Silent - Donegel Smith - E-Book

Silent E-Book

Donegel Smith

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Beschreibung

Schweigen! Stille! Magische Momente! Stille macht sich breit. Stille ist mächtig. Stille macht das Erleben der Wildnis auch in der Lausitz unter Wölfen erst möglich. Freiheit, Abenteuer, Forschung, Romanze und tiefe Freundschaft. Ein Wolfsroman mit dem Aufruf zu mehr Toleranz zu allem was lebt und die Freiheit liebt. In der Stille deines Umfeldes findest Du deine innere Ruhe wieder, um ganz bei Dir zu sein und so ganz besondere Leistungen vollbringen zu können. Fesselnd und nicht loslassend kannst Du in diese Natur eintauchen und „SIE“ selbst erspüren und leben.

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„Menschheit besinn Dich lass nicht zu, erst stirbt die Fauna – dann auch DU!“

Nebelschwaden zogen über den See.

Eisige Kälte wurde durch die Luft transportiert und raubte dem Mann seinen Atem. Unter den Füßen knirschte das Eis vom gefrorenen Schnee. Einsam stapfte ein Mann durch diese unwirkliche Landschaft, um sich seinem warmen Zuhause zu nähern. Es war eine lange Wanderung durch Moore, Wiesen, Baumbestände, die schon hunderte Jahre Welt gesehen hatten.

In seiner Spur durch den Schnee war „ER“ plötzlich vor ihm gestanden. Er wollte heim. Und dieses Wesen – aus dem nichts auftauchend – hatte wahrscheinlich diesen Weg gewählt, weil er einfacher zu gehen war. Tagtäglich diese Strecke gehend hatte ein Mann eine Schneise in den Schnee gestapft. Dieser Mann hatte in den Weiten Alaskas und Kanadas schon viel Wildnis und Freiheit gesehen.

Doch in den Weiten dieses Landstriches am östlichen Rande Deutschlands, überkam es ihn. Stille. Angst und Unbehagen machten sich in der Magengegend breit. Der Mann aus der fernen Weite hatte eine Idee. In seinem Mantel suchte er nach dem aufklappbaren Jagdmesser. Dieses klemmte er zwischen die Zähne.

In seinem Rucksack fischte er nach den Resten seines Frühstückes. Einem Fleischklops und einer Sandwich Schnitte. Beides nahm dieser wilde Mann und legte es langsam und ruhig auf die Spur des Weges im Schnee ab.

Dann zog der Mann sich zurück. „ER“ - kam zu den Resten dieser Mahlzeit und verschlang sie gierig. Floyd Candle hielt noch einmal den Atem an. Ein Geräusch hatte ihn von dem großen „Grauen“ abgelenkt. Der nächste Blick ging ins Leere. Er war fort.

Floyd war vor zwanzig Jahren aus den Weiten Alaskas in die Gegend, um die alten Tagebaue der Lausitz gezogen. Ein Projekt der besonderen Art, forderte ihn und seine Frau Aina Candle jetzt besonders heraus.

Bei seiner Hütte angekommen, ging er sofort ins Warme. Seine Frau Aina bereitete ihm sofort eine warme Mahlzeit. Heißer, starker und schwarzer Kaffee durchflutete den großen Mann in seinem Schaukelstuhl vor dem offenen Kamin.

Nicht nur die Frau hatte ihre Herzenswärme an diesen Mann verloren, auch die Liebe zwischen ihnen hatte schon immer einen besonderen Platz.

„Aina - du glaubst nicht, was ich auf den letzten Metern des Weges zu unserer Hütte erlebt habe. Ungefähr eine halbe Stunde vor unserem Zuhause stand plötzlich ein großer „Grauer“ auf meiner Spur. Mir ging der Arsch auf Grundeis. Doch der Alte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich legte dein Sandwich und deinen Fleischklops auf die Spur. Beides verschlang er gierig. Ich werde versuchen ihn in den nächsten Tagen noch einmal zu treffen. Gänsehaut hab ich jetzt noch überall.“

„Kann ich mitkommen um an diesem neuen Projekt teilzuhaben?“ fragte Aina. Floyd kam in einen Zustand des Nachdenkens. Doch dann sagte er unvermittelt zu Aina:

„Ich finde die Idee großartig. Lass uns gemeinsam diesen „Grauen“ fangen, markieren und beobachten. Die Basis ist glaube ich schon gelegt. Du bist echt gut.“

Dann schlief er plötzlich ein. Sanft wurden seine Gesichtszüge vom Schlaf übermannt. Der Kaffeebecher indes kippte zwar, aber irgendwie hielt ihn Floyd immer davon ab, umzukippen. Der Naturbursche will seinen Kaffee einfach nicht verlieren.

Floyd stammte aus den Wäldern Kanadas. Jetzt mit 45 hatte er sich überlegt, noch einmal etwas ganz Neues anzufangen. Hier in den Gegenden, von denen alle sprechen, als dem Ausbreitungsgebiet des „Neuen deutschen Wolfes“. Die Forscherinnen in den Stationen hier, hatten sich an ihn gewandt, mit der Bitte seine Erfahrungen doch mit ihnen zu teilen. Auch die Problematik – den Wolf der Bevölkerung wieder näher zu bringen, verband sich mit dem Hilfe Ersuchen an den bekannten, amerikanischen Wolfsforscher. Nun war er also hier gelandet. In einer neuen Art der Wildnis. Statt Bisons und Pumas und massiven Berghöhen, waren es hier die Herausforderungen mit den Menschen in der Region. Doch dieser Typ „Baum von Mann“ konnte jeden in seinen Bann ziehen. Männer wie auch Frauen. Aina wusste das und liebte auch diese Herausforderung. Sie fürchtete sich auch vor dem Kennenlernen anderer Frauen von Floyd bei seiner Arbeit.

Floyd Candle war ein Typ von Mann, dessen Gemüt einfach erscheinen mag. Aber für Projekte die wilde Tiere betrifft, ist es der auserwählte Mann von Gottes Gnaden. In den Wäldern der Lausitz wollte er sich seinen Traum erfüllen. Unter wilden „Wölfen“ leben und arbeiten. Jetzt rannte er täglich zu den Fotofallen und kontrollierte sie. Seine Art dabei ist es, den Tieren noch nicht zu sehr auf den Pelz zu rücken. Mit dem heutigen Erlebnis wollte er den Grundstein legen, um sich einem „Deutschen“ Wolf in Verbundenheit zu nähern und die Forschung mit den hiesigen Forscherinnen auf neue Befunde zu stellen. Glück, Freude, Toleranz und Hingabe sollten seine Begleiter werden. Nichts sollte diesen Traum gefährden mit seiner Aina an der Seite schien alles möglich. Sogar fliegen. Eine tolle Idee – mit Fliegen forschen?

Ein neuer Morgen erwachte über der Blockhütte am See. Eine echte Blockhütte in der Lausitz. Ein echter Kanadier hier. Möglichst nahe an den Truppenplätzen, auf denen seine GI`s früher (90er Jahre) mit Panzer beräumt hatten. Jetzt sprach die Natur hier wieder eine deutliche Sprache. Lasst mich bloß endlich in Ruhe. Ich mach das schon mit der Renaturierung.

Diese Hütte hatte er sich selber gebaut. Die Genehmigung war zäh. Verhandlungen zogen sich ins schier unermessliche. Diese Bürokraten aus den stickigen Büros.

So kann doch keine neue Struktur entstehen, wenn alles von Vorschriften blockiert wird. Auf der Behörde riss ihm daraufhin auch einmal der Geduldsfaden. „Ja soll ich euch Bürohengste vielleicht auch noch fragen, bevor ich dem Ruf der Wildnis folge?“ „Ihr habt sie doch nimmer alle im Tee!“ Das war aber schon die außergewöhnlichste Wutattacke von Floyd in den letzten 45 Jahren. Er war eben ein Kind der freien Entscheidungen. Das bisschen Deutschland konnte ihn nicht ein bremsen!

Nun hatte er ja seine Hütte und war froh. Dort auf dem Grundstück konnte er sich frei bewegen. Ohne Zäune hatte die Natur freien Zutritt zu dem schönen Anwesen von Floyd und Aina. Das pure Leben auf ca. 60.000 qm. Ein Traum zum Forschen und Arbeiten.

Seit der Ankunft von den Kanadiern hatten sich auch schon die Bewohner die Nasenspitzen der Neugierde plattgedrückt. Fragen gestellt, Misstrauen bekundet und Bemerkungen aus ihren Köpfen sausen lassen.

Doch Floyd und Aina waren von einer so charmanten Art auf die Lausitzer eingegangen, dass sie nach kurzer Zeit ihre „Kanadier“ geradezu ins Herz geschlossen hatten. Als es in der Anfangszeit zu einem Übergriff gekommen war, zeigte sich ganz schnell wie sehr die Lausitzer sie doch mochten. Das Haus ziemlich angebrannt, waren alle sehr schnell dabei, mitzuhelfen und wieder die Hütte zu reparieren und aufzubauen. Die Brandstifter alter Sitte hatte Floyd noch selbst in der Nacht gestellt. Das bekam den beiden jungen Hüpfern alten Denkens überhaupt nicht gut. Wie man sich denken kann.

Es folgten harte Strafen und die Eltern der beiden Mitbewohner hatten seit dieser Zeit wenig zu lachen. Doch Floyd war eben besonders. Er lud die Eltern nach dem Prozess zu sich in die Hütte ein. Sprach viel mit den Vätern über vergangene Zeiten. Aina kümmerte sich, um die verzweifelten Mütter. Floyd sprach auch mit den Jungen viele Stunden in ihren Ausgangsstunden. Mit der Zeit freundeten sie sich sogar an. Als sie auf Bewährung rauskamen, bot er ihnen sofort an, bei ihm den Schaden zu beheben. Beide Jugendliche waren auf das „Äußerste“ beschämt. Mit der Ruhe eines Wildmannes konnte er die beiden, jungen Wilden in ihren Ansichten völlig neu aufstellen. Heute helfen sie Floyd und Aina wo sie können. Andere Jugendliche auf dem Wege des „rechten“ Pfades, konnten sie auch mit Floyd schon auf den besseren Weg dirigieren. Gott sei Dank!

Es ist die immer und überall wiederkehrende Perspektivlosigkeit junger Menschen, die sie dazu treibt, in den „Anderen“ oder „Fremden“ die Verbauer ihrer eigenen Zukunft zu sehen. Doch wenn der Blick in die wahre innere Herzseite erst einmal erfolgt ist, dann erkennt man auch, welche Fähigkeiten aus dem eigenen Handeln heraus in dir drinnen vorhanden sind. Jetzt sind sie auch nutzbar.

Das ist ein Lehrsatz von Floyd und Aina an alle Freunde und jugendliche Bekannte. Regelmäßige Treffen und Feiern auf dem Gelände der Blockhütte - schwor diese Bewohner zu einer festen Gemeinschaft zusammen. Es sollte sich noch später als unabdingbar erweisen. Doch davon später mehr.

SILENT – heißt Ruhe oder Schweigen.

Schweigen ist auch angebracht, wenn man das Scheuste unter den Wildtieren in Deutschland sehen möchte.

Wer glaubt denn noch an Rotkäppchen?

Dieser Oma fressende Grimm`sche böse Wolf, hat sich als Märchen erwiesen. Doch es gibt „IHN“.

Heute heißt der böse Wolf „Sozialstaat!“

Dieser Wolf raubt den alten Menschen die Lebensgrundlage und beraubt sie in unverschämter Weise der hart erarbeiteten Altersbezüge und dem angesparten Vermögen. Relativ junge Leute die keinen Krieg erlebten und in einer Wohlstandsgesellschaft groß geworden sind, entscheiden heute über die Bezüge der Rentner.

Selber sitzen andere nach 5 Jahren Bundestag in so fetten Tüchern der Absicherung, dass sie die Nadeln der Altersarmut nie zu spüren bekommen.

Floyd kann sich glücklich schätzen, von all diesem Ballast gelöst und frei leben zu können. Sein Auskommen ist dem Internationalen Artenschutz geschuldet. Und für das Alter sorgen ein paar tüchtige Maschinen in den Goldfeldern Kaliforniens. Aktien und sonstige verteilte Vermögenswerte machten ihn schon frühzeitig unabhängig. Doch immer wieder erfordert solche Unabhängigkeit eine gehörige Portion MUT!

Stille – Frieden – Schweigen, da war es wieder diese unbeschreibliche Kraft der Natur. Einen Menschen wie Floyd oder junge Menschen vollkommen neu zu prägen.

Schon war er wieder auf dem Fußmarsch durch den tiefen, weißen Schnee und die Stapfen der letzen Tage waren wieder zugeschneit.

Plötzlich schreckte er aus seinen Gedanken auf. Ein Rascheln direkt neben sich erforderte alle Aufmerksamkeit. Wie wäre es, wenn der Graue jetzt durch die Büsche springen würde? Nein, ein Hase hatte sich erschreckt und rannte nun auf der freien Spur seinem Futterplatz entgegen. So ein platt getretener Pfad, hatte eben auch für andere Tiere eine wichtige Bedeutung. Wieder überraschte ihn ein seltsames Rascheln in den Büschen und jungen Bäumen seines Weges. Plötzlich stand Ann-Kathrin neben ihm.

Wie hatte sie ihn denn nur in diesen Wegesystemen seines eigenen Pfadgewirres gefunden?

„Deine Frau war so gut, mich anzurufen und mir zu sagen wo du gerade auf Tour bist! Da ich ja hier schon lange zu Hause bin, war es sehr leicht deinen Spuren zu folgen. Die Abkürzung zu wählen entstammt der alten Schnitzeljagd aus Schultagen!“ Ein Lachen huschte über ihr Gesicht. Auch Floyd konnte sich ein Lächeln der Bewunderung und Anerkennung nicht verkneifen.

Wohlwollende Wärme umspülte plötzlich sein Herz. In seinen Gedärmen grummelte es plötzlich sehr. Der unverhoffte Anfall eines Liebessprühens überrumpelte den hart gesottenen Mann aus dem kalten Alaska sehr unvermittelt. Ein Zauber von Schmetterlingen traf sein Wesen. Er war einfach nur platt.

Wie konnte denn sowas nur ihm passieren. Doch schon fragte Ann - Kathrin ihren Begleiter, ob er denn etwas dagegen hätte, wenn sie mit ihm gehen könnte. Der Weg wäre noch lang und die Umgebung durch junge Wölfe eher etwas unsicher geworden. Da horchte der Forscher sofort in ihm auf. Junge Wölfe mit Unsicherheit? Der „GRAUE“ nicht als der alles Beherrschende? Rotkäppchen ade?

„Ja“ sagte sie. „Es ist im Moment so, dass die jungen, „Wilden“ sich aufmachen, etwas von den Pfaden die wir kennen abzuweichen!“ Unbehagen machte sich bei Ann breit. „Wir können sie nicht mehr so gut kontrollieren!“ „Das kann zu einem Problem mit den Schafzüchtern werden.“ „Die Jägerschaft ist sowieso gegen uns im Moment. Was sollen wir nur tun?“ Floyd atmete ruhig. Er sammelte alle seine Energie für die Antwort. Dann fing er an zu reden. Ann hielt den Atem an.

„Als erstes stelle ich Dir eine Frage! Ist es möglich, meine Frau mit in diese neue Wolfsarbeit zu integrieren? Kann sie mit an der Erweiterung des Projektes arbeiten? Stört es Euch, wenn ich mit ihr zusammenarbeite? Können wir eine neue Schäferkommunikation aufbauen?“

All diese Fragen stellte Floyd in einer für den Augenblick der eisigen Stille ungewöhnlichen Ruhe.

Dann antwortete sie ihm in ihrer einfachen Art. „Selbstverständlich Floyd - ist es kein Problem, dass Alan mit Dir bei uns und diesem Projekt eng zusammen arbeitet. Es ist halt nur das Risiko, welches sie im Fall des Falles selber tragen muss. Aber ich glaube, Dir muss ich zum Thema Risiko und Wildtiere keine Erläuterungen mehr geben. Nur wie hast du dir das vorgestellt, mit den Tieren und den Jägern eine neue Verbindung herzustellen? Wir haben Angst, dass sie uns die Tiere wegschießen noch ehe wir richtig angefangen haben!“ Floyd blieb still. Er hatte die Antworten schon längst in der berühmten Hosentasche. Jetzt zog er sie - wie ein Zauberer das Kaninchen aus dem Hut.

„Also pass auf. Wir machen das folgendermaßen. In der nächsten Woche werden wir eine Sitzung mit allen Jägern und Beauftragten der Umgebung einberufen. In dieser Sitzung werden wir die Maßnahmen bezüglich des Fanges und der Markierung aller „Jungwölfe“ im Detail durchsprechen und so viel wie möglich von den Anwesenden in das Boot mit hinein holen. Es ist immer so, wenn die Menschen nichts von den Dingen wissen, oder sie nicht verstehen, dann musst du es ihnen dreimal erklären und sie werden sich dem Projekt nicht mehr in die Quere stellen. Natürlich sind sie dagegen. Weil ja alle dagegen sind. Diese Wildtiere gehören eben nicht in unsere Natur oder Heimat. Das alles habe ich schon so oft gehört in den Staaten. Und als es soweit war, der leichte Wildtourismus Geld in die Ortskasse spülte und die Menschen es angenommen hatten, dass die Natur und die Menschen zusammen gehören, dann waren die lautesten NEINSAGER die besten Befürworter. Nicht ohne ihre Argumente immer wieder auf den Tisch zu bringen. Doch die Gegenargumente müssen immer für die Natur und den Verstand des Schöpfers sprechen. Dann kann man ihnen alles verkaufen.“ So sprach Floyd Candle und lachte. Ann war indes stehen geblieben. Auch sie lachte und grinste vor sich hin. Wieso hatte sie den Mann so unterschätzt? Wieso hatte sie den Mann so wenig betrachtet in den Jahren, die er schon jetzt in der Gegend war? Ihn nur als Naturbursche zu sehen war doch Dummheit. Oder? War da etwa mehr? Vorsicht Ann! Nicht das es mehr ist als es so gerade aussieht?

Sie waren an der Beobachtungshütte mit dem großen, dicken Fenster angekommen. Eisblumen in zwei Zentimeter Höhe blühten auf den Scheiben im Inneren. Die Glut von gestern war noch vorhanden und Floyd legte schnell Holz auf. Schon loderte das Feuer und Wasser rauschte in einem kleinen Töpfchen für den Rastkaffee.

Die Scheiben für die Beobachtung wurden freigekratzt. Ann – Katrin entledigte sich ihrer Jacke. Der Stickpulli mit den groben Maschen umfing ihren makellosen Körper. Ihre vollen Brüste zeichneten sich unter dem Pulli gut ab und verwirrten Floyd noch mehr, als die Tatsache jetzt hier mit Ann allein zu sein.

Floyd hatte sie bis jetzt als Frau gar nicht wahrgenommen. Doch jetzt erschien ihm ein Traum von Weib – als neue Mitarbeiterin. Zusammenreißen hieß die Devise. Das Wasser brauchte nur einen Augenblick. Dieser Augenblick genügte um die Flammen in den beiden Forschern auf etwas anderes zu lenken, als auf Wildbeobachtung. In diesem einen wilden Moment hingen ihre Lippen aneinander und konnten nicht mehr loslassen. Plötzlich gab es ein Geräusch.

Ein Heulen ließ sie alles vergessen und zur Tür jagen. Öffnend und staunend konnten sie sehen, wie ein Schatten durch den Schnee jagte und einen „Kapitalen Hirschen“ hetzte. Den Mund offen, die Hände fest ineinander verkrallt folgten sie dem ungewöhnlichen Schauspiel von ihrem Ehrenplatz aus. Was für ein grandioses Schauspiel. So schnell wie es kam, war es am Ende auch wieder vorbei. Wolf weg. Hirsch weg. Gefühle weg. Erst ein heißer Schluck Kaffee sollte die Sinne wieder beruhigen. Sich neu konzentrieren. Wie? Alles war aufgewühlt und ließ sich fast nicht mehr kontrollieren.

Ann-Katrin sammelte hastig ihre Sachen zusammen. Während sie die Türe schon in der Hand hatte, verirrte sich ihr Blick, auf den am Boden sitzenden Floyd. Rückschauend auf den Mann der dort einem feuerbeschienenen Dämon glich. Dann rannte sie in die Kälte, durch die schwarzen, beschneiten Pfade und weinte immerzu.

Gegen 11 Uhr mittags traf sie bei ihrer Freundin und Kollegin Franzi in der Wolfsstation ein. Beide hatten nach dem Biologiestudium ihr Leben etwas „Nützlichem“ widmen wollen. Jetzt waren sie an der spannendsten Sache der Welt dran. Franzi kam auch gleich zum Punkt und fragte nach den Ergebnissen. Ann-Katrin verstrickte sich in Lügen und Ausreden. Dann sagte sie unvermittelt: „Ich war bei Floyd in der Beobachtungshütte.“ „Wie bitte?“ kam es von der Tür des Wiege – und Futterraumes.

„Ja, ich traf ihn auf dem Weg zu den Fotofallen und wir kamen ins Gespräch. So lief ich einfach mit ihm mit und habe dabei meine Aufgaben voll vergessen.“ „Es tut mir leid!“ „Ich werde jetzt etwas schlafen und die Arbeit dann nachholen!“ „Mach dir keine Gedanken um mich.“ „Ann – Katrin, was verheimlichst Du mir?“ „Wie kommst du denn auf so was?“ „Ich habe dich in den letzten 5 Jahren noch nie so aufgewühlt gesehen, wie gerade in diesem Moment. Sind wir noch Freundinnen?“

„Oh Franzi“ seufzte Ann, „ ich habe ihn geküsst und es war so grandios wunderschön!“ „Wie soll ich es dir beschreiben. Ich kann es nicht.“ Die Röte schoss Franzi in den Kopf und ziemlich laut gab sie ihrem Unmut Ausdruck. „Dann können wir ja die ganze Arbeit in den Wind schreiben, wenn du hier mit verheirateten Männern rummachst!“ „Oh nein Franzi es ist etwas vollkommen anderes. Nichts ist mit diesen Lippen vergleichbar!“ Ann-Katrin hatte es voll erwischt. Sie wusste es. Verdammt!

Während sich solche Dinge draußen abspielten, breitete Floyd schon einmal eine Karte der Umgebung aus, um die Fang- und Markierungsarbeiten zu koordinieren. Er wollte so viele Jungwölfe wie möglich mit einer Aktion fangen und markieren, um den Naturfrieden schnell wieder herzustellen. Hätte er ahnen können, dass es einen anderen Frieden gab, der auch befriedet werden wollte?

Ein Kanadier wie er, ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Stoisch und gelassen hatte er seine Pläne fest im Griff. Um den Seelenfrieden einer Frau kümmerte er sich jetzt da weiter nicht. Netze wurden auf der Karte eingezeichnet. Holz knisterte erneut im Kamin und die Karte nahm eine konkrete Aufgabenform an. Er wusste, ohne die beiden, erfahrenen Expertinnen konnte er sich die ganze Mühe sparen. Morgen wollte er unbedingt das Gelände sondieren. Vielleicht konnte er der einen oder anderen, unverhofften Begegnung eine neue Strategie abgewinnen. Doch nun wollte er erst einmal zu seiner Frau. Aina hatte bestimmt ein Reh zart gebraten.

Schon ließ er sich auf dem Schneepfad von den Rufen des Tages leiten. Der Wald in seiner Stille mit den Gewürz ähnlichen Düften, befreite Floyd von allen Zukunftsängsten. Aina war einfach ein Klasseweib für sich. Wie hatte er sie doch damals kennengelernt?

Vor sich hin sinnierend dachte er an seine Frau, während er plötzlich vor der Tür angekommen war. Aina erwartete ihn schon. „Du sollst morgen unbedingt in der Fangstation bei Franzi vorbeikommen!“ sie hatte gerade angerufen. „Und du sollst etwas Zeit mitbringen – verstehst du das?“ Floyd kroch die Angst die Beine hoch und in einem Schauer des Frostes stellten sich seine Körperhaare hoch. Als hätte er den Leibhaftigen gesehen war er nicht mehr in der Lage einen Schritt voran zu gehen.

„Floyd – alles in Ordnung mit dir Liebes?“ „Bist du krank, hast du einen Geist gesehen?“ „Nein, es ist nur, ich habe Hunger und der Magen hängt mir schon auf den Zehen!“

„Na dann komm ruhig rein wir haben übrigens Besuch!“ Ann – Katrin wollte sich mit dir noch wegen der Aktionen unterhalten und da hab ich sie gleich zum Essen mit eingeladen. Es ist dir doch recht, wenn wir Essen abgeben?“ Aina lachte und scherzte auf ihre persönliche Art. Floyd konnte kaum etwas sagen. Dann ging er ins Haus und entledigte sich seiner Schneeschuhe und seiner dicken Jacke.

Die Blockhütte war so gemütlich eingerichtet, dass man gerne verweilen mochte. Aus der Essecke duftete es nach Rehbraten und Wacholderschnaps. Alan bat beide an den Tisch und setzte sie auch noch gegenüber. Manchmal haben es Frauen schwer. „Damit könnt ihr leichter über die Arbeit reden und ich bin schneller am Herd.“ „Könntest du der Dame aus der Jacke helfen oder hast Du im Wald den Anstand verloren!“ so sprach sein Weib.

Floyd goss sich einen Wacholderschnaps ein und noch ehe man hätte zuprosten können, war das Glas leer. Und schon goss er sich das Zweite auch noch ein.

„Floyd Candle – was ist nur mit ihren Manieren los?“ „Jetzt nimm endlich Platz und genieße das Essen. Lang genug hat es ja nun schon auf dem Herd gestanden.“

„Ann – Katrin hat erzählt, ihr wäret euch heute früh begegnet?“ Husten und Prusten ließen Floyd an seinem Bissen fast ersticken. Das Stück des weichen Reh`s legte sich in diesem Moment gerade zu quer. „Klopf ihm mal tüchtig auf den Rücken, dem armen Männe, dem droht sonst noch der Tod der Schlechtigkeit!“ Wieder kam eine heftige Hustenattacke und schüttelte den armen Mann, bis Ann ihm den Weinkrug reichte, um den Bissen hinunter zu spülen. Was für ein Essen.

Alle aßen jetzt in Ruhe weiter und Fragen wurden auch nicht mehr gestellt. Immer mehr verlor der Schrecken des Besuches seine Wirkung. Schnäpschen und Wein taten ihr übriges. Ein Mittagsschläfchen sollte dem Mann und den Frauen Entspannung bringen. Floyd war schon in seinem Bett und zog sich die Sachen vom Leib. Als Aina – Ann Katrin durch die Türe schob. „Sie kann bis zum Kaffee in meinem Bett schlafen und die Knödel verdauen!“ dabei lachte sie so bezaubernd, dass es Floyd wieder einmal Tränen in die Augenwinkel drückte. Ann – Katrin war entzückt. Aina war froh ungestört zu spülen.

Schon entledigte sich Ann ihrer Arbeits - Jeans und das Shirt mit den Wölfen flog auch noch in die Ecke.

Floyd verzog die Augenbrauen. „ Nun tu nicht so, als hättest du noch nie eine nackte Frau gesehen!“ sagte Alan und schmunzelte. Als Ann mit Slip und BH unter die Decke schlüpfte. „In einer Stunde gibt es Kaffee und Kuchen. „ Nutzt die Zeit zur Ruhe ihr Waldschrate.“

Floyd und Ann-Katrin sahen sich lange in die Augen. Dann schliefen sie von süßen Träumen gepackt in ihren warmen Betten selig ein. So war das halt im Hause Candle – immer eine offene Art. Immer die Möglichkeit schnell und unbürokratisch zu helfen. Als der Kaffeeduft durch die Hütte zog, war Floyd plötzlich hoch geschreckt. Ein Alptraum hatte ihn von Ann-Katrin träumen lassen. Da sah er sie liegen neben sich. Die Decke war vom Drehen verrutscht und ihr Rücken war frei. Ihr Slip zwängte sich in die Po-Ritze und gab zu viel preis. Schnell deckte er sie sanft zu.

Dann schlich er zu seiner Frau. Eifrig überkam ihn das Bedürfnis den Kaffeetisch zu decken. Gedeckter Apfelkuchen duftete warm durch den Wohnbereich und der Kaffee versprühte einen Charme von Harmonie. Schneller und schneller war Floyd bei der Sache, die Dinge für ein gemütliches Kaffeetrinken in die Sesselecke zu bringen und dort für sich und den Gast eine wohlige Wärme im Kamin zu erzeugen.