Söhne und Töchter Gottes - Omraam Mikhaël Aïvanhov - E-Book

Söhne und Töchter Gottes E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

»Vor zweitausend Jahren führte das Kommen von Jesus eine Ordnung der Dinge ein, bei der zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte die Werte von Liebe, Güte, Vergebung, Geduld, Sanftmut, Demut und Opfer an erster Stelle standen. Und selbst wenn die Worte von Jesus bis jetzt weder gut verstanden noch richtig angewendet wurden, so hat es gereicht, dass dieses Licht bei einigen Wesen aufleuchtet, damit es über Jahrhunderte weitergereicht wird. Die von Jesus gelehrte Nächstenliebe, die aus dieser Wahrheit hervorgeht, dass die Menschen Söhne und Töchter desselben Vaters sind, machte für den Gedanken der Brüderlichkeit den Weg frei.« Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

Kurzbeschreibung

»Vor zweitausend Jahren führte das Kommen von Jesus eine Ordnung der Dinge ein, bei der zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte die Werte von Liebe, Güte, Vergebung, Geduld, Sanftmut, Demut und Opfer an erster Stelle standen. Und selbst wenn die Worte von Jesus bis jetzt weder gut verstanden noch richtig angewendet wurden, so hat es gereicht, dass dieses Licht bei einigen Wesen aufleuchtet, damit es über Jahrhunderte weitergereicht wird. Die von Jesus gelehrte Nächstenliebe, die aus dieser Wahrheit hervorgeht, dass die Menschen Söhne und Töchter desselben Vaters sind, machte für den Gedanken der Brüderlichkeit den Weg frei.«

Omraam Mikhaël Aïvanhov

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: »Ich bin gekommen, damit sie das leben haben«

Kapitel 2: Das Blut, Träger der Seele

Kapitel 3: »Wer sein Leben retten will, wird es verlieren«

Kapitel 4: »Lass die Toten ihre Toten begraben...«

Kapitel 5: »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab«

Kapitel 6: Jesus, Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks

Kapitel 7: Der Mensch Jesus und das kosmische Prinzip des Christus

Kapitel 8: Weihnachten und Ostern: Zwei Seiten aus dem Buch der Natur

Kapitel 9: Die Geburt des Christuskindes

Kapitel 10: Jesus, tot und auferstanden?

Kapitel 11: Das Opfer von Jesus am Kreuz: die Kräfte des Blutes

Kapitel 12: »Aus seinem Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen«

Kapitel 13: Ein Sohn Gottes ist allen Menschen ein Bruder

Kapitel 14: Die Erde bevölkern mit Söhnen und Töchtern Gottes

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Copyright

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Kapitel 1: »Ich bin gekommen, damit sie das leben haben«

In der »Bergpredigt« wendet sich Jesus an seine Jünger und an die Menge von Männern und Frauen, die ihm gefolgt sind, und nun lehrt er sie zu beten.

Er sagt zu ihnen: »So sollt ihr beten: Vater unser im Himmel…«

Lasst uns nachdenken. Was erlaubt uns, einen Mann »Vater« zu nennen? Die Tatsache, dass wir anerkennen, dass er uns das Leben übertragen hat. Die Kinder erkennen in ihrem Vater denjenigen, von dem sie das Leben haben und der Vater sieht in seinen Kindern die Verlängerung seines eigenen Lebens. Das Leben... Wenn wir also wissen wollen, was Jesus dachte, als er das Verhältnis der Menschen zu Gott als ein Verhältnis von Kindern zu ihrem Vater darstellte, müssen wir uns diesem unermesslichen und mysteriösen Bereich zuwenden, der das Leben darstellt.

Überall gibt es Leben, die ganze Natur ist lebendig, alle Wesen sind lebendig und nur wenige Männer und Frauen wissen dennoch, was das Leben ist! Wenn sie sich in Schwierigkeiten und Unglück befinden, dann sagen sie: »Was willst du, so ist das Leben!«

Sie verstehen das Leben als etwas, das sich außerhalb von ihnen befindet und das sie erdulden müssen. Die Misserfolge, die Unfälle, die Krankheiten, die Leiden: »So ist das Leben!« Sie liebten sich, haben geheiratet und nun sind sie geschieden; und auch hier: »So ist das Leben!« Aber nein, so ist das Leben nicht. Sie nennen eine Verkettung von Fehlern, Schwächen und Misserfolgen Leben, ohne sich klarzumachen, dass sie sich selbst dieses bedauernswerte Dasein geschaffen haben. Der Schöpfer hatte für sie ein anderes Leben vorgesehen!

Jesus sagte: »Ein Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und umzubringen. Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben« (Joh 10,10). Um welches Leben handelt es sich? Wir sind ja schon lebendig!... Es sind diese Worte von Jesus, die mich dazu gedrängt haben, so viele Nachforschungen im Bereich des Lebens anzustellen. Lest aufmerksam die Evangelien und ihr werdet sehen, dass Jesus nur vom Leben spricht. Deshalb muss man unablässig auf diese Frage des Lebens zurückkommen und es in all seinen Formen studieren.

Die Menschen suchen Macht, Reichtum, Wissen, Liebe... Aber nein, das Leben müssen sie suchen. Ihr werdet sagen: »Aber warum sollen wir das Leben suchen? Wir haben es doch, wir sind lebendig. Das, was wir nicht haben, müssen wir suchen«. Ihr seid lebendig, das stimmt, aber das Leben ist nicht bei allen Lebewesen gleich, das Leben hat Abstufungen. Von den Gesteinen bis hin zu Gott, über die Pflanzen, die Tiere, die Menschen, die Engel, ist alles lebendig. Es reicht nicht zu leben, man muss sich fragen, welches Leben man lebt. Durch seine physische Gestalt lebt der Mensch natürlich das Leben eines Menschen, aber innerlich kann sein Leben unendlich viele Formen und Farben annehmen.

Das Leben, von dem Jesus spricht und das er allen Menschen bringen will, ist das göttliche Leben, dieser Strom, der rein und klar aus der ursprünglichen Quelle hervorsprudelt.

Man hat das Leben oft mit fließendem Wasser verglichen. Aber welcher Unterschied besteht zwischen dem Wasser, das auf dem Berggipfel aus der Quelle hervorsprudelt und dem, das an der Mündung des Flusses ankommt, nachdem es alle Arten von Verunreinigungen und sogar Giftstoffe aufgenommen hat! Dieses Wasser, das die Menschen so sehr zum Leben brauchen, das sie dringender benötigen als die Nahrung (man kann länger ohne Nahrung auskommen als ohne Wasser) ist eine Quelle der Erneuerung, aber auch eine Todesursache. Wenn ein Fluss, ein Strom die Ebene erreicht und eine große Stadt durchquert, wer würde daran denken, dort seinen Durst zu stillen? Ja, schaut euch einmal die Seine in Paris an... Ich will gar nicht beschreiben, was alles entlang ihres Laufes in sie hineingeworfen wurde. Es ist noch immer derselbe Wasserlauf, aber es ist nicht mehr das reine Wasser, das oben in den Bergen entsprungen ist!

Rein oder verschmutzt, das Wasser ist immer Wasser, so wie das Leben immer Leben ist; aber nichts ist belebender als das reine Wasser, während das verschmutzte Wasser den Tod bringt. Wie viele Menschen werden noch heutzutage krank und sterben, weil sie verschmutztes Wasser getrunken haben!

Das Leben entspringt dem Schoß Gottes und fließt hinab, um allen Geschöpfen den Durst zu stillen. Aber die Menschen sind sich der Heiligkeit des Lebens nicht bewusst, sie verschmutzen das Leben Gottes, das Wasser Gottes. Ihr seid erstaunt und fragt euch: »Aber wie können wir das göttliche Leben verschmutzen?« Jedes Mal, wenn es euch an Weisheit, an Liebe, an Uneigennützigkeit mangelt, ist es, als ob ihr Schmutz in den Fluss des Herrn werfen würdet. Und der Fluss protestiert nicht, er nimmt alles an, um den Menschen zu helfen. Lasst uns bei diesem Bild des Flusses, des Stromes bleiben, denn es erklärt uns diese unendliche Einheit, die das Leben darstellt. Wie viele verschiedenartige Regionen sind zwischen der Quelle und der Mündung eines Flusses zu durchqueren und welcher Unterschied besteht daher auch in der Qualität des Wassers! Und dennoch ist es derselbe Fluss. Wenn man vom Leben spricht, dann muss man sich bewusst sein, dass in ihm die Gesamtheit allen Daseins enthalten ist. Nichts und niemand kann das Leben verlassen. Und von genau diesem Leben ernähren sich alle Geschöpfe, und folglich ernähren sich die einen vom Leben der anderen. Seid also nicht erstaunt, wenn ich euch sage, dass auf der einen oder anderen Ebene jeder isst oder gegessen wird.

Das ist sehr einfach zu verstehen: Wenn ihr egoistische, ungerechte oder boshafte Gedanken und Gefühle hegt, dann ist das wie eine Nahrung, die ihr in den niederen Bereichen des Lebens zu euch nehmt. Wenn ihr diese Gedanken und Gefühle akzeptiert, dann stärkt ihr sie; und ihr stärkt sie nicht nur, denn die Gedanken und Gefühle senden auch Wellen aus, die sich verbreiten. Ihr sendet also schädliche Ausströmungen aus, von denen sich andere Menschen und sogar teuflische Wesenheiten ernähren. Wenn ihr euch dagegen bemüht, Gedanken und Gefühle der Harmonie und Großzügigkeit in euch zu hegen, verbindet ihr euch nicht nur mit den höherstehenden Wesenheiten, sondern diese göttliche Nahrung wird auch andere Wesen nähren, lichtvolle Wesen, und auf diese Weise werdet ihr in ihnen leben: Weil ihr sie nährt.

Das Leben besteht aus Umwandlungen, aus unendlichen Übergängen von einem Geschöpf zum anderen. Jeder nimmt das Leben der anderen auf und im Gegenzug nährt er auch sie durch sein eigenes Leben. Seid also wachsam, da ihr nun wisst, dass es nur von euch abhängt, welche Nahrung ihr empfangt und welche ihr gebt, von wem ihr sie empfangt und wem ihr sie gebt. Engelhafte Wesen, wie auch teuflische Wesen können uns nähren oder sich von uns ernähren. Ihr werdet sagen, dass die Dämonen in der Hölle sind und dass es unmöglich ist, dass wir uns von ihnen oder sie sich von uns ernähren... Aber wie stellt ihr euch die Hölle vor und wo glaubt ihr, dass sie sich befindet? Auch sie ist ein Teil des Lebensstromes; nur befindet sie sich nicht an der Quelle, sondern an der Mündung und auch sie wird durch das göttliche Leben genährt. Gott ist die Quelle des Lebens, Er hat alles erschaffen und nichts und niemand existiert außerhalb von Ihm. Alle lebendigen Wesen leben vom Leben Gottes. Man muss also akzeptieren, dass auch diese Wesen, die man Dämonen nennt, das Leben von Ihm empfangen haben. Denn sie leben, das kann man nicht leugnen; und wenn Gott ihnen das Leben nicht entzieht, dann weil er ihre Existenz akzeptiert.

Das Licht, die Liebe und die Geduld Gottes ernähren alle Geschöpfe. Natürlich entziehen sich diejenigen, die nicht in Seiner Nähe bleiben, Seinen Segnungen. Aber sie sind es selbst, die sich ihnen entziehen, es ist nicht so, dass der Herr sie ihnen entzogen hat.

Manche werden daran Anstoß nehmen, wie ich die Hölle und die Dämonen darstelle. Nun, es bringt nichts, daran Anstoß zu nehmen, man muss darüber nachdenken. Wenn die finsteren Wesenheiten ihr Leben nicht von Gott haben, wer hätte es ihnen geben sollen? Haben sie es selbst erschaffen können oder haben sie es von einem anderen Schöpfer erhalten? Wenn Gott nicht der alleinige Herr des Lebens ist, dann heißt das, dass Er auch nicht der alleinige Herr des Universums ist und Er demnach nicht allmächtig ist. Ihr seht, in welche Widersprüche man sich letztendlich verstrickt... Versteht also, dass dann, wenn die Geister der Hölle ihr Leben von Gott haben, sie sich auch von Gottes Leben ernähren. Aber welche Nahrung erhalten sie? Auf alle Fälle nicht die der Engel, sondern die Abfälle, die Reste, die von anderen Geschöpfen zurückgewiesen wurden, in dem Maße, wie sich der Strom von der Quelle entfernt; denn in diesen Abfällen sind noch einige Teilchen des Lebens enthalten, das seinen Ursprung im Höchsten hat.

Es ist notwendig, dass euch dies klar ist. Wenn der Strom des Lebens an der göttlichen Quelle entspringt, fließt er hinab und beim Hinabfließen durchquert er jene Regionen, die die Christen Engelshierarchien nennen und die Kabbalisten Sephiroth. Aber das Leben, das aus Gott entsprungen ist, endet dort nicht und es umfasst auch die tieferen Regionen, die die Christen »Hölle« nennen und die Kabbalisten »Kliphoth«, das heißt Schalen, Abfälle. Diese Regionen enthalten noch einige Atome des Lebens, das aus Gott entsprungen ist, man muss das unablässig wiederholen, denn kein Leben kann außerhalb von Gott existieren. Wenn es ein Leben außerhalb von Gott gäbe, dann aufgrund eines anderen Schöpfers und wir hätten in diesem Moment das Recht, ihn zu suchen: Da doch der Erste nicht allmächtig wäre, hätten wir die Rechtfertigung, einen anderen zu suchen.

Weil diese Frage der Einheit der Schöpfung von der Kirche nicht deutlich erklärt wurde, wollten sich Männer und Frauen in den Dienst von Satan stellen, um den Herrn zu bekämpfen. Diese Unwissenden! Welchen Sieg glaubten sie zu erringen? Sie wussten nicht, dass sie den ganzen Müll, alle Abfälle, die aus dem göttlichen Leben gefallen waren, aufnehmen würden. Also wirklich, welche Wohltat!...

Auf der physischen Ebene kann ein Übeltäter, ein Monster die köstlichste Nahrung essen und sie seinen Gästen anbieten. Aber auf der psychischen Ebene können wir nur eine uns entsprechende Nahrung essen oder zu essen geben, denn sie steht in Verbindung mit dem, was wir sind, wir, in unserem Herzen, unserem Verstand, unserer Seele und unserem Geist. Wir ziehen das an, was uns entspricht, und wir geben das, was wir ausstrahlen. Und entsprechend der Qualität dieser Nahrung stärken und bereichern wir uns... oder wir gehen dem Untergang entgegen.

»Ein Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und umzubringen. Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben« (Joh 10,10).

Warum stellt Jesus die Absichten des Diebes auf diese Art seinen eigenen Absichten gegenüber? Der Dieb kommt, um zu nehmen und Jesus kommt, um zu geben. Und wenn er kommt, um das Leben zu geben, dann weil der Dieb, dem er sich gegenüberstellt, kommt, um es zu nehmen.

Was ist das für ein Dieb, der kommt, um die Menschen zu berauben? In Wirklichkeit handelt es sich um mehrere Diebe aller Arten. Manche sind außerhalb, aber viele sind vor allem in ihnen: Es sind die Wünsche und die Begierden, die sie immer bereit sind zu befriedigen und dabei opfern sie das Wertvollste, das sie besitzen: das Leben, das göttliche Leben.

Ihr habt bestimmt im Alten Testament die Geschichte der beiden Söhne Isaaks gelesen: Esau und Jakob. Esau, der Erstgeborene, verbrachte seine Tage im Freien, um Wild zu jagen oder um in den Feldern zu arbeiten, während Jakob sich friedlich im Zelt beschäftigte. Nun, eines Tages, als Esau müde und hungrig von den Feldern zurückkehrte, fand er Jakob, der damit beschäftigt war, eine Linsensuppe zuzubereiten. Da er dem Anblick dieser Nahrung nicht widerstehen konnte, trat er an Jakob sein Erstgeborenenrecht ab, als Tausch für einen Teller Linsen. Das Erstgeborenenrecht mit Ehre und Vorteilen gebührend dieser Stellung für eine Linsensuppe zu verlieren, dieser Tausch ist dermaßen unverhältnismäßig! Aber das ist wieder eine symbolische Erzählung, die man interpretieren muss. Esau, der es hinnimmt, sein Erstgeborenenrecht aufzugeben, um sofort seinen Hunger stillen zu können, das ist der Mensch, der bereit ist, das zu opfern, das ihm in den Augen seines Himmlischen Vaters einen großen Wert gibt, im Tausch für ein schnelles Vergnügen.

Man muss das Erstgeborenenrecht in einem sehr erweiterten Sinn verstehen; es geht jetzt nicht darum, den Erstgeborenen aller Familien zu sagen, dass sie keinesfalls die Vorrechte, die mit ihrer Stellung verbunden sind, aufgeben dürfen. Hier spreche ich von der spirituellen und nicht von der physischen Ebene.

In den irdischen Familien gibt es notwendigerweise das erstgeborene Kind, dann das zweite, dann das dritte, usw., denn man ist auf der physischen Ebene, und auf der physischen Ebene, die von den Gesetzen von Raum und Zeit regiert wird, gibt es immer eine Reihenfolge, eine Einteilung: ein Ding nach dem anderen, eine Person nach der anderen: Sie können nicht alle gleichzeitig am selben Ort auftreten. Aber auf der spirituellen Ebene, in der göttlichen Familie, haben alle Menschen den gleichen Rang. Allen wird also das »Erstgeborenenrecht« zugestanden, das heißt, die Würde von Söhnen und Töchtern Gottes. Es hängt nur von ihnen ab, sich dessen bewusst zu werden und daran zu arbeiten, ihre Stellung zu behaupten. Nur derjenige, der seine Begierden, seine Triebe an erste Stelle setzt, verliert die Würde als Gottes Sohn: Sein Vater ist nicht mehr Gott oder der Heilige Geist, sondern dieses Wesen, das Jesus in den Evangelien Mammon nennt und das nur ein anderer Aspekt von diesem Satan ist, der ihn in der Wüste in Versuchung geführt hat.

Die Linsensuppe steht für die Befriedigung des Magens, aber der Hunger ist auch ein Synonym für alle Wünsche und Begierden. Wie viele andere Arten von Hunger drängen die Menschen, sich auf andere Befriedigungen zu stürzen und bringen sie um ihr Erstgeborenenrecht, ihre Würde als Söhne Gottes! Jedes Mal, wenn ein Mensch einem Trieb nachgibt: der Gefräßigkeit, der Sinnlichkeit, dem Zorn, der Eifersucht, dem Ehrgeiz, dem Hass, dann verkauft er sein Erstgeborenenrecht, seine innere Königswürde für eine Schüssel Linsen. Er verarmt, er unterliegt, er wird zum Sklaven. Er gab etwas äußerst Wertvolles von sich her, Teilchen des göttlichen Lebens, für etwas, das der Mühe nicht wert war.

Und später, als Isaak im Augenblick seines Todes seinen Segen Esau geben will, richtet es seine Frau Rebekka so ein, dass es Jakob ist, der diesen Segen empfängt. Als Esau kommt, ist es zu spät, Isaak hat alles Jakob gegeben und er kann ihm nur noch sagen: »Ich habe ihn zum Herrn über dich gesetzt, und alle seine Brüder hab ich ihm zu Knechten gemacht, mit Korn und Wein hab ich ihn versehen; was soll ich nun dir noch tun, mein Sohn?« (1. Mose 27,37)

Esau ist nicht mehr sein eigener Herr und das Korn und den Wein hat Isaak seinem Bruder gegeben... Das Korn und der Wein... Das Korn, aus dem man das Brot macht, und der Wein: Ist das ein Zufall, dass man hier die zwei symbolischen Nahrungsmittel wiederfindet, die Melchisedek Abraham gebracht hat und die Jesus seinen Jüngern geben wird, bevor er sie verlässt? Was für Dinge würde man in der Bibel entdecken, wenn man alle Erzählungen interpretieren und sie vor allem in Beziehung zueinander setzen könnte!

Als er sagte: »Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben« ( Joh 10,10), zwingt uns Jesus, uns bewusst zu machen, dass unser Verständnis des Lebens unzureichend ist. Wir haben das Leben empfangen und wir leben. Wir benutzen es, wir schöpfen aus ihm, um unsere Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen, wir glauben uns so zu entfalten, während wir uns in Wirklichkeit schwächen. Und Gott, der uns das Leben gegeben hat, damit wir stark, schön, mächtig, lichtvoll und erfüllt sind, entdeckt nichts als Unglückliche, Schwache, Glanzlose und Verkümmerte.

Wenn es also eine Sache gibt, die ich verstanden habe, dann, dass die einzige Wissenschaft, die es wert ist, studiert zu werden, die Wissenschaft des Lebens ist. Und ich würde euch gerne mit mir mitreißen, denn all die anderen Themen, die ihr in Angriff nehmt, all die anderen Aktivitäten, die ihr unternehmt, werden euch nur wirklich etwas bringen, wenn ihr diese wesentliche Realität verstanden habt: das Leben.

Ihr habt das göttliche Leben empfangen und es ist die Wertschätzung, die ihr ihm entgegenbringt, die die Qualität eures Verhaltens und eurer Beschäftigungen bestimmt. Die Menschen erschöpfen sich auf der Suche nach Macht, Erfolg, Ansehen und Geld. Angenommen sie erhalten es (was nicht einmal sicher ist), aber wenn sie ihr Leben verbraucht haben, was bleibt ihnen? Sie machen aus dem Leben ein Mittel, um alles zu erhalten, was sie sich wünschen, während sie es im Gegenteil als Ziel betrachten sollten und all ihre Fähigkeiten dazu einsetzen müssten, das Leben in ihnen zu stärken, zu erhellen und zu reinigen. Anstatt das Leben zu studieren, studieren sie Krankheit und Tod. Das Leben, das schwächen und verringern sie, wo doch ohne das Leben nichts bleibt. Ich leugne nicht den Wert mancher Anschaffungen, aber wenn jedes Ding seinen Platz und seinen Sinn findet, so ist es dank der Wissenschaft des Lebens. Es ist das Leben, das den Verstand, das Herz und den Willen nährt. Wenn der Mensch dieses Leben in sich erhält, dann versteht sein Verstand, sein Herz liebt und erfreut sich, sein Wille erschafft und wird stark.

Andernfalls verdunkelt sich sein Verstand, sein Herz erkaltet und sein Wille schwankt. Ohne Leben sind nicht einmal mehr Wissenschaft, Kunst oder Philosophie möglich. Deshalb sage ich euch, die Wissenschaft des Lebens ist der Schlüssel aller Verwirklichungen.

Vermehrt das Leben, reinigt die Quelle in euch, damit das Wasser freier fließt: Ihr werdet dann Speicher füllen können und dieses Leben bis zum Verstand schicken, der sich erhellt, zum Herzen, das sich den Weiten des Universums öffnet und zum Willen, der schöpferisch und unermüdlich wird.

Das Leben ist wie das Benzin für euer Auto: Wenn ihr kein Benzin mehr habt oder wenn ihr in den Tank irgendeine andere Flüssigkeit füllt, wird es nicht mehr weiterfahren; und das, obwohl kein Teil fehlt!... Und das Leben kann auch mit dem Blut verglichen werden: Der stärkste Kerl fällt leblos zu Boden, wenn man ihm sein Blut nimmt. Aber fragt jemanden: »Was machen Sie aus ihrem Leben? Denken Sie daran, es zu bewahren, es stärker und reicher zu machen?« Er wird euch erstaunt anschauen, denn für ihn bedeutet das Leben zu bewahren nur, sich nicht leichtsinnig Gefahren auszusetzen und sich zu pflegen, wenn man krank ist. Die restliche Zeit dient ihm das Leben, um Vergnügungen und materiellen Anschaffungen nachzulaufen, um Geld zu verdienen oder um Ansehen zu erwerben. Dieser Unwissende weiß noch nicht, dass das wahre Geld das Leben ist. Ja, das Leben ist Geld! Und ein Geld, das es erlaubt, Einkäufe in Kaufhäusern zu machen, die denen der Erde bei Weitem überlegen sind.

Die Menschen lieben das Geld, weil sie instinktiv fühlen, dass es alle Möglichkeiten darstellt, die das Leben ihnen bietet. Nur verwechseln sie etwas: Sie halten das Gold, das ein Symbol des Lebens ist, das Gold, das von der Sonne kommt, für das Leben selbst.

So, wie das Leben alles gibt, so gibt das Gold (oder sagen wir das Geld, da es das geläufigere Wort ist) auch alles und deshalb räumen sie ihm eine Wichtigkeit ein, die sie dem Leben nicht mehr geben können.

Denn sie haben das Leben verloren. Sie zittern bei der Vorstellung, dass man ihnen ihr Geld stehlen könnte und sie treffen ungeheure Vorsichtsmaßnahmen, um es in Sicherheit zu bringen. Schaut euch die Banken an, sie sind wahrhafte Festungen geworden, nichts wird besser bewacht und beschützt als die Geldschränke. Aber warum zittern die Menschen nicht gleichermaßen bei der Vorstellung, ihr Leben zu verlieren, diese Quintessenz von Ihm selbst, die Gott in sie gelegt hat und die aus ihnen Söhne und Töchter Gottes macht. Und da sie Seine Söhne und Töchter sind, gehören ihnen auch alle Reichtümer des Universums. Ist das nicht wünschenswerter, als sein Leben auf der Jagd nach einigen Kleinigkeiten zu verlieren?...

Das Geld ist der materielle Ausdruck aller Möglichkeiten, die uns das Leben gibt, ja, aber nur der materielle Ausdruck. Man muss lernen, ihn auf die anderen Ebenen, auf die Gefühls-, Verstandes- und die spirituelle Ebene zu übertragen, damit man auf diesen Ebenen das Äquivalent von dem erreicht, was man auf der physischen Ebene erreichen kann.

Das Leben ist wie das Öl für die Lampe, das Wasser für die Mühle, das Benzin für das Auto, der elektrische Strom für die Fabrik, das Blut für den Organismus. Nur das Leben erlaubt, dass alles funktioniert. Und es ist dennoch am meisten verkannt und verachtet. Jemand wird sagen: »Wie bitte? Aber ich betrachte das Leben als das wertvollste Gut. Gestern Abend, in der Dunkelheit, hat sich jemand in einer Straßenecke auf mich gestürzt und mir gedroht: »Geld oder Leben!« Nun, ich habe ihm das Geld gegeben.«

Ja, das stimmt, wenn sich die Frage so stellt, dann wählt man das Leben. Aber sonst denkt man nicht daran, man verschwendet und entwürdigt es. Es muss bis zum Äußersten kommen, um zu verstehen. Aber vorher ist man sich dessen nicht bewusst und man verschwendet sein Leben auf der Jagd nach Befriedigungen und Vorteilen, die nie gleich wichtig sind wie das Leben selbst. Wie viele Menschen sind bereit, ihr Leben zu verschwenden, nur um ein paar Cent zu verdienen oder um das Vergnügen zu haben, sich zu brüsten, weil sie einige Erfolge erzielt haben! Beim Anblick des Wenigen, das sie gewonnen haben, kommt ihnen nie die Idee, auf ihre innere Waage die Schätze des Lebens zu legen, die sie verloren haben.

Und für wie viele Männer und Frauen hat das Leben nur dann Bedeutung, wenn es in Ausschweifungen gelebt wird! Sie ziehen es vor, sich zu »töten«, nur um intensive Empfindungen zu haben... Fragen sie sich denn, ob Gott ihnen dafür das Leben geschenkt hat und ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, intensiv zu leben?... Nein, die meisten Menschen haben eine Vorstellung vom Leben, die sie zum Tod führt, zum physischen Tod oder zum spirituellen Tod und oft sogar zu beidem. Natürlich sterben wir alle eines Tages, aber das darf uns niemals daran hindern, die einzig wahrhafte Wissenschaft zu studieren: die Wissenschaft des Lebens. Denn es ist das Leben, das wir mit Gott und allem, was im Universum existiert, gemein haben. Wenn wir also selbst lebendig werden, treten wir in Verbindung mit Gott, mit allen Wesen und mit dem Universum.

Also, wollt ihr lebendiger werden? Wollt ihr, dass euer Leben in seinen Schwingungen und Ausströmungen lebendiger wird? Unter den Tausenden von Ratschlägen, die ich euch geben kann, behaltet wenigstens einen: Werdet euch des ganzen Lebens um euch herum bewusst und respektiert es als eine Manifestation des göttlichen Lebens. Schon wenn die Menschen lernen würden, dieses Leben bei den anderen, in ihrem Umfeld zu respektieren, wäre das ein großer Fortschritt. Aber wie schätzen sie einander ein? Wenn sie einander treffen, denken sie dann: »Hier ist ein Geschöpf, das wie ich einen Teil des göttlichen Lebens enthält; dieses Geschöpf muss ich also respektieren und schützen?« Nein, nein, oft betrachten sie einander nur noch als Schatten oder Automaten; sie rempeln einander an, versuchen sich gegenseitig zu benützen, so, als ob sie Gegenstände oder Werkzeuge wären, und wenn sie sich zu sehr stören, dann versucht jeder den anderen auszuschalten. Aber was für ein Leben hoffen sie mit diesem Verhalten zu führen? Lebendig zu werden, das heißt, sich für die unendlichen Ausdrucksformen des Lebens um uns zu öffnen, die Personen, die wir treffen, zu grüßen, in ihnen den Funken des göttlichen Lebens zu sehen, ihnen für alles zu danken, was sie uns geben und für uns tun (manchmal sogar, ohne dass wir es wissen). Lebendig zu werden, das heißt, sich immer zu entzücken, das heißt, die Wesen und die Dinge immer zu sehen, als wäre es das erste Mal. Ja, das heißt durch das Leben Gottes lebendig zu werden. Da das Leben das stärkste Band ist, das uns mit Gott verbindet, müssen wir, um wahrhafte Söhne und Töchter Gottes zu werden, daran arbeiten, unser eigenes Leben göttlich zu machen. Es ist möglich, die wahre Religion in den Kirchen zu finden, aber sie ist zuerst im Leben und es liegt also an uns, eine bewusste Verbindung mit den besten Ausdrucksformen des Lebens zu pflegen.

Kapitel 2: Das Blut, Träger der Seele