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Erziehung ist eine Kunst. Sinnige Geschichten können ein methodischer Kunstgriff sein. Werden sie in der Erziehung von Kindern im ersten oder zweiten Jahrsiebt an der richtigen Stelle erzählt oder vorgelesen, kann ein Kind einen wichtigen Entwicklungsimpuls erhalten. Die Bildersprache einer Geschichte ermöglicht, die Seele eines Kindes zu erreichen.
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Seitenzahl: 49
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Margarete Jaeckel
Sinnige Geschichten
Sammelband 2
Illustrationen von
Anna-Renate Jung
Susanne Ledendecker
Lektoriert von
Christine Tremel
© 2019 Margarete Jaeckel
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Hardcover
978-3-7482-5871-1
Paperback:
978-3-7482-5870-4
e-Book:
978-3-7482-5872-8
Illustration Umschlag: Susanne Ledendecker
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhalt
So gemein ist das
So doof ist die
Verwirrt
Jeder ist wichtig
Mein Platz stimmt
Aufräumen! Nein danke
Klabo, der alles verschwinden lässt
1
So gemein ist das
Illustrationen von
Anna-Renate Jung
Heute war für Marie wieder einmal ein dunkler Tag. Ein dunkler Tag ist ein Tag, an dem sie sich sehr oft ärgern muss.
Und dann muss sie auch viel weinen. Weinen und toben und treten und schreien.
Mama schickt sie irgendwann auf ihr Zimmer.
Mama sagt dann: „Marie, wenn du so laut sein willst, gehe in dein Zimmer! Da darfst du laut sein!”
Mama versteht einfach nicht, wie gemein das alles ist.
Gemein ist nämlich, dass Lucie, ihre kleine Schwester, einen viel größeren Pfannkuchen bekommen hat, als sie, die arme Marie.
Ihr Pfannkuchen war sooo dünn und klein. Man konnte fast hindurchschauen! Aber das Ganze ging noch weiter. Lucie durfte zu Tim auf den Kindergeburtstag. Dort - das war ja klar - bekam sie Kuchen, Süßigkeiten und Geschenke.
Und dann kam das Aller -, Allerschlimmste. Papa holte Lucie dort ab; also war Lucie heute länger mit Papa zusammen als sie.
Das ist einfach nur gemein, meint Marie. Dass die Erwachsenen das nicht verstehen.
Eigentlich findet Marie, müsste alles ganz, ganz gleich sein. Gleich dicke Pfannkuchen, gleich viele Süßigkeiten, gleich viel Papa!
Jetzt liegt sie im Bett und ärgert sich immer noch, eigentlich noch mehr als am Tag. Wenn sie nur einschlafen kann mit all der Traurigkeit im Bauch.
Sie könnte das alles ihrem Teddy erzählen. Der hört immer sehr gut zu und versteht sie. Er findet das bestimmt auch alles gemein.
Und während sie dem Teddy die vielen Gemeinheiten erzählt, schläft Marie ein.
Ein wunderschöner Engel in einem leuchtend gelben Kleid und mit strahlendem Gesicht nimmt Marie an die Hand.
Marie geht schwebend leicht mit ihm mit.
Sie stehen vor einem großen Haus mit vielen Wohnungen. Das Haus ist schmutzig, die Fenster sind teilweise zerbrochen, die Haustüre fehlt. Die Wände sind alle grell angesprüht oder wild bemalt. Marie wundert sich.
Wo ist sie?
Kann man denn hier in diesem Haus überhaupt wohnen? Bestimmt ist es verlassen.
Warum ist sie hier? Was soll sie bloß hier?
Der zarte Engel nimmt sie sanft an die Hand und schwebt mit ihr durch den Hauseingang, die schmutzigen Treppen empor und hält vor einer Wohnungstür inne.
Dort schaut er Marie fest in die Augen und sie fühlt, wie eine starke Kraft zu ihr hinüberströmt. Gemeinsam betreten sie die Wohnung. Schon findet sie sich zusammen mit dem Engel in der Wohnung hinter der Türe wieder.
Marie kann kaum glauben, was sie sieht. In diesen Räumen leben Menschen, leben Kinder. Es sind fünf Kinder, zwei Buben und drei Mädchen, die hier zusammen mit ihrer Mutter wohnen. Sie sitzen am Tisch und essen.
Aber, - es gibt ja fast gar nichts zu essen.
Auf einem alten Teller liegen fünf Kartoffeln und eine Scheibe Brot. Marie überlegt, ob das andere bereits aufgegessen wurde. Sie beobachtet alles ganz aufmerksam.
Aber nein. Die Mutter und ihre Kinder beginnen die spärliche Mahlzeit gerade erst. Zunächst fassen sie sich an den Händen und beten.
Marie hört, was die junge Mutter dann zu ihren Kindern sagt, die mit wachen Augen schauen und großen Ohren lauschen.
„Leider haben wir nicht mehr zu essen, Kinder.
Es ist Monatsende und das Geld ist ausgegeben.
Morgen bekommen wir wieder neues Geld, denn morgen gehe ich zum Amt. Sagt ihr mir, wie wir das Essen aufteilen wollen?“
Die Kinder schauen sich an und einer der beiden Jungen, der das älteste der Kinder zu sein scheint, antwortet: „Ich habe in der Schule Essen bekommen. Ich bin noch gut versorgt.“
Eines der Mädchen meint: „Ich halte es auch noch aus, Mama. Mein Hunger ist nicht so groß. Gib die Kartoffeln den Kleinen und wir zwei Großen teilen uns das Brot. Dann kannst du ja auch noch eine Kartoffel essen.“
Die Mutter bedankt sich bei den Zweien und teilt die Kartoffeln und das Brot auf.
Marie nimmt staunend wahr, was um sie herum geschieht. Niemand am Tisch beschwert sich. Alle essen, was sie bekommen haben, mit Appetit und Freude.
Sie erzählen und lachen und Marie gefällt diese frohe Stimmung sehr. Das scheint eine lustige Familie zu sein. Sie würde sich am liebsten dazu setzen.
Der Engel schaut Marie liebevoll an und führt sie aus der Wohnung heraus. Er schwebt mit ihr zurück, dorthin, wo der Teddy auf sie wartet.
Beim Abschied spürt Marie, wie sie mit Wärme durchströmt wird.
Diesen lichten Moment wird Marie niemals vergessen.
Am Morgen wacht sie auf. Sie fühlt sich, als wäre sie weit, weit verreist gewesen. Marie ist ausgeschlafen und quicklebendig.
Was war nur geschehen?
In den nächsten Tagen und Wochen bemerkt sie eine große Veränderung. Nur noch manchmal kommen dunkle Momente zu ihr.
Dann erinnert sie sich an den Besuch bei der Familie, zu der sie ihr Engel geführt hat.
Marie ärgert sich auch nicht mehr, wenn Lucie von etwas mehr bekommt oder etwas Größeres hat als sie selbst. Sie findet es auch gar nicht mehr gemein.
Und sie spürt, dass es ihr ohne das Sich-Ärgern viel, viel besser geht als vorher.
Und manchmal ist es ja auch sie, die einen größeren Pfannkuchen oder mehr Süßigkeiten erhält oder auch länger mit Papa zusammen sein darf.
2
So doof ist die
Illustrationen von
Anna-Renate Jung
Was ist das nur für ein wuseliges Leben auf dem Spielplatz?