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Beschreibung

Nicht nur Robert Spaemanns Stellungnahmen zu vielfältigen ethischen und gesellschaftlichen Fragen der Zeit haben große Beachtung gefunden, auch seine philosophischen Entwürfe – mehrfach mit dem Untertitel »Versuch« – haben eine für einen Philosophen außergewöhnlich große Leserschaft erreicht und wurden in viele Sprachen übersetzt. Die Originalität seiner Ideen und nicht weniger die Brillanz seines Stils machen diesen hohen Grad an Aufmerksamkeit verständlich. Allerdings lässt sich wie gegenüber manch anderem Philosophen eine gewisse Neigung zur Etikettierung konstatieren. Umso wichtiger ist es, die philosophische Diskussion über Spaemanns Positionen weiter zu inspirieren. Die in diesem Band versammelten Beiträge unternehmen daher den Versuch, seine Intentionen weiterzudenken, insbesondere aber seine Ideen und Argumente gerade nicht nur immanent zu interpretieren, sondern sie kritisch zu untersuchen und mit den gegenwärtigen Diskussionen in der Philosophie zu konfrontieren. Es geht in diesem Band u.a. um Spaemanns Grundlegung der Ethik, seine Kritik am Szientismus und dessen reale Folgen sowie sein Verständnis von Status und Sinn der Philosophie insgesamt. Ein besonderes Gewicht liegt auf der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten von Spaemanns neuer Konzeption der Person.

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Thomas Buchheim / Rolf Schönberger / Walter Schweidler (Hg.)

Spaemanns Philosophie

Meiner

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Vereins Lernen für

die Deutsche und Europäische Zukunft e. V. und der Diözese Eichstätt

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische

Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar.

ISBN 978-3-7873-4584-7

ISBN eBook 978-3-7873-4586-1

© Felix Meiner Verlag Hamburg 2024. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53, 54 UrhG ausdrücklich gestatten.

Konvertierung: Bookwire

Vorwort

Der im Jahr 2018 verstorbene Münchner Philosoph Robert Spaemann (5.5.1927–10.12.2018) ist einer über ethische Fragen debattierenden Öffentlichkeit vor allem durch seine streitbaren, von aufrechten moralphilosophischen Grundsätzen getragenen und mit ausgeprägtem Witz pointiert formulierten Essays und Wortmeldungen in vielen Zeitungsartikeln und mündlichen Medienbeiträgen und Diskussionen seit langem bekannt und wird besonders in katholisch denkenden Kreisen als starke Leitstimme eines immer schütterer besetzten Chores zur Verteidigung klassisch-philosophischer Prinzipien der Ethik weltweit hochgeschätzt. Spaemann selbst hat allerdings zeit seines Lebens großen Wert darauf gelegt, dass nicht der pointiert formulierte und unvermeidlich Partei ergreifende Essay in erster Linie das Ziel der philosophisch Denkenden sei, sondern die systematische Arbeit am Argument, das einem nur aus vernunftgeleiteten Gründen einleuchten muss, wenn man sich ihm nicht aus dogmatischen oder mentalitätsbestimmten Gründen verschließt. Gleichwohl hat Spaemanns Denken, wenn der Eindruck nicht trügt, auch in dieser Hinsicht bislang leider bei weitem nicht das Maß an fachphilosophischer Aufnahme und Rezeption gefunden, das ihm, der Qualität und scharfsinnigen Machart seiner Gedanken entsprechend, im weltweiten philosophischen Diskurs zustehen würde. Das liegt zum Teil auch daran, dass es sich keiner der maßgeblichen Strömungen der analytischen oder auch kontinentalen Philosophie zuordnen lässt, sondern in gewisser Weise frei denkend eigene Fundamente und Ecksteine sucht, auf denen es sich aufrichten lässt. Was aber nicht einzuordnen ist in einen ohnehin schon weit aufgedrehten Fächer an anerkannten Argumentationsrichtungen und vertretenen Positionen, das wird akademisch meist wenig beachtet auch dann, wenn es von großer philosophischer Kraft zeugt. Zum anderen Teil ist sicherlich auch das vernehmbar christlich-katholische Profil, auf das Spaemanns philosophische Argumentationsketten oft wie von selbst aus eben Vernunftgründen zu

konvergieren scheinen, manchen der fachphilosophisch führenden Repräsentanten in der Debatte heute wenig angenehm.

Es war daher Ziel eines für das Jahr 2020 geplanten Symposions unter dem Titel Robert Spaemann: Philosophische Argumente und Kontroversen, eine erhebliche Anzahl – sei es sympathetisch oder auch kritisch – der akademisch Philosophierenden aus aller Welt zusammenzuführen, die schon zu seinen Lebzeiten Aufmerksamkeit auf Spaemanns Philosophieren gewendet und Anregungen daraus bezogen haben, um gemeinsam Denkchancen im Werk von Spaemann namhaft zu machen und näher zu prüfen, die sich für eine in Zukunft explizitere akademisch-philosophische Fachdiskussion zur Anknüpfung eignen könnten.

Da es während der Pandemie unmöglich war, das Symposion durchzuführen, wurden die Beiträge im Herbst 2021 auf einer Plattform für alle Teilnehmer zugänglich gemacht und zur Diskussion gestellt. Diese Beiträge sollen zusammen mit denen einiger weiterer Autoren zu dem vorliegenden Band der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Die Interpretation und Diskussion von Spaemanns Gedanken sind in vier thematischen Problemkomplexen gruppiert, die von seiner neuen Begründung der Ethik über seinen dritten Weg zwischen Spiritualismus und Naturalismus und der Szientismuskritik bis zum philosophischen Gedanken reichen.

Wir danken allen Mitwirkenden sehr herzlich, ebenso allen Mitarbeitern bei der technischen Durchführung der Plattform und der redaktionellen Bearbeitung.

Thomas Buchheim

Rolf Schönberger

Walter Schweidler

INHALT

I. NATURALISMUS ODER SPIRITUALISMUS? – SPAEMANNS ALTERNATIVE ZUR ALTERNATIVE

Thomas Buchheim Wie oder wer sind Personen? Versuch einer ontologischen Bestimmung in Anlehnung an Ideen Robert Spaemanns1

Joachim Horubała The Ontological Foundations of Robert Spaemann’s Concept of a Person

Michael Maier Das ›Missing Link‹ zwischen Naturteleologie und Personenontologie

Günther Pöltner Zum Unterschied zwischen ›etwas‹ und ›jemand‹

D. C. Schindler Re-Thinking Nature and Person in the Thought of Robert Spaemann

Rolf Schönberger Entscheidung ohne Wahl Spaemanns »Radikalisierung des Freiheitsbegriffs«

Walter Schweidler Umkehr zu sich selbst Zu Robert Spaemanns Ontologie des Uneinholbaren

II. INSEL ODER KONTINENT? – KRITIK DES SZIENTISMUS UND ERINNERUNG AN DEN MENSCHEN

Marcela García-Romero Dialectic of Actuality in Spaemann’s Ontology Transcendental Horizon vs Personal Self-Transcendence

Ana Marta Gonzàlez Human Nature, Culture and Truth Robert Spaemann as a philosopher of culture

Reinhart Maurer Spaemann und Ritter über Fortschritt und Emanzipation

Anselm Ramelow, O.P. Personalismus und Metaphysik Die Sinne von Sein bei Robert Spaemann

Wilhelm Vossenkuhl Ontologie der Nähe Im Ausgang von Robert Spaemanns ontologischer Flaschenpost

Holger Zaborowski »Schritte über uns hinaus« oder: Was bedeutet es, Wirklichkeit als Anthropomorphismus zu denken? Annäherungen an Robert Spaemanns Ontologie des Personseins

Eduard Zwierlein Woran anknüpfen? Zur Reflexion des argumentum ad hominem bei Robert Spaemann

Thomas Fuchs Wirklichkeit als Beziehung Robert Spaemanns relationale Ontologie

III. STREBEN ODER SOLLEN? – SPAEMANNS BEITRAG ZUR BEGRÜNDUNG DER ETHIK

Peter Nickl Glück und Wirklichkeit

Karlheinz Nusser Glück und Wohlwollen als ethisch reflektiertes Leben Das Lebensverständnis von Robert Spaemann als Grundlage für Individuum und Gesellschaft

Dietmar von der Pfordten Die Person als geistige Einheit von innerer Differenz und äußerem Verhältnis

Christian Schäfer Moralisch außer sich sein Hannah Arendts und Robert Spaemanns Modelle einer exzentrischen Identität

María Luisa Pro Velasco / María Altagracia Góngora Rodríguez Eine Kontroverse in der zeitgenössischen Bioethik Vergleichende Annäherung an die Positionen von Jürgen Habermas und Robert Spaemann zum Problem der Eugenik

Christof Rapp Antinomien des Glücks Ein Dialog mit Robert Spaemann

IV. ENDE ODER GRUNDLEGUNG DER RATIONALITÄT? – DIE STELLUNG DER PHILOSOPHIE ZUM GOTTESGEDANKEN

Marco Hausmann Unvergänglichkeit der Wahrheit und Existenz Gottes nach Robert Spaemann

Anton Friedrich Koch Ein Gottesbeweis aus dem Futurum exactum? Anmerkungen zu Robert Spaemanns »letztem Gottesbeweis«

Amit Kravitz Die Verborgenheit Gottes und die Verborgenheit Gottes nach Robert Spaemann

Luca F. Tuninetti Warum sind alle Thomisten Katholiken? Die unausgesprochenen Voraussetzungen der thomistischen Metaphysik im 20. Jahrhundert und Spaemanns Verständnis der Philosophie

ANMERKUNGEN

I. NATURALISMUS ODER SPIRITUALISMUS? – SPAEMANNS ALTERNATIVE ZUR ALTERNATIVE

Thomas BuchheimWie oder wer sind Personen?Versuch einer ontologischen Bestimmung in Anlehnungan Ideen Robert Spaemanns1

Spaemanns prägnantes, aber vielsagendes Aperçu, dass es Personen »nur im Plural gibt«2, bildet den Ausgangspunkt zur Betrachtung eines Kerngedankens seiner Philosophie, demzufolge die Personalität einer jeden Einzelperson abhängt von der ihr einbeschriebenen Systematik einer Beziehung zwischen allen, die ebenfalls Personen sind. Diese der Personalität einer jeden einbeschriebene Beziehung mit allen ist selbst kein natürlicher, obwohl erst auf der Grundlage bestimmter Naturverhältnisse zwischen lebendigen Individuen personen-charakteristischer Verhaltensneigung unwillkürlich sich einstellender, sie unter das Dach einer gemeinsamen Form des Lebens versammelnder und insofern kollektiver Sachverhalt3 – eben dem, dass es Personen nur im Plural gibt.

Ist Person zu sein ein nicht selbst natürlicher, sondern nur über einer gewissen Natur unter gewissen Bedingungen unwillkürlich sich einstellender Sachverhalt, dann sind alle diejenigen lebendigen Individuen, die Personen sind, zwar Personen von Natur, d. h. geborene, aber nicht dank ihrer Natur, sondern dank jener sich einstellenden Form des gemeinsamen Lebens. Ich möchte diese eigenartige Zwischenlage der Personalität von Personen zwischen Natur und Übernatürlichkeit, wie sie Robert Spaemann in seinem Buch Personen scharfsinnig und eindrücklich beschrieben hat, in vier von Spaemanns Buch unabhängig formulierte Kernaussagen fassen, von denen nicht nur nach meiner Meinung, sondern im Anschluss an verbreitete Intuitionen und den normalen Sprachgebrauch jede für sich genommen unerlässlich ist, die zusammen aber sogar als hinreichend dafür gelten können, um wen zutreffend eine Person zu nennen. Meine Absicht gilt daher, wenn sie zutreffende von nicht zutreffenden Fällen der Anwendung unterscheidbar macht, einer ontologischen Bestimmung des Begriffs,4 – nicht um dessen oft betonte ethisch-normative Valenz zu bestreiten, sondern nur, um sie nicht für eine bloße Bestimmung der Sache schon zu benutzen und damit als zugestanden voraussetzen zu müssen – was Spaemann selbst häufig genug getan hat und so seine neue konzeptuelle Idee dem zwar falschen, aber immer wieder laut werdenden Verdacht aussetzte, nur Ausdruck eines philosophisch untermalten weltanschaulichen Interesses zu sein.

Nein, das ist sie nicht! Doch lässt sich dies erst erkennen, wenn es gelingt, einzig und allein den rein begrifflichen Zügen seiner Idee folgend ein philosophisch kohärentes und für den fraglichen Begriff zureichendes Theoriekonzept auszuformulieren.5 Dadurch ist es dann auch möglich, Spaemanns konzeptuelle Grundidee als einen höchst originellen und neuen Vorschlag auf die sonstige weltweite philosophische Diskussion über den Begriff und die Identität von Personen zu beziehen und auf diese Weise sowohl Unterschiede wie Ähnlichkeiten kenntlich zu machen. Denn das ist es, was manchen von Spaemanns guten Ideen am ehesten zu fehlen scheint: Sie werden nicht wahrgenommen in der international maßgeblichen akademisch-philosophischen Diskussion, sondern kursieren in sehr begrenzten Gesprächszirkeln, die nicht selten eine solche weltanschauliche Gemeinsamkeit teilen, wie oben angedeutet.

Bevor ich mit dem neutralen Bestimmungsversuch beginne, möchte ich erst noch ein für meine Lektüre Spaemanns zentrales Zitat an den Anfang rücken, das mir jene konzeptuelle Grundidee besonders eindrücklich zu formulieren scheint, um sie dann anschließend durch vier Kernaussagen begrifflich genauer aufzuschlüsseln:

»Personen haben das Personsein nicht so miteinander gemeinsam wie Menschen das Menschsein. ›Person‹ ist kein Wesensmerkmal, sondern bezeichnet ein ›individuum vagum‹, also die jeweilige Einzigkeit des Lebensvollzugs. ›Person‹ ist deshalb wie ›Sein‹ ein analoger Begriff. Personen heißen ›Personen‹, wie alle Familienmitglieder denselben Familiennamen tragen. Für jeden bedeutet dieser Name etwas anderes. […] Sie fallen nicht unter den Namen wie unter einen gemeinsamen Oberbegriff, der gegenüber den Differenzen, die unter ihn fallen, indifferent ist. Der Name selbst weist vielmehr jedem, der ihn trägt, einen bestimmten Platz innerhalb einer Familienstruktur zu. So hat jede Person für immer ihren eigenen, nur durch sie definierten Platz in der Personengemeinschaft. Es gibt sie nur zusammen mit diesem Platz und den Platz nur durch sie.«6

Mein Ziel ist zu zeigen, dass Personen zwar identisch sind mit je einem lebendigen Individuum, das gewisse Wesensmerkmale besitzt (etwa: terrestrische Lebewesen höherer Spezies wie z. B. Menschen); dass aber ihre Art und Weise zu leben (Spaemann: ihr »Lebensvollzug«) sie erst dann zu Personen qualifiziert, wenn ihr pluraler Lebensverband eine Form aufweist, die durch das biographische Leben der meisten, aber nicht unbedingt aller Verbandsmitglieder verwirklicht wird. Diese Sorte von Form, die nicht durch die Lebensweise von Einzelexemplaren, sondern nur auf deren Vielzahl instanziiert wird – obwohl nicht alle Exemplare des Verbands die spezifischen Charakteristika der Lebensweise teilen müssen – ist in der genannten Hinsicht vergleichbar mit Lebensformen im Sinne von Michael Thompsons »natural historical judgements«7. Nur dass die entsprechenden Urteile wie etwa »Der Mensch ist Person« oder »Der Mensch lebt ein Leben personaler Form« nach meiner These gerade kein natural historical judgement bilden, sondern ein Urteil, das auf eine erst biographisch sich einstellende Form seines Zusammenlebens mit anderen abhebt. Indessen betrachte ich die von mir beschriebene personale Lebensform auch nicht – wie Thompson die von ihm herausgestellten life-forms – unter einem primär logischen Aspekt als eine besondere Form des Urteils, sondern als eine ontologisch reale Form,8 die sich auf Lebensverbänden unter bestimmten Bedingungen errichtet, die ich nachfolgend genauer beschreiben möchte.

Bevor ich zur ersten Kernaussage komme, ist noch ein Wort über die Bedeutung des Plurals fällig, der für die Existenz von Personen nach meinem Verständnis (angeregt durch Spaemann) unerlässlich ist. Es handelt sich dabei um ein begriffliches, nicht aber faktisches Erfordernis. Das heißt, auch wenn durch faktisch eingetretene Umstände einmal keine Vielzahl mehr, sondern nur noch ein Individuum personaler Lebensform existierte, könnte es sich nach wie vor um eine Person handeln. Dies zeigt zugleich, dass Person zu sein, kein essentieller Begriff für entsprechende Individuen sein kann, wie dies auch im oben angeführten Zitat Spaemanns klar zum Ausdruck gebracht wird: »›Person‹ ist kein Wesensmerkmal, sondern ein ›Individuum vagum‹«, d. h. ein Individuum, von dem qua Person noch unbestimmt bleibt, welchen Wesens es sei, ähnlich, wie wenn wir von einem »vernünftigen« oder »sprechenden« Individuum oder einem »handelnden Akteur« etc. sprechen. Obwohl all die genannten Prädikate – wie auch die, Person zu sein – tiefgreifende und implikationsreiche Charakteristiken für die einschlägigen Individuen sind, sind sie doch keine Wesens- oder Substanzbegriffe, an deren Merkmalen die Existenz und Individuierung der Betreffenden aufgehängt ist. Und in diesem Sinn ihres Begriffs wiederum, dass die betreffenden Individuen Personen sind, liegt es nach These Spaemanns beschlossen, dass sie »nur im Plural«, d. h. nur als Glieder eines Beziehungssystems aller, auch die Charakteristik des Personseins an sich haben. Weder also ist jemand, die eine Person ist, ihrer individuellen Essenz nach unmöglich ohne Vielzahl von Personen; noch ist es für Personen akzidentiell, im Plural aufzutreten. Aristoteles würde das Verhältnis des Begriffs Person zur Mehrzahl der Fälle vermutlich als ein Akzidenz kath’ hauto bezeichnet haben: Es kommt der Person per se zu, in Mehrzahl zu existieren, obwohl es nicht zum ti ên einai ihrer primären Substanz gehört.

1. Nur Mitglieder eines Filiationsverbands von lebendigen Individuen können Personen sein

Mit der ersten Kernaussage zur Charakteristik von Personen wird zunächst diejenige Grundlage oder natürliche Voraussetzung adressiert, die ein »individuum vagum« doch immerhin erfüllen muss, um überhaupt dafür in Frage zu kommen, eine Person zu sein. Diese Voraussetzung lautet, dass es sich um ein lebendiges Individuum (nicht um einen leblosen Computer oder Kristall oder eine abstrakte Struktur wie etwa eine platonische Idee) handelt. Die erste Kernaussage lässt sich so formulieren:

(1) Grundlage des Daseins von Personen ist die Weitergabe oder Mitteilung eines gemeinsamen Lebenserbes an eine Mehrzahl lebendiger Individuen von entsprechend gleicher Natur. (Filiationsverband)

Mit »Grundlage des Daseins« meine ich nicht nur eine notwendige Bedingung im philosophieüblichen Sinn des Worts, sondern spezieller eine derartige Bedingung, insofern sie zugleich Konstituentedes dadurch Bedingten ist und ihm daher auch selbst angehört. Nach dieser ersten Kernaussage ist klar, dass nichts eine Person wäre, was nicht lebendig wäre, und auch nichts, was in seiner Lebendigkeit völlig allein stünde, d. h. das solitär einzige Exemplar seiner Lebendigkeit wäre, solange diese besteht. Vielmehr muss eben das Leben in einen Plural von Einzelfällen seines eigenen Stattfindens weitergegeben oder mitgeteilt werden. Mit Aristoteles gesprochen: Das betreffende Leben muss eine Synonyma ausbildende Naturform haben, nicht bloß eine fortgesetzte Wucherung ohne individuierende Selbstabgrenzung sein, wie z. B. ein Krebsgeschwür.

Doch kommt es für die jedenfalls lebendige Verfassung von Personen im Sinne der ersten Kernaussage nicht darauf an, ob es sich um organisches, biologisches oder technisch erzeugtes oder überhaupt auch nur auf Materie operierendes Leben handelt oder nicht. Ich folge vielmehr der von John Locke (und früher ähnlich schon von Aristoteles) formulierten Auffassung, dass die Individuationsbedingung lebendiger Identität sich nicht aus der Materie ergibt, auf der Leben operiert, sondern aus der individuellen Geschlossenheit des Lebens selbst in jedem Einzelfall seines Stattfindens. Locke schreibt in dieser Hinsicht:

»[…] animal Identity is preserved in Identity of Life« (II 27, § 12 [p. 337]) »[…] the same Animal, as we have observed, is the same continued Life communicated to different Particles of Matter, as they happen successively to be united to that organiz’d living Body.« (II 27, § 8 [p. 332f.])

Nach dieser Auffassung beruht die Identität eines lebendigen Individuums in der Identität, d. h. individuellen Geschlossenheit seines Lebens (nicht der Materie). Hierin folge ich Locke. Der zitierte Satz scheint zu implizieren, dass »Identität des Lebens« Grund für die Identität eines lebendigen Organismus in fortwährend neu organisierter Materie ist – nicht etwa umgekehrt. Wie Peter van Inwagen in seinem Buch Material Beings hervorgehoben hat, ist die These Lockes genau besehen nicht (wie oft angenommen wird)9 die, dass sich nur eine gleiche Struktur im Austausch von Materie erhält, wie z. B. bei einer Kerzenflamme oder Meereswelle; sondern vielmehr die, dass das Leben in sich ein, wie van Inwagen schreibt, »wellindividuated event« sei, das sich in sich selber fortsetzt oder seine Individualität behält:

»[…] a life is a self-directing event. […] It is this feature of lives, their seeming to be well individuated, that made it possible for Locke to explain the identity of man in terms of the identity of a life and thereby to offer something that we can at least take seriously as a possible explanation of human identity. If lives did not at least appear to be well-individuated events, Lockes explanation would not even be worth considering; we should all regard it as an explanation of the obscure through the no less obscure. A flame though it is a self-maintaining event, does not seem to be nearly so well individuated as a life.«10

Nicht hingegen folge ich Locke mit meiner Annahme, dass es sich nicht nur um »denselben Menschen«, sondern auch um dieselbePerson handelt, solange ihr individuelles Leben sich fortsetzt – was sich am ehesten mit der These des Animalismus deckt11 und sich in dieser Hinsicht natürlich ganz konträr zu Lockes Auffassung verhält. Denn John Locke meinte gerade, dass es nicht dasselbe Leben sei, was außer demselben lebendigen Individuum auch dieselbe Person ausmache, sondern vielmehr dasselbe Selbstbewusstsein. So dass nach Lockes Meinung theoretisch auch verschiedene lebendige Individuen dieselbe Person sein könnten, wenn sie nur dasselbe Selbstbewusstsein teilten – was immer Locke sich dabei unter Selbstbewusstsein vorgestellt hat:

»[…] we must consider what Person stand for; which, I think, is a thinking intelligent Being, that has reason and reflection, and can consider it self as it self, the same thinking thing in different times and places.« (Locke, Essay p. 335)

Dieser Auffassung Lockes möchte ich also nicht ebenfalls folgen. Stattdessen ist es für meinen nachfolgend dargelegten Vorschlag wesentlich, dass die Identität und das Dasein von Personen nicht von der Frage des Selbstbewusstseins abhängig gemacht werden. Es kann also nach meiner Meinung (wie auch nach Spaemann) Personen geben, die gar kein Selbstbewusstsein haben, nicht einmal potentiell oder rudimentär.12

Offenlassen muss ich hier, was es denn heißt, dass einem Leben individuelle Geschlossenheit und damit numerische Identität zukommen kann.13 Das setze ich vielmehr als annehmbar und gegeben voraus, wo immer es sich um Personen handeln würde. Zweitens bleibt an dieser Stelle auch noch unerklärt, welcher Typus von individuell geschlossenem Leben es denn sei, der begründen kann, dass es sich nicht bloß um das Leben von Tieren – oder mit dem Ausdruck von Locke – um »Animal life« handelt, sondern um das Leben von Personen. Denn natürlich ist zuzugeben, dass nicht alles individuell distribuierte Leben, das sich selbst in eine Mehrzahl davon weitervererbt oder mitteilt, schon personales Leben und die Mitglieder eines solchen sich weitervererbenden Filiationsverbands bereits Personen sind. Die noch folgenden drei Kernaussagen sollen vielmehr gerade diese zweite Frage erst beantworten: Welche Charakteristika eines Mitteilungsverbands von gleichem Lebenserbe an eine Mehrzahl individuell lebendiger Mitglieder es denn seien, die das Moment der Personalität einbringen? (Egal ob künstliche oder biologische Mitteilungswege beschritten werden und auch egal, auf welcher Art von Materie – organischer oder anorganischer – oder ob es sich überhaupt um materiell gebundenes Leben handelt oder nicht.)

Bevor aber zur nächsten Kernaussage übergegangen wird, ist noch ein Punkt zur ersten hervorzuheben, den ich als wichtig für den Personenbegriff ansehe und weswegen ich es für unerlässlich halte, dass Personen jedenfalls lebendige Wesen sein müssen. Denn was immer eine Person ist, das kann, wenn die erste Kernaussage zutreffend ist, nur aufgrund und in den Grenzen seines eigenen Lebendigseins agieren. Der Grund und die Grenzen all seiner Lebensäußerungen oder Aktivitäten gehören aber notwendig zum selben individuellen Fall des Lebens wie eben auch die einzelne lebendige Tätigkeit oder Aktion, die auf dieser Folie des Am-Leben-Seins hervorgebracht wird. Das bedeutet: Jeder Aktion oder Handlung einer Person ist ihre lebendige Natur eine mitgeführte Bedingung oder man kann auch sagen: Hypothek, der sie durch ihr Verhalten und Handeln nicht zuvorkommen kann.

Dies gilt ganz allgemein von Personen. Das heißt, auch wenn Gott oder etwaige Geistwesen existierten, die personal zu begreifen sind, wären sie durch eine ihnen vorgegebene lebendige Natur gekennzeichnet, auch wenn sie in ihrem Handeln hernach oder aufgrund dieser lebendigen Natur völlig einig und in Übereinstimmung damit sein könnten, sie also eine ihnen als Personen ganz und gar angeeignete und in dieser Form charakteristisch durch ihr Handeln geprägte und verantwortete lebendige Natur hätten. Das ist ein konzeptioneller Gedanke, der etwa von Schelling immer wieder geltend gemacht wurde: Gott, wenn er als Person existiert, könnte nicht in dem Sinn causa sui sein, dass er sich eine lebendige Natur oder Essenz durch sein Handeln erst zulegte. Sondern umgekehrt nur in der Weise, dass er als der oder die existiert, die sie im Striche ihrer charakteristischen lebendigen Natur eben ist und die sie dem eigenen Wesen nach auszeichnet.14 Ich wende mich mit dieser Auffassung einerseits gegen gewisse Emanationstheorien (wie z. B. Spinoza), aber auch gegen radikal voluntaristische Positionen, denen zufolge Gottes Handeln entweder keinen für Gott indisponiblen Wesenszügen gemäß ist (Voluntarismus) oder aber nur indisponible Züge besitzt (Emanationstheorie). Für Personen jeglicher Art wäre es also konzeptuell wichtig, dass ihr Leben teilweise für sie selbst indisponible Züge aufweist und teilweise biographisch disponibel ist.

Auch dieses Element, dass jede Person eine lebendige Natur hat, an die ihre Existenz gebunden ist, ohne dass sich ihr Leben als Person darin erschöpft, ist nach Spaemann ein unerlässlicher Zug dieses Begriffs: Personen gibt es nicht ohne eine ihnen vorgegebene, sie bindende Natur.15 Dies führt uns zurück zu den endlichen, uns vertrauten Fällen von Personen, zu denen wir jedenfalls alle selbst gehören. Denn das, was gerade am Denkexperiment einer göttlichen Person durchgespielt wurde, ist Hauptmoment der zweiten Kernaussage über das Wesen von Personen, die ich vertreten möchte.

2. Der Unterschied von biographischem und biologischem (natürlich vorgegebenem) Leben

Aus den Erläuterungen zur ersten Kernaussage lässt sich ersehen, was es heißt, dass, was immer Person ist, dies von Natur oder ihr selbst vorgegebener und unverfügbarer Weise sein müsste. Aber nicht – und dies sagt nun die zweite Proposition aus – auch dank dieser ihr vorgegebenen Natur, sondern vielmehr dank dem, was Personen aus ihrem Leben, wenn sie es einmal haben, selbst machen. Dies Letztere, was ein lebendiges Wesen aufgrund seiner Lebendigkeit individuell variabel (mit-)disponiert, möchte ich sein biographisches Leben nennen. Während das, was ihm als bloßes Am-Leben-Sein von Natur vorgegeben ist, soll biologisches Leben heißen.16

Die Unterscheidung zwischen biographischem und biologischem Leben ist nicht leicht scharf zu stellen, aber m. E. unentbehrlich, um nicht nur das Besondere personalen Daseins, sondern aller nichtnaturalistisch reduzierbaren Züge dessen, was sich im Universum ereignet, begrifflich einordnen zu können. Gemeint sind mit dieser Unterscheidung nicht zwei verschiedene Leben in demselben lebendigen Wesen, sondern zwei unterschiedliche, meist zugleich stattfindende Modi der Selbstanknüpfung oder internen Fortsetzung desselben Lebens in sich selbst – im oben erklärten Sinn eines wohl-individuierten »self-directing event«, um mit Peter van Inwagen zu reden.17 Der eine Modus der Selbstanknüpfung besteht bei lebendigen Organismen in der Propagation physiologischer Systemprozesse; dies ist das »biologische« Leben oder Am-Leben-Bleiben. Der andere Modus ist Veranlassung einer bestimmten Lebensäußerung des integriert-ganzen Lebendigen in einer durch andere Lebensäußerungen gekennzeichneten Lebenslage des betreffenden Individuums. Einfaches Beispiel für das, was ich meine, ist das Hochreißen der Arme, um einen auf mich zukommenden Schlag abzuwehren. Das Hochreißen der Arme ist die veranlasste Lebensäußerung desselben Lebendigen als Integriert-Ganzem, das zugleich insgesamt in der Lage ist, einen solchen Schlag zu gewärtigen – die veranlassende Lebensäußerung, nämlich Wahrnehmung eines solches Schlages. Alle Lebensäußerungen eines jeden lebendigen Wesens sind immer generiert vom Integriert-Ganzen, vermittels der Lebenslage, in der es sich insgesamt befindet, während die mitlaufende Physiologie prozediert, durch die prozesskausale Folge von Ereignissen im Körper des Lebewesens und deren Austausch mit Ereignissen in der Umgebung.18 Da einander veranlassende Lebensäußerungen desselben lebendigen Individuums nicht direkt Kausalfolgen voneinander (wie Prozesssequenzen), sondern beide stets vom Individuum als integriertem Ganzem kausal generiert werden, können in die Bindung zwischen veranlassender und veranlasster Lebensäußerung Programme und Regelwerke beliebig hochstufiger Komplexität eingeschaltet sein, die bestimmen, welche Art von Lebensäußerung und in welcher Bündelung für welche den Anlass bietet und für welche nicht, während das biologischphysiologische Prozessgefüge bei jeder Art von Anlassbindung sich innerhalb gewisser Toleranzgrenzen gleichmäßig fortsetzt. Setzt es sich nicht fort, endet mit dem biologischen Leben auch die Lebensbiographie, welche in der vielfaserigen Garbe komplex ineinander verschlungener und aneinander anknüpfender Lebensäußerungen in allen Lebenslagen eines lebendigen Individuums besteht. Ein gutes Beispiel bildet das Zwitschern von Vögeln im Wechselgesang, wo sogar oft regional unterschiedliche Zwitscher-Antworten auf bestimmte von anderer Seite erfolgende Vorgaben immer wieder gegeben werden. Die Lebensäußerungen sind also Element und Bausteine biographischen Lebens, das immer kompliziertere Koordination und zunehmend anspruchsvolle Formate annehmen kann, während das biologische Leben als Tenor darunter das gleiche bleibt, ähnlich wie auf den gleichen Sinus einer Radiowelle die kompliziertesten Ton- und Klangfolgen aufmoduliert werden können.19

Aus dem, was wir als Spielarten individuellen Lebens kennen, scheint mir zudem klar ersichtlich zu sein, dass dieser Unterschied – des biographischen Lebens einerseits vom biologischen Leben andererseits – nicht bei all diesen Arten, aber doch bei vielen von ihnen auch abseits des menschlichen Falles stark ausgeprägt ist. Als Personen kommen nach meiner zweiten These aber nur solche Fälle von individueller Lebendigkeit in Frage, bei denen das biographische Leben von Fall zu Fall hochvariabel und bei starker Verschiedenheit auftretender Lebenslagen deutlich zu unterscheiden vom gleichmäßigen Grundtenor biologischen Lebens oder Am-Leben-Seins ist. Also etwa nicht Lebendiges wie Sardinen oder Ameisen kämen nach der zweiten Kernaussage dafür in Frage, Personen zu sein, sondern nur Lebendiges hoher biographischer Signifikanz, wie vielleicht Delphine oder Primaten sie aufweisen,20 die ethologisch hochkomplexe Lebewesen sind.

Auf die Vielzahl der Fälle in einem Verband gleichen Lebenserbes (Filiationsverband) bezogen, ergibt sich so die zweite Kernaussage:

(2) Das gemeinsame Lebenserbe von Personen ist jedenfalls ethologisch hochkomplex (nicht primitives Leben): d. h., in Beziehung auf alle Mitglieder des Filiationsverbands ist deutlich zu unterscheiden zwischen der Lebensbiographie, die von Individuum zu Individuum hochvariabel ausfallen kann, und der natürlich oder biologisch vorgegebenen Lebenshypothek, die das Leben aller permanent auf eine ähnliche Weise bedingt. (Differenzierbarkeit von biographischem Leben und geteilter Lebenshypothek)

Der wichtige Punkt, der sich aus dieser Unterscheidung für das Wesen von Personen ergibt, ist der gleich eingangs hervorgehobene, dass Personen das, was sie als Personen sind, eben nicht auch dank ihrer Natur oder kraft des biologischen Am-Leben-Seins sind, sondern nur dank ihres biographischen, wenn auch untereinander stark variationsfähigen Lebens, das aber, wie wir sehen werden, in gewissen formalen Hinsichten dennoch übereinstimmt: Obwohl also die biographischen Leben der Mitglieder eines derartigen Filiationsverbandes eine so große Spannweite biographischer Diversität aufweisen, stimmen sie doch in gewissen formalen Zügen unwillkürlich überein, die zusammen eben die Form personalen Daseins für alle Mitglieder gemeinsam errichten. Dass es sich um Personen handelt, nicht um nicht-personale Lebewesen, das machen sie – wenn auch unwillkürlich – selbst aus ihrem biographischen Leben, aber sind es nicht schon durch ihre biologische Natur.

Das bedeutet nun weiterhin: Der Begriff Person ist meiner These nach kein Naturbegriff und bezeichnet keine Spezies (natural kind) oder eigene Art von Lebewesen – so wie es etwa nach der bekannten Konstitutionstheorie von Lynne Baker der Fall ist21 –, während jedenfalls für alle uns empirisch bekannten Personen nach dem, was die erste Kernaussage statuiert, galt, dass ihre Zugehörigkeit zu einem Filiationsverband impliziert, immer irgendeiner Spezies oder einem natural kind tatsächlich anzugehören, sofern sie nicht artifiziell erzeugte Personen wären. Aber selbst wenn sie künstlich erzeugte Personen wären, so wären sie doch mehrere von einem gleichen Lebenserbe22 und damit, wenn nicht Exemplare eines natural kind, so doch Exemplare eines artificial kind, das ihrem je eigenen Leben vorgegeben ist. Aber irgendeiner Spezies anzugehören, bedeutet beileibe noch nicht, dass die Betreffenden qua Personen eine eigene Spezies von Lebewesen bilden.

Person zu sein ist somit nach Kernaussage (2) in jedem Fall eine biographische Errungenschaft, nicht ein biologischer Sachverhalt. Von einer Errungenschaft spreche ich dann, wenn das Ergebnis einer Verhaltensweise sich nicht von allein macht wie z. B. Ausdünstungen, sondern den Charakter einer Leistung besitzt; allerdings einer Leistung, die nicht Ziel oder Absicht des betreffenden Verhaltens ist und auch nicht aus dem Verhalten Einzelner resultiert (wie eine Promotion), sondern unwillkürlich mit dem Verhalten vieler sich einstellt (wie z. B. Rechtssicherheit). Spezifisch im hier diskutierten Fall des Personseins als biographischer Errungenschaft ist, dass das betreffende unwillkürliche Leistungsergebnis, wie wir noch sehen werden, mit allen beliebig varianten biographischen Verhaltensweisen einhergeht und daher Formcharakter besitzt.

Es ist deshalb, weil es sich um eine biographische Errungenschaft in diesem höchst allgemeinen Sinn handelt, auch keinesfalls nur die Sache einer bestimmten Spezies, Personen hervorzubringen, während alle anderen Spezies das Nachsehen hätten. Der Vorwurf eines »Speziesismus«, d. h. der grundlosen Privilegierung von Mitgliedern der menschlichen Spezies als Personen vor allen anderen, wird durch die zweite Kernaussage, die ich vertrete, von vornherein unterlaufen. Es hängt also nicht an unserer Spezies und ist kein Fall von willkürlicher Selbstbevorzugung oder ›Speziesismus‹, dass wir gerade uns Menschen für Personen halten, aber alle anderen uns bis heute bekannten Spezies davon tendenziell ausschließen.23 Sondern wir haben uns als Menschen dieses Privileg vor allen anderen uns heute bekannten natürlichen Spezies aus bestimmten, noch aufzuzeigenden Gründen biographisch verdient.

Wie schon kurz angedeutet, bildet das in einem Filiationsverband geteilte biologische Leben (im Unterschied zum biographisch stark variablen Leben jedes einzelnen Mitglieds) so etwas wie eine gemeinsame Hypothek oder Bedingung für das biographische Leben aller ohne Ausnahme. Dies oktroyiert für alle Mitglieder des betreffenden Filiationsverbands eine gewisse, ihnen unverfügbare Gleichstellung ihres Lebens und Am-Leben-Bleibens mit anderen, der biographisch nicht zu entkommen ist. Durch sie sind nämlich einem jeden Mitglied des Filiationsverbands nur bestimmte Korridore für die Variabilität ihres biographischen Lebens geöffnet, deren Grenzen zwar nicht scharf bestimmt sind, die aber als Toleranzzonen auch nicht unter Erhalt des Lebens biographisch überschritten werden können. Personales Leben ist deshalb immer eines, das an jeder Stelle, an der es überhaupt auftritt, mit anderem Leben unter ähnlicher Hypothek an vielen anderen Stellen im Filiationsverband in biographisch unverfügbarer Weise gleichgestellt ist. Dies führt bereits weiter zur dritten Kernaussage, die ich aufstellen möchte.

3. Die biographisch realisierte Isotopie personalen Lebens

Der nächste Gedankenschritt besteht darin, dass die aus natürlichen Hintergründen bestehende Gleichstellung des biologischen Lebens vieler als Grundsituation oder Lebenslage eines jeden auch im biographischen Leben aller durchgängig zum Niederschlag kommt. Dies sagt zunächst der dritte Kernsatz aus, dessen genaue Aussage allerdings aus sogleich zu erläuternden Gründen kompliziert ist und nur aufgespalten in zwei Äste oder Hinsichten ein spezifisch personales, nicht bloß natürlich oder biologisch vorgegebenes Profil gewinnt:

(3) Aufgrund von Kernsatz (1) und (2) bietet ein solcher Filiationsverband Lebensumstände zur Etablierung einer universellen Isotopie sämtlicher Filiationsglieder – im Sinne einer durchgängigen und in allen Biographien (aktiv oder passiv) zum Niederschlag kommenden Wahrnehmung der doppelten Identifizierbarkeit eines jeden abstrakt-beliebigen Mitglieds des Verbands: (a) durch seinen relational eindeutig bestimmten, aber im Prinzip dennoch austauschbar besetzten Platz im Lebensverband; (b) durch seine deskriptiven (natürlich ererbten und biographisch erworbenen) Eigenschaften. (Isotopie kraft Wahrnehmung der doppelten Identifizierbarkeit jedes Mitglieds)

Das Wort ›Isotopie‹ kommt eigentlich aus der Literaturwissenschaft und bedeutet so viel wie »das gleiche Thema oder ein gleicher topos an vielen Stellen eines Textes«. In dieser Weise ist nach den beiden ersten Kernaussagen notwendigerweise die biographische Lebenssituation einer jeden Person, egal welcher Spezies sie angehören würde, beschaffen. Eine biographische Lebenssituation ist nicht gleichzusetzen mit dem subjektiven Bewusstsein, das jemand von einer solchen Lebenssituation hat. Die besagte Isotopie, wo sie sich universell etabliert, erstreckt sich weiter als nur über diejenigen Mitglieder des Filiationsverbandes, die sich ihrer Lage auch subjektiv bewusst sind. Wie eine bestimmte Biographie im Einzelnen verläuft, welches biographisch individuell variante Leben gelebt wird, ist nicht allein von den subjektiv getroffenen Dispositionen und Verhaltensweisen abhängig, die ein Individuum an den Tag legt. Sondern es bestimmt sich auch danach, in welcher objektiven oder Ko-Existenz-Situation ein Leben verläuft. Deswegen sind tatsächlich alle Mitglieder des Filiationsverbands von der bestehenden Isotopie biographisch betroffen, nicht nur die, die das subjektiv als solches auch wahrnehmen.

Das charakteristische und nach meiner These rein formale, d. h. von der besonderen Natur der betreffenden Spezies ebenso wie von biographischer Variabilität des Lebens unabhängige Gepräge der herrschenden Isotopie ist aber dies, dass jedes nach Kernaussage (2) vorgegebener Maßen gleichgestellte Mitglied des Filiationsverbands auf zwei voneinander unabhängige Weisen oder auf zwei unabhängigen Wegen identifiziert werden kann: entweder die Identifikation (a) durch seine bloße Stelle, den Platz oder die Position im isotopen Verband biographischen Zusammenlebens.24Oder die Identifikation (b) durch die deskriptiven Eigenschaften, die es aufgrund seiner natürlichen Beschaffenheit und infolge biographischen Erwerbs besitzt. Während die Identifikation (b) durch deskriptive Eigenschaften keiner besonderen Erläuterung bedarf, ist zur Identifikation (a) durch den Platz im isotopen Verband zu bemerken, dass dieser wiederum eine interne Komplexität besitzt, die man als ›biographische Situierung‹ bezeichnen könnte. Er setzt sich nämlich immer zusammen aus einmal dem Ursprungsort im Zuge der Filiation oder Weitergabe des Lebenserbes (der im Falle von uns Menschen durch den Namen fixiert und häufig auch durch eine Geburtsurkunde festgehalten wird) und zum anderen aus einem biographisch aktuell eingenommenen Platz im Verhältnis zu anderen isotopen Mitgliedern des Lebensverbands, dessen Spur biographisch immer zurückreicht bis eben zum Ursprungsort.

Bevor ich aus den so weit beschriebenen Verhältnissen gemäß Kernaussage (3) die entscheidende Pointe im Sinne Spaemanns ziehe, ist hier eine Bemerkung über den Unterschied von Identität und Identifikation fällig, ohne dessen Berücksichtigung es leicht zu einem Missverständnis der Sachlage kommt, mit dem Spaemanns (und im Anschluss daran auch meine) Position inkonsistent erscheinen könnte. Im Zusammenhang mit der ersten Kernaussage wurde festgestellt, dass jede Person jeweils mit einem lebendigen »individuum vagum« irgendeiner Art (nicht einer bestimmten) identisch sein müsse, aber qua Person nicht wiederum ein »Wesensmerkmal« oder ein essentieller Begriff zur betreffenden Art hinzutrete. Folglich hält die Existenz ein und derselben Person so lange an, solange dieses individuelle Leben sich fortsetzt. Hier ist also klar gesagt (und Spaemann hat dem ausdrücklich zugestimmt), dass die Identität einer Person zusammenfällt mit der Identität ihres Lebens – nicht etwa mit der Identität ihres Selbstbewusstseins oder gar ihres Gehirns, wie es viele heute (im Gefolge Lockes) annehmen. Würde Spaemann dies nicht so vertreten haben, könnte er nicht meinen, dass »schwer debile« Menschen oder gar mit Anenzephalie geborene Kinder Personen sind.25 Die Identität einer Person hängt also immer an ihrem individuellen Leben. Spaemann schreibt explizit: »Die Identität der Person ist eine Funktion der Identität eines Lebewesens.«26 Und diese Position lässt sich am sichersten mit der von Leibniz metaphysisch hinterlegen, was Spaemann auch getan hat,27 worauf ich hier aber nicht genauer eingehen kann. Während die Identität der Person in diesem Sinn eine ontologische Gegebenheit oder das Vorkommen von Personen betrifft, hebt die laut Kernaussage (3) immer mögliche »doppelte Identifizierbarkeit« von Personen nicht auf deren so gefasste ontologische Existenzbasis, sondern auf Unterscheidbarkeit einer jeden Person von jeder anderen ab und sogar auf Unterscheidbarkeit einer jeden von allen anderen Dingen. Denn es ist klar, dass sowohl die Identifikation (a) durch ›biographische Situierung‹ oder den relational eindeutig bestimmten Platz im Beziehungssystem aller Personen immer auch (weil sie lebendige sind) auf den Ursprungspunkt im sich verzweigenden Geäst einer Filiation von Leben zurückzuverfolgen sein muss, was zusammen mit eben den Beziehungen zu anderen Personen eine prinzipielle Unterscheidbarkeit von allen anderen Dingen ergibt. Man könnte nicht denken, dass anstelle der Person etwa ein stets mit sich getragenes Haustier, z. B. eine auf ihr wohnende Maus oder ein sonstiger Gegenstand wie ein Ring nach dem Kriterium (a) nicht von der betreffenden Person unterscheidbar wäre. Als auch ist zum andern die Unterscheidbarkeit einer jeden Person von allem anderen wiederum nach dem Kriterium (b) – nämlich durch sämtliche deskriptiven, d. h. die ererbten plus biographisch erworbenen Eigenschaften – gewährleistet, solange wir Leibniz’ hochplausibles Prinzip der identitas indiscernibilium mitunterschreiben, dem zufolge im wirklichen Universum niemals zwei völlig gleiche, in allen intrinsisch beschreibenden Prädikaten übereinstimmende Dinge angetroffen werden können.

Gerade deshalb aber, weil Personen im isotopen Lebensverband auf zwei voneinander unabhängigen Wegen identifiziert und wahrgenommen werden (durch ihren Platz im Beziehungssystem und durch ihre uns jeweils bekannten Eigenschaften), gerade deshalb sind Wahrnehmung und Umgang unter Personen permanent einer im Prinzip ja möglichen Ablösung der beiden voneinander und damit der Tauschbarkeit von Plätzen und Eigenschaftsträgern inne.

Einen solchen Platz als biographische Situierung im isotopen Lebensverband einzunehmen ist nun zwar auch in nicht-personalen Lebensverbänden objektiv der Fall und insofern von den deskriptiven Kennzeichen der jeweiligen Spezies tatsächlich weitgehend unabhängig. Nicht ebenso unabhängig von der Natur der Spezies (aber auch nicht festgelegt auf nur eine bestimmte) ist es hingegen, dass deren Exemplare normalerweise und in hochgradiger Verbreitung erstens die Unterschiedlichkeit solcher zwei Identifikationswege für Mitglieder des Verbands wahrnehmen und biographisch in ihrem Verhalten gleichsam umsetzen können; dies geht mit einem in allen Lebenslagen bestehenden Gespür für die prinzipiell mögliche Austauschbarkeit einer deskriptiv bestimmten Besetzung an ein und demselben Platz im aktuellen Zusammenleben einher. Und dass sie zweitens auch der abstrakten Wahrnehmung fähig sind, dass einjedes Individuum (beliebig welches), das irgendeinen der im Prinzip gegen die Besetzung mit gerade ihm und seinen Eigenschaften neutralen Plätze besetzen würde, ein zugehöriges Mitglied des betreffenden Lebensverbandes wäre. Weil die faktische Platz-Einnahme aber eine von den deskriptiv identifizierenden Eigenschaften unabhängige Identifizierung ist, deshalb wird in dieser abstrakten Wahrnehmung oder Idee eine ebenso abstrakte, d. h. von den konkret gegebenen deskriptiven Eigenschaften der Mitglieder unabhängige Erweiterbarkeit des Lebensverbands mitaffirmiert.

Erst diese beiden Elemente der mitwahrgenommenen Austauschbarkeit und Erweiterbarkeit der isotopen Plätze eröffnen die in Kernaussage (3) geforderte Universalität der Isotopie im Unterschied zu Filiationsverbänden, die zwar von Natur aus ebenfalls isotop strukturiert sind, aber diese Lebensumstände nicht in eine personale Lebensform ummünzen.28 Und dies ist Spaemanns bereits angekündigte Hauptpointe in seiner Begriffsidee der Person als »Platzhalter«29 in einem Beziehungssystem zwischen allen Mitgliedern einer universalen Personengemeinschaft gewesen.

Aufgrund der mitwahrgenommenen abstrakten Erweiterbarkeit gilt, dass die Bedingungen für Isotopie der eingenommenen Plätze zwar (z. B. bei Menschen) durch die bloße Spezieszugehörigkeit objektiv erfüllt sind, aber deshalb nicht notwendigerweise jedes Mitglied eines Lebensverbandes personaler Art mit der Einnahme eines isotopen Platzes auch die gleiche Spezieszugehörigkeit teilen muss. Nötig ist nämlich nur die Rückführbarkeit auf den Ursprungsplatz in einem – dann allerdings entsprechend ebenfalls personalen – Filiationsverband, der aber im Prinzip auch der einer anderen Spezies sein könnte. Wenn also z. B. extraterrestrische (oder künstlich erzeugte) lebendige Wesen aufträten, die auf Basis ihres eigenen Lebenserbes einem Filiationsverband der in den Kernaussagen (1) bis (4) spezifizierten Merkmale angehörten, dann würden diese auch in unserem menschlichen Lebensverband automatisch isotope Plätze im Sinne von Kernaussage (3) einnehmen – ohne uns etwa erst um Erlaubnis fragen zu müssen.30 Wie wir mit einer solchen faktischen Erweiterung der universellen Isotopie nach Kernaussage (3) umgehen würden, ist eine ganz andere, natürlich primär ethischnormative Frage, über die ich hier unter rein ontologischem Aspekt nichts weiter zu sagen habe.31 Dadurch wird aber noch einmal unterstrichen, dass nach der beschriebenen Auffassung keine deskriptiven Spezies-Eigenschaften, die nicht zugleich zur Form personalen Lebens gehören, an der Identifikation im Wege von (a) beteiligt sind.

Robert Spaemann hat die geschilderte Isotopie in seinem Buch »Personen« als ein »Beziehungssystem« bezeichnet, in welchem Personen prinzipiell zu stehen hätten,32 oder alternativ auch als »personalen Raum«,33 in welchem das biographische Leben von Personen grundsätzlich situiert sei. Die beiden biographischen Besonderheiten, die sich im Leben aller am Beziehungssystem Beteiligten niederschlagen, sind, wie schon gesagt, die abstrakt-formalen Züge der Austauschbarkeit (von geeigneten Eigenschaftsträgern) am selben Platz,34 den jeder einnimmt, und der prinzipiell unabgeschlossenen Erweiterbarkeit des Beziehungssystems.

4. Das Muster der Stellvertretung und seine ethisch-normative Neutralität

Damit nähern wir uns der vierten und letzten Kernaussage zur allgemeinen Charakterisierung einer Form des Lebens von Personen, welche ein bestimmtes biographisches Muster im Verhalten von Platzhaltern eines isotopen Beziehungssystems der geschilderten Art namhaft zu machen versucht, das hinreichend allgemein ist, um in allen biographisch einschlägigen Verhaltensweisen seinen Niederschlag zu finden, und hinreichend spezifisch, um als formales Kennzeichen von Verbänden gerade personalen Zusammenlebens gelten zu können, d. h. unabhängig von jeder besonderen Kultur und Kulturtätigkeit, ohne Inanspruchnahme bestimmter ethischer Wertungen oder Grundsätze, aber auch ungeachtet möglicher Differenzen in der Spezieszugehörigkeit ihrer Mitglieder. Dieses biographische Verhaltensmuster geht um oder kommt auf höchst mannigfache Weise zurecht mit der in Kernaussage (3) geschilderten Isotopie, ist aber im Unterschied zu dieser nicht universell, d. h. gilt nicht für jedes Mitglied eines isotopen Lebensverbandes zu jeder Zeit, sondern bildet einen sich automatisch einstellenden Verhaltensstandard für den Normalfall biographischen Lebens in allen Variationen:

(4) Als manifeste Auswirkung von Kernaussage (3) besitzt das biographisch beliebig variante Leben der Mitglieder in einem isotopen Lebensverband doch zugleich hochgradige Gleichförmigkeit in Gestalt eines situativen Musters der Stellvertretung im Verhaltensgepräge eines hohen Anteils seiner Mitglieder: Ein Muster, dem zufolge jedes Mitglied, das sich in seinem biographischen Verhalten selbst vertreten kann, alle anderen Mitglieder seines Wahrnehmungsbereichs mitzuvertreten hat. (Biographisches Muster der Stellvertretung)

Die Ausdrücke »Vertretung« oder »Stellvertretung« möchte ich in Orientierung an der Grundoperation verstehen, dass x an die Stelle von y tritt oder treten könnte. Dieses operative Konzept verlangt, dass überhaupt zwischen Plätzen oder Stellen, die x und y einnehmen, und ihrer Besetzung durch x oder y unterschieden wird. Außerdem ist impliziert, dass sämtliche Stellen, die etliche der x oder y einnehmen, im oben erklärten Sinn ›isotop‹ sind und eben deshalb verschiedene Besetzungen durch die x oder y überhaupt in Frage kommen können. Nicht aber möchte ich implizieren, dass nur ein ausgeführter Stellentausch als Erfüllung des Musters der Stellvertretung zählt. Vielmehr reicht es, dass jedes x oder y, das den Verhaltensstandard des Musters erfüllt, sich selbst als eben einen Fall der Besetzung (bei möglichen anderen) einer solchen isotopen Stelle wahrnimmt, die sich zugleich im Verhältnis zu vielen anderen isotopen Stellen befindet.

Das besagte Muster der Stellvertretung in allen Variationen biographischen Verhaltens ist also nicht expressis verbis als Eintreten für oder Stellvertretung von anderen und in deren Interesse zu verstehen.35 Sondern es ist ganz allgemein und möglicherweise auch nur unterschwellig ein ethisch-normativ neutrales Mitführen anderer an anderen Plätzen im Verhältnis zu dem eigenen, an dem man sich biographisch so verhält, wie man sich verhält. Es ist ein habituelles Schielen auf die Vielstelligkeit relevant besetzter Plätze in dem Feld, in dem ich mich selbst verhalte. Sich selbst in diesem Sinn vertreten zu können, heißt, sein eigenes Interesse nicht nur unmittelbar zu äußern und zu verfolgen, sondern es zu verfolgen als ein Interesse von jemandem an meiner Stelle oder an meinem Platz. Dieser Platz aber bestimmt sich eben nur im Verhältnis zu vielen anderen isotop besetzten Plätzen in meiner Umgebung. Sie (diese anderen isotop besetzten Plätze) in dem, wie ich mich verhalte, mitzuvertreten, ist insofern geradezu unvermeidlich. Das eben heißt, ich »habe« die relevanten anderen mitzuvertreten, wenn ich mich und mein Interesse nur überhaupt effektiv selbst vertreten »kann«. Dies nicht im Sinn eines ethischen Imperativs, sondern als unausweichliches Datum meiner Selbst- und Situationswahrnehmung. Ein kleines Baby hat und äußert ebenfalls Interessen, tut dies aber unmittelbar, d. h. noch nicht im Muster der Stellvertretung als das Interesse von jemand an diesem Platz. Aber schon sehr kleine Kinder wechseln de facto in diesen Modus über, meiner Erfahrung nach viel früher, als man auf Anhieb vielleicht denken möchte: z. B. wenn ein Kleinkind protestiert, dass es nur ein kleineres Stück Kuchen bekommt, während das sehr viel ältere Geschwister ein größeres bekommen hat, oder ähnliche denkbare Situationen, in denen früh nicht nur ein Interesse überhaupt geäußert, sondern als das von jemandem am eigenen Platz vertreten wird, der im Verhältnis zu anderen Plätzen anderer definiert ist. Denn das Muster der Stellvertretung als Verhaltensstandard begünstigt langfristig das biographische Leben aller Beteiligten, auch wenn es im Einzelfall genauso zur Ausbeutung und besonders egoistischen Zielverfolgung eingesetzt werden kann und häufig sicher auch wird.

Die Kernaussagen (3) und (4) gemeinsam, d. h. einerseits das Herrschen oder Bestehen der Isotopie bei abstrakt wahrgenommener Erweiterungsmöglichkeit in Bezug auf alle Biographien von Mitgliedern geeigneter Filiationsverbände und andererseits das in großer Verbreitung automatisch angewandte biographische Muster der Stellvertretung, ergeben zusammen die allgemeine Form des Lebens, die nach meiner These ontologisch, d. h. in der dadurch gekennzeichneten Angelegenheit selbst, dafür verantwortlich zeichnet, dass die in einem solchen Lebensverband isotop lebenden Individuen ohne Ausnahme Personen sind. Sie sind Personen durch diese Form ihres Lebens, die sich als Errungenschaft über alle jemals Beteiligten erstreckt,36 wo entsprechende Bedingungen erfüllt sind, wie sie in den vier Kernaussagen beschrieben wurden. Denn die aufgezeigte Isotopie und ihre wahrnehmende Umlegung auf das Zusammenleben im Verband der Platzhalter gilt, wie gezeigt, für alle, wenn auch die spezifische Art der Wahrnehmung im Muster der Stellvertretung nur für diejenige Vielzahl von ihnen gilt, die sich selbst vertreten können. Das Vorherrschen der betreffenden Form über allen beteiligten ›individua vaga‹ ist daher mehr als die Summierung der einzelnen Verhaltensbeiträge im Muster der Stellvertretung und bildet ein allen gemeinsames biographisch erwirktes und wiederum existentiell prägendes, aber doch nicht essentielles Superadditum zur ihrerseits essentiellen Spezieszugehörigkeit der Einzelleben, ein Superadditum, das infolge der langfristigen Lebensbegünstigung aller wie ein Attraktor wirkt, der trotz ungeheurer Variationsbreite der Verhaltensweisen eine konstant formende Anziehungskraft auf das biographische Leben der Beteiligten ausübt.

Es handelt sich um eine Form, die nicht durch die Natur der Individuen zustande kommt, sondern durch ihr biographisch – jedoch unter der jeweiligen Hypothek – beliebig variierendes Leben. Sie, die Form, wird damit letztlich getan von denen, die bereits am Leben sind. Aber sie können dieses zu tun nicht abstellen, es nicht unterlassen – außer vielleicht durch von außen vorgenommene manipulative Eingriffe in ihre Lebensweise. Doch würde sich die Form von allein wieder einstellen, wenn die Manipulation entfällt. Es handelt sich um eine Form, die nicht von einzelnen Individuen je für sich genommen instanziiert werden kann, sondern nur von gewissen Lebensverbänden lebendiger Individuen dann, wenn die charakteristischen Bedingungen der vier Kernaussagen erfüllt sind. Personen gibt es deshalb nur im Plural. Sie gibt – so jedenfalls die Absicht meines Arguments – eine ontologische Verankerung des Personseins, die nicht natürlich, nicht speziesistisch, aber auch nicht an das Selbstbewusstsein jeder einzelnen Person geknüpft ist. Das heißt, Personen sind, was sie sind, zwar von Natur, aber nicht durch ihre Natur, sondern durch das, was sie in einem formalen Sinn – biographisch gleichsam hinterrücks – immerzu tun, ohne dass es zu ihrer Disposition gestellt wäre, es manchmal auch zu lassen.

5. Die personale Lebensform

Wenn es so ist, wie Spaemann in seinem Buch betont hat, dass »›Person‹ kein Wesensmerkmal ist, sondern ein ›individuum vagum‹ bezeichnet«, und wenn zugleich gilt, »dass es Personen nur im Plural gibt« und »die Identität der Person […] eine Funktion der Identität eines Lebewesens [ist]«, dann sehe ich gar keinen anderen möglichen Ausweg des Denkens, als das allgemeine Charakteristikum des Personseins in einer Form zu entdecken, die die Art und Weise des Lebens von Personen überhaupt auszeichnet, ohne doch vom jeweils einzelnen Individuum für sich genommen instanziiert werden zu können. Denn würde jedes einzelne lebendige Individuum für sich genommen auch diese Form instanziieren, dann wäre sie eben doch ein Wesensmerkmal oder gar nur eine akzidentelle Eigenschaft einer jeden Person an ihr selbst (so etwa wie nach Aristoteles das Lachen als auszeichnendes Akzidenz des Menschen) und es gäbe folglich Personen begrifflich gesehen nicht nur im Plural. Ich kann nicht sehen, wie man anders aus diesem von Spaemann gezogenen Bannkreis zwischen drei Erfordernissen herauskommt und sie dennoch alle erfüllt. Es ist klar, dass es sich nicht um eine lebendige Artform (eidos; physis) im aristotelischen Sinn handeln kann; denn eine solche wird immer nur von einzelnen lebendigen Individuen jeweils für sich instanziiert, auch wenn klar ist, dass sie nach der Art oben beschriebener Filiationsverbände immer eine sich forterbende Reihe von ›synonymen‹ Formträgern erzeugt – was aber eben nach Kernaussage (1) nur eine natürliche Basis für die Existenz von Personen legt. Und wenn zwar auf diese aristotelische Basis (weil die Identität eine Funktion der Identität eines Lebewesens ist) auch nach Spaemann nicht verzichtet werden kann, so kann doch erst recht mit dem Personsein nicht eine weitere Form im gleichen Sinn oder ein zusätzliches Wesensmerkmal hinzutreten, weil keinem Ding, wie auch der von Spaemann so hoch geschätzte Thomas von Aquin unterstreicht, mehr als eine substantielle oder wesentliche Form zu eigen sein kann. Deswegen ist dieser Weg also versperrt. Andererseits ist es kein punktueller (sondern universeller) und kein gelegentlich entbehrliches, sondern permanent durch und durch prägendes Charakteristikum der betreffenden Lebewesen, eben nicht nur dies, sondern sogar Person zu sein – was es nicht erlaubt, dies Prädikat zu einem bloß zuerkannten Status zu erklären, wie Bürger eines Landes oder Polizistin oder Professorin, den man auch verlieren oder aberkannt bekommen könnte.

Nicht versperrt ist aber der ganz andere Sinn von ›Form‹, wie er besonders von Wittgenstein als eben biographisch oder noch enger: logographisch zu verstehende ›Lebensform‹ in die philosophische Diskussion gebracht wurde.37 Denn diese Lebensformen im Sinne Wittgensteins sind gerade und stets als nur plural zu verwirklichende Formen des Lebens zu verstehen, also solche, die nie jemand für sich allein haben und erfüllen kann. Sie sind allerdings bei Wittgenstein, wie es scheint, zu oberflächlich und unverbindlich als unterschiedliche Sprachpraxen und Kulturgepflogenheiten gedacht, die auch unterlassen oder modifiziert werden können; also nicht Form, die ontologisch am Sein der durch sie Geformten etwas ändert, eine wirkliche Verschiedenheit des lebendigen Daseins begründet und ausnahmslos befestigt, ohne für die von der Form Betroffenen zur Disposition zu stehen. Person zu sein, ist seiner Form zu leben nach tiefgreifend anderes, als nur ein Lebewesen von bestimmter Art zu sein.

Gibt es ontologische Sachverhalte, Tatsachen, die nicht an Einzeldingen festgemacht werden können? So wie nach dem oben zitierten Peter van Inwagen die Tatsache, dass eine Unzahl von Partikeln – also Einzeldingen – manchmal unter speziellen Bedingungen nicht nur eine Wolke oder Flamme oder Welle bilden (die bloß für eine grobe Betrachtung den Eindruck erwecken können, als sei da ein anderes Ding über all die Partikel-in-Bewegung hinaus vorhanden), sondern ein Lebewesen wirklich zusammensetzen, dessen Identität in der Identität eines wohl individuierten, eifersüchtig über das Seine wachenden events – eines individuellen Lebens – beruht, ontologische Tatsache einer »special composition« vieler Dinge ist. So ähnlich, aber in umgekehrter Stoßrichtung, könnte Spaemann der Gedanke zugeschrieben werden, dass eine Vielzahl von Lebewesen durch ihren charakteristischen »Lebensvollzug« unter bestimmten Bedingungen eine gemeinsame Lebensform wirklich machen, die sie umgekehrt so entschieden von ihrer Natur und voneinander scheidet, dass jedes von ihnen erst durch sie, diese Form, eine völlig andere und deshalb gegenüber anderen freie Person ist, eine andere als jede andere,38 der sie in einer solchen Gemeinschaft von Personen begegnet. An dieser andersmachenden Form, im eigenen Dasein frei zu sein und Freiheit in ihren Lebensentscheidungen zu haben, könnten nach Spaemann keine anderen Lebewesen teilhaben als nur die, die eben dadurch Personen sind.39

Joachim HorubałaThe Ontological Foundations ofRobert Spaemann’s Concept of a Person

Robert Spaemann’s concept of a person cannot be understood in isolation from the broader context of his work.1 This has often been viewed as a liability rather than an asset, but I would like to argue otherwise. Spaemann’s weighty contribution to the lively debate on personhood remains curiously unnoticed by its contemporary participants, for reasons which can only be speculated about. It is not unreasonable to suspect, however, that a decisive factor inhibiting a broader reception of Spaemann’s ideas on personhood is to be found in the belief that those ideas are inexorably tied with an idiosyncratic philosophical outlook and some apparently adventurous commitments which few would be ready to treat seriously, let alone defend. While involving a correct recognition of the complex and interrelated character of Spaemann’s thought, this opinion certainly does not do justice to this thinking’s seriousness and soundness. I would like to argue that possible prejudices against some of the said philosophical commitments are based on a superficial reading which stops at the admittedly laconic and hence often somewhat cryptic prose of Spaemann’s magnum opus, Persons2, without engaging properly with the lucid theses and arguments hidden behind it. Far from being mere idiosyncrasies or extravagant curiosities, these ideas not only fit into a vibrant and promising current of contemporary philosophical reflection on personhood, but also offer a welcome corrective to some of its excesses and misconceptions. The current in question is the process-ontological approach, by now firmly established as a respectable position in debates surrounding personhood and personal identity. This paper consists of three parts: in the first, I show in what sense Spaemann can be seen as a representative of process philosophy3; in the following section, the differences between Spaemann’s approach and more mainstream proposals in process ontology are sketched out; and finally, I outline the role played by thinking in terms of processuality in Spaemann’s own concept of personhood.

1. Spaemann’s Singling Out of Organisms and Process Ontology

Any ontology worthy of its name has to give an answer to the question of the principle of unity. Regardless of the details of any given ontology, local unity appears as a basic feature of reality which calls for explanation: as long as we want to make any claims of enduring order, structure, or regularity in the world and so unless we are ready to accept chaos or randomness as the world’s ultimate characteristics, we are eo ipso obliged to account for the regional occurrence of unity, something that is not to be taken for granted.

The answer given in Spaemann’s ontology is unmistakably clear: unity is for him »an uninterrupted process of integration«4. The process in question finds its paradigmatic case in the operation by which living things sustain themselves in existence, namely life itself, understood precisely as a self-sustaining organic process.5 Thus living things possess an outstanding degree of unity which, what is very important, can hardly be said to be imposed on them from without, but rather is a result of their own activity.6 This trait distinguishes them from mere aggregates like heaps which come about by purposeful arrangement or by coincidence, but not by a principle intrinsic to the thing in question. An aggregate is nothing over and above the sum of its constituent parts, whereas the same cannot be true of an organism which can lose and gain parts while remaining the same organism. With respect to aggregates, such a question simply does not arise, as it would not make sense to ask whether e. g. replacing one pebble from a heap of pebbles with another one means that we are now dealing with a different heap of pebbles than before the operation. The act of drawing a line between changes that preserve the »sameness« of an aggregate and those that do not can only be a decision based on a convention. Not so with an organism, in whose case we assume that there are changes that it can survive, like the exfoliation of epithelial cells or even as complex ones as a liver transplant, and others which it cannot and which result in the organism ceasing to be. Whether it does or not, however, is not up to us to decide, but a fact about the organism itself. That difference alone shows that the organism’s principle of unity has to be much stronger than that of mere adjacency or configuration in some space at some time. Indeed, so strong that Spaemann deems it justified to call organisms paradigms of unity, i. e. entities whose constitution gives rise to the idea of a possible unity in multiplicity in the first place.7 Any concept of unity which we would try to establish would have to take the phenomenon of organic life as its point of departure because that is where unity manifests itself in the natural world in the strongest manner. If this is so, then an account of how organisms constitute and maintain their unity should also enable us to arrive at a more general account of how unity is possible in a world of manifoldness. In other words, it should enable us to establish the principle which would have to underlie any actual manifestation of unity if we are to correctly recognise it as such wherever and whenever we suspect it.

How does organic unity then come about? The talk about organic unity’s paradigmatic character notwithstanding, Spaemann understands the inclusion of multiplicity in the organic whole not as a state which, once established, would continue inertially as it were, irrespective of how it came about, as a sort of metaphysical fait accompli. On the contrary, the established unity, though genuine, is a precarious state, constantly endangered by forces which threaten to destabilise and ultimately undo it, and which the organism in question has to thus constantly resist. The picture that emerges is that of unity as an achievement and one which has to be continuously safeguarded by effort. This effort is, however, internal to the organism because though it has to make use of resources external to itself, the coordination of the process of assimilation has to originate »within« the organism itself. This alone is capable of explaining the trait which makes it stand out in the first place and which justifies seeing in it the »paradigm of unity«, namely the aforementioned non-arbitrariness of its identity criteria. While aggregates can only be said to persist in time in a loose and ultimately derivative sense, so that there could at best be a consensual answer to the question of whether an aggregate a at moment t1 is the same one as an aggregate b at moment t2, it is not up to us whether an organism can be said to fulfill conditions of transtemporal persistence in any given case. Having rejected the view of organic unity as something static, Spaemann is in a position to explain this difference: organisms persist as long as their life continues and the phenomenon of organic life is adequately captured in terms of the category of process: the various biochemical processes which underlie it become themselves integrated into a higher-order, coordinative process which harnesses the lower-order processes for the said self-maintaining effort.

The emergence of such an overarching process is confirmed by the finding of a »new, specific form of causality«8, of certain »non-redundant causal powers«9 whose effects are not simply resultants of the effects of the causal powers of the underlying microprocesses and are not determined by them. The organic whole is greater than the sum of its parts, its coming about can adequately be described as the emergence of genuinely novel powers. The crucial point is that there turns out to be a class of effects which can be attributed only to the organism as a whole and cannot be reduced to the outcome of an interaction of forces operative below the level of the organic unity. Nothing similar can be said of an aggregate whose causal powers are entirely determined by its constituent parts, so that any attempt to attribute effects to the aggregate as its putative cause would in fact yield an instance of overdetermination10. This result would render the postulate of the aggregate’s unity redundant, as any effects which could be attributed to an aggregate can be accounted for without reference to it as a causal factor.

The organism, meanwhile, can be said to be the originator of its own movement – a feature which could, in Aristotle’s wake, be taken as the hallmark of life as such11. Living things do not just transmit movement, but rather they are also able to initiate it. Life itself, however, is not simply movement (kinesis), but an activity (energeia) – a distinction which is considered to be of crucial importance to process ontology12. By kinesis is meant a motion which has its goal outside of itself, namely a state of affairs which can be realised only after the motion in question has been completed. The motion is not complete as long as it is still taking place because it is only the complete sequence which deserves to be called a movement of a certain kind, while any section which could be extracted from it would remain fundamentally opaque, i. e. not recognisable as a movement with a certain goal, but rather as mere change (alloiosis). This is so because change can only be understood as a goal-directed movement from the perspective of the goal to be achieved which is a reality external to the movement itself, so that while it is irrelevant whether the goal has been achieved or missed, it is crucial that it be recognisable (in principle) as achieved or missed. A goal-directed movement is hence not intelligible in and of itself, but only by way of considering the state of affairs which it is directed at.

Not so in the case of activity understood in an Aristotelian manner, which is »complete and present as a whole (vollendet und als Ganzes präsent) at every moment of its taking place«13. Activity could be divided into arbitrarily small space-time slots and every one of them would in principle be an instance of that same activity. How is that possible? The answer of course has to do with the nature of activity’s goal. Unlike the case of kinesis, the goal of energeia