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Dieser spannend erzählte Bericht schildert die Erlebnisse des 18jährigen Wehrpflichtigen Tannhoff in der Nationalen Volksarmee, drei Jahre vor dem Fall der Mauer. Der Autor hat als Zeitzeuge die Lebensverhältnisse in einer streng geheimen Raketeneinheit kennengelernt; Verhältnisse, die selbst vielen ehemaligen DDR-Bürgern schwer vorstellbar sind. Psychoterror und methodische Persönlichkeitsausschaltung waren an der Tagesordnung, nicht selten gehörte Körperverletzung zum Alltag. Der anderthalbjährige Freiheitsentzug gipfelte für Tannhoff in einem vierwöchigen, gefahrenreichen Manöver in der Steppe Kasachstans.
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Seitenzahl: 243
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Peter Tannhoff
Sprutz
In den Fängen der NVA
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
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8., überarbeitete Auflage
© 2011 by Verlag Ludwig
Holtenauer Straße 141
24118 Kiel
Tel.: +49-(0)431-85464
Fax: +49-(0)431-8058305
www.verlag-ludwig.de
ISBN 978-3-86935-153-7
Die Sprutze Appich und Kluschewski landeten in der berüchtigten Stabsbatterie im zweiten Stock. Von dort oben hörte ich letzte Nacht gräßliche Schreie, die mir tief unter die Haut bis ins Mark fuhren.
Man hatte die beiden in eine Soldatenbude mit sechs Entlassungs-kandidaten(E) gesteckt. Gleich nach der Ankunft befahl ihnen einer der E’s: »Heh, ihr Springschweine! Schnappt euch jeder zwei Eimer und holt von draußen jede Menge Schnee, aber etwas zügig! Und macht gefälligst Ballett!!!«
Appich und Kluschewski taten, wie von ihnen verlangt. Als sich der Schneematsch in der Bude schon zu einem ansehnlichen Haufen türmte, brüllte der gleiche E: »So, und jetzt etwas zackig einen Schneemann gebaut! Betrieb!!! Ihr Springbeutel braucht Betrieb!!
Nach einer Weile nahm die Figur auch Form an, wobei ein Stahlhelm als Hut herhalten mußte. Die E’s bogen sich vor Lachen und traten schließlich das Kunstwerk übermütig entzwei. Mit dem restlichen Schneematsch veranstalteten sie im Raum eine Schneeballschlacht, bis alles schwamm. Dann herrschten sie die beiden Neuen an: »Los, aufwischen!«
Das war selbst für den geduldigen Appich zuviel. Er weigerte sich und entgegnete, sie sollten ihre Schweinerei doch selbst wegmachen. Daraufhin fackelten sie nicht lange, packten den »ungehorsamen« Sprutz und fesselten ihn mit zwei Koppeln ans Bett. Zu fünft hielten sie ihn fest, während ihm der Wortführer die Uniformjacke vom Leib riß. Unter der Drohung, ihm das Wort »Sprutz« in die Brust zu ritzen, setzte er martialisch das Messer an. Aber Appich glaubte wohl nicht daran, daß die E’s wirklich Ernst machen würden und keuchte: »Laßt mich los! Ihr seid ja wahnsinnig, ihr Idioten!!!« Doch als er sein eigenes Blut bis zum Bauchnabel laufen sah, bäumte er sich verzweifelt auf und schrie um Hilfe. Da packten ihn die E’s und schleppten ihn zum Fenster. Einer öffnete es, und die anderen hoben den sich heftig wehrenden Appich an den Koppeln über die schmale Fensterbank nach draußen. Sie drohten, ihn fallen zu lassen, wenn er nicht sofort ruhig sei. Plötzlich, Kluschewski sah es genau, brach ein Koppelschloß. Durch den starken Ruck und die höhere Belastung riß sofort auch das zweite ab, noch ehe die E’s reagieren konnten. Appich entglitt ihren Händen und fiel aus dem zweiten Stock nach unten. Die E-Fete fand ein jähes Ende. Schwerverletzt, mit gebrochenem Arm, Prellungen und Kopfverletzungen landete Appich im Militärkrankenhaus. Kluschewski wurde unter massiven Drohungen zum Schweigen gebracht und schließlich die Sache von oben vertuscht.
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