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"Die hübsche Rory kann nichts dagegen tun: Sie träumt von sündigen Küssen, sobald Mac McCaskill sie nur ansieht. Dabei sollte der sexy Eishockeystar absolut tabu für sie sein. Schließlich arbeitet sie in den nächsten Wochen als Physiotherapeutin mit ihm - und Patienten küsst man nicht! Aber als sie Mac in seine exklusive Strandvilla in der Karibik begleiten muss, knistert es immer erregender zwischen ihnen. Allein mit Mac in sinnlich heißen Nächten, ist Rory ihrem Begehren bald hilflos ausgeliefert …
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Seitenzahl: 205
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2016 by Joss Wood Originaltitel: „Trapped with the Maverick Millionaire“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1980 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Maike Claußnitzer
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733723767
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Rory Kydd spazierte in knappem T-Shirt und alter Pyjamahose in die luxuriös ausgestattete Küche ihrer Schwester und warf einen Blick auf den dunklen Bildschirm des Fernsehers auf dem Tresen.
Ihr bester Freund Troy hatte ihr eine SMS geschickt, um ihr mitzuteilen, dass die Vancouver Mavericks gewonnen hatten. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel war es angeblich hoch hergegangen. Sie war drauf und dran, den Fernseher anzuschalten, um herauszufinden, was er meinte, aber sie musste bald eine Hausarbeit abgeben, und die Prüfungen standen auch bevor. Abgesehen davon wollte sie auch nicht an einen ganz bestimmen Maverick denken. Sie beschloss, lieber einen Becher Kaffee zu trinken und sich dann wieder ihren Büchern zu widmen. Aber auch wenn sie der Versuchung nicht nachgab, die neuen Spieler der Mannschaft – Kade Webb, Quinn Rayne und Mark „Mac“ McCaskill – sorgten nicht nur auf dem Eis für Furore. Vancouver hatte drei neue Helden. Drei unglaublich talentierte und verflixt gut aussehende Helden.
Und derjenige, der in Rorys Augen von allen am besten aussah, war mit ihrer älteren Schwester Shay zusammen.
Rory goss sich Kaffee ein und sagte sich nicht zum ersten Mal, dass Shay und Mac perfekt zusammenpassten. Shay war Model und Fernsehmoderatorin. Mac war der Mittelstürmer der beliebtesten Eishockeymannschaft der Stadt. Beide waren schön, erfolgreich und jung: Shay war dreiundzwanzig, Mac ein Jahr älter. Ein Traumpaar, wenn man den Medien glaubte.
Absolut perfekt.
Nur dass Rory davon nicht wirklich überzeugt war.
Und das hatte nichts damit zu tun, dass sie dank Mac Schmetterlinge im Bauch hatte. Oder damit, dass sie sich wahnsinnig zu ihm hingezogen fühlte. Aber sie verbrachte viel Zeit mit Mac und Shay und sah deshalb die Risse in der Beziehung. Sie wusste, dass die erste Verliebtheit vorbei war und Shay sich wie eine Verrückte aufführte. Mac wirkte immer so finster und verschlossen, wenn Rory die beiden zusammen erlebte, dass man annehmen musste, dass Shay ihm den letzten Nerv raubte.
Rory hätte wetten können, dass sich ihre Schwester verzweifelt an Mac klammerte und ihn ständig anrief, wenn sie getrennt waren. Und da beide einen aufreibenden Beruf hatten, waren sie oft getrennt.
Natürlich wusste Rory, warum Shay so unsicher war und keinem Mann vertraute. Sie waren schließlich zusammen aufgewachsen. Der Unterschied zwischen ihnen war, dass Shay immer noch hoffte, dass es da draußen den einen Mann gab, der treu war.
Rory hingegen war sich ziemlich sicher, dass solch ein Wesen genauso wenig existierte wie ein Einhorn oder der Yeti.
Sie runzelte die Stirn und umfasste ihren Becher. Shay hatte Mac bestimmt nicht erzählt, warum sie sich so verrückt aufführte. Was alles noch komplizierter machte, war, dass Rory und Mac sich angefreundet hatten. Leider würden sie nie mehr als Freunde sein. Er war zu gut aussehend, ein Star, für sie unerreichbar. Sie war Collegestudentin. Er war ein erfolgreicher Spieler, auf dem Eis wie im wahren Leben. Und vor allem war er der Freund ihrer Schwester.
Außerdem behandelte Mac Rory so, als wäre sie seine kleine Schwester. Er ärgerte sie, stritt sich mit ihr und brachte sie zum Lachen. Ein- oder zweimal hatte sie ihn dabei ertappt, sie nachdenklich zu mustern, aber sie war nicht dumm und wusste, dass es nichts zu bedeuten hatte. Wahrscheinlich wollte er sie nur um Rat fragen, wie er mit Shays Launen klarkommen sollte. Und dieses Gespräch wollte Rory unter keinen Umständen führen.
Neulich Abend hatte er sie von der Arbeit nach Hause gefahren. Sie war überrascht gewesen, dass er Shay gar nicht erwähnt hatte. Und ihr war immer noch ein Rätsel, warum er gewartet hatte, bis sie mit dem Kellnern fertig war. Aber die zwanzig Minuten, die sie dann schweigend Schulter an Schulter mit ihm in seinem Sportwagen gesessen hatte, waren die besten ihres Lebens gewesen.
Er hatte sie zur Tür ihres heruntergekommenen Wohnblocks begleitet und dann einfach nur dagestanden und sie angesehen. Etwas an seinem Gesichtsausdruck hatte sie erregt. Er hatte wie ein Mann gewirkt, der gleich eine Frau küssen würde. Aber das hatte sie sich bestimmt nur eingebildet. Schließlich war er mit Shay zusammen, die groß, dünn und wunderschön war.
Doch einen Moment lang hatte Rory geglaubt, dass er sie küssen und in die Arme nehmen würde … Sie seufzte. Es war einfach nicht möglich. Er war der Freund ihrer Schwester. Er war tabu. Sie würde sich niemals in Shays Liebesleben einmischen. Eigentlich war es schon zu viel, dass sie sich diesen Träumereien hingab. Es reicht jetzt.
Rory hörte jemanden an der Wohnungstür und wartete darauf, dass Shay ihr zurufen würde, dass sie zu Hause war. Stattdessen hörte sie schwere Schritte auf dem Parkett. Das konnte unmöglich ihre Schwester sein. Ihr Mund wurde trocken, und ihr Herz raste. Es gab nur einen einzigen Menschen, der außer ihr noch einen Schlüssel zu Shays Apartment hatte, und mit ihm wollte Rory unter keinen Umständen allein sein.
Schon gar nicht im Schlafanzug, ungekämmt und ohne Make-up.
Mac erschien in der Küchentür und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Er hatte einen blauen Fleck am Kinn und ein blaues Auge. Offenbar hatte er auf dem Eis etwas abbekommen, aber seine Verletzungen wirkten oberflächlich. Es war der Ausdruck seiner dunkelblauen Augen, der sie erstarren ließ. Mac wirkte frustriert und angespannt.
„Wo ist deine Schwester?“, fragte er. Sie spürte seine tiefe, dunkle Stimme förmlich auf der Haut.
„Hallo, schön, dass du mich so nett begrüßt.“ Sie zuckte die Schultern, und er runzelte nur noch mehr die Stirn. „Ich habe keine Ahnung, wo sie steckt. Geht es dir gut?“
Mac lachte freudlos auf. „Absolut nicht. Ich bin geliefert.“ Er sah sie forschend an. „Warum bist du überhaupt hier?“
„In meiner Wohnung ist die Heizung ausgefallen. Shay hat gesagt, dass ich hier übernachten kann, damit ich nicht erfriere.“
„So ein Pech“, murmelte Mac.
„Was ist denn bloß los mit dir?“, fragte Rory, während er seine teure Lederjacke abstreifte und über den Tresen warf. Ein langärmliges schwarzes T-Shirt schmiegte sich über seine breite Brust und fiel locker über die Jeans, die ihm wie angegossen passte. Er sah müde und zugleich so verdammt sexy aus, dass sie gern auf der Stelle über ihn hergefallen wäre.
Der Freund meiner Schwester, rief sie sich ins Gedächtnis, während Mac zum Kühlschrank ging, sich ein Bier nahm und die Flasche öffnete. Er trank einen großen Schluck, seufzte, schloss die Augen und hielt sich die Flasche an die Stirn. „Was für ein blöder, schrecklicher, richtig beschissener Tag.“
Sie hätte nicht gedacht, dass ein harter Kerl von den Mavericks sich so wehleidig anhören konnte. „So schlimm kann es doch nicht gewesen sein. Schließlich habt ihr das Spiel gewonnen.“
Mac sah ihr unverwandt in die Augen. „Hast du es gesehen?“, fragte er schneidend.
Rory schüttelte den Kopf. „Nein, ich musste büffeln. Wieso?“
„Weil ich mich schon gefragt habe, warum du mir nicht schon den Kopf abgerissen hast.“
Rory kniff die Augen zusammen. „Was hast du angestellt?“
Statt zu antworten, sah er sie nur an. Dann stellte er seine Flasche ab und ging auf sie zu. Als er direkt vor ihr stand, stützte er sich mit den Händen auf den Tresen. Sie fühlte sich wie in einem menschlichen Käfig gefangen.
Aus der Nähe sah sie seine rotbraunen Bartstoppeln und bemerkte, wie lang seine Wimpern waren. Auf der Oberlippe hatte er eine blasse Narbe. Und er roch so gut! Sie hätte sich gern auf die Zehenspitzen gestellt und die Narbe geküsst, dann den blauen Fleck und sein Auge, damit es nicht mehr wehtat …
Der Freund meiner Schwester, der Freund meiner Schwester … Sie hatte kein Recht, so nahe bei Mac zu stehen, seinen Atem zu schmecken, seine Wärme zu spüren. So mit dem Feuer zu spielen, war etwas, was ihr Vater tat, seine schlimmste Charaktereigenschaft. Doch trotz dieses ernüchternden Gedankens konnte sie sich einfach nicht zwingen, sich unter Macs Arm hinwegzuducken und zu flüchten. Obwohl Mac Shay gehörte, wollte Rory einen Kuss von ihm. Sie wollte wissen, wie er schmeckte, wie seine starken Arme sich anfühlten, wie es war, sich an diese straffen Muskeln zu schmiegen. Nur einen Kuss …
Sie sahen sich tief in die Augen. Sein Mund war nur Zentimeter von ihrem entfernt. Er war ihr so nahe, und es war alles so intim, dass sie genau wusste, wie es sich anfühlen würde …
Kühl und stark würde er seine Lippen auf ihre pressen. Sie würde den Mund öffnen und protestieren – oder ihn vielleicht auch nur einfach hereinlassen. Ohne Zögern würde er die Zunge in ihren Mund gleiten lassen, sie enger an sich ziehen und ihr eine Hand in die Hose schieben. Der Kuss würde intensiver und leidenschaftlicher werden, und sie würde unter sein T-Shirt fassen und seine Rückenmuskeln, seine Schultern und seinen straffen Bauch betasten …
Sie würde wissen, dass es falsch war, und sich doch nicht zügeln können. Mac würde ihr ganz langsam das T-Shirt abstreifen und ihre kleinen Brüste entblößen, und sie würde stöhnend die Hüften an ihm reiben. Er würde sich so anfühlen, wie ein Mann sein sollte: stark, sexy, beherrscht …
„Ich habe gerade unseren ganzen Kuss in deinen Augen gesehen“, flüsterte Mac, und sie schmeckte wieder seinen süßen Atem auf den Lippen.
„Das dürfen wir nicht. Es wäre falsch“, stieß Rory hervor. Es war so anstrengend wie ein Marathonlauf.
Mac sah ihr weiter unverwandt in die Augen. Sein Begehren war unverkennbar. Er wollte sie. Mac wollte sie wirklich. Groß, muskulös, wunderschön … Wie hätte sie ihm widerstehen können?
Der Freund meiner Schwester …
Rory stemmte beide Hände gegen seine Brust und schob ihn von sich. Mac trat zurück, hob dabei aber die Hand, um ihr die Wange zu streicheln. Die kleine zärtliche Geste brachte ihre Entschlossenheit ins Wanken, und sie musste sich mit beiden Händen am Tresen festklammern, um ihm nicht um den Hals zu fallen und sich über seinen himmlischen Mund herzumachen.
Das also war Leidenschaft. Sie war sich nicht sicher, ob ihr das Gefühl gefiel, völlig die Kontrolle zu verlieren. Ihr wurde heiß, und sie schnappte nach Luft. Es war verlockend, alle Vorsicht in den Wind zu schlagen und sich ganz dem Augenblick hinzugeben. Bedeutete ihre spontane Reaktion auf Mac etwa, dass sie ihrem Dad doch ähnlicher war, als sie gedacht hatte? So weit würde sie es nicht kommen lassen. Sie würde den Freund ihrer Schwester weder küssen noch berühren und auch nicht mehr an ihn denken. Aus und vorbei. Sofort.
Rory hob die Hand. „Geh weg.“
Mac trat zwei Schritte zurück, und sie spürte, wie das verrückte Verlangen sich legte. Sie bekam wieder Luft. Er steckte die Hände in die Taschen und musterte sie. „Das war …“
„Falsch? Dumm? Verrat an meiner Schwester?“
Mac runzelte die Stirn. „Übertreib doch nicht. Wir haben uns nicht einmal geküsst.“
„Aber wir wollten!“
„Wir haben es nicht getan, also reg dich nicht auf.“ Mac nahm seine Bierflasche, trank einen Schluck und seufzte. Plötzlich schaute er auf.
Rory hörte die Wohnungstür zufallen und dann, wie Shay die Pumps von den Füßen schüttelte. Rory versuchte, ausdruckslos auszusehen, aber sie schämte sich so sehr, dass sie das Gefühl hatte, ihr Gehirn und ihr Herz würden in Flammen stehen.
Wir haben uns nicht geküsst, aber ich wollte es unbedingt.
„Hier bist du also!“ Shay schleuderte Mac die Worte förmlich entgegen, als sie in die Küche kam. Rory runzelte die Stirn. Shay küsste Mac nicht. Sonst tat sie das immer, wenn sie ihn begrüßte, ob sie nun fünf Minuten oder fünf Wochen getrennt gewesen waren.
Mac machte auch keine Anstalten, Shay zu berühren. Er sah einfach so ausdruckslos aus wie immer, wenn er eine Szene vermeiden wollte. Rory kannte das schon.
Aber eine Szene würde es geben, das spürte sie. Warum?
Rory sah ihre Schwester an. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck, eine Mischung aus Gekränktsein, verlorenem Vertrauen, Enttäuschung und Erniedrigung. Shay sah aus, als wäre sie am Boden zerstört.
„Was sollte das bloß, Mac?“ Shays Ausruf hallte in der Küche wider.
Rory sah sich nervös um. Woher wusste Shay Bescheid? Überwachungskameras, Röntgenblick oder reines Bauchgefühl?
Mac hob die Hände. „Es tut mir leid, Shay, alles. Ich wollte dir nie wehtun.“
„Das hast du ja toll hinbekommen.“ Shay wischte sich mit dem Handrücken die Augen. „Du hättest mich auch leichter loswerden können, Mac. Du musstest mich nicht erst im Fernsehen demütigen.“
Rory sah erst Mac an, dann Shay. Vielleicht hatte dieses Gespräch doch nichts mit dem Beinahe-Kuss von gerade eben zu tun. „Wovon redest du? Was hat er getan?“
Shays Auflachen war alles andere als fröhlich. „Hast du es nicht gesehen?“
„Was?“
Shay lachte hysterisch. „Dann bist du wahrscheinlich die Einzige in der Stadt, wenn nicht in ganz Kanada, die es nicht mitbekommen hat!“ Sie schnappte sich die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Während sie durch die Programme zappte, sah Rory verstohlen Mac an. Er wirkte traurig, schuldbewusst und so, als sei er mit seinem Latein am Ende.
„… und in den heutigen Sportnachrichten ist Mac McCaskill, dem Mittelstürmer der Mavericks, etwas über Sex, Monogamie und scharfe Bräute herausgerutscht.“
Rory wirbelte zum Fernseher herum. Es wurden Bilder von der Pressekonferenz gezeigt. Quinn, Kade und Mac lümmelten hinter einem Tisch mit dem Mavericks – Logo. Kade sagte leise etwas, und alle drei lachten.
„Die blonde Reporterin in der dritten Reihe sieht echt scharf aus.“ Quinns Stimme war so gedämpft, dass Rory ihn kaum verstand.
„Und hast du die Rothaarige gesehen?“, fragte Kade genauso leise. „Ich stehe auf Rothaarige.“
„Du stehst auf alle Frauen.“ Macs Stimme klang laut und deutlich. Anscheinend war sein Mikrofon als einziges eingeschaltet. Ach du Schande.
„Du doch auch. Wann machst du endlich Schluss mit diesem Beziehungsquatsch?“, fragte Quinn. „Du bist mit deinem Klotz am Bein doch gar nicht glücklich.“
„Nein, und du hast recht: Monogamie ist Blödsinn“, sagte Mac, aber er sah nicht Quinn an. Rory kannte dieses Lächeln, diesen Blick. „Die Blonde da ist wirklich sexy.“
„Shay doch auch“, bemerkte Kade.
„Ja, aber auch total verrückt. Außerdem langweilen mich große, athletische Frauen mittlerweile. Ich denke, eine zierliche Kleine könnte zur Abwechslung mal ganz nett sein … Warum macht Vernon mir Zeichen, dass ich den Mund halten soll?“ Dann folgte ein Schwall von Flüchen. „Mein Mikro ist an!“
Rory sah Shay an, die sich auf einen Stuhl am Küchentisch hatte fallen lassen und leer vor sich hinstarrte. Sie weinte nicht, aber sie wirkte wie betäubt.
Mac nahm seine Jacke und ging zu Shay. Er ging in die Hocke, um ihr direkt ins Gesicht zu sehen. „Es tut mir leid, dass ich hinter deinem Rücken so über dich geredet habe, Shay, und noch mehr tut es mir leid, dass ich dich verletzt habe. Das wollte ich nicht. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich mich um Kopf und Kragen geredet habe, und entschuldige mich von ganzem Herzen.“
Als Shay durch ihn hindurchsah und gar nicht antwortete, stand er auf und legte seinen Wohnungsschlüssel auf den Tresen. Rory warf einen Blick auf ihre am Boden zerstörte Schwester, packte Mac am Arm und zerrte ihn in den Flur. Sie ahnte, dass ihre grauen Augen vor Zorn funkelten.
Sie sahen sich an, und er zuckte die breiten Schultern. „Ich hab’s dir ja gleich gesagt: Ich bin geliefert.“
„Und dann bist du auch noch hergekommen, um mit mir zu schlafen?“, fragte sie. Der Zorn schnürte ihr die Kehle zu, als sie an den Beinahe-Kuss dachte.
Mac sah ihr in die Augen. „Ob du’s glaubst oder nicht, ich bin nicht so ein Mistkerl. Ich wusste doch nicht einmal, dass du hier bist.“
„Was hast du dir nur dabei gedacht, Mac?“, fragte sie fuchsteufelswild. Sie war nicht nur im Namen ihrer Schwester wütend, sondern auch, weil sie ihm bisher vertraut hatte. „Du hast schon so viele Interviews gegeben, da musst du doch wissen, wie ein Mikro funktioniert!“
„Verdammt, ich war einfach gedankenlos!“
Rory sah rot. „War das ein abgekartetes Spiel, um mit Shay Schluss zu machen?“
„Auch wenn es nicht so aussieht: So einer bin ich nicht!“
Sie schnaufte. „Ach nein. Erst beleidigst du meine Schwester, und dann küsst du mich fast? Was soll das?“
Mac seufzte verärgert. „Ich wusste schon auf der Pressekonferenz, dass die Sache gelaufen war. Es tut mir leid, was ich gesagt habe. Ich bin hergekommen, um mich bei Shay zu entschuldigen, aber stattdessen habe ich dich getroffen …“
„Also warst du sauer und frustriert, und ich war hier – genau das Richtige, um ein bisschen Dampf abzulassen!“, fiel Rory ihm ins Wort.
Mac fluchte laut.
Rory rammte ihm einen Finger gegen die Brust. „Wie oft hast du Shay schon betrogen? So gekonnt, wie du mich angemacht hast, war es bestimmt nicht das erste Mal!“
Macs Augen funkelten vor Wut. „Ich habe deine Schwester nie betrogen. Und den Kuss wolltest du doch genauso sehr wie ich! Daran, dass ich mich im Fernsehen zum Affen gemacht habe, bin ich ganz allein schuld, aber nicht an dem, was hier beinahe passiert wäre.“
Sie bekam ein schlechtes Gewissen, weil sie genau wusste, dass er recht hatte, und ärgerte sich. Es wäre leichter gewesen, wenn sie ihm die Schuld an allem hätte geben können. Er war einfach viel zu sexy und brachte sie dazu, ihn zu wollen, obwohl sie das nicht durfte.
Mac fuhr sich durchs Haar. „Wie wär’s, wenn wir warten, bis die Lage sich etwas entspannt hat? Dann rufe ich dich an. Wir können Kaffee trinken, reden. Alles klären.“
Und da weitermachen, wo wir aufgehört haben?
So weit würde sie es nicht kommen lassen. Sie konnte unter keinen Umständen mit jemandem ausgehen, der fast ihre Schwester betrogen hatte. Mit jemandem, der Rory so wahnsinnig vor Begehren machte, dass sie Shay beinahe hintergangen hätte! Wenn sie ihn nicht aufgehalten hätte, dann hätte er sie geküsst.
Sie konnte ihm nicht vertrauen.
Nie und nimmer.
„Kein Interesse.“ Rory ging an ihm vorbei und riss die Wohnungstür auf. „Geh. Du hast für heute Abend, wenn nicht sogar für ein ganzes Leben, schon genug Schaden angerichtet.“
Mac bedachte sie mit einem letzten, unergründlichen Blick und verschwand dann aus dem Leben der Schwestern Kydd. Ein Glück, dass wir ihn los sind. Das Letzte, was sie brauchen konnten, war ein Mann, der einen betrog.
Rory drehte sich um und sah ihre Schwester in der Küchentür stehen. Shay hatte jedes Wort mitangehört. Rory hatte sich dem Kuss verweigert. Aber das wollte nicht viel heißen. Sie begehrte Shays Freund. Sie wussten beide, dass sie ihrem Dreckskerl von Vater mehr ähnelte, als sie es je für möglich gehalten hätten. Shay würde ihr gehörig den Kopf waschen, und Rory hatte es verdient.
„Ihr beiden hättet euch beinahe geküsst?“
Sie konnte Shay nicht ins Gesicht lügen. „Ja. Es tut mir wirklich sehr leid.“
„Na gut. Vielen Dank, dass du ihn hinausgeworfen hast“, sagte Shay kalt. „Und jetzt verschwinde gefälligst aus meiner Wohnung und aus meinem Leben.“
Zehn Jahre später …
Rory steuerte auf einen kleinen Tisch am Fenster der überfüllten Kantine des St. Catherine’s Hospital zu. Sie balancierte einen Stapel Aktenordner, ihre Tasche und einen großen Blaubeersmoothie. Sie ließ die Ordner auf den Tisch fallen und trank einen Schluck, bevor sie sich einen Stuhl herauszog und sich darauf fallen ließ. Sie war seit dem frühen Morgen auf den Beinen, hatte das Mittagessen verpasst und war jetzt völlig erledigt. Noch zwei Patienten, dann konnte sie vielleicht noch vor acht Uhr abends nach Hause.
Ein früher Feierabend. Wie schön.
Ihr Handy klingelte. Rory lächelte, als sie den Namen ihrer Schwester auf dem Display sah.
„Tut mir leid, es kommt gerade etwas dazwischen, ich rufe dich sofort wieder an“, sagte Shay und legte wieder auf.
Rory war froh, dass Shay und sie ein so gutes Verhältnis hatten. Nach der Sache mit Mac war das ein Wunder. Macs Trennung von Shay war damals der erste große Skandal um einen der drei berühmtesten Mavericks gewesen. Seitdem interessierte sich die ganze Stadt für alles, was mit Mac, Quinn und Kade zu tun hatte.
Shay war monatelang von Reportern und Fotografen belästigt worden. Sie hatten ihr das Leben zu Hölle gemacht. Wie Rory erfahren hatte, als sie viel später wieder miteinander sprachen, war ihre Schwester einem Zusammenbruch nahe gewesen. Rory war dankbar, dass der Vorfall nun endgültig hinter ihnen lag. Ein Casanova wie der Kapitän der Mavericks war es nicht wert, dass sie sich seinetwegen mit ihrer Schwester zerstritt.
Allerdings dachte sie trotzdem oft an ihn. Rory seufzte. Er war der Mann, von dem sie immer noch träumte, wenn sie allein war. Sie fragte sich, was hätte sein können, malte es sich aus – und ärgerte sich dann doch nur darüber, dass sie es tat.
Dieser Mistkerl.
Ihr Handy klingelte schon wieder. Rory nahm ab, und Shay begrüßte sie rasch. „Tut mir leid, als du gerade rangegangen warst, stand ein Blumenlieferant vor der Tür.“
„Das macht doch nichts. Von wem hast du denn Blumen bekommen?“
„Dane hat mir rote Rosen geschickt.“ So aufgeregt, wie Shay klang, war das ein Problem für sie.
„Wie schön! Warum regst du dich denn auf?“
„Wer schenkt seiner Frau bitte acht Monate nach der Hochzeit zwei Dutzend rote Rosen? Bestimmt betrügt er mich!“
Nicht schon wieder. Ich habe nicht genug Kaffee intus, um mich jetzt auch noch mit Shays Neurosen herumzuschlagen. Danke, Dad, dass du das Liebesleben deiner Töchter ruiniert hast!
Rory saugte an ihrem Strohhalm und dachte darüber nach, wie unterschiedlich sie und Shay das Leben und die Liebe sahen. Sie selbst hielt nichts davon, einem Mann ihr Herz zu schenken. Shay dagegen hatte die Hoffnung auf die große Liebe nie aufgegeben und am Ende den einzigen netten Kerl der ganzen Stadt geheiratet. Dane war ruhig und stark genug, um mit Shays Problemen zurechtzukommen. Rory mochte ihn dafür umso mehr.
„Er hat bestimmt eine Affäre! Niemand kann so viel arbeiten wie er“, befürchtete Shay.
„Shay! Süße!“, unterbrach Rory sie. „Steiger dich da nicht hinein. Du warst Model und siehst noch immer klasse aus. Dane hat dich geheiratet, und du hast versprochen, ihm zu vertrauen.“
Shay seufzte. „Ja.“
„Sieh dir doch nur eure Hochzeitsfotos an und wie er dich darauf anschaut … So, als ob du seine absolute Traumfrau bist!“ Obwohl sie aller Romantik sonst eher zynisch gegenüberstand, wurde Rory immer neidisch, wenn Dane ihre Schwester so liebevoll ansah. Dieser Blick berührte sie jedes Mal. Wie war es wohl, wenn jemand einen so sehr liebte? „Dane hat doch gerade einen wichtigen Fall … Diese Bandenschießerei, oder? Er ist der leitende Ermittler der Mordkommission. Wenn er dir Rosen schickt, will er dir nur zeigen, dass er dich liebt.“
„Also keine Affäre?“
„Keine Affäre, Shay.“ Und wenn doch, dann würde Rory Dane die Dienstwaffe abnehmen und ihn damit erschießen.
Rory verabschiedete sich von ihrer Schwester und schrieb dann schnell eine SMS an Dane, damit er wusste, dass Shay etwas zusätzliche Aufmerksamkeit brauchte. Rory und ihr Schwager waren ein gutes Team, wenn es darum ging, zu verhindern, dass Shay sie mit ihrer Unsicherheit in den Wahnsinn trieb.
Dann sah Rory die Ordner an. Sie musste die Akten der beiden Patienten lesen, die sie gleich aufsuchen würde.
Sie wünschte sich so sehr eine eigene Praxis. Die Patienten von Craydon’s Physiotherapy wurden durchs System geschleust wie am Fließband. Für umfangreiche Einzelbehandlungen blieb wenig Zeit. Manchmal fragte sie sich, wie viel sie überhaupt ausrichten konnte.
Wenn sie ihre eigene Praxis gehabt hätte, dann hätte sie sich mehr Zeit für die Therapien genommen. Aber ihr fehlte das Geld für die Gründung und die Miete der Praxisräume. Sie musste einfach weiter sparen. Eines Tages vielleicht …
Sie hatte die erste Akte noch kaum überflogen, als ihr Handy schon wieder klingelte. Diesmal erkannte sie die Nummer nicht. Sie nahm ab und meldete sich.
„Rory? Hier ist Kade Webb von den Vancouver Mavericks