SHINING IN THE DARK - Stephen King - E-Book

SHINING IN THE DARK E-Book

Stephen King

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Beschreibung

Der Gründer der #1 Stephen-King-News-Website Lilja's Library präsentiert eine schaurig-schöne Anthologie von Horrorgeschichten – darunter eine seltene Erzählung von Stephen King selbst, Klassiker von Clive Barker und Edgar Allan Poe sowie eine Novelle von John Ajvide Lindqvist (Let the Right One In). Anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums der umfangreichen Stephen-King-Fanseite »Lilja's Library - The World of Stephen King« ist diese Anthologie die perfekte Lektüre für Horrorfans aller Couleur. Shining in the Dark umfasst Kurzgeschichten von einigen der bekanntesten und talentiertesten Autoren des Genres und enthält eine furchterregende Geschichte, die bisher in keiner anderen Sammlung von Stephen King enthalten war. Zu den Geschichten gehören: »Der blaue Kompressor« von Stephen King »Internet« von Jack Ketchum und P. D. Cacek »Der Roman des Holocaust« von Stewart O'Nan »Aeliana« von Bev Vincent »Pidgin und Theresa« von Clive Barker »Das Ende aller Dinge« von Brian Keene »Totentanz« von Richard Chizmar »Die Verlockung der Flamme« von Kevin Quigley »Der Gefährte« von Ramsey Campbell »Das verräterische Herz« von Edgar Allan Poe »Mutterliebe« von Brian James Freeman »Das Handbuch des Hüters« von John Ajvide Lindqvist

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Seitenzahl: 309

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Deutsche Hardcover-Ausgabe

ISBN Hardcover: 978-3-946330-54-7

ISBN E-Book: 978-3-946330-56-1

© 2025 Buchheim Verlag, Grimma

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Vincent Sammy

Lektorat: Felix F. Frey

Satz im Verlag

www.buchheim-verlag.de

Bei Fragen zur Produktsicherheit wenden Sie sich an: info@buchheim-verlag.de

Hersteller: Buchheim Verlag, Inh. Olaf Buchheim, Lausicker Str. 5, 04668 Grimma

Artikelnummer: BV12, 1. Auflage

Titel der Originalausgabe:

Shining in the Dark

Copyright © 2017 by Hans-Åke Lilja

Copyright der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von: © 2018 Festa Verlag GmbH

Für alle Leser von Lilja’s Library.

Ohne euch hätte es dieses Buch nie gegeben!

Für Stephen King.

Ich bin bereit für weitere 20 Jahre.

Ich hoffe, du auch.

INHALT

HANS-ÅKE LILJA20 Jahre Lilja’s Library: Ein Vorwort

STEPHEN KINGDer blaue Kompressor Eine Erzählung des Grauens

JACK KETCHUM & P. D. CACEKInternet

STEWART O’NANDer Roman des Holocaust

BEV VINCENTAeliana

CLIVE BARKERPidgin und Theresa

BRIAN KEENEDas Ende aller Dinge

RICHARD CHIZMARTotentanz

KEVIN QUIGLEYTotentanz

RAMSEY CAMPBELLDer Gefährte

EDGAR ALLAN POEDas verräterische Herz

BRIAN JAMES FREEMAN Mutterliebe

JOHN AJVIDE LINDQVIST Das Handbuch des Hüters

HANS-ÅKE LILJA 20 Jahre Lilja’s Library: Ein Nachwort

Hans-Åke Lilja20 JAHRE LILJA’S LIBRARY:EIN VORWORT

20 Jahre. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. 20 Jahre! Das ist eine sehr lange Zeit.

Was haben Sie in den letzten 20 Jahren gemacht? Ich habe geheiratet. Mir wurden zwei tolle Kinder geschenkt. Ich habe in drei verschiedenen Häusern gelebt. Und das Wichtigste ist, jedenfalls in diesem Zusammenhang, ich habe in den ganzen 20 Jahren die Webseite Lilja’s Library – The World of Stephen King betrieben. Ich habe die Seite in den 20 Jahren nicht jeden Tag aktualisiert, mir aber größte Mühe gegeben, meine Leser über alles auf dem Laufenden zu halten, was sich in Steves Königreich so getan hat. Und wenn ich das sagen darf (und da es mein Buch ist, darf ich es): Ich habe meine Sache ziemlich gut gemacht.

Als das 20-jährige Jubiläum noch rund ein Jahr in der Zukunft lag, dachte ich mir, ich müsste es mit etwas Besonderem feiern. Ich konnte es nicht einfach so vorübergehen lassen. Einmal unterhielt ich mich mit Brian Freeman vom Verlag Cemetery Dance darüber und ich glaube, von ihm kam der Vorschlag: »Warum machen wir zur Feier der Seite nicht eine Anthologie?«

Ja, warum eigentlich nicht, dachte ich mir, aber wenn das Projekt funktionieren sollte, brauchte ich die Erlaubnis, dass ich eine Geschichte von Stephen King aufnehmen durfte. Ich meine, es wäre einfach nichts gewesen, aus Anlass der Feier des 20-jährigen Jubiläums einer Webseite, die dem Werk von Stephen King gewidmet ist, ein Buch zu machen, das keinen Beitrag von ihm selbst enthält, oder? Das wäre verrückt gewesen.

Also versuchte ich, die Abdruckgenehmigung für eine seiner Storys zu bekommen, und Mitte Juli bekam ich das Okay für ›Der blaue Kompressor‹, eine Kurzgeschichte, die in keiner von Kings Storysammlungen enthalten ist.

Ich schätze, Sie können sich meine Aufregung vorstellen. Wenn nicht, kann ich Ihnen versichern, dass Herumspringen, Brüllen und irres Gelächter dazugehörten. Als das geklärt war, konnte ich den Rest der Anthologie zusammenstellen, was mir, nachdem ›Der blaue Kompressor‹ klar war, die leichteste Übung zu sein schien. Mann, was habe ich mich geirrt.

Verstehen Sie mich nicht falsch, mir hat das alles ungeheuer gefallen, aber es war eine vollkommen neue Erfahrung für mich und ich war froh, dass ich Brian Freeman an meiner Seite hatte, der mir geholfen hat. Ich hatte keine Ahnung, wie die Honorierung für so ein Projekt abgewickelt wird. Ich hatte keine Ahnung, wie man Verträge mit den Autoren aufsetzt. Tatsächlich hatte ich von vielem keine Ahnung, aber wie gesagt, ich habe alles gestemmt. Und es hat mir ungeheuer gefallen.

Außerdem hatte ich Gelegenheit, mit einigen der bedeutendsten Autoren da draußen zu sprechen. Ich habe mit den meisten der 13 Schriftsteller (irgendwie passend, dass es 13 sind, nicht?), die in dieser Anthologie versammelt sind, persönlichen Kontakt … und mit einigen, die es nicht sind. Bei manchen hat es etwas Zeit gekostet, mit ihnen Verbindung aufzunehmen (es ist nicht so, dass man sie einfach googeln kann und eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer bekommt), andere antworteten schon wenige Stunden, nachdem ich sie angeschrieben hatte. Alle, die beschlossen, mit mir zu feiern, stellten entweder eine Story zur Verfügung, die sie früher veröffentlicht hatten, oder einen unveröffentlichten Text (es ist sehr aufregend, wenn man zu den Ersten gehört, die eine nagelneue Story lesen). Sechs der zwölf Storys (ja, eine Story ist eine Gemeinschaftsarbeit, daher sind es 13 Autoren und zwölf Storys) wurden zuvor nirgendwo anders veröffentlicht. Manche wurden eigens für diese Anthologie geschrieben. Von den sechs anderen erschienen viele bisher nur in Zeitschriften. Die Chance ist also groß, dass Sie die meisten Geschichten hier zum ersten Mal lesen. Das finde ich besonders aufregend.

Eine Story wurde sogar in meiner Muttersprache (Schwedisch) geschrieben, das ist ›Das Handbuch des Hüters‹ von John Ajvide Lindqvist. Übersetzt ins Englische wurde sie von Marlaine Delargy und dann hat John tatsächlich wegen einiger Details der Übersetzung bei mir nachgefragt, was ich sehr aufregend fand. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass mich der meiner Meinung nach größte Horror-Schriftsteller Schwedens einmal zurate ziehen würde.

Und ich hatte die Möglichkeit, mit Vincent Chong zu arbeiten, den ich seit Jahren bewundere – jetzt noch mehr, da er ein bildschönes Cover für dieses Buch geschaffen hat. Er fragte mich, ob ich bestimmte Vorschläge für das Umschlagbild hätte, und ich antwortete: »Ich sehe immer den Rücken eines Mannes – oder Wesens – vor mir, der vor einem Computerbildschirm sitzt und etwas Beängstigendes an sich hat«, und daraus schuf er das Umschlagbild dieses Buches. Ich hätte nicht glücklicher sein können. Es ist die exakte Umsetzung meiner Vision. Noch besser ist, dass wir Marv den Bibliothekspolizisten (das Maskottchen von Lilja’s Library) als das Wesen genommen haben. Die wunderbaren Illustrationen in diesem Buch sind von Erin Wells, und ich liebe ihre Interpretation jeder Story. Sie sind alle Kunstwerke und verleihen jeder Story meiner Meinung nach eine zusätzliche Dimension.

Die älteste Geschichte in diesem Buch ist von Edgar Allan Poe. Er schrieb ›Das verräterische Herz‹ 1843, vor mehr als 170 Jahren, die neueste ist ›Das Ende aller Dinge‹ von Brian Keene, der sie Mitte 2016 vollendete. Diese Anthologie versammelt Furcht und Schrecken von 13 Autoren. Manche habe ich gerade erst kennengelernt, von anderen kenne ich die Werke seit 20 Jahren. Manche Storys sind reiner Horror. Manche dürften Sie nervös machen. Manche dürften Sie zum Weinen, andere zum Lächeln bringen. Ich hoffe, dass Sie alle unterhaltsam finden und Sie sie, wie ich, jede auf ihre Weise lieben. Und wenn Sie das Buch zu Ende gelesen haben … vergessen Sie nicht, Ihren Haustieren Gute Nacht zu sagen. Man weiß nie, wann man wieder die Gelegenheit dazu bekommt …

Stephen KingDER BLAUE KOMPRESSOREine Erzählung des Grauens

Das Haus war hoch, mit einem unglaublich steilen Ziegeldach. Als Gerald Nately von der Küstenstraße darauf zuging, kam ihm der Gedanke, dass es fast einem eigenen Land gleichkam, einem geografischen Mikrokosmos. Das Dach stieg und fiel in unterschiedlichen Winkeln über dem Hauptgebäude und zwei seltsam schräg angebauten Flügeln; ein Witwensteig führte um eine pilzförmige, meerwärts gelegene Kuppel herum; die Veranda, die Ausblick auf die Dünen und dürres Septembergras bot, war länger als eine Pullman-Limousine und windgeschützt. Mit der hohen Dachschräge wirkte das Haus, als würde es stirnrunzelnd auf ihn herunterblicken. Ein Baptistengroßvater von einem Haus.

Er ging zu der Veranda und, nach einem Augenblick des Zögerns, durch die Fliegengittertür in den angrenzenden Wintergarten. Nur ein Korbstuhl, eine rostige Hollywoodschaukel und ein alter, leerer Strickkorb schauten ihm zu. In den schattigen Ecken unter der Decke hatten Spinnen Seide gesponnen. Er klopfte.

Es herrschte Stille, bewohnte Stille. Er wollte erneut klopfen, als irgendwo drinnen ein Stuhl laut aufstöhnte. Es war ein müdes Geräusch. Stille. Dann die langsamen, grässlichen Laute von alten, überlasteten Füßen, die sich ihren Weg durch die Diele suchten. Ein Krückstock als Kontrapunkt: klack … klack … klack …

Die Bodendielen quietschten und ächzten. Ein riesiger, formloser Schatten erblühte oben in der Tür hinter dem Oberlicht aus Milchglas. Endlose Geräusche von Fingern, die mühselig die Rätsel von Kette, Riegel und Vorhängeschloss lösten. Die Tür ging auf.

»Hallo«, erklang tonlos eine näselnde Stimme. »Sie sind Mr. Nately. Sie haben die Hütte gemietet. Die Hütte meines Mannes.«

»Ja«, sagte Gerald, dem die Zunge im Mund anzuschwellen schien. »Das stimmt. Und Sie sind …«

»Mrs. Leighton«, erwiderte die Frau mit der näselnden Stimme, der entweder seine schnelle Auffassungsgabe gefiel oder ihr Name, gleichwohl nichts davon bemerkenswert war. »Ich bin Mrs. Leighton.«

diese frau ist so gottverdammt groß und alt sie sieht auswie o gütiger himmel bedrucktes kleid sie muss 66 seinund fett mein gott die ist fett wie ein schwein ertrageihren geruch nicht weißes haar langes weißes haar ihrebeine wie baumstämme in diesem film ein panzer siekönnte ein panzer sein sie könnte mich umbringenihre stimme ist ohne kontext wie eine kazoo herrgottwenn ich lachen muss ich darf nicht lachen kann sie70 sein gott wie kann sie noch laufen und diese krückeihre hände sind größer als meine füße wie ein gottverdammter panzer sie könnte eine eiche platt walzen eineeiche herrgott noch mal.

»Sie schreiben.« Sie hatte ihn nicht hereingebeten.

»Das stimmt«, sagte er und lachte, um zu verbergen, dass ihm plötzlich vor ihr gruselte.

»Zeigen Sie mir etwas, wenn Sie sich eingerichtet haben?«, fragte sie. Ihre Augen wirkten ständig glänzend und sehnsüchtig. Sie blieben unberührt von dem Alter, das ihren restlichen Körper verwüstet

warte schreib das auf

bild: »das alter hatte amok laufend ihr üppiges fleischverwüstet: sie glich einem wildschwein das man ineinem großen und würdevollen haus freigelassen hatwo es auf die teppiche scheißt sich auf die kommodestürzt sodass die kristallkelche und weingläser samtund sonders herunterfallen, die weinroten diwans zuunkenntlichen haufen von sprungfedern und füllmasse, den spiegelblank polierten hartholzboden des großensaals mit barbarischen hufabdrücken und spritzendenpfützen urins zu verunstalten«

okay sie ist da es ist eine geschichte ich spüre sie

und gebeugt und aufgedunsen gemacht hatte.

»Wenn Sie mögen«, sagte er. »Ich konnte die Hütte von der Uferstraße aus nicht einmal sehen, Mrs. Leighton. Könnten Sie mir sagen, wo …?«

»Sind Sie gefahren?«

»Ja. Ich habe das Auto dort drüben stehen lassen.« Er zeigte zu den Dünen und der Straße dahinter.

Ein seltsam eindimensionales Lächeln huschte über ihre Lippen. »Darum. Man sieht sie nur ganz flüchtig von der Straße aus; wenn man nicht zu Fuß unterwegs ist, übersieht man sie.« Sie deutete in einem flachen Winkel nach Westen, weg von den Dünen und dem Haus. »Dort. Gleich hinter dem kleinen Hügel.«

»Gut«, sagte er und blieb lächelnd stehen. Er hatte echt keine Ahnung, wie er das Gespräch beenden sollte.

»Möchten Sie auf einen Kaffee hereinkommen? Oder eine Coca-Cola?«

»Ja«, sagte er wie aus der Pistole geschossen.

Seine sofortige Zustimmung schien sie etwas aus der Fassung zu bringen. Schließlich war er der Freund ihres Mannes gewesen, nicht ihrer. Das Gesicht schwebte über Gerald – mondgleich, losgelöst, unentschlossen. Dann führte sie ihn in das alte, wartende Haus.

Sie trank Tee. Er trank Cola. Millionen von Augen schienen sie zu beobachten. Er fühlte sich wie ein Einbrecher, der durch die verborgene literarische Umsetzung schlich, die er aus ihr machen könnte, nur bewaffnet mit seinem jugendlich einnehmenden Wesen und einem übersinnlichen Richtungsweiser.

Mein eigener Name ist natürlich Steve King, und Sie verzeihen mir sicher, dass ich einfach so in Ihren Verstand eindringe – ich hoffe es zumindest. Ich könnte argumentieren, dass es verzeihlich ist, wenn ich den Vorgang zwischen Leser und Autor zurückziehe, weil ich der Autor bin, d. h., da es meine Geschichte ist, kann ich verdammt noch mal damit machen, was ich will – da jedoch der Leser dabei völlig außen vor bleibt, ist das nicht statthaft. Die oberste Grundregel für alle Schriftsteller ist, dass der Erzähler im Vergleich zum Zuhörer keinen Kesselflickerfurz wert ist. Lassen wir das Thema also, wenn Sie gestatten. Ich mische mich aus demselben Grund ein, weshalb der Papst kackt: Wir beide müssen es.

Sie sollten wissen, dass Gerald Nately niemals überführt wurde; sein Verbrechen blieb unentdeckt. Dennoch bezahlte er dafür. Als er vier verworrene, monumentale, missverstandene Romane geschrieben hatte, enthauptete er sich selbst durch eine mit Elfenbeinfiguren geschmückte Guillotine, die er in Kowloon gekauft hatte.

Ich erfand ihn um acht Uhr morgens in einem Augenblick der Langeweile in der Vorlesung Carroll F. Terrels von der englischen Fakultät der Universität von Maine. Dr. Terrel dozierte über Edgar A. Poe, und ich dachte:

Elfenbeinguillotine Kowloon

groteske Frau der Schatten, wie ein Schwein

ein großes Haus

Der blaue Kompressor kam erst später.

Er zeigte ihr einige seiner Texte. Nicht den wichtigsten, die Geschichte, die er über sie schrieb, sondern Bruchstücke von Gedichten, das Skelett eines Romans, der ihm seit vier Jahren Kopfschmerzen verursachte wie ein Granatsplitter, der sich ihm ins Hirn gebohrt hatte, vier Essays. Sie erwies sich als aufgeschlossene Kritikerin und schien süchtig danach, mit ihrem schwarzen Filzstift Anmerkungen an den Rand zu schreiben. Da sie manchmal bei ihm reinschaute, wenn er in der Stadt war, versteckte er seine Geschichte im Werkzeugschuppen.

Der September ging in einen kühlen Oktober über, da war die Geschichte vollendet, an einen Freund geschickt, der sie mit (schlechten) Korrekturen zurücksandte, und überarbeitet. Er fand sie gut, aber nicht vollkommen. Etwas Undefinierbares fehlte. Der Brennpunkt war ein wenig unscharf. Er spielte mit dem Gedanken, sie ihr zur kritischen Beurteilung vorzulegen, verwarf ihn, spielte erneut mit den Gedanken. Schließlich handelte die Geschichte von ihr; er war sicher, dass sie den finalen Vektor beisteuern könnte.

Sein Verhalten ihr gegenüber wurde zunehmend ungesund; er war fasziniert von ihrer enormen, animalischen Masse, dem langsamen, schildkrötengleichen Gang, mit dem sie die Strecke zwischen dem Haus und der Hütte zurücklegte,

bild: »mammutschatten des verfalls huscht überschattenlosen sand, krücke in einer gichtigen hand, füßein voluminösen tennisschuhen, die feine sandkörnerniederstapfen, gesicht wie ein vorlegeteller, feiste teigarme, brüste wie walrücken, eine geografie in sich, einland aus zellgewebe«

ihrer rauen, nuschelnden Stimme; aber gleichzeitig verabscheute er sie und ertrug ihre Berührung nicht. Er fühlte sich wie der junge Mann in ›Das verräterische Herz‹ von Edgar A. Poe. Ihm schien, als könnte er endlose Nächte um Mitternacht vor ihrem Bett stehen, einen Lichtstrahl auf ihr schlafendes Auge richten und sofort springen und zuschlagen, sobald sie es öffnete.

Der Drang, ihr die Geschichte zu zeigen, glich einem nervtötenden Juckreiz. Am ersten Tag im Dezember hatte er entschieden, dass er es machen würde. Der Entschluss brachte ihm keine Erleichterung, wie es in Romanen sein sollte, sondern erfüllte ihn mit einem Gefühl antiseptischer Freude. Es war richtig, dass er es tat – ein Omega, das die Brücke zum Alpha schlug. Und es war ein Omega – er räumte die Hütte zum fünften Dezember. An diesem Tag war er gerade vom Reisebüro Stowe zurückgekehrt, wo er eine Reise in den Fernen Osten buchte. Das alles war fast impulsiv: Die Entscheidung zu gehen und die Entscheidung, Mrs. Leighton das Manuskript zu zeigen, fielen nahezu zeitgleich, als wäre er von einer unsichtbaren Hand geführt worden.

In Wahrheit wurde er von einer unsichtbaren Hand geführt – meiner.

Der Tag war weiß und verhangen, eine Verheißung von Schnee lauerte in seinem Schlund. Es schien, als würden die Dünen bereits den Winter erahnen lassen, als Gerald über den Weg zwischen dem schiefergedeckten Haus ihres Reiches und der flachen Hütte aus Stein seines Domizils stapfte. Das Meer kräuselte sich grau und grimmig am Rand des Strandes. Möwen schwebten wie Bojen über den Wellen.

Er erklomm den letzten Dünenkamm und wusste, sie war da – ihr Krückstock mit dem weißen Fahrradgriff lehnte neben der Tür. Rauch stieg aus dem Spielzeugkamin auf.

Gerald stieg die Plankenstufen hinauf, trat sich den Sand von den hohen Schuhen ab, damit sie auf ihn aufmerksam wurde, und ging ins Haus.

»Hallo, Mrs. Leighton!«

Doch das winzige Wohnzimmer und die Küche waren gleichermaßen leer. Die Schiffsuhr auf dem Kaminsims tickte nur für sich selbst und Gerald. Ihr riesiger Pelzmantel hing über dem Schaukelstuhl wie ein Segel aus Tierhaut. Ein kleines Feuer im Kamin loderte und prasselte emsig. Der Teekessel stand auf dem Gasherd in der Küche, eine Teetasse wartete am Tresen auf Wasser. Er schaute in den schmalen Flur zum Schlafzimmer.

»Mrs. Leighton?«

Flur und Schlafzimmer waren ebenfalls leer.

Er wollte gerade in die Küche zurückkehren, als das monströse Kichern einsetzte. Es waren enorme, hilflose Lachsalven der Art, die jahrelang verborgen bleiben und mit dem Alter reifen wie Wein. (Es gibt auch eine Geschichte von Edgar A. Poe über Wein.)

Das Kichern schwoll zu brüllendem Gelächter an. Es kam von der Tür rechts von Geralds Bett, der letzten Tür der Hütte. Aus dem Werkzeugschuppen.

meine eier kribbeln wie in der grundschule die altevettel lacht sie hat es gefunden das fette alte weibsbildder teufel soll sie holen der teufel soll sie holen du altehure du machst das nur weil ich hier draußen bin dualte hexenhure du elendes dreckstück

Mit einem Schritt ging er zur Tür und riss sie auf. Sie saß auf dem Boden neben dem kleinen Heizlüfter im Schuppen und hatte das Kleid über die knolligen Eichenäste ihrer Knie hochgezogen, damit sie mit überkreuzten Beinen sitzen konnte, und las das Manuskript, das in ihren aufgedunsenen Händen winzig wirkte.

Ihr Gelächter hallte brüllend um ihn herum. Gerald Nately sah Farben vor seinen Augen explodieren. Sie war eine Schnecke, eine Made, ein gigantisches Kriechtier, das im Keller des dunklen Hauses am Meer entstanden war, ein dunkler Käfer, der eine groteske menschliche Gestalt angenommen hatte.

Im trüben Licht des einzigen Fensters wurde ihr Gesicht zu einem schwebenden Friedhofsmond mit den pockennarbigen, trockenen Kratern ihrer Augen und der unebenmäßigen Erdbebenspalte ihres Mundwerks.

»Lachen Sie nicht«, sagte Gerald ganz erstarrt.

»O Gerald«, sagte sie und lachte trotzdem. »Das ist so eine schlechte Erzählung. Ich kann Ihnen nicht verübeln, dass Sie ein Pseudonym benutzt haben. Sie ist …« Sie wischte sich Lachtränen aus den Augen. »Sie ist grauenhaft.«

Er ging mit steifen Schritten auf sie zu.

»Sie haben mich nicht groß genug beschrieben, Gerald. Das ist das Problem. Ich bin zu groß für Sie. Vielleicht Poe, Dostojewski oder Melville … aber Sie nicht, Gerald. Sie nicht. Sie nicht.«

Sie fing wieder an zu lachen, gewaltige, laute Geräuschexplosionen.

»Lachen Sie nicht«, sagte Gerald ganz erstarrt.

Der Werkzeugschuppen, im Stil von Zola:

Holzwände mit vereinzelten lichten Ritzen umzäunten in Ecken aufgehängte und abgelegte Kaninchenfallen; ein Paar staubige, unbespannte Schneeschuhe; ein rostiger Heizofen ließ ein Flackern gelblicher Flammen gleich Katzenaugen deutlich werden; Rechen; eine Schaufel; Heckenscheren; ein steinalter grüner, wie eine Schlange aufgerollter Gartenschlauch; vier wie Krapfen aufeinandergestapelte, abgefahrene Reifen; eine rostige Winchester-Flinte ohne Hahn; eine zweihändige Säge; eine staubige Werkbank, darauf übervoll Nägel, Schrauben, Bolzen, Unterlegscheiben, zwei Hämmer, eine Plane, ein abgebrochener Schraubenschlüssel, ein ausgebauter Vergaser, der einst ein 1949er Packard-Cabrio geziert hatte; ein leuchtend blau gestrichener 4-AT-Kompressor mit einem Stromkabel, das ins Haus führte.

»Lachen Sie nicht«, sagte Gerald noch einmal, aber sie wippte weiter hin und her, hielt sich den Bauch und fächelte das Manuskript mit ihrem keuchenden Atem auf wie einen weißen Vogel.

Er tastete mit der Hand nach der rostigen Winchester-Flinte und zog sie ihr über den Schädel.

Die meisten Horror-Storys sind sexueller Natur.

Tut mir leid, dass ich die Geschichte mit dieser Information unterbrechen muss, doch scheint es mir angesichts des grausigen Endes dieses Textes geboten, das (jedenfalls psychologisch) eine unverkennbare Metapher für Ängste sexuellen Versagens meinerseits ist. Mrs. Leightons großer Mund ist ein Symbol für die Vagina; der Schlauch des Kompressors ist ein Penis. Ihre enormen und erdrückenden weiblichen Fleischberge sind eine mythische Verkörperung der sexuellen Angst, die mehr oder weniger ausgeprägt jeder Mann empfindet; dass die Frau mit ihrer Öffnung eine Verschlingerin sein könnte.

In den Werken von Edgar Allan Poe, Stephen King, Gerald Nately und anderen, die sich dieser speziellen Form von Literatur befleißigen, finden wir höchstwahrscheinlich abgeschlossene Zimmer, Kerker, leer stehende Villen (allesamt Symbole für die Gebärmutter); Szenen lebendigen Begrabenseins (sexuelle Impotenz); Tote, die aus den Gräbern auferstehen (Nekrophilie); groteske Monster oder menschliche Wesen (veräußerlichte Angst vor dem Geschlechtsakt selbst); Folter und/oder Mord (eine taugliche Alternative zum Geschlechtsakt).

Diese Möglichkeiten sind immer zutreffend, aber der postfreudianische Leser und Autor muss sie in Erwägung ziehen, wenn er sich an dem Genre versucht.

Abnorme Psychologie ist zu einem Teil der menschlichen Erfahrung geworden.

Sie gab verschleimte, unbewusste Geräusche von sich, als er wie von Sinnen herumwirbelte und nach einem Werkzeug suchte; ihr Kopf hing wie abgebrochen am dicken Stängel ihres Halses.

Er schnappte sich den Schlauch des Kompressors.

»Na gut«, sagte er mit belegter Stimme. »Na gut. Na gut.«

miststück fettes altes miststück das hast du jetzt davonnicht groß genug ist das so tja du wirst dafür gleich nochgrößer sein

Er riss ihren Kopf an den Haaren zurück und stieß ihr den Schlauch in den Mund, in den Hals. Sie schrie dennoch, ein Geräusch wie das einer Katze.

Teilweise wurde diese Geschichte von einem alten EC-Horror-Comic inspiriert, den ich mir in einer Drogerie in Lisbon Falls gekauft habe. In einer Geschichte ermordeten ein Mann und seine Frau sich gleichzeitig gegenseitig auf eine ironische (und brillante) Weise. Er war sehr dick; sie sehr dünn. Er steckte ihr den Schlauch eines Kompressors in den Rachen und blies sie zu enormer Größe auf. Auf dem Weg nach unten stürzte eine Falle, die sie ihm gestellt hatte, auf ihn, zerquetschte ihn und machte ihn dünn wie ein Blatt Papier.

Jeder Schriftsteller, der Ihnen erzählt, dass er nie etwas plagiiert hat, ist ein Lügner. Ein guter Schriftsteller beginnt mit schlechten Einfällen und Unwahrscheinlichem und macht daraus Kommentare über die conditio humana.

In einer Horror-Story ist es zwingend erforderlich, dass das Groteske in den Status des Abnormalen erhoben wird.

Der Kompressor sprang mit einem Wuschen und einem Rattern an. Der Schlauch schnalzte aus Mrs. Leightons Mund. Kichernd und stammelnd stieß Gerald ihn wieder hinein. Ihre Füße zuckten und trommelten auf dem Boden. Ihre Wangen und der Brustkorb bauschten sich rhythmisch. Ihre Augen quollen auf und wurden zu Glasmurmeln. Ihr Oberkörper dehnte sich aus.

da hast du es du elendes aas bist du groß genug bist dujetzt endlich groß genug

Der Kompressor zischte und knatterte. Mrs. Leighton blähte sich auf wie ein Wasserball. Ihre Lunge wurde zu einem gequälten Kugelfisch.

Schurken! Verstellt euch nicht länger! Hier, hier! Es ist das Schlagen dieses fürchterlichen Herzens.

Sie schien auf einmal zu explodieren.

Gerald saß in einem kochend heißen Hotelzimmer in Bombay, als er die Geschichte überarbeitete, die er in einer Hütte auf der anderen Seite der Welt begonnen hatte. Ursprünglich hatte er ihr den Titel ›Die Sau‹ gegeben. Nach gründlichen Erwägungen änderte er ihn in ›Der blaue Kompressor‹.

Er hatte sie zu seiner Zufriedenheit beendet. Das Motiv der Schlussszene, in der die alte Frau ermordet wurde, war zugegeben etwas schwach, aber das erschien ihm nicht wie ein Makel. In ›Das verräterische Herz‹, Edgar A. Poes bester Geschichte, gibt es gar kein echtes Motiv für die Ermordung des alten Mannes und genau so sollte es sein. Es geht nicht um das Motiv.

Kurz vor dem Ende wurde sie ungeheuer dick; sogar ihre Beine schwollen zum Doppelten ihres normalen Umfangs an. Und ganz zum Schluss schoss ihre Zunge aus dem Mund wie ein Flaschenteufelchen.

Als Gerald Nately Bombay verließ, reiste er nach Hongkong, dann nach Kowloon. Die Guillotine aus Elfenbein weckte sofort seine Aufmerksamkeit.

Als Autor sehe ich nur ein korrektes Omega für diese Story, nämlich Ihnen zu sagen, wie Gerald Nately die Leiche entsorgte. Er riss die Dielen des Schuppenbodens heraus, zerstückelte Mrs. Leighton und vergrub die Teile im Sand darunter.

Als er die Polizei informierte, dass sie seit einer Woche vermisst wurde, kamen der örtliche Constable und ein Mann der State Police unverzüglich vorbei. Gerald empfing sie ganz ungezwungen und bot ihnen Kaffee an. Er hörte kein klopfendes Herz, allerdings fand das Gespräch auch im großen Haus statt.

Am Tag darauf flog er davon, nach Bombay, Hongkong und Kowloon.

JackKetchum& P. D.CacekINTERNET

6.5.2003, 23:22 Uhr

Andrew,

ich kann nicht GLAUBEN, dass du von allen Frauen in diesem Chatroom mich ausgewählt hast!

6.5.2003, 23:31 Uhr

Cassandra,

soll das ein Witz sein? Ein paar der anderen mochte ich ganz gern – Mugu, Wicked. Aber andere … Herrje … wann zum Teufel steigt Maya endlich von ihrem hohen Ross herunter? Oder Babycrazed, wenn wir schon dabei sind? Und sag mir bitte, wann lässt sich Flit endlich ein Gehirn wachsen?

Aber ich glaube, meine Gründe, weshalb ich nur dir allein schreibe, sollten auf der Hand liegen. Du bist klug, du bist witzig und nach allem, was du gestern über kleine Kinder geschrieben hast, weiß ich, dass du auch fürsorglich bist.

Hast du eigentlich Kinder? Schon merkwürdig mit diesen Chatrooms. Man kann sich wochenlang darin aufhalten und weiß doch nichts über die Leute, mit denen man redet. Egal, ich finde es schön, dass du meine Einladung angenommen hast. Ich freue mich darauf, von dir zu hören.

Liebe Grüße

Andrew

7.5.2003, 21:01 Uhr

Andrew,

nein, ich habe keine eigenen Kinder … aber ich hätte gern welche. Eines Tages. Bis dahin muss ich mich damit begnügen, meine Nichte und meinen Neffen zu verhätscheln. Sie sind noch Babys, erst zwei und vier, aber ich denke mir, wenn ihre einzige Tante sie nicht verhätscheln darf, wer dann?

Und du hast recht … manchmal chattet man monatelang mit jemandem, ohne dass man eine klare Vorstellung hätte, wer – oder was – er ist. Es ist aber komisch, ich habe das Gefühl, als wüsste ich über dich mehr als über viele andere Leute, die ich seit Jahren kenne. Zum Beispiel – damals, als du und Tigerman euch wegen Tierversuchen »in die Wolle« gekriegt habt und er so wütend wurde, weil du gesagt hast, Tiere hätten dasselbe Recht, ohne Angst und Furcht zu leben, wie Menschen … und er dann sagte, du kannst ihn am A. lecken. Du hättest das auch zu ihm sagen können, hast es aber nicht. Du bist bis zuletzt höflich und anständig geblieben und ich schätze, das bist du, Andrew … ein anständiger Mensch. Ich hoffe, ich höre bald von dir. Tschüss …

Cassandra

PS: Nenn mich Cassie … wie alle meine Freunde. :-)

PPS: Was für Musik magst du? Ich mag das Zeug aus den 80ern! Noch mal tschüss.

7.5.2003, 23:00 Uhr

Cassie,

Tigerman ist ein Trottel. Ich wollte das nicht sagen, wenn alle anderen mitlesen, aber da wir jetzt unter uns sind, habe ich keine Hemmungen mehr. Ehrlich gesagt konnte ich den Kerl nie leiden. Mir schien immer, als … keine Ahnung … als würde er etwas verbergen oder sich hinter etwas verbergen. Als er sich mit mir »in die Wolle« gekriegt hat, kam er so weit aus der Deckung, wie er konnte. Vielleicht habe ich also doch etwas erreicht. :-) Wer weiß?

Hast du vor, wieder dorthin zu gehen? Zum Singlechat, meine ich. Ich habe echt keine Lust mehr. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich in nächster Zeit lieber nur mit dir chatten. Musik? Alles Mögliche. Aber kein Metal oder Rap. 50er-Jahre-Zeug, Beatles-Ära, Country – ich höre mir hin und wieder sogar Opern und Schlager an. JETZT IST ES RAUS! SCHLAGER! Ich hoffe, das kostet mich nicht unsere Freundschaft :-) Aber am liebsten höre ich definitiv Blues. Blues könnte ich mir die ganze Nacht anhören. Er ist gut, ganz gleich wie man sich fühlt – glücklich, traurig, wie auch immer. Er berührt etwas in mir. Schon immer.

Muss los. Das Katzenklo muss sauber gemacht werden. Mein Schreibtisch und Computer stehen in einem kleinen Erker gleich neben dem Bad. Es ist eine Art Garderobe, die ich zum Arbeitszimmer umfunktioniert habe. Wenn Cujo auf dem Katzenklo gewesen ist, kann es ziemlich müffeln. Ein Problem in New York ist, dass man sie nicht rauslassen kann. Die wären im Handumdrehen Hackfleisch. Ich nehme nicht an, dass du ein Katzenfan bist, oder?

Melde dich, ja?

Andrew

PS: Danke, dass du mich einen anständigen Mann genannt hast. Ich gebe mir Mühe, einer zu sein.

7.5.2003, 23:20 Uhr

Andrew,

ich weiß, was du über Tigerman gemeint hast. Es schien wirklich, als würde er etwas verbergen – wie er wütend wurde, als alle anderer Meinung waren als er. Ich fand ihn zuletzt tatsächlich etwas gruselig. Ähnlich empfand ich, als Maya damit anfing … du weißt schon … dass sie es okay findet, so viele Lover zu haben, wie sie will, solange die einander nicht kennen. Ich finde das nicht okay und wollte es ihr sagen – aber ich dachte, es steht mir vielleicht nicht zu. Wie du sagst, nicht wenn alle anderen mitlesen. Vermutlich bin ich in mancher Hinsicht einfach altmodisch … ebendarum gehe ich vermutlich nie wieder in den Singlechat. Davon abgesehen muss ich das ja auch gar nicht mehr. Ich »chatte« viel lieber mit dir. :-)

Ich LIEBE Schlager auch, also ist mit unserer Beziehung alles in Ordnung. *erröt* Und den Blues mag ich echt auch – besonders in regnerischen Nächten. Ich drehe die Musik dann meist leiser, damit es sich anhört, als wäre der Regen Teil des Songs, lege mich ins Bett und höre zu. Manchmal schlafe ich sogar beim Zuhören ein, das ist wunderschön.

O MEIN GOTT … Ich LIEBE Katzen, und Cujo ist ein toller Name! (Bitte sag mir, dass Cujo nicht so groß ist wie der Hund in Stephen Kings Buch! Falls doch, solltest du das Katzenklo aber wirklich SCHNELLSTENS sauber machen! Urks!) Ich hatte mein Leben lang Katzen … momentan aber nicht. Meinen Kater, Sgt. Stripes, hab ich letztes Halloween verloren. Er war 15, als er starb, und ich habe ihn mit sieben Wochen bekommen. Das war hart … Ich kann immer noch kaum an ihn denken, ohne dass ich weinen muss. Er war ein GROSSER Kater – zwölf Kilo, bevor er krank wurde –, ein ingwerfarbenes Tier mit goldenen Augen. Ich glaube, er hielt sich für einen Hund, denn er folgte mir immer durch das ganze Haus, »wedelte« mit dem Schwanz … und schlief nachts bei mir im Bett. Es war schön, weißt du, ihn neben mir zu spüren. Das ist am schwersten … nachts allein zu sein. Ich vermisse ihn so sehr.

Puh – jetzt bin ich ein wenig rührselig geworden. Entschuldige.

Du lebst in New York City. Das ist so toll! Wir sind praktisch Nachbarn! Ich lebe in Pennsylvania, in einer kleinen Stadt namens Warminster – was in Lenni Lenape (Sprache der amerikanischen Ureinwohner) wohl so viel wie »Schmale Stelle an der Straße. Nicht blinzeln« bedeutet.

Muss auch los. Habe eine Tonne Papierkram zu erledigen. Streichle Cujo für mich.

Cassie

8.5.2003, 21:22 Uhr

Cassie,

tatsächlich war Cujo das Sorgenkind ihres Wurfs. Sie ist nur halb so groß wie die meisten Katzen. Und weißt du was? Sie ist auch ingwerfarben, genau wie Sgt. Stripes – nur ihre Augen sind grün. Was sagst du dazu? Noch etwas, das uns verbindet!

Es ist nicht schlimm, wenn man manchmal rührselig wird. Geht mir genauso.

Und es ist gut, wenn man altmodisch ist, besonders bei Beziehungen. Die letzte Beziehung, die ich hatte, hielt ein Jahr, die davor zwei Jahre, und die davor drei Jahre. Ups – sieht so aus, als würden sie immer kürzer werden! Aber ich war schon immer der monogame Typ. Selbst hier in New York, wo es mehr als genug Gelegenheiten gibt, habe ich mich nie mit mehr als einer Frau getroffen. Ob du’s glaubst oder nicht.

Warminster, Pennsylvania. Habe ich auf der Karte nachgeschlagen. Verdammt! Das ist echt nicht weit weg. Wie viel, rund zweieinhalb, drei Stunden von NY entfernt? Komisch. Im Netz weiß man nie, woher die Leute schreiben, wenn sie es einem nicht aus irgendeinem Grund verraten. Du hättest in L. A., Michigan oder Alaska wohnen können, Herrgott! Nachbarn! Supi!

Wenn das unverschämt ist, sag es mir ruhig, kein Problem. Aber ich frage mich, wie du aussiehst. Ich würde dir verraten, wie ich aussehe, aber du hast ja gesagt, dass ich ein anständiger Mann bin, nicht? Und für einen anständigen Mann gilt immer: Ladys first.

Alles Liebe

Andrew

8.5.2003, 23:32 Uhr

Lieber Andrew,

(Ich hoffe, das »Lieber« stört dich nicht … aber auch das gehört zum »Altmodischsein« …)

Und ich bin froh, dass du altmodisch bist. Ich wusste es irgendwie. Es tut mir leid, dass deine letzte Beziehung so schnell zu Ende gegangen ist, aber das bedeutet nur, dass es nicht die Richtige war. Auch darüber weiß ich genug. Meine letzte »ernste« dauerte fast zwei Jahre und … sagen wir einfach nur, dass sie kein besonders glückliches Ende fand. Er wollte etwas, wozu ich nicht bereit war …

Ich verabrede mich nicht oft. Ich habe nie einen Sinn darin gesehen, einfach nur mit jemandem »auszugehen«. Vielleicht liegt es daran, dass ich bis jetzt noch keinen anständigen Mann gefunden habe. Das heißt, bis jetzt …

Ups. Das war ein bisschen voreilig, was? *ERRÖT!*

Okay, du hast mich gefragt, wie ich aussehe … na ja, erster Hinweis: Cujo und ich haben etwas gemeinsam. Nein, ich habe keine ingwerfarbenen Streifen! Meine Augen sind grün … mehr möchte ich im Moment nicht verraten … :-)

Ich weiß nicht, wie es da ist, wo du wohnst, aber der Frühling weiß dieses Jahr nicht, was er will. Gestern 21 Grad, heute zehn, und dann REGEN und Nässe. Bei Nässe werden meine Haare ganz lockig. Ups! Jetzt weißt du, dass ich Haare habe! Okay, tatsächlich sind es dunkelbraune Haare, mit einem Schuss ins Rötliche. Als ich klein war, trug ich sie sehr lang, bis zur Taille, aber es hat immer EWIG gedauert, bis sie trocken waren. Ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, aber jetzt sind meine Haare kurz, im Sommer lockig und den Rest des Jahres irgendwie »zerzaust«.

Okay, ich bin recht groß … Beine bis zum Kinn, hat mein Vater immer gesagt. Sagt er heute noch, wenn er will, dass ich rot werde. Und das werde ich schnell. *erröt*

Darf ich dir etwas sagen? Ich war stets der Meinung, dass ein Mann so hübsch ist, wie er sich gibt, wie das, was er macht, und wie er sich benimmt. Das Innere zählt für mich mehr als das Äußere. Aber … jetzt bist DU dran. Sag mir, wie Andrew aussieht. Das heißt, wenn du willst. Muss jetzt los … später mehr … versprochen.

OO (Umarmung)

Cassie

PS: New York ist nur eine Stunde und 45 Minuten entfernt. Habe ich mit Map Quest nachgeprüft. :-)

9.5.2003, 1:03 Uhr

Liebe Cassie,

ich hatte auch lange Haare – damals, in den Hippie-Zeiten – und habe sie aus demselben Grund abgeschnitten. Zu viel Akt, sie zu trocknen … Ich bin 1,77 groß, wiege um die 70 Kilo, habe dunkle Haare und bin recht gut in Form für einen Mann meines Alters. Meine Augen wirken unterschiedlich, je nachdem, was ich anhabe. In meinem Führerschein steht »blau«, aber die Farbe reicht von Grau bis Bernstein.

Du bist nur eine Stunde und 45 Minuten entfernt? Da habe ich die Karte wohl nicht genau genug gelesen.

Erzähl mir mehr von dir. Leben deine Eltern noch? Meine sind beide gestorben, meine Mutter vor vielen Jahren, mein Vater vor sieben. Ich glaube, ich habe bei Singlechat schon erwähnt, dass ich ein Einzelkind bin. Du hast gesagt, du hast eine Schwester. Sonst noch Geschwister? Reine Neugier. Je älter ich werde, desto wichtiger wird offenbar die Familie für mich – oder, in meinem Fall, deren Abwesenheit. Ich will nicht selbstmitleidig klingen – es ist nun mal eine Tatsache, mit der ich zurechtkommen muss. Ich habe Tanten, Onkel und Cousins, aber denen stehe ich nicht sehr nahe. Vielleicht mag ich darum Katzen so sehr – Ersatzfamilie. :-)

Schreib bald, ja?

XOXOXOX Andrew

9.5.2003, 18:34 Uhr

Lieber Andrew,

Deine Augen hören sich bemerkenswert an – sogar magisch. Ich wünschte, meine Augen wären nicht nur schnöde grün. Ich würde ja sagen jadegrün, aber ich will dich nicht anlügen. :-)

Da wäre noch eines … Ich rede nicht gern über mich selbst, wie du bei Singlechat sicher schon bemerkt hast. Im Grunde genommen bin ich schüchtern und ziemlich uninteressant, wenn ich darüber nachdenke … aber … okay … meine Freunde sagen, dass ich im Bikini »scharf« aussehe. *ERRÖT!!!!!!!!!*

Egal, du wolltest etwas über meine Eltern wissen (übrigens bin ich immer noch rot). Sie sind beide am Leben und sehr aktiv. Meine Mutter war Hausfrau, als meine Schwester und ich klein waren, drückt aber neuerdings wieder die Schulbank. Sie möchte ihr Examen als Lehrerin machen, was mein Dad toll findet. Meinem Dad gehört übrigens ein Reisebüro – wir hatten VIELE tolle Ferien! In ein paar Tagen brechen meine Eltern sogar in die »zweiten Flitterwochen« auf – nach Hawaii, eine Woche. Keine Ahnung, was ich mit mir anfangen soll, wenn sie fort sind – da ich bei ihnen wohne (spart Miete). Doch mir fällt sicher etwas ein.

Ich verstehe aber, dass man seine Familie auf Distanz hält. Meine Schwester und ich stehen uns auch nicht sehr nahe. Ich sage es ihr nie, finde aber, dass ihr der Beruf (Immobilienmaklerin) wichtiger ist als ihre Kinder, wohingegen ich glaube, der beste »Job« auf der Welt ist es, Mutter zu sein. Andererseits kann ich, da sie so viel arbeitet, mehr Zeit mit Mandy und Jamie (meine Nichte und mein Neffe) verbringen, es hat also alles auch sein Gutes. Heute Abend zum Beispiel … darum ist diese Mail auch so kurz – hat mich meine Schwester gefragt, ob ich nicht babysitten könnte, und ich will die Kinder VERHÄTSCHELN! Ich habe DIE MONSTER AG, SHREK und MEINE Lieblingsfilme ausgeliehen: ARISTOCATS und GAY PURR-EE!



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