Silvia-Gold 202 - Nina Baumgarten - E-Book

Silvia-Gold 202 E-Book

Nina Baumgarten

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Beschreibung

Die ehrgeizige Schauspielstudentin Kira und der verträumte Pharmaziestudent Dylan teilen die Liebe zur Musik und treten zusammen in Dublin in einer Band auf. Doch ihre junge Beziehung gerät bald ins Wanken, da ihre unterschiedlichen Charaktere und Lebensstile aufeinanderprallen.
Als der charismatische Regisseur Luke Kira eine Filmrolle anbietet, folgt sie ihm begeistert zu den Dreharbeiten in den malerischen Südwesten Irlands. Doch vor Ort entfaltet sich ein unerwartetes Drama, und Kira muss erkennen, dass romantische Träume nicht immer der Realität entsprechen ...


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Inhalt

Cover

Irish Coffee nach Mitternacht

Vorschau

Impressum

Irish Coffee nach Mitternacht

Kira muss erkennen, dass ihr Traummann nicht fehlerfrei ist

Von Nina Baumgarten

Die ehrgeizige Schauspielstudentin Kira und der verträumte Pharmaziestudent Dylan teilen die Liebe zur Musik und treten zusammen in Dublin in einer Band auf. Doch ihre junge Beziehung gerät bald ins Wanken, da ihre unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Lebensstile aufeinanderprallen.

Als der charismatische Regisseur Luke Kira eine Filmrolle anbietet, folgt sie ihm begeistert zu den Dreharbeiten in den malerischen Südwesten Irlands. Doch vor Ort entfaltet sich ein unerwartetes Drama, und Kira muss erkennen, dass romantische Träume nicht immer der Realität entsprechen ...

Fröhliche Klänge drangen durch die Fußgängerzone von Galway, in der sich mehr Touristen als Einheimische drängten. An vielen Ecken der bunt angestrichenen Häuser saßen oder standen Straßenmusiker, sangen und spielten Gitarre oder die Fidel. An den Tischchen vor den vielen Cafés, Restaurants und Pubs unterhielten sich die Gäste lebhaft und blinzelten in die Sonne, die schnell die Pfützen vom vormittäglichen Regen trocknen ließ.

Kira O'Leary öffnete ihre Jeansjacke, lockerte den dünnen Schal und schob sich weiter durch die flanierende Menschenmenge.

Einer der Straßenmusiker zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Er spielte Gitarre und sang dazu, versunken in die Melodie eines bekannten irischen Songs, der normalerweise als Duo gesungen wurde. Sein hellbraunes Haar, vorne eine etwas verstrubbelte Tolle, hinten kurzgeschnitten, schimmerte in der Sonne, genau wie seine ebenmäßige helle Haut.

Spontan bahnte sich Kira einen Weg durch die ihn umringende Menschentraube, stellte sich neben ihn und begann, den weiblichen Part des Duos zu singen.

Der junge Mann blickte etwas irritiert auf, ließ sie aber gewähren. Die Zuschauer klatschten begeistert, als das Lied beendet war.

»Du stiehlst mir die Show!«, sagte er mit gerunzelter Stirn, und sie konnte nicht erkennen, ob er scherzte oder tatsächlich verärgert war.

Sie zuckte die Schultern und wies mit dem Kinn auf den vor ihm liegenden Hut.

»Es hat dir mehr Münzen eingebracht als vorher. Ich heiße übrigens Kira.«

»Dylan. Na gut, lass uns weitersingen, bevor die Leute wegrennen. Kennst du den Text von Ed Sheerans Galway Girl?«

»Ja, so ungefähr.«

»Dann los. Wir singen die Strophen abwechselnd.« Er stimmte die ersten Klänge auf der Gitarre an.

Inbrünstig sang Kira ihren Part, begleitet von theatralischen Gesten, die gut zu der fröhlichen Melodie und dem beschwingten Text passten. Die kleine improvisierte Show bereitete ihr großes Vergnügen und schien sogar Dylan mitzureißen, der mehr aus sich herausging als vorher und ihr zwischendurch ein Lächeln schenkte.

Als das Lied beendet war, nahm er seinen Hut und inspizierte den Inhalt.

»Gehen wir davon was trinken? Ich könnte ein Bier und eine Pause vertragen.«

»Okay.« Kira betrachtete ihn genauer und fand ihn recht anziehend. Der verträumte, leicht melancholische Ausdruck seiner hellbraunen Augen stand in faszinierendem Gegensatz zu seinen scharf konturierten Gesichtszügen, die dennoch sanft wirkten.

»Du singst gut«, gab Dylan anerkennend zu, als sie sich kurz darauf auf der Terrasse eines Cafés gegenübersaßen.

»Danke. Du auch.«

»Habe dich noch nie hier gesehen«, stellte er fest. »Du bist nicht aus Galway, oder? Hast einen süßen kleinen Akzent. Wo ist der her?«

»Ich komme aus Berlin in Deutschland. Und studiere in Dublin. Bist du von hier?«

»Ja, ich wohne in Galway und bin auch hier aufgewachsen. Was studierst du?«

»Schauspiel.«

»Ah, daher die geschulte Stimme!«

Sie nickte. »Gesangsunterricht haben wir dort in der Ausbildung auch.«

»Du willst also Schauspielerin werden?«

»Ja, unbedingt. Oder notfalls irgendwas anderes im Filmbusiness. Ich liebe alles, was mit Theater und Film zu tun hat. In Berlin habe ich an einer Filmhochschule studiert«, erzählte sie. »Dann habe ich mich für das Schauspiel-Studium am Trinity College beworben und wurde zum letzten Herbst angenommen.«

Die Kellnerin trat an ihren Tisch. Dylan bestellte ein Guinness und Kira einen Cappuccino.

»Und was machst du in Galway?«, erkundigte er sich.

»Ich bin zur Hochzeit meines Vaters eingeladen. Er ist Ire und lebt in Dublin, aber seine Braut stammt aus Galway.«

»Ach!« Dylan hob die dichten und recht breiten Augenbrauen, die sein Gesicht trotz seiner Freundlichkeit ein wenig finster wirken ließen. »Ist dein Vater zufällig Gary O'Leary?«

»Ja!«, erwiderte Kira verblüfft. »Woher weißt du das?«

»Die Braut ist meine Tante – die Schwester meiner Mutter. Ich gehe morgen auch zu der Hochzeit.«

»Das ist ja ein Zufall! Wie schön!« Sie lächelte herzlich und strich sich eine Strähne ihres hellblonden Haares aus der Stirn.

»Du bist also Garys Tochter! Habe schon von dir gehört.«

»Tatsächlich?«, fragte sie ungläubig. »So wenig wie mein Vater meine Existenz immer zur Kenntnis genommen hat, wundert mich das.«

»Na, genaugenommen war es eher meine Tante, die dich erwähnt hat.«

»Sicher nicht im Guten, oder?« Kira schnitt eine Grimasse. »Ich glaube, sie mag mich nicht besonders.«

Dylan zuckte mit den Schultern. »Tante Anne sieht das eher andersherum.«

Kira winkte ab und beschloss, das Thema nicht zu vertiefen. »Was machst du so im Leben, wenn du nicht auf der Straße musizierst?«

»Ich studiere Pharmazie an der University of Galway. Meine Eltern besitzen eine Apotheke und möchten, dass ich sie später mal übernehme ...« Er verzog den Mund. »Musik mache ich nur nebenbei, aber dafür mit Leidenschaft.«

»Pharmazie stelle ich mir langweilig vor. Viel Chemie, was? Um dann bloß Pillen zu verkaufen ...« Sie legte den Kopf schief und richtete den Blick ihrer blauen Augen prüfend auf Dylan. Er schien sich auch nicht gerade vor Begeisterung zu überschlagen. »Aber ist natürlich ein wichtiger Beruf.«

Dylan nickte widerstrebend. »Und was machst du, wenn du nicht studierst?«

»Ich arbeite in einer Whiskey-Destillerie.«

Er blickte sie so erstaunt an, dass sie hinzufügte: »Als Führerin für Touristengruppen. Ich zeige ihnen die Destillerie und erkläre ihnen alles. Die nehmen dort gerne Schauspielstudenten, wegen der tragenden Stimme. Es ist nämlich sehr laut in der Destillerie. Ist zwar ein Mini-Gehalt, aber es gibt meistens gutes Trinkgeld. Dublin ist so verdammt teuer, und meine Mutter und ihre Eltern können mir nicht alles finanzieren.«

Und ihr Vater dachte im Traum nicht daran, sie finanziell zu unterstützen, so wie er sich all die Jahre um die Alimente gedrückt hatte, erinnerte sie sich mit einem Gefühl von Bitterkeit. Sie durfte ja nicht einmal bei ihm wohnen, obwohl in seinem Haus noch ein Zimmer frei war. Allerdings nicht wegen der Kosten, sondern weil seine zukünftige Frau sich an Kiras Anwesenheit störte. Dabei war sie extra nach Dublin gezogen, um ihrem Vater näher zu sein und ihr bisher distanziertes Verhältnis zu intensivieren. Andererseits schätzte Kira auch die Unabhängigkeit, die ihr das Leben im Studentenheim bot. Mit dreiundzwanzig wollte sie sowieso nicht unbedingt wieder bei einem ihrer Elternteile wohnen.

»Kriegst du da manchmal eine Flasche Whiskey gratis?«, riss Dylan sie aus ihren Gedanken.

»Nein, natürlich nicht. Allenfalls darf ich an den Kostproben nippen, die die Touristen stehen lassen. Aber ich mag Whiskey ohnehin nur im Irish Coffee oder Bailey's. Pur oder on the rocks schmeckt er mir nicht.«

Dylan beugte sich leicht zu ihr, und sie sah goldene Sprenkel in seinen Augen funkeln.

»Deine Augen haben übrigens die Farbe von hellem Whiskey«, sagte sie fasziniert. »Sieht toll aus.«

Er lachte, ein leises, kehliges Lachen, das ihr warm den Rücken hinunterfloss.

»Willst du mich anmachen?«

»Wäre das schlimm?«, konterte sie. »Wird mich deine Freundin dann erdolchen?« Sie sagte es so beiläufig und scherzend wie möglich, doch es interessierte sie brennend, ob er in festen Händen war.

Dylan schüttelte den Kopf. »Gerade gibt es keine.«

»Hey, meine Chance!« Kira legte sich theatralisch die Hand auf die Brust, und er lächelte geschmeichelt.

»Kommst du öfters mal nach Galway?«, fragte er.

»Bis jetzt nicht. Aber die Stadt gefällt mir, ist ein tolles Ambiente hier. Ist ja auch zur heimlichen Kulturhauptstadt geworden, mit beinahe mehr Theatern als in Dublin. Das könnte mal interessant für mich sein.« Sie ließ den Blick kurz durch die belebte, anheimelnde Straße schweifen.

»Vielleicht solltest du öfter kommen.« Dylan blinzelte ihr zu. »Ich würde mich freuen.«

Die Kellnerin brachte ihnen ihre Getränke.

»Und du? Bist du hin und wieder in Dublin?« Kira schüttete vorsichtig Zucker unter die Sahnehaube ihres Cappuccinos.

»Eher selten. Aber das könnte sich ändern. Ich müsste mich mal über die Musikszene dort schlau machen.« Er prostete ihr zu. »Sláinte!«

»Sláinte!« Das irische Wort für Prost war ihr nach einem halben Jahr in Dublin und als Tochter eines Pub-Besitzers bereits geläufig.

♥♥♥

Das Eingangsportal des Vier-Sterne-Hotels am Rande von Galway war für die Hochzeit festlich dekoriert worden. Gerade waren die Frischvermählten in ihrem Hochzeitswagen eingetroffen, einer sehr eleganten, auf Hochglanz polierten Oldtimer-Karosse in cremefarben und schwarz.

Kurz darauf posierte die Braut für den Fotografen vor einem der weißgedeckten Tische im Foyer, auf dem ein Schokoladenspringbrunnen aufgebaut war. Sie versuchte, fürs Foto von der flüssigen Schokolade zu naschen, ohne sich dabei das cremefarbene Kleid zu ruinieren.

Anne, die frisch angetraute Frau von Kiras Vater, war eine hochgewachsene schlanke Frau Ende vierzig. Das wie gelackt wirkende, braune Haar war im Nacken zu einem eleganten Knoten geschlungen. Von einem Profi geschminkt, war sie sehr attraktiv. Touristen, die die Lobby durchquerten, blieben stehen, um ein Foto von ihr zu machen.

Auch Kiras Vater Gary sah in seinem dunkelblauen Anzug und mit der hellblauen Krawatte ungewohnt gestylt aus. Sein sonst wirres, blondes Haar war ausnahmsweise sorgfältig frisiert, der Dreitagebart abrasiert. Er beeilte sich, seiner Frau für die Fotos Gesellschaft zu leisten, während es sich einige männliche Gäste in einer Sitzecke bequem gemacht hatten und bereits fleißig auf das Wohl des Paares tranken.

»Die fangen früh an«, bemerkte Annes Tochter Lauren, mit der sich Kira in Dublin bereits angefreundet hatte. »Hoffentlich wird das nicht schon wieder so ein Saufgelage, bei dem nach Mitternacht alle Männer versuchen, einen zu betatschen.« Sie drehte die braunen Kulleraugen Richtung Decke.

Kira blickte sie unangenehm berührt an. »Meinst du?«

»Bei irischen Hochzeitsfeiern geht es meistens feucht und fröhlich zu, und sie dauern in der Regel die ganze Nacht«, erzählte Lauren. »Diese hier wird keine Ausnahme sein.«

»Herrje. Na, ich bin aus Daddys Pub ja schon einiges gewöhnt.« Sie war häufig in Gary O'Learys Pub in Dublin zu Gast, um ihren Vater zu sehen. Auch wenn man das kaum als Familienleben bezeichnen konnte, nach dem sie sich insgeheim sehnte.

»Kommst du mit nach draußen?«, fragte Lauren. »Ich will eine rauchen.«

Kira nickte und folgte ihr. »Lass dich nicht von deiner Mutter erwischen, sonst gibt es wieder Theater.«

»Ich nutze es hemmungslos aus, dass sie im Moment zu beschäftigt ist.« Lauren schnitt eine Grimasse. »Ach, Mensch, ich bin neunzehn, sie soll sich endlich abgewöhnen, mir alles vorzuschreiben. Ich beneide dich um deine Unabhängigkeit, Kira!«

Diese seufzte. »Wenigstens kümmert es deine Mutter, was du tust. Meinem Vater bin ich egal ... Wobei, nein – er meckert immerhin darüber, was für ein schlechter Plan es ist, Schauspielerin werden zu wollen. Ständig arbeitslos oder sich auf der Besetzungscouch flachlegen lassen zu müssen, um überhaupt mal einen Job zu finden ...«

Lauren brach in Gelächter aus. »Das hat er nicht wörtlich gesagt, oder?«

»Oh doch.«

Lauren zündete sich in einem windgeschützten Bereich neben dem Eingangsportal eine Zigarette an. »Aber deine Mutter und deine Großeltern sehen es offenbar anders, oder? Sie unterstützen dich doch.«

»Völlig anders sehen sie es nicht, aber sie haben gemerkt, dass ich bereit bin, für meinen Traum unheimlich hart zu arbeiten, und das imponiert ihnen. Außerdem könnte ich mir mit meinem Abschluss in ›Film- und TV-Produktion‹ theoretisch auch einen Job in einer Filmgesellschaft suchen.«

In diesem Moment fuhr ein Motorrad vor, auf dem ein schlanker junger Mann im Anzug saß. Er parkte das Motorrad, nahm seinen Helm ab, und Kira erkannte Dylan. Ihr Herz begann plötzlich höher zu schlagen.

Auch er hatte sie gesehen und kam auf sie zu.

»Hallo, Kira! Wow, siehst du toll aus!« Bewundernd ließ er seinen Blick an ihr hinabgleiten. »Du hast was von Amy Winehouse – nur blond und ohne Tattoos. Jedenfalls keine sichtbaren.« Er blinzelte ihr zu.

»Vielleicht findest du ja irgendwann heraus, ob ich an verborgenen Stellen welche habe«, gab sie kokett zurück. Aber da konnte er lange suchen – den Trend der Tätowierungen würde sie auf keinen Fall mitmachen. »Und ich sehe Amy Winehouse überhaupt nicht ähnlich, finde ich. Das kommt nur von der komischen Frisur, die mir der Brautfriseur verpasst hat.«

Kira tastete vorsichtig nach ihren zu einer Bienenkorbfrisur aufgetürmten und mit einer violetten Blüte verzierten Haaren. Ihre ebenmäßige zarte Haut war nahezu ungeschminkt, sie trug zum Lippenstift lediglich falsche Wimpern und schwarzen Eyeliner, was den unfreiwilligen Amy-Winehouse-Look verstärkte.

»Und das mauvefarbene Kleid hat deine Tante ausgesucht.« Sie rümpfte die Nase.

»Bist du die Brautjungfer?«, fragte Dylan amüsiert.

»Genau danach sieht es aus«, knurrte Kira. »Nein, bin ich zum Glück nicht.«

»Hi, Dylan«, schaltete sich Lauren ein. »Kira hat mir erzählt, dass ihr euch gestern schon zufällig kennengelernt habt. Witzig!«

»Hi, Lauren.« Er küsste seiner Cousine die Wangen.

»Wollen wir reingehen?«, wandte er sich an Kira.

»Bin noch nicht fertig!« Lauren nahm eilig einen Zug von ihrer Zigarette.

Kira zuckte mit den Schultern. »Rauch alleine weiter. Mir ist kalt.« Sie rieb sich fröstelnd die nackten Oberarme.

»Ja, dann ...« Galant hielt Dylan ihr seinen Arm hin, und sie schritten nebeneinander ins Hotel.

Beim Abendessen war Dylan zu seinem Leidwesen von der attraktiven deutschen Schauspielstudentin, die nun seine angeheiratete Cousine war, getrennt worden. Er wandte den Kopf zum benachbarten Tisch, um sie ansehen zu können, fing ihren Blick auf und lächelte ihr zu.

»Du bekommst noch einen steifen Hals, wenn du weiter ständig zum Tisch der O'Learys stierst«, zeterte Fiona McCarthy. »Machst du das etwa wegen Garys Tochter?«

»Ja, Mum, wegen wem sonst?«, erwiderte Dylan. »Denkst du, ich werfe mir mit Opa Herzchenblicke zu?«

Fionas und Annes fünfundachtzigjähriger Vater saß am Tisch des Brautpaares und war Kiras Tischherr. Es war nicht zu übersehen, wie gut ihm seine junge Sitznachbarin gefiel, denn er schäkerte ununterbrochen mit ihr.

»Ein hübsches Mädchen«, ließ sich Dylans Vater Callahan McCarthy vernehmen, der auf Fionas anderen Seite saß.

Sie hob warnend den Zeigefinger. »Die hat es faustdick hinter den Ohren, sagt Anne!«

Dylan runzelte die Stirn. »Inwiefern?«

Fiona beugte sich leicht vor und senkte die Stimme. »Sie will eine berühmte Schauspielerin werden und ist zu allem bereit, um Karriere zu machen.«

»Es ist ja nicht schlecht, ehrgeizig zu sein, oder?«, gab Dylan ungehalten zurück.

»Ja, Junge, könnte dir nicht schaden«, entgegnete sein Vater daraufhin. »Bei dem Tempo, in dem du studierst, muss ich arbeiten bis zum Grab, bis du endlich so weit bist, die Apotheke zu übernehmen.«

»Nicht schon wieder das Thema, nicht heute Abend!« Dylan rollte genervt mit den Augen und blickte Hilfe suchend zu seiner älteren Schwester. Deren Chemienoten waren stets so schlecht gewesen, dass ein Pharmaziestudium für sie von vornherein nicht infrage gekommen war. Aber Vivian war damit beschäftigt, ihre quengelnde Tochter abzulenken und achtete nicht auf das Geplänkel.

In diesem Moment begann die Live-Band zu spielen, und das Brautpaar eröffnete den Tanz. Erleichtert atmete Dylan auf und erhob sich sogleich, um Kira zum Tanzen aufzufordern.

Es dauerte nicht lange, bis alle Gäste, die in der Lage waren, sich ohne Krücken zu bewegen, auf die Tanzfläche kamen.

»Alles gut an deinem Tisch?«, fragte Dylan, als er Kira beim Tanzen behutsam in die Arme zog.

Sie nickte. »Ich habe so viele neue Verwandte, dass mir der Kopf schwirrt. Allein die drei Geschwister meines Vaters mit ihren Familien ... in Dublin habe ich bisher nur einen Bruchteil davon kennengelernt.«

»Und als Kind? Ich weiß, dass deine Eltern sich getrennt haben, als du noch klein warst, aber du hast Gary doch bestimmt besucht?«

»Hin und wieder. Im Sinne von ›alle Jubeljahre‹.« Sie seufzte und schmiegte sich enger an ihn. »Mit meinen Cousins und Cousinen habe ich als Kind manchmal gespielt, aber das ist so lange her, dass ich einige gar nicht mehr erkannt habe.«