Social-Media-Content - Gabriele Goderbauer-Marchner - E-Book

Social-Media-Content E-Book

Gabriele Goderbauer-Marchner

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  • Herausgeber: UTB
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Social-Media-Content professionell zu managen, ist für Journalisten, PR-, Medien- und Marketingspezialisten eine neue Schlüsselqualifikation. Dieses Buch zeigt, wie Content zielgruppengerecht generiert und eingesetzt wird. Es erklärt, wie Sie Social-Media-Content-Kampagnen planen und umsetzen können und dass die Qualität des Contents letztlich über den Erfolg entscheidet. Fallanalysen, über 50 Unternehmensbeispiele sowie 100 Farb- und S/W-Abbildungen machen das Buch zu einem nützlichen Begleiter für Studierende, Berufseinsteiger und alle, die beruflich Social-Media-Content erstellen. Für Dozenten stehen 126 Abbildungen als Zusatzmaterial für den Einsatz in der Lehre bereit.

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Seitenzahl: 342

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Gabriele Goderbauer-Marchner Thilo Büsching

Social-Media-Content

Unter Mitarbeit von Florian Alte, Sarah Kovac und Norbert Matausch

UVK Verlagsgesellschaft GmbH · Konstanz mit UVK/Lucius · München

Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner lehrt Print- und Onlinejournalismus an der Universität der Bundeswehr in München.

Prof. Dr. Thilo Büsching lehrt digitale Medienwirtschaft an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.

Online-Angebote, elektronische Ausgaben sowie zusätzliche Materialien zum Buch sind erhältlich unter www.utb-shop.de.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2015

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Titelfoto: Oleksiy Mark/Shutterstock.com

Korektorat: Monika Paff, Langenfeld

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

UVK Verlagsgesellschaft mbH

Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz · Deutschland

Tel.: 07531-9053-0 · Fax: 07531-9053-98

www.uvk.de

UTB-Band-Nr. 4439

ISBN 978-3-8252-4439-2 (Print)

ISBN 978-3-8463-4439-2 (EPUB)

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

Inhalt

Vorwort

1Von der Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation

1.1Entwicklung des Internets vom Web 1.0 zum sozialen Netz

1.2Definition Social Media und Social-Media-Content

1.3Gesellschaftliche, politische und ökonomische Bedeutung der sozialen Medien

1.4Dark Social

1.5Zukunft der sozialen Medien

2Publizistische Ziele von Journalisten und Content-Managern

2.1Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung

2.2Klassifikation der Plattformen nach Art und Reichweite

2.3Multimedia, Crossmedia, Transmedia – wie Content den Alltag durchdringt

3Einsatz und Wirkung von Social-Media-Content aus Sicht der verschiedenen Akteure und Zielgruppen

3.1Typologie und Motivation von Social-Media-Nutzern

3.2Bedeutung der sozialen Medien und Auswirkung auf den Journalismus

3.3Risiken der sozialen Medien und die Wichtigkeit von Medienkompetenz

4Der redaktionelle Social-Media-Publizist als Content-Aufbereiter

4.1Texten für das Web – publizistische Basiskompetenzen

4.2Sprache und Stil in ausgewählten Plattformen – Content differenziert aufbereiten und veröffentlichen

4.3Vom Shitstorm zum Candystorm durch Massenmobilisierung

4.4Der Social-Media-Journalist zwischen redaktionellem und kommerziellem Content

5Case Studies aus journalistischer Sicht

5.1Weblogs

5.2Microblogs: Twitter.com/lufthansa_DE

5.3Social Networks

6Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Distribution von Content

6.1Social-Media-Guidelines

6.2Redaktionsplan

6.3Organisation und Bündelung des Contents

6.4Social-Media-Monitoring

6.5Die Macht der Meinungsmacher nutzen

7Rechtliche Voraussetzungen für das Publizieren auf Social-Media-Plattformen

7.1Vor dem ersten Beitrag

7.2Bereitstellen eines Impressums

7.3Beiträge verfassen (Posten – Tweeten – Bloggen)

7.4Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

7.5Recht am eigenen Bild

7.6Urheberrecht

7.7Haftung

8Grundlagen des Social-Media-Business-Content

8.1Definitionen

8.2Social-Media-Business-Content im GOOGLE-Format

8.3Manipulation von Social-Media-Business-Content

8.4Fazit

9Analyse bestehender Social-Media-Modelle

9.1Warum Modelle? – um schneller komplexe Zusammenhänge zu verstehen

9.2Die Sicht von Li und Bernhoff (2008) in der Weiterentwicklung von Michelis (2012)

9.3Das Web 2.0-Four-Factors-Modell von Wirtz (2013)

9.4Das Social-Media-Management-Modell von Pein (2014)

9.5Der Werkzeugsatz der Content-Strategien von Leibtag (2014)

9.6Der Einsatz von sozialen Medien im Verkaufsprozess bei Andzulis (2012)

10Einführung in das SoMeBizCo-Modell (8x4-Modell) – Anforderungen, Kategorien und Funktionsweise

10.1Das Grundmodell

10.2Das Social-Media-Business-Content-Potenzial

10.3Das interne und externe Audit mit SoMeBizAudit (10x4)

11Anwendung des SoMeBizCo-Modells (8x4-Modells) in der Praxis

11.1Die Grenzen der Wissenschaft, die Vorteile von praxisorientierten Handlungsmodellen

11.2Zielgruppen

11.3Ziele

11.4Redaktionsplan und Content

11.5Bildkommunikation:

11.6Medienkanäle

11.7Dialogmanagement

11.8Key Performance Indicators (KPI)

12Fallstudien zum Social-Media-Business-Content

12.1Fallanalyse »Toaster-und-Ei-Koch-Post« von AMAZON am 20. Januar 2015 – wie Sie mit Social-Media-Business-Content Kunden gewinnen

12.2

Vorwort

Vorneweg – das Wort Content mögen wir nicht. Eigentlich. Aber: Es setzt sich durch. Daher ist in diesem Werk der Frage nachzugehen, was Content ist, wofür dieser Terminus steht, wofür er vor allem im Publizistischen steht – und daher sei er eingegrenzt verstanden als Begriff für Inhalt, der bei Social Media zum Tragen kommt. Der Terminus wird hier im Publizistischen wie in seiner ökonomischen Wirkung reflektiert. Unter Content verstehen wir Wörter, Bilder, Grafiken, Videos, Animationen und Links in allen Medienkanälen, auch in den sozialen Medien. Im Zentrum unserer Analysen steht Social-Media-Content aus journalistischer wie aus betriebswirtschaftlicher Sicht.

Content sei hier nicht verstanden als Gegenpol zu Print, nicht verstanden als Terminus, der nur für Online gelte. Die Zeiten der diametralen Diskussion sind beendet. Print und Online wurden in den Anfängen des Internets künstlich und fern jeglicher Realität in der Wissenschaft separiert. Diese kurze Phase hat sich überlebt (vgl. Washietl (2013): Und bitte nicht mehr »Content« sagen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., Heft 3–4, 317–323).

Alle Welt befasst sich mit Social-Media-Content aus Marketing-Sicht. Wir auch. Im Gegensatz zu vielen anderen Publikationen stellen wir die Content-Qualität in den Mittelpunkt – publizistisch und wirtschaftlich. Denn: Social Media ist nicht nur ein Like-, Share-, Comment-Kanal, ideal für Social Commerce, sondern auch ein weiteres publizistisches Medium. Mit klugem, gut recherchiertem, bestens formuliertem und zielgruppenorientiertem journalistischen Inhalt ergänzt Social Media klassische Medienplattformen wie Print, Radio, Fernsehen. Neue Online-Medien wie Corporate Websites, Blogs und soziale Plattformen können sogar noch mehr publizistische, wirtschaftliche und politische Reichweite und Wirkung erzeugen.

Der User ist spätestens seit der Reduktion von FACEBOOK auf eine E-Publishing-, Werbungs- und Social-Commerce-Plattform Anfang 2015 – mehr als zu Zeiten der unreflektierten und unkritischen, ja euphorischen Einführung von Online-Kommunikation – nun qualitätsbewusster. Er verlangt wahrhaften, gut recherchierten Content von den publizistischen Medien, aber auch von den Unternehmen. Der User sucht sich Marken. Journalistische Marken. Produktmarken und Content-Marken. Diese Marken bedienen nicht mehr nur Mainstream. Die Marken können in Nischen blühen, gedeihen, informieren und wirtschaftlich erfolgreich vermarkten. Mit Social-Media-(Business-)Content. Sind die Ziele in den Premium-Medien (wahrhaftig informieren, gesellschaftlich wirken und bilden, Leser mit wahrhaften Informationen binden) und in den Unternehmen (Vertrauen aufbauen, werben, verkaufen, Kunden mit wahrhaften Informationen binden) doch unterschiedlich, nähern sich diese Welten immer mehr an. Denn in Zeiten von Paid Content und Micropayment und vollständiger Erfassung der Reader- und User-Journey muss sich jeder Autor fragen lassen, ob und inwieweit sein Format für die Leser- oder Kundenzufriedenheit beiträgt. Denn der Leser ist genauso Kunde bei einem »Autor/Herausgeber/Verlag« wie der Jeanskäufer bei einem Textilunternehmen. Und beide sind angewiesen auf die Mechanismen und Wirkungen von Social-Media-Content.

Der User tummelt sich trotz aller Kritik und allen Scheltens mehr denn je in Social Media. Viele Stunden des Tages und der Nacht gehen hier sprichwörtlich verloren. Blabla-Thesen, Nonsens-Fragen, Szene-Geschwafel, manipulative Geschichten, gefälschte Bilder, manipulierte Produktpromotions, gefakte Likes und Accounts sind nur die Spitze des schlechten Content-Berges. Ziel des Buches »Social-Media-Content« ist es, die Sinne für guten Content zu schärfen und Sie in die Lage zu versetzen, diesen strategisch und operativ zu produzieren. Für publizistischen und/oder wirtschaftlichen Erfolg. Zahlreiche anschauliche Fallanalysen und 130 Farbabbildungen sollen Sie zum Schmökern, Studieren, Arbeiten und produktiven Selbermachen motivieren. Es entsteht ein neues Berufsbild, das Social Media Profil und Wertigkeit gibt. Vorschläge für die Aus- und Weiterbildung in der Social-Media-Welt der digital affinen, mobilen und eiligen User, die gleichwohl auf der Suche nach bestem Content sind und ihre Aufmerksamkeit nicht (mehr) jedem im Netz schenken.

Social-Media-Content professionell zu managen, ist für Journalisten, PR- und Marketingspezialisten eine neue Schlüsselqualifikation. Dieses Buch zeigt, wie Content zielgruppengerecht generiert und eingesetzt wird. Es erklärt, wie Social-Media-Content-Kampagnen geplant und wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt werden können. Und dass die Qualität des Contents letztlich über den Erfolg entscheidet. Die Zeiten, in denen Social Media als »Linkschleuder« genutzt oder missbraucht wurden, gehören immer mehr der Vergangenheit an, denn: Der User wendet sich von der unreflektierten und qualitativ minderwertigen Content-Verbreitung ab. In diesem Sinne klärt das Buch »Social-Media-Content« auf und versetzt Sie in die Lage, in den sozialen Medien publizistisch und wirtschaftlich zu reüssieren: mit Qualitäts-Content.

München und Würzburg,

im September 2015

Gabriele Goderbauer-Marchner und Thilo Büsching

Literatur

Washietl, Engelbert (2013): Und bitte nicht mehr »Content« sagen. Die Zeit ist reif, von der gedanklichen Trennung von Print und Online abzugehen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., 2013, Heft 3–4, 317–323.

1Von der Individualkommunikation zur Social-Media-Kommunikation

Gabriele Goderbauer-Marchner, Sarah Kovac und Norbert Matausch

1.1Entwicklung des Internets vom Web 1.0 zum sozialen Netz

Über die Geschichte des Internets ist viel publiziert worden. Dabei ist zu beachten, dass das oft fälschlich als Synonym gebrauchte Wort des Internets nicht identisch ist mit dem WWW, dem World Wide Web (http://dvdh.de/internet/entwicklung-desinternet.html).

Alle haben sie recht, wenn sie zunächst die technikgetriebene Entwicklung in den Vordergrund schieben (Faulstich, 2004: Medienwissenschaften). Ohne Technik gäbe es diese in der Tat revolutionäre Evolution oder evolutionäre Revolution nicht, die mehr denn je die komplette Menschheit in all ihren Belangen, in all ihren Verhaltensweisen und -mustern sowie in all ihren Organisationsstrukturen, privat wie volks- und betriebswirtschaftlich, politisch wie soziologisch, tangiert. Das mag man für gut oder schlecht halten, Fakt ist, es ist so.

Die militärische Seite war Ausgangspunkt, die Universitäten Motor der Entwicklung, nicht allein national, sondern international sich verbreitend. Im Zentrum stand – bereits bei Arpanet, dem militärischen Internet – der Informationsaustausch. Das ist bis heute der Motor und das Tun im Internet. Begriffe wie Freiheit oder Teilhabe und »Mitmachen« und Diskussionen um offene Netze haben Informationsaustausch und Kommunikation auf neue Wege gelenkt. Bald geht es um die Fragen von Individualisierung sowie Kommerzialisierung, um juristische Fragen wie nach dem geistigen Eigentum oder dem Urheberrecht und anderen rechtlichen Aspekten, die eine völlig neue Juristen-Denke evozieren.

Als Web 1.0 bezeichnete man die erste Phase des Web-Zeitalters. Noch ist das Netz statisch. Es fehlt die Interaktivität. Es ist linear und bindet die User nicht ein. Wer in den Anfängen des Internets von html oder anderen Protokollen keine Ahnung hatte, tat sich schwer. So sind nur wenige fit genug, das Internet zu »steuern«. Die Masse erschöpft sich im »Verzehr« des Internets.

Mit Aufkommen eines Integrierens der User – diese dürfen Kommentare abgeben, sie wollen und sollen eingebunden werden in das offene, frei zugängliche, interaktive Netz – spricht man von Web 2.0. Nun paart sich zur Funktion, Inhalte darzustellen, auch die Funktion, Inhalte zu generieren. Schlagworte sind, den User nun in seiner bisherigen Rolle als Konsument in der Rolle des Prosumenten zu sehen. Er nutzt Inhalte anderer und stellt selbst auch eigene Inhalte her, die er wiederum den anderen zur Verfügung stellt, sodass ein Wechselverhältnis existiert. Der User verzehrt nicht allein das Internet, passiv, leidend oder glücklich. Nein. Nun ist der User der, der »mitkochen« darf, will und soll. Das World Wide Web, erfunden von Tim Berners-Lee, »genehmigt« diese Interaktivität dank der technischen (R-)Evolution spielerisch. Jeder kann mitmachen, sofern er die nötige Hardware und Software, die in einem Gerät daherkommt, und Strom hat. Nach wie vor greift die Individualkommunikation. Sie ist (zwar) interaktiv, die User wirken passiv wie aktiv, doch der ultimative »Kick« des massenhaft möglichen gegenseitigen Austausches, wie er über Social-Media-Kommunikation verwirklicht werden kann, fehlt (noch). Diese neue Form der Massenkommunikation durch Individuen regelt das Verhältnis von Individuen zueinander, untereinander, übereinander und gegenseitig neu durch Nähe (»Freunde«) und Anonymität im Internet.

Ob nun Web 2.0 ein Modewort ist oder nur die Weiterentwicklung von Web 1.0: Der Begriff hat Kultstatus erreicht. Die Phrase des X 2.0 findet transponierende Anwendung, ob nun im Handel oder in der Politik. Wer »in« sein möchte, hat etwas mit »2.0« zu bieten (Beispiele: Heigl/Hacker, 2010: Politik 2.0; Der Film »Demokratie 2.0 – neue Chancen für mehr Mitbestimmung?«, in: www.planet-schule.de).

Nicht vergessen werden soll, dass bereits von Web 3.0 gesprochen wird. Gemeint ist hier das sogenannte semantische Web, das auch Bedeutungen bewerten kann:

»Während die charakteristischen Merkmale des Web 2.0 in dessen interaktiven, Syntax-orientierten Kommunikationsplattformen zu sehen sind, auf denen Ideen, Videos, Fotos und Software getauscht werden können und in das sich jeder Benutzer selbst einbringen kann, spricht man bei Web 3.0 (…) von einem (,) in dem die Inhalte und deren Bedeutung in Beziehungen zueinander gestellt werden. Web 3.0 ist ein technisch-strukturelles Web, das semantische Beziehungen aufzeigt, das die Informationen nach ihrer Bedeutung bewertet und in einen Kontext zu anderen Texten und Aufsätzen stellt.« (http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Web-3-0-web-3-0.html.) Für manche grüßt spätestens hier George Orwell.

Aufschlussreich ist – aus einer völlig anderen Disziplin kommend – das Buch von George Dyson, der die Anfänge der digitalen Welt auch für Nichtmathematiker und Nichtphysiker trefflich schildert und hier die Verknüpfung von Computerentwicklung und Atom- und Wasserstoffbomben-, also militärische Entwicklung, darlegt (Dyson, 2014: Turings Kathedrale). Dyson schreibt lakonisch und zitiert dann einen der größten Mathematiker des 20. Jahrhunderts: »Web 2.0 ist unser Schlüsselwort für eine zunehmende Überlagerung des Digitalen durch das Analoge – spiegelbildlich zu der Art und Weise, wie die digitale Logik vor 60 Jahren in analoge Komponenten eingebettet wurde. Suchmaschinen und soziale Netzwerke sind nur der Anfang – die präkambrische Phase. ›Wenn die zunehmende Komplexität des digitalen Codes in expansiven Systemen das einzige Manko wäre, hätte die Natur ihn nicht verworfen, zumindest nicht allein aus diesem Grund‹, gab von Neumann 1948 zu bedenken« (Dyson, 2014: Turings Kathedrale, S. 409).

Das Internet ist an einem Punkt angekommen, wo Freiheit grenzenlos zu sein scheint. Die ersten fangen bereits an, sich Gedanken zu machen, ob nicht die »vielen Köche« den Brei verderben könnten. Diskussionen um Ethik und Moral, um Medienkompetenz und Medienpädagogik, um Recht und Probleme greifen um sich. Denn es tummeln sich – selbstredend – nun auch die Laien im Internet (vgl. auch Bank, von der, 2013: Medienethik durch Medienkompetenz?, in: Communicatio Socialis, 46. Jg, H. 3–4, S. 324–332).

Schon haben wir es mit Social Media zu tun. Es geht um die Rolle der User in einer dank Technik und Technologie ermöglichten neuen Computerwelt. Die Nutzer müssen sich nicht mehr mit Java etc. herumplagen. Jeder kann Inhalte generieren. Jeder kann fremde Inhalte ändern, bearbeiten, verbreiten. Jeder kann interaktiv mitmachen. Die Marketing-Fachleute sprechen von einem Wandel vom Push- zum Pull-Prinzip, was nichts anderes bedeutet, als dass der User selbst sich einbringt. Er ist nicht mehr der passive Konsument. Nein. Er wirkt mit. Der User holt sich gezielt Inhalte aus dem Netz und wird damit zum bewusst selektiven Medienkonsumenten.

1.2Definition Social Media und Social-Media-Content

Social Media ist ein allgemein üblich verwendeter Terminus. Doch was bedeutet er? Generell »versteht man (…) darunter alle Medien (Plattformen), die Internetnutzer verwenden, um zu kommunzieren« (Goderbauer-Marchner/Glasauer: Social Media als Kommunikations-, Informations- und Werbekanal, in: Büsching/Goderbauer-Marchner, 2014: E-Publishing-Management, S. 195–205). Im Mittelpunkt steht bei Social Media der Austausch von Informationen, untereinander, ohne Hierarchien, aber auch die eigenständige Schaffung von Inhalten, die dann der Community zur Verfügung gestellt werden. Das Fehlen von Rangordnungen wird auch als Social-Media-Demokratisierung verstanden. Jeder kann, jeder darf, die Gemeinsamkeit führt zu Gruppen-Kommunikation, die kollaboratives Publizieren genannt wird. Nicht mehr einer kommuniziert für viele (»one to many«), sondern viele für viele (»many to many«) (www.techopedia.com; http://www.computerwoche.de/a/many-to-manybeziehung-zaehlt,2354642).

Der Content wird von den Usern generiert; man spricht von dem, was in den Social Media alles »getan« wird – von der Kommunikation, Veröffentlichung, der Teilfunktion, der Kommentierung bis zur Sympathiebekundung – als dem User Generated Content. Das wohl größte soziale Netzwerk ist FACEBOOK. 2004 gegründet, hat es (Stand: Viertes Quartal 2014, veröffentlicht Anfang 2015, www.allfacebook.de) weltweit fast 1,4 Milliarden aktive Nutzer (in Europa 301 Mio.), und täglich sind auf dem gesamten Globus 890 Mio. online (in Europa 217 Mio.). Das ist allein in Europa eine Steigerung um mehr als 23 Mio. im Vergleich zum Vorjahr.

Social Media und Social-Media-Content präsentieren sich auf vielen Internet-Plattformen. Nur einige seien genannt, sie werden im Laufe der Lektüre dieses Werkes immer wieder auftauchen. Foren, Weblogs oder Microblogs wie TWITTER oder TUMBLR gehören zu Social Media, dazu kommen die vielen sozialen Netzwerke, wobei FACEBOOK oder GOOGLE+ oder XING und LINKEDIN die wohl bekanntesten sind. Manche Social Media befassen sich (v. a.) mit Bildern oder Bewegtbildern, um FLICKR, PICASA oder YOUTUBE zu nennen, Zulauf haben Dokumenten- und Musik-Sharing- sowie Auskunftsportale, als hilfreich gelten Bewertungsportale (MEINPROF). Unter den Wikis ist WIKIPEDIA die vermutlich populärste Wissens-Offerte (Auflistung u. a. bei www.onlinemarketing-praxis.de).

Was ist nun explizit Social-Media-Content? Der Begriff ist in Deutschland gar nicht so sehr präsent. Vielmehr spricht die Branche von Social-Media-Marketing. Hier sei der Terminus Social-Media-Content verstanden als wertiger Inhalt auf Social Media. Es geht darum, Werbeblättchen ins Netz zu stellen und auf den Social-Media-Plattformen zu verbreiten. Das ist zu wenig. Das ist zu banal. Und das ist nicht das, was der User will. Geschweige denn, wofür er Geld ausgeben will. Social-Media-Content ist der Weg, hochwertige journalistische Inhalte zu erstellen sowie zu verteilen, denn die wichtigste Währung ist die Aufmerksamkeit im Internet. Wer diese über Text und Bild, vor allem Bewegtbilder, über Besonderheit und Nicht-Beliebigkeit, über Qualität generieren kann, der wird letztlich an Bord bleiben. Denn hierfür wird der User auch bezahlen. Für Trash Content ist zum einen dem User kein Geld aus der Tasche zu locken, zum anderen wird er sich abwenden. Einsamkeit aber ist nicht das Kennzeichen von Social Media. Exklusivität im Netz bedeutet nicht Singularität, sondern Wertigkeit des Inhaltes, Akzeptanz einer großen Menge, Bereitschaft zur Verbreitung durch eine Crowd.

Social-Media-Content bedeutet die intelligente, qualitativ wertige Inhalteerstellung, die mehr offeriert als eine wenn auch noch so gute Website, deren Activity Streams Effizienz bei den Usern hervorbringt. In den Social Media kann gelobt oder getadelt werden, geteilt und kommentiert. User arbeiten gemeinsam spontan oder geplant an Projekten, die ebenso spontan oder geplant sind. (Perez, Juan Carlos, 27.04.2009: Facebook opens up »aktivity stream« to external developers, in: Computer World, in: http://www.computerworld.com/article/2524070/networking/facebook-opens-up--activity-stream--to-external-developers.html).

1.3Gesellschaftliche, politische und ökonomische Bedeutung der sozialen Medien

Social Media sind aus der Welt nicht mehr wegzudenken. Spaßvögel können hier nur auf den Roman des Österreichers Marc Elsberg (eigentlich: Marcus Rafelsberger) mit dem Titel »Blackout« verweisen – Stromausfall, in einem Land zum nächsten passiert diese Katastrophe, mit dramatischen Folgen für die Menschen, die Wirtschaft, die Politik. Sollte ein solches Szenario jedoch nicht eintreten, werden soziale Medien Bedeutung für alle Bereiche haben. Second life, eine 2003 gestartete virtuelle Welt in 3-D (www.secondlife.com), ist aus der medialen Aufmerksamkeit verschwunden. Social Media sind »die« digitale Parallelgesellschaft geworden. (Das bestritt vor fünf Jahren noch recht skeptisch: Grieß: Einfluss von Social Media: Die digitale Parallelgesellschaft, in: Spiegel online vom 01.10.2010.)

Längst sind Social-Media-Kommunikationsplattformen nicht nur für Trash und Banales. Längst haben alle sogenannten klassischen Medienkonzerne ihre User, die alten wie die neuen, auf Social Media entdeckt. Der Einfluss auf die Gesellschaft, auf Politik wie Wirtschaft ist in diesem Kreise einer individuellen wie massengesteuerten Inszenierung evident. Marc Zuckerberg instrumentalisiert via FACEBOOK Abermillionen von Usern, bestens gehütete Algorithmen wissen schier alles von den Nutzern, dienen gewollt wie ungewollt Produkte an, offerieren Marketingkonzepte und suggerieren Kaufgewohnheiten. Das Wort Community, Gemeinschaft, findet bei Social Media eine neue Wendung an Bedeutung. Der Begriff der Grenzenlosigkeit, der Terminus der Freiheit und damit einhergehend Fragen nach Daten- und Jugendschutz sowie Medienethik prägen die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nachhaltig.

Der Mensch wird und ist vielleicht sogar transparenter als gewollt – und hat kaum Chancen, der (fast) alles durchleuchtenden Social-Media-Krake zu entkommen. Seit Jahren streitet sich die Politik über das Wie einer Medienkompetenz. Zarte Pflänzchen wachsen – wie könnte es anders sein – in Gruppen auf FACEBOOK. Längst ist »die« Politik auf Social Media. Auch hier ist FACEBOOK Taktgeber. Welcher Politiker, welche Politikerin wagt es, nicht auf dieser Plattform ein Profil zu haben? Wer keine Zeit hat, hat Mitarbeiter, die das Profil pflegen, mit mehr oder weniger großen Pannen zwischendurch. Dass diese Pannen (Die zehn größten Politiker-Pannen auf TWITTER und FACEBOOK, www.derwesten.de) just auf diesen Social-Media-Plattformen ausgekostet werden, versteht sich quasi von selbst.

Seriöse Akteure wie der Regierungssprecher twittern professionell – Social Media ist seit langer Zeit schon aus der Plauder- und Tratsch-Ecke hinausgewachsen (https://twitter.com/RegSprecher). Die politische Kommunikation erfährt eine Veränderung, traditionelle Medien sehen einem schwindenden Stellenwert entgegen. Sie verschwinden nicht, rutschen im Ranking der Relevanz immer mehr in das dritte und vierte Glied – nach Online, Mobile und Fernsehen. Dank oder wegen Social Media verrutschen die Grenzen zwischen den Politikern und »ihrem« Volk. Das Volk ist aktiv auf den sozialen Netzwerken, es kommentiert und teilt, es ist äußerst kritisch, noch fehlt dem Bürger im Rahmen des Social-Media-Sozialisationsprozesses Toleranz und feine Kritikkompetenz. Austeilen ist beim Teilen und Bewerten einfacher als intellektuelle Diskurse. Doch auch das wird sich ändern, zumal neue Berufsgruppen aktiv sind, den Kommunikationsprozess zu steuern, Shitstorms zu vermeiden und – wenn doch geschehen – professionell(er) zu kanalisieren.

Längst hat die Wirtschaft den Internethandel via Social Media entdeckt. Hotels, Leckereien, all dies flutscht dem FACEBOOK-User ungewollt ins Haus. Und viele bleiben sprichwörtlich hängen. Kaufen. Das Geschäft blüht. Social-Media-Marketing wird immer wichtiger. Umsätze werden gesteigert auf den sozialen Medien-Plattformen. Kommunikation potenzieller Kunden mit den Unternehmen wird professionell angetriggert.

Eine aktuelle Übersicht von 2015 zeigt, welche Bereiche eines Unternehmens derzeit Social Media nutzen. Noch stehen PR, Werbung und Vertrieb an oberster Stelle, interessant auch der Vergleich von B2B zu B2C. Doch ist mehr als interessant, dass Journalisten doch immer mehr auch für ihre Recherche Social-Media-Plattformen nutzen.

1.4Dark Social

Seit gut zwei Jahren existiert der Begriff des »Dark Social«. Gemeint ist ein dunkles, ein geheimes Social Media, wo verbreitete Daten nicht mehr nachverfolgbar sind. Am bekanntesten aktuell ist wohl WHATSAPP (www.whatsapp.com). Schon aus digitaler Sicht steinalt, doch als Dark Social bislang nicht bezeichnet, sind jedoch auch E-Mails und Instant Messenger, also beispielsweise Skype, wo zwei oder mehrere User sofort sich Nachrichten übermitteln können, zu nennen. Keiner kann hier öffentlich »einsehen«, was distribuiert wird. WHATSAPP wurde bekanntlich – und mit großer Kritik zunächst – von FACEBOOK-Gründer Marc Zuckerberg aufgekauft. Heute interessiert dies die breite Öffentlichkeit nicht mehr. WHATSAPP boomt. Man spricht von Dark Social Traffic (www.futurebiz.de). Es gibt Thesen, wonach WHATSAPP FACEBOOK den Rang ablaufen könnte. Ob das von Relevanz für den User ist? Wie hoch ist seine Medienkompetenz ausgeprägt? Tatsache ist, dass Datenschutzfachleute hier unter anderem mögliche Gefahren eines unerlaubten Datenaustauschs sehen.

Abb 1: Welche Bereiche Ihres Unternehmens nutzen derzeit Social Media?

Abb 2: Wie häufig recherchieren Sie aktiv nach Inhalten auf Social-Media-Plattformen (z. B. Facebook, Twitter)?

1.5Zukunft der sozialen Medien

Social Media entwickeln sich weiter. Der Kommunikationsexperte Michael Ehlers betont zu Recht die wachsende Bedeutung von Marken (Ehlers, 2013: Kommunikationsrevolution Social Media). Social Media erweitern ihre Zielgruppen. Medienunternehmen setzen auf ihre Marke. Deren Redakteure werden als Marke mit aufgebaut. Social Media erweitern ihre Themen. Und – sie werden im Zuge der Professionalisierung eine Aufsplitterung erfahren. Die eine Zielgruppe wird sich auch weiterhin zufriedengeben mit dem, was geboten wird. Social Media als Methode für Zerstreuung, für Unterhaltung, für Zeitvertreib. Die andere Zielgruppe jedoch wird verstärkt auf Qualität, Seriosität, auf Tugenden wie Ethik und Werte, auf Kultur und Bildung setzen.

Social Media werden immer mehr gefragt und nachgefragt auf der Suche nach Qualitäts-Content. Qualitätsjournalismus auf Social Media wird nicht mehr punktuell zu finden sein. Medienunternehmen werden immer mehr diese Plattform als ihre Stärke im Aufmerksamkeits-Konkurrenzdruck erkennen. Wer nun publizistischen Content mit PR und Marketing vermengt, was durchaus von einigen gewollt ist und schon heute exzessiv gepflegt wird, muss diese Kombination gut begründen. Ansonsten schwinden die harten Social-Media-Währungen wie Click, Like und Share. Das – bleiben wir bei FACEBOOK – registriert denn auch rasch der clever eingestellte Algorithmus. Und dann taucht der bei den Massen ungeliebte Account in der Timeline einfach nicht mehr auf. Der GUARDIAN veröffentlichte 2013 einen hoch spannenden Beitrag von Stephan Noller, in dem die Frage aufgeworden wurde: »Why we need an algorithm ethic«. Laut Verfasser Noller sei es Zeit für eine breite Diskussion, ob Unternehmen wirklich im Netz unsere Rechte respektieren. Noller reduzierte diese Frage nicht auf eine technologische, sondern auf eine ethische. Algorithmen seien transparent zu machen, deren Quellcodes zu veröffentlichen, denn: »We need to have a discussion involving the whole of society about how we want to live in a world dominated by electronic conversations« (zit. n. Noller, in: The Guardian, 22.01.2013, in: http://www.theguardian.com/media-network/media-network-blog/2013/jan/22/algorithmethic-mechanisms-control-security).

Schon heute ist die These zu untermauern: Print wird nicht aussterben. Print wird sich allerdings vom gigantischen Massenmedium zum Elitemedium wandeln. Das bedeutet für die Medienunternehmen, deren Geld nach wie vor in weiten Teilen aus Printerlösen kommt, sodass man sich die Spielwiese des Internets – Social Media, Mobile, Online – leisten kann, dass diese im Internet neue Erlöse generieren müssen. Schon heute weiß man, dass der User für Qualität bereit ist, das Portemonnaie zu öffnen. Ergo muss Social Media Qualität im Content liefern. Je mehr und je exklusiver, umso eher kann hier ein neuer Content-Markt entstehen.

Aus der Evolution von Social Media wird eine Revolution. Der Umwälzungsprozess hat bereits eingesetzt. Die Mediennutzer erheben sich als echte Partner und Teilhabende am Kommunikationsprozess. Die Medienunternehmen wie die übrige Wirtschaft sucht nach Wegen, mit dem Wandel einen positiven Verbesserungsprozess zu generieren. Fast kann man von einer Massenerhebung sprechen. Dem kann sich kaum einer entziehen.

Die Gesellschaft mag mancher in Digital Natives und Digital Immigrants teilen. Wir sprechen zusätzlich von den Digital Strangers. Es liegt an den Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft wie Wirtschaft, diese Kluft wieder zu schließen. Alle mitzunehmen auf dem Weg in eine digitale Neuordnung, die die alten Kommunikationsebenen nicht wegschieben, aber übertrumpfen wird, ist eine Herkulesaufgabe. Mag es auch schlagzeilenträchtig sein: Wenn Manfred Spitzer von einer »Digitalen Demenz« (Spitzer, 2012: Digitale Demenz) spricht, mangelt es doch an breit aufgestellter und gewollter Medienkompetenz. Sich herauszumogeln aus dieser Verantwortung, steht einer Gesellschaft weltweit nicht an, denn: Was nicht wegzubekommen ist, mit dem ist klug, weitsichtig, gewissenhaft und verantwortungsbewusst, ethisch korrekt umzugehen. Hier zu lamentieren, ist zu wenig. Die Symptome sind bekannt. Ähnlich wie in der Naturwissenschaft wird es allerdings nicht ausreichen, nur die Symptome zu behandeln. Man muss, sagte ein Nobelpreisträger, verstehen, was sich im Einzelnen abspiele (Chemienobelpreisträger Stefan Hell in der ALLGEMEINEN DEUTSCHEN ZEITUNG am 29.10.2014, in: www.adz.ro). Bezogen auf Social Media, »helfen« weder Verbote noch weinerliches Geschrei. Was hilft, ist breit aufgestellte Kompetenz – in den Medien, mit deren Umgang, im Recht etc.

So wie Frieden zu wahren ist, muss hier mehr geschehen als nur Lippenbekenntnisse. Wer die digitale Kommunikation beherrscht, wird auf der Siegerseite sein. Und ob die Sieger dann die »Guten« sein werden, davon hängt Wohl und Wehe der digitalen Zukunft ab. Wenn sich Social Media ausschließlich mit kleinteiligen, unbedeutenden Themenspektren befassen, wenn sich die Menschen auf Miniaturfiguren mit Miniaturinteressen und begrenzter Intelligenz, begrenztem Interesse und begrenztem Wissensdurst reduzieren lassen und wollen, wird die auf Sozialtugenden, Bildung und Transparenz, auf Rechtsstaatlichkeit und Fairness fixierte Demokratie wackeln.

Literatur & Links

www.allfacebook.de

Bank, Stefan von der (2013): Medienethik durch Medienkompetenz? Über den Zusammenhang von Medienkompetenz und (medien-)ethischem Lernen, in: Communicatio Socialis, 46. Jg., 2013, Heft 3–4, S. 324–332.

http://blog.wiwo.de/look-at-it/2013/12/10/5-jahre-social-media-die-entwicklungder-sozialen-netzwerke-von-2008-bis-2013/

Dyson, George (2014): Turings Kathedrale. Die Ursprünge des digitalen Zeitalters, Propyläen Verlag, Berlin.

Ehlers, Michael (2013): Kommunikationsrevolution Social Media, books4success-Verlag, Kulmbach.

Elsberg, Marc (2012): Blackout. Morgen ist es zu spät, München.

Faulstich, Werner (2004): Medienwissenschaften (Uni-TB Basics), Stutgart.

Faulstich, Werner (2004): Grundwissen Medien (Uni-TB L), Stuttgart.

Faulstich, Werner (2011): Die Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts, Stuttgart.

http://www.futurebiz.de/artikel/dark-social-die-dunkle-seite-von-social-media/

Goderbauer-Marchner, Gabriele/Glasauer, Bernhard: Social Media als Kommunikations-, Informations- und Werbekanal, in: Büsching, Thilo/Goderbauer-Marchner, Gabriele (Hg.) (2014): E-Publishing-Management, Wiesbaden, S. 195–205.

Grieß, Andreas: Einfluss von Social Media: Die digitale Parallelgesellschaft, in: Spiegel online vom 01.10.2010.

Heigl, Andrea/Hacker, Philipp (2010): Politik 2.0: Demokratie im Netz; Czernin Verlag, Wien.

Janssen, Cory: What is a Many-to-Many Relationship?, in: www.techopedia.com (Zugriff am 10.1.2015).

http://kommunikation-zweinull.de/10-echte-thesen-zur-zukunft-von-social-mediathe-missing-manual-fur-die-bvdw-thesen-zu-social-media/

http://www.moleskine.com/de/news/draw-future-social-media

Noller, Stephan (2013): Why we need an algorithm ethic, in: The Guardian, 22.01.2013, in: http://www.theguardian.com/media-network/media-networkblog/2013/jan/22/algorithm-ethic-mechanisms-control-security.

o. A.: Many-to-many-Beziehung zählt, in: Computerwoche, 7.10.2010, in: http://www.computerwoche.de/a/many-to-many-beziehung-zaehlt,2354642 (Zugriff am 10.1.2015).

Perez, Juan Carlos (27.4.2009): Facebook opens up »aktivity stream« to external developers, in: Computer World, in: http://www.computerworld.com/article/2524070/networking/facebook-opens-up--activity-stream--to-external-developers.html.

Pscheida, Daniel (2010): Das Wikipedia-Universum, Transkript Verlag, Bielefeld.

Simons, Anton (2010): Journalismus 2.0, UVK, Konstanz.

http://www.socialmedia-institute.com/liste-der-wichtigsten-social-media-undonline-marketing-studien-2014/

Spitzer, Manfred (2012): Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, Droemer, München.

www.statista.com

Übungsaufgaben

1.Warum war der Erfolg der Social Media abhängig vom Web 2.0?

2.Warum ist es wichtig für Unternehmen und Politik, auf Social Media präsent zu sein?

3.Wagen Sie eine Prognose für die Zukunft: Wie verändern Social Media die Kommunikation?

2Publizistische Ziele von Journalisten und Content-Managern

Gabriele Goderbauer-Marchner und Norbert Matausch

Wer mit Inhalten arbeitet, ist nicht automatisch journalistisch-publizistisch tätig. Hier werden nun die publizistischen Ziele beleuchtet – einerseits von Journalisten, andererseits von sogenannten Content-Managern.

2.1Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ausrichtung

Sowohl die Journalisten, egal, ob frei, fest angestellt oder in einem »festen freien Verhältnis«, als auch die Content-Manager, die mit Aufkommen der digitalen Welt immer mehr ihren Platz in der medialen Arbeitswelt finden, wirken nach publizistischen Zielen für unterschiedliche Plattformen oder Kanäle. Was ist gleich, was konträr?

Content-Manager

Grundsätzlich besteht im derzeitigen Sprachgebrauch keine allgemeingültige Aufgabendefinition für Content-Manager. Die allgemein vorherrschende Meinung (vgl. online-redakteur.biz, medienwiki.org, contentmanager.de) geht jedoch davon aus, dass die Aufgaben neben redaktionellen Tätigkeiten auch in stärkerem Umfang folgende Aktivitäten mit einschließen:

•Planung und Erstellung von Online-Portalen,

•Pflege des Bild-, Text- und Multimedia-Inhaltes von Webseiten,

•Einrichtung und Verwaltung von Content-Management-Systemen,

•Erfassung und Analyse von Produktdaten.

Der Content-Manager im 21. Jahrhundert hat sich zu befassen mit allen Varianten eines Content-Management-Systems (CMS), mit Suchmaschinen (SE), deren Strategien und deren Optimierung, mit Social Media, mit (Social-Media- sowie Digital- und Suchmaschinen-)Marketing, mit Juristischem und der Frage nach dem Nutzen – und dann auch noch mit der Frage nach dem Content, den kreativen Inhalten, den Fragen, wie der User über pfiffige Inhalte gelockt werden kann. Der Spruch, Content sei King, gilt also auch für die »neue« mediale Welt.

Die Frage, die sich stellt, ist: Halten wir am Terminus des Content-Managers fest, wenn wir bei Social Media mehr und mehr an (Qualitäts-)Inhalte denken?

Journalist

Im Vergleich dazu die Tätigkeitsbeschreibung des Journalisten, wie sie in vielen Lehrbüchern – hier nach dem Deutschen Fachjournalistenverband – definiert wird:

»Journalisten informieren die Öffentlichkeit über Sachverhalte und Vorgänge, die von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind«, des Weiteren »artikulieren (sie) für die Öffentlichkeit Sachverhalte und Probleme. Um dieser Aufgabe als ›Frühwarnsystem‹ und Kontrollinstanz der Gesellschaft gerecht werden zu können, stehen Journalisten besondere Recherchebefugnisse zu. (…) Wichtige Aufgaben des Journalismus sind damit Kritik und Kontrolle: Manche Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind weniger für die Öffentlichkeit bestimmt, werden aber durch den Journalismus publik gemacht, was dem Gemeinwesen nützlich sein kann« (zit. n. DFJV, 2012). Der Deutsche Journalisten-Verband DJV formuliert in seinem Grundsatzprogramm: »Aufgabe und Verantwortung von Journalistinnen und Journalisten ist es insbesondere, die Rechte einer jeden Bürgerin und eines jeden Bürgers auf Achtung und Schutz der Menschenwürde, auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf freie Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen zu wahren« (www.djv.de).

Das »Lenken der öffentlichen Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und Ereignisse (Agenda Setting)« wird ebenso als wichtige Aufgabe angesehen, außerdem die »reine Unterhaltungsfunktion« (vgl. DFJV, 2012). Viele Attribute zeichnen einen Journalisten aus – von der Glaubwürdigkeit bis zur Vertrauenswürdigkeit, von der Kompetenz im Sprachlichen bis zur Neugierde (Goderbauer-Marchner, 2011: Journalist werden!, S. 45).

Durch den ständig zunehmenden Druck auf die Redaktionen, die Aktualität ihrer Meldungen immer weiter zu erhöhen, wird auch die Aufgabenbeschreibung für Journalisten um Online-Komponenten erweitert. Dazu gehören die Navigation des Nutzers durch das eigene Angebot, die Verlinkung auf andere, themenrelevante Inhalte anderer Anbieter und auch die »Moderationstätigkeit in der Kommunikation mit und zwischen den Nutzern« (vgl. Rosenberger, 2000, S. 2). Diese Breitfächerung des journazistischen Fokus in online-organisatorische Belange hinein könnte nun vielleicht für manche bedeuten, dass der Journalist von seinen vor dem Internet-Zeitalter definierten Kernkompetenzen Recherche und Verfassen Abstriche machen muss, um den erweiterten Anforderungen seines Berufs gerecht zu werden. Aber: Wollen wir das? Ist nicht eher die Frage zu stellen, ob die journalistische Kompetenz und Medienethik mehr denn je Anwendung finden muss in den Feldern von Online, Mobile, Social Media? Auch damit befasst sich dieses vorliegende Werk.

Schließlich sei – pars pro toto – hingewiesen auf zwei höchst erfolgreiche Firmen. Zunächst ein Blick auf BuzzFeed. Dieses Medienunternehmen aus den USA trat 2006 an als »Media Company for the Social Age« (www.buzzfeed.com). Und BuzzFeed sagt von sich selbst: »BuzzFeed has the hottest, most social content on the web« (www.buzzfeed.com). »Buzz« ist ein Summen, aber auch ein Gerücht. Die User werden also mit Gesumse »angefüttert«. Erhält der User hier Journalismus? Ist das Qualitäts-Content? Nein und ja und vielleicht. Kaum einer wird Katzenfilmchen als journalistische Produkte bezeichnen. Aber BuzzFeed kann auch anders: Der Konzern publiziert News, Blogs, agiert mit viel von Nutzern generiertem Inhalt (User Generated Content), und alles wird, so das Geschäftsmodell, via Social Media verbreitet, dort geteilt und geliked. Juliane Leopold von BuzzFeed sagt auf der Jahrestagung von Netzwerk Medienethik im Februar 2015 in München, für BuzzFeed werde Social Media zur neuen Homepage. Drei von vier Lesern kämen über Social Media auf die Homepage von Buzzfeed – und bleiben dort »kleben« (http://www.netzwerk-medienethik.de/jahrestagung/tagung2015/).

Erwähnenswert ist Mashable (www.mashable.com). Dieses britisch-amerikanische Unternehmen publiziert Blogs, auf die man über Social Media gelangt. Die Blogs wiederum befinden sich auf einer Webseite. Die Branche nennt eine solche Homepage den »One-Stop-Shop der Social Media«. Der Konzern nennt sich selbst »the leading media company for the connected generation and the voice of digital culture«. Und auch hier stellt sich die Frage, wie viel Journalismus diese sogenannte Nachrichten-Homepage tatsächlich verbreitet und generiert. Neidlos anerkennen muss man, dass dieser Brei (»mash«) sehr gut ankommt bei den Usern.

Bei modernen Definitionsversuchen zu Journalismus und der realen Beobachtung von sich selbst als Journalismus bezeichnenden Aktivitäten im Netz ist zu fragen: Stellt der sogenannte Bürgerjournalismus wirklich Journalismus dar? Wenn Laien Sensationsmeldungen und Bilder nach Art schlechter Paparazzi an Boulevardmedien verkaufen? Ist der Bürger, der User Generated Content auf Social-Media-Plattformen verbreitet, schon journalistisch aktiv? Sind User, die Werke anderer auf Social Media verbreiten durch Teilen, bereits eine Art journalistisch tätiger Verleger? Oder publizistisch agierender Herausgeber? Greift das alte Vokabular noch?

Der Journalist als Gatekeeper

Der vom amerikanischen Medienkritiker und Journalisten Walter Lippmann (Lippmann, 1922: Public Opinion) geprägte Begriff des »Gatekeeper« als Funktionsbeschreibung des Journalisten (vgl. Frerichs, 2000) verliert mit der Zunahme von Internet-basierten Informationsangeboten immer mehr an Relevanz. Journalisten entscheiden diesem Modell zufolge, welche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen, und (auflagen-)technisch bedingte Einschränkungen tragen ebenfalls zur Filterung der gesamten theoretisch zur Verfügung stehenden Nachrichtenmenge bei.

Diese Gatekeeper-Funktion und die damit einhergehende Steuerung der öffentlichen Meinung konnten die etablierten Print-Medien wie SPIEGEL ONLINE, BILD.DE, DIE WELT, ZEIT ONLINE und FOCUS ONLINE noch bis März 2014 für sich behaupten (vgl. Schröder, 2014), bevor sie von reinen Online-Plattformen ohne journalistischen Anspruch überholt wurden. Die Tragweite dieser Veränderung wird dann ersichtlich, wenn man die Anzahl aller Likes, Tweets und anderer Sympathiebekundungswährungen der Online-Welt in Beziehung zur Anzahl der derart Ausgezeichneten setzt:

Die Online-Plattform HEFTIG.DE, die mit dem Slogan »Dinge, die wichtig sind. Erzähl sie weiter!« wirbt, gehörte erstmals im April 2014 zu den fünf Social-Media-Sammelseiten, die von ihren Lesern am häufigsten mit Likes, Shares oder Tweets ausgezeichnet wurden. Mit gerade mal 90 Artikeln erreichte HEFTIG.DE insgesamt 2,356 Mio. Likes, Shares und Tweets, während SPIEGEL ONLINE und BILD.DE mit zusammen insgesamt 6.000 Artikeln auf 2,618 Mio. Likes, Shares und Tweets kamen (vgl. Schröder, 2014).

Immer selbstbestimmter wird also der Medienkonsument, der nicht passiv die ihm vorgesetzten Texte seiner Prägung gemäß interpretiert, sondern sich auch aktiv um die Versorgung mit Themen kümmert, die ganz auf seinen Geschmack zugeschnitten sind (hier auch das Stichwort des RSS-Feeds, mit dem man sich Inhalte automatisch digital zustellen lassen kann).

Durch diese Entwicklung verliert die Gatekeeper-Funktion des Journalisten an Bedeutung, und mit ihr auch der Einfluss, den er auf die potenzielle Leserschaft nehmen kann. Anstelle des »Schleusenwärters« verändert sich die journalistische Rolle im Zeitalter von Web 2.0 in eine des Gatewatchers. Dabei geht es nun nicht mehr vorrangig darum, Informationen zur Verfügung zu stellen, sondern die Aufgabe des Journalisten ist es immer mehr, die User zu begleiten, ihnen zu helfen, aus der Fülle von Informationen das zu erhalten, was für sie Bedeutung, Relevanz hat (Bruns, Axel, 2003: Gatewatching not gatekeeping; Bruns, 2005: Gatewatching; Bruns, A./Jacobs, J., 2006: Uses of blogs; Bruns, 2008: Blogs, Wikipedia, second life, and beyond).

Fazit

Die Aufgaben des Journalisten und des Content-Managers nähern sich immer weiter an. Die Vorauswahl und Filterung von Nachrichten und die damit einhergehende Meinungsbeeinflussung durch Journalisten verliert mit dem Wachstum von immer neuen Online-Angeboten wie etwa Social-Media-Plattformen (von denen es weltweit Hunderte gibt) zunehmend an Bedeutung.

Ein Unterschied ist dennoch zu konstatieren: Journalismus versteht sich als Berichterstatter aktueller, für das Publikum nicht immer einsehbarer Vorgänge in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur. Ihm fallen also in dieser Kerndefinition grundsätzlich aufklärende Funktionen zu. Beim Content-Manager ist dieser Fokus so nicht zu erkennen; redaktionelle Tätigkeiten stellen bei ihm nur eines von mehreren Teilgebieten dar, auf dem aber nicht das Augenmerk liegt. Beim Content-Manager überwiegen (noch) deutlich technische und marketingrelevante Themenstellungen:

»Durch die unterschiedlichen Anforderungen in jedem Unternehmen ist vor allem ein umfangreiches Grundwissen und praktische Erfahrung in allen Themen rund um die Nutzung des Internets, der Erstellung von Websites, der Nutzung von Content Management Systemen, der Texterstellung u. ä. notwendig« (vgl. Bauer, 2014).

Als erstes Zwischenfazit ist also zu konstatieren: Der große Unterschied zwischen beiden Berufen liegt wesentlich im Inhalt ihrer Berichterstattung.

2.2Klassifikation der Plattformen nach Art und Reichweite

Grundsätzlich sind Social-Media-Plattformen als sogenannte n:n-Medien zu verstehen, das bedeutet, dass »viele Sender mit vielen Empfängern kommunizieren können« (vgl. Hettler, 2010, S. 16). Im Gegensatz zur klassischen, geschlossenen 1:1-Kommunikation – ein Sender kommuniziert mit einem Empfänger, beispielsweise E-Mail-Verkehr zwischen zwei Personen (vgl. Hettler, 2010, S. 16) – oder der 1:n-Kommu-nikation, bei der ein Sender seine Botschaft an viele Empfänger richtet – beispielsweise Zeitung, Fernsehen, Rundfunk oder klassische Homepages ohne Kommentarfunktion (vgl. Hettler, 2010, S. 16) – umfassen n:n-Medien alle Kommunikationsrichtungen: 1:n-Kommunikation und 1:1-Kommunikation. Somit kann sowohl ein privater Austausch von Botschaften (beispielsweise als »Private Mitteilung« auf FACEBOOK) als auch die öffentliche Teilnahme an der Kommunikation stattfinden (z. B. in Diskussionsgruppen oder mithilfe der Kommentarfunktion in einem Blog). Uns interessieren in diesem Kapitel die n:n-Eigenschaften der Social Media als in alle Richtungen offene Kommunikationsplattformen, auf denen ein freier Austausch von Botschaften stattfinden kann.

Welche Internet-Community wir als Social Media definieren können, lässt sich bestimmen, wenn wir die Zielsetzung von Social Media vor Augen haben:

»Mit Hilfe von sozialen Medien kann man sich austauschen, etwa unter Privatpersonen oder unter Mitarbeitern. Man kommuniziert, man arbeitet und gestaltet zusammen, wobei Text, Bild und Ton verwendet werden« (vgl. Bendel, 2014).

Ungeachtet des Inhalts qualifiziert sich also ein Netzwerk als Social Media, wenn es 1:1- und n:1-Kommunikation zwischen den Usern zur Verfügung stellt. Diese breit angelegte Definition ermöglicht es auch, Phänomene wie beispielsweise Diskussionen in Kommentar- und Rezensionsfeldern verschiedener Homepages oder Sharing-Plattformen in den Social-Media-Kontext einzubetten. Social-Media-Plattformen nach ihrem Inhalt zu kategorisieren, beinhaltet in sehr vielen Fällen auch eine Kategorisierung der Kommunikationsarten und -wege dieser Plattformen. Im Folgenden ein Überblick über zehn Kategorien, in die sich die aktuell existierenden Social-Media-Formen einordnen lassen können. Dieser Überblick baut auf der Klassifikation von Myers auf (vgl. Myers, 2012):

•Social Networking: Plattformen, die den Usern erlauben, mit anderen Usern in Kontakt zu treten. Die Arten der Kommunikation umfassen sowohl privaten Nachrichtenaustausch ohne Zugriff durch Dritte als auch öffentliche Kommunikation, beispielsweise durch öffentlich einsehbare Botschaften (z. B. »Facebook Wall«). Zu den am zahlreichsten genutzten Social Networks gehören FACEBOOK mit monatlich 1,28 Milliarden Usern und GOOGLE+ mit 540 Mio. monatlichen Usern (vgl. Harsh, 2014).

•Micro-Blogging: Plattformen, die sich auf kurze (oft zeichenbegrenzte) Mitteilungen spezialisieren, die der User abonnieren kann und die ihm automatisch zugestellt werden. Der erfolgreichste Micro-Blogging-Dienst in der westlichen Welt ist TWITTER mit 255 Mio. monatlichen Usern (vgl. Harsh, 2014), in China ist es SINA WEIBO mit 46,2 Mio. täglichen Usern (vgl. Mozur, 2013; MEU, 2013).

•Personal Publishing: Online-Dienste, die dem User eine Benutzeroberfläche und ein Content-Management-System zur Verfügung stellen, damit er Texte veröffentlichen kann. Blogs beispielsweise sind typische Publishing-Plattformen. Die Social-Media-Komponente von Blogs ist in der aktivierten Kommentarfunktion zu finden, weil diese die Kommunikation in zwei Richtungen zulässt. WORDPRESS, BLOGGER und TUMBLR sind die drei bekanntesten Publishing-Plattformen. Zusammen kommen sie auf 80 Mio. monatliche User (vgl. Nielsen, 2012).

•Kollaborations-Plattformen: Hier arbeiten die User gemeinsam online an Projekten. Registrierte User können den Inhalt und auch das Erscheinungsbild der Inhalte ändern. Die bekannteste Form der Kollaborations-Plattform sind Wikis. Die größte derartige Plattform ist WIKIPEDIA.

•Rezensions- und Bewertungs-Plattformen: Diese Seiten geben den Usern die Möglichkeit, Waren, Dienstleistungen oder Homepages zu bewerten und zu rezensieren. Zu den Rezensions- und Bewertungs-Plattformen zählen auch Social-Reading-Seiten oder Plattformen zur Bewertung von lokalen Restaurants und Dienstleistungen. Zu den bekanntesten derartigen Plattformen gehören WEB OF TRUST (für Homepage-Bewertungen), KUNUNU.DE (für Bewertungen von Arbeitgebern), YELP (für Bewertungen von Geschäften) und ANGIE’S LIST (größte nordamerikanische Bewertungs-Plattform für Geschäfte).

•Foto-Sharing: Mitglieder stellen hier Fotos oder Bilder online aus. Sowohl lizenzfreie, als auch Bilder mit verknüpften Verwendungsrechten sind dort zu finden. Zu den bekanntesten Foto-Sharing-Seiten gehören INSTAGRAM mit 200 Mio. Usern, FLICKR