Sehnsucht nach der Villa am Elbstrand - Charlotte Jacobi - E-Book
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Sehnsucht nach der Villa am Elbstrand E-Book

Charlotte Jacobi

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Beschreibung

Große Gefühle, überschattet von den Wirren des Krieges 

Die packende Familiensaga geht weiter: eine Hamburger Reedereidynastie an der Schwelle zum Krieg und im Taumel der Gefühle 

In der Fortsetzung zu »Die Villa am Elbstrand« stürzt SPIEGEL-Bestsellerautorin Charlotte Jacobi die Reederfamilie Nieland erneut in ein großes Zeitgemälde im historischen Hamburg. 

Große Weltgeschichte passiert stets im Kleinen – und jeder Mensch ist ein Protagonist. »Sehnsucht nach der Villa am Elbstrand« ist nicht nur das heiß erwartete nächste Kapitel der opulenten Familiensaga um die Reederei Nieland. Der zweite Band der Elbstrand-Reihe führt Leserinnen an die Schwelle zum Zweiten Weltkrieg und lässt sie hautnah spüren, wie bedrohlich und beklemmend diese Zeit war. 

Zu Beginn des Jahres 1933 müssen die Nielands ihre Reederei vor dem Untergang bewahren. Doch das Klima in der Stadt und im Land wird immer feindseliger. Hilde Timmlein hat ihr Herz dem jüngsten Nieland-Spross geschenkt. Doch ihr politisches Gewissen bringt sie dazu, für den Widerstand gegen die Nationalsozialisten alles aufs Spiel zu setzen. 

Liebe, Intrigen und ein Familienimperium – ergreifende Frauenschicksale in spannender Nahaufnahme 

Verstrickte Familienbeziehungen, Frauenfiguren mit Tiefgang und ein Gefühl fürs Detail machen »Sehnsucht nach der Villa am Elbstrand« zu einem exzellenten Schmöker für alte und neue Fans des historischen Liebesromans. Die Ereignisse des 20. Jahrhunderts sind für Charlotte Jacobi nicht nur ein Szenenbild für die eigentliche Handlung, sie werden auf jeder Seite lebendig.  

Für Leserinnen von Anne Jacobs und Ulrike Renk 

Unter dem Pseudonym Charlotte Jacobi bündeln die beiden Autoren Eva-Maria Bast und Jørn Precht ihre literarischen Fähigkeiten zu einer ganz eigenen, begeisternden Mischung. Entdecken Sie die gesamte Elbstrand-Saga mit »Die Villa am Elbstrand«, »Sehnsucht nach der Villa am Elbstrand« und dem großen Finale »Sturm über der Villa am Elbstrand«. 

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Seitenzahl: 613

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Inhalt

Cover & Impressum

Übersicht der wichtigsten Personen

TEIL 1

Winter 1932/1933

1 – Es war eine …

2 – Als Sofie den …

3 – »Paul!« Sofie hatte …

4 – Gegen acht Uhr …

5 – »Natürlich gibt es …

6 – Im Salon der …

7 – »Der Hund hat …

8 – Hilde hatte sich …

TEIL 2

1937

9 – Endlich war der …

10 – Sofía del Campo …

11 – Wegen des enormen …

12 – »Wie bist du …

13 – Hilde saß am …

14 – In Gedanken versunken …

15 – Hilde saß mit …

16 – »Was ist Ihnen …

17 – Rositas Bühnenkostüm, das …

18 – Eine Viertelstunde nach …

19 – Hobbyimker Hinnerk war …

TEIL 3

1938

20 – Die Tage des …

21 – Mit quietschenden Reifen …

22 – »Schön, dass Burkhard …

23 – Leni legte den …

TEIL 4

1939

24 – Willy und Hinnerk …

25 – Anna war etwas …

26 – Hilde runzelte die …

27 – Leni blinzelte auf …

28 – Die St. Louis erreichte …

29 – Hilde, José und …

30 – Moshe hatte sich …

31 – Leni sah sich …

32 – Der 26. Mai …

33 – In tiefster Nacht …

34 – Schon auf dem …

35 – »Paris also«, meinte …

36 – Der Kapitän bemerkte …

37 – Am nächsten Morgen …

38 – In der Nacht …

39 – Am 13. Juni …

40 – Die Argus, das …

41 – Sofie, Anna, Willy …

TEIL 5

1940 bis 1941

42 – Sofie Timmlein war …

43 – Zu dem Empfang …

44 – Rosita Serranos Konzert ….

45 – »Mademoiselle Leni, lassen …

46 – Hilde Timmlein saß …

47 – Eigentlich hatte Rosita …

48 – Hilde beobachtete durch …

49 – Auch Anna war …

50 – Mit weichen Knien …

TEIL 6

1942 bis 1943

51 – »Männer sind einfach …

52 – Sofie und Anna …

53 – Anfang Dezember 1942 …

54 – »Sie haben dich …

55 – »Albin?« Der frühere …

56 – Burkhard Nieland konnte …

57 – Willy schlug das …

58 – Manchmal trifft man …

59 – Es war Sonntagmorgen …

60 – Auf Martha Allmendingers …

61 – »Mutti.« Sofie fuhr …

62 – Es war das …

63 – In tiefer Sorge …

64 – Max und Anna …

Epilog

1945

Danksagung

Literaturempfehlungen und Quellen

Zitierte Musiktexte

1 – Es war eine …

Es war eine Zeit der düsteren Vorahnungen. Selbst die auf dem verschneiten Elbhang thronende Villa Nieland wirkte wie ein unheimliches Spukschloss, als sie vor Sofie Timmlein aus dem Nebel auftauchte. Die blonde Sechsunddreißigjährige stand auf dem Vorderdeck eines kleinen Motorbootes. Ihr Mann steuerte es von Finkenwärder aus auf den gegenüberliegenden Strand von Övelgönne zu. Eiskalt war es auf der Elbe an diesem Nachmittag des 2. November 1932; fröstelnd blickte Sofie zu dem imposanten Gebäude hinüber, das fünfzehn Jahre lang ihr Zuhause gewesen war. Schließlich erreichte der kleine Kutter den Strand unterhalb des Elbschlösschens. Max Timmlein kam aus dem Führerhäuschen, sprang von Bord und vertäute das Gefährt mit geübten Griffen am Ufer. Lächelnd wandte der muskulöse Siebenunddreißigjährige sich um, packte seine Frau an den Hüften und hob sie schwungvoll in den Sand.

»Willkommen auf dem Grund und Boden der Nielands«, sagte Max schelmisch, ohne Sofies Hüften loszulassen. Er küsste sie sanft auf die Lippen, und sie erwiderte seinen Kuss zärtlich. Dabei staunte sie einmal mehr darüber, wie verliebt sie auch nach gut zwölf Jahren Ehe noch waren.

»Den Schlüssel hast du hoffentlich nicht vergessen?«, fragte Max lächelnd, als sich ihre Lippen schließlich voneinander lösten.

Sie schüttelte den Kopf und zog einen klimpernden Bund aus ihrer Manteltasche. »Von Gudrun Nieland höchstpersönlich.«

»Die alte Dame vertraut dir einfach.«

»Das hat aber über sechs Jahre gedauert, bis es so weit war. Und ich musste dafür eigens nach Chile reisen und mit einem windigen Salpeterbaron verhandeln.«

»Zum Glück musstest du das«, erwiderte Max grinsend. »Schließlich hast du unterwegs den nettesten Zimmermann der Welt kennengelernt.«

»Ach, war außer dir noch ein Zimmermann an Bord?«, scherzte Sofie.

Über die verschneiten und teilweise vereisten Steinstufen begann das Paar vorsichtig den Aufstieg zur Villa. Max stützte dabei fürsorglich den Arm seiner Frau. Sofie wusste: Unter dem Schnee, der den gesamten Hang vom Flussufer bis zum Haus hinauf bedeckte, verbarg sich ein gut ein Quadratkilometer großer Garten. Er gehörte der Reederfamilie, die sie einst als Gesellschafterin aufgenommen hatte. Im Sommer würden hier wieder Pfirsiche, Äpfel, Johannis-, Stachel- und Brombeeren sowie Weintrauben wachsen. Jetzt im November umgaben jedoch nur kahle Bäume den geräumigen Prachtbau mit seinem Türmchen, vor dem Sofie und Max ankamen. Auf zwei Etagen und zwei Dachgeschossebenen bot die Villa ausreichend Platz für eine doppelstöckige Eingangshalle, eine Bibliothek, zwei Arbeitszimmer, den großen Salon, sieben Schlafzimmer und drei Dachkammern für das Personal – dort hatte Sofie in ihrer Anfangszeit geschlafen. Achtzehn Jahre war das nun schon her. Nach der Heirat mit Max war sie dann zu ihm in die ausgebaute Mansarde des Garagengebäudes direkt neben dem prunkvollen Elbschlösschen gezogen: Die Nielands hatten dem einstigen Bordschreiner 1925 eine Stelle als Majordomus der Villa angeboten.

»Ich hätte nicht gedacht, dass ich das Gebäude jemals wieder betreten würde«, sagte Sofie zu ihrem Mann, während sie nach dem Schlüssel für den Personaleingang der Villa suchte.

»Ich auch nicht«, erwiderte Max.

Tatsächlich hatte es sich sehr endgültig angefühlt, als sie im Herbst 1929 von hier fortgezogen waren – gezwungenermaßen: Der Salpeter, den die Reederei Nieland vor und nach dem Großen Krieg aus Chile importiert und in Europa äußerst gewinnbringend als Dünger verkauft hatte, war plötzlich unnötig geworden. Schuld daran waren zwei neue Verfahren zur künstlichen Ammoniakherstellung. Die Weltwirtschaftskrise hatte ein Übriges getan und den Handel – und damit auch den Abbau – von Salpeter binnen weniger Monate fast gänzlich zum Erliegen gebracht. Das hatte der Reederei-Dynastie Nieland einen herben Schlag versetzt und sie finanziell in die Knie gezwungen. Daher hatten sie sich veranlasst gesehen, ihre Segelschiffe nach Finnland und England zu verkaufen. Und schließlich war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als auch die geliebte Villa mit einem Großteil des Inventars zu veräußern. Bis auf Gudrun Nielands Zofe hatten sie zudem das gesamte Personal entlassen müssen.

Zum Glück hatte Sofies Mann direkt auf der gegenüberliegenden Seite der Elbe eine Stelle als Hausmeister des Lotsenhauses Seemannshöft erhalten. Dazu gehörte ebenfalls eine Wohnung für die Familie.

Doch vor drei Monaten war ein entfernter Verwandter der Patriarchin Gudrun gestorben und hatte ihr mangels anderer Erben eine stattliche Summe hinterlassen. Somit war es ihr möglich gewesen, die geliebte Villa am Elbstrand zurückzukaufen.

Am 30. Januar 1933 stand Gudrun Nielands achtzigstes Wiegenfest ins Haus, und das traditionsliebende Familienoberhaupt wünschte sich, dass bis zur großen Feier in der Villa wieder alles beim Alten war. Eine enorme Herausforderung, mit der sie Sofie und Max betraut hatte. Dieser durfte mit seiner Familie erneut als Majordomus in die Mansarde über der Remise einziehen.

Sofie drehte den Schlüssel im Schloss und betrat mit Max die Villa. Es war zwar kühl, doch das Gebäude verströmte noch immer einen Hauch des vertrauten Geruchs nach Curry, Kakao und einer Spur Vanille aus Pfeifentabak wie vor dem Auszug.

Max schaltete das elektrische Licht an. Zumindest hier im Küchenbereich sah noch alles so aus wie früher.

»Dann an die Arbeit«, sagte Sofie entschlossen und zückte die Inventarliste. Gudrun Nieland hatte sie ihr zur Überprüfung mitgegeben, als sie tags zuvor in deren Elternhaus in Neumünster zu Besuch gewesen war.

Max sollte die Gebäude auf Schäden untersuchen. »Ich fang mal mit der Remise an und schau nach, wie unsere alte und neue Wohnung aussieht«, kündigte er an.

»Gute Idee«, erwiderte seine Frau und löste den entsprechenden Schlüssel aus dem Bund. »Den kenn ich noch ganz genau.«

Er nahm ihn lächelnd entgegen und gab ihr einen raschen Kuss. »Bis später.«

Nachdem Max das Haupthaus verlassen hatte, ging Sofie langsam von Zimmer zu Zimmer. Jeder Schritt weckte Erinnerungen. Die Inventarliste in ihrer Hand half ihr, nicht vollständig in der Vergangenheit zu versinken. Sie setzte ein Häkchen unter das andere und stellte zufrieden fest: Nichts fehlte.

Einzig die Bibliothek war leer, die Bücher hatten sie der Millionärin nicht mitverkauft, sondern eingelagert. Sie würden nun mit der Familie in die Villa zurückkehren. Die meisten Bände hatte einst die literaturbegeisterte älteste Nieland-Tochter Edith erstanden, die seit 1916 in Chile lebte. Doch auch sie hatte zur großen Freude ihrer Brieffreundin Sofie bereits zugesagt, zum Geburtstag der Großmutter anzureisen.

Im Salon war alles noch beim Alten: Die Empire-Möbel standen fast unverändert da, an den Wänden hingen die vertrauten Gobelins und Gemälde von Segelschiffen. Nur das Porträt des Firmengründers Christian Nieland, der 1916 in der großen Seeschlacht im Skagerrak gefallen war, fehlte. Seine Mutter Gudrun hatte das Bild mit in ihre Residenz in Neumünster genommen.

Und wieder flammten Erinnerungen in Sofie auf: Wie sie sich hier in Burkhard, den einzigen Sohn der Nielands, verliebt hatte. Das enttäuschende Ende ihrer langen Verlobungszeit – und das gut gehütete Geheimnis, das sie seither mit sich herumtrug.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, nicht allein im Salon zu sein. Sie wurde beobachtet. Jemand war hier! Sofie erschauderte, als dieses Gefühl durch ein Knarzen auf dem Holzboden hinter ihr bestätigt wurde. Sie fuhr herum.

»Ist da wer?«, rief sie. »Max?«

Als keine Antwort kam, flog ihr Blick zur Remise hinüber, wo sie durch das erleuchtete Dachfenster ihren Mann erkennen konnte. Das bedeutete zweierlei: Er konnte es nicht sein, der sich mit ihr im Raum befand. Und er war außer Rufweite, würde ihr nicht helfen können.

Sie griff nach dem Schürhaken am Kamin. Als sie wieder vorsichtige Schritte zu hören glaubte, diesmal im Flur, trat sie zögerlich aus dem Salon, ihre provisorische Waffe fest in den Händen. Da hörte sie den spitzen Schrei einer Frau in Todesangst. Er kam aus Richtung Küche! Ausgerechnet jetzt entglitt Sofie der Feuerhaken und landete mit einem lauten Klirren auf dem Boden.

2 – Als Sofie den …

Als Sofie den Schürhaken aufgehoben hatte und damit in die Küche gegangen war, fand sie dort eine füllige Mittdreißigerin mit blondem Haarknoten vor. Zitternd, wimmernd und kreidebleich kauerte sie in einer Ecke neben dem Ofen.

»Ursel!«, erkannte Sofie Gudrun Nielands Zofe und kniete vor ihr nieder.

Die fiel ihr augenblicklich verzweifelt um den Hals.

»Was ist passiert?«, wollte Sofie wissen.

»Paul …«, brachte die Frau mühsam hervor. »Ich habe seinen Geist gesehen – da drüben hat er reingeschaut.«

Sofie sah verwirrt zum Fenster, auf das die aufgeregte Ursel deutete. Sie konnte dort jede Menge Staub erkennen, aber mitnichten denjenigen, den die Zofe erblickt haben wollte: Paul war deren erster Ehemann sowie Chauffeur der Nielands gewesen – und 1918 beim Matrosenaufstand in Kiel erschossen worden.

»Pauls Geist?«, vergewisserte sich Sofie.

»Ja, ich schwöre es«, beteuerte Ursel. »Ich bin durch die Küchentür rein, da stand er plötzlich am Fenster. Er sah noch genauso aus wie damals, damals, als sie ihn …«

Sie begann zu schluchzen und schlug die Hände vors Gesicht. »Morgen ist sein vierzehnter Todestag. Er ist bestimmt wütend, weil ich einen anderen geheiratet habe.«

»Unsinn!«, widersprach Sofie. »Paul hat doch immer so gern gelacht. Er würde dir alles Glück der Welt gönnen.«

»Was ist denn hier los?«, kam es von der Tür, und Ursel schrie erneut vor Schreck auf.

»Alles gut«, beruhigte Sofie sie. »Ist doch nur Max.«

Der sah seine Frau fragend an.

»Ursel hat jemanden am Fenster gesehen«, erklärte sie.

»Paul, es war Paul«, insistierte die Zofe.

»Ich schaue draußen mal nach«, verkündete Max.

»Nimm den besser mit!« Sofie reichte ihm den Schürhaken.

Sie hatte ja selbst Schritte gehört – was sie angesichts Ursels aufgewühltem Zustand aber lieber verschweigen wollte. Im Gegensatz zu der Zofe glaubte Sofie jedoch nicht an einen Geist, vielmehr mutmaßte sie, dass vielleicht ein Dieb etwas von dem wertvollen Inventar der unbewohnten Villa hatte stehlen wollen. Oder es handelte sich um einen Stadtstreicher, der hier Schutz und Essensreste gesucht hatte. Arme Menschen gab es seit der Wirtschaftskrise ja mehr als genug in Hamburg.

Als Max das Haus verlassen hatte, erläuterte Ursel etwas gefasster den Grund ihres Hierseins: Sie sei von Gudrun Nieland beauftragt worden, gründlich in der Villa zu putzen. Das dauere ja mehrere Stunden, deshalb sei sie lieber schon heute Abend angereist. »Jetzt traue ich mich nicht, allein hier zu schlafen«, gestand sie verlegen. »Und zurück zur gnädigen Frau nach Neumünster reicht es nun auch nicht mehr. Bleibt ihr heute Nacht in der Villa?«

»Nein, wir müssen zu den Zwillingen zurück«, erklärte Sofie. »Aber wenn du willst, nehmen wir dich mit rüber zu uns nach Seemannshöft. Da gibt es genug Platz. Bei Max und all den Hafenlotsen bist du absolut sicher. Morgen früh fahre ich dann mit dir hierher zurück, und wir putzen gemeinsam. Was meinst du?«

In diesem Augenblick kam Max zurück. »Weit und breit niemand zu sehen«, verkündete er.

Ursel war darüber wenig beruhigt. »Ich würde dein Angebot gern annehmen, Sofie, und mit zu euch kommen.«

»Wir sind spät dran«, meinte Max, der auf dem Weg zum Strand hinunter den beiden Frauen mit seiner Laterne vorausging. »Julius und Elfie werden Hunger haben.«

»Ach, unsere kleine Meisterköchin zaubert ihrem Bruder schon was«, entgegnete seine Frau zuversichtlich.

»Wo ist denn ihre große Schwester?«, fragte Ursel.

»Hildchen durfte Anna, ihren Gideon und deren Tochter nach Paris begleiten. Sie wollte schon immer in die Modestadt. Die Kleine liebt schöne Kleider über alles.«

Ursel lächelte. »In der Hinsicht kommt sie nach ihrer Patentante.«

Sofie nickte. »Das kann man wohl sagen.«

Was Mode betraf, hatte sich ihre erstgeborene Tochter Hildegard als wahres Wunderkind entpuppt. Die Elfjährige konnte erstaunlich gute Kleiderskizzen zeichnen. Sofie schrieb die Entwicklung dieses Talents Anna zu, der jüngeren der beiden Nieland-Töchter – ihre einstige Arbeitgeberin, Beinah-Schwägerin und beste Freundin. Die modebegeisterte Nieland-Erbin war für Hildchen weit mehr geworden als nur deren Taufpatin. Annas eigene Tochter Leni, inzwischen bereits fünfzehn, hatte ihre Spielkameradin Hilde lieb gewonnen wie eine kleine Schwester. Sie hatte durchgesetzt, dass ihre Freundin an ihrem Unterricht durch den Privatlehrer teilnehmen durfte. Dies war der Grund, dass Hildchen ebenfalls fließend Englisch, Spanisch und Französisch sprach. Für eine Hausmeistertochter war dies wahrhaft ungewöhnlich.

Als Anna verkündet hatte, im Spätherbst mit ihrem Mann Gideon Meseritz und Tochter Leni in die Weltmetropole der Mode zu reisen, hatte Hildchen gebettelt, die Patentante begleiten zu dürfen. Sie hatte vorsorglich begonnen, täglich ihr Französisch von Lenis Privatlehrer und Anna perfektionieren zu lassen. Vor einer Woche schließlich hatten Max und Sofie ihrer Tochter die Reise erlaubt.

»Es ist doch ein Segen, dass man sich nicht länger Sorgen um die Lieben in der Ferne machen muss – so wie damals im Großen Krieg«, sagte Ursel nun und wirkte gleich wieder etwas ernster.

Sofie ahnte, dass die Zofe erneut an ihren Paul dachte.

»Mist«, rief Max, als sie am Boot angekommen waren, und Ursel zuckte einmal mehr erschrocken zusammen.

»Was ist los?«, fragte sie ängstlich.

»Jetzt habe ich vor lauter Geistersuche meine Werkzeugtasche in der Remise liegen lassen!«, schimpfte Max.

»Ich hol sie dir schnell«, bot ihm Sofie an und schnappte sich seine Laterne. »Lass du schon mal den Motor an.«

»Pass auf den rutschigen Stufen auf!«, rief Max seiner Frau hinterher, nachdem sie losgespurtet war.

Als Sofie oben auf dem Hang angekommen war, strich ein kühler Wind über ihren Nacken. Sie fröstelte, eilte zum Fahrzeugschuppen hinüber und dachte daran, wie dort früher der stets lächelnde Paul voller Stolz die Automobile der Nielands geputzt hatte. Damals hatte keiner geahnt, dass der Große Krieg den fröhlichen jungen Mann das Leben kosten würde.

Sekunden später wurde Sofie grob aus ihren Gedanken gerissen. Sie erschrak fürchterlich und unterdrückte mit Mühe einen Schrei: Von der Rückseite der Remise aus hatte sich eine Gestalt in den Schein ihrer Laterne bewegt und starrte sie an. Es handelte sich um einen Mann um die zwanzig, und obwohl es völlig unmöglich war, gab es für Sofie keinen Zweifel darüber, wer da vor ihr stand: Das war Paul Wessels – der Chauffeur der Nielands, den sie vor zehn Jahren beerdigt hatten!

***

Das Pariser Café de Flore an der Ecke des Boulevard Saint-Germain und der Rue Saint-Benoît verdankte seinen Namen der Göttin Flora, deren Skulptur auf der anderen Straßenseite stand.

Hilde Timmlein saß mit ihrer dunkelhaarigen Patentante Anna und deren Tochter Leni an einem Tisch am Fenster. Hilde sah sich fasziniert unter den Café-Gästen um. Die fünfunddreißigjährige Reederei-Erbin Anna Nieland hatte den Mädchen angekündigt, dass hier Schriftsteller, Modemacher und Künstler verkehrten. Und mit einem in Frankreich sehr bekannten Artiste waren sie an diesem Abend verabredet – einem Maler, Poeten sowie seit Neuestem auch Filmregisseur namens Jean Cocteau, einem guten Freund von Annas Cousin Hinnerk Nieland.

»Wir haben Monsieur Cocteau vor zwei Jahren bei den Dreharbeiten für seinen Film Das Blut eines Dichters besuchen dürfen«, hatte Tante Anna begeistert erzählt. »Das war völlig surreal, kann ich euch sagen.«

Während sie auf den Künstler warteten, bewunderte Hilde die verschiedenen, teilweise recht extravaganten Kleidungsstile der Gäste. Bei der Herrenmode fiel der Elfjährigen die sehr locker sitzende Kleidung auf, Mäntel in lässigen Überweiten, während die neuesten Stücke der Damen durch breite Schultern und enge Taillen geprägt waren. Hier im Café erkannte das Mädchen Elsa Schiaparellis neuartige Kreation mit betonten Schulterpartien wieder, die sie in den französischen Modemagazinen ihrer Patentante bereits auf Abbildungen bewundert hatte. Auch die dort gezeigten wadenlangen, schmalen Röcke entdeckte sie bei einigen Damen. Zu Hause in Hamburg hatte Hilde von der neuesten Linie der Pariser Mode natürlich noch nichts gesehen. Dort zwang laut Tante Anna die Not der Wirtschaftskrise die Menschen, weiterhin erfinderisch zu improvisieren: Man versuchte, getragene Kleidungsstücke durch neuen Aufputz oder unaufwendige Veränderungen am Schnitt aufzuwerten. In Deutschland wurden selbst die kleinsten Stoffreste nicht vergeudet, sondern für Patten, Fichu-Garnituren, Manschetten oder Schleifen verwendet.

»Schleifen als Accessoire sind dieses Jahr auch hier offensichtlich besonders en vogue«, stellte ihre Patentante fest, die ihrerseits die Gäste beobachtete.

Hilde nickte. »Und die Schuhe zur Abendgarderobe sind mit Reptilienleder verziert«, war dem Mädchen aufgefallen.

»Dazu trägt Madame ein paar Stulpenhandschuhe«, ergänzte Anna. »Extravagant.«

»Ihr und eure Mode«, kommentierte Leni seufzend. »Morgen ist Boutiquenverbot, da wird endlich der Eiffelturm bestiegen.«

»Du bist doch heute selbst ganz modisch gekleidet, Leni.« Hilde tippte auf die Bluse ihrer fünfzehnjährigen Freundin. »Lila und Dunkelblau sind gerade die Modefarben!«

»Na, wenn du es sagst«, erwiderte Leni grinsend. »Dabei ist das Ding schon zwei Jahre alt.«

Sie lachten. Anna strich ihnen liebevoll über die Köpfe; beide Mädchen trugen die Haare kurz: Hilde ihr blondes aus Modegründen, Leni ihr braunes, weil es bequemer so war.

»Schön, dass ihr beide euch so gut versteht«, befand Anna, »genau wie deine Mutter Sofie und ich, Hildchen.«

»Mama, jetzt nicht wieder die Geschichte, wie Tante Sofie dich vor zwanzig Jahren aus dem brennenden Ostseehotel gerettet hat«, bat Leni.

»Und sie dann deine Gesellschafterin in der Villa am Elbstrand wurde«, ergänzte Hilde, woraufhin Leni hinzufügte: »Und ihr im Großen Krieg zusammengehalten habt wie Pech und Schwefel.«

»Ach, hatte ich das schon erzählt?«, fragte Anna mit sanfter Ironie und lächelte über sich selbst. Dann stellte sie abrupt ihre Kaffeetasse ab und winkte erfreut. »Da ist er!«, rief sie. »Jean!«

Ein hagerer Mann um die vierzig mit dunklem Wuschelkopf lächelte, als er Anna erblickte. Er kam zu ihnen an den Tisch und begrüßte die Nieland-Erbin mit drei Küsschen auf die Wangen. Dann ließ er sich von ihr deren Tochter und Hilde vorstellen.

»Leni interessiert sich für eure Architektur und Technik, und Hilde ist hier, um auf Coco Chanels Spuren zu wandeln«, erklärte Anna in lupenreinem Französisch, während ihr Freund Platz nahm und die beiden verlegenen Mädchen freundlich musterte.

»Coco?«, fragte Jean Cocteau lächelnd. »Sind Sie Montag noch in der Stadt? Da wird Coco eine neue Kollektion in ihrer Privatwohnung vorstellen. Gerüchten zufolge spielen diesmal Diamanten eine große Rolle.«

»Sie kennen Mademoiselle Chanel persönlich?« Hilde war von dieser Neuigkeit so elektrisiert, dass sie alle Schüchternheit vergaß und ihre Frage in etwas unsicherem Französisch vorbrachte.

»Raten Sie mal, wer die Kostüme zu meinem Film entworfen hat, Mademoiselle«, sagte Cocteau lächelnd. »Ich werde Ihnen Coco am Montag gern vorstellen.« Er blickte auf und erhob sich gleich darauf von seinem Stuhl. »Entschuldigen Sie mich kurz, da vorne ist Graf de Noailles, ich muss ihn unbedingt begrüßen. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.« Mit diesen Worten ging er zu einem nobel gekleideten Herrn, auf dessen Haupt ein Zylinder thronte.

Hilde fühlte sich plötzlich, als sei sie selbst Teil eines surrealen Films. Jemanden zu treffen, der mit ihrem großen Vorbild befreundet war, und dann zu erfahren, dass sie die Mode-Ikone möglicherweise selbst kennenlernen durfte – das klang wie im Märchen. Wie oft hatte sie Chanels Kleider nachgezeichnet und in ihren Skizzen variiert!

»Ist diese Frau denn wichtig?«, fragte Leni in ihre Gedanken hinein.

»Und ob die wichtig ist, meine Süße«, erwiderte Anna euphorisch. »Und zwar nicht nur, weil sie faszinierende Kreationen entwirft: Coco Chanel hat uns Frauen aus dem Korsett befreit.«

Hilde dachte, dass Mode ohne Korsett ja eigentlich schon Anfang des Jahrhunderts von Madeleine Vionnet und Paul Poiret geschaffen worden war, aber das tat jetzt nichts zur Sache. Coco Chanel war einer der Hauptgründe dafür, dass Paris das Modezentrum der Welt geworden war. Und nun sollte sie die Dame möglicherweise treffen. Hilde hoffte inständig, dass er nicht übertrieben hatte, dieser Monsieur Jean Cocteau mit seinen gefühlvollen Augen. Sie konnte es kaum erwarten, ihren Eltern von dieser Überraschung zu schreiben.

3 – »Paul!« Sofie hatte …

»Paul!«

Sofie hatte beschlossen, all ihren Mut zusammenzunehmen und dem jungen Mann zu folgen, der, gleich nachdem er sie erblickt hatte, wieder hinter der Remise verschwunden war. Offensichtlich hatte er vor ihr genauso viel Angst wie sie vor ihm. Sie eilte um das Gebäude herum, fand jedoch keine Spur mehr von dem einstigen Chauffeur.

»Paul«, rief sie erneut ins Dunkel, »Paul!«

Sie lauschte in die Nacht hinein, aber außer dem Ruf eines Käuzchens und dem leisen Rauschen der Elbe war nichts zu hören. Dennoch war sich Sofie sicher, dass Pauls Auftauchen keine Halluzination gewesen war. Hatte sich Annas Mann Gideon vor zehn Jahren getäuscht, und Paul Wessels hatte die Schüsse beim Kieler Matrosenaufstand doch überlebt? War der Falsche beerdigt worden? Aber wie kam es, dass der einstige Nieland-Fahrer keinen Tag gealtert schien? Außerdem: Wenn es wirklich Paul war, warum hatte er sich dann so lange nicht bei seiner Frau Ursel und den Nielands gemeldet? Sofie fand bislang keine logische Antwort, aber an Geister konnte sie dennoch nicht glauben. Anders als Ursel. Dieser, so beschloss Sofie, würde sie ihre merkwürdige Begegnung besser verschweigen. Und ihrem Mann wollte sie erst davon erzählen, wenn die verängstigte Zofe außer Hörweite war.

Aber Max bemerkte Sofies Stimmungsänderung sofort, als sie kurz darauf mit seiner Werkzeugtasche am Boot ankam. »Alles in Ordnung, Schatz?«, fragte er.

In den zwölf Jahren ihrer Ehe hatten sie ein tiefes Gespür dafür entwickelt, wie es dem anderen ging. Da Ursel neben ihm stand, sagte Sofie nach einem kurzen Kuss lediglich: »Kalt ist es, lass uns schnell nach Hause.«

Max steuerte den Kutter auf das Lotsenhaus zu. Es stand auf der Spitze einer schmalen Landzunge im Nordwesten des Hamburger Stadtteils Waltershof zwischen Elbe und dem zu Finkenwärder gehörenden Köhlfleet.

Im Waltershofener Hafen lagen verlassene Schiffe, so weit das Auge reichte. Ursel fröstelte beim Anblick dieses sogenannten Hamburger Schiffsfriedhofs. »All diese Geisterschiffe, unheimlich.«

»Die warten hier auf ihre Verschrottung«, erklärte Sofie. »Durch die Krise geht es den Reedereien sehr schlecht, es gibt einfach zu viele Schiffe. Deshalb versucht der Staat ihnen mit einer Abwrackprämie zu helfen.«

»Eine verdeckte Subvention. Damit können die Werften jedenfalls ein paar von ihren Facharbeitern weiterbezahlen – zumindest vorerst«, mutmaßte Max. »Aber Hinnerk Nieland meint, es gibt weltweit zu viele Schiffe – und zu wenig Aufträge. Man müsse sich international besser abstimmen.«

»Und wie geht es unserer Reederei inzwischen?«, erkundigte sich Ursel.

»Hinnerk und sein Prokurist Willy haben auf Bananenimport mit Fruchtkühlschiffen umgesattelt«, berichtete Sofie. Die Wirtschaftskrise war auf ihrem Höhepunkt angelangt, es gab in Deutschland sieben Millionen Arbeitslose. Die Bananenpreise hatten deshalb einen nie da gewesenen Tiefstand erreicht, der leider sämtliche Mindestkalkulationen über den Haufen warf, welche die Nielands überhaupt zum Bau der Dampfer Henny und Hedwig ermutigt hatten. Und die beiden Schiffe waren so groß, dass sie über fünfhundert Zentner teure Kohle am Tag verbrauchten.

Sofie wusste aber, dass Hinnerk und Willy dennoch zuversichtlich waren. »Trotz der Niedrigpreise hoffen sie bald wieder Gewinne einzufahren.«

Die Barkasse erreichte das Lotsenhaus. Ursel blickte beeindruckt an dem Klinkergebäude mit seinem fast dreißig Meter hohen Signal- und Beobachtungsturm empor.

»Ganz schön groß aus der Nähe, der Kasten«, staunte die Zofe.

»Hier sind manchmal über fünfzig Lotsen untergebracht«, erklärte Sofie. Sie hatte den Backsteinbau mit dem dominanten Signal- und Beobachtungsturm schon früher oft vom Balkon der Villa aus bewundert. »Sein Signalfeuer fand ich immer so beruhigend.«

»Geht schon ohne mich hoch«, schlug Max zu ihrer Enttäuschung vor. »Ich muss mit dem Hafenmeister noch über ein paar lose Dachziegel sprechen.«

Als die beiden Frauen in der Hausmeisterwohnung im Dachgeschoss des niedrigeren Gebäudeteils ankamen, wurden sie freudig von den zehnjährigen Zwillingen Elfriede und Julius begrüßt.

»Tante Ursel«, erkannten sie begeistert die Kammerfrau, die sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatten.

»Na, ihr zwei? Wie geht es euch denn?«, fragte Ursel und strich dem Mädchen liebevoll über den roten Wuschelkopf.

»Wir haben Abendbrot gemacht«, verkündete Julius, und seine Schwester Elfie ergänzte spitz: »Die Eierkuchen sind jetzt aber kalt.«

»Die schmecken auch so«, versicherte Sofie. »Lieb von euch.«

Während sie Ursel ein Gedeck hinstellte, war sie in Gedanken immer noch bei der Gestalt im Garten der Villa, die aussah wie Paul Wessels. Sie wollte endlich mit Max darüber sprechen.

»Juli, geh doch bitte mal rüber zum Hafenmeister und sag Vati, dass hier sein wunderbares Nachtessen auf ihn wartet.«

»Ich komme mit«, meinte Elfie, und weg waren die beiden Kinder.

»So süß, die zwei«, kommentierte Ursel mit vollem Mund.

Offenbar war der Appetit der Zofe in den letzten drei Jahren nicht geringer geworden, wie Sofie schmunzelnd feststellte.

»Und wie geht es deinem kleinen Ernst?«, erkundigte sie sich. »Ist er immer noch so gut in der Schule?«

Bei der Erwähnung ihres Sohnes begann Ursel augenblicklich zu strahlen. 1921 hatte die verwitwete Kammerfrau der Nielands den Postboten von Othmarschen, Piet Spahrbier, geheiratet und einen Sohn bekommen. Ursel hatte ihre Herrin Gudrun Nieland nach Aufgabe der Villa in deren Residenz in Neumünster begleitet; deshalb wohnte der inzwischen Elfjährige seit drei Jahren bei seinen Großeltern väterlicherseits in Othmarschen. Er war der ganze Stolz seiner Mutter, da er mit großartigen schulischen Leistungen glänzte.

»Er ist immer noch Klassenbester«, bestätigte Ursel lächelnd und griff nach einem weiteren Pfannkuchen. »Weiß der Teufel, von wem er das hat. Von mir und Piet jedenfalls nicht. An uns sind die Lehrer eher verzweifelt. Es ist so schön, dass ich ihn jetzt wieder ganz oft sehen kann, wenn ich mit der gnädigen Frau zurück in die Villa ziehe.«

Sofie wusste, dass das Familienoberhaupt höchstpersönlich die Verhandlungen mit jener Witwe geführt hatte, an die das Anwesen 1929 veräußert worden war.

»Warum hat diese Millionärin die Villa den Nielands eigentlich zurückverkauft?«, wunderte sich Sofie. »So ein Prachthaus gibt man doch nicht so einfach auf!«

»Sie bekam angeblich Sehnsucht nach der Sonne und ist Anfang Oktober nach Portugal gezogen«, erklärte Ursel. »Ihr verstorbener Mann besitzt dort wohl mehrere Anwesen. Unsere gnädige Frau Nieland hat die Villa für denselben Preis zurückbekommen, den sie vor drei Jahren dafür verlangt hatte.«

»Wunderbar«, freute sich Sofie. »Es ist so schön, dass wir alle bald wieder zusammen sind.«

»Ja, dein Max ist der beste Majordomus der Welt«, lobte Ursel. »Der repariert jeden Schaden gleich selbst.«

»Das stimmt, manchmal denke ich, es war Schicksal, dass vor sieben Jahren der Blitz in die Schreinerei seines Vaters eingeschlagen hat«, meinte Sofie. »Wäre sie damals nicht abgebrannt, hätten die Nielands Max diese Stelle nicht angeboten. Und in der jetzigen Wirtschaftskrise würde eine kleine Schreinerei sowieso nicht überleben.«

»Die gnädige Frau hat gesagt, sie will dich fragen, ob du irgendwann Frau Iwersens Nachfolgerin als Hausdame werden wirst«, fiel Ursel ein.

»Ach, das hat Zeit«, winkte Sofie ab. »Ich helfe natürlich immer gern, wenn mal Not am Mann ist, aber unsere Frau Iwersen ist doch für ihre sechsundsiebzig Jahre noch richtig rüstig.«

»Das stimmt, sie kommt zurück«, bestätigte Ursel. »Ich freu mich auf sie und auf Frau Dahlke – und ihr gutes Essen!«

Ja, sie würden bald endlich wieder alle auf dem Anwesen der Nielands vereint sein, die Überlebenden des Großen Krieges – und unheimlicherweise auch einer seiner angeblichen Toten, fügte Sofie schaudernd im Geiste hinzu.

»Endlich allein«, sagte Sofie, als sie eine Stunde später mit Max ihr Schlafzimmer betrat.

Er grinste erfreut. »Was hat meine Frau denn mit mir vor?«

Doch Sofie wollte ihm vor irgendwelchen Zärtlichkeiten unbedingt endlich von ihrer Beobachtung erzählen. Zu ihrer Erleichterung hatte sich Ursel recht erschöpft von der Reise und dem Schreck in der Abendstunde gezeigt. Nachdem Max mit den Kindern zum Abendessen hochgekommen war, hatte sie dauernd gegähnt. Daher hatten sie die Zofe schließlich in einer der leer stehenden Lotsenkammern untergebracht. Auch die Kinder Elfie und Juli waren von Sofie zu deren Unwillen rasch in die Federn verbannt worden, damit sie endlich allein mit ihrem Mann sprechen konnte.

»Bist du dir sicher?«, fragte dieser nach ihrem Bericht verdutzt.

»Absolut«, erwiderte Sofie. »Ich habe diesen Mann so deutlich gesehen wie dich jetzt. Und dann war er spurlos verschwunden.«

»Das gibt’s doch nicht«, rief Max plötzlich, der aus dem Dachfenster auf die andere Elbseite zur Villa Nieland hinübergesehen hatte. Sofie folgte seinem Blick und glaubte ein Licht auf Höhe des Hauses aufflackern zu sehen. Rasch war es jedoch wieder erloschen.

»Läuft da jemand mit einer Laterne im Garten herum?«, mutmaßte sie.

»Ich hatte eher den Eindruck, das Flackern war in der Villa«, sagte Max und holte ein Fernglas aus dem Schrank.

Sofie bekam eine Gänsehaut. »Die habe ich doch abgeschlossen. Und alle Fenster waren unbeschädigt.«

»Durch Wände laufen kann aber niemand«, sinnierte Max ratlos und linste durch das Fernglas.

Sie sahen noch eine Weile hinüber zur Villa, konnten dort jedoch keine weiteren Irrlichter erkennen.

»Ich werde morgen Wache schieben, sobald ich hier am Lotsenhaus die Dachziegel ausgetauscht habe«, schlug Max vor.

Sofie nickte. »Und ich schaue mich beim Putzen noch mal nach Spuren um.«

Ursel schien die angebliche Geistererscheinung ihres verstorbenen ersten Ehemannes ganz allmählich zu vergessen, als sie am Donnerstag mit Sofie die Räume der Villa putzte. Gegen Abend sangen die beiden Frauen sogar bei der Arbeit. Ohne der Zofe davon zu erzählen, sah sich Sofie nebenbei nach möglichen Spuren des Eindringlings um, fand jedoch keine. Sie wusste, dass Max, der sie morgens am Strand abgesetzt hatte, den Vormittag über das Dach des Lotsenhauses repariert hatte, nachmittags hatte er jedoch heimlich zur Villa zurückkehren und sie bewachen wollen. Ursel hatten sie nichts davon erzählt, um sie nicht zu beunruhigen. Doch als die Abenddämmerung einsetzte, verschlechterte sich die Stimmung der Zofe wieder merklich.

»Heute vor vierzehn Jahren haben sie ihn erschossen, meinen Paul«, sagte sie traurig, als sie mit Sofie in die Küche gegangen war, um dort das Abendbrot zu essen, welches sie sich mitgebracht hatten.

Sofie nickte traurig. »Von den eigenen Landsleuten ermordet. So kurz vor Kriegsende. Und die ganze Revolution war völlig vergeblich, wenn dieser Adolf Hitler sich jetzt wirklich durchsetzt. Dann fängt das mit dem Nationalismus und der Kriegstreiberei von vorne an.«

Als sie die Tür des hochmodernen Kühlschranks öffnete, stellte sie fest, dass das Wurstbrot, dass sie gestern dort hineingelegt hatte, verschwunden war.

Ursel bemerkte ihr Erschaudern. »Was ist?«, fragte sie ängstlich.

In diesem Moment waren aus Richtung der Eingangshalle der Schrei eines Mannes und ein Poltern zu hören. Ursel begann augenblicklich zu wimmern, Sofie griff beherzt nach einem Küchenmesser.

»Warte hier!«, raunte sie der verängstigten Zofe zu und hastete auf den Gang hinaus.

In der zweistöckigen Eingangshalle stand die Tür weit offen. Dort lag Max auf einer sich windenden männlichen Gestalt, die er offenbar mit einer Decke zu Boden gerissen hatte. Als der muskulöse Zimmermann den Eindringling fest genug im Griff hatte, drehte er ihn auf den Rücken, und die herangeeilte Sofie riss die Decke weg.

Fassungslos starrte sie in das nass geschwitzte, gerötete Gesicht ihres Bruders. »Willy!«

Der nutzte den Überraschungsmoment, um Max wütend von sich zu stoßen.

»Was sollte das denn?«, fuhr er seinen Schwager an.

»Und was suchst du schon hier?«, erwiderte dieser baff. »Wieso bist du nicht mehr in Portugal?«

»Du wolltest doch erst am Zehnten zurück sein«, ergänzte Sofie.

Ihr Bruder strich sich die zerwühlten blonden Haare aus dem Gesicht, das trotz seiner siebenunddreißig Jahre recht jugendlich wirkte, rappelte sich auf und half dann Max auf die Beine.

Willy Heger, Prokurist in der Reederei, war mit Geschäftsführer Hinnerk Nieland zu dessen Mutter gereist, die seit Aufgabe der Villa wieder in ihrer Heimatstadt Lissabon lebte – und dort am kommenden Montag ihren sechzigsten Geburtstag feiern würde.

Für Willy war Hinnerk Nieland seit vierzehn Jahren weit mehr als sein Chef, doch davon wusste nur der engste Familienkreis. »Tragisch veranlagt wie Oscar Wilde« zu sein hätte für die beiden ineinander verliebten Männer schließlich gesellschaftliche Ächtung und im schlimmsten Fall sogar eine Gefängnisstrafe zur Folge gehabt. Seine delikate Beziehung zum Nieland-Inhaber war jedoch nicht Willys einziges Geheimnis. Seine Schwester hatte er natürlich in alles eingeweiht – warum er aber nun verfrüht aus Lissabon zurückgekehrt war und den Geburtstag der Mutter seines Freundes verpasste, wusste auch Sofie noch nicht.

»Gudrun Nieland hat um Hilfe bei der Abwicklung des Erbes ihres verstorbenen Großcousins gebeten. Deshalb musste einer von uns schon vor der Feier zurück«, erläuterte Willy und blickte kritisch auf das mächtige Küchenmesser in der Hand seiner Schwester. »Ich wollte euch in Seemannshöft besuchen, aber am Telefon haben sie gesagt, dass ihr hier seid. Konnte ja nicht ahnen, dass mich dein Gatte wie ein Huhn einfängt.«

»Ich habe dich für einen Einbrecher gehalten«, erklärte Max entschuldigend.

»Ein Einbrecher mit Schlüssel zum Haupteingang?«, fragte Willy nach.

»Ja, jemand treibt sich hier herum. Und er muss heute Nacht in der Villa gewesen sein, obwohl ich sie abgeschlossen hatte«, präzisierte Sofie. »Aus dem Kühlschrank ist ein belegtes Brot verschwunden. Und das Unheimliche ist: Die Gestalt, die Ursel und ich gestern hier gesehen haben, sieht genauso aus wie Paul.«

Bevor der verwirrte Willy etwas auf diese erstaunlichen Neuigkeiten antworten konnte, hörten sie Ursels Stimme: »Dann hast du ihn auch gesehen – und mir nichts davon gesagt?«

Die Zofe stand kreidebleich im Flur, sie hatte das Gespräch in der Eingangshalle offenbar mitbekommen.

»Ich wollte dich nicht noch mehr beunruhigen«, gestand Sofie kleinlaut.

»Na, das ist jetzt aber mächtig in die Hose gegangen«, erwiderte Ursel mit zitternder Stimme.

»Moment mal, ihr meint Paul Wessels?«, erkundigte sich Willy. »Den Paul Wessels, der vor vierzehn Jahren in Kiel gestorben ist?«

Sofie nickte ernst. »Und das Seltsame ist, er sah immer noch aus wie mit zwanzig. Inzwischen wäre er ja aber fast vierzig. Ich kann es mir auch nicht erklären.«

»Hm, ich vielleicht schon«, murmelte Willy nachdenklich. »Ich muss etwas überprüfen.«

Ohne ein weiteres Wort stapfte er los und verschwand hinter der Tür des Arbeitszimmers. Max brauchte nur eine Sekunde, um sich mit einer gemurmelten Entschuldigung in Richtung der Frauen an Willys Fersen zu heften.

Sofie und Ursel blickten den Männern ratlos nach.

»Du musst mich nicht dauernd schonen«, sagte Ursel nach einem Moment des Schweigens zu Sofie. »Ich weiß, was ich gesehen hab. Da kann es mich auch nicht viel mehr beunruhigen, wenn du Paul ebenfalls erkannt hast. Und auch wenn ich gern tratsche – ich kann ein Geheimnis für mich behalten, wenn es nötig ist. Trau mir ruhig mal was zu!«

»Was meinst du?«, hakte Sofie etwas überfordert nach. »Dass es ein Geheimnis ist, dass wir Paul gesehen haben?«

Ursel schüttelte den Kopf. »Nein. Dass du mir nie erzählt hast, dass der angebliche Norweger Willy Heger in Wirklichkeit dein Bruder ist. Ich habe mir schon gedacht, dass er seinen Namen geändert hat, damit er nach der Skagerrak-Schlacht nicht noch mal sein Leben riskieren muss – in diesem völlig sinnlosen Seekrieg seinerzeit«, erklärte Ursel. »Ich bin ja nicht dumm, ich weiß auch, dass er als Deserteur erschossen worden wäre, wenn irgendjemand sein Geheimnis weitererzählt hätte.«

»Du … hast es die ganze Zeit gewusst?«, fragte Sofie verblüfft.

»Ja, und ich habe natürlich nie ein Wort darüber verloren«, erwiderte die Kammerzofe beleidigt. »Ich weiß nicht, was mich mehr enttäuscht hat – dass du mir nicht zugetraut hast, dass ich ein Geheimnis für mich behalten kann, oder dass du gedacht hast, ich sei zu dumm, Willy wiederzuerkennen. Er hat dich 1914 doch mal hier besucht. Einen so hübschen Mann vergesse ich bestimmt nicht. Als Anna und du ihn dann zwei Jahre später der gnädigen Frau als neuen Chauffeur aus Norwegen angedreht habt, wusste ich natürlich sofort, woher der Wind weht.«

»Oh, Ursel, es tut mir wirklich leid, dass dich das verletzt hat«, sagte Sofie aufrichtig. »Ich hatte keine Angst, dass du Willys wahre Identität absichtlich weitersagst. Aber je mehr Menschen sein Geheimnis kennen, desto größer ist die Gefahr, dass am Ende durch eine Unachtsamkeit doch etwas herauskommt.«

»Auf so was passe ich schon auf«, entgegnete Ursel ein wenig besänftigt. »Ich habe schließlich auch schon Geheimnisse vor den Herrschaften gehabt. Und damit du das auch gleich weißt: Dass Willy und Herr Nieland ein Paar sind, habe ich mir ebenfalls schon zusammengereimt. Und ich werde auch darüber nicht sprechen, ganz besonders nicht, wenn dieser Adolf Hitler sich wirklich in die Regierung hineinerpresst.«

Sofie musste sich verlegen eingestehen, dass sie die Auffassungsgabe der Kammerfrau in der Tat unterschätzt hatte. Sie bekam sofort ein schlechtes Gewissen.

Ursel bemerkte ihren betretenen Gesichtsausdruck und sagte nun etwas versöhnlicher: »Natürlich konnte ich mir auch nicht alles zusammenreimen. Wie ist Willy denn an die Papiere eines Norwegers gekommen?«

»Erinnerst du dich, als Weihnachten 1920 die Fischerin Hedda Heger mit ihrem Schwiegervater aus Norwegen zu Besuch war?«, fragte Sofie.

»Ja, die Frau hatte sich als Willys Mutter ausgegeben«, wusste Ursel. »Hat er sie dafür bezahlt?«

»Nein, sie und ihr Schwiegervater haben Willy 1916 aus dem Skagerrak gerettet, nachdem die Engländer sein Kriegsschiff versenkt hatten«, erzählte Sofie. »Hedda hat ihn von Anfang an sehr gemocht. Er erinnerte sie an ihren Sohn, der war ein Jahr zuvor bei einem Sturm von ihrem Fischerboot gespült worden und nie wiederaufgetaucht. Schließlich haben die Hegers Willy überredet, die Identität des verschollenen Sohnes anzunehmen – mit allen Papieren und Zeugnissen. Sie wollten nicht, dass Willy nach den beiden Schiffskatastrophen erneut sein Leben riskiert.«

»Wie lieb von ihnen«, meinte Ursel gerührt. »Ich wünschte, Paul hätte auch rechtzeitig so ein Angebot bekommen, diesem verfluchten Kriegskaiser zu entkommen.«

In diesem Moment kam Max aus dem Arbeitszimmer. Er winkte sie herbei und verkündete mit verschwörerisch gesenkter Stimme: »Meine Damen, unser Willy hat einen Plan, wie wir diesen Geist fangen können.«

4 – Gegen acht Uhr …

Gegen acht Uhr abends trat Sofie mit Max, ihrem Bruder Willy und Ursel aus dem Personaleingang der Villa ins Freie.

»Dann bis bald, ihr Lieben«, rief Willy unverhältnismäßig laut. »Ich fahre zurück in die Stadt.«

»Können wir jetzt endlich gehen? Ich muss am Lotsenhaus noch die Heizungen entlüften«, flunkerte Max genauso laut, woraufhin seine Frau ergänzte: »Hoffentlich ist hier nicht alles wieder staubig, wenn wir in zwei Wochen wiederkommen.«

Doch als das Paar mit Ursel unten am Elbufer angekommen war und die drei das Boot bestiegen hatten, löschte Max die Laterne. Im Schutz der Dunkelheit sprang er gleich wieder von Bord.

»Viel Glück«, flüsterte ihm Sofie zu, bevor sie mit der Barkasse ohne ihn ablegte.

Während sie das Gefährt über die Elbe zu steuern begann, blickte sie sich noch einmal um.

»Man kann Max nicht erkennen«, meinte Ursel. »Es ist viel zu dunkel. Wenn der Paul-Doppelgänger sich wirklich noch irgendwo versteckt, wird er denken, er sei ungestört.«

»Und Willy wird er auch nicht sehen. Der hat seinen Wagen inzwischen bestimmt bei den Brögers geparkt«, resümierte Sofie die Details des Plans. »Von da aus kommt er ja geschickt in den Garten der Villa zurück. Und sich anschleichen konnte er schon als Kind gut.«

Ursel stierte besorgt zur dunklen Villa zurück. »Hoffentlich tut er ihnen nichts. Sie sind zwar zu zweit, aber wer weiß, wer oder was er ist. Wo fährst du eigentlich hin?«

»Ich lege da vorne bei den Nachbarn wieder an«, erläuterte Sofie. »Die Stelle ist wegen der Bäume vom Haus aus nicht einsehbar.«

Ursel geriet in Panik. »Was hast du denn vor?«

»Ich möchte mich auch zur Villa schleichen«, gab Sofie zu. »Drei Augenpaare sehen mehr als zwei.«

»Bist du verrückt geworden? Die Männer haben doch gesagt, wir sollen beim Lotsenhaus auf ihr Lichtsignal warten«, erinnerte Ursel sie aufgebracht. »In Sicherheit!«

»Ich passe schon auf mich auf«, erwiderte Sofie, während das Boot das Ufer des Nachbargrundstücks erreichte. »Bleib du hier!«

Willy zwängte sich durch ein Loch im Zaun vom Grundstück der Nachbarsfamilie. An diesem wolkenverhangenen Abend machte es sich bezahlt, dass er dreizehn Jahre lang in der Villa gewohnt hatte und das Anwesen wie seine Westentasche kannte.

Er schlich um die beiden Bienenstöcke, welche Hinnerk Nieland höchstpersönlich hier im Garten aufgestellt hatte.

Willy erstarrte, als er durch das Küchenfenster eine Laterne in dem Gebäude aufflackern sah. Wie erhofft, schien der Fremde sie belauscht zu haben und davon auszugehen, dass er nunmehr wieder allein auf dem Grundstück war. Wie auch immer dies dem Mann möglich gewesen war – er war offenbar erneut in das verschlossene Gebäude eingedrungen. Um einen Geist handelte es sich aber gewiss nicht – Gespenster brauchten wohl kaum eine Laterne. Nein, Willy hatte einen ganz anderen Verdacht. Er hatte inzwischen den Haupteingang erreicht; in der Dunkelheit war es gar nicht so leicht, das Schlüsselloch zu finden. So geräuschlos wie möglich schloss er auf und betrat die Empfangshalle. Er musste sich eingestehen, dass der Flur in der Dunkelheit ungewohnt und unheimlich wirkte. Da hörte er in der Küche einen Mann aufschreien und griff instinktiv nach der Pistole in seinem Mantel. Kapitän Pohlig hatte sie ihm vor zwölf Jahren nach ihrer gemeinsamen Chilefahrt überlassen. Doch bevor er die Waffe zücken konnte, wurde Willy von der Laterne des Mannes geblendet, der ihm aus Richtung der Küche entgegengerannt kam.

»Stehen bleiben!«, hörte er seinen Schwager Max rufen, doch der Fremde machte keine Anstalten, darauf zu hören.

Im Schein der Laterne sah er tatsächlich aus wie der einstige Fahrer der Nielands! Dann floh der Doppelgänger auch schon durch die noch angelehnte Eingangstür. Erst als Max über den Flur gehastet kam, hatte sich Willy von seinem Schrecken erholt und folgte mit seinem Schwager dem Fremden in die Nacht hinaus.

Sofie sah eine Gestalt aus dem Vordereingang der Villa direkt auf sich zurennen und hörte ihren Bruder rufen: »Albin, bleib stehen!«

Ihr wurde bewusst, dass der fliehende junge Mann sie nicht bemerkt hatte und gleich ganz nah an ihr vorbeilaufen würde. In diesem Moment fiel ihr ein, was ihre niederträchtige Mitschülerin Birte früher öfter getan hatte – sie stellte dem Fremden ein Bein. Der Mann stolperte und stürzte mit einem erschrockenen Stöhnen auf den Kiesweg. Sofort war Max bei ihm und drehte ihm den Arm auf dem Rücken.

»So, Freundchen«, knurrte der Zimmermann. »Jetzt ist Zapfenstreich.«

»Albin Wessels, sind Sie das?«, fragte Willy, der ebenfalls herangekommen war.

Der junge Mann nickte schuldbewusst. »Jawohl, Herr Heger.«

Jetzt endlich erinnerte sich auch Sofie: Albin Wessels war der jüngere Bruder des Nieland-Chauffeurs. Sie hatte ihn das letzte Mal auf Pauls Beerdigung vor vierzehn Jahren in Kiel gesehen, damals war Albin erst acht Jahre alt gewesen. Warum lungerte er nun auf dem Grundstück der Nielands herum – und wie hatte er es geschafft, immer wieder in die verschlossene Villa einzudringen?

Wenig später saß der Zweiundzwanzigjährige wie ein Häufchen Elend vor Sofie, Max und Willy in der Küche der Villa. Auch Ursel war dabei, Sofie hatte ihr Entwarnung gegeben und sie vom Boot hergeholt.

»Sie haben also den Schlüssel zum Personaleingang im Nachlass Ihres Bruders gefunden«, resümierte Willy.

Albin nickte mit gesenktem Blick. Als der junge Mann nichts erwiderte, fuhr Sofies Bruder fort: »Und als Sie letztes Jahr Ihre Arbeit in der Werft und dann Ihr Zimmer verloren haben, sahen Sie keine andere Möglichkeit, als sich hier im Haus aufzuwärmen?«

Albin blickte erstaunt zu ihm auf, nickte dann jedoch.

»Und woher weißt du das alles?«, wandte sich Max an Willy.

»Als Sofie sagte, dass der Einbrecher hier wie Paul Wessels aussieht, fiel mir dessen jüngerer Bruder ein«, erzählte er. »Hinnerk hat vor zwei Jahren erwähnt, dass er Albin in der Werft getroffen hat – er war damals auch ganz verblüfft über die große Ähnlichkeit mit Paul. Und ein Anruf hat mir meine Befürchtung bestätigt, voriges Jahr hat die Werft auch Albin entlassen müssen.«

»Wie geht es denn deiner Schwester und den Eltern?«, erkundigte sich Ursel bei ihrem einstigen Schwager.

»Vater ist auch arbeitslos, Mutter und Elisabeth schlagen sich in Weimar als Näherinnen durch«, erklärte Albin bedrückt. »Sie wohnen dort schon zu dritt in einer winzigen Wohnung, deshalb wollte ich ihnen nicht auch noch zur Last fallen. Sie werden sich ganz schön schämen, dass ihr Sohn jetzt ins Gefängnis kommt.«

»Hier geht keiner ins Gefängnis«, entgegnete Willy entschlossen. »Sie hätten hier wertvolle Dinge stehlen und später verkaufen können – haben Sie aber nicht!«

»Das würde ich nie tun«, beteuerte Albin. »Die Nielands waren so gut zu meinem Bruder. Ich wollte bloß nicht mehr frieren.«

»Kannst du nicht Hilfe beim Dach gebrauchen?«, wandte sich Sofie an Max. »Dann würde der Hafenmeister Herrn Wessels bestimmt fürs Erste in einer der Lotsenkammern schlafen lassen.«

»Mit dem Dach bin ich fertig«, meinte Max etwas begriffsstutzig; erst als ihn seine Frau unter dem Küchentisch dezent gegen das Schienbein trat, fügte er hinzu: »Aber beim nächsten Auftrag kann etwas Hilfe bestimmt nicht schaden.«

Ursel kündigte an: »Und ich mach uns allen erst mal Bratkartoffeln.«

Sofie freute sich über Albins hoffnungsvollen Blick. Paul Wessels Bruder sollte nicht frieren und hungern, während es ihnen selbst so gut ging, dass sie ihrer Tochter sogar eine Reise ins ferne Paris ermöglichen konnten.

***

Paris, 7. November 1932: Mademoiselle Coco Chanel präsentiert ihre erste eigene Schmuckkollektion bei einer imposanten Soiree in ihrer berühmten Wohnung in der Rue du Faubourg Saint-Honoré 29, und die elfjährige Bewunderin Hildegard Timmlein aus Hamburg ist unter der illustren Schar geladener Gäste.

Diese selbst ausgedachte Zeitungsmeldung ließ sich Hilde im Geiste auf der Zunge zergehen, während sie auf das Gebäude zuging, an ihrer Seite Jean Cocteau und Anna Meseritz. Diese hatte für den Anlass noch am Nachmittag eine sündhaft teure Abendgarderobe für sie beide erstanden. »Eine solche Einladung ist gewiss nicht der Anlass, sparsam zu sein«, hatte Anna die Eskapade gegenüber Leni und ihrem Gatten begründet. Die beiden hatten allerdings dankend auf die Teilnahme an dem festlichen Empfang verzichtet. »Zu viel Mode, wir machen lieber eine Bootsfahrt auf der Seine«, waren sich Vater und Tochter einig gewesen.

Hilde jedoch hätte natürlich nie freiwillig die Chance verpasst, Coco Chanel persönlich kennenzulernen. Hinter der majestätischen Tür der Rue du Faubourg 29 traf das prächtige Interieur das Mädchen wie ein Blitz. Von der berühmten, futuristisch anmutenden, vollständig verspiegelten Treppe in den ersten Stock hatte sie bereits gehört. Während im Couture-Salon eine Etage unter Cocos Apartment ihre Modeschauen stattfanden, konnte Mademoiselle Chanel von oben angeblich nicht nur die Hausmannequins, sondern auch die Reaktionen von Publikum und Presse beobachten – ohne selbst gesehen zu werden. Auch jetzt war die Modeschöpferin noch nicht aufzufinden, lediglich die geladenen Scharen Juweliere und Journalisten schienen die Wohnung zu bevölkern.

Coco Chanels Zuhause war insgesamt über dreihundert Quadratmeter groß. Der Weg zur Ausstellung führte unter bemalten Decken und Türbögen hindurch. »Die hat ein Freund von ihr verziert, der spanische Künstler José Maria Sert«, erklärte Anna flüsternd. »Mademoiselle Chanel hat wie ich als Kind ihre Mutter verloren. Seither hasst sie es, verlassen zu werden. Deshalb möchte sie keine Türen sehen und versteckt die gern.«

Als Hilde mit Anna und Cocteau die Ausstellungsräume betrat, stöhnte sie erschrocken auf: In dem gedämpftem Licht konnte man auf den ersten Blick denken, es stünden halbierte Menschen herum. Bei genauerem Hinsehen stellte Hilde jedoch fest, dass es sich um Wachsbüsten in Glasvitrinen handelte, die auf Säulensockeln thronten. Frisuren aus Naturhaar ließen die dezent beleuchteten Torsos noch lebendiger wirken.

»Die verspiegelten Wandschirme hat Coco eigens für die Präsentation anbringen lassen«, erläuterte Jean Cocteau. »Die Beleuchtung wurde so ausgelotet, dass sich das Licht haargenau so bricht, wie Mademoiselle es sich vorgestellt hat. Oh, da vorne ist Pauline Carton, kommen Sie, Anna, die müssen Sie kennenlernen.«

Während Anna sich vom Regisseur die Hauptdarstellerin seines ersten Films vorstellen ließ, sah sich das Mädchen weiter unter den geschmückten Torsos um. Einige der geschminkten Wachsgesichter mit ihren wimpernverzierten Augen zeigten ein Lächeln, andere blickten neugierig in die Ferne. Edelsteinfluten waren mit der Leichtigkeit von Haarbändern in die Kurzhaarfrisuren eingesät. Aus der Nähe konnte Hilde die neuartigen, fast ausschließlich aus Platin und Diamanten erstellten Schmuckstücke an den Figuren bewundern. Es glitzerten und funkelten jede Menge Sonnen aus gelben Diamanten in Goldfassungen, ins Haar geklemmte sichelförmige Monde, sich sanft um Hälse windende Kometen und auf unsichtbare Fäden gezogene Sternenregen, die verträumt über Schultern fielen. Eine lächelnde Frauenbüste trug das Sternbild des Großen Bären als Anhänger um den wächsernen Hals. Hilde bestaunte breite Armbänder, die man zerlegen und auf verschiedenste Art tragen konnte. Keine Haken oder Verschlüsse waren zu sehen, stattdessen weiche Linien, die sich wie Stoff an die Körper schmiegten. Offene Ringe gab es, die wie durch Zauber zwischen den Fingern lagen. Alles unendlich schön – und unendlich wertvoll. Überall bemerkte Hilde düster dreinblickende Wächter, die auf die teuren Stücke aufpassten.

»Wie schön, dass die Kollektion auch die Jugend interessiert«, hörte sie plötzlich eine Frauenstimme hinter sich auf Französisch sagen. Hilde fuhr herum und erkannte die modisch gekleidete Neunundvierzigjährige mit dem dunkel gewellten Haar sofort: Gabrielle Chanel, genannt Coco.

Das Mädchen aus Hamburg brachte zunächst kein Wort heraus.

»Gefällt es dir?«, fragte die berühmte Modemacherin.

»Sehr«, bestätigte Hilde verschüchtert. »Wie sind Sie nur auf all diese schönen Ideen gekommen?«

»Die Lichter des Himmels haben mich inspiriert«, erwiderte sie und fügte schmunzelnd hinzu: »Und die Leuchtschriften auf den Champs-Élysées.«

»Ist es Ihre erste Schmuckkollektion?«

Mademoiselle Chanel nickte mit einem Lächeln. »Ein Illustrator namens Paul Iribe hat mich darauf gebracht.« Hilde fand, dass ihr Lächeln verliebt wirkte. »Früher war mir Schmuck eher zuwider – vor allem der überladene. Viele Frauen tragen ihn wie einen Bankscheck um den Hals. Den Scheck irgendwelcher Männer, um genau zu sein. Solcher Schmuck soll wahrscheinlich nur andere Frauen neidisch machen. Dabei erinnert uns derart protziges Geschmeide doch eher an Falten und schlaffe Haut reicher Witwen, an Tod und Testamente.«

Hilde musste kichern, die Angst vor der berühmten Frau war völlig verflogen, und mit dem Französisch klappte es auch besser als erwartet.

»Diese Diamanten setzen filigrane Akzente, betonen die Frau selbst. Ein ganz persönliches Geschenk«, beschrieb Coco Chanel. »Und natürlich ein recht kostspieliges, aber es tut eben auch gut zu zeigen, dass die verfluchte Währungskrise vorübergeht und dieses schöne Kunsthandwerk nicht länger bedrohen wird. Du hast übrigens einen ganz zauberhaften Akzent, junges Fräulein. Kommst du aus Deutschland?«

»Ja, aus Hamburg«, antwortete Hilde und fügte hastig den Grund ihres Hierseins hinzu: »Meine Patentante kennt Monsieur Cocteau.«

»Hamburg. Du musst mir von der Mode dort erzählen.«

Nach einer erstaunten Pause beeilte sich Hilde zu sagen: »Gern!« Den Verlauf des Abends würde ihre Freundin Leni ihr nie glauben!

Leni und Gideon Meseritz standen auf dem langen Motorboot des Holzhändlers Monsieur Tiberi und ließen sich von diesem auf der Seine spazieren fahren. Paris war auch vom Fluss aus gesehen einfach wunderschön, fand Leni. Ganz besonders in der Nacht! Zumal die drei bekanntesten Sehenswürdigkeiten, der Eiffelturm, der Louvre und Notre-Dame, beleuchtet und von der Seine aus auch zu später Stunde bestens zu bestaunen waren.

»Als ich 1910 zum ersten Mal in Paris war, gab es hier ein schreckliches Hochwasser«, wandte sich Gideon Meseritz auf Französisch an den Holzhändler. »Da war die Hälfte des Métro-Netzes geflutet.«

»O ja«, bestätigte der alte Monsieur Tiberi. »Wir hatten damals einen Hochwasserstand von fast neun Metern am Pont d’Austerlitz. Tausende Gebäude waren überschwemmt.«

Während die beiden Männer sich weiter unterhielten, schweifte Lenis Blick neugierig am Ufer entlang. Obwohl es bereits November war, sah sie noch zahlreiche Spaziergänger am Fluss entlangflanieren.

»Baden die Menschen im Sommer auch in der Seine?«, erkundigte sie sich bei dem Holzhändler.

»Nein, offiziell ist das seit fast zehn Jahren verboten«, erklärte er. »Wegen der Verschmutzung. Früher gab es aber sogar Schwimmwettkämpfe hier, bei der Traversée de Paris à la nage war ich mal Vierter.«

»Donnerwetter!«, rief Leni anerkennend, die zu Beginn des Ausflugs bereits mit Herrn Tiberi über dessen Probleme mit seinem Schiffsmotor gefachsimpelt hatte. Technik, insbesondere die von Schiffen, interessierte das Mädchen sehr – im Gegensatz zum Großteil ihrer Alters- und Geschlechtsgenossinnen. Begonnen hatte diese Leidenschaft bereits, als ihre Patenonkel Hinnerk und Willy sie als Sechsjährige zum ersten Mal mit auf einen Nieland-Dampfer genommen hatten. Leni war sehr enttäuscht gewesen, als Willy ihr hatte eröffnen müssen, dass ihm keine einzige Frau bekannt war, die Kapitän geworden war. Ihrem Vater hatte die Kleine damals das Versprechen abgerungen, einmal eine große Seefahrt mit ihr zu unternehmen. Doch dessen anstrengende Arbeit im Vertrieb und der Werbung der Reederei hatte diese Pläne immer wieder durchkreuzt.

»Vati«, wandte sie sich nun an ihn. »Nicht, dass du denkst, dieser kleine Ausflug hier würde dein Versprechen erfüllen. Die große Seefahrt müssen wir trotzdem noch machen.«

»Ich weiß«, sagte Gideon lächelnd. »Vorher wirst du ja keine Ruhe geben. Und dass du mein Versprechen vergisst, die Hoffnung habe ich längst aufgegeben. Also, bevor du heiratest, gehen wir beide auf große Fahrt.«

»Pah, heiraten«, meinte die Fünfzehnjährige abfällig. »Das dauert ja noch ewig.«

»Täusch dich da mal nicht«, erwiderte Gideon mit verträumtem Gesichtsausdruck. »Man verliebt sich schneller, als man denkt. Das ist mir mit deiner Mutter auch so gegangen.«

Hilde war indes erleichtert, dass ihre Patentante keine Anstalten machte, auf die Schlafenszeit einer Elfjährigen zu pochen und das Apartment der berühmten Modeschöpferin zu verlassen. Sie unterhielt sich offenbar selbst viel zu blendend mit ihrem Freund Jean Cocteau. Coco Chanel hatte sich pflichtbewusst den Fragen der Armada von Journalisten gestellt, nachdem diese sie im Gespräch mit Hilde aufgespürt hatten. Doch nun entschuldigte sie sich und nahm das Mädchen aus Hamburg verschwörerisch zur Seite. »Hast du auch Hunger? Im Speisezimmer warten köstliche Häppchen auf uns – aus dem Hotel Ritz.«

Stolz begleitete Hilde ihr großes Vorbild durch die Wohnung. Hier trafen barocke und chinesische Einflüsse aufeinander, die Wände zierten antik lackierte Aufsteller, ausladende Bücherregale, wertvolle Kunst – und Spiegel, überall Spiegel. Cocos Speisezimmer war ein holzvertäfelter Raum mit verspiegelten Flügeltüren. Eine Küche, das hatte Hilde zumindest gelesen, gab es nicht. Angeblich kochte die Modeschöpferin nie, sie aß meistens im Ritz, wo sie auch häufig nächtigte. Die eigene Wohnung diente ihr eher für gesellschaftliche Anlässe wie etwa die heutige Soiree.

Während sie gemeinsam von den köstlichen Häppchen knabberten, fragte Mademoiselle Chanel Hilde über die Mode in Hamburg aus. Als die Königin der Haute Couture herausbekam, dass die Elfjährige selbst Entwürfe zeichnete und sogar ihren Skizzenblock dabeihatte, ließ sie sich die Zeichnungen darauf zeigen. Sie bestätigte dem Mädchen ein großes Talent, machte jedoch auch ganz offen Vorschläge, wie die Entwürfe zu verbessern seien. Als die berühmte Frau schließlich sagte: »Nenn mich Coco!«, glaubte Hilde zu träumen. Wenn sie das ihrer Mutter erzählen würde …

5 – »Natürlich gibt es …