Shadow Moon - In den Armen der Nacht: Dritter Roman - Alice Borchardt - E-Book
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Shadow Moon - In den Armen der Nacht: Dritter Roman E-Book

Alice Borchardt

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Beschreibung

Sie ist die letzte Hoffnung ihres Volkes: Das Romantasy-Highlight »Shadow Moon – In den Armen der Nacht« von Alice Borchardt als eBook bei dotbooks. Schon ihr ganzes Leben lang kämpft die Kriegerprinzessin Dryas, um ihr Volk vor der dunklen Übermacht Roms zu schützen. Doch nun rücken die Heere der Eroberer unaufhaltsam weiter vor. Dryas’ einzige Hoffnung: ein geheimnisvoller Krieger, der die Gabe hat, sich in einen riesigen Wolf zu verwandeln – und ebenso wild ist wie unberechenbar! Um seinen Willen zu brechen, muss Dryas ebenso skrupellos sein wie ihre Feinde. Aber lauert die wahre Gefahr vielleicht dort, wo die Prinzessin es niemals erwartet hat: in ihrem eigenen Herzen? Das geheimnisvolle Band, das sie vom ersten Moment an zwischen sich um dem Wolfsprinzen spürt, scheint die Macht zu haben, sie zu retten – oder wird es Dryas und ihr Volk in den Abgrund stürzen? »Hypnotisierend und immer wieder verblüffend – Alice Borchardt entfesselt eine neue Welt.« Romantic Times »Ein Epos von Weltklasse.« Kirkus Reviews Jetzt als eBook kaufen und genießen: Erleben Sie Romantik & Fantasy in »Shadow Moon – In den Armen der Nacht« von Alice Borchardt – das dritte Buch der »Moon«-Trilogie, deren Bände unabhängig voneinander gelesen werden können. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 937

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Über dieses Buch:

Schon ihr ganzes Leben lang kämpft die Kriegerprinzessin Dryas, um ihr Volk vor der dunklen Übermacht Roms zu schützen. Doch nun rücken die Heere der Eroberer unaufhaltsam weiter vor. Dryas’ einzige Hoffnung: ein geheimnisvoller Krieger, der die Gabe hat, sich in einen riesigen Wolf zu verwandeln – und ebenso wild ist wie unberechenbar! Um seinen Willen zu brechen, muss Dryas ebenso skrupellos sein wie ihre Feinde. Aber lauert die wahre Gefahr vielleicht dort, wo die Prinzessin es niemals erwartet hat: in ihrem eigenen Herzen? Das geheimnisvolle Band, das sie vom ersten Moment an zwischen sich um dem Wolfsprinzen spürt, scheint die Macht zu haben, sie zu retten – oder wird es Dryas und ihr Volk in den Abgrund stürzen?

»Hypnotisierend und immer wieder verblüffend – Alice Borchardt entfesselt eine neue Welt.« Romantic Times

»Ein Epos von Weltklasse.« Kirkus Reviews

Über die Autorin:

Alice Borchardt (1939 – 2007) war eine amerikanische Schriftstellerin, die mit Vorliebe historische und fantastische Romane sowie Horror schrieb. Bereits während ihrer Kindheit in New Orleans liebte sie es, sich Geschichten auszudenken. Doch erst, nachdem sie über 30 Jahre als Krankenpflegerin gearbeitet hatte, entschied sie, dass es an der Zeit war, ihren ersten Roman zu veröffentlichen – und in die Fußstapfen ihrer berühmten Schwester zu treten, der Bestsellerautorin Anne Rice, die mit ihren »Chroniken der Vampire« Weltruhm erlangte.

Alice Borchardt veröffentlichte bei dotbooks ihre »Moon«-Trilogie mit den Romanen:

»Silver Moon – Das Herz der Nacht«

»Midnight Moon – Die Geliebte der Nacht«

»Shadow Moon – In den Armen der Nacht«

***

eBook-Neuausgabe August 2020

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1999 unter dem Originaltitel »Night of the Wolf« bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2001 unter dem Titel »Die Stunde der Wölfin« im Wilhelm Goldmann Verlag.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1999 by Alice Borchardt

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2001 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München

This translation is published by arrangement with Ballantine Books, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / MillaF / Jef Wodniak / SSokolov / Outer Space / NASA images

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96655-370-4

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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***

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Alice Borchardt

Shadow Moon – In den Armen der Nacht

Roman

Aus dem Amerikanischen von Michaela Link

dotbooks.

MEINER GELIEBTEN SCHWESTER,BEKANNT IN DER WELT ALS ANNE RICE

Aus der Dunkelheit lächeln mir Gesichter zu, die ich vielleicht niemals sehen werde. Aus dem Schlaf strecken sich mir stumme Arme entgegen, die mich vielleicht niemals umfangen werden.

An jedem Kreuzweg meiner Laufbahnbist du immer für mich da gewesen.

Zum Angedenken.

Am Ort tiefsten Kummersgibt es keine Zeit.

Kapitel 1

Der Wolf erwachte. Er hob den Kopf, der auf den Pfoten geruht hatte. Der Mond über ihm war voll und rund, aber doch nur ein schwebender Geist, der hie und da durch den Wald aus Kiefern und Zedern auf dem Berghang blitzte. Der Rest des Rudels schlief.

Er allein spürte die Berührung von ... Er konnte es nicht benennen. Wölfe trauern nicht. Nicht einmal um sich selbst.

Er stand auf und schüttelte sich; dann lief er langsam und lautlos zu einem Rinnsal hinunter, durch das das Hochwasser des oberhalb gelegenen, übervollen Sees sich einen Abfluss gesucht hatte. Er war gerade breit genug, um in seinem Wasser den Himmel widerzuspiegeln.

Seit ihrem Tod ... nein, seit ihrer Ermordung war er jede Nacht zu dieser Stunde aufgewacht, einer Stunde, da alle anderen schliefen ... Er war erwacht, um sich zu erinnern.

Die Nacht hat ihre eigenen Rhythmen. Rhythmen, die ihren Widerhall in Fleisch, Blut und Knochen aller Geschöpfe der Erde finden. Allein der Mensch hat sie vergessen, hat vergessen, dass sie je etwas bedeutet haben.

Aber zu dem Wolf kamen sie als Erinnerungen, Erinnerungen, die nicht seine eigenen waren, Bruchstücke eines Traums. Der Wolf nahm Anteil an einem unsterblichen Bewusstsein so alt wie das Leben selbst – es war die Erfahrung eines Geschöpfs, das noch nicht zu seinem Ich erwacht und daher unsterblich war. Der Erste unserer Art, der in der Wassersäule des Kambrischen Meeres schwamm. Zu dieser Stunde der Nacht gönnte es den Muskeln seines kräftigen Körpers Ruhe und lag dösend in einem schimmernden Strahl des Mondlichts.

Er, der Wolf, verstand, dass ein verhängnisvoller Riss durch sein Bewusstsein gegangen war und ihn um sein Geburtsrecht gebracht hatte, das von Generation zu Generation von jenem ersten Träumer im ozeanischen Meer an ihn weitergegeben worden war.

Mit seiner Schnauze zerriss er das Bild des Mondes im Wasser, so wie Kummer seinen Schlaf zerrissen hatte.

Über ihm ertränkten die treibenden Wolken den Mond. Nicht weit entfernt von ihrer Jagdbeute schliefen die Wölfe aus seinem Rudel lautlos und ohne Träume.

Die Luft um ihn herum war kalt. Es war spät im Herbst, fast schon wieder Winter, aber er spürte ein Feuer in sich – ein Feuer, das der Wind von den hoch die Bergpässe überragenden Gletschern nicht zu kühlen vermochte. Ein Feuer, das seine Haut unter dem schweren Winterfell erhitzte.

Feuer! Sie waren Geschöpfe des Feuers. Und Feuer folgte ihnen, wohin sie gingen. Der Brandgeruch hüllte ihre Behausungen ein. Erde, Luft, Feuer und Wasser. Alle Lebewesen auf Erden hatten Anteil an diesen Elementen, aber von ihnen allen war einzig der Mensch Herr des Feuers.

Warum? Wie kamen sie zu dieser Macht? Nichts in seinen Erinnerungen konnte ihm Antwort auf diese Frage geben.

Als seine Art ihnen zum ersten Mal in der Dunkelheit und inmitten des Kampfs des Weltenwinters begegnete, beherrschten sie die Flammen und konnten sie nach Belieben löschen oder neu entfachen, ihr einziger Vorteil in einem gnadenlosen Kampf ums bloße Überleben angesichts des Ansturms der allgegenwärtigen Nacht und der Kälte. Davon abgesehen waren sie bedauernswerte, nackte Geschöpfe.

Bedauernswerte, nackte Geschöpfe, wie er selbst in diesem Augenblick eines war, denn als die über den Himmel treibenden Wolken die letzten Strahlen Mondlicht verschlangen, wurde er zum Menschen.

Er erinnerte sich, dass sie gesagt hatte – sie hatte es ihm erzählt –, dass Feuer ein Geschenk der Götter sei.

Er hatte über das Wort Geschenk nur gelacht. Er hatte bereits genug von den Menschen mitbekommen, um zu wissen, dass sie ohne Bedenken oder Reue stahlen und verdarben und in den Gedanken der Götter die Dinge lasen, die sie sich selbst am meisten wünschten. Huldigung und Unterwerfung; sie wollten blind den willkürlichen und unvernünftigen Befehlen derer folgen, die sich mit Geschick in die Lage gebracht hatten, über ihresgleichen zu herrschen.

»Ein Geschenk«, hatte er gefragt, »vielleicht ein gestohlenes?«

»Vielleicht« hatte sie mit einem Achselzucken geantwortet. »Die Diebe wurden von ihrem Diebesgut zum Narren gehalten, denn wie immer ist die Macht ein zweischneidiges Schwert.«

Aber Macht, dachte der Mann am Ufer des Bachs, was sie auch kostet, Macht ist Leben. Ohne den Diebstahl hätten sie und alle ihrer Art niemals diesen endlosen Winter vor langer Zeit überlebt und wären ausgelöscht worden wie so viele andere.

Der Mann streckte die Arme empor, als wolle er den Mond an sich ziehen, und gerade in diesem Augenblick wurde die Wolke auf ihrem Weg über den Himmel vom wiederkehrenden Lichtschein silbern umrandet.

Dann fiel ihm das silberne Licht voll ins Gesicht. Er fragte sich, was die Götter wohl wirklich wollten.

Sie, deren Berührung ihm die Macht gegeben hatte, sich vom Wolf in einen Mann und wieder zurück zu verwandeln, schien nicht viel auf Huldigung zu geben und hatte nie einen Dank verlangt.

Und tatsächlich, er wusste nicht einmal, ob er ihr Dank schuldete, denn wie das Feuer brachte auch dieses Geschenk Leid und Kummer mit sich. Ein Geschenk, geschmückt mit grausamem Wissen und der Wahrnehmung grenzenlosen Verlustes.

Dann war er wieder Wolf und zufrieden damit, eine Art von Leben auszulöschen, die er nicht wollte, die er in diesem Augenblick nicht wollte.

Er erinnerte sich an Feuer und nur an Feuer – diesen Geist, dieses unvergängliche Ding mit den zwei Seiten, das schützen, schaffen und zerstören konnte.

Und der Wolf brach auf, das einzige wachende Geschöpf in einer schlafenden Welt.

Bewusstsein zu haben und zu wissen, dass dieses Bewusstsein ein zermürbender Fluch war ... ein Fluch, der durch Blut, Feuer und Rache aufgehoben werden musste.

Woher wusste er, wer der Mann war? Er hatte es gesehen. Warum war er sich seiner Schuld so sicher? Für den Wolf wäre das eine lächerliche Frage gewesen. Er hatte es gerochen, mit einer Gewissheit, die sich nicht leugnen ließ – es war der Geruch der Schuld, der jenseits von Entschlossenheit, Wut oder Furcht lag.

Selbst sein frühester Urahn, der in jenem ersten Meer geschwommen war, hatte gesehen, hatte gewusst. Und irgendwo in seinem elementaren Bewusstsein konnte er die Informationen speichern, die seine sich entwickelnden Sinne ihm lieferten.

Die Menschen in ihrer Blindheit glauben, die Intelligenz kenne nur einen Weg – ihren! Aber sein Gehirn, das älter und klüger, wenn auch nicht so scharf war, wusste, dass das Wissen viele Facetten und Pfade kennt.

Keiner von uns ist nur ein Ding allein. Wir sind alle eine Kombination aus vielen Faktoren, Formen, Größen, Düften, Bewegungen und Gewohnheiten. Jeder dieser Faktoren beeinflusst wieder das Bewusstsein anderer – anderer, die wir niemals bemerken.

Der Wolf kannte diesen Mann also. Er hatte ihn gezeichnet, zusammen mit jenen anderen, in der Stunde zwischen Tag und Nacht, an dem Ort, der weder Land noch Wasser war, und er hatte das mörderische Ziel des Mannes erst erkannt, als es zu spät war. Zu spät, um ihn und die anderen an der Erfüllung ihrer Aufgabe zu hindern. Eine Aufgabe, die sein Verstand weder als Wolf noch als Mensch je erfassen, verstehen oder verzeihen konnte – nicht in dem Jahr, das seitdem verstrichen war, niemals.

Jetzt hatte der Mann seine Spuren in der Nähe des Baches entdeckt, der an seinem Hof vorbeilief, und daher war er auf der Hut.

Dieser dort war nicht der einzige Mensch, dessen Schuld der Wolf gespürt, gesehen und gerochen hatte. Aber der Erste hatte nicht geahnt, dass er gejagt wurde, und war ihm deshalb leicht in die Falle gegangen. Dieser da tat dem Wolf den Gefallen, mehr zu leiden als der Erste.

Also hatte er die Jagd absichtlich in die Länge gezogen, mehrere Monate lang. Jetzt war es an der Zeit herauszufinden, wer als Sieger aus diesem Wettstreit der Willenskraft hervorging.

Der Wolf näherte sich lautlos über einen Wildpfad dem dichter besiedelten Land weiter unten. Während er weiter ging, schritt auch die Nacht voran. Die Erde gab ihre Hitze ab. Die Bewegung der Luft ließ nach. Der erste Tau senkte sich auf Gras und Sträucher herab. Die Jäger der Mitternacht und des Morgengrauens schliefen, die einen mit vollen Bäuchen, die anderen noch hungrig, und mit ihnen schlief ihre Beute.

Nichts regte sich zu dieser Stunde. Der Wolf blickte auf den Bauernhof hinab. Die Kate war rund und hatte ein kegelförmiges Dach. Am anderen Ende des leeren Hofs stand eine runde Scheune, die sich vom Haus nur darin unterschied, dass sie kleiner und an den Seiten offen war. In der Nähe der Scheune stand das eigentliche Ziel des Wolfs – eine Schafhürde aus Weidengeflecht.

Das Haus und die Scheune standen am Rand eines Weizenfelds, das bis zu einem Bach mit kieselübersätem Bett führte, einem weiteren Zustrom des Flusses in der Schlucht. Der Bauer hatte sich angewöhnt, die Schafe über Nacht hereinzuholen.

Der Wolf bewegte sich von seinem Ansitz aus zu dem Weizenfeld hinunter. Es gab nicht viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Die Halme waren gerade groß genug, um ihn an Schultern und Bauch zu streifen. Der Bodennebel hing in bewegten Schwaden über den prallen Ähren des Korns, und sie hinterließen eine feuchte Spur auf dem Pelz des Wolfs, als er sich seinen Weg durch die Halme bahnte. Die nackte Erde zwischen den Reihen fühlte sich kalt an unter seinen Pfoten.

Als er den Hofgebäuden näher kam, duckte er sich möglichst tief, schob sich über den Boden, und alle Welt hätte ihn für eine Staubwolke gehalten, die der Wind über die Ackerfurchen treibt. Ein aufmerksamer Beobachter hätte allerdings bemerkt, dass es in dieser dunkelsten Stunde vor dem Morgengrauen keinen Wind gab.

Ein Mastiff von der Größe eines Kalbs schlief angekettet an einem Pfosten vor der Schafhürde.

So selbstbewusst, dachte der Wolf, bist du, wenn du schläfst. Wie töricht, ich würde an deiner Stelle nicht schlafen, wenn ich in der Nähe wäre. Nun ... du wirst nicht aufwachen. Der Hund wachte nicht auf.

Der Wolf sprang in die Schafhürde.

Die Schafe, aus dem Schlaf gerissen von einem brüllenden Jäger in ihrer Mitte, versuchten, in alle Richtungen gleichzeitig zu fliehen. Zwei sprangen nicht über die Zaunwände des Pferches hinweg, sondern liefen in sie hinein. Der Schafpferch brach zusammen. Die zu Tode erschrockenen Tiere flohen in den Hof hinaus und dann weiter in den reifen Weizen. Ein alter Bock versuchte, seine Stellung zu behaupten. Der Wolf umging die gesenkten Hörner und rammte ihm den Kopf in die Schulter, sodass er über den Boden rollte. Nachdem der Mut ihn verlassen hatte, floh der Bock genauso wie die anderen.

Der Wolf hielt inne. Er stand hechelnd auf dem Hof. Eins der Schafe, die sich auf dem abgebrochenen Flechtwerk des zerstörten Pferchs aufgespießt hatten, erfüllte die Nacht mit heiseren, grauenvollen Schmerzensschreien. Ein anderes hing tot neben ihm.

In der runden Kate brannte ein Licht. Durch das Fenster konnte man eine Frau sehen, die Flüche und Verwünschungen ausstieß. Der Wolf setzte sich mit heraushängender Zunge auf den Boden. Sie würden wohl einen Moment brauchen, um ihren Mut zusammenzuraffen.

Ein paar Sekunden später kam ein Mann aus dem Haus gestürmt, einen Speer in der einen Hand, eine Fackel in der anderen. Zwei weitere, die nur mit Knüppeln bewaffnet waren, folgten ihm ein wenig vorsichtiger. Der Erste warf einen entsetzten Blick auf den toten Mastiff und lief dann weiter zu dem zerstörten Schafpferch und den beiden toten Mutterschafen – inzwischen war auch das Tier, das zuvor geschrien hatte, gestorben. Und der Wolf saß einfach nur da, machte es sich vor ihrer aller Augen bequem.

Der Mann stürzte mit hoch erhobenem Speer auf den Wolf zu.

Der Wolf drehte sich um und verschwand dann in der Dunkelheit, so wie ein Staubwölkchen es tut, wenn der Wind es ergreift.

Der Bauer, der über jede Vernunft hinaus erzürnt war, jagte ihm in das Weizenfeld hinterher – gefolgt von den beiden anderen, die sich sehr viel langsamer bewegten.

Der Wolf hörte einen von ihnen flüstern: »Gehen wir zurück ins Haus. Das Tier ist fort, geflohen. Wir können morgen früh weitersuchen.«

Der Wolf drückte sich mit lange geübter Geschicklichkeit inmitten des dicht an dicht wachsenden Weizens auf den Boden und schob sich vorwärts.

Der Bauer zitterte. Er hob die Fackel ein wenig höher und umfasste den Schaft seines Speers ein wenig fester. Sein Schweiß machte das raue Holz schlüpfrig. Er konnte Schweißtropfen auf seiner Stirn spüren und noch mehr die, die seine Achselhöhlen hinunterrannen. Seine beiden Kameraden vermochte er nicht zu sehen, nur einen Kreis aus Dunkelheit jenseits des Fackelscheins.

Er watete durch ein Meer aus reifem, rotem Weizen. Die Halme wiegten sich sanft im Wind der Morgendämmerung. Lieber Gott! Nein! Es ging kein Wind. Die Luft war vollkommen still.

Der Wolf traf ihn zwischen den Schulterblättern. Ein unvorstellbar kräftiger Kiefer zermalmte, noch während der Mann zu Boden fiel, seine Schulter und den linken Arm – den Arm, der die Fackel hielt.

Er sah, wie die Fackel in hohem Bogen durch die Luft flog, um gut drei Meter entfernt liegen zu bleiben. Ihm blieben noch ein paar Sekunden Zeit für den Gedanken, dass der reife Weizen so trocken war wie Zunder ...

Der Wolf blieb am Hang des Berges stehen und drehte sich noch einmal zu dem schrecklichen Bild hinter sich um. Der Mann, den er niedergestreckt hatte, hatte den Kampf aufgegeben. Er war nur noch eine geschwärzte Gestalt inmitten eines Meeres aus Flammen. Einer seiner feigen Kameraden hatte Feuer gefangen und rannte wie ein Wahnsinniger durch die Felder, wodurch die Flammen sich nur umso schneller ausbreiteten. Der Dritte war entkommen. Er und die anderen Frauen aus der Kate hielten die Bäuerin zurück, hinderten sie daran, sich verzweifelt und sinnloserweise in den Tod zu stürzen. Als er der Baumgrenze schon sehr nahe war, wandte der Wolf sich noch einmal um. Die Weizenfelder brannten lichterloh. Das Feuer hatte mittlerweile auch das Haus erreicht, und Holz und Stroh ließen eine Flammensäule gen Himmel schießen. Auch die Obstgärten, Äpfel und Quitten brannten, da man zwischen den Bäumen lange Reihen Weizen gepflanzt hatte. Die Menschen, die das Unglück überlebt hatten, flohen am Wasserlauf entlang dem Fluss und der Sicherheit entgegen.

Der Mann, der Blaze begrüßte, war gebrechlich, weißhaarig und fast blind. Oh, ihr Götter, dachte Blaze. Wie viele Jahre sind inzwischen vergangen? Er erinnerte sich an einen gesunden, kraftvollen Mann von über sechzig. Dieser Mann hier war mindestens achtzig.

Er führte Blaze wankend in ein Haus, das aus nur einem Raum bestand und im Grunde nicht mehr war als eine baufällige, strohgedeckte Hütte. Die Felder, einst dazu gedacht, den alten Druiden mit Nahrung zu versorgen, lagen brach, und es gab auch nirgendwo Vieh, nur hohes, wucherndes Unkraut. Irgendjemand hatte sich allerdings um den kleinen Küchengarten und den Fischteich gekümmert. Neben dem Eingang wuchsen Zwiebeln, Lauch und Rüben.

Mit einem Seufzer folgte Blaze dem alten Mann ins Haus. Mir hätte schon vor Jahren abgelöst werden müssen, damit er den Rest seiner Tage in Frieden leben konnte. Man hätte ihn nach Hause, nach Irland, schicken sollen, wo seine Familie sich um ihn gekümmert hätte. Aber in diesen schwierigen Zeiten hatte keiner seiner Freunde genug Anteil an seinem Schicksal genommen, um sich diese Mühe zu machen. Oder es hatte niemand die Zeit dazu gefunden.

Im Haus selbst war es dunkel, das einzige Licht kam von einem kleinen Herdfeuer. In der Nähe der Flammen beugte sich eine Frau über einen irdenen Topf, der bei den Flammen auf der Holzkohle stand.

Mir zeigte mit dem Kopf in ihre Richtung. »Meine Frau«, sagte er. »Ihren Namen weiß ich nicht mehr.« Das Mädchen hob den Kopf, und Blaze sah, dass es sehr jung war, nicht älter als sechzehn. Dann sah er genauer hin und bemerkte, dass die junge Frau grauenvolle Narben trug. Ihr Gesicht war überall von angeschwollenen Streifen übersät. Sie sah aus, als hätte jemand eine sehr scharfe Klinge genommen und sie ihr wieder und wieder durchs Gesicht gezogen.

Als sie Blaze erblickte, versuchte sie zu lächeln. Eine verzerrte Grimasse war alles, was sie zustande brachte.

»Geh weg«, sagte Mir. »Wir Männer müssen reden.«

Sie nickte und zog den Topf aus den Kohlen.

»Ist der Eintopf fertig?«, fragte Mir.

Sie nickte abermals und schlüpfte aus der Hütte.

Blaze und Mir setzten sich an einen Tisch. Blaze blickte hinaus in das goldene Sonnenlicht hinter der Tür. Er schauderte. Wenn man in diesem Haus saß, hatte man das Gefühl, in einer Höhle zu sein und in die strahlende Welt dahinter hinauszustarren. Er beobachtete die junge Frau, wie sie über die verwilderte Wiese ging und zwischen den Kiefern verschwand.

Ein äußerst merkwürdiger Geruch hing über dem Raum. Er kam von dem blubbernden Topf.

»Was für eine Art Eintopf ist das?«, wollte Blaze wissen.

»Keine Ahnung«, erwiderte Mir. »Ich esse nie was davon. Ich begnüge mich mit ein wenig Brot und Käse. Meine Leute bringen mir die Reste von ihren eigenen Tischen, und mein Garten versorgt mich gelegentlich mit frischen Dingen.«

»Ist sie eine so schlechte Köchin?«, fragte Blaze.

»Kann ich nicht sagen. Ich mag einfach nicht essen, was sie kocht. Einmal habe ich gesehen, wie sie eine Schlange, eine Hand voll Grashüpfer und eine Taube in den Kessel warf. Die Schlange lebte noch. Sie ist davongekommen. Die Grashüpfer auch, jedenfalls einige von ihnen. Die Taube war tot, erwürgt, aber sie war nicht ausgenommen worden und hatte noch ihr ganzes Federkleid. Dann warf sie drei lebendige Mäuse in den Topf. Die Katze konnte ich gerade noch retten, bevor sie sie ebenfalls in das Gebräu stecken konnte. Obwohl die Katze dann sowieso weggelaufen ist.«

Blaze schüttelte den Kopf, als versuche er, seiner Verwirrung Herr zu werden. »Die Katze ... ist weggelaufen?«

»Ja«, sagte Mir. »Die Frau hat sie am Schwanz gepackt und hochgehoben. Das hat der Katze nicht gefallen.«

»Warum tut sie solche Dinge? Hast du sie danach gefragt?«, erkundigte sich Blaze.

»Sie spricht nicht«, antwortete Mir.

»Oh«, sagte Blaze.

Mir zuckte mit den Achseln. »Sie gehört hierher, zu uns. Sie braucht Schutz. Sie ist nicht gefährlich, und in der Nacht ist sie schön warm. Ich werde jemanden bestimmen, der sie übernehmen soll, wenn ich nicht mehr bin. Aber ich habe dich nicht kommen lassen, weil ich mit dir über die Idiotin sprechen wollte, sondern über den Wolf.«

»Ah, ja«, sagte Blaze. »Der Wolf. Dieser Wolf, der sich wie ein Mensch benimmt.«

In der nächsten Nacht brach der große Graue lange vor seinem Rudel auf. Es war seine Pflicht, das zu tun. Er hatte Menschen angegriffen und damit das Leben seiner Gefährten aufs Spiel gesetzt. Menschen machten keinen Unterschied. Für sie waren alle Wölfe blutrünstige Mörder, und jeden Wolf, den sie fangen konnten, würden sie töten – manchmal, nachdem sie ihn vorher gequält hatten.

Vor Äonen von Jahren hatte ein zurückweichender Gletscher den See in die Erde gemeißelt. Der See war Teil eines kleinen Flusses, der im Sommer sein Wasser von der Schneeschmelze bekam und im Winter von den artesischen Quellen aus der näheren Umgebung. Irgendwie war sein Wasser nie gefroren. Der Wolf hatte lange über dieses Phänomen nachgedacht und war erstaunt gewesen über seine eigene Neugier. Die seiner Rasse zerbrachen sich nur selten den Kopf über solche Dinge.

Die ersten Menschen, die ins Tal gekommen waren, hatten dem See einen Namen gegeben: Der Spiegel der Fürstin. Die betreffende Fürstin war damals schon uralt gewesen, in den Hintergrund gedrängt von einer Vielzahl anderer Gottheiten, aber noch nicht vergessen, vor allem während der Stunden, die als die ihren galten: Morgendämmerung und Sonnenuntergang. Zu diesen Zeiten mieden die Bewohner des Tals den Ort, weil sie fürchteten, die Göttin auf den Pfaden dort wandeln zu sehen und von ihr angesprochen zu werden, und niemand wusste, was dann geschehen wäre. Die Göttin wurde verehrt, respektiert, geliebt und gefürchtet. Begegnungen mit ihr konnten sehr unglücklich enden, und außerdem, wer weiß schon, was im Kopf einer Göttin vorgeht? Vielleicht mieden sie den See in diesen Stunden auch deshalb, weil sie wussten, dass sich dort die Wölfe aufhielten, wenn sie in der Abenddämmerung von den Bergen kamen, um in den Tälern zu jagen. Und bei Sonnenaufgang scharten sich die Tiere dann von Neuem zusammen, um in ihre Höhlen jenseits der Baumgrenze zurückzukehren.

Wenn die Wölfe zum Trinken herbeikamen, sandte die Sonne hinter den westlichen Gipfeln lange Strahlen gen Himmel. Der abendliche Wald seufzte unter der Liebkosung des Windes.

Das Wasser spiegelte, seinem Namen getreu, den dunklen Tannenwald und den sonnenüberfluteten Abendhimmel. Der See endete in einem Wasserfall, wo sein Wasser in leuchtender Glätte über schwarze Basaltstufen in einen anderen, kleineren See floss, um einen steilen Hang hinunterzuschießen und sich mit dem tosenden Wildwasser zu vereinigen, der durch das darunter gelegene Tal jagte.

Der Wolf näherte sich mit großer Vorsicht dem See und suchte mit Blicken alle Schlupfwinkel in der näheren Umgebung ab, wo ein Bogenschütze sich hätte verstecken können. Er befürchtete einen Hinterhalt. Er konnte jedoch nichts entdecken. Oh, es war durchaus jemand da gewesen. Ein alter Mensch mit einem leichten Schritt. Der Wolf spürte das und sah darin keinen Grund zur Sorge.

Als er an den See kam, fand er ihn verlassen vor; nur die Schwalben waren geblieben, um über der spiegelglatten Oberfläche nach Insekten zu suchen. Die Frauen, die unter den Wasserfällen zu baden pflegten, waren dort gewesen und bereits wieder fort.

Frauen erinnerten ihn an die zartesten Teile der Beutetiere und brachten ihn so nahe an den Rand von Scham und schlechtem Gewissen, wie das bei einem Wolf überhaupt möglich war. Und doch fand er sie unwiderstehlich. Eine Wölfin zur Mittwinterzeit, mit gebleckten Zähnen, mit über noch ungeborenen Jungen geschwollenem Leib und Augen, die vor Angst um ihre Welpen blitzten, war häufig das beste Argument, warum ihr Partner dem Gesetz der Keuschheit Folge leistete.

Aber menschliche Frauen waren eine wandelnde Verführung. Sie bedeckten ihre nackte, rosafarbene Haut mit Tuch, das fast so weich war wie Fell. Haarlos, wie sie waren, fühlten sie sich an wie Blumenblätter, samten, seidig und wohl duftend. Die heißen Stellen ihres Leibes überfluteten die Luft an ihren Lenden mit einer Vielfalt von Gerüchen, verlockend, berauschend und endlich, wenn sie sich dem Orgasmus näherten ... Und ihren Partner, ihn, in den Wahnsinn trieben. Aber das Köstlichste von allem war ihre Unterwerfung. Auf dem Höhepunkt des Verlangens ergaben sie sich, als hätten sie keinen Knochen im Leib, verschmolzen mit seinem Körper, sanken tief und tiefer in seine Arme und in ihre eigene schrankenlose Wonne, als sei es der Tod selbst, dem sie sich hingaben. Wahrhaftig, als die erste Frau, die er umarmte, die Erfüllung ihrer Lust erreichte, befürchtete er einen Augenblick, sie sei in seinen Armen gestorben. Nur das laute, beharrliche Trommeln ihres Herzens beruhigte ihn, dass er sie nicht mit seiner eigenen heftigen Begierde getötet hatte.

Sie sind Sklaven, dachte er zu Anfang, geformt von dem Strom des Verlangens ihrer Männer, so wie die wasserglatten Steine im Flussbett von der niemals endenden Flut geformt worden waren. Eros selbst hatte sie aus dem Schoß der Erde gezogen und eigens zum Ergötzen der wilden, mordenden Männer gestaltet, die sie umgaben und die in ihrem Wahn nichts anderes kannten, als sie so oft wie möglich in Besitz zu nehmen. Sie waren von Kopf bis Fuß dazu geschaffen, andere verrückt zu machen. Es war nichts an ihnen, was nicht dazu angetan war, Freude zu schenken.

Kleine, gewölbte Füße, schmale Knöchel, sanft geschwungene, glatte Beine, seidenweiche Schenkel, samtene Hüften, ein Rückgrat, das man mit Lippen und Zunge bis in die Halsbeuge nachzeichnen konnte, während sie vor Wonne quiekten, sich wanden und dabei wie Wildkatzen vor Ektase schnurrten. Und diese Brüste. Ah, Gott, diese Brüste. Wölfe werden blind geboren und ringen im Dunkeln miteinander um die Zitzen ihrer Mutter. Diese Brüste ... als er sie in seinen Händen wog und mit seinen Lippen an ihnen saugte, kehrten die Erinnerungen jenes ersten, siegreichen Milchstrahls zurück, der sich in sein Maul ergoss. Die weichen Kugeln, beinahe wie Tassen geformt, waren in Erinnerung an eine schenkende Welt, in der ein Mann trinken konnte und die Erfüllung in seinen Lenden fließen spürte, bis sein ganzer Körper sich erhitzte wie nach jenem ersten warmen Schluck Leben, der ihm gesagt hatte, dass er weiter existieren würde. Er dachte daran, wie er zum ersten Mal Angst vor dem unabhängigen Leben verspürt hatte, Angst, dass es ihm an Wärme, Essen und Liebe mangeln könnte, jene grauenvolle Angst, dass er nicht überleben würde. Dieser erste Schluck Milch war das Versprechen, dass seine Existenz nicht enden würde, bevor sie richtig begonnen hatte – ein Schluck Milch, der langsam seinen Weg in seinen Magen fand und dessen Wärme seinen ganzen Körper erfüllte.

Die dunklen wölfischen Jägerinnen verbargen diese Geschenke der Natur, es sei denn, sie brauchten sie, um ihre Jungen zu nähren. Die Frauen taten das nicht. Sie zeigten ihre weichen Schönheiten stolz vor, um die Männer an die Macht der Frauen zu erinnern, bis sie ihnen bettelnd zu Füßen lagen. Ja, zuerst hielt er die Frauen für Sklavinnen, Spielzeuge ihrer wilden männlichen Herren. Warum auch nicht? Wussten diese Frauen nicht, dass selbst die wildesten Tiere in steter Angst vor dem Manne lebten? Sie mussten gewiss Slavinnen dieser endlosen, unaufhaltsamen männlichen Lüsternheit sein. Oder hatten sie diese selbst geschaffen und angestachelt, bis der in den Wahnsinn getriebene Mann ein Geschöpf seiner Begierden wurde, statt ihr Beherrscher zu sein? Ein Geschöpf der Frau, die ihm Befriedigung schenkte.

Er hatte sie in einem dunklen Wäldchen getroffen, sie, die seine Meinung über die Menschen veränderte. Die Duftsignale, die ihre Körper aussandten, hatten ihn mit seiner empfindlichen Nase stärker angezogen als Nahrung.

Die Männer scharten sich am Waldrand zusammen, und über ihnen lag wie ein dichter Nebel eine Wolke urtümlicher Brünstigkeit und Gewalt. Am anderen Ende des Holzes hatten sich die Jungfrauen versammelt, die geopfert werden sollten. Zwölf junge Mädchen standen zusammen mit einigen dunkel gewandeten Priesterinnen in der Nähe eines schwelenden Holzfeuers. Sie waren nackt, und ihre Haut glänzte ölig. Die Priesterinnen hatten ein grünes Kraut ins Feuer geworfen und tanzten langsam in dem wabernden Qualm, der aus dem zischenden Feuer aufstieg.

Der Wolf kannte den Ritus. Er hatte ihn schon in der Vergangenheit beobachtet. Er wusste auch, dass die Männer miteinander ringen würden, um das Privileg zu erstreiten, sich der Jagd anschließen zu dürfen.

Die Prozedur war simpel. Wenn die Rundung des aufgehenden Mondes die obere Kante des stehenden Steins berührte, würden die Mädchen in den Hain getrieben werden. Die Männer würden ihnen folgen. Die Mädchen waren höchstens sechzehn Jahre alt und allesamt Jungfrauen. Wenn sie am Morgen wieder aus dem Wald hervorkämen, würden sie keine Jungfrauen mehr sein. Einige würden weinen. Alle würden bluten, denn wenn sie nicht bluteten, nachdem die Männer in sie eingedrungen waren, würden diese sie auspeitschen, bis das erwartete Blut kam. Und einige von ihnen würden Kronen aus Blumen tragen und ein seltsames Lächeln auf ihren Gesichtern haben.

Die machtvolle Magie, die über dem Hain lag, zog den grauen Wolf in ihren Bann, bis er Menschengestalt angenommen hatte. Jedes Haar auf seinem Leib stand zu Berge, wie bei einer Katze. Dann, es war ein Gefühl, als würde er von eisigem Wasser durchdrungen, war er plötzlich ein Mann und spürte die Frühlingsnacht kalt über seine Haut streichen. Er keuchte und bebte am ganzen Leib, während das Wolfswesen in ihm abzuschütteln versuchte, was sich wie ein Wasserfall aus Eis anfühlte. Heftig zitternd stand er da, den Blick auf die Frauen geheftet.

Die Priesterinnen, die den Aufgang des Mondes beobachtet hatten, riefen denen, die die Mädchen bewachten, etwas zu.

Er hörte das Klatschen einer Rute auf nacktem Fleisch. Die Mädchen liefen wie erschreckte Stuten um das Feuer herum; eines schrie auf. Sie warfen die Köpfe zurück, und ihr langes Haar flatterte im Wind. Die Priesterinnen hielten lange, biegsame Weidenstöcke in Händen. Die jungen Frauen stoben in alle Richtungen davon und versuchten schreiend, den Schlägen zu entgehen. Aber noch wehrten sie sich, weigerten sie sich, den Wald zu betreten, denn letzten Endes waren es nur Schläge, die sie hier erwarteten – weitaus weniger bedrohlich als das, was in der Dunkelheit unter den Bäumen ihrer harrte. Erst als sie die Männer über die Wiese jagen sahen – wie sie schweigend, mit geballten Fäusten und wilden Augen heranstürmten –, erst da brachen sie aus und rannten los.

Das Mädchen, das er sich erwählt hatte, ein geschmeidiges, schwarzhaariges Geschöpf, jagte wie ein verwundetes Reh durch die Blätter des letztjährigen Herbstes. So schnell sie auch war, er hätte sie in Sekunden haben können, aber mit dem besonnenen Geschick eines Raubtiers hielt er sich zurück, bis sie tief im Herzen des Waldes angelangt waren, eingehüllt in dichte, schwarze, samtene Nacht. Das einzige Licht kam von den Sternen, ein schwerer, leuchtender Goldstaub überall da, wo man durch die Zweige der Bäume den Himmel sehen konnte.

Er fing sie ein.

Sie schrie.

Seine Wolfssinne sagten ihm, wo er ein Bett aus Farnen finden würde. Er warf sie zu Boden, und für einen Augenblick blieb ihr die Luft weg.

Aber ein Wolf war nicht nur auf sofortige und brutale Befriedigung seiner Lust aus. Die Frau unter ihm schrie und trat um sich, versuchte sein Gesicht in der Dunkelheit mit ihren scharfen Nägeln zu treffen. Er wollte riechen, wollte berühren, wollte schmecken und endlich, endlich ihre Substanz trinken. Er vergrub den Kopf an der erregendsten Stelle, die sein Wolfsgehirn finden konnte. Einem Ort, dessen Kraft alles andere übertraf. Ihren Lenden. Er leckte gierig. Ihre Schreie und ihre Gegenwehr verwandelten sich in etwas anderes. Sie lag plötzlich ganz still da. Er fand Strukturen, die es bei Wölfen nicht gab. Eintauchen ... die Stelle war weich und schmeckte köstlich.

Sie bewegte wild die Beine, aber nicht, um ihn zu treten. Sie keuchte, stöhnte, lachte wild und heulte dann laut auf, produzierte Laute, die wohl eine läufige Hündin beschämt hätten. Bog sich zurück, stieß die Hinterbacken auf den Boden. Er versuchte, sich von ihr zu lösen. Sie hielt seinen Kopf zwischen den Schenkeln fest, vergrub die Hände in seinem Haar. Dann kannte er nur noch den einen Wunsch, das eine Verlangen: aus ihr zu trinken, bis nichts mehr in ihr war. Er versuchte es.

Sie war geschwollen, das war normal; das war bei Wölfen genauso. Andere Dinge waren nicht so normal. Sie erhitzte sich wie ein Zweig, der in einem Feuer verkohlte, bis sie von einem Fieber verzehrt zu werden schien. Ihr Herz hämmerte. Es ging weiter und immer weiter, bis sie sich aufbäumte und schrie: »Du musst mich löschen! Tu es jetzt, sofort!«

»Schmerz«, sagte er. Das seinen Lippen ungewohnte Wort war beinahe ein Fauchen.

»Bei allen Göttern!« Ihr Körper erbebte; ihre Nägel gruben sich in seinen Rücken und rissen seine Haut auf. »Glaubst du, ich habe Angst vor Schmerzen?«

Aber das stimmte nicht. Er fand es heraus, als er sich Zugang zu ihrem intimsten Reich erzwang.

Sie ließ sich auf den Rücken fallen und biss sich in die Hand, um nicht zu schreien, und ihr Körper war plötzlich von Schweiß überzogen.

»Warte«, flüsterte sie und drückte ihn mit der anderen Hand von sich weg. Ihr Atem ging in tiefen, schnellen Stößen. »Das Opfer wird gut sein. Ich spüre das Blut. Er nimmt sich seinen Tribut, der männliche Geist, der Bulle des Waldes. Der Schmerz einer Frau, ihre Angst, ihr Blut – all das gehört ihm. Ich habe ihm meinen Schmerz und meine Angst gegeben und mein Blut, so wie es mir durch das Los bestimmt worden ist.«

Maeniel, der jetzt mehr Mensch war als je zuvor, versuchte sich zurückzuziehen. Seine Gedanken jagten die Worte durch die blinden Pfade seines Gehirns und konnten sie nicht finden. Er wollte sagen: »Genug jetzt, du bist verletzt, du blutest. Dein Gott sollte zufrieden sein.« Aber er war außerstande, den Gedanken in Worte zu fassen. »Nein«, war die einzige Erwiderung, die er zuwege brachte. Er versuchte, sein Glied aus ihrem Leib zu befreien.

Sie umfasste ihn mit beiden Armen und drückte seine Lippen fest auf ihre. Ihre Zähne bohrten sich durch seine Unterlippe.

Heißer Zorn löschte alles Wölfische und alles Menschliche gleichzeitig aus. Eine Sekunde lang war er so, wie sie ihn haben wollte, eine Kreatur ohne Gewissen. Er drang ganz in sie ein, rachgierig und endgültig.

Ihre Haut wurde kalt, und ihr Herzschlag setzte aus. Einen Augenblick glaubte er, sie getötet zu haben, aber dann bewegte sie sich. Sie weinte, aber ihre Haut wurde schnell immer wärmer. Beinahe gegen ihren Willen, so schien es, setzte ein geheimes Pulsieren ein. »O nein«, schluchzte sie. »Es wird weh tun. Ich halte das nicht noch mal aus.«

»Jetzt nicht mehr!«, sagte er.

Einen Moment lang befand sie sich genau in der Balance zwischen Lust und Schmerz, dann gewann die Lust die Oberhand, und sie fanden sich beide in einem Feuersturm gegenseitigen Begehrens wieder, das alle Vorsicht und jedes Zögern wegbrannte.

Im Laufe der Nacht erkundeten sie den Körper des anderen, leidenschaftlich, geduldig und mit nie versiegender Energie. Der Mond ging unter und dann die Plejaden. Als der erste Morgenwind aufkam, waren nur die kalten, einsamen Sterne über ihnen zurückgeblieben.

Ihr Körper gehorchte ihr kaum noch, so erschöpft war sie, als sie sich ihm ein letztes Mal hingab, als das letzte Pulsieren ihres Körpers ihn in Flammen aufgehen ließ. Sie lag in den Farnen, ein Lumpen aus Fleisch, und atmete in den tiefen, kraftvollen Zügen des Schlafs.

Er fand noch einen anderen Menschen, einen Mann, der ebenfalls schlief und dabei einen halb vollen Weinschlauch umklammert hielt – und er trug einen wollenen Mantel. Er erwachte kurz, als Maeniel ihm beides nahm. Ein Schlag von der Faust des grauen Wolfes ließ ihn in Morpheus' Arme zurückfinden.

Sie trank den Wein, ohne zu erwachen, und kuschelte sich unter dem Mantel zusammen. Ganz in der Nähe entdeckte er einen Lorbeerbaum und krönte sie mit dem Kranz des Siegers. Der Nebel war bereits ein silberner Schimmer zwischen den Bäumen, als Maeniel sie dort liegen ließ, wo die Sonne sie bald finden würde.

Die Erinnerung verblasste. Hinter den Bergen versank die Sonne in den Wolken. Der Wolf umkreiste den See und trottete dann die Wasserfälle hinunter, bevor er sich in den unteren See warf. Sein Kopf zeichnete sich klar und deutlich vor dem Hintergrund des vollkommen reglosen Wassers ab, und er forderte in seiner Hilflosigkeit einen Angriff förmlich heraus, falls sich in den Bergen Jäger versteckten. Aber niemand kam.

Der Wolf war verwirrt, als er endlich das Ufer erreichte. Die Menschen waren rachsüchtige Geschöpfe. Der Wolf war davon überzeugt, dass sie ihn hier empfangen würden. Aber nein. Er erreichte den weichen, hellbraunen Sandstrand am Rand des Sees, sprang aus dem Wasser und schüttelte sich trocken.

Er glaubte, die Menschen seien ihm an Schläue und daher auch an Grausamkeit überlegen. Er konnte sich nicht vorstellen, was sie jetzt vorhatten. Vielleicht einen unverständlichen Wahnsinn, so wie ihn zuvor die Frau befallen hatte?

Schuld. Ein Gefühl, das Hunden und Wölfen ebenso bekannt war wie Menschen. Niemand liebt diese Regung. Auch der graue Wolf liebte sie nicht. Er dachte nicht gern an die junge Frau zurück. Die Erinnerung der Fleischeslust, die sie geteilt hatten, war umwölkt von dem Bild ihres Sterbens.

Einen Augenblick entsetzte es den Wolf, dass er manchmal auf zwei Beinen ging. Diese Geschöpfe waren grausam und verfügten über einen Einfallsreichtum und über eine Art des Ergötzens, die er nicht verstehen konnte. Und doch hatte er Anteil an ihrer Natur. Tatsächlich fühlte er sich immer häufiger versucht, seiner ungezähmten, wilden Unschuld den Rücken zu kehren. Das machte ihm Angst, aber sie und andere von ihrer Art zogen ihn unwiderstehlich in ihre Richtung.

Es sollte hundert Jahre dauern, bis er herausfand, dass sie nicht wirklich schön gewesen war. Sie war auch nicht jung gewesen. Sie hatte drei Kinder geboren, von denen eines als Säugling gestorben war. Die anderen beiden hatte sie großgezogen; sie waren bereits erwachsen gewesen, als er ihre Mutter getroffen hatte. Nachdem der graue Wolf diese Erkenntnis gewonnen hatte, war er dankbar. Dankbar, dass sie sich nicht früher begegnet waren und dass sie ein gutes, langes Leben gehabt hatte, bevor ihre Wege sich gekreuzt hatten.

Die Sonne versank hinter dem Berg. Der Abendwind kräuselte die spiegelgleiche Oberfläche des Sees und fuhr dem Wolf durch den Pelz.

Er sah den Mann.

Meine Güte, dachte der Wolf, wie schlau er ist. Der Wolf erstarrte. Der Beobachter stand im Wald, fast auf dem Gipfel der Anhöhe. Er hatte seine Position mit Sorgfalt gewählt. Die Brise trug seine Witterung nicht zu dem Wolf hinüber, sondern in die andere Richtung, und der Mann stand im langen Schatten einer der Kiefern. Nur der dunkle Umriss einer Schulter und die unverkennbare Silhouette eines menschlichen Kopfes verrieten ihn. Während der Wolf ihn beobachtete, verblasste der Tag allmählich, und seine Augen blitzten im letzten Licht der Dämmerung auf – der Wolf sah das Weiß eines menschlichen Auges aufblitzen.

Bedachtsam wandte er den Kopf und musterte den Beobachter, ließ ihn wissen, dass er entdeckt war. Der Mann machte keine Bewegung, weder bedrohlich noch sonst irgendwie, daher ließ der Wolf sich ins Wasser gleiten, durchschwamm den Teich und war verschwunden.

Was war das?, überlegte Blaze, während er sich auf den Rückweg zu Mirs Haus machte. Alles, was er gesehen hatte, war ein Wolf. Nun gut, die Kreatur war ein sehr großer Wolf, größer als die meisten. Der dicke graue Pelz ließ auf einen Gebirgsjäger schließen, einen, der sich in den hoch gelegenen Pässen ein Heim geschaffen hatte und mit seinen Kameraden über die Gletscher strich. Blaze hatte ihn deutlich in der Dunkelheit nahe dem See gesehen. Aber im Schnee würde dieser dicke grauweiße Pelz unsichtbar sein.

Blaze zitterte, und dieses Zittern lag nicht allein an der sich schnell vertiefenden Kälte des Abends. Ja, ein Mann, der sich durch die Schneeverwehungen kämpfte, mochte dieses graue Geschöpf direkt ansehen und ihn nicht wahrnehmen, bis ihm aufging, dass er in ein Paar großer, gelbbrauner Augen starrte, die nur wenige Schritte entfernt waren ... direkt vor ihm. Und dann würden ihm nur noch ein paar Sekunden zum Beten bleiben.

Er hatte von Männern gehört, die diesen aristokratischen, wilden, mörderischen Bestien zum Opfer fielen, selbst wenn sie mit großen bewaffneten Trupps reisten. Wenn ihm diese Geschichten zugetragen wurden, pflegte er den Kopf zu schütteln über diese Narren und ihre Eskorten, die ihm bisweilen vorgeführt wurden und ihn um Gnade baten. Wenn sie ihre Geschichte erzählten, dass sie einen Gefährten oder eine wichtige Person verloren hatten, so führten sie stets an, dass es nicht ihre Schuld sei, und erklärten, sie hätten nicht einmal einen Schrei gehört oder nur einen sehr kurzen. Wenn sie dann eilig den Weg zurückgingen, den sie gekommen waren, fanden sich nur ein paar Tropfen Blut, die in den Schnee eingesunken waren. Nachdem er diesen Wolf gesehen hatte, selbst aus dieser Entfernung, hatte er plötzlich sehr viel mehr Verständnis für die schlimme Lage der Opfer.

Während er sich einen Weg durch ein besonders dichtes Gehölz bahnte, hörte er einen Laut hinter sich, ein Wispern nur. Blaze' Mund wurde plötzlich trocken, und er musste entdecken, dass seine Knie weich wurden. Mir behauptete, dieser Wolf sei mitunter ein Mensch und schien auch denken zu können wie ein Mensch.

Das Geschöpf hatte ihn gesehen, und nichts konnte verhindern, dass der riesenhafte Räuber ihn in die Irre führte, indem er in die eine Richtung verschwand, um dann, sobald er außer Sicht war, kehrtzumachen und ihm durch den dunklen Wald zu folgen.

Blaze tastete seinen Umhang ab und fand die Laterne, die Mir ihm gegeben hatte und die ihm jetzt an einem Riemen von der Schulter hing. Er entfachte eilig eine Flamme, indem er einen Feuerstein gegen den eisernen Ring an seinem Finger schlug. Als der Docht aufflammte, stellte Blaze fest, dass seine Hände zitterten. Er hob die Laterne hoch und sah, dass er sich auf einer kleinen Lichtung befand. Über ihm bogen sich die weit ausladenden Zweige einer gewaltigen Eiche. Der Boden unter ihm war bedeckt mit einem Mosaik brauner Eichenblätter.

Um ein Haar hätte er sich umgedreht, um hinter sich zu blicken, aber im letzten Augenblick ging ihm auf, dass er das eigentlich gar nicht wollte. »Vater der Götter, beschütze mich«, flüsterte er, als er an der großen Eiche vorbeikam. Gerade in diesem Augenblick sah er das Feuer, das Mir auf der Lichtung vor seinem Haus entzündet hatte.

Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und eilte weiter. Als er an den Rand des Waldes kam, hielt er einen Augenblick lang inne, weil er die Laterne ausblasen wollte.

Etwas zupfte an seinem Mantel. Da er glaubte, es müsse ein Zweig gewesen sein, drehte er sich um und bückte sich, um sich davon zu befreien.

Die Augen waren nur wenige Zoll entfernt.

Er wusste, dass er schrie. Dass er schrie wie eine Frau. Er hätte nie für möglich gehalten, dass er eines solchen Schreies fähig war, aber er hatte sich geirrt.

Er riss den Mantel los – der Wolf hatte ihn in der Schnauze –, dann benutzte er die Laterne als Waffe, indem er sie nach dem Tier warf. Irgendwie gelang es dem Wolf jedoch, obwohl er sich gar nicht zu bewegen schien, dem brennenden Wurfgeschoss auszuweichen.

Blaze rannte, rannte, wie er es sich selbst nicht mehr zugetraut hätte ... wie ein zu Tode erschrockener Zwanzigjähriger.

Mir erwartete ihn an der Tür.

Ächzend drehte sich Blaze noch einmal nach der leeren Lichtung um. Das Feuer vor der Hütte prasselte, die Flammen züngelten mit kleinen Schmatzlauten an den Holzscheiten und griffen nach dem Himmel über ihnen. Am Waldrand sah er seinen Mantel liegen, ein dunkler Fleck in der Nähe der flackernden Laterne, die von den feuchten Blättern allmählich gelöscht wurde.

»Sag mir«, stieß Blaze heiser hervor, »sag mir, dass ich das nicht geträumt habe.«

»Nein«, antwortete Mir, »du hast nicht geträumt. Versuch, dich nicht allzu sehr darüber zu erregen. Geh hinein. Die Menschen hier aus der Gegend haben dir mit dem besten Met ihre Ehre erwiesen, und auf dem Tisch stehen Schalen mit geröstetem Fleisch und Fisch. Ich gehe die Laterne und deinen Mantel holen.«

»Nein!«, rief Blaze heiser und packte Mir am Arm. »Er ist vielleicht noch in der Nähe.«

Mir sah ihn traurig an. »Ich bin sogar überzeugt davon. Aber er hat nur mit dir gespielt. Hätte er dich haben wollen, hätte er dich genommen, bevor du es bis zu meinem Haus geschafft hättest. Ich weiß schon lange, dass er mich holen kann, wann immer ihm danach zumute ist.

In dieser Nacht, der Nacht nachdem ... sie ... starb, bin ich erwacht. Ich glaube, es muss um die neunte Stunde gewesen sein, in der längsten, dunkelsten Stunde der Nacht. Im Wald herrschte absolute Stille; zu dieser Zeit schlafen selbst die Fische, die Geistern gleich in tiefen Seen und auf dem Grund der Flüsse hausen. Aber er war wach, hockte aufrecht auf den Hinterläufen, den Schwanz um den Körper geschlungen, unweit meines Herdfeuers. Seine Augen hatten einen grünen Schimmer im Feuerschein. Er warf mir einen Blick zu, einen ganz bestimmten Blick, und ich wusste, was auch immer wir beabsichtigten – was ich beabsichtigte und sogar was sie beabsichtigte –, er würde nicht ...« Die Stimme des Alten verlor sich. »Nun, gleichviel. Ich hole jetzt den Mantel und die Laterne. Geh hinein und iss etwas.«

Blaze trat durch die Tür. Das Herdfeuer brannte lichterloh. Wie versprochen standen auf dem Tisch etliche Schalen. Köstliche Düfte entstiegen ihnen. Die junge Frau, die er früher am Tag gesehen hatte, lag schlafend auf dem Bett, den Daumen im Mund.

Er schenkte sich einen Becher Wein ein. Die Tülle schlug zitternd auf den Rand des Bechers. Er stürzte die dunkle Flüssigkeit hastig hinunter.

Nach einer Weile kehrte Mir mit dem Mantel und der Laterne zurück. »Ich weiß, du hast mir nicht geglaubt. Ich wusste, was du dachtest. Labernder alter Narr, der in einer abgerissenen Hütte am Rand der Einöde lebt. Er hat viel zu lange nur den Vögeln und den Rehen Gesellschaft geleistet, und die Waldeinsamkeit und seine verrückte kleine Frau haben ihm den Verstand geraubt. Das war es doch, was du gedacht hast, nicht wahr? Hm?«

»Möglich, dass ich das gedacht habe«, gab Blaze seufzend zu. »Nun, jetzt denke ich jedenfalls nicht mehr so. Ganz sicher nicht.«

Mir nickte. »Er ist ein Fluch. Wir müssen von diesem Fluch befreit werden. Du bist der größte unseres Ordens, der noch in Gallien lebt. Hilf uns.«

Blaze setzte sich an den Tisch. Geistesabwesend schenkte er sich noch einen Becher Wein ein. Seine Augen wurden schmal, während seine Furcht allmählich verebbte, und er begann nachzudenken.

An einem anderen Ort in weiter Ferne stieß der Wolf zu seinem Rudel, in einem Wäldchen, wo das hölzerne Bildnis einer Frau herrschte. Manchmal, an gewissen Festtagen, kamen Frauen, auf denen der Fluch der Unfruchtbarkeit lastete, hierher, um im Mondlicht zu tanzen. Sie baten die Herrin – einen anderen Namen hatten sie nicht – um ein Kind. Für einen Mann bedeutete es angeblich den Tod, hierher zu kommen, aber viele trotzten dem Gerücht und verbargen sich zwischen den Bäumen, die das Bildnis umgaben. Sie taten dies, weil die Frauen nackt tanzten, weil sie tanzten, bis heißes Begehren sie entflammte, und oft gaben sie sich mit unterwürfiger Leidenschaft denen hin, deren Stimmen sie in die Dunkelheit lockten und deren heißer Samen den leeren Schoß vielleicht füllen würde. Schließlich plünderten Bienen im Sonnenschein wie im Mondlicht gern die träumenden Gärten. Was im ehelichen Bett nicht rechtmäßig zu bekommen war, ließ sich vielleicht im Sternenlicht stehlen. Aber all das ereignete sich im Frühjahr.

Jetzt war es Herbst, und der Gebirgswinter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Erst jetzt versammelten sich die Wölfe hier in der kühlen Mondnacht, um zu tanzen und zu spielen. Sie wälzten sich im kurzen, braunen Gras, rieben die Köpfe und Kiefer am säulenumkränzten Bildnis der Göttin, und schließlich erhoben sie ihre Stimmen, um zum aufgehenden Mond zu singen, bevor sie sich auf die Jagd machten.

Nein, sie war nicht schön gewesen, aber andererseits hatte er die Maßstäbe menschlicher Schönheit nie verstanden. Wie schnell sie bei der Hand waren, um etwas so Überschäumendes, so Veränderliches in eine viel zu enge Form zu pressen. Wer den Wind in einem Netz fängt oder das Spiel des Sonnenlichts auf tanzendem Wasser erstarren lässt, der wird erfahren, was Schönheit ist, aber er wird dennoch nicht das Begehren begreifen, das Feuer in den Lenden, das uns Triumph, Herzeleid oder Verzweiflung beschert.

Er war fest entschlossen gewesen, dass die Menschenfrau in dem Hain seine Letzte sein sollte. Ihr Schmerz hatte ihm Angst gemacht. Keine Wölfin kannte solches Leiden, und vielleicht war es für keine von ihnen die Pforte zu der beinahe übernatürlichen Wonne, die die Menschenfrau am Schluss so unverhohlen zur Schau gestellt hatte. Also hielt er sich vom See fern, und widmete sich seiner Pflicht – der Führung des Rudels, das er nähren musste und in dem die Ordnung aufrechterhalten sein wollte. Vielleicht, wenn er nicht sein weibliches Gegenstück verloren hätte, die Wölfin, die bei den Weibchen seine Macht vervollkommnete, vielleicht wäre er dann nicht in die Falle getappt, die auf ihn wartete. Aber die große Wölfin des Rudels war in den Klauen einer Bärin gestorben, und für eine Jagdsaison hatte er keine geziemende Partnerin gehabt.

Der Winter war hart gewesen. Kein Lebewesen außer ihm konnte sich an einen härteren erinnern. Die Römer durchstreiften das Tal – obwohl er sie nicht als Römer kannte, sondern nur als schwer bewaffnete, berittene Männer, die machtvolle Bögen trugen und aus einem nur ihnen bekannten Grund auf Wolfsfelle aus waren. Ein Rudel aus dem Tal war beinahe ausgerottet worden.

Er hatte sein Rudel auf die Bergeshöhen geführt. Die Menschen, die ihr Lager im Tal aufgeschlagen hatten, töteten das Wild, wo sie nur konnten. Und während der Winter sich in die Länge zog und der Schnee immer höher wurde, wurde es immer schwieriger, Beute zu finden. Als sein Rudel daher einen mageren Elch in eine Schneeverwehung verfolgte und ihn niederriss, waren die Wölfe nicht willens, ihre Beute einer knurrenden Bärin zu überlassen, die plötzlich erschienen war, um ihnen den Elch streitig zu machen.

Er und sie waren die Anführer. Sie kannten ihre Pflicht. Er als der Stärkere führte den Angriff, umkreiste die Bärin, fauchte sie an und lenkte sie ab, während die Wölfe sich an dem dampfenden Fleisch und dem Blut des gefallenen Elchs gütlich taten. Die ausgehungerte Bärin, deren Fettreserven von dem langen Winter und den Bedürfnissen ihres Jungen erschöpft waren, ließ sich weder einschüchtern noch von ihren Finten irreführen. Sie wandte sich wieder den fressenden Wölfen zu und brachte es beinahe fertig, eines der jungen Männchen zu zerfleischen. Die Wölfe zogen sich fauchend von dem Kadaver zurück.

Sie brauchten die Nahrung, und der Graue wusste es. Einige der älteren Rudelmitglieder waren bereits geschwächt. Der Geruch der Luft sagte ihm, dass ein Schneesturm über den Pass fegte. Wenn sie jetzt nichts zu fressen bekamen, würden der Wind und die eisigen Temperaturen ihrem Leben noch in dieser Nacht ein Ende machen.

Er stellte sich der Bärin und trieb sie mit weit geöffnetem Maul und einem zornigen Brüllen von der Beute weg. Sie stellte sich auf die Hinterbeine und schlug mit ihrer Pranke nach ihm. Er war nicht schnell genug, und sie hinterließ auf seiner Flanke einen Streifen feiner Kratzwunden. Er lief im Kreis und versuchte, hinter sie zu kommen, aber sie folgte ihm. Die Wölfin setzte zum Sprung an, zielte auf einen der Hinterläufe der Bärin. Diese fuhr herum, ließ sich auf alle viere fallen und schleuderte die jaulende Wölfin mit einer Bewegung, die zu schnell war, als dass das Auge sie wahrzunehmen vermochte, durch die Luft. Aber die Rudelmutter hatte dem Grauen seine Chance gegeben. Er stürzte sich auf den riesigen Oberschenkelknochen seiner Feindin. Der Knochen zerbrach zwischen seinen Kiefern. Er konnte sich gerade noch rechtzeitig mit einem Sprung in Sicherheit bringen, um einem letzten hasserfüllten Hieb der Bärin zu entgehen. Der gebrochene Knochen ragte wie ein Speer aus der Haut der Bärin heraus. Die Bärin stieß einen gequälten Schrei aus, rannte wie wild im Kreis herum und stampfte den Schnee unter ihren Pfoten fest, während das Blut einem Springbrunnen gleich aus dem zerschmetterten Bein sickerte und den Schnee durchweichte. Die Bärin lief weiter im Kreis und schnappte verzweifelt mit der Schnauze nach der tödlichen Wunde, bis ihr Kämpfen schließlich verebbte und sie in dem scharlachroten See niedersank und starb.

Ungeachtet des sich versteifenden Körpers der Bärin wandten die Wölfe sich wieder ihrer Beute zu. Die Wölfin stand auf, schüttelte sich den Schnee aus dem Fell und humpelte herbei, um an seiner Seite ihren Anteil zu fressen. Die ersten Wolken des Schneesturms hatten sie inzwischen erreicht. Dicke Schneeflocken ließen sich in ihrem Pelz nieder, noch während sie die Knochen des Elchs sauber abnagten. Als sie fertig waren, war die Bärin nur noch ein weißer Hügel in der Nähe der blutigen Überreste. Die Wölfin entfernte sich humpelnd von dem Elch und von ihren Kameraden.

Er wusste, wohin sie ging – in die Höhle, in der sie viele Jahre lang ihre Jungen geboren hatte. Mit gesenktem Kopf und angelegten Ohren sah sie aus, als litte sie heftige Schmerzen; ihr Humpeln war deutlicher geworden. Die übrigen Wölfe hatten eine andere Zuflucht, die sie nun aufsuchen würden.

Er folgte ihr.

Die Höhle lag oberhalb der Baumgrenze. Immer höher und höher lief sie. Es schneite von Minute zu Minute stärker, und die weißen Flocken wurden beinahe undurchdringlich. Der Himmel war ein einförmiges, dunkles Grau, das sich unausweichlich weiter verfinsterte und zuerst der Welt ihre Farbe nahm und dann auch das Licht langsam ersterben ließ. Er ging hinter ihr her über die hohe, windgepeitschte Einöde.

Das Licht war ein blaugraues Schimmern, als sie die Höhle erreichten. Eine Schneeverwehung versperrte den Eingang. Die Wölfin kroch hindurch und suchte sich eine Ecke, in der getrocknetes Moos aufgestapelt war. Dort blieb sie vollkommen reglos liegen.

Er folgte ihr, ließ sich neben ihr nieder und gab ihr das Einzige, womit er ihr noch helfen konnte. Seinen großen, warmen Körper an ihrer Seite. Er hörte ihr Seufzen, den gleichen Laut, den sie nach dem Geschlechtsakt von sich gab. Die Liebe des vergangenen Frühlings hatte keine Erfüllung gefunden. Sie hatte ein unfruchtbares Jahr.

Ihre Augen waren geschlossen, und ihre Schnauze ruhte auf seinem Rücken, direkt unterhalb des Halses. Er schlang seinen Körper um ihren herum, so gut er es vermochte. Draußen wurde der blaue Abend langsam schwarz. Der Wind heulte lauter und lauter, während der Schneesturm durch die Berge fegte, mit starren Fingern an den nackten Steingipfeln und den Gletscherhöhen riss und jedes schutzlose, warme Lebewesen in einen Kokon eisigen Todes hüllte. Heulend, schluchzend, stöhnend und schließlich brüllend angesichts des Triumphes von Kälte und Dunkelheit über Licht und Wärme. Des Triumphes eines ewigen, eisigen Todes über die flüchtigen Romanzen eines vergänglichen Frühlings.

Er wusste nicht, wann sie starb. Er wusste nur, dass er irgendwann in den schwärzesten, wildesten, grausamsten Stunden vor Sonnenaufgang erwachte und ihren Herzschlag nicht länger spüren konnte und dass trotz seiner Wärme ihr Körper abkühlte. Als er sich bewegte, rutschte ihr Kopf von seinem Rücken und landete mit einem sanften Aufprall auf dem Moos. Sie lag auf der Seite, das Maul leicht geöffnet, mit heraushängender Zunge und Augen, die blicklos in die letzte Dunkelheit starrten. Er bettete den Kopf auf seine Vorderpfoten und wartete auf die Dämmerung.

Als sie kam, schlüpfte er aus der Höhle ins Freie. Das Unwetter war vorüber. Die Sonne beschien den Schnee. Der Himmel war blau.

Er kehrte in die Höhle zurück. Sie lag an der gleichen Stelle wie zuvor. Er stieß sie mit der Nase an und stellte fest, dass sie bereits steif wurde.

Er drehte sich um und ging hinaus. Er wurde menschlich. Bei Gott, es war kalt, aber dies hier würde nicht lange dauern. Er versetzte dem Schnee über dem Höhleneingang einen kräftigen Hieb. Eine kleine Lawine war die Folge, und kurz darauf war die Höhle nicht nur von Schnee, sondern auch von Steinen und Geröll versperrt, die sich auf dem granitenen Höhlendach angesammelt hatten.

Als er fertig war, verwandelte er sich wieder in einen Wolf und markierte die Höhle. Er markierte sie auf eine Weise, wie Menschen sie nicht verstehen, wie Wölfe ihre Fallen markieren.

Dies ist ein Ort des Todes. Haltet euch fern!

Wölfe trauern nicht. Mit seiner Tat hatte er seinen Respekt für das gezeigt, was sie gewesen war, für das, was sie getan hatte. Mehr nicht.

Dann ging er fort, um sich zu den anderen zu gesellen, die unter einem Felsvorsprung Zuflucht vor dem Sturm gefunden hatten.

Sie ist jung, dachte Blaze voller Missbilligung, als sie vor Mirs Hütte ihr Pferd zum Stehen brachte. Zu jung, um das zu sein, was sie zu sein vorgibt. »Wer bist du?«, fragte er.

»Dryas«, antwortete sie. Sie saß auf einer prächtigen, braunen Vollblutstute. Ihre Kleidung bestand aus einem ledernen Überwurf und einem dunklen Hosenrock, der ihr fast bis zu den Knöcheln reichte. Der Hosenrock war bis zu den Säumen mit einer ausladenden Goldstickerei versehen. Eine Brosche, die die Form von Mohnblumen und Blättern hatte, hielt ihren langen, braunen Umhang über der Brust zusammen.

»Bist du durch die Linien der Römer gekommen?«, fragte Blaze. »Sie haben ihre Patrouillen in ganz Gallien.«

»Von so weit her komme ich gar nicht«, antwortete sie. »Die meisten der Häuptlinge scheinen fort zu sein, aber einige von ihren Frauen sind noch da. Manche von ihnen haben Macht. Sie wollten meinen Rat hören, wie sie jetzt überleben sollen, da die Römer ihren Eroberungszug abgeschlossen haben.« Sie ließ sich aus dem Sattel rutschen, behielt dabei aber die Zügel in der Hand.

»Die Antwort ist die, dass es kein Überleben für uns geben wird«, fuhr Blaze sie an. »Unsere einzige Hoffnung besteht darin, weiter ...«

»Natürlich, ja«, antwortete sie gereizt, »und diese Dämonen dazu verlocken, auch noch den letzten Rest unserer Männer abzuschlachten und zu verstümmeln und noch mehr von unseren Frauen in die Sklaverei zu verkaufen, eine Sklaverei, die nur eine langsamere Art von Tod darstellt. Seid nicht dumm, habe ich ihnen geraten. Erhaltet, was ihr erhalten könnt, macht alle Zugeständnisse, die ihr machen müsst, aber lebt weiter. Sorgt dafür, dass eure Söhne und Töchter unsere Sitten kennen lernen und sie weiterführen. Die alte Welt ist am Ende. Eine neue hat begonnen, und wer weiß, wohin das alles führen wird?«

Blaze musterte sie mit einem eisigen Blick. »Genau das hätte ich mir von dem Rat einer Frau erwartet. Nicht mehr. Nicht weniger. Aber ich habe dich nicht hierher gebeten, um mir einen Vortrag über Politik anzuhören.«

Sie nahm ihre Lederkappe vom Kopf. Eine Flut langen, schwarzen Haares ergoss sich darunter hervor und breitete sich wie ein Fächer über ihren Rücken aus. »Ich hätte auch nicht erwartet, dass du mich darum bittest. Ihr Männer