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Das Buch erörtert die psychologischen Aspekte einer funktionalen Selbstregulation, also von Prozessen, die zwischen den Anforderungen des Kontextes ("der Realität") einerseits und den Ansprüchen des eigenen Motiv-Systems vermitteln und die zu tragfähigen Entscheidungen einer Person führen. Daher werden insbesondere die motivationalen Faktoren genau analysiert und die Bedeutung impliziter Motive hervorgehoben. Von Selbstregulation wird Selbstkontrolle abgegrenzt, also der Prozess, bei dem eine Person eigene Ziele gegen anderslautende motivationale Tendenzen durchsetzt. Es wird aufgezeigt, dass Selbstkontrolle und Selbstregulation sich sowohl widersprechen als auch ergänzen können. Selbstkontrolle kann durchaus ein wesentlicher Aspekt einer funktionalen Selbstregulation sein. Abschließend wird die Relevanz des vorgestellten Modells für die klinische Psychologie und die Psychotherapie aufgezeigt.
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Rainer Sachse
Selbstregulation und Selbstkontrolle
Prof. Dr. Rainer Sachse, geb. 1948. 1969–1978 Studium der Psychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Ab 1980 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum. 1985 Promotion. 1991 Habilitation. Privatdozent an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 1998 außerplanmäßiger Professor. Leiter des Institutes für Psychologische Psychotherapie (IPP), Bochum. Arbeitsschwerpunkte: Persönlichkeitsstörungen, Klärungsorientierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie.
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Satz: Sina-Franziska Mollenhauer, Hogrefe Verlag, Göttingen
Format: EPUB
1. Auflage 2020
© 2020 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen
(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-3046-1; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-3046-2)
ISBN 978-3-8017-3046-8
https://doi.org/10.1026/03046-000
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1 Einleitung
2 Was ist Selbstregulation?
3 Ein theoretisches Modell der Selbstregulation
4 Förderliche und hinderliche Bedingungen für Selbstregulation
4.1 Kontext
4.1.1 Förderliche Bedingungen
4.1.2 Hinderliche Bedingungen
4.2. Verarbeitung
4.2.1 Förderliche Bedingungen
4.2.2 Hinderliche Bedingungen
4.3 Schemata
4.3.1 Förderliche Bedingungen
4.3.2 Hinderliche Bedingungen
4.4 Wissen
4.4.1 Förderliche Bedingungen
4.4.2 Hinderliche Bedingungen
4.5 Realitätsmodelle
4.5.1 Förderliche Bedingungen
4.5.2 Hinderliche Bedingungen
4.6 Implizite Motive und Repräsentation
4.6.1 Förderliche Bedingungen
4.6.2 Hinderliche Bedingungen
4.7 Explizite Motive
4.7.1 Förderliche Bedingungen
4.7.2 Hinderliche Bedingungen
4.8 Affektive Schemata
4.8.1 Förderliche Bedingungen
4.8.2 Hinderliche Bedingungen
4.9 Emotionale Verarbeitung
4.9.1 Förderliche Bedingungen
4.9.2 Hinderliche Bedingungen
4.10 Abwägen/Entscheiden
4.10.1 Förderliche Bedingungen
4.10.2 Hinderliche Bedingungen
4.11 Intentionen und Handlungsplanung
4.11.1 Förderliche Bedingungen
4.11.2 Hinderliche Bedingungen
4.12 Volition
4.12.1 Förderliche Bedingungen
4.12.2 Hinderliche Bedingungen
4.13 Handlungs- und Lageorientierung
4.13.1 Förderliche Bedingungen
4.13.2 Hinderliche Bedingungen
4.14 Handlungskompetenz
4.14.1 Förderliche Bedingungen
4.14.2 Hinderliche Bedingungen
5 Selbstregulation und Selbstkontrolle
5.1 Was ist Selbstkontrolle?
5.2 Der Unterschied zwischen Selbstkontrolle und Selbstregulation
5.3 Selbstkontrolle ist schwer aufrechtzuerhalten
5.4 Emotionsselbstkontrolle
5.4.1 Der Begriff
5.4.2 Emotionsentwicklung und Emotionsregulation
5.4.3 Unterschiede in den Effekten unterschiedlicher Emotionsregulationstechniken
6 Schemata: Eine besonders wichtige Variable für eine Selbstregulation
6.1 Schemata und ihre psychologische Funktion
6.1.1 Was sind Schemata?
6.1.2 Schemata determinieren Verarbeitungsprozesse
6.1.3 Exekutive Schemata
6.1.4 Filterfunktion und Akkomodation
6.1.5 Schema-Arten
6.2 Förderliche und hinderliche Arten von Schemata für eine Selbstregulation
7 Die motivationale Seite der Selbstregulation
7.1 Einleitung
7.2 Implizite und explizite Motive
7.3 Explizite Motive
7.4 Intrinsische und extrinsische Motivation
7.5 Das Verhältnis von impliziten und expliziten Zielen
7.6 Zielbindung und Realisierbarkeit
7.7 Annäherungs- und Vermeidungsziele
7.8 Förderung von Selbstregulation durch Motivation
8 Beeinträchtigung der Selbstregulation durch Motiv-Alienation
8.1 Alienation: Die mangelnde Kenntnis wesentlicher Motive
8.2 Affekte als Indikatoren des impliziten Motivsystems
9 Selbstregulation: Eine Balance
10 Selbstregulationsprobleme bei verschiedenen psychischen Störungen
10.1 Grundüberlegungen
10.2 Beispiele für psychische Störungen, die unter der Perspektive der Selbstregulation gesehen werden können
10.2.1 Ängste und Depressionen
10.2.2 Psychosomatische Störungen
10.2.3 Persönlichkeitsstörungen
11 Psychotherapie als Herstellung von Selbstregulation
11.1 Allgemeine Überlegungen
11.2 Verhaltenstherapie
11.3 Klärungsorientierte Psychotherapie
Literatur
In diesem Buch soll von „Selbstregulation“ (SR) die Rede sein: Also von der Möglichkeit einer Person, sich flexibel an Erfordernisse von Lebenskontexten anzupassen, ihre eigenen Motive optimal zu befriedigen und so einen Zustand von Zufriedenheit zu erreichen.
Selbstregulation soll dabei verstanden werden als ein psychologischer Prozess, bei dem eine Person in der Lage ist, verschiedene innere Zustände, Informationen usw. zu berücksichtigen, Entscheidungen zu treffen, flexibel zu reagieren und so optimale Effekte zu erzielen: SR ist damit ein Prozess inneren Abwägens, der Gewichtung von Informationen und der Bildung von Entscheidungen, die dann realisiert werden können (vgl. Baumann, 2009; Brydges & Butler, 2012; Chih-Yuan Sun & Rueda, 2012; Cleary & Chen, 2009; Zimmerman, 1989, 2000; Zimmerman & Schunk, 2001).
SR soll dabei abgegrenzt werden von Selbstkontrolle (SK), bei der eine Person sich dazu entschließt, ein Ziel gegen anders laufende Motive, Tendenzen etc. durchzusetzen: Dabei wägt sie nicht mehr ab, vielmehr hat sie sich schon entschieden; sie ist auch nicht mehr flexibel, da sie nun konsequent einen Handlungsstrang verfolgen will.
Eine solche Unterscheidung von Selbstregulation und Selbstkontrolle ist von großer psychologischer Relevanz, denn es sollte einer Person vorrangig um die Herstellung von Selbstregulation gehen, da nur dadurch implizite Motive befriedigt werden können, da nur so ein Zustand intrinsischer Motivation erreicht und nur so ein Effekt von Zufriedenheit hergestellt werden kann. Selbstkontrolle, das wird deutlich werden, kann oft einer effektiven Selbstregulation dienen und ist manchmal, wenn eine Selbstregulation nicht mehr möglich ist, von großer Bedeutung, stellt aber letztlich keine Alternative zur SR dar.
Psychologisch sollte SR, wenn immer möglich, psychologisch Vorrang vor SK haben.
In der anglo-amerikanischen Literatur gibt es jedoch sehr oft das Problem, dass zwischen Selbstregulation und Selbstkontrolle konzeptionell nicht unterschieden wird: Wenn von „self-regulation“ die Rede ist, ist damit sehr oft das gemeint, was hier als Selbstkontrolle bezeichnet wird (vgl. Baumeister & Heatherton, 1996; Heatherton, 2011).
|2|In diesem Buch soll ein psychologisches Modell der Selbstregulation vorgestellt werden: Dabei geht es vor allem um die Bedeutung von Schemata und Motiven für eine effektive SR, aber auch für eine gestörte SR. Darüber hinaus soll die Relevanz eines solchen Modells für die klinische Psychologie und die Psychotherapie aufgezeigt werden.
In diesem Buch soll erarbeitet werden,
was man psychologisch unter Selbstregulation (SR) verstehen kann;
wie Selbstregulation „psychologisch funktioniert“;
was Selbstregulation psychologisch bewirkt und warum sie wichtig ist;
welche Probleme von einer gestörten Selbstregulation ausgehen;
welche Prozesse eine effektive Selbstregulation fördern und welche sie beeinträchtigen;
was die Unterschiede zwischen Selbstregulation (SR) und Selbstkontrolle (SK) sind;
wie eine Selbstkontrolle einer Selbstregulation dienen kann;
in welcher Weise psychische Störungen als Störungen der Selbstregulation aufgefasst werden können;
in welcher Weise Psychotherapie als Förderung/Wiederherstellung von Selbstregulation aufgefasst werden kann.
In der Psychologie und vor allem in der Psychotherapie sind verschiedene Ansätze von Selbstregulation (und/oder Selbstkontrolle) entwickelt worden, vor allem von Kanfer (vgl. Brakemeier & Jacobi, 2017; Kanfer, 1970, 1971, 1985, 1987; Kanfer & Karoly, 1972, 1977; Kanfer, Reinecker & Schmelzer, 1991; Karoly & Kanfer, 1982; Lieb, 1996).
Man kann Selbstregulation auffassen als Fähigkeit einer Person, solche Entscheidungen zu treffen und sich (langfristig) so zu verhalten, dass positive Konsequenzen, positive Affekte und eine Steigerung der Lebensqualität resultieren und negative Konsequenzen, negative Affekte und „persönliche Kosten“ möglichst reduziert werden (vgl. Förster & Denzler, 2006).
Selbstregulation (oder Selbstbestimmung) stellt daher eine wichtige Fähigkeit von Personen dar, die von einer Reihe psychischer Faktoren abhängt (Baumann, 2009; Deci & Ryan, 1985a, 1985b, 2000, 2002; Deci et al., 1994, 1999; Fröhlich & Kuhl, 2003)
Selbstregulation meint in Anlehnung an Kuhl (1996, 2001) einen Prozess, in dem das Individuum versucht, einen Konsens zu bilden aus unterschiedlichen Anforderungen, Wünschen, Motiven und Möglichkeiten. Das Individuum versucht, Anforderungen der Realität so zu bewältigen, dass möglichst wenig Stress entsteht und dass dabei möglichst viele wichtige Motive berücksichtigt und Ziele realisiert werden. Dabei werden innere Kompromisse geschlossen (auch mit (zeitweisen) Verzichten), die das Individuum für sich selbst akzeptieren kann.
Mummendey (2006) bezeichnet Selbstregulation als den Prozess, bei dem das Individuum versucht, das eigene Verhalten so gut wie möglich den persönlichen Standards und Zielen anzupassen. Bei dem Prozess dieser Anpassung ist es hilfreich, wenn das Individuum über eine wichtige metakognitive, selbstreflexive Fähigkeit und Tätigkeit verfügt, die von Bandura (1977a, 1977b, 1983, 1984, 1988, 1989, 1991, 1992a, 1992b, 1997, 2001; Bandura et al., 1977) als „self efficacy“ oder „Selbst-Effizienz-Erwartung“ bezeichnet wird: Dies ist die Annahme bzw. Überzeugung des Individuums davon, effektiv Kontrolle über sein Verhalten und mit seinem Verhalten über die Umwelt ausüben zu können (Mummendey, 2006, S. 183): Denn „nur wer glaubt, durch sein Handeln bestimmte erwünschte Ergeb|4|nisse erzielen zu können, wird angemessene Anreize für sein Handeln haben und Schwierigkeiten bewältigen“ (S. 185; Deci & Ryan, 1985a, s. a. 1985b, 2000, 2002).
Selbstregulation bedeutet auch, dass das Individuum einen guten Zugang hat zu Motiven, Zielen, Werten, aber auch zu Ressourcen und Kompetenzen, d. h. dass es eine geringe „Entfremdung vom eigenen Motivsystem“ (sog. „Alienation“) aufweist (vgl. Baumann & Kuhl, 2005; Beckmann, 1997, 2006; Kuhl, 1995, 2001; Kuhl & Beckmann, 1994a; Kuhl & Kaschel, 2004; Kuhl & Kazen, 1994). Außerdem setzt Selbstregulation voraus, dass die Person in der Lage ist, die Anforderungen der Realität gut zu analysieren und ein gutes Modell von der Realität hat. Und Selbstregulation bedeutet, dass es versucht, eigene Wünsche und die Anforderungen der Realität so in Einklang zu bringen, dass dabei möglichst hohe Gewinne und möglichst geringe Kosten entstehen.
Damit wird auch deutlich, dass eine starke intrinsische Motivation ein wichtiger Aspekt von Selbstregulation ist: Jede intrinsische Motivation folgt der Logik der Selbstregulation (Deci, 1975,1980;Deci & Ryan, 1980,1985a,1985b;Ryan, 1982).
Es gibt auch psychologische Faktoren, die eine Selbstregulation stören oder beeinträchtigen. Dies können z. B. sein:
Kompetenzdefizite, die einen effektiven Umgang mit der Realität erschweren,
Schemata, die zu ungünstigen Interpretationen, Reaktionen und Emotionen führen,
Probleme im Zugang zu Motiven und Emotionen.
Selbstregulation kann nicht nur durch eine einzelne psychologische Variable definiert werden: Vielmehr resultiert sie aus einem komplexen Zusammenspiel vieler Variablen. Man kann Selbstregulation systemtheoretisch als eine emergente Eigenschaft betrachten: Emergente Eigenschaften eines Systems sind solche, die aus dem Zusammenspiel der Systemkomponenten logisch hervorgehen, die als solche aber nicht Teil des Systems sind, sondern etwas Neues erzeugen (Bischof, 2016, S. 152; Haken & Schiepek, 2010, S. 298ff; Stephan, 1999).
Insgesamt kann man Selbstregulation (SR) als einen Prozess definieren, bei dem relevante Variablen so wechselwirken, dass eine Person in einem gegebenen Kontext ein Maximum an Gewinnen und/oder ein Minimum von Kosten erzeugen kann.
Diese Definition hat einige Implikationen:
SR ist ein Prozess: Dieser Prozess verläuft ständig, er wird von vielen sich ständig verändernden Variablen beeinflusst, sodass eine SR nie „abgeschlossen“ ist oder einen „Endzustand“ erreicht hat. SR ist etwas, das eine Person immer von Neuem herstellen muss.
|5|Relevante Variablen: In dem im Folgenden dargestellten Modell der SR werden solche Variablen spezifiziert, die für besonders relevant gehalten werden. Natürlich können nie alle potentiell relevanten Variablen in einem Modell berücksichtigt werden.
Wechselwirkung: Die Variablen wirken aufeinander ein, z. T. im Sinne von Feedback-Schleifen.
Kontext: Eine SR im obigen Sinne kann immer nur in einem bestimmten Kontext realisiert werden: Dabei sind folgende Aspekte besonders relevant: Paarbeziehung, Arbeitskontext, Freunde und Hobbys.
Gewinne/Verluste: Was für eine Person ein „Gewinn“ und was ein „Verlust“ ist, wird vor allem vom Motivsystem bestimmt: Kann eine Person ein Motiv befriedigen, ein Ziel erreichen oder eine Norm erfüllen, erzielt sie etwas, was man als „Gewinn“ bezeichnen kann; wird ein Motiv frustriert, ein Ziel verfehlt oder eine Norm nicht erfüllt, kann man dies als „Kosten“ definieren.
Es soll nun ein theoretisches Modell entwickelt werden, durch welche psychologischen Faktoren bzw. ihre Interaktion eine effektive Selbstregulation zustande kommt. Dies kann wegen der enormen Komplexität des Sachverhalts aber nur ein vereinfachtes Modell sein: Ich möchte hier vor allem solche Faktoren aufführen, die aus psychotherapeutischer Sicht relevant sind.
Eine zentrale Aufgabe einer Person besteht darin, Anforderungen der „Realität“ und Anforderungen des eigenen Motivsystems in Einklang zu bringen: Psychologisch ist dies eine immer vorhandene, schwierige Aufgabe, die nie ideal, sondern höchstens optimal gelingt.
Es geht darum, eine Balance zwischen den zwei Anforderungen zu finden: Diese Balance wird aber immer wieder durch neue Anforderungen der Realität gestört sowie auch durch neu aufkommende Motive und Bedürfnisse. Eine Person muss daher diese Balance immer wieder neu herstellen, und dies gelingt ihr nur mehr oder weniger gut.
Eine Person kann hier zwei Arten von Fehlern machen:
Sie kann sich zu stark an den Anforderungen der Realität orientieren bzw. an internalisierten Normen, wodurch sie das eigene Motivsystem ignoriert, Unzufriedenheit und viele typische Kosten schafft.
Sie kann sich aber auch zu stark am eigenen Motivsystem orientieren, wodurch sie mit den Anforderungen der Realität in Konflikt gerät, was wiederum bestimmte Arten von Kosten erzeugt.
Der Prozess der Selbstregulation beginnt mit den Anforderungen, die das Motivsystem und die Realität, der Lebenskontext des Klienten, stellen und die die Person erkennen, beachten und analysieren muss. Die Person muss Abwägungen und Entscheidungen treffen, sie wird aber dabei auch beeinflusst von affektiven und kognitiven Schemata, expliziten Motiven, Wissen und Realitätsmodellen: Und alle diese Aspekte können die Entscheidungsfindung funktional, aber auch dysfunktional beeinflussen.
Abbildung 1: Modell der Selbstregulation
|8|Ein Modell der Selbstregulation ist in Abbildung 1 dargestellt. Hier sollen zunächst einmal die relevanten Aspekte des Modells in der Übersicht dargestellt werden. Auf besonders relevante Aspekte wird dann im Folgenden noch ausführlicher eingegangen.
Im Folgenden sollen Komponenten des Modells näher erläutert werden.
1. Kontexte
Personen leben in bestimmten Kontexten: Diese stellen bestimmte Anforderungen an die Person. Sie bestimmen, welche Ziele und Motive sich (wie) erreichen lassen, welche Probleme (dabei) auftreten. Sie beschränken den Handlungsspielraum und bestimmen, welche Konsequenzen (positive wie negative) aus Handlungen resultieren (vgl. Hogg & Vaughan, 2010; dies wird besonders deutlich in Studien zum interkulturellen Vergleich (Berry et al., 1997; Bonta, 1997; Hogg & Tindale, 2005; Hogg & Turner, 1987; Lehman et al., 2004; Smith et al., 2006; Smith & Bond, 1998; Triandis et al., 1980)). Dabei geht es sowohl um die engeren Lebenskontexte der Person wie Arbeit und Beruf, Partnerschaft, Familie und Freizeit etc.
Man kann annehmen, dass zur Erreichung von Zufriedenheit ein gutes „Funktionieren“ besonders in den Bereichen „Partnerschaft“ und „Arbeitskontext“ wichtig ist.
Der Kontext bestimmt in hohem Maße, welche positiven oder negativen Konsequenzen ein bestimmtes Handeln hat, er definiert Erwartungen, Normen, Regeln. Diesen Erwartungen usw. muss eine Person gerecht werden, damit ihr Handeln positive Konsequenzen erzeugen kann (die wiederum auch Ziele und Motive befriedigen können) und negative Konsequenzen („Kosten“) vermieden werden.
In diesem Kontext (der „Realität“) muss eine Person zurechtkommen, denn der Kontext determiniert, welche Ziele eine Person erreichen kann, welche Motive sie befriedigen kann, aber auch, welche Kosten der Person entstehen, wenn sie gegen Erwartungen etc. verstößt.
Die Person muss diesen Anforderungen in bestimmter Weise gerecht werden, um Kosten zu vermeiden, aber auch, um bestimmte Motive überhaupt befriedigen zu können.
Damit ist erkennbar: Den Anforderungen des Kontextes zu entsprechen, bedeutet letztlich auch wieder, eigene Motive optimal befriedigen zu können, also deutliche persönliche Gewinne und möglichst geringe persönliche Kosten zu produzieren: Letztlich geht es damit gar nicht um die Anpassung an Kontexte, sondern um die Regulation innerer Befindlichkeiten.
Andererseits hat die Person Einfluss auf den Kontext und eine (begrenzte) Kontrolle über ihn. Ihre Handlungen üben Einfluss auf den Kontext aus und haben wieder bestimmte Konsequenzen (vgl. Furnham, 2003; Jonas et al., 2007; |9|Lerner, 1977). So kann sie selbst viel zum Gelingen einer Partnerschaft beitragen, kann in gewissem Ausmaß ihren beruflichen Erfolg steuern oder sie kann viel dazu beitragen, dass ihre Beziehung (Sachse & Sachse, 2006) oder ihre Karriere scheitert (Sachse & Collatz, 2012).
2. Verarbeitung