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Wer flucht und schimpft, gibt viel von seiner Mentalität preis. Und immer gilt: Je derber, bösartiger und obszöner, desto mehr amüsieren uns die Beschimpfungen in anderen Sprachen - gerade dann, wenn wir nicht selbst die Beleidigten sind. Matthias Zimmermann hat die schmutzigsten Redensarten, Flüche und Beschimpfungen unserer europäischen Nachbarn zusammengestellt und erklärt, woher sie kommen und was sich hinter ihnen verbirgt. Dabei begegnen ihm nicht nur die Schweinemadonna und Pornohunde, sondern auch Dummköpfe, die höher furzen wollen als ihr Kopf ist. Damit Sie im nächsten Urlaub verstehen, was Ihnen an den Kopf geworfen wird: Über 1100 Redensarten aus 22 Ländern!
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Seitenzahl: 158
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Matthias Zimmermann
Die schmutzigsten Redensraten und fiesesten Flüche unserer europäischen Nachbarn
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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ebook im be.bra verlag, 2013
© der Originalausgabe:
edition q im be.bra verlag GmbH
Berlin-Brandenburg, 2012
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
Lektorat: Marijke Topp, Berlin
Umschlag: Ansichtssache, Berlin
ISBN 978-3-8393-2111-9 (epub)
ISBN 978-3-86124-667-1 (print)
www.bebraverlag.de
There was a young man of Calcutta,
Who tried to write »Cunt« on a shutter.
When he got to C-U,
A pious Hindoo
knocked him arse over head in the gutter.
Limerick, 19. Jahrhundert
Zum Geleit
Schmutzige Gedanken
Kartoffelgeister, die ich rief …
Ein leckeres Stößchen oder die Fehlgeburt des Teufels
Moße Gröpse …
Zwei wie Papa
Keks mit Backenbart
Karl der Kahle und das Vögelchen
Die Katze in der Hängematte
Den sauren Hering entfetten
Das Röschen los
Ein Scherz im Pudding Club
Wenn das Mädchen zum Leuchtkäfer wird
Mist muss raus
Das ist stärker als Roquefort!
Ein Paduaner spricht Doppel-Niederländisch
Das macht mir einen Schnurrbart
Suppe für Jan-mit-dem-kurzen-Nachnamen
Unken und Schlangen werfen
In allen Farben des Regenbogens …
Scheiße im Ventilator
Arsch auf den Tisch!
Tausend Millionen Donner von Brest!
Zank und Streit
Du Pornohund!
Zwei Hände auf einem Bauch
Brich mir nicht den Schwanz!
Den Mond im Brunnen sehen
Keine zwei Daumen Stirn
Den Dutt toupieren
Nimm einen Mund voll Wasser!
Lügen wie ein Zahnklempner
Geh gucken, ob ich dort bin!
Ich lass dich grüne Mäuse sehen!
Sprich mit meinem Arsch, mein Kopf ist krank!
Zum Weiterlesen und Nachschlagen
Dank
Der Autor
Sprache ist ein Segen. Geschaffen, damit wir uns nicht schweigend anstarren. Und da wir ihrer nun einmal mächtig sind, nutzen wir sie nicht nur, um Informationen auszutauschen, Termine zu vereinbaren oder nach dem Wetter zu fragen. Sprache ist der wichtigste Weg, – guten wie schlechten – Gefühlen Ausdruck zu verleihen, Dampf abzulassen, anderen mitzuteilen, was wir wirklich von ihnen halten. Wenn es hart auf hart kommt, uns das Wasser bis zum Hals steht oder einfach nur die Emotionen hochkochen, kennen wir keine Grenzen – des sprachlichen Einfallsreichtums ebenso wenig wie des Anstandes. Fluchen und Schimpfen bieten ein Ventil, das sicherlich etliche Konflikte davor bewahrt hat, mit Fausthieben zu enden. Gleichwohl dürfte eine treffende Beleidigung ebenso viele Fausthiebe erst auf den Weg gebracht haben.
Fluchen, verwünschen, keifen, poltern: Kaum etwas bringt in Europa buntere Blüten hervor als die schmutzige Sprache. Ihre unheiligen Gesetze und Regeln beherrscht jedes Kind und jeder Greis von der Gosse bis zur goldenen Tafel. Flüche zählen seit jeher zur dunklen Seite lang gepflegter Bräuche und so sind sie überall in Europa aufs Engste mit der Kultur, Religion und Geschichte des jeweiligen Landes verwoben.
Obwohl alle sich darüber einig sind, dass eine treffende Beleidigung immer auf die Schwachpunkte des anderen zielt – von dessen Familie über seine Geisteskraft bis hin zu seiner Potenz –, sind die Mittel keineswegs durchweg international, sondern erfrischend unterschiedlich. Während etwa die frühzeitig säkularisierten nordeuropäischen Länder die Religion mehr und mehr aus ihrem Fluchwortschatz gestrichen haben, eignet sich in Südeuropa Heiliges noch immer als erstklassig Unheiliges. Griechen etwa finden, einer, der nicht ganz richtig im Kopf ist, sei »vom verrückten Priester getauft worden« (τρελóς παπάς το βάφτισε– trelós papás to wáftise). Die erzkatholischen Spanier wiederum verpassen einem, der ihnen frech kommt, mit »einer Hostie« nichts anderes als eine Ohrfeige (dar una hostia a alguien). Und immer sind Beschimpfungen, Flüche oder Beleidigungen kleine Lehrstunden in Sachen Landeskultur: So unterstellen die selbsternannten Erfinder der Nudeln aus Italien einem Ungeschickten gern, er habe »Hände aus mürber Pasta« (avere le mani di pasta frolla). Ungarn wiederum, die nur zu gern an die Zeit erinnern, als ihre Vorfahren tagein, tagaus auf pfeilschnellen Pferden über die Puszta preschten, wünschen ihrem ärgsten Feind »einen Pferdeschwanz in deinen Arsch!« (Lófasz a seggedbe!).
Die Fluch- und Schimpfsprache ist ein Anfang ohne Ende, ein Meer ohne Ufer, ein Fass ohne Boden. Sie wächst und verändert sich ständig. Dieses Buch widmet sich drei der wichtigsten Felder der foul language, wie die Engländer sagen: dem Reden über Sex, dem Fluchen und dem Beleidigen. Die Texte sind eine Einladung zu einem kleinen Rundgang durch den Garten des Schimpfens. Den ganzen »Park« unfeiner Sprüche, Flüche, Wünsche und Ausdrücke vollständig zu vermessen, wäre ein aussichtsloses Unterfangen. Es ist ein Einstieg, bei dem es nicht darum gehen kann, Vollständigkeit zu erreichen oder den komplexen Regeln des Übersetzens vollends gerecht zu werden. Die folgenden Texte sollen unterhalten und zu eigenen Entdeckungen einladen. Entdeckungen auf einem Gebiet der Sprache, über das man nur allzu oft und viel zu schnell die Nase rümpft. Und nicht zuletzt will dieses Büchlein Ihre Sinne schärfen und Sie vor unverhofften Katastrophen bewahren: Damit Sie wissen, was zu tun ist, wenn ein Bayer in Ballerbüxen, also Krawallhosen, Sie Nosndralla, »getrockneten Nasenschleim«, oder Rossboinsommla, »Pferdeäpfelsammler«, nennt. Dann holen Sie Ihre Schimpffibel hervor und kontern auf Jiddisch: »Sollst leben wie eine Zwiebel, mit deinem Kopf in der Erde und deinem Arsch in der Luft!« (Zolst lebn vi a tsibele, mit dayn kop in drerd und dayn tuches in di luft!) Das hilft. Bestimmt!
Matthias Zimmermann
Potsdam, August 2012
Erbaulich ist er nicht, erheiternd schon. Meistens jedenfalls. Ein richtig schmutziger Witz, ein »Kartoffelgeist« (spirito di patata), wie Italiener sagen würden, der verletzt mindestens ein Tabu, besser mehrere, und um eins muss es unbedingt gehen: um Sex. Engländer reden diesbezüglich gar nicht um den heißen Brei herum. Bei ihnen heißt der schmutzige Witz einfach »schmutziger Witz« (dirty/smutty joke). Und für solche ist sich auch der Nationaldichter nicht zu schade. Shakespeares Werk ist gespickt mit mal mehr, mal weniger verhüllten sexuellen Anspielungen. Es wurden über 700 Zoten rund um Sex in seinen Stücken gezählt, dazu mehr als 400 über Genitalien beiderlei Geschlechts. Beispiel gefällig? Romeo und Julia, fünfter Akt, dritte Szene: Julia findet Romeo tot in der Kapelle. Und hier, im Angesicht des Todes, erlaubt sich der Dichter ein schlüpfriges Wortspiel: »Yea, noise? Then I’ll be brief. O happy dagger! [Snatches Romeo’s dagger.] This is thy sheath; there rest, and let me die.« Für Romeos »glücklichen Dolch« (happy dagger) will sie »Scheide« sein. Klar soweit? Die deutsche Übersetzung legt auf diese stilvolle Schlüpfrigkeit leider keinen besonderen Wert, aber erahnen lässt sie sich noch: »Wie? Lärm? – Dann schnell nur! O willkommner Dolch! [Sie ergreift Romeos Dolch.] Dies werde deine Scheide. Roste da, und laß mich sterben!«
Was Holländer einen »schiefen Witz« (schuine mop), Franzosen »schweinische Geschichten« (histoires cochonnes) und Polen einen »schweinischen Batzen« (świński kawał) nennen, kennen wir Deutschen als »Zoten«. Und die gibt es ähnlich lange wie Shakespeares smutty jokes: etwa seit dem 15. Jahrhundert. In mittelalterlichen Fastnachtsspielen wurde allerhand Schabernack getrieben und schon Martin Luther nannte diese unflätigen Späße »Zotten«, womit eigentlich ein Büschel verfilzte, verschmutzte Schamhaare bezeichnet wurde. Erst im 17. Jahrhundert fiel dem Witz ein »t« aus und er wurde zur Zote.
Legendär, dank ihrer gepflegten Form kombiniert mit überraschend schlüpfrigem Inhalt, sind die englischen Limericks. Einige der anstößigsten dieser schon seit dem 17. Jahrhundert bekannten Reime erschienen in den 1880er Jahren in einer englischen pornografischen Zeitschrift namens The pearls – die übrigens von der hochakademischen Oxford University Press herausgegeben wurde! Kostprobe? Na dann:
A young woman got married at Chester.
Her mother she kissed and she blessed her.
Says she, »You’re in luck,
He’s a stunning good fuck.
For I’ve had him myself down in Leicester.«
Und der ist harmlos, glauben Sie mir! Na gut, einer noch:
There was a young man of Peru,
Who had nothing whatever to do;
So he took out his carrot
And buggered his parrot,
And sent the result to the Zoo.
Jetzt ist aber gut. Schließlich kann man anstößige Histörchen auch weniger direkt umschreiben. Spanier nennen sie beispielsweise »grüne Witze« (chiste verde), Franzosen »Witze der zwei Bälle« (blague à deux balles). Und Italiener wissen, dass die Priesterkutte nicht immun macht gegen schmutzige Gedanken, im Gegenteil. Und darum heißt bei ihnen eine deftige Zote auch »Scherz des Priesters« (scherzo da prete). Und nun ist Schluss damit! Naja, nicht ganz. Einen hab ich noch. Dem »Papst« der Schimpfkunde, Reinhold Aman, der sich besonders um seine Heimatsprache, das Bayrische verdient gemacht hat, verdanken wir die Überlieferung dieses kunstvollen bayrischen Vergleichs einer Frau mit einer Gitarre: I bocks bain Hois und zupfs bain Loch. Auf Deutsch: »Ich pack’ sie am Hals und zupf’ sie am Loch.«
»Wie! soll ich schönes kind dich einen menschen nennen? Dich ziert des himmels schmuck; nicht falsche pralerey …« So klingt ein Hohelied auf die Schönheit einer Frau. Barockdichtung alter Schule. Im Alltag drückt mann seine Wertschätzung für die weiblichen Rundungen aber doch meist anders aus. Vor allem, wenn er mit Artgenossen über sie spricht.
Spanier etwa rufen angesichts eines richtigen Klasseweibs aus: »Was für eine tolle Tante!« (¡qué tίa más buena!) Wenn an ihr alles stimmt, ist sie – naheliegend – nicht selten sprichwörtlich zum Anbeißen. In England ist es daher absolut üblich, eine echte Sahneschnitte als »Stückchen Brötchen« (a bit of crumpet) oder, allgemeiner, als ansehnliches »Gericht« (quite a dish) zu titulieren. Und selbst als »Stück Arsch« (a piece of ass) steht sie auf der – sexuellen – Speisekarte. In Italien darf man das übrigens auch: »Ein schönes Stück Mädchen« (un bel pezzo di ragazza) ist keine Axtmörderfantasie, sondern ein ehrliches Kompliment, wenngleich nicht immer auch für ihre Ohren bestimmt. Auf alle Fälle unter die Gürtellinie geht die holländische Lobhudelei, eine Frau sei »ein leckeres Stößchen« (een lekker stootje). Wer damit landen kann, soll sich melden!
Da alles Sexuelle gern ins Animalische gezogen wird, liegen entsprechende Vergleiche stets nahe. Was so eine richtige »Füchsin« (fox) ist, die findet der Amerikaner auch schon mal phat. Das ist zwar eigentlich nur eine orthografische Fehlschöpfung von »fett« (fat), aber findige Sprachtüftler haben es umgetauft zum Akronym für das Rundum-zufrieden-Paket: pretty hot and tempting (»ziemlich heiß und verführerisch«). Spanier würden zumindest den tierischen Vergleich verstehen, denn ein heißer Feger hat bei ihnen »schöne Schnurrhaare« (tener buenos bigotes). Und auch Schweizer finden, eine heiße Mieze sei eine chatz, eine »Katze« also, oder aber eine »Stute« (schtute). Etwas aus dem Rahmen fallen im Streichelzoo für Möchtegernverführer die dänischen Nordlichter: Während eine süße Schnecke auf Plattdeutsch so richtig »in den Augen kitzelt« (in de Ogen keddelt), nennt man sie ein paar Kilometer nördlich einen echten »Hering« (hun er en sild). Und in Frankreich, wo eine scharfe Braut eher »heilige« oder »super Nana« (sacrée/super nana) heißt, sagt man über diese tatsächlich, sie sei vachement bien foutu, »kuhig gut gefickt«.
Wahre Betthelden gehen noch einen Schritt weiter. Sei es aus Größenwahn beim Wettkampf um die größtmögliche Zungenfertigkeit, sei es, weil sie zumindest verbal Besitz von der Begehrten ergreifen wollen. Vielerorts in Europa haben sich nämlich auch die Spitz- und Schimpfnamen für das weibliche Geschlecht als – wenngleich vulgäres – Kompliment für die Schönheit der ganzen Frau durchgesetzt: vom polnischen szparka bis zum italienischen fica. Und auch mit gnocca, der weiblichen Form des Wortes für »Beule« (gnocco), meinen Italiener mal ihr bestes Stück mal einen heißen Feger. In Griechenland ist es sogar üblich, die Ansehnlichkeit einer Frau zu preisen, indem man sie »große Fotze« (μουνάρα– munára) nennt. In Hellas kennt man überdies das antike Sprichwort: »Ein Schamhaar (als weibliches genau genommen ein Fotzenhaar) zieht Schiffe hinter sich her.« (μουνóτρυχα καράβια σέρνει– munótricha karáwia sérni). Durchaus möglich, dass es auf die Legende der schönen Helena anspielt. Die wurde ja bekanntlich vom kaum weniger schnuckeligen Paris geraubt, woraufhin ihr gehörnter Ehemann Agamemnon halb Griechenland einschiffte, ihnen nachsetzte und die Heimatstadt des frechen Jünglings, Troja, in Schutt und Asche legte. Wer braucht angesichts solcher Haare noch Poesie?
Was aber, wenn sie nicht schön, sondern, wie Holländer finden, »spuckehässlich« (spuuglelijk) ist? Na, auch darauf ist mann vorbereitet. Und zwar gründlich. Unansehnliche bekommen den Spott gratis, und der tritt meist als Vergleich auf. Nahezu europaweit ist man sich einig: Gott kann das nicht gewollt haben. Mit »einem Gesicht wie die Rückseite eines Busses« (have a face like the back of a bus) gilt man in England (ugly as a sin) und auch Italien (essere brutto come il peccato) als so unansehnlich »wie eine Sünde«, in Spanien sogar noch »hässlicher« als diese (más feo que el pecado). Italiener vergleichen die Unansehnlichkeit zudem mit der des Unterweltfürsten, dem »Teufel« (essere brutto come il diavolo). Aber selbst das wissen die Spanier noch zu toppen: Will man jemanden wegen seines Äußeren herzhaft beleidigen, sollte man ihn schlicht als »Fehlgeburt des Teufels« bezeichnen (estar un aborto del diablo).
Für Franzosen ist auch in Sachen Hässlichkeit ein Blick ins Tierreich angebracht. Wer morgens lieber nicht in den Spiegel schauen sollte, weil er »nicht jojo ist« (ne pas être jojo), ist schlicht so hässlich wie eine »Laus« oder eine »Kröte« (laid comme un pou/crapaud). Portugiesen machen da schon weniger Umwege: Wer wahrlich keine Augenweide ist, der ist einfach so »hässlich, dass es wehtut« (feio de doer).
Besonders bitter ist der Spott für die verwelkende Schönheit. Schraumdompfa (»Schraubendampfer«) ruft der Bayer eine bunt bemalte alternde Fregatte verächtlich. Eine Frau, die versucht, sich jünger zu machen als sie ist, nennen Engländer einen »als Lamm aufgemachten Hammel« (mutton dressed up as lamb). In Polen wiederum kennt man für ältere, aufgetakelte Frauen den Ausdruck »von hinten Gymnasium, von vorn Museum« (z tyłu liceum, z przodu muzeum). Besteht die schöne Fassade der alternden Sexbombe nur mehr aus Farbe und Leim, schimpfen Spanier, sie sehe aus wie ein »aufgedonnertes Jahrmarktspferd« (emperejilada como jaca en feria). Dass der falsche Schein sich nach einer Kostprobe schon mal als Reinfall entpuppen kann, lernt der angehende Don Juan schnell. In Frankreich erhält er dennoch die wertvolle Lektion mit auf den Weg: »Im Kerzenschein erscheint die Ziege als Dame.« (A la chandelle, chèvre parait demoiselle.)
Hier geht es um das, was mann will. Weibliche Brüste sind das Erotikum ersten Ranges, Anlass für Oden, Lieder – und Leidenschaft. Das wusste schon Joachim Ringelnatz: »Selbst vor dem Podex und den Brüsten / der Frau ergriff ihn ein Gelüsten«. Solche Gelüste stehen selbstverständlich Frauen gleichermaßen zu, Freiheit für alle. Und was sie und er da alles wollen, ist – nimmt man die erfrischende Fülle der Namen für das weibliche Doppelpack – reichlich: »Rundhölzer« (rondins) in Frankreich, »Dosen« (cans) in England oder »Kugeln« (globos) in Spanien.
Es heißt bekanntlich, mann denke immer nur an Eines. Dass das aber nicht immer Sex ist, sieht man schon daran, welche Namen sich für das schönste Paar Rundungen am weiblichen Körper durchgesetzt haben. Ist in seinem Kopf nur Platz für Bälle, dann bekommt eben auch die Frau kurzerhand welche. So sprechen Franzosen (globes) und auch Portugiesen (pomas) wie ihre spanischen Nachbarn angesichts schöner Brüste gern von »Kugeln«. Italiener zeigen sich diesbezüglich gänzlich verspielt und haben den Namen einer ihrer Nationalsportarten zum Spitznamen für den weiblichen Busen freigegeben: Wer »Boccia« (bocce) spielt, muss das nicht immer mit Metallkugeln tun. Ganz wörtlich »Kurviges« präsentieren spanische senos, französische »Rundliche« (rondelets) und portugiesische seios, mit denen – fast poetisch – auch »Buchten«, also Meerbusen, gemeint sind. Der Autonarr sieht an einer Frau eher die »richtigen Teile«. So sind in England Brüste durchaus als »Frontlichter« (head lights) oder »Stoßstange« (bumper) bekannt und ein deutsches Paar Hupen darf an dieser Stelle natürlich nicht fehlen.
Fast schon gute Sitte ist der Vergleich mit einer Handvoll Obst. Ein Paar »Orangen« (oranges) oder »Liebesäpfel« (pommes d’amour) stehen jeder Frau gut, würde ein Franzose sagen. Spanier fühlen sich eher von »Pfirsichen« (melocotones), »Mangos« (mangos) oder »Zitronen« (limones) angezogen. Wenn ihre Auslage eine Nummer größer ausfällt, freuen sich die Spanier – ebenso wie die Italiener (due belle angurie) oder Engländer (melons) – über »ein schönes Paar Melonen« (tener un buen par de melones). So muss ein Kompliment sein! Dass Franzosen auch »Orangen auf dem Regal« (avoir des oranges sur l’étagère) oder »Pampelmusen« (pamplemousses) schon ausreichen, spricht für ein eigenes Schönheitsideal. Gänzlich aus der Reihe tanzen diesbezüglich die Holländer, die hoffen, bei einer Frau landen zu können, wenn sie ihre »ordentlichen Blumenkohlköpfe« (behoorlijke bloemkolen) loben. Zumindest jenseits der niederen Lande dürfte es dafür eher Maulschellen geben. Ähnlich gemüsig vergaloppieren sich die eigenbrötlerischen Schweizer, denn sie finden, »Kohl« (chabis) sei ein ausgezeichneter Name für diesen heiß begehrten Teil weiblicher Anatomie. Hoffen wir, dass sie nicht dank ihres mangelnden Einfallsreichtums eines Tages aussterben. Grünzeug steht brustwärts in England zwar nicht auf dem Speiseplan, der Vergleich mit Ess- oder besser Vernaschbarem ist aber ebenfalls üblich. Wenn ein Brite die baps – weiche Sandwichbrötchen – oder die cupcakes – kleine, weiche Küchlein – einer Frau rühmt, meint er damit, sollte sie nicht gerade Verkäuferin von Hot Dogs oder Backwaren sein, ziemlich sicher ihren Vorbau.
Eigentlich gibt es aber durchaus eine Lingua franca, wenn es um die weibliche Brust geht. Ein Urbild gewissermaßen. Oder besser zwei. Zum einen kennen die meisten europäischen Sprachen ein Wort, das über kurz oder lang den deutschen Titten entspricht. Laut den Brüdern Grimm, die nicht nur Märchensammler, sondern auch Sprachforscher waren, gehen die auf den Vorgang des Säugens zurück, was man der tierischen »Verwandeten«, der Zitze, deutlicher ansieht. Egal ob spanische tetas, griechische wisiá (βυζιά), russische sis’ka (cu’cьκa), polnische cycki, schwedische tuttar, italienische tette oder bayrische Duttn. Für einen Holländer Grund genug, von einer Sache, die funktioniert wie geplant, zu sagen, sie »laufe wie eine Titte« (Het loopt als een tiet.) Gemeinsam ist ihnen, dass sie als eher vulgär gelten, eben weil sie neben der menschlichen auch die tierische Brust meinen können, die nur die wenigsten als ansehnlich empfinden. Tschechen sind lieber gleich beim Tier selbst geblieben, statt Brüsten hat eine Frau einfach »Ziegen« (kozy). Allemal schräg ist die plattdeutsche Brust, auch als Klüver, also Bugsegel, bekannt, denn sie ist als der (!) Titt männlich.
Auf jeden Fall sind Titten – und ihre europäischen »Schwestern« – schon reichlich lange im Dienst. In Italien, genauer in Bologna, haben sie es sogar zu einer eigenen Straße gebracht: der Via Fregatette, was so viel wie »Titten-Reibe-Straße« bedeutet. Italiener behaupten gern, dass die Gasse diesen Namen verdiente, weil sie so schmal gewesen sei, dass Mann und Frau (oder zwei Frauen) in ihr nicht aneinander vorbeikamen, ohne sich zu berühren. Eine schöne Geschichte, wahr ist aber wohl, dass die Via Fregatette im Rotlichtviertel lag und als Anlaufpunkt für Huren diente. Immerhin gab es unweit noch die Vicolo Baciadame