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Keine psychedelischen Substanzen bescherten die ausgefallenen Szenarien in diesem Buch, diese Geschichten wurden vorgefunden, erdacht, fantasiert und hier offen gelegt. Alltägliche Abgründe, abgründige Alltäglichkeiten, vergnügliche und beängstigende Horrortrips, obskure Fantasien, schräge und satirisch-ironische Betrachtungen der Mitmenschen und der restlichen Elemente werden in 28 Kurzgeschichten zusammengebracht. Erzählt wird hier über die abgründigen und schrägen Existenzen, die mit den kaputten Seelen, die mit schwerem Gepäck und leerem Koffer, die Verlorenen und Skurrilen, die liebenswert Bekloppten, die Schrulligen, die Clowns und die Verliebten, die Einzigartigen und die Gockel auf dem Schnepfenstrich, die Spießerseelen und die Schrebergärtner - sie alle haben ihre Geschichte.
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Seitenzahl: 187
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Keine psychedelischen Substanzen bescherten die ausgefallenen Szenarien in diesem Buch, diese Geschichten wurden vorgefunden, erdacht, fantasiert und hier offen gelegt. Alltägliche Abgründe, abgründige Alltäglichkeiten, vergnügliche und beängstigende Horrortrips, obskure Fantasien, schräge und satirisch-ironische Betrachtungen der Mitmenschen und der restlichen Elemente werden in 28 Kurzgeschichten zusammengebracht.
Erzählt wird hier über die abgründigen und schrägen Existenzen , die mit den kaputten Seelen, die mit schwerem Gepäck und leerem Koffer, die Verlorenen und Skurrilen, die liebenswert Bekloppten, die Schrulligen, die Clowns und die Verliebten, die Einzigartigen und die Gockel auf dem Schnepfenstrich, die Spießerseelen und die Schrebergärtner - sie alle haben ihre Geschichte.
Online auf dem Strich
7.45 Uhr in der Stadtbahn - ein Überlebensbericht!
Moritaten im Garten - Parzelle 20
Delikat
Digitale Signale
Mittelklasse
Zu jener Zeit grün
Schuhwerk
Stimulationsschnörkel
Roland und dazwischen glücklich
Aus dem Leben einer Note
borderline
Bruder zur Sonne
Der Unfall
Hurendienste
Der Koffer Teil 1
Dahlienbeet
Der Kollege
Gern gefühlt
Kein Erbarmen
Wortlos vorbei
Blicke
Erdbeeren auf Asphalt
Die Straße
Der Koffer Teil 2
Morgens um sieben
Der Kioskverkäufer
Erde 1980
Das Eis, der Hund, die Pfütze
… da steckt man mittendrin im horizontalen Gewerbe. Dating-Netzwerke, Sexismus, käufliche Liebe assoziierend. Doch diese einseitige Sichtweise schreit nach Aufklärung.
Hier soll nun der Begriff Online von verschiedenen Seiten beleuchtet werden.
Online - bedeutet frei übersetzt ‚auf dem Strich‘.
Diese Redewendung erinnert zunächst an die Damen des horizontalen Gewerbes, die auf besagtem Strich unterwegs sind.
Doch wer hats erfunden bzw. die Vorgabe dieser Redewendung geliefert? Man glaubt es nicht, es war - die Waldschnepfe!
Hier die brisante Erläuterung:
Es ist Frühling, die Balzzeit beginnt. In niedrigem Balzflug streift der Waldschnepfgockel über das Unterholz. Leise, unwiderstehliche Pieptöne des Gockels signalisieren mega Paarungsbereitschaft und locken das am Boden sitzende Weibchen an. - Und die kommt nicht mehr raus aus der Nummer! - Ob die Schnepfendame außer einer genussvollen Vögelei noch mit weiteren Gaben des Freiers belohnt wird, ist unklar, aber sicher ist, dass die Schnepfengockel auf dem sogenannten „Schnepfenstrich“ unterwegs sind, so die Jägersprache.
Übrig ist nur noch der Strich geblieben, ohne Schnepfen - obwohl die auf sicher in der Welt der käuflichen Liebe und auch sonst unter den weiblichen Spezies immer mal wieder zu finden sind, ebenso wie auch die Gockel nicht auszurotten sind.
Online - bedeutet korrekt übersetzt: auf Linie, auf Leitung - mit dem Handy vorm Gesicht, mit Apps und Werbung, mit Spielchen und ÜberLebensabsicherungsApps, die uns den Verlauf der Regenwolken anzeigen, den Standort des geparkten Wagens, den Puls messen oder das nächste Klo bekannt geben, bevor wir überhaupt einen Schritt getan oder der Peristaltik Anlass zum Vollzug gegeben haben.
Massenhysterie auf Linie gebracht, der Blick klebt am Display, der Finger wischt sich einen Wolf. Facebook, whatsApp, twitter - wer nicht online ist, ist out of the game.
Online - auf wie vielen Linien sind wir im Leben unterwegs?
Wie lang wären diese Lebensleitungen, würde man sie aneinander knoten? Bis ins Weltall, oder doch nur bis zur nächsten borderline, vielleicht auch darüber hinweg? Die Überschreitung der Grenzlinie ist für viele Menschen die letzte Hoffnung und online besteht die einzige Verbindung zur Heimat, zur Familie.
Online - wer hat den Mut auf einer Linie, einem Seil zu balancieren, das Gleichgewicht zu halten, ohne Netz und doppeltes World Wide Web. Wer hat den Mut, die Reihen zu verlassen, die Mitgliedschaft im Big Social Club zu kündigen? Wer wagt es, den Weg ohne Puls-, Höhen-, Wetter-, SchrittmesserApp zu gehen, ohne Bekanntgabe seines Ziels, seines gegenwärtigen Standortes. Wer wagt es, in der Stammkneipe mal wieder Freunde zu treffen und stundenlang zu quatschen ganz entgegen der guidelines? Piss off - modern times! - - Wer wagt es, sich dem kollektiven Narzissmus zu entziehen, selfies ade? Wer schafft es, keine Datenspuren zu legen, sich nicht nackig zu machen - oder doch nackig machen, wenn wir uns spüren wollen, körperlich, hautnah mit allen Sinnen, dann alle Hüllen fallen lassen, unbedingt!
Macht euch ein Bild - ein Wortbild, ein Sinnbild, ein Weltbild, ein Meinungsbild, auch ein Selfie - damit ihr erkennt, wie ihr euch verändert! Sollte keine Veränderung erkennbar sein, dann schleunigst raus in die reale Welt mit allen Gefahren, Abenteuern, putzmunteren Menschen, die mit erhobenem Kopf durch die Straßen gehen und mutig den ersten Schritt ohne Schrittzähler wagen.
Offline sich bewegen! Aus der Leitung gehen. Mal ausgeschlossen sein von der digitalen Welt. Mut zum Entzug! So what!
Nehmen wir uns an den Schnepfen ein Beispiel, im Unterholz unterwegs, mit allen Sinnen und doch online - auf dem Strich.
Wo taucht man unversehens ein in nie gekannte Empfindungswelten, wenn nicht in der Stadtbahn morgens um 7.45 Uhr, sobald sich an der Haltestelle Hauptbahnhof die automatischen Türen öffnen. Gefühlte hundert Schulkinderaugen werfen unbarmherzig und gnadenlos ihre Blicke auf die Einsteigenden, die Frage auf ihre faltenfreie Stirn geschrieben: Willst du Vollpfosten hier etwa auch noch rein? Merkwürdig fremdartige Laute dröhnen dem arglosen Eindringling entgegen; Wortfetzen wie Gruftie, Assi, Krampfadergeschwader und weitere verächtliche Satzpartikel lösen sich von den vermeintlich unschuldigen Lippen. Eine mitleidlose Welt tut sich auf, die in krassem Gegensatz zu dem kaum zu stemmenden Schlafbedürfnis steht und der Vorstellung vom friedlich warmen Zuhause. - Nun beginnt der Kampf um einen Stehplatz gegen die Armada von Rippen prellenden Ranzen, Magen rempelnden Rucksäcken und gefährlich spitzen Ellenbogen, leichtes Unwohlsein infolge menschlicher Ausdünstungen inbegriffen. Der drohende Erstickungstod ist allgegenwärtig. Zentimeter sind es, entscheidende Zentimeter, die über Handlungsfähigkeit oder Ohnmacht und anschließender meist vergeblicher Wiederbelebungsversuche entscheiden. Doch zum Glück weiß der erfahrene Fahrgast mittleren Alters nach jahrelangem Training in den öffentlichen Verkehrsmitteln, dass sich die gegrätschte Beinstellung ohne Frage im Kampf um Standhaftigkeit bewährt hat und unbedingt während der ganzen Fahrt zu halten ist. Ein Glück für den, der ein Hohlkreuz mit guter Rückenmuskulatur hat, um dann seinen Hintern als natürlichen Airbag einsetzen zu können, denn der erstaunliche Körpereinsatz der Jungen und Mädchen entspricht dem von gut trainierten Judokämpfern oder auch Derwischen bei ihren traditionellen Rundtänzen - allerdings mit Rucksäcken, die für die gesamte Jakobsweg-Wanderroute gepackt sein könnten. Selbst wenn diese Youngsters handyumkrallend auf das Display glotzen, sind die ausgestreckten Ellenbogen unbedingt zu fürchten, da sie unversehens als ernstzunehmende Waffe in Aktion treten könnten.
Wird höflich darum gebeten, das Kampfgebein aus dem Ring zu nehmen, hört man nur: Hey, cremig bleiben, Alter! - und es bewegt sich - nichts!
Gefühlte zehn Haltestellen später öffnen sich die Türen. Nun beginnt erst das eigentliche Geschiebe - Richtung Ausstieg. Alles was auch nur in der Nähe der Türen steht, wird wie unter einer riesigen Presswehe herausgedrückt.
Haben sich die Waggons dann endlich der Schülerblase entledigt, steigen die unfreiwillig Herausgedrängten der meist berufstätigen und demzufolge Leistungsdruck gewohnten Generation gebeugt mit hängenden Schultern und fahler Gesichtshaut wieder in die Bahn, um ihren Weg zur Arbeit fortzusetzen, wobei die Morgenmüdigkeit nun zweifellos einer gewissen Überlebenseuphorie gewichen ist, die für die Bewältigung des noch bevorstehenden Tages nur förderlich sein kann.
Feierabend! Beete gejätet, Rasen gemäht, Hecke geschnitten. Jetzt die müden Knochen ablegen. Wird nichts draus, Jürgen ruft über den Gartenzaun. - Kommt doch noch aufn Bier rüber!
Kühl ist es, der Herbst kriecht schon über die Gärten und legt sich feucht über die Wiese. Wir sitzen in Jürgens Komfortlaube, im Ofen knistert das Holz, das Bier steht auf dem Tisch, die Erdnussflips werden gereicht, es verspricht gemütlich zu werden. - Die Hecke hättste noch kürzer schneiden müssen! sagt Horst. - Nee, sage ich, das sieht doch blöde aus! - Den ganzen Nachmittag hatte ich mich abgemüht mit dieser verdammten Hecke. Der Reisighaufen war so groß wie mein Geräteschuppen und nun dieser Spruch von Horst. Nach der Plackerei wäre ein Wort der Anerkennung dringend vonnöten gewesen.
Weiter gehts im Gärtnerlatein - die Äpfel haben die schorfigen Killermasern, die Kirschen die Porenfäule und ein verdammter Pilz treibt in der Kolonie sein Unwesen. - Das Moos im Rasen ist die Katastrophe! - und die Rosen haben die gelbgebänderten Rüsselraupen, Schnecken werden im Bier ertränkt und die ältere Dame vom Gegenübergarten lebt auch nicht mehr. Ich lausche den Erzählungen der alten Parzellen-Haudegen. Dann nach längerem Schweigen wird es plötzlich dramatisch. - Der Fluch liegt auf diesem Gartenweg! - Jürgen erhebt pastoral die Hände. - Ihr glaubt es nicht!
Den Flaschenhals noch im Schlund, so fand man sie, die alte Dame im Garten am Ende des Weges, nach zwei Monaten Lagerzeit!
Erstickt an einer Flasche Weinbrand der Marke ‚Winkelhäuser‘, zudem schon etwas ausgetrocknet. - Wie auch der Rasen momentan, wie Christa lapidar meint. Die alte Dame lebte bis zu ihrem unkonventionellen Tod allein, bis auf die Bekanntschaften einiger netter älterer Herren, die von ihr in der lauschigen Gartenlaube nicht nur bekocht wurden. Sehr elegant sah man die Dame immer durch ihren Garten schreiten, selbst beim Unkraut jäten auf allen Vieren zwischen botanischen Raritäten wie Eukalyptus-Kakteen und südafrikanischen Zwiebelgewächsen machte sie stets eine gute Figur. Erzählt wurde, dass sie eigentlich im Besitz einer prächtigen Villa wäre, mit Gärtner und Personal, jedoch meist in ihrer Laube residierte. Leider sollte sie ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen, denn niemand hatte jemals diese Villa zu Gesicht bekommen, weder auf Fotos noch wahrhaftig, was einige Gartenfreunde dann doch als persönliche Niederlage empfanden. - Horst beunruhigt mehr die gefürchtete Schimmelkrätze seiner Tomaten in diesem Jahr. - Des Mordes an der extravaganten Gartenfreundin verdächtigt wurde übrigens eine mysteriöse Gestalt, immer mit schwarzem Umhang und Schlapphut unterwegs. Drei Gärten weiter hatte dieser Absonderling sein Domizil. Er sprach niemals ein Wort. Nicht mal eine Hand zum Gruße wurde im Vorbeigehen erhoben. In der Kolonie nannten sie ihn Zorro. Sein Garten war entsetzlich verunkrautet, keine Blumenbeete, kein Gemüse, nicht mal schnöde Kartoffelpflanzen, nur mit Efeu überwucherte Hecken, Büsche umschlungen von Knöterich, sein Gartenhaus ein Fragment aus morschen Brettern, mit dem nächsten Sturm würde es gnadenlos zusammenstürzen. - Zorro der Schrecken des Gartenweges. Zorro, dem man alles zutraute. Doch auch er hatte einst, wie alle anderen Gartenfreunde, bei Übernahme der Parzelle die Kleingartensatzung unterschrieben. Auch er hatte sich bereit erklären müssen, jederzeit eine aufgeräumte Parzelle vorzuweisen, sich somit am regelmäßigen Killerkommando von Geziefer und saftigen Wildblumenwiesen zu beteiligen - allerdings wohl eher nicht am Meucheln älterer Damen.
Soweit gehen sie dann doch nicht, die Regularien des Schrebergartenvereinsvorstands.
Eben diese Regularien sind der Grund für die alljährliche Androhung mit Repressalien der schlimmsten Art nach Begehung und Inspektion der Gärten durch den Gartenvorstand. Verunkrautung, Unterlassung regelmäßiger Baum- und Buschschnitte, ungenügende Rasenpflege und die ungeordnete Vermehrung des Geziefers, wie Wühlmäuse, Schnecken und vor allem Engerlinge, die friedlich im Boden ihrer Metamorphose entgegen schlummern, nichts Böses ahnend.
In diesem Jahr will ich auf jeden Fall vermeiden, dass ein Drohbrief des Gartenvorstands die Idylle meines Schrebergärtnerdaseins stört.
Ich werde alle Auflagen brav erfüllen, vertraue ich der Runde an, obwohl ich eher zur Gattung Mensch gehöre, die im Einklang mit den Geschöpfen leben möchte, wozu auch Wühlmäuse, Maikäfernachwuchs, Disteln, Löwenzahn und leider auch der Gartenvorstand gehören. - Ja klar, so kennen wir dich, bestätigen die Gartenfreunde meine arglose Selbsteinschätzung. - Wir haben uns schon gewundert, dass du heute stundenlang auf den Knien durch die Beete gerobbt bist. - Übrigens konnte Zorro diese wohl im Fuseldelirium begangene Tat niemals nachgewiesen werden, obwohl alle im Gartenweg ihren gesamten Biervorrat dafür gegeben hätten, denn Zorro ging bei der Weinbranddrossel ein und aus und immer mal wieder meinte man die schwarze Gestalt nicht mit dem Dolch im Gewand, eher mit dem Weinbrand in der Hand dort einkehren zu sehen.
Lange her alles - aber die Apfelbäume haben in diesem Jahr reichlich geblüht, eine gute Ernte wird es geben, meint Brigitte. -
Bei der alten Dame blieb ja unglücklicherweise der Hilfeschrei im Halse stecken, weil der Flaschenhals keinen Laut mehr herausließ, anders als an jenem Abend im August '81, als laute Hilferufe die ganze Kolonie beschallten. Brigitte saß mit ihren Doppelkopffreundinnen in konzentrierter Runde zusammen. Das Hilfegeschrei wollte nicht aufhören, da beschlossen die Damen widerwillig die gemütliche Runde aufzulösen, um zu schauen, was für ein Krach das sei, der zudem beim Spiel erheblich störte. Die resoluten Damen peilten gleich den Garten gegenüber an. Dort waren zwei Frauen im Gartenhäuschen eingesperrt. Mutter und Tochter schrien sich die Seele aus dem Leib, denn der Ehemann war gerade dabei, sehr gewissenhaft Benzin aus einem Kanister rund um das Haus zu verteilen. Kurz bevor er das Streichholz warf und die Gartenlaube lichterloh zum Brennen gebracht hätte, kam zum Glück die beherzte DOKO-Frauentruppe, die das Schlimmste verhindern konnte. Der Grund der versuchten Brandmordung war wohl, dass der Lover der nicht nur mit Leidenschaft jätenden sondern auch Liebe machenden Ehefrau regelmäßig dort in der Laube empfangen wurde, während der brave Ehemann seiner täglichen Arbeit in einem großen Autokonzern nachging. Da kann im Eifersuchtsrausch dann schon mal das Benzin für den Rasenmäher zweckentfremdet werden, um die Familie auszulöschen. Elektromäher sind da weniger dienlich. - Doch uns hat das Thema Begehung der Gärten durch den Vorstand wieder im Griff. Wir sehen uns mit gequält verzerrtem Gesicht den Herrschaften das Gartentor öffnen, angespannt bis unter die Kopfhaut hin zur panischen Angst. Sie kommen IMMER ohne Voranmeldung. Hängenden Hauptes, gebeugt das Kreuz, sehen wir uns dem Kontrollgremium hinterherhecheln. Wir Mutlosen ahnen gierig lauernde, stechende Blicke, die direkt unser armes Schrebergärtnerherz durchdringen. Den nicht genehmigten Geräteschuppen werden sie entdecken, das Gartenhäuschen inspizieren! Auf keinen Fall ist die vorgeschriebene Größe von 24 qm zu überschreiten, und - sie ist überschritten! Jedenfalls bei mir.
Somit ist ein Teil gnadenlos abzureißen, der Geräteschuppen sowieso, auf sicher! - Alle versuchen mich zu beruhigen, weil ich die Tränen kaum noch aufhalten kann, die Panikattacke nicht mehr weit ist. - Jürgen lenkt ab, indem er die Geschichte von der lebensrettenden Aktion der Doppelkopftruppe ergänzt. - Jahre später wurde die feurige Liebeslaube mitsamt des Gartens verkauft. Beim ersten Grillfest der neuen Pächter war Grillkohle knapp und im ganzen Haus, auch im Schuppen, wurde nach Kohle gesucht. Dort stand ein alter Küchenschrank, man öffnete ihn und heraus fiel - der alte Pächter, eben der, der seine Laube mitsamt der Familie abfackeln wollte, total mumifiziert. Die Obduktion ergab Selbstmord, so wurde in einem kleinen Zeitungsartikel berichtet. Es wurden keine weiteren Untersuchungen durchgeführt. Man fragt sich jedoch, warum sich jemand ausgerechnet in einem engen Küchenschrank umbringt, worin der Arme vorher möglicherweise noch einen Wadenkrampf ertragen musste. - Zum Glück konnten die neuen Pächter an diesem Abend doch noch grillen, fand man außer den sterblichen Resten doch tatsächlich auch noch eine große Tüte Grillkohle im Schrank. -
Brigitte holt Käsehäppchen und Frischbier, trautes Beisammensein. Ich lass erneut meine Gartenvorstandsphobie raus! - Die Beete werden von diesen Peinigern beäugt, vor allem das Gemüsebeet, viel zu klein mit 10 qm auf meiner 700 qm Parzelle. Ich ahne, ich muss für die brutale Vernichtung bunt leuchtender Blumenbeete sorgen, damit schnödes Gemüseland daraus wird. Die Bäume werden inspiziert. Waldbäume wie Eiche und Co. haben nichts im Schrebergarten zu suchen, sie sind mitleidlos zu zerstückeln. Auch Bäume, die eine bestimmte Größe überschreiten, sind bereits eiskalt zum Tode verurteilt. Und die Löcher im Rasen? - Das sind ja Wühlmäuse!! Sofort vertilgen! - Ich werde handeln müssen. - Bäume zerstückeln, Fallbirne auf die Gartenlaube, ade Schlafzimmer mit Frisiertisch und Schrankwand! Wühlmäuse vergasen, erschlagen, Blumenbeete platt machen! Wasserhahn aus der Küchenwand reißen, in Innenräumen nicht erlaubt! - Waschen in Eiseskälte an der Schwengelpumpe ist nun angesagt! - Mir bleibt nur der Spaten!
Erschlagen, platt machen, zerstückeln - die einzige Möglichkeit, diese Herrschaften handlungsunfähig zu machen. Doch ich ahne, mein friedfertiges Wesen wird siegen, na klar. - Na klar! - stimmen alle mit ein, trösten und beschwichtigen mich.
In Gedanken entfernen sich meine Schritte jedoch nur sehr sehr langsam vom bereits angepeilten Geräteschuppen mit dem Spaten darin. Der düstere Gedanke sitzt tief in meinem Hirn.
Irgendwann kommen wir gemeinsam zu der Erkenntnis, dass diese Kontrollwahnsinnigen von finsteren Mächten beauftragt werden, um einem Schrebergärtner das Leben wahrhaftig zur Hölle zu machen und ein bis dahin zufriedenes Leben in Eintracht mit Ackerkrume und Löwenzahn in einen absoluten Albtraum zu verwandeln. Sie säen Hass, erzeugen Rachegelüste, lassen Mordpläne binnen kürzester Zeit entstehen. - Zum vertikutieren ist übrigens jetzt die beste Zeit, wirft Brigitte ungerührt dazwischen. - Jürgen kramt erneut einen Zeitungsartikel raus. Darin wurde von Leichenteilen berichtet. Am idyllischen Seeufer und Umgebung wurden sie entdeckt. Die Spur führte zu Zorro, unserem Zorro, Rächer der Enterbten, Schrecken der Kleingartenordnung. Die Leichenteile gehörten seiner Frau. Er lebte getrennt von ihr. Diesmal konnte er überführt und eingelocht werden! - Passiert eben. - Aber irgendwie vermissten ihn damals alle, meint Jürgen wehmütig, war er im Laufe der Jahre doch das düstere Maskottchen des Gartenwegs geworden.
Wir sind inzwischen in guter Stimmung und schenken uns nochn Weinbrand ein, nicht ohne der alten Dame mit dem Hang zur Fa.
Winkelhäuser zu gedenken. Auf die Liebe und die Leidenschaft stoßen wir an, die in romantischen Gartenhäuschen bevorzugt ausgelebt, manchmal jedoch von pyromanisch veranlagten Ehemännern unterbrochen wird, denn der unangenehme Feueranschlag beeindruckte die liebestolle Dame nur kurzfristig, sie führte ihr reges Sexualleben schon bald munter fort. Mit einem Kopftuch bedeckt schlich sie sich nun erst am sehr späten Abend in ihren Garten, dicht gefolgt von regelmäßig wechselnden Herren. Die geheime Mission war wohl eher wegen der Vermeidung von nachbarlichem Tratsch erforderlich, denn der Ehemann ruhte bereits zwischen der Grillkohle im Küchenschrank. -
Jürgen hatte das alles beobachtet. -
Mit einem dreifachen Gut Grün prosten wir uns erneut zu, trinken auf das Leben, das so großartig bunt ist hier in unserem Gartenweg.
Inzwischen sehe ich auch die eventuellen Horrorauflagen des Vorstands durch Arbeitsdienst bei Nichtbefolgen der Regularien, was im besten Fall Müll raus fischen aus Abwassergräben wäre, fremde Gärten entrümpeln oder die Gartenwege mittels einer Pinzette von Kleinstgewächsen zu befreien, mit einer gewissen Gelassenheit.
Ganz sicher haben die nicht die geringste Ahnung, was ihnen beim nächsten Kontrollgang durch diesen Gartenweg in einer kleinen idyllisch-friedlichen Kolonie passieren KÖNNTE...
Ein absolutes Lieblingsgericht braucht eigentlich kein Rezept. Es ist ein abgespeichertes Gefühl, ein Bekenntnis. Es ist der delikate Kompromiss zur Hingabe, der leidenschaftliche Prozess zur Entstehung einer Mahlzeit in freudiger Erwartung aller Sinne.
Vorfreude pur! - Dabei ist es vollkommen nebensächlich, wie aufwändig und arbeitsintensiv die Zubereitung ist.
Hier soll nun die einfache italienische Küche, rund, raffiniert und sehr zungenintensiv gepriesen sein. Die Gaumenschmeichler des Südens, wie etwa die wunderbaren Spaghetti aglio, olio e peperoncino. Dazu braucht es nur wenige Zutaten, die jedoch eine famose Komposition ergeben. Man nehme Spaghetti, 7-8 Minuten kochen, inzwischen reichlich Knoblauchzehen in Scheiben schneiden und goldbraun in viel gutem Olivenöl anbraten, Peperoncini klein schneiden, ebenso in die Pfanne geben - man beachte, die Kerne haben die Schärfe! - Petersilie klein gezupft unterheben.
Spaghetti gut abgetropft in die Pfanne geben und schwenken, so dass diese mit den Zutaten in der Pfanne eine köstliche Verbindung eingehen. Meersalz und Pfeffer dazu, fertig ist das Gericht.
Auf den Teller geben und viel frischen Parmesan darüber hobeln. - Unvergleichlich dieser Geschmack! Einfach und delikat.
Wohlbefinden pur! - Und wie der einfache Italiener sagt: Glücklich wie ein Pups beim Bohnenfest.
Das Wort Gericht wurde hier des öfteren verwendet. Zweideutig und hart gesprochen, was im Zusammenhang mit diesem ganz besonderen Geschmackserlebnis unpassend streng erscheint und den Versuch sinnlicher Verführung durch die verbale Vermittlung dieser anregenden Gaumenfreude zerstört. Das besagte Wort ‚Gericht‘ schreit förmlich danach, ersetzt zu werden. Im PC-Programm, das sinnverwandte Worte anbietet, wird nur das Gericht, das für Rechtsprechung zuständig ist, angeboten. Keine Vorgabe für das zubereitete essbare Gericht, ob nun gebraten, gegart, gekocht oder wie auch immer; dafür Femegericht, Freigericht, Gerichtshof, Gerichtsstand, Gerichtsbarkeit.
Unter dem Begriff Mahlzeit wurden als sinnverwandt die Synonyme Schwelgerei, Festessen, Schmaus, doch auch Henkersmahlzeit serviert, wo wir wieder in der Nähe der Gerichtsbarkeit wären.
Doch nur in der Nähe. - Die wirkliche Verbundenheit der genussreichen Mahlzeit mit dem Wesen des Gerichts, in dem die spröde Justitia residiert, zeigte sich, als sich in einem gutbürgerlichen Restaurant das bestellte Schnitzel als eine panierte Schuhsohle erwies. - Recht mäßig, das Urteil! In der Sprache Justitias wäre das die Übersetzung für ‚legitim‘. Und endlich war die Nähe zum Gerichtswesen erkennbar. - Es wurde auf jeden Fall etwas angerichtet, wenn auch recht mäßig, womit sich der Kreis also schließt.
Um auf der Suche nach einer Partnerschaft im World Wide Community Web das Schicksal herauszufordern und dem Leben eine Wende in Richtung ‚Liebe meines Lebens‘ zu geben, bedarf es der totalen Preisgabe seiner Charaktereigenschaften, der Offenlegung seines Erscheinungsbildes sowie der Bekanntgabe eines originellen Pseudonyms, dabei stets im Hinterkopf die große Liebe oder die süße Lust in Form eines prickelnden Seitensprungs.
Ein persönliches Profil für eine maßgeschneiderte Partnersuche könnte dann so lauten:
„KAKTUSBLÜTE - 52 Jahre. Haare ja, Augen zwei, Größe, na klar!
Länge passend, Konfektionsgröße siehe Foto.
Als kreaktive Träumerin bin ich sicher eine nette Überraschung für unkonventionelle, kritische, nachdenkliche Typen mit Schlabberpulli oder gern auch mal Nadelstreifen. Grantler, Musikantenstadl- und RTL-Dauerkonsumenten mit den berüchtigten Schubladen im Hirn geht gar nicht!“
Kurze Zeit später könnte dann auf ihrer Profilseite ein allerliebster Sympathie-Smiley aufleuchten und sie mit einem Foto auf seine Fährte locken:
Alter 55 Jahre, 1,90 groß, lange zauselige Haare, junge Augen, ein Kinderlächeln .. und eine Telefonnummer.
Die Geschichte könnte wie folgt seinen Lauf nehmen:
Sie erwischt ihn über das Handy in seinem Garten beim Frühstück mit Freunden. Die Stimme gefällt ihr nicht, doch seine Aufgeregtheit findet sie süß. Beim zweiten Telefonat am Abend erzählen sie sich über ihr Leben. Sie stecke gerade mitten in der Schlussstrich-Phase ihrer Beziehung, wobei sie den Stift noch immer in der Hand hält. Er sei lange schon geschieden, die Kinder seien groß und er bereits in Rente, was er doof findet. - Dann beginnt der elektronische Verkehr per SMS oder Mail … mit dem zarten Zauber eines jeden Anfangs ...
Voice-Mail von ihm als Roboterstimme am Telefon:
Hahahahahahlllohoho! Voice-Mail an wunderschöne Kaktusblüte.
Liest die doofe Computerstimme dir das vor? Dann wollen wir ihr mal richtig was zu tun geben:
….hjhjaljjldjlfkjögköigpiotioiewzutuzpoiiqüooüqtk.lfgkdlöllaäöölsäöö gdgmlsdllfäöslfä,,lsdöfkk.… tongue broken?
Okay, das sollte fürs erste reichen. Wish you a wonderful day.
SMS sie: Gaanz viel warmes Gespür .. wenn ich an dich denke! Drei Gläser Rotwein brauchte es für dieses Bekenntnis.
SMS er: Hast dir mich also schön getrunken. Was passiert nach vier, sechs Gläsern? Nicht, dass du mich dann erschössest!
SMS sie: Nee, wird dann wohl nur noch mehr verdrängt, sich der Lächerlichkeit preiszugeben und ich fange an, allerliebste Worte übers Netz zu senden. Verstehst du?
Mail er: