Smash99 - Folge 2 - J. S. Frank - E-Book

Smash99 - Folge 2 E-Book

J. S. Frank

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

FOLGE 2 - TOTENTANZ: Kommissar Lars Lepko wird zu einem Kaufhaus gerufen. Sein Kollege Freddie vermutet dort einen Umschlagplatz für Smash. Doch der Einsatz geht gründlich schief. Freddie und einundzwanzig weitere Menschen sterben, als Männer einer Security-Agency das Gebäude mit Panzerfäusten beschießen. War die ganze Aktion eine tödliche Falle, weil Freddie den Hintermännern von Smash zu dicht auf den Fersen war? Und welche Rolle spielen dabei die Security-Agencys, die die Menschen offiziell vor Smasher-Angriffen beschützen sollen, nach und nach aber ganze Stadtteile unter ihre Kontrolle bringen?

DIE SERIE: Ein fremdartiges Toxin verbreitet sich rasend schnell - Smash. Wer damit infiziert wird, verwandelt sich innerhalb von Sekunden in einen vor Wut rasenden Smasher, der seine Mitmenschen anfällt und zerfetzt, bevor er selbst stirbt. Niemand weiß, wer hinter der Verbreitung des Gifts steckt. Klar aber ist: In einer Gesellschaft am Rande des Zusammenbruchs sind Smasher nicht dein größer Feind.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 146

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die Serie

Folge 2: Totentanz

Über den Autor

Titel

Impressum

1. Kapitel: Der Anschlag

2. Kapitel: Die Explosion

3. Kapitel: Der Bunker

4. Kapitel: Das Begräbnis

5. Kapitel: Die Ermittlungen

6. Kapitel: Das Verhör

7. Kapitel: Das Attentat

8. Kapitel: Die Ruhe vor dem Sturm

9. Kapitel: Das Blutbad

10. Kapitel: Der letzte Tanz

Epilog

In der nächsten Folge

Die Serie

Ein fremdartiges Toxin verbreitet sich rasend schnell – Smash. Wer damit infiziert wird, verwandelt sich innerhalb von Sekunden in einen vor Wut rasenden Smasher, der seine Mitmenschen anfällt und zerfetzt, bevor er selbst stirbt. Niemand weiß, wer hinter der Verbreitung des Gifts steckt. Klar aber ist: In einer Gesellschaft am Rande des Zusammenbruchs sind Smasher nicht dein größer Feind.

Folge 2: Totentanz

Kommissar Lars Lepko wird zu einem Kaufhaus gerufen. Sein Kollege Freddie vermutet dort einen Umschlagplatz für Smash. Doch der Einsatz geht gründlich schief. Freddie und einundzwanzig weitere Menschen sterben, als Männer einer Security-Agency das Gebäude mit Panzerfäusten beschießen. War die ganze Aktion eine tödliche Falle, weil Freddie den Hintermännern von Smash zu dicht auf den Fersen war? Und welche Rolle spielen dabei die Security-Agencys, die die Menschen offiziell vor Smasher-Angriffen beschützen sollen, nach und nach aber ganze Stadtteile unter ihre Kontrolle bringen?

Über den Autor

J.S. Frank hat nach seinem Germanistik-Studium mehr als zwanzig Jahre für ein internationales Medien-Unternehmen gearbeitet. Seit 2013 ist er freier Autor mit einem ungebrochenen Faible für die anglo-amerikanische und französische Literatur. J.S. Frank ist ein Pseudonym des Autors Joachim Speidel, der mit seinen Kurzgeschichten bereits zweimal für den Agatha-Christie-Krimipreis nominiert war.

J.S. Frank

Smash99

FOLGE 2

Totentanz

beBEYOND

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Projektmanagement: Stephan Trinius

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von Motiven © shutterstock/501room; © shutterstock/Molodec; © shutterstock/Bildagentur Zoonar GmbH; © shutterstock/Ollyy

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-2556-0

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

1. Kapitel: Der Anschlag

Was für ein Höllenspektakel! Mit Panzerfäusten hatten sie das kleine Kaufhaus in Schutt und Asche gelegt. Mitten in der City! Am helllichten Tag! Das hatte es in einer deutschen Stadt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben! Lange herrschte Unklarheit über die genaue Anzahl der Toten. Erst war von acht, dann von zehn und schließlich sogar von zwölf Toten die Rede gewesen.

Bullshit! Es waren mehr gewesen. Viel mehr! Woher ich das weiß? Nun, ich befand mich damals mittendrin in dem ganzen Inferno. Habe alles live miterleben dürfen. Als Bulle. Exakt einhunderteinundachtzig Tage vor meiner Pensionierung.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie die Wände explodierten, wie ein abgerissener Arm mir in die Fresse schoss und es mich in einer glitschigen Blutlache fast umgehauen hätte. Ich erinnere mich noch gut an all die Toten und die Schwerverletzten.

Aber vielleicht sollte ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen. Und zwar von Anfang an.

***

Es war an einem Dienstag im Mai, als Freddie, mein Kollege, uns anfunkte und meinte, dass in dem Kaufhaus einiges nicht mit rechten Dingen zuging. Er hatte den Hinweis bekommen, dass im oberen Stockwerk ein illegales Verteilzentrum eingerichtet worden sei. Für ein ganz bestimmtes Produkt. Für eine besonders heiße Ware. Für Smash.

Smash war ein Gift, das einen Menschen in eine reißende Bestie verwandelte. Das Besondere an dem Gift: Die Leute kippten nicht einfach tot um. Sie liefen erst mal Amok. Die sogenannten Smasher fielen wildfremde Leute an und zerfetzten sie. Die eigenen Angriffe überlebten sie normalerweise nicht. Sie kollabierten zumeist an Ort und Stelle, inmitten des Chaos, das sie angerichtet hatten. Oder wurden von Scharfschützen, die überall in der Stadt und vor allem an öffentlichen Plätzen positioniert waren, abgeknallt.

Zum Smasher konnte jeder werden, durch vergiftete Lebensmittel oder feine Giftspritzen, die man von irgendeinem Idioten im Gedränge verpasst bekam. Mit Smash wurden wahllos Menschen vergiftet. Von Terroristen, Anarchisten oder Arschlöchern, die die Schnauze voll hatten von einem demokratischen Staat. So genau wusste das keiner. Man ermittelte in alle Richtungen. Seit über einem halben Jahr. Dumm nur, dass sich alle Fahndungserfolge schon bald als jämmerliche Fehlschläge herausstellten.

Dabei erwies sich diese Art der Terror-Anschläge als äußerst effektiv. Smash hielt das ganze Land in Atem. Überall, in der Stadt oder auf dem Land, kam es zu gigantischen Blutbädern. In der Anfangszeit hatte es im Schnitt bis zu hundert Smasher-Tote am Tag gegeben.

Erst als die Polizei aufgerüstet und Verstärkung durch private Sicherheitsdienste und am Ende sogar durch die Armee erhalten hatte, drehte sich das Blatt. Wer auch nur das kleinste Anzeichen einer Smash-Vergiftung zeigte, wurde liquidiert.

***

Als Freddie von einem Smash-Verteilzentrum faselte, dachte ich, er wäre komplett verrückt geworden. So ein Zentrum hatte man bislang noch nie ausfindig gemacht. So was wäre ein absolutes Novum. Ein Volltreffer! Ein Sechser im Lotto für sämtliche Polizeieinheiten. Ein Fall für ein ganzes Heer an Spezialeinsatzkräften. Als Freddie merkte, dass ich skeptisch reagierte, ließ er etwas die Luft raus.

»He, Lars. Ganz locker! Ich gehe den Hinweisen eines Informanten nach. Mehr nicht. Keine Ahnung, ob er wirklich was gehört hat oder ob ihm was in einem Crack-Rausch erschienen ist.«

Den Namen des Informanten wollte Freddie natürlich nicht nennen. Er arbeitete mit einer ganzen Schar solcher Whistle-Blower zusammen. Aufgrund ihrer Insider-Infos hatte er schon viel Scheiße verhindern können.

Im Gegensatz zu mir war Freddie noch mit vollem Enthusiasmus bei der Sache. Er hatte die fünfzig zwar bereits überschritten, war aber noch drahtig wie eh und je. Ein Athlet. Wagemutig wie ein Stuntman. Die einzige Schwäche, die er sich leistete, war, dass er es sich umsonst von Nutten besorgen ließ, ganz egal welche Hautfarbe, welche Größe, welches Alter sie hatten. Ein Gratis-Fick war für ihn immer drin. Am liebsten an der Theke, von hinten, stehend. Er war stets auf dem Sprung, hatte keine Zeit, die Hose auszuziehen.

Ich ließ ihn quatschen. Unser Dienstwagen stand vor einem Coffee-to-go-Laden, und wir betankten uns gerade mit dem morgendlichen Koffein. Ich warf ab und an einen Blick auf die Kollegin, die neben mir auf dem Beifahrersitz saß: Oberkommissarin Vera Sturm. Sie war neu in unserem Team. Ein Frischling. In jeder Hinsicht. Wir vertrugen uns – kein bisschen. Wir waren inkompatibel. Zu einhundert Prozent. Ich war alt, sie war jung; ich war müde und an Verbrechen und Verbrechern nicht mehr interessiert, sie wollte den Idioten von CSI nacheifern. Kinderscheiße.

Robert Zerber, unser Chef, hatte sie mir zugeteilt. Als sie davon Wind bekommen hatte, war sie kratzbürstig geworden. Hatte getobt und gedroht, sie wolle ganz »nach oben« gehen und sich beschweren. Ich kann mir vorstellen, wie sie über mich hergezogen hat. Aber dann musste sie doch ihren Kopf einziehen. Kam wutschnaubend zu mir zurück. Verweigerte mir den Handschlag. Ich sah ihr an, dass sie die Stunden zählte, bis sie mit jemandem Dienst schob, der jünger und eindeutig engagierter war als ich.

In den Zeiten von Smash stellte die Polizei schneller Leute ein als früher. Man wurde gut bezahlt, durchlief eine verkürzte Ausbildung, musste sich mit Waffen auskennen, körperlich einiges draufhaben und nicht komplett plemplem sein. Dann war man geeignet, um bei der Polizei zu sein. Man stieg auch schneller auf. Wenn man mal bei zwei, drei Smasher-Vorfällen dabei gewesen war und sich nicht allzu dämlich angestellt hatte, wurde man mit Lametta behängt wie ein Weihnachtsbaum. Ruckzuck wurde man befördert. Vera Sturm aber fehlten die Smasher-Erfahrungen. Sie wollte raus auf die Straße, was erleben. Action. Und zwar sofort.

Ich erinnere mich noch gut daran, dass Freddies Stimme sich irgendwann immer dringlicher anhörte. »Lars, es wäre gut, wenn du endlich mal herkommen könntest.«

»Ein Verteilzentrum für Smash läuft nicht weg!«

»Leck mich! Hast du Zeit oder hast du keine Zeit?«

»He, wir sind am anderen Ende der Stadt. Wir brauchen eine halbe Ewigkeit, um bei dir zu sein.«

»Scheiße, Lars, wenn du nicht willst, dann fick dich ins Knie. Dann ziehe ich die Sache ohne dich durch.«

Ich fragte ihn nach seinem Partner: »Was ist mit Paul?«

»Hat sich krankgemeldet, das Weichei. Bin heute zufällig, ganz zufällig alleine unterwegs. He, stell dich nicht so an. Ich zähl auf dich. Ich brauch kein Jung-Gemüse, das sein Wissen ausm Fernsehen hat und beim ersten Blutfleck anfängt zu kotzen.«

Ich warf einen Blick auf meine Kollegin auf dem Beifahrersitz. Sie verdrehte die Augen. Auch wenn Freddie eher ihrem Bild eines rastlosen, hyperaktiven Kriminalisten entsprach, mochte sie so ein Macho-Gehabe nicht.

»Wer ist bei dir?«, wollte Freddie wissen. »Hubert?«

»Hubert ist in Düsseldorf. Mensch, Freddie, er hat sich versetzen lassen. Das Leben an der Seite eines Dinosauriers wie mir war ihm zu anstrengend.«

»Okay, schon verstanden. Und wer ist jetzt dein Partner?«

Ich warf wieder einen Blick hinüber zu meiner Kollegin, die nun ihre Arme vor der Brust verschränkte. »Oberkommissarin Sturm.«

»Ach, du Scheiße!«, rief er. Dann fiel ihm ein, dass sie ja mithörte. »Nichts für ungut, Kollegin Sturm, aber jetzt gehen Sie mal aufs Klo, pudern sich Ihr Näschen und kommen in einer Stunde wieder zurück. Seien Sie ein braves Mädchen.«

»Und seien Sie nicht so ein verdammtes Arschloch«, giftete sie zurück.

Er fing an zu kichern. »Scheiße, kommt jetzt endlich her, bringt eure Artillerie mit. Ich hab’s im Urin, dass da noch was passiert.«

***

Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es von Robert nicht anständig gewesen war, mir das Gör mitzugeben. Sie war die reine Nervensäge. Sie ließ es mich jede Minute spüren, was sie in mir sah. Einen alten Knacker. Mit Rheuma-Fraß und Gicht-Koller in den Knochen. Da machte sie schon was anderes her. Hatte keine Falte im Gesicht, war durchtrainiert, ging regelmäßig ins Fitness-Center, übte sich in Karate, legte sogar unser Kampfsport-Ass Ali aufs Kreuz.

Ich muss schon sagen, sie sah verdammt gut aus. Ich mag Frauen mit Zopf, und wenn sie dazu noch blond sind, laufen mir die Augen über. Ich ertappte mich dabei, dass ich sie manchmal als »Blondschopf« titulierte. Natürlich nicht in ihrer Anwesenheit. Sie besaß keinen Sinn für Humor. Sie war richtig biestig, verbissen. Nichts war ihr wichtiger als ihre Arbeit und ihre Karriere.

Wieder ein Unterschied zu mir.

»Wer geht als Erstes rein?«, fragte sie, als wir schließlich vor dem Kaufhaus standen. Eine Höflichkeitsgeste. Natürlich wollte sie es machen. Klarer Fall.

Ich zuckte mit den Achseln. »Nur zu!«, sagte ich.

Sie drückte die Klinke nach unten. Die Tür ging auf. Na ja, ein Wunder war es nicht. Es war genau neun Uhr siebzehn. Der Laden hatte seit über einer Stunde offen.

Und in den nächsten Minuten würde es ihn nicht mehr geben.

***

Wir gingen also rein ins Kaufhaus. Da trieben sich schon jede Menge Leute rum. Mütter auf der Suche nach Schnäppchen. Ein paar Säufer. Schülerinnen, die ihre Vorräte mit billigem Parfüm und Rouge auffrischten. 1-Euro-Krimskrams, so weit das Auge reichte.

Meine Kollegin entspannte sich. Zuckte mit den Achseln. »Sieht doch alles okay aus. Oder?«

Ich wollte schon missbilligend den Kopf schütteln. Ihre Naivität war grenzenlos. Mit einem Blick konnte man noch nicht erkennen, ob was »okay« aussah oder nicht.

Wir hörten spitzes Gegacker hinter einem Regal mit Fastnachts-Firlefanz vom letzten Jahr.

Sie stierte mich an. Sie wollte eine Antwort von mir.

»Nun mal langsam«, sagte ich. »Da hinten gibt es Süßigkeiten. Suchen Sie sich einen Lutscher aus. Lassen Sie sich Zeit.«

Ihr Gesicht färbte sich rot, die Augen wurden schmal. Nein, freundschaftliche Gefühle sahen anders aus.

»Ach ja? Ich habe Sie immer so eingeschätzt, dass Sie einen nötiger bräuchten als ich.« Ihre Stimme triefte vor Hohn.

Ich war zu weit gegangen. Es reichte, dass wir uns nicht leiden konnten. Ich musste nicht noch Öl ins Feuer gießen.

»Jetzt machen Sie mal halblang«, sagte ich. »War nur ’n Scherz. Ich ruf Freddie an, was los ist, okay?«

Sie nickte. Fast unmerklich. Dann drehte sie sich um und schlenderte hinüber zu den grünen, blauen und roten Bonbons, während ich seine Nummer wählte.

»Was ist denn los? Wo steckst du?«, fragte ich.

»Scheiße, Mann, wo bleibst du? Ich warte hier oben seit einer halben Ewigkeit.«

»Wir haben dich in der Mädchen-Unterwäsche-Abteilung gesucht.«

»Leck mich! Ich bin oben. Das habe ich dir doch erzählt. Im oberen Stockwerk spielt die Musik. Die Treppe ist hinten bei den Damenstrümpfen. Mensch, komm, mach voran!«

***

Ich eilte also rüber zu meiner Kollegin, ein paar Worte mit ihr gewechselt, dann tauchten wir ein in das Dickicht der Damenstrümpfe.

Endlich standen wir vor der Stahltür. Wir drückten die Klinke nach unten. Ein Treppenhaus. Kahl und grau. Hatte noch nie auch nur eine Spur von Farbe gesehen. Wir holten unsere Pistolen raus. Glock Kaliber .45 ACP. Die neuen Dienstwaffen. Im Zeitalter von Smash zählten Geschossdurchmesser und Durchschlagskraft mehr denn je.

***

Im ersten Stock erneut eine Stahltür. Hinter ihr ein riesiger Raum. Komplett leer. An einigen Wänden waren die Ränder von abgebauten Tischen, Schränken und Regalen zu sehen.

Freddie federte auf uns zu. Die Kollegin beobachtete jede seiner Bewegungen ganz genau. Er hinterließ eine unübersehbare Wirkung bei ihr. Sie passte allerdings überhaupt nicht in sein Beuteschema. War ihm zu anständig. Er stand nur auf die absolut Versauten.

»Sieht gut aus«, sagte ich und steckte meine Pistole weg. »Wegen uns hättest du hier nicht aufräumen müssen.«

»Brutal witzig«, raunzte er mich an. Sein Blick schweifte durch den leeren Raum. »Die Scheißer haben doch was spitzgekriegt. Die sind doch gewarnt worden. Wer zum Henker hat die gewarnt? Hm?«

»Woher soll ich das wissen? Reg dich nicht auf«, sagte ich. »Vielleicht hat dein Informant Scheiße erzählt.«

Er zog die Nase nach oben, als würde ich stinken. »Verdammt, was ich gerade absolut nicht brauchen kann, ist dein Rumgeseire. Auf meinen Informanten ist Verlass. Auf den war immer Verlass. Und jetzt das hier.«

Die Kollegin neben mir meldete sich zu Wort. »Sieht aus, als würde der Raum hier schon länger leer stehen. Es gibt nur Ihre Fußspuren auf dem Teppichboden. Der Staub ist nicht erst seit ’ner halben Stunde hier reingeweht.«

Freddie schaute mich an und zog eine Grimasse.

»Sie ist gut«, sagte ich zu ihm. »Jung, aber schwer auf Zack, kann ich dir sagen.«

Er hätte mir fast ins Gesicht geprustet. Stattdessen wandte er sich ihr zu. Musterte sie von oben bis unten. »Du scheinst ja richtig clever zu sein. Auf so was wäre ich nie gekommen. Nicht mal in tausend Jahren! Kennen wir uns?«

Sie musste sich mächtig zusammennehmen. Versuchte, cool zu bleiben. Ich grinste innerlich. Freddie konnte machen, was er wollte, er war kein Charmeur.

»Noch nicht«, sagte sie, steckte ihre Pistole seelenruhig in ihr Hüfthalfter und sah ihm dabei stur in die Augen. »Aber was nicht ist, kann ja noch werden.«

Freddie kratzte sich am Kopf. »Ganz schön freche Klappe! Wir sollten uns bei Gelegenheit mal über deine Kinderstube unterhalten. Aber tut mir leid, Süße, auf Small Talk bin ich gerade nicht eingestellt.«

Er wandte sich wieder mir zu. »Mein Informant hat mich kurz nach acht angerufen. Der hat Stein und Bein geschworen, dass hier was abgeht. Und jetzt das hier! Warum sollte er mich derart linken? Kannst du mir das erklären?«

Ich zuckte die Achseln. Ließ ihn einfach stehen. Machte einen kleinen Rundgang durch den Raum. Mir fiel nichts Besonderes auf. »Lass gut sein, Freddie«, sagte ich über die Schulter zu ihm. »Falscher Alarm. So was soll vorkommen.«

Er kam mir nach. Er war auf hundertachtzig. »Was soll die Scheiße? Falscher Alarm! Denkst du, ich lasse mich einfach so aufs Kreuz legen? Denkst du, jeder Trottel könnte mich einfach so für dumm verkaufen?«

»Nein, das denke ich nicht.«

Er schlug mit der Faust gegen eine Wand. Einmal. Zweimal.

Meine Kollegin schlenderte in der Zwischenzeit ebenfalls durch den Raum. Sie wurde zunehmend lockerer. Es sah hier nach allem aus, nur nicht nach Action.

Freddie kriegte sich nur schwer wieder ein. »Ich schnapp mir den Scheißkerl und hau ihm die Scheiße aus den Knochen. Entweder er hat mich wirklich verarschen wollen, oder jemand hat ihn verarscht. Oder jemand hat Wind von der Sache bekommen und alles abgeblasen, bevor hier irgendwas starten konnte.«

Ich setzte schon zu einer Erwiderung an, als die Kollegin uns zurief: »He, Leute! Kommt mal her!«

»Was ist?«, schnauzte Freddie verärgert.

»Kommt einfach mal her!«

Sie hatte sich an eines der großen Fenster gestellt. Von hier oben konnte man den ganzen Marktplatz überblicken.

»Seht ihr das?« Unten auf der gegenüberliegenden Seite standen zwei schwarze SUVs. Zwei Einsatzfahrzeuge der Security Agency.

»Ja, und?«, maulte Freddie. »Noch nie einen privaten Sicherheitsdienst gesehen?«

»Die sind gerade eben vorgefahren.«

»Das ist nicht verboten! Verdammt noch mal! Diese Scheiß-SA hat hier den ganzen Stadtteil unter Kontrolle. Das weiß doch jeder!«

»SA?« Sie machte ein verdutztes Gesicht.

»Insider-Witz«, erklärte ich. »Security Agency.«

»Du bist noch nicht allzu lange dabei, man merkt’s«, spottete Freddie.

Die Sicherheitsdienste waren bei uns Bullen nicht besonders beliebt. Sie nahmen uns die Arbeit ab. Verdrängten uns. Taten so, als seien sie besser als wir. Und die SA-Typen, die vermehrten sich wie Schmeißfliegen. Waren geil auf Mord und Totschlag. Je mehr Tote, desto lukrativer für sie. Desto mehr breiteten sie sich aus.

Ich legte Freddie meine Hand auf die Schulter. »Nichts für ungut. Wir müssen weiter. Die Sache war eine Luftnummer.«