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Sandra König stockt der Atem, als sie in der Businessclass des Passagierflugzeugs eine wohlbekannte Stimme neben sich hört.
"Sandy? Bist du es wirklich?"
Es ist eine Stimme, die die neunundzwanzigjährige Stewardess unter tausend anderen sofort erkennen würde - und das, obwohl so unendlich viel Zeit vergangen ist, seit sie sie zum letzten Mal gehört hat.
Ungläubig schaut sie zu dem elegant gekleideten Passagier auf Platz 3c. Lächelnd nimmt der seine Sonnenbrille ab, und Sandra blickt in die tiefblauen Augen, die sie in all den Jahren nie hat vergessen können. Es ist tatsächlich Anthony! Ihre große Liebe, die vor elf Jahren so dramatisch zu Ende ging.
Augenblicklich wird Sandra von einer Flut der Erinnerung erfasst, und sie weiß: Sie muss sofort weg von hier, sonst wird sie ihr Herz auf der Stelle noch einmal an diesen Mann verlieren ...
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Seitenzahl: 127
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Höhenflug ins Glück
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Impressum
Höhenflug ins Glück
Alles, wovon Sandra immer geträumt hatte, konnte plötzlich wahr werden
Von Nina Baumgarten
Sandra König stockt der Atem, als sie in der Businessclass des Passagierflugzeugs eine wohlbekannte Stimme neben sich hört.
»Sandy? Bist du es wirklich?«
Es ist eine Stimme, die die neunundzwanzigjährige Stewardess unter tausend anderen sofort erkennen würde – und das, obwohl so unendlich viel Zeit vergangen ist, seit sie sie zum letzten Mal gehört hat.
Ungläubig schaut sie zu dem elegant gekleideten Passagier auf Platz 3c. Es ist tatsächlich Anthony! Ihre große Liebe, die vor elf Jahren so dramatisch zu Ende ging.
Augenblicklich wird Sandra von einer Flut der Erinnerung erfasst, und sie weiß: Sie muss sofort weg von hier, sonst wird sie ihr Herz auf der Stelle noch einmal an diesen Mann verlieren ...
Als Sandra König an diesem Freitagvormittag ihren Dienst antrat, wirkte zunächst alles wie ein normaler Arbeitsbeginn am Frankfurter Flughafen, mal abgesehen davon, dass sie eine erkrankte Kollegin auf dem Flug nach New York vertrat.
Dennoch hatte sie ein eigenartiges Vorgefühl. Aber das lag vermutlich daran, dass sie zum ersten Mal seit ihrer Trennung mit Max flog und ihre Sinne auf den hochgewachsenen blonden Steward ausgerichtet waren, der dicht neben ihr stand, um die eintreffenden Passagiere zu begrüßen. Er war der Purser, also ihr Vorgesetzter auf diesem Flug.
»Kommst du klar mit der Situation?«, fragte er leise.
Sandra nickte. Es fühlte sich zwar merkwürdig an, dass es vorbei war, doch sie hatten es gemeinsam entschieden und sich freundschaftlich getrennt. Sie wusste, dass es überwiegend ihre Schuld gewesen war. Sie hatte ihn nicht so geliebt, wie er es verdient hätte.
Trotzdem machte es sie traurig, zu wissen, dass sie sich nun nie wieder in seine kräftigen, schützenden Arme schmiegen konnte, nie wieder seine Lippen auf ihren spüren würde. Besonders jetzt, wo er so dicht neben ihr stand, dass sie sein vertrautes Aftershave roch.
»Kann ich schon mal einen Kaffee haben?«, tönte die sonore Stimme des Captains aus dem Cockpit.
»Ich gehe schon«, sagte Sandra hastig, froh, der Situation zu entkommen. Sie schenkte Kaffee aus der Thermoskanne in eine Tasse, stellte sie mit Milch und Zucker auf ein kleines Tablett und brachte sie Flugkapitän Hansen.
»Ach, Frau König, wir sind ja lange nicht miteinander geflogen«, sagte er fröhlich. »War das letzte Mal nicht während dieses Zyklons auf dem Weg nach Mauritius?«
»Ja, genau«, bestätigte sie. Flüge, die sich zur Katastrophe zu wenden drohten, blieben einem meistens mit allen Details noch lange im Gedächtnis. »Auf dem heutigen Flug erwarten uns laut Briefing aber keine Unwetter, oder?«
Er schüttelte den Kopf.
»Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Uns stehen voraussichtlich keine Turbulenzen bevor, und in New York herrscht angenehmes Frühlingswetter.«
Sandra kehrte an ihren Platz neben Max zurück und knipste ein strahlendes Lächeln an, um weiter Passagiere zu begrüßen, die im Sekundentakt den Airbus betraten. Die Reihen hatten sich gefüllt.
In der Businessclass verstauten Geschäftsreisende ihre Trolleys und Laptoptaschen in der Gepäckablage. Flüchtig nahm sie den dunkelhaarigen, schlanken und breitschultrigen Mann im hellgrauen Anzug wahr, der ihr den Rücken zuwandte und an dessen gepflegter Erscheinung sie irgendetwas irritierte. Nur eine Sekunde lang, sie konnte das Gefühl nicht zuordnen.
Sein Gesicht hatte sie nicht gesehen, sie musste gerade im Cockpit gewesen sein, als er eingestiegen war. Ohne länger darüber nachzudenken, ließ sie ihren Blick weiter prüfend durch die Sitzreihen schweifen und vergaß das komische Gefühl. Vorerst.
Als der Großteil der Passagiere an Bord war, half sie den letzten, ihr Handgepäck in den gut gefüllten Ablagefächern zu verstauen.
»Sandy? Bist du es wirklich?«, fragte da neben ihr auf dem Platz am Gang ungläubig eine männliche Stimme, die sie unter tausend anderen sofort erkannt hätte. Obwohl so unendlich viel Zeit vergangen war, seit sie sie zum letzten Mal gehört hatte.
Zum ersten Mal nahm sie den Passagier auf Platz 3c der Businessclass wirklich wahr. Es war der Mann, der ihr vor wenigen Minuten flüchtig aufgefallen war. Er nahm seine Sonnenbrille ab, und sie blickte in die tiefblauen Augen, die sie in all den Jahren nie hatte vergessen können. Seine gut geschnittenen, gleichermaßen sanften wie markanten Gesichtszüge hatte sie seitdem unzählige Male in ihren Gedanken vor sich gesehen.
Es rann ihr wie ein warmer Schauer über den Rücken, nach über zehn Jahren wieder bei der amerikanischen Kurzform ihres Namens genannt zu werden. Allein schon deswegen hätte sie sofort gewusst, zu wem die Stimme gehörte.
»Anthony«, stammelte sie, und ihre Knie drohten einzuknicken, als hätte ihr jemand von hinten einen Tritt in die Kniekehlen verpasst. »Das glaube ich jetzt nicht!«
Er lächelte sein charmantes Lächeln, bei dem sich Grübchen in seinen Wangen bildeten und das sich nicht verändert hatte. Nur die Fältchen um seine Augen gruben sich dabei tiefer in seine Haut, doch das verstärkte seine charismatische Ausstrahlung noch. Sein kurzgeschnittenes, welliges Haar war nach wie vor füllig, es begann sich lediglich an den Schläfen etwas zu lichten und war nun leicht grau-meliert.
»Du kennst sicher den alten Spruch, dass man sich immer zweimal im Leben trifft. Bei uns beiden hätte ich das allerdings nicht zu hoffen gewagt«, sagte Anthony, der genauso perplex wirkte wie Sandra.
»Warst du geschäftlich in Frankfurt?«, erkundigte sie sich und schüttelte innerlich den Kopf über diesen Smalltalk. Es gab mindestens hundert andere Fragen, die wichtiger gewesen wären. Allerdings war dies wohl kaum der richtige Ort dafür, und sie war im Dienst.
»Ja. Ich habe einen neuen Kunden in Stuttgart.«
Sandra musste darüber lächeln, wie er mit seinem amerikanischen Akzent das Wort Stuttgart auszusprechen versuchte.
»Ah bon.« Unwillkürlich wechselte sie ins Französische. So hatten sie miteinander gesprochen, als sie in Paris gelebt hatten. Anthonys Mutter war Französin und nach der Scheidung von seinem italo-amerikanischen Vater mit ihm nach Paris zurückgezogen, als er ein Teenager gewesen war.
»Einen Kunden wofür?«, wollte sie wissen.
»Ich habe die Firma meines Vaters geerbt und leite sie seit seinem Tod, zusammen mit meinem Halbbruder Jason«, erklärte er. »Wir vertreiben Software für Navigationssysteme.«
»Oh, dein Vater ist gestorben? Das tut mir leid«, sagte sie betroffen.
»Plötzlicher Herzinfarkt. Das ist jetzt drei Jahre her. – Wie geht es dir, Sandy?« Anthonys intensiver Blick machte deutlich, dass dies keine Smalltalk-Frage war, sondern dass es ihm wirklich wichtig war. Das brachte ihr Herz zum Klopfen.
»Bestens, danke.« Maßlos übertrieben, aber nach mehr als zehn Jahren Schweigen hatte er auch keine ehrliche Antwort verdient. Allerdings wäre es zumindest in den letzten acht oder neun Jahren auch schwer gewesen, sie wiederzufinden, da hätte er schon einen Privatdetektiv beauftragen müssen.
»Frollein, können Sie mal kommen?«, rief ein alter Herr in der letzten Reihe der Businessclass, und Sandra war halb ungehalten und halb erleichtert über die Unterbrechung.
»Entschuldige mich«, bat sie Anthony. »Wir sprechen uns später noch.«
»Was ist los? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen«, bemerkte Max, als sie kurz darauf in der Bordküche aufeinandertrafen. »Ist das wegen dem Herrn auf 3c, mit dem du geredet hast?«
Sie nickte.
»Macht er Ärger?«
»Nein, gar nicht. Es ist ... jemand aus meiner Vergangenheit.« Sie schluckte.
Max hob die Augenbrauen. »Hast du mir von dem mal erzählt?«
»Nein.« Es gab so einiges, was er aus ihrer Vergangenheit nicht wusste, und das aus gutem Grund. Sie hatte ihren Exmann Eric wegen dieser Dinge verloren, das hatte sie gelehrt, zu schweigen.
Er musterte sie beunruhigt.
»Scheint keine angenehme Erinnerung zu sein.«
»Nein ... Doch ... Beides gleichzeitig«, murmelte sie. Er war die Liebe meines Lebens, konnte sie sich gerade noch verkneifen zu sagen, um Max nicht zu verletzen.
Dieser runzelte die Stirn.
»Die Begegnung scheint dich sehr mitzunehmen. Willst du mit Teresa tauschen und die hintere Galley übernehmen?«
Sandra dachte kurz nach. Es wäre das Beste, flüsterte ihr die Vernunftstimme in ihrem Kopf zu, ans andere Ende des Flugzeugs zu wechseln und diese Begegnung sofort wieder zu vergessen. Wie einen Traum, der sich nach dem Aufwachen verflüchtigt.
Sie atmete tief durch, um ihr trommelndes Herz zu beruhigen. Vergebens. Sie fühlte sich noch genauso unwiderstehlich zu Anthony hingezogen wie vor elf Jahren, als sie mit gerade mal achtzehn als Tänzerin in seinem Pariser Nachtclub aufgetreten war und ihn zunächst aus der Ferne angehimmelt hatte.
Sandra machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Ach was. Das bringt mich doch nicht aus der Fassung. Ich kann ihn behandeln wie jeden anderen Gast auch.«
Max musterte sie argwöhnisch.
»Okay«, sagte er jedoch nur und wandte sich ab.
Wie in Trance führte Sandra ihre üblichen Aufgaben zum Beenden des Boardings durch. Gut, dass in diesem modernen Airbus die Sicherheitsdemonstrationen als Video vorgeführt wurden und nicht durch die Flugbegleiterinnen. Dabei dicht vor Anthony zu stehen, hätte sie so abgelenkt, dass sie nicht dafür hätte garantieren können, die Schwimmweste richtig zu handhaben.
Während die Maschine rasant an Tempo zulegte und vom Rollfeld abhob, ließ sie sich erleichtert auf den Klappsitz neben der Flugzeugtür sinken.
Kurz schloss sie die Augen und sah sich wieder in einem knappen Kleid über die Bühne des Pariser Nachtclubs Americano wirbeln, als ob es erst gestern gewesen wäre. Es war ihr erstes Engagement als Tänzerin gewesen, ein Traum, der wahr geworden war. Genau wie das Leben in Paris. Außerdem der Beginn einer Romanze mit dem Besitzer des Clubs, dem überaus attraktiven und etwas mysteriösen Anthony Scalia, der ihr zunächst wie der Ritter auf dem weißen Pferd erschienen war.
Noch nie war sie so verliebt gewesen, noch nie zuvor hatte sie so wunderbar leidenschaftlichen Sex gehabt. Die Liebe zu Anthony hatte sie in einen Strudel von Emotionen hineingerissen, bis das rosarote Märchen immer mehr die Züge eines Albtraums angenommen hatte.
Wenn man den geliebten Mann dabei überraschte, wie er vor einem Glastisch kniend eine weiße Linie durch einen Hunderteuroschein in die Nase zog, war das zunächst mal ein Schock. Und wenn er sich beim gemeinsamen Liebesurlaub an der Côte d'Azur von der Mafia verfolgt fühlte, konnte das der Romantik schon einen Dämpfer verpassen.
»Bist du eingeschlafen, Sandra?«, unterbrach ihre Kollegin Regina lachend ihre Erinnerungen.
Hastig öffnete sie die Augen und löste ihren Sicherheitsgurt.
»Ich übe mich im Sekundenschlaf. Soll enorm viel Energie zurückbringen.«
Routiniert erledigte sie ihren Service zusammen mit den anderen Crew-Mitgliedern. Sie zwang sich zu strikter Professionalität und vermied es, Anthony in die Augen zu blicken, während sie ihm die gewünschten Getränke und später die kleine Mittagsmahlzeit reichte.
Doch vor ihren inneren Augen tauchten immer mehr Bilder und Szenen auf, die sie so lange zu vergessen versucht hatte.
♥♥♥
Anthony Scalia lehnte sich in seinem Sitz zurück, bettete den Kopf gegen die Lehne und schloss die Augen. Er tat, als würde er schlafen, während es hinter seiner Stirn fieberhaft arbeitete.
Die unverhoffte Begegnung mit Sandra wühlte ihn mehr auf, als er es je für möglich gehalten hatte. Gott wusste, wie oft und stark er sie in den vergangenen Jahren vermisst hatte. Und wie ihn Schuldgefühle gequält hatten. Er war erleichtert zu wissen, dass es ihr offenbar gut ging. Dass sie nicht unter die Räder gekommen war wie befürchtet, sondern sich stattdessen in die Lüfte erhoben hatte.
Aus der süßen Achtzehnjährigen war eine wunderschöne Frau geworden. Die Erinnerung an diese Zeit traf ihn mit unerwarteter Wucht, und fast bereute er es, sie angesprochen zu haben. Ob sie ihn von selbst überhaupt erkannt hätte?
So lange hatte er erfolglos versucht, sich Sandy aus seinem Herzen zu reißen. Und nun, wo er eine Art Frieden mit seinem Leben geschlossen hatte, passierte so etwas. Als wolle das Schicksal ihn wissen lassen, dass man ihm nicht entkam.
Er hätte mit Sandra glücklich sein können. Für kurze Zeit war sie das Kostbarste in seinem Leben gewesen, doch er war zu gierig nach Geld und Erfolg gewesen und hatte dieses private Glück verspielt. Buchstäblich – schließlich waren es nicht nur Steuer-, sondern auch Spielschulden gewesen, die sie beide in die missliche Lage gebracht hatten.
Nein, eigentlich war es schon zu spät gewesen, als er Sandy kennengelernt hatte. Sein Sturz war nicht mehr aufzuhalten gewesen. Und da er sie nicht mit sich in die Tiefe hatte reißen wollen, war er ohne sie in die USA geflüchtet. Zumindest hatte er sich das damals eingeredet, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.
Wie eine Tsunamiwelle schwappten die Emotionen über ihn. Dabei hatte er geglaubt, sie in seiner langen Therapie erfolgreich verarbeitet zu haben. Immerhin überfiel ihn nun nicht mehr das Verlangen nach einer Prise Koks. Diese Zeiten lagen wirklich hinter ihm. Was blieb, waren Scham und Schuldgefühl.
Fröstelnd schlang er die Arme um sich. War die Klimaanlage zu stark eingestellt, oder ließen ihn seine Gedanken frösteln?
Auf einmal spürte er etwas Weiches an seinem Kinn, etwas Wärmendes legte sich über seinen Oberkörper. Er blinzelte und sah Sandra, die sich über ihn gebeugt hatte und eine Fleecedecke über ihm ausbreitete.
»Danke, Sandy.« Unwillkürlich streckte er die Hand aus, um ihr zärtlich über die Wange zu streichen. Eine liebevolle Geste, die sie früher geliebt hatte.
Nun zuckte sie zurück.
»Mach das nicht«, sagte sie warnend, und er ließ die Hand resigniert sinken. Doch ihre feingezeichneten Lippen blieben leicht geöffnet, und im Blick ihrer großen braunen Augen las er, dass ihr das unverhoffte Wiedersehen genauso naheging wie ihm. Sie stand sehr dicht neben ihm und hielt sich mit einer Hand an seiner Lehne fest.
»Ist das nicht ein merkwürdiger Zufall?«, sinnierte er. »Bist du nicht überrascht?«
»Doch, natürlich. Ich dachte, du wärst tot«, erwiderte sie spröde. »Für mich warst du es jedenfalls.«
Anthony löste seinen Sicherheitsgurt und machte Anstalten, auf den leeren Platz in der Mitte zu rücken, damit Sandra seinen Platz einnehmen konnte.
»Setz dich einen Moment zu mir«, bat er.
»Ich bin im Dienst, Tony, ich kann nicht endlos lange mit den Gästen quatschen.«
»Dann lass uns in New York gleich nach der Ankunft etwas zusammen trinken gehen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Bitte, Sandy! Ich möchte dir einiges erklären.«
»Was gibt es da schon zu erklären«, entgegnete sie müde. Ihr hübsches Gesicht wirkte gequält. »Dass du damals von einem Tag auf den anderen abhauen musstest, um deine Haut zu retten, habe ich verstanden. Aber dass du mich nicht mitgenommen hast nach New York, habe ich dir nie verziehen. Wir hätten uns zusammen dort etwas aufbauen können.«
»Genau deswegen möchte ich dir erzählen, wie es mit mir weitergegangen ist. Dann wirst du froh sein, dass du nicht bei mir warst«, sagte er ruhig. »Ich hätte doch nur dein Leben ruiniert.«
»Ich will nicht, dass mit uns alles wieder von vorne anfängt.« Sandra strich sich eine kastanienbraune Strähne, die sich aus ihrer Hochsteckfrisur gelöst hatte, hinters Ohr, und Anthony verspürte unverzüglich den Wunsch, sich die Haarsträhne um den Finger zu wickeln.
»Das war kein unmoralisches Angebot«, erwiderte er belustigt. »Ich möchte nur mit dir reden. Außerdem habe ich mich geändert. Der Tony, den du gekannt hast, den gibt es zum Glück nicht mehr.«
Ein Steward tauchte hinter ihr auf.
»Ich brauche dich in der Galley, Sandra«, sagte er mit ungehaltenem Unterton und ging wieder davon.
»Du hörst es ja, ich muss arbeiten.« Sie wollte sich abwenden, doch Anthony griff hastig nach ihrem Handgelenk.
»Bitte! Nur ein Kaffee oder ein Drink, meinetwegen in einer Flughafenbar, wenn du dich da sicherer fühlst.«
Sie lachte spöttisch auf.
»Sicherer? Ist ja nicht so, als ob ich Angst vor dir hätte.«