstungsexporte: Schröder, Kohl, und – auf Platz 1 – Merkel führen das unrühmliche Politikerranking an. Sie alle haben sich mit ihrer Politik der Unterstützung oder Genehmigung grenzenlosen Waffenhandels mitschuldig gemacht am legalen Export und damit am Einsatz deutscher Waffen mit zahllosen Opfern in Kriegen und Bürgerkriegen in aller Welt.

Ebenso wenig schont die Top Ten der Täter in der Rüstungsindustrie die Waffenhändler in den Chefetagen rüstungsproduzierender und -exportierender Unternehmen. Täglich sterben schätzungsweise durchschnittlich 112 Menschen allein durch den Einsatz von Heckler & Koch-Waffen – in etwa so viele wie beim vielbeachteten Massaker von Kunduz (siehe Kap. 6). Auf Platz 1 im Täterranking rangiert der Hauptgesellschafter von Europas tödlichstem Unternehmen: Andreas Heeschen vom Kleinwaffenexporteur H&K. Beide Täterrankings 2012 finden sich nach Kap. 7. Wer über Rüstungsexporte diskutieren, wer Rüstungsexporte reduzieren und stoppen will, der muss die Grundlagen und Zusammenhänge und die Akteure des Systems kennen. Genau diese Informationen will das Schwarzbuch Waffenhandel vermitteln. Dabei wird anhand von Fallbeispielen den folgenden Schlüsselfragen nachgegangen:

Welche deutschen Waffen gelangen auf welchen Wegen in Krisen- und Kriegsgebiete?Welche Parteien genehmigen Waffenhandel selbst mit menschenrechtsverletzenden und kriegführenden Staaten?Welche Unternehmen verdienen am Geschäft mit dem Tod?Welche Banken finanzieren rüstungsexportierende Unternehmen?Wer sind die Täter, wer die Opfer dieser skrupellosen Politik?

Zur Beantwortung dieser Fragen soll dieses Buch beitragen. Und es will Mut machen zum aktiven Eintreten für eine gerechtere und friedlichere Welt.

Jürgen Grässlin,

Freiburg im Breisgau,

im Februar 2013

Anmerkung: Auf meiner Homepage (www.juergengraesslin.com > Buchautor > Schwarzbuch Waffenhandel) finden Sie viele weitere Informationen zum Buch, unter anderem eine ausführlichere Erläuterung der Top Ten der Täter in der Politik und der Top Ten der Täter in der Rüstungsindustrie, ein Glossar mit den maßgeblichen Begriffen zum Rüstungsexport und eine Dokumentation rechtlicher Grundlagentexte zum Thema Waffenhandel.

1 »Die Merkel-Doktrin« in der Spiegel vom 3. Dezember 2012, S. 20 f.

2GKKE-Bericht, S. 7.

3 Rüstungsexportbericht 2006, S. 24.

4 Rüstungsexportbericht 2010, S. 17.

5 www.idexuae.cfm > Exhibition List.

6 Studie »Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie für den deutschen Wirtschaftsstandort« des Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR vom November 2012, S. 7.

7 Rüstungsexportbericht 2011, S. 33.

8 Rüstungsexportbericht 2010, S. 3 und 17.

9 Rüstungsexportbericht 2011, S. 6 und 20.

Kapitel 1– Der Verfassungsbruch und seine Folgen

Wie Deutschland zur Weltmacht beim Waffenhandel aufsteigen konnte

Bild 2

Rekordhalter Helmut Kohl (CDU) – in seiner 16-jährigen Amtszeit als Bundeskanzler genehmigte Kohl mehr Rüstungsexporte als jeder seiner Amtskollegen. Im Hintergrund Gerhard Stoltenberg, der wegen illegaler Panzergeschäfte mit der Türkei vom Amt des Verteidigungsministers zurücktreten musste.

1.1 Der doppelte Sündenfall des Franz Josef Strauß

Von der Kapitulation zur Remilitarisierung

In Berlin-Karlshorst treffen sich in tiefer Nacht Repräsentanten der vier Alliierten. Vergeblich hat Großadmiral Karl Dönitz den Versuch unternommen, den Westmächten gegenüber wenigstens eine Teilkapitulation durchzusetzen.

Der deutschen Delegation gehören neben Keitel auch Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff und Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg an. In dieser Nacht des 9. Mai 1945 unterzeichnen sie die Urkunde, welche die aberwitzige Vision des »Tausendjährigen Reiches« nach sechs Kriegsjahren beendet. Notgedrungen erklärt die deutsche Militärspitze gegenüber dem Oberkommando der Roten Armee und dem der Expeditionsstreitkräfte der Alliierten »die bedingungslose Kapitulation aller unserer Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft« . Dieses Papier besiegelt das Ende des Zweiten Weltkrieges.10

Mit den Politischen Grundsätzen des Potsdamer Protokolls legten die Alliierten im August ihre Ziele fest. Die »völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands und die Ausschaltung der gesamten deutschen Industrie, welche für eine Kriegsproduktion benutzt werden kann«, waren in Punkt 1 festgeschrieben. Mit der vollständigen und endgültigen Auflösung aller Land-, See- und Luftstreitkräfte und sämtlicher militärischer Strukturen und Organisationen sollte der »Wiedergeburt oder Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus und Nazismus« vorgebeugt werden.

Nach Ansicht von Prof. Wolfram Wette erkannten die Alliierten den deutschen Militarismus »in seinen vielschichtigen strukturellen Zusammenhängen«. Verantwortliche Eliten in wichtigen Privatunternehmen, so das Potsdamer Protokoll, sollten von ihren Posten entfernt werden. Vorgaben wie diesen misst Wette, vormals Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt, eine immense Bedeutung zu: von der Funktion der Entmachtung von Wirtschaftseliten über die Entflechtung bis hin zur Dekartellisierung. Zu den entscheidenden Schritten zählt der Militärhistoriker auch die damals stattfindenden Kriegsprozesse gegen Wirtschaftsführer der NS-Zeit.

Am 23. Mai 1949 um 24.00 Uhr trat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in Kraft, die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober desselben Jahres. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 wurde die DDR-Verfassung außer Kraft gesetzt, das Grundgesetz seither die Verfassung des gesamten deutschen Volkes.

Vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte die damalige Verfassungsgebung »von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen«, so die Präambel des Grundgesetzes. Dieser Friedensgedanke findet sich wieder in Artikel 26, in dem die »Friedenssicherung« festgeschrieben wurde. In Absatz 1 heißt es dort: »Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.« Auf dieser Grundlage führt Absatz 2 aus: »Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.«11 Genau dies sollte zwölf Jahre später und in doppelter Form festgeschrieben werden.

Noch aber wirkten die Kräfte der Vergangenheit. Ausdrücklich weist Wolfram Wette auf die kapitalen Fehler hin, welche die christlich-liberale Bundesregierung unter dem ersten deutschen Bundeskanzler, Konrad Adenauer, Mitte der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts verantwortete. Im Auftrag des Bundeskanzlers durften ehemalige Wehrmachtsoffiziere die »neue Wehrmacht« planen, so Wette. Auch wenn 1956 die Umbenennung in »Bundeswehr« erfolgte, stammten die bis 1957 ernannten 44 Generäle und Admirale allesamt aus der Wehrmacht und damit aus der Hitler-Ära. Zwei Jahre danach dienten im Offizierkorps der Bundeswehr mit ihren 14900 Berufssoldaten beachtliche 12360 frühere Wehrmachtsoffiziere.12

Zur Remilitarisierung Deutschlands gehörte neben einer eigenen Armee auch der Wiederaufbau einer eigenständigen Rüstungsindustrie. Begünstigt wurden diese Vorhaben durch das Aufkommen des Kalten Krieges zwischen den vormaligen Kriegsverbündeten, den Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion. Jetzt zeigten vor allem die USA Interesse an der deutschen Wiederbewaffnung, eine Chance, welche die Adenauer-Regierung zu nutzen wusste – von der Aufstellung eigener Streitkräfte über den Aufbau von Produktionskapazitäten in der Rüstungsindustrie bis hin zu ersten Rüstungsexporten der Bundesrepublik Deutschland. Die Gespenster der Vergangenheit kehrten in neuem Gewand zurück.

Wie die Verfassung gebrochen wurde

In den Fünfziger- und Sechzigerjahren schlug die Stunde eines Mannes, der die grundlegenden Voraussetzungen dafür schaffen sollte, dass Deutschland mit seinen Streitkräften und der Rüstungsindustrie wieder auf der internationalen Bühne mitmischen konnte. Franz Josef Strauß, Abgeordneter des oberbayerischen Wahlkreises Weilheim, war von 1953 bis 1955 Bundesminister für besondere Aufgaben in der Regierung von Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Die Einrichtung des Bundesverteidigungsrates – Vorläufer des heutigen Bundessicherheitsrats – geht auf einen Kabinettsbeschluss vom 6. Oktober 1955 zurück.13 Den Impuls hierzu hatte Strauß gegeben. Der Münchner begründete seine Initiative zur Einrichtung des Bundesverteidigungsrates damit, dass »die äußere Sicherheit nicht nur Soldaten zufallen könne und dass die Landesverteidigung auch von anderen Funktionen des Staates abhängig sei«.14

Infokasten 1/1

Der Bundessicherheitsrat – todbringende Entscheidungen in geheimer Sitzung

Auf Initiative des Bundesministers für besondere Aufgaben, Franz Josef Strauß, erfolgte die Einrichtung des Bundesverteidigungsrates mit Beschluss der 99. Sitzung des Bundeskabinetts am 6. Oktober 1955. Der Bundesverteidigungsrat wurde von der folgenden Großen Koalition aufgelöst, die Umbenennung in »Bundessicherheitsrat« (BSR) erfolgte am 29. Oktober 1969.15 Im Laufe der Jahrzehnte definierte der Rat unterschiedliche Kernaufgaben. In den Achtzigerjahren richtete sich der Fokus zunehmend auf Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Die Zentrierung auf den Waffenhandel erfolgte in den Neunzigerjahren. Mit ihrer Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 definierte die rot-grüne Bundesregierung die Rückorientierung auf den vormals erweiterten Aufgabenbereich. Sie werde »dem Bundessicherheitsrat seine ursprünglich vorgesehene Rolle als Organ der Koordinierung der deutschen Sicherheitspolitik zurückgeben und hierfür die notwendigen Voraussetzungen schaffen«, so die von Gerhard Schröder und Joschka Fischer geführte Bundesregierung.16

Als Kabinettsausschuss der Bundesregierung befasst sich der BSR mit der Genehmigung besonders brisanter Rüstungsexporte, der Koordinierung der Sicherheitspolitik Deutschlands und der Abstimmung der strategischen Ausrichtung. Beratungen des BSR finden unregelmäßig statt, sie unterliegen nach dem Verständnis der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages der Geheimhaltung. Weder über die Tagesordnung noch über das Zusammenkommen als solches wird informiert. Als geheime Verschlusssache werden die BSR-Protokolle in der Registratur im Bundeskanzleramt aufbewahrt.17

Heute gehören dem BSR neun Mitglieder an: der Bundeskanzler, der Chef des Bundeskanzleramts sowie die Bundesminister des Auswärtigen, der Finanzen, des Inneren, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft und (seit 1998) für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Bedarfsfall nehmen weitere Bundesminister sowie der Generalinspekteur der Bundeswehr beratend teil. Beobachterstatus hat der Chef des Bundespräsidialamtes.

Strauß, 1956 zum zweiten Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland berufen, präsentierte nur ein Jahr danach seine Pläne zur atomaren Wiederbewaffnung. Mit den Pariser Verträgen hatte sich Deutschland zwar zum Produktionsverzicht verpflichtet, unterlag aber keinem Einsatzverbot von Atomwaffen. Gemeinsam mit Adenauer forcierte Strauß die militärische Nutzung atomarer Waffen. Am 25. März 1958 erfolgte der Beschluss zur nuklearen Bewaffnung der Bundeswehr. Die atomare Teilhabe der NATO eröffnete auch den deutschen Streitkräften die Möglichkeit, diese Massenvernichtungswaffen im Kriegsfall einzusetzen.

Angesichts dieses Bedrohungsszenarios und der Tatsache, dass in Deutschland zu Beginn der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts noch keine nennenswerten Kapazitäten zur Produktion konventioneller Waffen zur Verfügung standen, war das damalige Vorgehen des Verteidigungsministers in seiner Tragweite kaum einschätzbar: Franz Josef Strauß verantwortete nicht nur die Einrichtung des Bundesverteidigungsrates, ihm ist auch ein rechtlicher Trick anzulasten, der zur Aushebelung der Verfassung führte. Statt »ein Bundesgesetz« zu schaffen, wie in Artikel 26 (2) des Grundgesetzes vorgeschrieben, brachte Strauß zwei Ausführungsgesetze auf den Weg:

das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, kurz Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG bzw. KWKG) mit der ergänzenden Kriegswaffenliste (KWL) unddas Außenwirtschaftsgesetz (AWG) mit der ergänzenden Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes, kurz Außenwirtschaftsverordnung (AWV).

Seit Inkrafttreten der beiden Ausführungsgesetze am 1. Juni 1961 (KWKG) und am 1. September 1961 (AWG) sieht sich jeder Rüstungsexporteur mit einem vermeintlich strikten Kontrollregime konfrontiert.

Tatsächlich reglementiert das Kriegswaffenkontrollgesetz alle Vorgänge bezüglich der in der Kriegswaffenliste (KWL) definierten Kriegswaffen streng. Trotz einiger Schwachstellen setzt das KWKG insgesamt klare Vorgaben für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Beförderung. Schwerpunkt ist der Kontrollmechanismus auf deutschem Territorium. Für die gesamte Kette, von der Produktion über die Beförderung bis hin zum Vertrag für die Überlassung von Kriegswaffen, bedarf es der Genehmigung.

Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, für den Export von Waffen und Rüstungsgütern in andere Staaten sei einzig das Kriegswaffenkontrollgesetz ausschlaggebend, ist realiter das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) maßgeblich. Die Verabschiedung eines zweiten Ausführungsgesetzes zu Artikel 26 (2) des Grundgesetzes widerspricht der grundgesetzlichen Vorgabe eines Bundesgesetzes. Mit dem wirtschaftskonformen AWG öffnete Franz Josef Strauß dem Handel mit Waffen und Rüstungsgütern – und damit auch mit den zivil wie militärisch einsetzbaren Dual-Use-Gütern – Tür und Tor. In der Praxis wird das strikte KWKG damit ausgehebelt, die grundgesetzliche Vorgabe hintergangen. Das AWG regelt den Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstigen Wirtschaftsverkehr mit fremden Wirtschaftsgebieten – gemeint ist all das, was das Territorium der Bundesrepublik Deutschland verlässt. Diese Transfers sind »grundsätzlich frei«. Restriktionen tauchen im AWG zumeist als Kann-Vorschrift auf, sind jedoch in vielen Fällen nicht verbindlich. Ergänzend wurde die Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes, kurz Außenwirtschaftsverordnung (AWV), erlassen. Sie enthält gemäß §27 Absatz 1 des AWG Genehmigungs-, Verfahrens- und Meldebestimmungen sowie Straf- und Bußgeldvorschriften.

Die zentralen rechtlichen Aspekte des KWKG und des AWG – scharfes Kontrollregime durch das Kriegswaffenkontrollgesetz und grundsätzlich freier Wirtschaftsverkehr durch das Außenwirtschaftsgesetz« – finden sich auf der Homepage www.juergengraesslin.com > Buchautor > Schwarzbuch Waffenhandel.

Die Genehmigungen zur Kriegswaffenausfuhr erteilt die jeweils amtierende Bundesregierung. Mit Ausnahme der für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zuständigen Behörden, der Bundeswehr und des Zollgrenzdienstes fällt die Exportkontrolle in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi). Im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesverteidigungsministerium genehmigt das BMWi Anträge zur Ausfuhr von Kriegswaffen. Die zuständige Behörde für die Genehmigung sonstiger Rüstungsgüter und für Dual-Use-Güter ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn, hier wird auch der überwiegende Teil der Rüstungsexportgeschäfte abgewickelt.18 Der Name ist Programm. Im Bundesamt für Wirtschaft wird der Großteil der Rüstungsexportgeschäfte zügig abgewickelt.

Im Jahr 2011, genau fünfzig Jahre nach in Kraft treten des KWKG 1961, sollte Holger Rothbauer, Rechtsexperte in Sachen Kriegswaffenkontrolle, vom »entscheidenden Ausgangspunkt des Sündenfalls« sprechen. Damals wurde geregelt, dass das KWKG den Export von Kriegswaffen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt. Demnach ist »alles verboten, was nicht explizit erlaubt ist«. Im Gegensatz dazu erfüllt das AWG die Funktion eines, so Rothbauer, Außenwirtschaftsförderungsgesetzes, denn erlaubt ist erst einmal alles, was nicht explizit verboten ist.19

Die Folgen der Strauß’schen Rüstungsexportpolitik erfassten neben den Kriegswaffenexporten einen weiteren, nicht minder folgenschweren Bereich: den der sonstigen Rüstungsgüter, die in Teil I Abschnitt A, der Ausfuhrliste aufgeführt sind. Sie zählen nicht zu den Kriegswaffen, dementsprechend setzt deren Export lediglich eine Genehmigung nach AWG und AWV voraus. Laut Rothbauer hat die Trennung in KWKG und AWG den Jahrzehnte währenden Exportboom bei den sonstigen Rüstungsgütern erst ermöglicht. Zu den tödlichsten Folgen zählen die Exporte von Produktionsmaschinen bis hin zu ganzen Waffenfabriken gemäß AWG, allen voran die Fabrikationsanlagen zur Fertigung des Schnellfeuergewehrs G3 des Oberndorfer Rüstungsproduzenten Heckler & Koch. Bereits 1961 nahm das Drama seinen Lauf, als die Bundesregierung, damals im Besitz der G3-Lizenz, dem diktatorischen Regime in Portugal den Nachbau des H&K-Gewehrs genehmigte. Weitere 14 Lizenzvergaben allein für G3-Gewehre sollten folgen. 2008 genehmigte die Große Koalition die Lizenzvergabe für das neue Sturmgewehr G36 an Saudi-Arabien. Sämtliche Lizenzvergaben erfolgten gemäß Außenwirtschaftsgesetz.

Nicht minder kritisch urteilt Christine Hoffmann, Generalsekretärin der katholischen Friedensorganisation pax christi Deutschland. Mit der Ergänzung des Kriegswaffenkontrollgesetzes von 1961 durch das Außenwirtschaftsgesetz sei »die Rechtsphilosophie auf den Kopf gestellt« worden.

Tatsächlich zielt Artikel 26 des Grundgesetzes in seiner seit 1949 unveränderten Fassung eindeutig in die Richtung des Friedensgebots: Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, sahen die Mütter und Väter der Verfassung unter bestimmten Umständen sogar als verfassungswidrig an. Sie seien unter Strafe zu stellen (GG Art 26.1). Dieser Friedenspflicht entspreche, so Hoffmann, die Einschränkung von Herstellung und Vertrieb »zur Kriegsführung bestimmter Waffen«. Die Generalsekretärin von pax christi fordert die Umsetzung der Intention des KWKG Grundgesetz-Artikels 26 (2) durch das Kriegswaffenkontrollgesetz – »ein Gesetz, das dem Grundsatz folgt, dass alles verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt wird«. Hoffmanns Forderungen betreffen einen Aspekt, den die Rüstungsexportpolitik der Sechzigerjahre fast vollständig ausklammerte. Beim Waffenhandel dürfe es nicht um Wirtschaftsförderung gehen, vielmehr müsse sich »ethisch verantwortbare Politik« am Friedensgebot des Grundgesetzes orientieren.

Mit Strauß aber, so Hoffmann, habe die Wirtschaftsförderung in den Waffenhandel Einzug gehalten. Diese Perspektive relativiere »in gefährlicher Weise die verheerenden Folgen der Waffengeschäfte«. Laut Hoffmann müsse die Genehmigung zur Ausfuhr von Kriegswaffen, Rüstungsgütern und Waffenkomponenten »zur absoluten Ausnahme werden«, zudem öffentlich begründet und parlamentarisch legitimiert sein. Die Generalsekretärin von pax christi fordert eine Rückbesinnung auf frühere Maßstäbe: »Umkehr beim Rüstungsexport bedeutet eine Erinnerung an das Friedensgebot des Grundgesetzes und die Abwendung von der aktuellen auf Wirtschaftsförderung ausgerichteten Genehmigungspraxis.«20

Eine Praxis, die Franz Josef Strauß mit seinem Vorgehen für Jahrzehnte ausgehebelt hat. Der CSU-Politiker darf stattdessen für sich in Anspruch nehmen, der Vater einer schier grenzenlosen Rüstungsexportpolitik zu sein. Seit der Verabschiedung besagter beider Ausführungsgesetze muss jeder Schlagbolzen eines Sturmgewehrs und jedes Rohr eines Kampfpanzers gemäß Kriegswaffenkontrollgesetz beim Produzenten genauestens erfasst und beim Transport zum Ausfuhrort scharf kontrolliert werden. Ab Bremerhaven oder dem Frankfurter Flughafen jedoch gilt der Primat des freien Warenhandels gemäß Außenwirtschaftsgesetz. Politisch geschickt geregelt im Interesse der deutschen Rüstungsindustrie.

Bis Mitte der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts galt das durch die Besatzungsmächte verhängte Rüstungsproduktions- und damit zugleich Rüstungsexportverbot. Kaum war es aufgehoben, zeigten sich in der Ära Adenauer erste Auswirkungen der Strauß’schen Militarisierungs- und Aufrüstungspolitik: Deutschland partizipierte, wenn auch mangels existierender bzw. funktionierender Rüstungsindustrie auf äußerst niedrigem Niveau, am weltweiten Waffenhandel. Erste Exporte konventioneller, also nicht atomarer, biologischer oder chemischer Waffen aus der Bundesrepublik lassen sich ab dem Jahr 1955 belegen. Zu diesen konventionellen Waffen zählen beispielsweise Pistolen und Gewehre (Kleinwaffen) bzw. Kriegsschiffe, Kampfpanzer, Militärhelikopter oderJagdflugzeuge (Großwaffensysteme).

Der aufkommende Kalte Krieg fand seinen Niederschlag auch im staatlichen Waffenhandel. Sichtbar wurde diese Entwicklung erstmals 1966, im letzten Jahr der von Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) geführten christlich-liberalen Koalitionsregierung. Bis Ende November vom Kabinett Erhard verantwortet, erfuhren die Rüstungstransfers eine deutliche Steigerung auf 80 Mio. US-Dollar (1966). Die Partizipation der Sozialdemokraten in der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und seinem Vize Willy Brandt (SPD) wirkte sich anfangs positiv aus: Mit einem Umfang von 10 Mio. US-Dollar (1967) und fünf Mio. US-Dollar (1968) wurden die deutschen Rüstungsexporte auf das Niveau der Fünfzigerjahre heruntergefahren.21

Statt die Kriegsmacht Deutschland nach den bitteren Erfahrungen des Nationalsozialismus zum Friedensreich umzugestalten, nutzten die späteren Bundesregierungen die wachsende Bedrohungslage der Blockkonfrontation von NATO und Warschauer Pakt sukzessive zur Remilitarisierung. In den Siebzigerjahren nahm der Wiederaufstieg der deutschen Rüstungsindustrie und der damit einhergehende Boom des deutschen Waffenhandels seinen Lauf – für manche erschreckend, dass diese Entwicklung sich ausgerechnet unter den sozialdemokratischen Kanzlern Brandt und Schmidt vollzog.

Täterprofil

Franz Josef Strauß – Wegbereiter des deutschen Waffenhandels

Am 6. September 1915 in der Münchener Schellingstraße geboren, wuchs Franz Josef Strauß in Zeiten des NS-Regimes auf. Er wurde Mitglied des Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps (NSKK), Referent beim NSKK-Sturm und Wehrmachtssoldat. Trotz seines Militärdienstes in Landsberg und Trier konnte er sein Studium in München fortsetzen und mit dem Zweiten Staatsexamen für das Höhere Lehramt abschließen. Strauß beteiligte sich am Westfeldzug und Russlandfeldzug, wurde 1944 Chef einer Stabsbatterie und Offizier für wehrgeistige Führung.

Nach seiner Kriegsgefangenschaft folgte eine steile Parteikarriere in der CSU, deren erster Generalsekretär er wurde. Von 1961 bis zu seinem Tod war Strauß CSU-Vorsitzender und seit 1978 bayerischer Ministerpräsident, außerdem stelltretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Der Abgeordnete des oberbayerischen Wahlkreises Weilheim wurde zum Bundesminister für besondere Aufgaben (1953–1955), für Atomfragen (1955 und 1956), der Verteidigung (1956–1962) und der Finanzen (1966–1969) berufen.

Strauß erhielt zahlreiche zivile und militärische Ehrungen und Auszeichnungen im In- und Ausland.

Als Verteidigungsminister in der Nachfolge von Theodor Blank gehörte Strauß ab 1956 zu den zentralen Akteuren der deutschen Remilitarisierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon 1957 präsentierte er seine Pläne zur atomaren Wiederbewaffnung.

Die Liste der problematischen Aktivitäten im Bereich der Rüstungsexporte und -importe unter seiner Ägide ist lang:

Mit seiner politischen Einflussnahme als damals zuständiger Bundesverteidigungsminister wurden – entgegen der Vorgabe in Artikel 26 (2) des Grundgesetzes – zwei Ausführungsgesetze zum Rüstungsexport geschaffen. Jeweils 1961 wurde dem für das deutsche Territorium geltenden strikten Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) das exportfördernde Außenwirtschaftsgesetz (AWG) an die Seite gestellt. Strauß verantwortete mit Zustimmung der Mehrheit des Deutschen Bundestages die Schaffung einer dem Grundgesetz entgegenstehenden neuen Rechtslage. Diese öffnete dem Export von Kriegswaffen und Rüstungsgütern über das AWG als Verbotsvorbehaltsgesetz Tür und Tor – laut Rechtsanwalt Rothbauer ein »Verfassungsbruch«.22Trotz des millionenfachen Mordes an den Juden im Rahmen des Holocaust verbanden Israel und Deutschland seit Mitte der Fünfzigerjahre vergleichbare Interessen: Beide Staaten planten den Aufbau starker Streitkräfte und die Schaffung einer eigenen Rüstungsindustrie. Strauß setzte sich nach Kräften für ein militärisch starkes Israel ein, wobei die Rüstungskooperation beider Staaten seit 1954 weitgehend geheim gehalten wurde. Trotz des Waffenproduktionsverbots lieferte Deutschland zwei Patrouillenboote an Israel.23Türöffner war das von Strauß geführte Verteidigungsministerium auch bei den folgenschwersten Rüstungsexportentscheidungen in der deutschen Geschichte. Im Jahr 1961 bot der Bund dem portugiesischen Diktator António de Oliveira Salazar die Nachbaurechte für das G3-Gewehr von Heckler & Koch an. Salazars Streitkräfte wüteten mit den in Deutschland entwickelten und in den portugiesischen Waffenschmieden FMBP und INDEP nachgebauten Schnellfeuergewehren in den portugiesischen Kolonien in Afrika. Damit war Portugal der erste von insgesamt fünfzehn Staaten, welche die G3-Nachbaurechte von der jeweiligen Bundesregierung erwarben. Wie viele Lizenznehmer re-exportierte auch Portugal Waffen. So lieferte es 1977 und 1978 die immense Anzahl von 150000 G3-Gewehren nach Südafrika. Mit Hilfe dieser Waffen sicherte das dortige Apartheid-Regime lange Jahre seine Macht und unterdrückte die farbige Bevölkerung.24Strauß’ politische Karriere war von zahlreichen Skandalen geprägt. Der frühere Verkäufer von Lockheed, Paul White, warf Strauß und dem Deutsche-Bank-Vorstand Hermann Josef Abs vor, bei einem Waffendeal Gelder kassiert zu haben – dabei waren Flugzeuge des Typs Lockheed Constellation und Electra an die deutsche Lufthansa verkauft worden. Mangels gerichtsfester Nachweise kam es nie zu Anklagen gegen Strauß oder Abs.1958 entschied Strauß sich für die Beschaffung von US-Starfightern F-104 für die Bundeswehr. Der Vertrag wurde vom Bundesrechnungshof als »miserabel« eingestuft. Bei der Starfighter-Affäre, zuweilen als Lockheed-Skandal tituliert, flossen gleich in mehreren NATO-Staaten Bestechungsgelder. Insgesamt wurden 916 der US-amerikanischen Kampfflugzeuge gekauft bzw. in Lizenz nachgebaut. Wegen der technischen Probleme der deutschen Version wurde der Starfighter auch als »Witwenmacher« verhöhnt – bei insgesamt 292 Abstürzen verloren 115 Piloten ihr Leben.25Als Rüstungs-, Militär- und Außenpolitiker pflegte Strauß rege Reise- bzw. Geschäftskontakte mit Dikatoren, z. B. zu Mao Zedong in Peking, Pieter Willem Botha in Südafrika und Alfredo Stroessner in Paraguay. Strauß unterstützte das diktatorische Regime Augusto Pinochets: »Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.« In Chile, wo auch G3-Gewehre zum Einsatz kamen, wurde im Zuge des Umsturzes der demokratisch gewählte Präsident Salvador Allende erschossen.Mit Bundessubventionen förderte Strauß den Zusammenschluss mehrerer Luft- und Raumfahrtunternehmen zur Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB). Er gilt als einer der maßgeblichen Förderer der zivilen wie militärischen Luftfahrt und als einer der führenden Initiatoren der Gründung von Airbus, wo er als Aufsichtsratsvorsitzender amtierte. Für Schmiergeldzahlungen soll es schwarze Kassen in der Schweiz gegeben haben.26Im Bundestagswahlkampf 1979 verlor Strauß gegen den SPD-Kandidaten Helmut Schmidt. Am 3. Oktober 1988 verstarb er in Regensburg. Der CSU-Politiker machte den Waffenhandel in Deutschland wieder salonfähig.

1.2 Reger sozialliberaler Waffenhandel

Willy Brandts Vermächtnis: erste Politische Grundsätze zum Rüstungsexport

Das sozialliberale Kabinett unter Führung des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandt und seines liberalen FDP-Vize Walter Scheel war noch keine zwei Jahre im Amt, als im Juni 1971 erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland »Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern« beschlossen wurden.

Ziel war es, die rechtlichen Grundlagen von Artikel 26 (2) des Grundgesetzes und der beiden Ausführungsgesetze – Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) und Außenwirtschaftsgesetz (AWG) – sowie der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) auf der Ebene politischen Handelns zu ergänzen. Im Gegensatz zum Gesetzesrahmen stellen die Politischen Grundsätze keine Rechtsgrundlage dar, sehr wohl aber eine verbindliche Absichtserklärung. Mit ihnen signalisiert die jeweilige Bundesregierung seit Anfang der Siebzigerjahre ihren Willen, Rüstungsexporte nach eigenen politischen Vorstellungen zu gestalten. An den Politischen Grundsätzen muss sich seither jede Bundesregierung messen lassen.

Bereits die einführenden Passagen der Erstfassung aus dem Jahr 1971 offenbarten das zugrunde liegende Spannungsfeld. Einerseits verabschiedete die SPD/FDP-Koalition ihre Grundsätze für den Transfer von Waffen und militärisch nutzbaren Rüstungsgütern »in dem Bestreben, im Rahmen der internationalen und gesetzlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland den Export von Rüstungsgütern am Sicherheitsbedürfnis und außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland zu orientieren«. Andererseits – und diese Passagen trugen die Handschrift Willy Brandts – galt es, unkontrolliertem Waffenhandel einen Riegel vorzuschieben. Ziel war es, »durch seine Begrenzung und Kontrolle einen Beitrag zur Sicherung des Friedens in der Welt zu leisten und dementsprechend auch auf Beschlüsse internationaler Institutionen grundsätzlich Rücksicht zu nehmen …« Angestrebt wurde »eine Beschränkung des internationalen Waffenhandels unter Abrüstungsgesichtspunkten«.

Dabei unterschied die Bundesregierung zwischen Rüstungsexporten an NATO-Länder – definiert nach dem Geltungsbereich laut Artikel 6 des NATO-Vertrages – und an Nicht-NATO-Länder. Erst später ging man dazu über, NATO-Länder, NATO-gleichgestellte Länder (Australien, Neuseeland, Japan und die Schweiz) und Drittländer zu unterscheiden. In der NATO sollte sich der Transfer von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern »an der Erhaltung der Verteidigungskraft des Bündnisses und damit an dem Verteidigungsinteresse der Bundesrepublik Deutschland« orientieren – und galt damit vorbehaltlich »besondere[r] politische[r] Erwägungen« und »Einzelfälle (…)« – als »grundsätzlich nicht zu beschränken«.

Dabei hatte die Brandt-Regierung bereits Anfang der Siebzigerjahre den Verbleib der in NATO-Länder gelieferten Waffen und Rüstungsgüter fest im Blick. Diese durften »grundsätzlich nicht außerhalb des Geltungsbereichs des NATO-Vertrags verbracht werden«. Bezüglich des Endverbleibs war die »Anlehnung an die Praxis anderer NATO-Länder« anzustreben. Nur »in relevanten Fällen« und nur »mit dem schriftlichen Einverständnis der Bundesregierung« durften deutsche Waffen und Rüstungsgüter »aus dem Geltungsbereich des NATO-Vertrags verbracht werden«. Das heißt, auch die Weitergabe von Waffen durch das Empfängerland an Staaten außerhalb des westlichen Militärbündnisses bedurfte der Zustimmung der Bundesregierung.

Noch wesentlich rigider war die Verbringung von Kriegswaffen in Nicht-NATO-Länder geregelt. Diese durften als »ein weiterer Beitrag zur Sicherung des Friedens in der Welt« grundsätzlich nicht in Staaten außerhalb des atlantischen Militärbündnisses exportiert werden. Der Transfer der sonstigen Rüstungsgüter sei »so weit wie möglich zu beschränken«.

In den Politischen Grundsätzen von 1971 unterschied die Bundesregierung drei Kategorien von Nicht-NATO-Ländern: Länder der sogenannten »Länderliste C« der Außenwirtschaftsverordnung, Länder in Spannungsgebieten und sonstige Länder.

Zum damaligen Zeitpunkt umfasste die Länderliste C Albanien, Bulgarien, die Mongolische Volksrepublik, Nordkorea und Nordvietnam, Polen, Rumänien, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei, Ungarn, die Volksrepublik China (Embargoliste des Coordinating Committee for East-West Trade Policy; COCOM) und Kuba – die DDR galt als gleichbehandelt. In all diese Staaten durften keinerlei Kriegswaffen exportiert werden, der Transfer sonstiger Rüstungsgüter bedurfte »einstimmiger Zustimmung« der Mitgliedsländer des 1951 zur Überwachung der Embargobestimmungen im Ost-West-Handel gegründeten COCOM.

Welche Länder Spannungsgebieten zuzuordnen waren, bestimmte das Auswärtige Amt. Diese Staaten waren generell vom Export deutscher Kriegswaffen ausgenommen. Ausfuhrgenehmigungen für sonstige Rüstungsgüter waren zu untersagen, »wenn eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu befürchten« war.

Auch die sonstigen Länder durften überhaupt keine Kriegswaffen erhalten, »es sei denn, dass Ausnahmen allgemeiner Art festgelegt oder Ausnahmegenehmigungen in Einzelfällen auf Grund besonderer politischer Erwägungen« erteilt wurden. Diese bedurften eines amtlichen Endverbleibsnachweises. Ausfuhrgenehmigungen für sonstige Rüstungsgüter wurden nur dann erteilt, wenn die »im Rahmen der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften zu schützenden Belange nicht gefährdet« waren.27

Was als gut gemeinte Absichtserklärung einer sozialliberalen Bundesregierung verstanden werden konnte, blieb reine Zielvorgabe. Denn die Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte stand den selbst gesetzten politischen Vorgaben diametral entgegen. Kriegswaffen wurden sehr wohl an Staaten außerhalb des atlantischen Bündnisses geliefert, obwohl dies »grundsätzlich unterbleiben« sollte. Länder in Spannungsgebieten, die nach Bestimmung des Auswärtigen Amtes »keine Kriegswaffen« erhalten sollten, wurden vielfach beliefert. Selbst Waffentransfers an Länder der Dritten Welt erfolgten in der Ära Brandt/Scheel von Oktober 1969 bis Mai 1974 schier grenzenlos.28

Wie ablehnend Willy Brandt Waffen generell gegenüberstand, bekundete er 1985 vor der Stiftung Dritte Welt in New York. Dort kritisierte der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1971 nicht nur die Anwendung von Waffengewalt, sondern auch die Herstellung von Waffen. Denn, so Brandt, Waffen »töten, ohne dass sie benutzt werden«.29 Wie bedauerlich, dass der Sozialdemokrat seine Ansinnen nur bedingt in Realpolitik umsetzen und Abrüstung nicht weitaus umfassender verwirklichen konnte. Dennoch bleiben seine friedenspolitischen Verdienste, insbesondere in der Ostpolitik, unvergessen.

Von der Einzelfallregelung zum Regelfall

In den folgenden acht Jahren der beiden Amtsperioden des zweiten sozialdemokratischen Bundeskanzlers Helmut Schmidt und seines Stellvertreters und Außenministers Hans-Dietrich Genscher (1974–1982) nahm das Ausmaß des Waffenhandels dramatischere Züge an. Weltweit verdoppelte sich das Volumen der Waffentransfers in den Jahren von 1973 bis 1980. Dabei war die Bundesrepublik Deutschland in den Siebzigerjahren das Industrieland, das im westlichen Bündnis die höchste Steigerungsrate aufwies.

Noch viel schwerer aber wog die Erkenntnis, dass Deutschland mit legal genehmigten Rüstungsexporten hemmungslos Diktatoren in Drittwelt-Staaten hochrüstete – beispielsweise das Regime des chilenischen Despoten Augusto Pinochet mit U-Booten-Lieferungen.30

Zugleich mühte sich Helmut Schmidt, wenigstens nach außen hin den schönen Schein eines Friedensstifters zu wahren. Vor der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung erklärte er im Mai 1978, dass das Ausmaß des Waffentransfers »zu einem internationalen Problem ersten Ranges geworden« sei. Die Regelung des internationalen Rüstungstransfers müsse, so der Bundeskanzler, »bei unseren Bemühungen um Rüstungsbegrenzung einen wichtigen Rang bekommen«. Deutschland würde lediglich »in insgesamt geringfügigen Ausnahmefällen« Waffenlieferungen an Staaten außerhalb der NATO erlauben. »In internationale Spannungsgebiete lassen wir Waffenlieferungen grundsätzlich nicht zu.«31

In den folgenden vier Jahren handelte Schmidt gemäß Adenauers Worten: »Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.« Das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) belegte, dass Deutschland in den Jahren 1978 bis 1982 direkt hinter Italien auf Platz 6 der Weltwaffenlieferanten rangierte. In diesen fünf Jahren verkaufte Deutschland Großwaffensysteme im Wert von 1,948 Mrd. US-Dollar.32 Mehr als bedenklich waren die Empfängerstaaten deutscher Rüstungstransfers: 4,6 Mrd. US-Dollar des Gesamtausfuhrvolumens stammten aus Waffenexporten in sogenannte Entwicklungsländer.

Das Ranking der Empfängerländer verrät viel über die wirtschaftlichen und außenpolitischen Interessen der Regierung Schmidt/Genscher. Laut Recherchen der U. S. Arms Control and Disarmament Agency (ACDA) erhielten in den Jahren 1978 bis 1982 folgende Staaten Rüstungslieferungen aus Deutschland: Iran und Argentinien (je 120 Mio. US-Dollar), Indonesien (140 Mio.), USA und Peru (je 180 Mio.), Pakistan (190 Mio.), Griechenland (220 Mio.), Irak (240 Mio.),Ägypten (260 Mio.), Nigeria (280 Mio.), Sudan (330 Mio.), Algerien (370 Mio.), Libyen (430 Mio.), Türkei (500 Mio.) und – der Spitzenreiter – Saudi-Arabien (550 Mio.). Zusätzlich zu den Waffen für Marine, Heer und Luftwaffe wurden auch Produktionsanlagen zur Waffenfertigung geliefert.33

Just in dieser Zeit bemühte sich auch Hans-Dietrich Genscher um die Pflege Potemkinscher Dörfer. Im September 1980 schrieb der liberale Außenminister an Amnesty International (AI), dass die Bundesregierung sich an die Menschenrechtserklärung und die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen gebunden fühle: »Sie hat daher in den letzten Jahren überall dort, wo die Gefahr bestand, dass aus der BRD gelieferte Waffen bei Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten, die Ausfuhrgenehmigung versagt«, so Möchtegern-Gutmensch Genscher in seinem Schreiben an die Menschenrechtsorganisation.

Im Februar 1981, nicht einmal ein halbes Jahr nach Genschers Brief an AI, offenbarte ein anderes Schreiben den wahren Tatbestand. Unumwunden erklärte das Bundeskanzleramt, die rüstungspolitischen Grundsätze der Bundesregierung berücksichtigten außen- und sicherheitspolitische Aspekte, »nicht jedoch die innenpolitische Lage des Empfängerlandes von Rüstungsexporten«. Die Einhaltung der Menschenrechte stelle »kein ausschlaggebendes Kriterium für die Genehmigung bzw. Verweigerung von Exportgenehmigungen dar«.34

Das Folgenschwerste aber kam zum Schluss: Am 28. April 1982 – gut fünf Monate vor Ende der Schmidt’schen Regierungszeit – beschloss die Regierungskoalition aus SPD und FDP die Neufassung der »Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern«. Darin wurde in schönfärberischen Worten die Fortsetzung der »bewährten restriktiven Rüstungsexportpolitik« propagiert.

Bereits in der Einführung wies die Bundesregierung darauf hin, dass sich der Export von Rüstungsgütern »am Sicherheitsbedürfnis und außenpolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland« orientiere. Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern an NATO-Länder habe sich »an der Erhaltung der Verteidigungskraft des Bündnisses und damit an dem Verteidigungsinteresse der Bundesrepublik Deutschland zu orientieren«. Diese Ausfuhren seien »grundsätzlich nicht zu beschränken«, es sei denn, besondere politische Gründe geböten »in Einzelfällen eine Beschränkung«.

Als Türöffner für Rüstungstransfers sollte in den kommenden Jahren eine Formulierung dienen, die den Waffenhandel mit den »Nicht-NATO-Ländern« beschrieb. Dort hieß es in Punkt 8: Der »Export von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern in Länder außerhalb des Atlantischen Verteidigungsbündnisses bleibt eingeschränkt«. Damit waren die unter Brandt und Scheel geltenden Politischen Grundsätze aus dem Jahr 1971, nach denen der Waffenhandel mit Ländern außerhalb des atlantischen Bündnisses grundsätzlich unterbleiben sollte, außer Kraft gesetzt.

Nun lautete die Vorgabe, dass der Export von Kriegswaffen nicht genehmigt werde, »es sei denn, dass auf Grund besonderer politischer Erwägungen Ausnahmen allgemeiner Art festgelegt werden oder im Einzelfall vitale Interessen der Bundesrepublik Deutschland für eine ausnahmsweise Genehmigung sprechen«. Diese vitalen Interessen wurden in Punkt 9 als »außen- und sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen« definiert.35

In der Zeit dieser sozialliberalen Regierungskoalitionen wurden salbungsvolle Sätze gesprochen und zugleich Kriegswaffen in bis dato unerreichtem Ausmaß exportiert. Will man der SPD/FDP-Regierung eines anrechnen, dann die Tatsache, dass es ihr gelang, das Volumen des Waffenhandels in den letzten fünf Jahren zu senken: von 559 Mio. US-Dollar (1978) auf 488 Mio. US-Dollar (1979), dann auf 317 Mio. US-Dollar (1980) und nach einer zwischenzeitlichen Steigerung auf 487 Mio. US-Dollar (1981) auf letztlich 325 Mio. US-Dollar (1982).36 Dessen ungeachtet gehörte Deutschland im Fünf-Jahres-Ranking weiterhin zur Spitzengruppe staatlicher Weltwaffenhändler und erklomm nach den USA, der UdSSR, Frankreich und Großbritannien Platz 5.

Vielleicht hätte die Entwicklung einen anderen, weitaus besseren Verlauf genommen, wenn die Neufassung der Politischen Grundsätze zum Rüstungsexport von 1982 nicht derart industriefreundlich und damit rüstungsexportfördernd ausgefallen wäre. Die Nachfolgeregierungen unter dem christdemokratischen Bundeskanzler Helmut Kohl und seinen liberalen Stellvertretern konnten sich bei der von Helmut Schmidt geführten sozialliberalen Bundesregierung für die geleistete Vorarbeit bedanken – wobei auch die FDP unter Vizekanzler Genscher maßgeblich von den selbst mitverabschiedeten Richtlinien profitierte.

Der Friedensforscher Michael Brzoska bilanzierte: »13 Jahre lang hatte Helmut Schmidt erhebliche Verantwortung für den bundesdeutschen Rüstungsexport mitgetragen«, von 1969 bis 1972 als Bundesverteidigungsminister, von 1972 bis 1974 als Bundesfinanzminister und von 1974 bis 1982 als Bundeskanzler. In dieser Zeit sei die Rüstungsexportpolitik »komplexer und undurchsichtiger« geworden. Der damalige Regierungssprecher Klaus Bölling erzählt, dass Schmidt zum Ende seiner Kanzlerschaft geäußert habe, er wolle sich »mal nicht mehr mit Rüstungsexporten und U-Booten für Chile beschäftigen müssen«.37

In diesem Sinne überwog das Negative der sozialliberalen Regierungszeit bei Weitem. Die Hauptempfängerländer deutscher Waffen lagen – entgegen eigener Vorgaben – vielfach außerhalb der NATO, zuhauf in Spannungsgebieten. Beliefert wurden Militärs verfeindeter Staaten, wie Iran und Irak. Die von Schmidt und Genscher geäußerten hochtrabenden Versprechungen einer menschenrechtsorientierten Rüstungsexportpolitik blieben bedauerlicherweise Blendwerk.

1.3 Kanzler Kohls unrühmlicher Rekord

Scheckbuchdiplomatie im Zweiten Golfkrieg

Im Sommer 1982 hatte sich die sozialliberale Koalition über der Frage zerstritten, wie die lange währende Wirtschafts- und Beschäftigungskrise behoben werden könnte. Nicht genug damit, befand sich die SPD in einem inneren Zerwürfnis: Bundeskanzler Helmut Schmidt votierte für den NATO-Doppelbeschluss zur Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen, seine Partei intervenierte vehement.

Am 17. September 1982 kündigte Schmidt die Koalition von SPD und FDP auf. Hans-Dietrich Genscher, Parteivorsitzender der Liberalen, setzte sich für die Neuorientierung seiner Partei zur Union ein und erhielt dafür die mehrheitliche Zustimmung der FDP-Fraktion. Bundeskanzler Schmidt wurde am 1. Oktober 1982 durch ein konstruktives Misstrauensvotum gestürzt und Helmut Kohl mit einer Mehrheit von 21 Stimmen zum sechsten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt.38

Bei der Bundestagswahl am 6. März 1983 verzeichnete die Union beträchtliche Stimmengewinne (+ 4,3%), die SPD dagegen verlor stark, desgleichen die FDP. Insgesamt aber verfügte die neue Koalition aus CDU/CSU und FDP über eine deutliche Mehrheit. Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, dass dieser Regierungswechsel von immenser Dauer sein würde. Über vier Legislaturperioden hinweg – vom 4. Oktober 1982 bis zum 26. Oktober 1998 – sollten CDU/CSU mit Helmut Kohl den Kanzler und die FDP mit Hans-Dietrich Genscher bzw. Klaus Kinkel den Vizekanzler und Außenminister stellen.

Die in diesen 16 Jahren amtierenden liberalen Wirtschaftsminister Otto Graf Lamsdorff, Martin Bangemann, Helmut Haussmann, Jürgen W. Möllemann und Günter Rexrodt konnten sich bei ihren Waffenhandels-Genehmigungen auf die von der sozialliberalen Koalition 1982 neuformulierten »Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern« berufen – was sie auch leidlich taten. Kein Wunder also, dass diese Grundsätze zum Rüstungsexport in den folgenden gut anderthalb Jahrzehnten mit keiner Silbe geändert wurden.

Die sozialliberale Textvorgabe mit ihrer Betonung vitaler Interessen der Bundesrepublik Deutschland wurde ge- und missbraucht. Was ursprünglich als Ausnahmeregelung vorgesehen war, fungierte 16 lange Jahre als Türöffner für umfassende Waffentransfers in Drittweltstaaten.

Die Tendenz war eindeutig, jedoch nicht linear belegbar. So ließ die christlich-liberale Koalition den Waffenhandel aktienkursgleich in neue Höhen schießen. Im Jahr des Regierungswechsels, 1982, hatte das Volumen legaler deutscher Waffentransfers bei 325 Mio.US-Dollar gelegen. Nach 16 Jahren Kohl’scher Kanzlerschaft war ein Umfang von 1,064 Mrd. US-Dollar (1998) erreicht. Die Verdreifachung des deutschen Waffenhandelsvolumens geht eindeutig auf das Konto des Christdemokraten im Kanzleramt und seiner wechselnden Außen- und Wirtschaftsminister aus den Reihen der FDP.

Ursächlich erklärbar waren die Unmengen an Rüstungsexporten mit neuen zwischenstaatlichen Kriegen, allen voran dem Zweiten Golfkrieg. Vom 2. August 1990 – dem Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait – bis zum Kriegsende am 5. März 1991 tobte in Irak und Kuwait der schwerste Krieg weltweit nach 1945. Erstmals nach den beiden begrenzten Militäroperationen im Libanon 1958 und von 1982 bis 1984 setzten die Vereinigten Staaten in einem Großeinsatz Truppen in Nahost ein. Die Koalitionsstreitkräfte wurden angeführt von den USA (rund 575000 Soldaten), Großbritannien (53500), Saudi-Arabien (52000) und der Türkei (50000).

Auch wenn die christlich-liberale Regierungskoalition keine Bundeswehrsoldaten entsandte, war Deutschland indirekt Kriegspartei: Über Kooperationsgeschäfte erfolgten Waffenlieferungen nie gekannten Ausmaßes auch an kriegführende Staaten. Bekanntlich flogen die Luftstreitkräfte Saudi-Arabiens und Großbritanniens mit deutsch-britisch-italienischen Kampfflugzeugen vom Typ Tornado mehr als 1500 Einsätze gegen Irak, bei denen über 5000 Bomben abgeworfen wurden – um nur ein Beispiel zu nennen.

Unter Bundeskanzler Helmut Kohl und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher avancierte die Bundesrepublik zum Kriegsfinanzier und die hiesige Rüstungsindustrie zum Kriegsprofiteur par excellence. Alles in allem unterstützte Deutschland diesen Krieg gegen Irak per »Scheckbuchdiplomatie« mit 17,9 Mrd. DM.39

Die Opferzahlen des Zweiten Golfkrieges (auch Erster Irakkrieg genannt) waren dramatisch. Auf Seiten der Alliierten kamen bei der Operation »Desert Storm« – der direkten Offensive gegen Irak – bei Kampfhandlungen 237 Menschen ums Leben, 776 wurden verwundet. Bei der Operation »Desert Shield« zum Schutz Saudi-Arabiens starben weitere 138 Soldaten, 2978 erlitten Verletzungen. Als äußerst umstritten gelten die Opferzahlen unter den Soldaten des diktatorischen Regimes von Saddam Hussein. Sie reichen von 25000 bis 75000, andere Quellen sprechen von bis zu 200000 getöteten Militärs. Die Zahl der Zivilisten, die in diesem Krieg starben, wird auf 35000 geschätzt.

Deutsche Kriegswaffen für das Bürgerkriegsland Türkei

Panzerlieferungen erfahren zuweilen eine immense mediale Aufmerksamkeit, was – je nach Empfängerland – vehementen Widerspruch in der Öffentlichkeit bewirken kann. Andere, nicht minder folgenschwerere Waffentransfers blieben und bleiben weitgehend unbeachtet, gelten gar als Normalität. Eine dieser »Normalitäten« waren jahrzehntelange, äußerst umfangreiche Waffenlieferungen an die Türkei. Allein im Zeitraum von 1964 bis Anfang der Neunzigerjahre erhielt der NATO-Partner Waffen und Ausrüstungsgüter im Gesamtwert von 6,4 Mrd. DM. Die Bundesrepublik Deutschland gewährte dem Bündnispartner umfassende Ausstattungs-, Ausbildungs- und Rüstungssonderhilfen.

Die Ausstattungshilfen umfassten den Transfer »von Material an die Sicherheitskräfte – Streitkräfte, wie auch gelegentlich Polizei – des Empfängerlandes, um ihnen die Durchführung ihrer Aufgaben zu erleichtern«. Unter Ausbildungshilfen fielen sowohl die Aus- und Weiterbildung von Soldaten, Polizisten und Straßenbauern als auch die Errichtung von Ausbildungszentren und der Transfer technischen Wissens. Mit der Maßgabe der Terrorbekämpfung bildete die Spezialeinheit GSG-9 in der Türkei Milizen aus. Die Rüstungssonderhilfen schließlich umfassten alle übrigen Leistungen. Deren Finanzierung erfolgte allerdings über das Außenministerium, während das Verteidigungsministerium über die Mittelvergabe und die Durchführung befand.40

Die folgenschwersten aller Rüstungstransfers aber waren Lizenzvergaben zum Nachbau von Kleinwaffen an das türkische Staatsunternehmen Makina ve Kimya Endüstrisi Kurumu (MKEK), das die türkischen Streitkräfte in den folgenden Jahrzehnten mit Polizei- und Militärwaffen versorgte. Die Produktion des Schnellfeuergewehrs G3 von Heckler & Koch erfolgte in Kirikkale, etwa sechzig Kilometer östlich von Ankara. Das Maschinengewehr MG3 – eine Entwicklung von Rheinmetall – wurde im MKEK-Werk Silahsan AS gefertigt.

Für beide Gewehrtypen wurden 1967 – also in der Ära der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) und Stellvertreter Willy Brandt (SPD) – Lizenzen an die Türkei vergeben, mit fatalen Folgen. Türkische Soldaten setzten fortan bei kriegerischen Auseinandersetzungen G3 und MG3 als Standardwaffen ein. Mit ihnen wurde auf mittlere und größere Distanz geschossen und tausendfach getötet.

Als Beginn des Guerillakrieges attackierten Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans am 15. August 1984 zwei Militärkasernen in Şemdinli und Eruh. Der militärische Arm der PKK kämpfte – und kämpft vereinzelt noch heute – mit militärischen Mitteln für die Achtung der Rechte der kurdischen Bevölkerung und der Wahrung ihrer Kultur.

Der türkische Staat schlug mit unerbittlicher Härte zurück. Im Laufe der immer brutaler ausgetragenen Militäraktionen gingen staatliche Sicherheitskräfte massiv gegen die Zivilbevölkerung im Südosten des Landes vor. Als PKK-Führer Abdullah Öçalan am 1. Dezember 1998 einen einseitigen Waffenstillstand verkündete, endeten die kriegerischen Auseinandersetzungen. Der türkische Oberst Bülent Dağsali hatte bereits im Mai bilanziert, beim Kampf der Streitkräfte im Namen des Großen Generalstabs seien mehr als 40107 »Terroristen unschädlich gemacht« worden. Laut seiner »Siegesbilanz« waren 5172 Soldaten, Polizisten und Dorfschützer als »Märtyrer« gestorben, des Weiteren 5238 Zivilisten. Alles in allem kamen nach diesen Darstellungen in den 14 Jahren mehr als 50000 Menschen ums Leben. Sicherheitskräfte der Türkei hatten von den vormals 9000 kurdischen Dörfern jedes dritte geräumt oder niedergebrannt, das Gelände häufig vermint. Notgedrungen flohen die Dorfbewohner in die Städte, die meisten in die Provinzhauptstadt Diyarbakir.

Rückblickend bilanzierte Amnesty International, dass in diesem Bürgerkrieg »beide Seiten« Menschenrechtsverstöße begangen hätten. In Einzelfällen habe es auch Verstümmelungen von Leichen durch PKK-Mitglieder gegeben, Abtrünnige seien hingerichtet, Folterungen verübt worden. Außer Zweifel stand aus Sicht der Menschenrechtsorganisation jedoch, dass die weit überwiegende Zahl von Menschenrechtsverletzungen auf das Konto türkischer Sicherheitskräfte ging.

»Mehr als achtzig Prozent der Kurden sind mit dem G3 getötet worden«, erklärte mir Doğan Galip auf einer Recherche-Reise. Der frühere Kommandeur einer türkischen Militäreinheit ist seither schwer traumatisiert. Was er und andere über an Kurden verübte Gewaltexzesse berichten, weist auf extreme Formen der Folter hin. Immer mit dabei: das Schnellfeuergewehr G3, die sogenannte »Braut des Soldaten«. Andere Soldaten bestätigten in Gesprächen Galips Aussagen. Offiziere sprachen gar von neunzig Prozent getöteter Kurden durch den Einsatz der Standardwaffe G3.41

Der NATO-Partner Türkei stand ganz oben auf der Lieferliste Deutschlands, trotz schwerster Menschenrechtsverletzungen. Laut Bundesaußenminister Klaus Kinkel habe das Land »eine hohe strategische, politische, wirtschaftliche, kulturelle Bedeutung«, insbesondere nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes. »Die Türkei gewinnt eine Brückenfunktion an der Nahtstelle zwischen Europa und Asien, zwischen Christentum und Islam«, so Kinkel 1992.42

Fast sechs Jahre vor Ende des Bürgerkrieges, im Januar 1993, stellten mehrere Friedens- und Menschenrechtsorganisationen gemeinsam mit Angelika Beer, Bundesvorstandsmitglied der Grünen, und der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke von der PDS/Linke Liste »Strafanzeige wegen Unterstützung des Völkermordes und Aggressionskrieges der Türkischen Republik gegen das kurdische Volk durch bundesdeutsche staatliche Stellen, Rüstungsbetriebe und Einzelpersonen«.43 Die Grünen-Politikerin Beer begründete ihre Mitbeteiligung an der Strafanzeige mit der Menschenrechtslage in der Türkei. Dort würden »Menschen durch Unbekannte ermordet. Folter, Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch Mord an Journalisten, Flucht und Vertreibung stehen auf der Tagesordnung«, so die Kielerin.

In ihrer Argumentation bezog sich Beer auf Dokumentationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der Hilfsorganisation medico international. Diese belegten, dass die Instrumente der Unterdrückung und Vernichtung seitens der türkischen Politik »in den letzten drei Jahren eine noch nie dagewesene Schärfe und Ausbreitung erreicht« hätten.

Ausdrücklich verwies sie auf die Initiative Nordrhein-Westfälischer Strafverteidiger, die darlege, dass »der Tatbestand des Völkermordes nach §220a STGB in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt« sei. Die deutschen Waffenlieferungen erfolgten »ungeachtet des tendenziellen Völkermordes und ethnischer Säuberung«. Würde die Strafanzeige zurückgewiesen, dann wäre dies, so Beer in der Begleitbroschüre, »ein weiterer Beweis für die Doppelmoral der deutschen Politik und Gerichtsbarkeit, die von internationaler Geltung der Menschenrechte, von der Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes zur Verurteilung von Kriegsverbrechern aus dem ehemaligen Jugoslawien spricht, aber gleichzeitig die eigenen Kriegsverbrecher ungestraft weiter Beihilfe zum Völkermord am kurdischen Volk leisten« lasse.44

Mit dem Ziel, »dem schleichenden Genozid am kurdischen Volk Einhalt zu gebieten«, unterstützten die Grünen 1993 nicht nur die Strafanzeige gegen staatliche Stellen in Deutschland. Vielmehr forderte Bundesvorstandsmitglied Beer im Namen ihrer Partei eine ganze Palette weitreichender Schritte: vom »Appell, die Türkei touristisch zu boykottieren«, über Reisedelegationen zum Schutz von Kurden bis hin zum »gemeinsamen Protest mit Friedensgruppen und Menschenrechtsinitiativen« gegen die Lieferung weiterer Waffen an die Türkei – vor allem der in Leck und Bremgarten bei Freiburg stationierten Phantom-Aufklärungsflugzeuge. Beers Rede gipfelte in der Forderung: »Keine weiteren Rüstungsexporte in die Türkei! Stoppt die Rüstungsproduktion!«45

Auch wenn das Verfahren gegen bundesdeutsche staatliche Stellen, Rüstungsunternehmen und Einzelpersonen nie aufgenommen wurde, war es den Friedens- und Menschenrechtsorganisationen gelungen, die dramatischen Folgen des Einsatzes von aus Deutschland gelieferten Waffen im türkischen Bürgerkrieg eindrucksvoll aufzuzeigen.

Die Gesamtbilanz des Waffenhandels in der Ära Helmut Kohl ist so katastrophal wie bedrückend. Der 4. Oktober 1982 muss in der Rückschau als Zäsur in der Geschiche der Bundesrepublik Deutschland bewertet werden, die eine 16 Jahre oder vier Legislaturperioden währende Ära christlich-liberaler Dominanz einleiten sollte.

Bundeskanzler Helmut Kohl und sein Vizekanzler Hans-Dietrich Genscher sahen von Anfang an keine Notwendigkeit, an der Zweitfassung der »Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern« der sozialliberalen Vorgängerregierung vom April 1982 auch nur ein Jota zu ändern, schließlich hatte Genscher sie mit abgesegnet. Aus Schmidts und Genschers Einzelfallregelung beim Waffenhandel mit Nicht-NATO-Staaten wurde der Regelfall, und die sozialliberale Definition vitaler deutscher Interessen diente fortan als Genehmigungsgrund für Rüstungsexporte in Nicht-NATO-Länder.

Keine Kontrolle unter Kanzler Kohl

Die Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 war geprägt von der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten. Obwohl sich Helmut Kohl als »Kanzler der Einheit« feiern ließ und trotz seines Amtsbonus, verloren CDU/CSU 0,5 Prozent der Stimmen, der Koalitionspartner FDP dagegen gewann 1,9 Prozent hinzu. Die Regierungskoalition durfte sich alles in allem als Wahlsieger sehen, denn die drei Oppositionsparteien erlebten ein Debakel.46

Offenbar betrachtete die von Bundeskanzler Helmut Kohl und seinem Stellvertreter Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher geführte christlich-liberale Koalition ihre Wiederwahl als eine Art Freifahrtschein für die Fortsetzung des hemmungslosen Waffenhandels mit befreundeten Staaten, deren Regierungen die Menschenrechte massiv mit Füßen traten. Als eine der Symbolfiguren rechtlich fragwürdiger und teilweise eindeutig illegaler Waffengeschäfte in der Ära Kohl/Genscher tat sich Gerhard Stoltenberg hervor. Als Nachfolger von Rupert Scholz war der Kieler CDU-Bundestagsabgeordnete und Finanzminister am 21. April 1989 an die Spitze des Verteidigungsressorts berufen worden. In seiner fast dreijährigen Amtszeit jagte ein Rüstungsexportskandal den nächsten.

Mit der Begründung, die Südostflanke der NATO schützen zu wollen, forcierte die Hardthöhe den Waffenhandel mit dem Bündnispartner Türkei. Im Rahmen des NATO-Vertrages unterzeichneten die Vertragspartner Deutschland und Türkei ein Abkommen zur »Materialhilfe«, welche die Summe von 1,5 Mrd. DM umfasste. Darin enthalten waren auch Waffen aus den Beständen der Bundeswehr. Für die 150 Panzer vom Typ Leopard 1, deren Lieferung bereits Ende 1988 vertraglich vereinbart worden war, bestand in der Türkei dringender Bedarf. Das Verteidigungsministerium vergab den Auftrag zum Umbau der Kampfpanzer an die Waffenschmiede Krauss-Maffei. Geliefert wurde außerdem Kriegsgerät der vormaligen Nationalen Volksarmee (NVA). In einem Offenen Brief an den Bundeskanzler und den Verteidigungsminister wies die Gesellschaft für bedrohte Völker darauf hin, dass jeder der rund 250000 im kurdischen Teil der Türkei stationierten Soldaten »mit zwei Stahlhelmen und einer Kalaschnikow aus DDR-Beständen für den Bruderkrieg gegen die Kurden ausgerüstet« worden sei.47 Just als der Bürgerkrieg in den Jahren 1991 und 1992 seinen blutigen Höhepunkt erreichte und die türkischen Streitkräfte Abertausende von PKK-Kämpfern und Zivilisten töteten, lieferte die Bundesrepublik auch noch BTR-60-Panzer, die ebenfalls aus ehemaligen NVA-Beständen stammten und mit der Wiedervereinigung in gesamtdeutschen Besitz übergegangen waren.

In zwei Sitzungen im Herbst 1991 beschäftigte sich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem völkerrechtswidrigen Vorgehen der Türkei. Bei seiner zweiten Zusammenkunft am 7. November wurde beschlossen, die für den Umbau und den Export der letzten Leopard-1 benötigten 25 Mio. DM einzufrieren. Eine Entscheidung, die gegen den Willen von Ottfried Henning, Parlamentarischer Staatssekretär der CDU im Verteidigungsministerium, erfolgte.

Das Verteidigungsministerium wurde angewiesen, dem Panzerbauer Krauss-Maffei mitzuteilen, dass die geplanten Umbauten für den Türkeieinsatz einzustellen und weitere Panzerlieferungen zu unterlassen seien. Henning bekundete daraufhin, »diesen Beschluss in keiner Weise« zu unterlaufen. In Wahrheit aber wurde Krauss-Maffei nicht informiert, die Umbaumaßnahmen wurden fortgeführt und die verbliebenen 15 Kampfpanzer über den Hafen in Emden an die Türkei ausgeliefert.

Der Panzerdeal flog auf, als Krauss-Maffei die Bezahlung einforderte. Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg – der später nichts von dem illegalen Waffenhandel gewusst haben wollte – wandte sich mit der Bitte an das Finanzministerium, der Haushaltsausschuss möge die gesperrten 25 Mio. DM freigeben.

Im März 1992 überschüttete Stoltenberg die türkische Regierung mit wohlwollenden Worten. Sie habe unter Ministerpräsident Demirel »in ihrem Programm ausdrücklich Priorität gegeben für die Verwirklichung der Menschenrechte und der Demokratie sowie die baldige Lösung der im Südosten des Landes bestehenden Probleme«.48 Zur gleichen Zeit startete die türkische Armee grenzüberschreitend Angriffe auf kurdische Siedlungen in Nordirak, wohin sich die Kämpfer der PKK angeblich zurückgezogen hatten. Als der TV-Sender Sat.1 am 26. März 1992 den Einsatz von BTR-Schützenpanzern der NVA gegen Kurden in Cizre nachwies, stellte die Bundesregierung bereits tags darauf die Waffentransfers an die Türkei ein. Just an diesem Tag machte die PDS die illegale Lieferung der Leopard-Kampfpanzer publik.49

Die Schuld dafür wurde Wolfgang Ruppelt in die Schuhe geschoben, dem Leiter der Hauptabteilung Rüstung im Verteidigungsministerium, der von Henning angeblich eine »klare Anweisung« erhalten hatte, den Beschluss des Haushaltausschusses umzusetzen. Stoltenberg versetzte Ruppelt in den einstweiligen Ruhestand und sah die Sache als erledigt an. Minister trügen zwar Verantwortung, so der bis zuletzt uneinsichtige Stoltenberg, was aber nicht bedeute, »dass – wenn die Leitung klare Weisungen gegeben hat – die Realisierung in jedem Fall von der Spitze und nicht von den zuständigen leitenden Beamten kontrolliert« werde.50

Ganz anders argumentierte Willy Wimmer, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Der Rheinländer brachte die wahren Gründe des widerrechtlichen Panzerdeals treffend auf den Punkt. »Mangelndes Rechtsbewusstsein« sowohl bei Offizieren als auch bei Beamten lautete die vehemente Kritik des studierten Juristen. Wimmers Worte gipfelten in einer Art Kapitulationserklärung: »Wir haben keine Kontrolle mehr« – gemeint war die Kontrolle über das eigene Ministerium.51

Die Opposition forderte Stoltenbergs Rücktritt, die Angelegenheit schlug international hohe Wellen. Nach internen Beratungen mit Bundeskanzler Helmut Kohl und CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble gab der Verteidigungsminister am 31. März 1992 seinen Rücktritt bekannt, um »Schaden für die Union und für die Bundesregierung zu vermeiden«, so Stoltenberg in seiner Erklärung.52 Mit ihm schieden auch die beiden Staatssekretäre Ottfried Henning und Willy Wimmer aus dem Amt.53