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Babaji gilt als Mahavatar, als Erscheinung Shivas in einem menschlichen Körper, der über außergewöhnliche göttliche Fähigkeiten, Weisheit und Charisma verfügt. Zuletzt erschien er im Jahre 1970 in Gestalt eines ewigen Jünglings in einer Höhle im Himalaya. Er rief Menschen über Träume und Visionen zu sich, und es entstand ein Ashram. Dort besuchte ihn Renata Caddy mehrmals in den Jahren von 1978 bis zu seinem Tod 1984. Die überwältigenden Erlebnisse während dieser Reisen fasst sie in diesem Buch zusammen. Aus jeder Geschichte ist die Ergriffenheit zu spüren, die die Begegnungen mit dem Erleuchteten bei der Autorin ausgelöst haben. Diese werden für den Leser, auch durch die zahlreichen Bilder von Babaji, erlebbar.
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Seitenzahl: 366
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Renata Caddy
Segen von Babaji
Begegnung mit dem Meister vom Himalaya
Vorwort zur Taschenbuch-Ausgabe:
Ein großes vollkommen wunderbares Ereignis ist eingetreten:
Babaji hat seine neue Form in der materiellen Welt angenommen.
Dies wurde am 11. 10. 2010 durch Shri Maha Muniraj, einem großen Wissenden, der in Babajis Auftrag dessen Arbeit während der Zeit seiner physischen Abwesenheit weitergeführt hatte, in Indien bekanntgegeben:
»Ich bin überzeugt, dass Shri Babaji LORD SHIVA selbst ist und dass LORD SHIVA im Universum erscheint, wo und wann die Notwendigkeit dafür entsteht.
Babaji betonte stets, dass alle Religionen in der Welt eins sind und durch die Inspiration Gottes entstanden.«
Sinngemäß fährt Shri Muniraj fort: Babaji wird beschützend mit uns sein in der von ihm vorausgesagten Zeit der gewaltigen Umwandlungen, die bereits begonnen haben.
Was es ermöglicht, im göttlichen Schutz zu sein in dieser kommenden Zeit, ist innige Hingabe an Gott, das Göttliche stets im Bewusstsein zu haben, während wir unseren Pflichten in der Welt nachgehen. Um in dieses Gottesbewusstsein zu kommen, lehrte Babaji uns, immerfort den Namen Gottes, der in unseren Herzen wohnt, zu wiederholen, zum Beispiel: Om namah Shivay.
»Dies ist eine Botschaft der Hoffnung und Ermutigung, dass Babaji auf Erden präsent ist und wenn er möchte, uns jederzeit und überall erscheinen kann.«
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© 2012 Schirner Verlag, Darmstadt Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-8434-6195-5
1. E-Book-Auflage 2015
Umschlaggestaltung: Murat Karaçay, Schirner Digitale Bearbeitung der Bilder: Martin Bichler, Meersburg Fotos auf S. 203, 248, 251, 257 von Martin Bichler Redaktion: Heike Wietelmann, Bastian Rittinghaus, Schirner E-Book-Erstellung: HSB T&M, Altenmünster
www.schirner.com
Inhalt
Vorwort
Einleitung
1. Ein Gedicht der Liebe
Die ersten 12 Tage mit Babaji
72 Begegnungen mit Babaji
Babajis Mahasamadhi 1984
Was Babaji uns lehrt, in seinen Worten
Shri Muniraj Maharaj
Shri Vishwa Acharya Vishnu Datt Mishra: Shastriji
2. Ein Garten des Himmels entsteht
3. Weiteres Erscheinen von Babaji und Offenbarungen
Mit Peter auf dem Weg nach Herakhan: Babajis Erscheinen
Begegnungen mit Hanuman
Ein Bote von Babaji
Das Mysterium des Herakhan-Kailash
Offenbarungen zu Babajis Mahasamadhi
»Nandan Van«
4. Die drei Tibet-Pilgerreisen in den Jahren 2000, 2004 und 2006
Tibet I – Die erste Pilgerreise nach Tibet im Jahr 2000
Tibet II – Die zweite Pilgerreise nach Tibet im Jahr 2004
Tibet III – Die dritte Pilgerreise nach Tibet im Jahr 2006
Ausklang: Der apokalyptische Reiter
Glossar
Danksagung
Vita
Dieses Buch ist gewidmet der göttlichen Flamme in jedem Wesen.
Junger Babaji, segnend (1970)
Vorwort
von Ruth Maria Kubitschek
Ich kenne Renata Caddy als geniale Malerin. Ihre kraftvollen Bilder, farbige Lichtexplosionen, berühren das Herz und haben eine starke heilende Kraft und Ausstrahlung.
Ebenso kenne ich Renata Caddys Garten, den sie mit ihrem Mann, Peter Caddy, dem Mitbegründer der Findhorn-Gemeinschaft im Norden von Schottland, gestaltet hat.
Intuitiv hat Renata diesen Garten, den sie einen »Garten des Himmels« nennt, erlauscht. Wenn man ihn durchwandert, berührt er mit seiner wundervollen Schwingung – heilend wie ihre Bilder – unser Herz und unsere Sinne.
Nun lerne ich Renata Caddy als Schriftstellerin kennen. Mit angehaltenem Atem habe ich ihr Buch gelesen. Sie hat mich einfach mitgerissen mit ihren außergewöhnlichen Visionen, die sie zu Babaji führten: Ich habe da gelebt und gelernt. So eindringlich schildert sie das Leben mit diesem großen Meister, sein Wirken, sein Leben und die tiefe Bedeutung seiner Arbeit für unsere Zeit.
Feurige Lebendigkeit leuchtet aus jedem Satz, aus den geistigen Bildern, die sie vor uns ausbreitet. Es ist ein Buch von ungeheurer Tiefe, von ungewöhnlichen Gedanken und Geschehnissen, in die sie sich dann, einem inneren Ruf folgend, mutig hineinbewegt. Mitten in dem von Chinesen besetzten Tibet, am heiligen Berg Kailash und um den Manasarovar-See herum, wagt sie, in vollem Gottvertrauen, heilende Feuerzeremonien auszuführen, um mitzuhelfen, die tiefen Wunden, die überall geschlagen wurden, zu heilen.
Ich habe größte Hochachtung vor Renata Caddy, deren Wirken weit über dieses Buch hinausgeht.
Einleitung
Der Eine, der ohne alle Farben ist,
erscheint durch die mannigfaltige Anwendung seiner Macht
mit vielen Farben seines verborgenen Sinns.
Möge uns das Wesen des Glanzes,
in dem die Welt sich auflöst
und aus dem sie hervorgeht,
ein klares Verstehen gewähren.
Svetashvatara Upanishad
Dies ist ein Buch über Babaji. Über die Begegnung mit ihm, sein Lehren und Wirken, seine Arbeit der Transformation dieser zu Ende gehenden Zeit und seine Saat für das lichte Neue, das kommt.
»Baba« heißt Vater, »Babaji«: verehrter Vater.
Babaji gilt als Avatar – eine Verkörperung des Göttlichen, als Shiva Mahavatar: als Lord Shiva in menschlicher Form.
Als solcher erschuf Babaji sich eine menschliche Form, ohne durch das Tor der Geburt zu gehen, und wie Shri Muniraj, der tief schaut, sagte, besteht diese physische Form von Babaji seit vielen Tausend Jahren.
Meist im Verborgenen wirkend, tritt er mitunter auch in die Sichtbarkeit. Babaji vermag, an verschiedenen Plätzen gleichzeitig in derselben menschlichen Form zu erscheinen, aber auch in verschiedenen menschlichen Formen, ganz wie er will und wie es seine Arbeit erfordert.
Viele Menschen, auch ich, durften wiederholt Zeuge davon werden.
Was für uns unglaublich scheint, ist für ihn, der aus der Liebe, dem Licht und der Macht des göttlichen Bewusstseins wirkt, ganz natürlich.
Im Westen wurde Babaji bekannt durch Paramahansa Yoganandas »Autobiographie eines Yogi«, in der dieser von ihm als großem Führer der Menschheit im Verborgenen spricht.
Durch die Jahrtausende erschien Babaji immer wieder, auch in der Öffentlichkeit. Zum Beispiel vor etwa 500 Jahren als Lama Baba in Tibet.
Alter Herakhan-Baba (1911)
Hier ein kurzer Abriss dessen, was überlieferte Erlebnisberichte bezeugen:1
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts materialisierte er sich in menschlicher Form auf der Spitze des Berges Kailash, in der Kumaon-Gegend, den Vorgebirgen des indischen Himalaya. Der Kailash ist seit Urzeiten als der Wohnsitz von Lord Shiva bekannt.
Erst zeigte sich Babaji über dem Kailash als strahlendes Licht, das kam und ging. Als die Dorfbewohner das sahen, versammelten sie sich dort, sangen und beteten. Am dritten Tag erschien aus der Lichtkugel ein Wesen, Babaji, strahlend schön, im Alter von circa 20 bis 25 Jahren.
Während der Dauer seiner physischen Präsenz vom Beginn des Jahrhunderts bis 1922 wurde Babaji von vielen Menschen an den verschiedensten Orten gesehen. Er erschien den ihn verehrenden Menschen in Träumen, Visionen, in seiner Lichtgestalt oder auch körperlich und half ihnen in Zeiten der Not. Meist erschien er Einzelnen, manchmal auch Familien. Er verweilte nirgends lange, verschwand, tauchte woanders wieder auf. So war es nicht leicht, ihm zu begegnen. Wenn sich doch einmal eine größere Menschenmenge um ihn versammelte, wurde seine Gegenwart zum Fest. Er war da, um allen Wesen zu dienen.
In der Kumaon-Gegend wurde Babaji als Herakhan-Baba wegen seiner zahlreichen Heilungen und Totenerweckungen bekannt und verehrt. Im August 1922 löste er, vor den Augen seiner Begleiter, bei einer Flussdurchschreitung am Zusammenfluss des Kali- und des Gauri-Stromes seine Gestalt in Licht auf. Zuvor hatte er versprochen, zum Segen für die Welt wiederzukommen.
In der Zeit zwischen 1922 und 1970 segnete Babaji weiterhin Menschen in Träumen und Visionen oder er erschien ihnen auch physisch, wie zum Beispiel dem Mahendra Baba, der Babajis öffentliches Wiederkommen ankündigte und diese Botschaft verbreitete.
Im Juni 1970 erschien Babaji erneut in demselben, aber verwandelten Körper in einer Höhle am Fuß des indischen Kailash als Jüngling, göttlich schön, diesmal für ein breites öffentliches Wirken.
Einem Menschen, den er durch einen Traum gerufen hatte, zeigte er sich in der Höhle zunächst in seiner früheren Erscheinungsform als der alte Herakhan-Baba, kurz darauf in seiner jungen neuen Form. Auch anderen, die kamen, zeigte er wiederholt beide Körper im Wechsel, um seine Identität deutlich zu machen.
Ab 1970 weilte Babaji unter den Menschen. Hoch oben in der Nähe des Dörfchens Herakhan, gegenüber dem Berg Kailash, hatte er im letzten Jahrhundert einen kleinen Tempel bauen lassen. Dort ließ er sich nun nieder. Um den Tempel entstand ein Ashram, von dem aus er äußerst intensiv wirkte, bis er 1984, für alle vollkommen überraschend, seine menschliche Form aufgab, die er diesmal nicht wie zuvor dematerialisierte, sondern durch »den Tod« gehen ließ.
Dies hat eine tiefe Bedeutung für unsere Zeit. In dieser menschlichen Form hatte er unendlich viel Leid getragen und transformiert. Das war kostbar für die Erde. Deswegen schenkte er der Erde diese Substanz, indem er ihr seinen durch den Tod gegangenen Körper übergab.
Schon in seiner früheren Erscheinungsform als alter Herakhan-Baba hatte Babaji fremdes Leid auf sich genommen:
Er war mit einem Schüler unterwegs zum Badrinarayam Dham, als der Schüler schwer an Cholera erkrankte. Als dessen Gliedmaßen kalt wurden und er den Tod nahen fühlte, weinte der Schüler in Gedanken an seine Frau und seine Kinder sehr. Da sprach der alte Herakhan-Baba: »Du hast Familie, ich werde – statt deiner – meinen Körper ablegen.« Während er dies sprach, wurde der Schüler sogleich von seiner Krankheit befreit, die auf den Meister überging. Babaji gab seinem Schüler Anweisungen, nach seinem Tod seinen Körper zu verbrennen und die Asche den heiligen Wassern des Ganges zu übergeben. Tief betrübt über den Tod des Meisters, führte der Schüler, wie ihm aufgetragen, die Riten aus.
Als er nach einem Monat voller Trauer nach Almora kam, hörte er, dass der alte Herakhan-Baba wohl und gesund im Hause eines seiner Anhänger sei. Der Schüler konnte es nicht glauben. Als er hinging und seinen verehrten Meister in genau demselben Körper dasitzen sah, war er zunächst fassungslos. Dann verwandelte sich nach einer Weile sein Gemütszustand in große Dankbarkeit und Freude.
Diese Geschichte erzählte mir Shastriji Acharya Vishnu Datt Mishra, der große Seher und Weise, der fast immer bei Babaji war.
Nachdem wir Babajis menschliche Form in Herakhan der Erde übergeben hatten, erschien er weiterhin den Menschen in verschiedenen Formen. »It is always the same body – Es ist immer derselbe Körper«, sagte Shastriji.
Zum Beispiel traf ich ihn mit meinem Mann, Peter Caddy, im Tal von Herakhan, später dann mehrfach auf drei Pilgerreisen zum tibetischen Kailash-Berg.
Davon berichtet unter anderem dieses Buch. Es erzählt, wie Babaji mich rief, lässt meine ersten zwölf Tage mit ihm in Herakhan lebendig werden, insbesondere auch die höchst erstaunliche Weise, wie Babaji alle, die zu ihm kamen, führte und lehrte.
Babaji sagte: »Ich bin gekommen, das Licht zu bringen, euch über alle Begrenzungen und Verhaftungen hinaus in die Freiheit des Einsseins zu führen, eins zu sein mit dem göttlichen Geist und mit allem, was ist.«
Wunderschöner junger Babaji (1970), sitzend in Meditation
Babaji ist ein Wesen reiner Liebe.
»Ich bin du. Gib mir deine Probleme, ich trage deine Last!«
»Ich bin hier, dir zu helfen, dich zu führen.«
»Wiederhole den Namen Gottes immer!«
»Ich bin in jedem deiner Atemzüge!«
Seine wiederkehrende zentrale Frage war:
»Bist du glücklich?
Wenn du glücklich bist, bin ich es.
Wenn ich glücklich bin, ist alle Welt glücklich.
Sei glücklich!«
»Es gibt nur eine Religion, das ist Menschlichkeit.
Seid menschlich! Dienst an der Menschheit ist Gottesdienst.«
Schon im Februar 1983, an Shivaratri, hat Babaji seinen Segen für dieses Buch gemalt, das damals noch größtenteils in den Himmeln war. Ich habe lange gezögert, es niederzuschreiben. Es wurden drei Bände.
Viel Freude beim Lesen dieses ersten Buches, »Segen von Babaji – Begegnung mit dem Meister vom Himalaya: Ein Gedicht der Liebe«!
1 Vgl. Wosien, Maria-Gabriele: Babadschi. Botschaft vom Himalaya. Reichel Verlag 1990.
1.
Ein Gedicht der Liebe
Begegnungen mit Babaji zwischen
1978 und 1984, sein Lehren und Wirken
Die ersten 12 Tage mit Babaji
Aus Blau träumte ich Rot.
Im Rot fiel ich ins Schwarz.
Durch Schwarz gewann ich das Gold.
Im Gold wusste ich Weiß.
Im Weiß erkannte ich dich,
da bin ich aufgewacht.
Oh, Tochter des Himalaya!«, hörte ich eine Stimme leise und glücklich in mir singen, immer und immer wieder.
Ich saß im Flugzeug nach Indien auf meinem Weg zu Babaji, der in Herakhan 1970 in einer Höhle erschienen war. Herakhan liegt circa zehn Stunden nordöstlich von Delhi.
Es war der 15. Januar 1978. Ich war in meinem sechsunddreißigsten Lebensjahr.
Hätte mir jemand Weihnachten erzählt, dass ich drei Wochen später im Flugzeug nach Indien auf dem Weg zu Babaji sitzen würde, hätte ich es nicht geglaubt und für unmöglich gehalten.
Wie kam es dazu?
Trotz jahrelangen intensiven spirituellen Trainings war ich in eine sehr tiefe innere Krise geraten. Durch schwierige Lebensumstände fühlte ich mich vollkommen ratlos. Ich wandte mich flehend an Gott: »Hilf mir doch!« – Da kam Babaji.
Bereits zwei Jahre zuvor, 1975, hatte ich das erste Mal durch Gabriele Wosien, eine Freundin, von Babaji gehört. Damals war ich eher skeptisch, als ich hörte: »Jener Babaji, von dem Paramahansa Yogananda in seiner ›Autobiographie eines Yogi‹ schreibt, ist erneut erschienen, doch nun ist er für die Öffentlichkeit da.«
Von wie vielen wurde wohl behauptet, dass sie jener legendäre Babaji seien?
Doch als ich ein Foto von ihm kurz nach seinem öffentlichen Erscheinen sah, war ich zutiefst berührt. Während ich seinen Namen durch meine Wirbelsäule hochatmete, entstand intensives Licht!
Trotzdem war die Zeit damals noch nicht reif. Nach dem Tod der »Mutter«, der Partnerin von Shri Aurobindo, die mich seit 1968 innerlich geführt hatte, wollte ich keinen spirituellen Lehrer im Äußeren mehr haben.
Ich war nicht wirklich offen, befestigte aber dennoch sein Foto neben denen von anderen großen Lehrern aus Ost und West, denen ich im Inneren oder Äußeren begegnet war und die ich verehrte, in meinem Atelier an der Wand.
Zwei Jahre später, als ich mit meinem Freund Marcel2 durch Zufall Gabriele Wosien in München wiedertraf und zu Silvester 1977 zu uns nach Hause mitnahm, erzählte sie uns auf der Autofahrt von Babaji, während draußen dichter Schnee fiel. Über und über waren wir von Weiß umgeben.
»Sein Teaching ist so einfach, er lehrt Wahrheit, Einfachheit und Liebe und dass es wichtig ist, den Namen Gottes immer zu wiederholen.«
All das erreichte jetzt ein ganz offenes Herz.
Als sie dann uns und einer Gruppe unserer Freunde in der Silvesternacht Bilder von Babaji zeigte – und damals gab es nicht viele Fotos –, eines berührender als das andere, fiel mein Blick auf ein Bild, das mir einen richtigen Schock versetzte. Es zeigte den alten Herakhan-Baba, von dem gesagt wurde, er sei Babaji in seiner früheren Erscheinungsform. Er schaute derart streng und durchdringend, dass es mich in große Angst versetzte: »Oh nein, so dermaßen streng darf er nicht mit mir sein!«, dachte ich.
Am nächsten Morgen, dem Neujahrsmorgen, erwachte ich strahlend aus einem Traum von einem weißen Schneefeld mit dem beglückenden inneren Wissen, dass ich sofort zu Babaji fliegen würde.
Ein Freund von uns beabsichtigte, Mitte Januar zu einem Sonnenenergiekongress nach Delhi zu fliegen, und ich wusste spontan, dass ich mit ihm zusammen reisen würde, denn ich war noch nie in Nordindien gewesen.
Dann kam mir das strenge Bild vom Herakhan-Baba wieder ins Bewusstsein, sodass ich Gabriele Wosien bat: »Zeig mir noch einmal dieses furchterregende Foto!«
Ob ich wollte oder nicht – genau dieses Bild hatte begonnen, mich anzuschauen und mit mir zu arbeiten. Es machte mir all das in mir bewusst, was nicht im Einklang mit dem Göttlichen war.
Es machte mir wirklich Angst. Aber mir war klar, dass ich ganz bestimmt nicht mit Angst zu Babaji fliegen wollte!
Verschiedene Aspekte in mir sagten: »Warum diese Eile? Du kannst doch auch später noch, im Herbst zum Beispiel, zu Babaji gehen.« Aber mein Innerstes wusste: »Jetzt oder nie!«
Ich begab mich in Klausur, und ich bat Babaji innig: »Bitte hilf mir!« Aber es kam kein Hinweis, kein Traum. Ich wurde einfach gar gekocht. Endlich, als ich in der Abenddämmerung des dritten Tages Agnihotra, eine kleine rituelle Feuerzeremonie, machte und wieder tief dieses Bild vom alten Herakhan-Baba anschaute, kam mir unendliche Liebe entgegen, Liebe und nichts als Liebe! Überwältigend und vollkommen wunderbar. Ich fühlte die Anwesenheit des jungen Babaji im Raum, der mir sagte: »Nun kannst du kommen.«
Jetzt, da es klar war, dass ich fliegen würde, zeigte sich endlich ein Traum. Ich nenne ihn den »kleinen Traum«, obwohl er groß war und mir später den zentralen Schlüssel zum Verständnis von Babajis aktuellem Erscheinen gab. Bezeichnenderweise kam dieser Traum erst, nachdem ich mich selbst dazu durchgerungen hatte zu fliegen, und nicht vorher.
Der Mandala-Traum
Ich sah die Schöpfung in Bildern in Form von fünf riesigen, dreidimensionalen Mandalas. Eines löste das andere ab.
Sie waren in sich sehr dynamisch und bewegten sich um eine vollkommen stille Mitte, einen leeren, wie atmenden Kreis. In dieser Mitte erschien, aus einer ganz anderen Dimension kommend, von weit her langsam sichtbar werdend, ein Wesen.
Mal sah ich nur sein Gesicht, mal saß es im Lotossitz, bei jedem der Mandalas anders und neu, aber immer asketisch wirkend. Es war Babaji. Ich wusste, er ist der Herr des Mandalas.
Beim letzten Mandala geschah es, dass er, der Herr des Mandalas, der sich immer in der Mitte befand, nun von außen rechts in sein eigenes Mandala hineintanzte. Zuerst sah ich ihn im Profil. Ein weiches, junges Profil.
Doch dann drehte er mir, ganz rundlich geworden, lachend sein Gesicht zu.
Mit einem großen Schreck und klopfendem Herzen erwachte ich: erschrocken, weil er lachte, erschrocken, weil er, der erhabene Herr des Mandalas, nun von außen in sein eigenes Mandala tanzte und seine Gestalt sich dabei sehr veränderte, indem sie deutlich an Gewicht und Schwere zunahm.
Die große Lichterfahrung
Als ich tatsächlich das Charterticket in der Hand hielt, geschah das unaussprechlichste und größte innere Ereignis bis zum damaligen Zeitpunkt meines Lebens. Es war in der Vollmondnacht vom 9. auf den 10. Januar 1978. Was zunächst im Schlaf begann, ging, als ich in einen Wachzustand wechselte, darin weiter:
Babaji war da, er stand vor einer Wand aus Licht und Nichts.
Es war die Schwelle zur anderen Dimension.
Angesichts dieser geistigen Schwelle sah ich mich wie unter Wasser geraten, unter Wasser wandern. Ich schien zu ihm zu gehören, und Babaji, der hoch oben war, schaute herab und zeigte sich erschrocken darüber, dass ich ins Samsara geraten war, die Welt der Illusion. Wachsam sah ich ihn von oben jedem meiner Schritte folgen. Einem Lichtfinger gleich markierte sein Blick auf der Wasseroberfläche einen Lichtpunkt genau dort, wohin ich unter Wasser einen Schritt gehen sollte. Durch den Lichtstrahl seines Blickes geführt sah ich mich dann unter Wasser wandern.
War er es, der letztlich für mich verantwortlich war?
Musste, wollte er mich wieder in seine Sphäre hinaufbringen?
Wie hatte er mich durch das Wasser emporgehoben?
Unbeschreiblich!
Ich war bei ihm.
Jetzt schenkte er mir ein Buch. Es war das Buch all meiner Leben. Rot eingebunden, die Blätter innen weiß mit Initialen, wie sie in mittelalterlichen Büchern zu finden sind. In immer gleichen Lettern stand auf jedem Blatt »So war es!«. Und in diese großen Buchstaben waren die Ereignisse eines jeden Lebens fein hineingemalt. Babaji wendete Blatt um Blatt, und dank seiner Gegenwart verstand ich alles, was ich sah. Dann nahm er mich empor.
Wahrhaft unglaublich, jenseits aller Worte und Ausdrucksmöglichkeiten, war ich ihm nah. Bedingungslos, vollkommen innig, atemlos und zutiefst ergriffen, wurde ich eins mit ihm im Licht einer Liebe, für die es keine Worte gibt.
Im Licht der Liebe – für immer eins.
Ich wusste: Er ist mein Höchstes Selbst.
Ich wusste: Das ist der Herr!
Nicht nur der Lehrer aller meiner Leben.
In diesem Zustand war kein Wunsch, je wieder in einem Körper zu sein.
War es, dass ich diese hohe Dimension, mit ihm im Licht eins zu sein, nicht mehr halten konnte? Ich wusste nur eines: Wenn ich je wieder in einem Körper sein sollte, dann könnte ich das Wissen dieser Liebe, dieses Lichts nur ertragen, indem ich mich tief vor ihm verneigte, durch den Erdboden hindurch.
Noch in derselben Nacht brachte er mich in meinen Körper zurück. Leicht war es nicht. Die ganze Zeit hatte ich physisch aufrecht im Bett gesessen.
Später, als ich dann wach lag und vor Ergriffenheit die Tränen flossen, war mir lange seine Süße im Herzen, in der Seele nah. Eine ganze Weile noch war mein Zimmer in ein sanftes, wie atmendes, schwingendes weißes Licht getaucht, voller Frieden.
Langsam fand ich in die Nacht und in den Schlaf zurück.
Das für mich so Bewegende und Erschütternde war, dass ich in dieser Nacht Babaji nicht nur als einen großen Lehrer, sondern als den Herrn erfuhr. Diese Erkenntnis war wahrhaftig gewaltig.
Als ich Bilder von ihm sah, hatte ich das nicht im Geringsten geahnt, auch nicht, als das Foto vom alten Herakhan-Baba zu mir zu sprechen begann.
Ich dachte einfach, Babaji sei ein großer Lehrer im Himalaya.
Doch nun hatte ich erfahren, wer er war.
Und ich wusste: Nichts auf der Welt würde mir je dieses Wissen nehmen können, auch wenn ich es selbst noch nicht völlig zu fassen vermochte.
Auf dem Weg zu Babaji
In diesem Wissen flog ich nach Indien.
Ich benötigte einige Tage der Akklimatisierung in Delhi und einer erneuten inneren Vorbereitung. Ich war innerlich so bewegt, dass ich Halsweh und Fieber bekam. Schließlich machte ich mich am Freitag, dem 20. Januar 1978, auf den Weg nach Herakhan.
Um sieben Uhr morgens verließ der Bus Delhi, ein alter indischer Klapperbus, wo man bei jedem Halt schauen musste, ob das Gepäck noch auf dem Dach war. Um 14 Uhr waren wir in Haldwani.
Ich hatte zu meinem Erstaunen auf dem Weg zu Babaji noch zwei Reisebegleiter: Vijay, einen sehr feinen Inder, und David, einen jungen amerikanischen Arzt.
Von Haldwani fuhren wir in Rikschas zum Patel-Chowk, wo wir einen hochgewachsenen, gut aussehenden Inder, Sri Trilok Singh, genannt Muniraj, aufsuchten. Mir war gesagt worden, er würde einen Jeep für die Weiterfahrt besorgen.
Als ich bei der Abfahrt Muniraj groß vor seinem Shop auf einer Steinstufe stehen sah, wusste ich auf einmal, wer er war: Da stand in schweigender Majestät ein König von weiten Ländern und Reichen des Lichts!
Meine Liebe zu ihm war entfacht.
Mit dem Jeep ging es nach Damsite, einem winzigen Flecken mit ein paar Chai-Shops. Dort begann eine wunderschöne, etwa zweieinhalbstündige Flusswanderung, auf der wir etwa zwanzigmal den Gautama-Ganga-Fluss durchquerten. Unser Gepäck wurde von indischen Bergleuten oder auf Himalaya-Pferdchen transportiert.
Ankunft in Herakhan
Oh, Herakhan-Tal!
Im sonnendurchfluteten Abendlicht kamen wir an.
Welch ein Tal, so steindurchlebt, so lichtdurchwebt,
so tief vertraut, so hochgeheim.
Welch ein Tal! Wie heil es ist!
Und was sind das für Berge!
Alles wundersam, so lebendig, zutiefst berührend.
Links unten, in einem großen wilden Berg, lag die Höhle, in der Babaji erschienen war, und rechts, hoch oben auf dem Hügel, einer kleinen Festung gleich, sein Tempel-Ashram.
108 Stufen führten uns hinauf, hinein in den Gesang der Lieder, Kirtans des Abends.
So gelangte ich in das Heiligtum von Babaji.
»OM namah Shivay, Shivaye namah OM!«, tönte es, als wir so, wie wir gerade angekommen waren, in Jeans und Pullovern, zur Begrüßung auf Babaji zugingen.
Mein Herz schlug hoch.
Oh, wie lebendig saß er da!
Schweigend, glücklich, fragvoll hatte ich mich vor ihm verneigt und in der Gruppe Platz genommen, wartend und lauschend.
Er rief mich zu sich.
»Where do you come from? What is your name? – Woher kommst du? Wie heißt du?«
Ich sah ihn an.
Unvergesslich ist mir dieser Blick, mehrschichtig, wissend, innig grüßend und sehr ernst. Er durchdrang mich vollkommen, ging durch Mark und Bein.
Ich antwortete mit einem Lächeln, wie um zu sagen: »Du kennst mich doch!« Auch, um den zu finden, den ich kannte, den zu finden, der mich hierhergerufen hatte.
»Why do you smile? – Warum lächelst du?«, fragte er mich.
Einen Moment stockte mir der Atem, ich fühlte die Tiefe seiner Strenge und Wahrheit.
»There was a dream, you know – Ich hatte einen Traum, du weißt es ja«, antwortete ich ihm.
Ohne darauf einzugehen, gab er mir Süßes in die Hand.
»Do you want anything? Tea?«, fragte er dann und ließ uns allen, die wir eben angekommen waren, von draußen eigens Tee bringen, während drinnen weiter gesungen wurde.
Bald kamen alle heraus, und meine Reisegefährten und ich wurden von ein paar ganz herrlichen Menschen voller Freude wie alte Freunde begrüßt. Sie kamen ebenso aus dem Westen, einige aus Amerika. Einer von ihnen war Leonard Orr.
Inzwischen war es dunkel geworden, und alle Glocken des Tempels von Herakhan läuteten zum Abend-Arati, der Abendandacht.
Ich hatte ein Zimmer mit zwei anderen, David und Govindi, in dem einzigen größeren Haus, das es damals dort gab, bekommen. Rasch suchte ich mein Geschenk für Babaji und brachte es ihm. Wieder: Wie er schaute! So durchdringend. Doch jetzt etwas milder. Ohne es zu öffnen, legte er mein Geschenk neben sich.
»Dein Name ist Nila.«
Jetzt lächelte er.
»Nila means blue. Your soul is blue like sky. – Nila bedeutet blau. Deine Seele ist blau wie der Himmel.«
Wieder sah er mich an.
»I met you. I have come to you in Germany. – Ich traf dich. Ich bin zu dir nach Deutschland gekommen.«
Ja, Gott sei Dank!
Nun schaute er nicht mehr so unergründlich streng, sondern wach und liebevoll. Nach einer Weile ließ er mich wieder rufen. »Was tust du?« – »Ich male und versuche, für die Menschen eine Therapie durch Malen zu entwickeln.« – »Then you treat me! – Dann behandle mich!«, sagte er. Ich hatte ihm Farben mitgebracht. »Soll ich sie holen?«, fragte ich Babaji. – »Ja!«
Und während noch alle dasaßen und sangen, brachte ich die Farbstifte und mein großes leeres Buch. Er öffnete es und malte sogleich ein großes OM hoch oben auf die erste Seite.
Wie er so ganz spontan im Kerzenschein auf seinem kleinen schlichten Thronplatz malte, einem Podest mit einem dunkelroten Samtsitz darauf, davor drei Stufen, und ich neben ihm stand, fühlte ich, wie sich ein ganz liebes, verständnisinniges Band einfach durch das Malen zwischen uns bildete.
Babaji an den Wurzeln des Satikundbaumes im Tal von Herakhan
Denn der, der da saß, war mir in dieser Gestalt zunächst gar nicht vertraut, keineswegs leicht zu verstehen – nur seine Augen, die in eine totale Tiefe gingen, waren urvertraut.
Ich verstand nicht: Warum war er so rundlich geworden, ganz anders als auf den Fotos seines ersten Erscheinens?
In der ersten Nacht im Ashram sah ich vor mir an der Wand riesengroß ein Gesicht im Profil, das sich dann wendete und lachte und doch nicht lachte.
Es war Babajis Profil, so, wie er jetzt aussah. Es war dasselbe Profil, das ich in meinem Mandala-Traum gesehen hatte, als der Herr des Mandala selbst plötzlich von rechts außen in sein Mandala hineintanzte, sich umwandte und lachte, worüber ich so erschrocken war. Er war nicht mehr asketisch, sondern rundlich geworden. Mir begann zu dämmern, dass mit Babajis physischer Verwandlung etwas ungemein Tiefes verbunden war.
Samstag, 21. Januar 1978, mein erster Tag im Ashram
Um drei Uhr aufstehen, wurde ich belehrt, spätestens um vier Uhr!
Hinabgehen zum Fluss!
So kalt wie schön. Sich nicht scheuen und untertauchen!
Anfangs war es eine Mutprobe, nachher einfach schön.
Unter diesem Kristallsternenhimmel, Sterne, die weiß leuchteten in der Nacht, und in diesem völlig reinen, strömenden Gautama-Ganga-Wasser zu baden – ein Gefühl von Freiheit!
Dann, zwischen vier und sieben Uhr, Meditation.
Jeder, wie er wollte und wo er wollte.
Fest stand nur, um sieben Uhr war Morgen-Arati, eine rituelle Andacht.
Dazu sollte sich jeder im Tempel in der Mitte des Ashrams zum Glockenläuten und Morgensingen einfinden.
Der erste Tag, der in seiner Nacht so sternenklar begonnen hatte, füllte sich mit Wolken und Wind. Es begann zu stürmen und zu regnen, und es wurde sehr kalt.
Vormittags suchte ich Fakiranand auf, den Sekretär von Babaji. Ein alter, achtsamer, freundlicher Mensch. Er wohnte in einem winzigen Raum, in dessen Vorraum die Bibliothek des Ashrams untergebracht war. Was mich hierhergebracht habe, wollte er wissen.
Ich erzählte ihm von meiner großen Lichterfahrung. Er verstand. Ja, er habe vor ein paar Jahren selbst ein solches Erlebnis gehabt, genau hier, wo er jetzt sitze – sieben Stunden lang.
Außerdem schilderte ich, wie mich zunächst der alte Herakhan-Baba so tief berührt habe und anschließend Babaji in seiner Anfangserscheinung gekommen sei, aber dass mich Babajis jetziges Aussehen wundere.
Fakiranand verstand gut: »Don’t look at the shape – Sieh nicht auf die Form«, habe Babaji jedes Mal geantwortet, wenn er während der letzten zwei Jahre über den Grund seiner großen physischen Veränderung befragt worden sei. Er bemerkte noch, dass immer wieder hellsichtige Menschen durch den jetzigen Babaji die Gestalt des vorhergehenden wahrnehmen könnten.
Tatsächlich war für mich zu diesem Zeitpunkt entscheidend, die Identität des jetzigen, in seinem Aussehen so sehr anderen Babaji mit dem alten Herakhan-Baba zu erfahren. Inzwischen hatten sich noch andere bei Fakiranand versammelt und das Gespräch auf die Weltsituation und das, was der Menschheit bevorstehe, gebracht. Nur jene, die Gott im Zentrum ihres Lebens hätten, nur jene seien beschützt, wenn die von Babaji vorausgesagten weltweiten Umwälzungen stattfänden.
»Truth, Simplicity and Love – Wahrheit, Einfachheit und Liebe«, das ist das Zentrum von Babajis Lehre – und das Mantra »OM namah Shivay«3 zu rezitieren, Tag und Nacht, ohne Unterlass.
Es war Mittagessenzeit. Ich hörte Trommeln. Als ich von Fakiranand nach oben ging, regnete es in Strömen, und da stand eine Gestalt im Regen. »Ay, come!« Es war Babaji selbst – mit einem langen feuerroten Tuch und einem hellblauen Pullover bekleidet –, der wie ein Indianer mit diesem Ruf auf mich zusprang, mich am Handgelenk packte und zu einem bestimmten Platz führte.
Alle anderen waren schon zum Essen versammelt. Wegen des Regens diesmal nicht unter freiem Himmel wie sonst, sondern unter dem Dach rund um den kleinen Tempel, der das Zentrum des Ashrams bildete. Genau vor der Tür des Tempels, von dem ich noch nicht wusste, was oder wer darin verehrt wurde, an der Schwelle, platzierte Babaji mich. Nach dem Essen sagte Babaji zu mir »Now you take rest! – Nun ruhe dich aus!«, und tatsächlich schlief ich fest.
Nachmittags um 17 Uhr ging es zum Mantras-Singen, heilige Lieder, wieder waren alle versammelt.
»OM namah Shivay, Shivaye namah OM!«
Nach einer Weile erschien mitten in den Bhajan-Gesang hinein Babaji und nahm wie jedes Mal vorn auf seinem kleinen Thron Platz. Jeder ging, wenn er den Zeitpunkt gekommen fühlte, zu ihm, um ihn zu grüßen und sich zu verneigen. Merkwürdig, manche tanzten ihm zu den Rhythmen der Lieder entgegen.
Ich staunte, dass das hier erlaubt war.
»Are you happy?«, fragte mich Babaji. »Do you like it here? – Bist du glücklich? Gefällt es dir hier?« – »Yes«, sagte ich etwas zögernd. Und wieder, wie bei fast jeder Gelegenheit in diesen ersten Tagen, gab er mir eine große Süßigkeit zum Essen in die Hand und schaute mich mit einem unbeschreiblichen Blick an. Oh, wie ich fühlte: Er tat etwas in diese Süßigkeit hinein, und das alles durfte, sollte ich essen!
»What is your name?«, fragte er mich wiederholt. – »Renata!« – »What is your name? – Wie ist dein Name?« – »Ah, Nila«, antwortete ich. Es dauerte wirklich eine Weile, bis ich begriff, dass ich alle anderen Namen, die ich bisher in meinem Leben bekommen hatte, hinter mir lassen und nur Nila sein sollte: blau wie der Himmel.
Das Abend-Arati kam. Im Tempel wurde morgens und abends Puja, ein Gottesdienst, zelebriert. Dabei wurden eine halbe Stunde lang etwa zwölf Glocken zum Schwingen gebracht. Wunderschön klang es. Zugleich das Trommeln. Dann wurde das Göttliche im Inneren des Tempels mit Flammen auf einem kleinen Arati-Halter verehrt.4 Das Licht wurde herumgereicht, wobei es jeder symbolisch mit den Händen zu sich nahm.
Am Ende sangen alle ein rituelles Gebet, das unter anderem das Tarak-Mantra enthielt, das höchste Mantra mit den 108 Namen Shivas. Babaji war selbst präsent. Immer zu Beginn, wenn er hereinkam, verweilte er, ganz in sein Tuch gehüllt, etwa zehn Minuten in Schweigen. Nur sein Gesicht blieb sichtbar. Oh, wie gern hatte ich ihn, wenn er still und aufrecht, groß und machtvoll gesammelt vor uns saß! Wie schön er war!
»OM Hariyakhandi, Hariyakhandi OM.«5
War das ein Name? Immer dann, wenn diese Worte gesungen wurden, gingen ein geheimnisvolles Sehnen und ein Schauer durch mich. Obgleich ich es nicht verstand, verbanden sich diese heiligen Worte mit jenem, der in Schweigen gehüllt vor uns saß. War dieses Mantra sein Name?
Dann kam der Samstagabend: Babaji machte ihn zum Fest.
Tatsächlich begann er, sich vorn auf seinem Sitz wie im Tanz zu wiegen, und ermunterte uns damit, es ihm gleichzutun. Ich dachte an Shiva Nataraja, den tanzenden Shiva. Wahrhaftig, vor Babajis Tempel wurde getanzt! Die einen erhoben sich und begannen ebenfalls zu tanzen, andere blieben sitzen, singend, rhythmisch mit Trommel und Rassel mitschwingend. Auch mich hielt es nicht mehr auf meinem Sitz, und ich begann, meinen Tanz zu suchen. Nein, der Tanz fand mich, und wir tanzten und tanzten.
Das Herakhan-Tal zwischen Kailash und Diddheswar
Babaji schaute – er freute sich! Zum Schluss verneigten wir uns alle, wie wir da waren, tanzten und sangen direkt vor ihm. Als ich mich dann vor ihm verneigte, zog er mich oben beim Scheitel am Haar, kräftig, aber sehr liebevoll. Ein beglückendes Gefühl!
Oh, wie sehr wollte ich herausfinden, ob er der Herakhan-Baba von meinem Bild war, und ich zog es aus meiner Tasche, um ihn, als er hinausging, persönlich zu fragen. Doch rasch ging er an mir vorbei. Mit Macht türmte sich stattdessen sein Rücken vor mir auf. Er hielt vor dem Tor zum Innersten des Tempels inne, das jetzt geöffnet war, und verschwand, abrupt und schweigend.
Nun war der Blick in den Tempel, der das Zentrum des Ashrams bildete, frei, und was sah ich: Liebevoll geschmückt saß dort die Statue des alten Herakhan-Baba. Ach, Babaji hatte mir auf diese Weise Antwort auf meine Frage gegeben. Es gab also einen tiefen Zusammenhang zwischen den beiden. Wundervoll, zu sehen, dass die Alter-Herakhan-Baba-Statue im Zentrum des Ashrams geehrt wurde, doch noch war mir die Identität des jungen Babaji mit dem alten nicht klar.
Sonntag, 22. Januar 1978, mein zweiter Tag im Ashram
Mein zweiter Morgen im Ashram: Chandan.
Ich hörte, dass wir morgens um fünf Uhr zu Babaji zum Chandan und danach an sein Feuer kommen durften.
Chandan bedeutet, Babaji malte drei Striche quer über die Stirn als Zeichen Shivas und zwischen die Augenbrauen einen roten Punkt.
Wahrhaftig eindrucksvoll war es, noch im Dunkeln einen steilen Abhang entlang in Babajis kleinen Raum zu gelangen, einen Raum, der kostbar wirkte wie ein Smaragd, und ihn dort weiß bekleidet sitzen zu sehen, ernst, schweigend und überwach. Mit der einen Hand hielt er den Kopf eines jeden, während er mit der anderen Hand eine wunderbare goldgelbe, feuchte, flüssige Farbe über die Stirn strich und zum Schluss den roten Punkt auf die Stirnmitte setzte. Das tat sehr gut. Offenbar klärte er unsere Gedanken dabei und schenkte unserem unruhigen Geist Frieden.
Dann versammelten sich all diejenigen, die zum Chandan eingeladen waren, unter einem großen mächtigen Baum im Halbkreis um das Feuer, das draußen vor Babajis Raum brannte.
Eine große Schale mit Nahrung, die von ihm geopfert werden sollte, stand neben seinem Sitz bereit. Babaji kam, ließ sich auf seinem Platz dicht am Feuer nieder und begann, das heilige Opferritual zu vollziehen. Schlicht war es und tief beeindruckend. Wie vollkommen gesammelt er war!
Meist mit geschlossenen Augen warf er eine Handvoll nach der anderen ins Feuer – zwischendurch immer neu innehaltend, so als ginge er in eine andere Bewusstseinsebene. SEIN heiliges Feuer! Manchmal sah er den einen oder anderen von uns an, bevor er wieder eine Handvoll der Opfergaben in das Feuer warf. Eindringlich war sein Blick dabei, nicht zu beschreiben, wie tief.
Nach dem Chandan sollten die, die teilgenommen hatten, wach bleiben, am besten meditieren oder etwas anderes tun – jedenfalls nicht schlafen, damit die heilige Handlung nicht umsonst gewesen wäre. Das erfuhr ich allerdings erst, nachdem ich bereits nach meinem ersten Chandan über der anschließend versuchten Meditation oben im Zimmer selig eingeschlafen war. Tatsächlich war ich dieses so frühe Aufstehen und das morgendliche zeitige Meditieren einfach nicht gewohnt.
Babaji schien dies alles zu wissen, denn er zeigte sich mir gegenüber im Laufe des Vormittags ziemlich gleichgültig, als ich mich vor ihm verneigte. Mir fing an zu dämmern, dass er offenbar genau wusste, was man tat beziehungsweise nicht tat. Überhaupt wusste er von allem, was in uns vorging. So wurde ein sehr netter amerikanischer Arzt öffentlich und sehr humorvoll bezichtigt, sich nicht beziehungsweise nur per Katzenwäsche gereinigt zu haben. Wir sollten ganz, bis zum Hals, im Fluss untertauchen, besonders dann, wenn wir anschließend zum Chandan kommen wollten.
Es war Sonntag. Nach einem wilden Morgenwind und Regenhimmel kam tatsächlich die Sonne hervor, gerade rechtzeitig zum Aufbruch. Der Tag, frisch und sonnig, lud uns ein. Alle Ashrambewohner sollten mit Babaji nach Damsite wandern, wo er eine Feuerzeremonie abzuhalten gedachte. Damsite – das bedeutete zwanzig Mal durch das Wasser laufen, genau wie auf dem Herweg nach Herakhan, durch dieses so beredte Tal der Steine! Nun, ich war gespannt und freute mich.
Gegen halb neun brachen alle auf, Babaji mit rosa Turban und langem Schweif. Ich hielt mich in seiner Nähe auf, ebenso David, der zusammen mit mir angekommen war und der heute früh beim Chandan eine regelrechte »Kriegsbemalung« bekommen hatte. Auch John, genannt Dr. Dahru, wie David ein Arzt aus Amerika, ging mit Babaji, zudem ein paar indische Jungen, die mit im Ashram arbeiteten. Alle anderen schickte Babaji voraus: »You go! – Geht!« Immer war er es, der bestimmte, wer mit ihm ging und wer nicht.
Babaji ließ Fotos aufnehmen. Dabei legte er den Arm um David, der doch, genau wie ich, erst gekommen war, aber nicht um mich. Auch mit Dr. Dahru spielte er, hakte sich bei ihm ein, gab sich ganz vertraut mit ihm. Doch mir zeigte er immer wieder die kalte Schulter, was wirklich deutlich zu fühlen war. Wie wir so über die vielen, vielen Steine und immer wieder durch einen der Arme des Flusses wateten, hielt Babaji plötzlich inne, sah mich von der Seite an, nahm sein Halstuch und band es mir entschlossen um den Kopf – ganz fest zog er den Knoten.
Plötzlich, als wir erneut durchs Wasser schritten, fragte er mich: »Are you leaving tomorrow? – Reist du morgen ab?« Erschrocken sagte ich: »Nein, wenn du einverstanden bist, möchte ich gerne bis Ende Januar oder Anfang Februar bleiben. Dann würde ein Freund von mir kommen, um mich abzuholen.«
Dazu holte ich mein Büchlein aus der Tasche, in dem sich ein Foto dieses Freundes befand. Als ich es aufschlug und ihm zeigen wollte, fiel sein Blick auf ein Foto von Marcel. Sofort fragte er mich: »Who is that? – Wer ist das?«, und ergriff dann selbst das kleine Buch.
Während wir weiter durchs Wasser wanderten, blätterte er in dem Buch und schlug das Bild von Swamiji auf: »What is his name? Do you like him? – Wie heißt er? Magst du ihn?«, fragte er mich. – »Ja, ich hab ihn sehr gern, es ist Swamiji Ganapati Satchidananda.« Darauf erwiderte Babaji: »Why you have not gone to him? – Warum bist du nicht zu ihm gegangen?« Ich antwortete verzweifelt: »Aber du hast mich doch gerufen!« Er klappte das Buch zu, gab es mir in die Hand zurück und schritt rasch mit den anderen weiter.
Kurz darauf, ich lief gerade an seiner linken Seite, bückte er sich überraschend, um einen Stein aufzuheben. Für eine Sekunde sah ich wirklich eine Flamme mitten durch den Stein in seiner Hand gehen. »Blessing through a stone – Segen durch einen Stein«, sprach er in dem Augenblick und legte ihn mir in die Hand. Betroffen blieb ich stehen, er aber lief rasch weiter, wieder ins Wasser, diesmal durch sehr tiefes Wasser, eben noch mir zurufend: »Okay, you can stay till the end of January as you are blessed through a stone! – In Ordnung, du kannst bis Ende Januar bleiben, weil du durch einen Stein gesegnet bist!«
Von alldem war ich total betroffen, ich setzte den Marsch sehr langsam fort und ließ Babaji mit den anderen weitergehen. Ich zog mich ganz in mich zurück. Betroffenheit ist gar kein Ausdruck – ich war bis tief ins Mark hinein erschüttert. Besonders jetzt musste ich sehr achtgeben, nicht traurig zu werden.
Fest hielt ich den Stein in der Hand – er war jetzt mein Halt, und ich versuchte, Ruhe zu gewinnen, Gleichmut, völlige Gelassenheit, nur nicht verzweifeln, sondern ganz ruhig bleiben, atmen, ganz in die eigene Mitte kommen, atmen – nach oben ein – nach unten aus – nichts anderes als das und Gott anrufen – aus der Ruhe heraus – und mit ganzer Kraft – ihn rufen, ihn atmen, ihn – nichts anderes. Und im Übrigen den äußeren Babaji, der mich gerade so verwirrte, mir einfach egal sein lassen. So tat ich es – und bemühte mich darum auch während der ganzen Feuerzeremonie in Damsite. Ebenso auf dem Rückweg. Es war für mich klar, dass ich jetzt allein zurückgehen würde.
In Damsite gab es etwas abseits einen Tea-Shop, und ich hatte tatsächlich das Bedürfnis, etwas Warmes zu trinken. Als mein Tee kam, sah Babaji mich aus der Ferne an. Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen, mir einfach Tee gegönnt zu haben. Mit dem im Glas schwappenden Tee lief ich zu Babaji und bot ihn ihm an. Er sagte: »No, I don’t drink tea! – Nein, ich trinke keinen Tee!« So teilte ich den Tee mit anderen und bestellte noch mehr für alle, die in meiner Nähe waren.
Der Rückweg war wunderschön. Ich ging als eine der Ersten zurück, durchquerte wieder viele, viele Male den Fluss mit seinen lebendigen Wegen durch dieses mir jetzt schon etwas vertraut gewordene lange, große, liebe Tal. Ich ging allein, ging gerne allein. Fast alle anderen waren hinter mir. Babaji sagte, er würde mit seiner Gruppe erst ganz zum Schluss zurückgehen. Nach dem Schock auf dem Hinweg, dem bloßen Gedanken, dass ich beinah am nächsten Tag hätte fahren müssen, bemühte ich mich jetzt um Gleichmut, ob Babaji mich beachtete oder nicht. Er war mir in seiner ganzen Erscheinung fremd und unverständlich.
Jetzt ging es für mich nur noch um Gott, ihn zu erreichen im Atmen. Meine ganze Sehnsucht und Innigkeit galt nur ihm. So ging ich und geriet in eine zunehmende innere Sammlung. Das Licht und die Ruhe des Tals erfüllten mich mehr und mehr. Gott würde mir zeigen, was wahr ist, denn ich selbst verstand rein gar nichts mehr. So stapfte ich unverdrossen weiter, fest nur dies eine wissend, dass ich mich in meine eigene freie unabhängige Mitte stellen musste, hier mein ureigenes tiefes, inniges Feuer für das Höchste entzünden musste, die Flamme so wach und rein wie nur irgend möglich zu halten und mich um nichts sonst zu kümmern brauchte.
»Unendlicher Gott« beim Einatmen, »unendlicher Gott« beim Ausatmen, lautete mein Mantra.
In der Mitte des Weges, als ich gerade wieder ein reißendes Stück Wasser passierte, stand urplötzlich ein Inder mit schwarzem Wolljackett und mehreren Koffern und Taschen zwischen zwei Flussarmen. »It is a little difficult, this way – Er ist etwas schwierig, dieser Weg«, bemerkte er und schaute mich mit sehr wachen Augen und einem leuchtenden lächelnden Blick an – fast einem Babaji-Blick. Ich stapfte weiter und entgegnete im Vorbeigehen, mich kurz umwendend: »Ja, das ist er!«
Merkwürdig, er hatte mich so intensiv angeschaut. Ich fragte mich, wer er wohl war und wo er herkam. Wie überhaupt trug er allein dieses viele Gepäck, das er neben sich stehen hatte, durch all die Flussarme? Diese Fragen beschäftigten mich noch einige Zeit im weiteren Verlauf des Weges, vor allem, als ich ein paar Indern begegnete, wohl aus Bergdörfern kommend, die alle schweigend an mir vorübergingen und ganz gewiss kein Englisch sprachen.
Sehr merkwürdig, dieser Fremde! Aus heutiger Sicht weiß ich, dass er ein Gesandter von Babaji war, wohl in einer der Formen von Bhairav Baba.
Nach einer Weile erreichte ich das Tal, in dem rechts oben Babajis Ashram und links unten seine Höhle vor mir lagen. Seine Höhle, sie zog mich sehr an!