Städtebauliche Verträge - Hans-Jörg Birk - E-Book

Städtebauliche Verträge E-Book

Hans-Jörg Birk

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Beschreibung

Der städtebauliche Vertrag in der Praxis Das Instrument des städtebaulichen Vertrags gewinnt auch durch die fortschreitende finanzielle Auszehrung der Gemeinden immer mehr an Bedeutung. Es eröffnet die Möglichkeit, Bauwillige von vornherein in den Planungsprozess einzubeziehen, indem Erschließung, Bodenordnung, Finanzierung und Abrechnung »privatisiert« werden. Das Handbuch für rechtssichere Verträge Die deutlich erweiterte und aktualisierte Darstellung in der 6. Auflage ebnet allen Beteiligten den Weg zu einer rechtssicheren Vertragsgestaltung. Aktuell – umfassend – bewährt Das Handbuch behandelt die formellen und materiellen Voraussetzungen, die Inhalte, Grenzen und die rechtliche Bindung der Verträge. Schwerpunkt aber ist die Darstellung des häufig auftretenden Problems der Leistungsstörungen. Im Besonderen Teil charakterisiert der Autor die einzelnen Vertragsformen und stellt die Regelungssysteme einschließlich ihrer jeweiligen Eigenarten dar.

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Städtebauliche Verträge

Inhalte und Leistungsstörungen

Erschließungsvertrag, Städtebaulicher Vertrag, ­Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan/vorhabenbezogener Bebauungsplan

Prof. Dr. jur. Hans-Jörg Birk

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Stuttgart/Dresden

Honorarprofessor Hochschule für öffentliche Verwaltung

Ludwigsburg und

Honorarprofessor Technische Universität Kaiserslautern

6, vollständig neu bearbeitete Auflage, 2022

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek | Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

6. Auflage, 2022

ISBN 978-3-415-07104-9

© 1994 Richard Boorberg Verlag

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Titelfoto: © marcus_hofmann – stock.adobe.com

E-Book-Umsetzung: abavo GmbH, Nebelhornstraße 8, 86807 Buchloe

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG | Scharrstraße 2 | 70563 Stuttgart

Stuttgart | München | Hannover | Berlin | Weimar | Dresden

www.boorberg.de

Vorwort

Die Inhalte der städtebaulichen Verträge und ihre Praxisbedeutung haben sich weiterentwickelt. Diese 6. Auflage versucht dies aufzuzeigen, auch dass der Einsatz dieser Verträge sich je nach bau- und bodenpolitischen Aufgaben und Schwerpunkten verschiebt.

Der Mangel an Wohnungen führt unter den nur beispielhaften Stichworten Baulandmodelle, Belegungsrechte, Mietpreisbindungen, sozialer Wohnungsbau zu erweiterten vertraglichen Regelungen, die versuchen, die Vorteile der Schaffung von Baurecht für Grundstückseigentümer mit der Erfüllung bestimmter öffentlicher Zielsetzungen zu verbinden. Der Gesetzestext des § 11 verdeutlicht die Breite solcher vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten. In manchen Verträgen scheinen jedoch nicht selten die Grenzen der Kausalität und Angemessenheit aus dem Blick zu geraten; darauf will diese Auflage hinweisen und die Grenzen zulässiger vertraglicher Regelungen markieren.

Gleichzeitig hat sich durch die Hereinnahme der Regelungen über den Erschließungsvertrag in den § 11 und die Aufhebung des bisherigen § 124 dessen Ablösung im Beitragsrecht fortgesetzt. Allerdings scheint manches hier noch nicht ausdiskutiert. Trotz dieser Verlagerung des Erschließungsvertrages in den § 11 wurde die gesonderte Behandlung beibehalten. Die neue Auflage versucht, den Stand der Argumentation aufzuzeigen und an den Vorgaben des § 11, der dazu ergangenen Rechtsprechung und vorliegenden Literatur zu messen, um handhabbare Regelungen für rechtssichere Verträge aufzuzeigen. Dies gilt auch für sämtliche andere Themenbereiche.

Neuauflagen sind auch in der Bearbeitung aufwendig. Da ist es mehr als hilfreich, wenn der Autor unterstützende und unermüdliche Menschen an seiner Seite weiß, die Produziertes auch zum wiederholt korrigierten Male umsetzen. Ich danke herzlich Frau Ramona Heitele, die mit großem Einsatz und zeitlicher Zuverlässigkeit die neuen Abschnitte, Ergänzungen und Korrekturen (mehrfach) so bearbeitet hat, dass daraus schließlich das vollständige neue Manuskript wurde. Neben allem hat sie sich der Erstellung des Entscheidungsregisters angenommen; dafür gebührt ihr ein besonderer Dank.

Frau Dr. Miller war auch für diese Auflage die stets bereite Diskussions- und Ansprechpartnerin, die sich um die Erstdurchsicht neuer Teile dieser Auflage bemüht und diese kritisch hinterfragt hat. Besondere Verdienste hat sie sich erneut durch die Korrektur der Druckfahnen erworben, die sie mit größter Sorgfalt durchgeführt hat. All dem gilt mein herzlicher Dank.

Stuttgart, im August 2021

Hans-Jörg Birk

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Inhalt

Vorbemerkungen

I. BauGB 2013/2017/2021

II. Behandelte Verträge

III. Aufbau

Einführung

1. Die Gemeinde als Vertragspartner

2. Vertrag und Bauleitplanung

3. Der Vertragspartner der Gemeinde

4. Folge von Rechtsverstößen

5. Bindung bei Dauerschuldverhältnissen

6. Vertragsvollzug und dessen Kontrolle

Allgemeiner Teil

A. Rechtliche Einordnung der Verträge

I. Öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Verträge?

1. Erschließungsvertrag, § 11

2. Städtebaulicher Vertrag, § 11

3. Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan, § 12

4. Rechtsweg

II. Koordinationsrechtlicher oder subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag?

1. Bedeutung der Unterscheidung

2. Bisherige Einordnungen

3. Versuch einer Einordnung

4. Fazit

B. Anwendbare Rechtsvorschriften für Vertragsinhalte und Leistungsstörungen

I. Direkte Regelungen über Vertragsinhalte und Leistungsstörungen in den §§ 11, 12 und 124

1. § 11: Erschließungsvertrag

2. § 11: Städtebaulicher Vertrag

3. § 12: Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogener ­Bebauungsplan

II. Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf ­Vertragsregelungen und Leistungsstörungen

1. Keine subordinationsrechtlichen Verträge

2. §§ 54 ff. VwVfG: Öffentlich-rechtlicher Vertrag

3. § 62 Satz 1 VwVfG

4. § 62 Satz 2 VwVfG

III. Ergänzend anwendbare zivilrechtliche Vorschriften

1. Anzuwendende Fassungen des BGB

2. Vorfrage: Einordnung der gemeindlichen Planungsleistung

3. Entsprechende Anwendung der BGB-Vorschriften beim ­Erschließungsvertrag nach § 11

4. Entsprechend anwendbare BGB-Vorschriften beim städtebaulichen ­Vertrag nach § 11

5. Entsprechend anwendbare BGB-Vorschriften beim Vorhaben- und ­Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogenen Bebauungsplan, § 12

6. Zwischenergebnis

7. Städtebauliche Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen

8. Schriftformerfordernis

9. Verjährung

IV. Städtebauliche Verträge und Vergaberecht

1. Einordnung

2. Vergaberechtsregime

3. Rechtslage nach der Entscheidung des EuGH vom 25. 03. 2010

4. Anwendung der Vergaberechtsregelungen und die Folge von ­Verstößen

C. Folgen von Rechtsverstößen und die Bedeutung von salvatorischen Klauseln

I. Typische von der Rechtsordnung nicht akzeptierte vertragliche Regelungen

1. Verletzung der Schriftform

2. Kausalität

3. Angemessenheit

4. Kein Kostenersatz, sondern Wertabschöpfung

II. Rechtsfolgen der Regelverstöße

1. Nichtigkeit

2. Teilnichtigkeit

III. Salvatorische Klausel

1. Nichtigkeit bzw. Teilnichtigkeit

2. Salvatorische Klauseln für absolute und relative Regelverstöße?

3. Möglicher Inhalt salvatorischer Klauseln

IV. Nichtiger Vertrag und Bebauungsplan/Baugenehmigung

1. Gesamtnichtigkeit des Städtebaulichen Vertrages und dessen ­Bedeutung für den Bebauungsplan

2. Teilnichtigkeit des städtebaulichen Vertrags und dessen ­Auswirkungen auf den Bebauungsplan

3. Nichtigkeit des Durchführungsvertrages beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan, § 12 BauGB

4. Nichtiger Vertrag und erteilte Baugenehmigung

V. Unwirksamer Bebauungsplan und Folgen für den städtebaulichen Vertrag

Besonderer Teil

A. Erschließungsvertrag, § 124

I. Rechtslage

1. Entwicklungsstand vor 2013

2. Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts 2013

3. Refinanzierungsinstrumente

4. Landesrechtliche Regelungen

II. Gegenstand und Abgrenzung

1. Refinanzierungsinstrument Erschließungsvertrag

2. Gegenstand erschließungsvertraglicher Regelungen

2. Abgrenzung zu anderen Verträgen

3. Die Übertragung der Erschließung

III. Vertragspartner

1. Gemeinde oder Organisationen kommunaler Zusammenarbeit

2. Grundstückseigentümer oder Erschließungsunternehmer

3. Vertragsebenen

4. Erschließungsvertrag und Umsatzsteuer

5. Gemeinde und gemeindeeigene Gesellschaften als Vertragspartner einer Erschließungsgesellschaft

IV. Erschließungsgebiet/Erschließungsvertragsgebiet

1. Erschließungsgebiet

2. Erschließungsvertragsgebiet

a) Bestimmung Erschließungsvertragsgebiet

b) Regime außerhalb des Erschließungsvertragsgebietes

c) Verhältnis Erschließungsgebiet/Erschließungsvertragsgebiet

3. Änderung des Erschließungsvertragsgebiets

V. Planungsrechtliche Voraussetzungen

1. Erschließungsvertrag und Bebauungsplan

a) Anwendung des § 125?

b) Abschluss des Erschließungsvertrages vor Inkrafttreten des Bebauungsplans?

c) Vertragliche Anpassungsregelungen

2. Erschließungsvertrag und sonstiges Planungsrecht

3. Erschließungsvertrag und unbeplanter Innenbereich

4. Erschließungsvertrag und Außenbereich

VI. Vergabeverfahren: Anwendung der europarechtlichen Ausschreibungsregelungen und der VOB/A?

1. Auswahl des Erschließungsunternehmers durch öffentliche Vergabe?

a) Grundstückseigentümer als Erschließungsunternehmer

b) Grundstückseigentümer als primäre Auftraggeber eines Erschließungsunternehmers

c) Gemeinde als primäre Auftraggeberin eines ­Erschließungsunternehmers

d) Ergebnis

2. Öffentliche Vergabe von Bauarbeiten durch den Erschließungsunternehmer?

3. Konsequenzen für den Erschließungsvertrag

4. Verstöße gegen das Vergaberecht

a) Differenzierte Betrachtung

b) Verstoß gegen europarechtliche Vergabevorschriften

c) Nationales Vergaberecht

d) Konsequenzen des Vergabeverstoßes für die Kostenerstattungs­verträge und die Beitragserhebung bei Fremdanliegerregelungen

VII. Vertragliche Regelungen

1. Herstellung und Übertragung der Erschließungsaufgaben

a) Übertragung der Erschließung, Bindung an Bebauungsplan

b) Zu errichtende Erschließungsanlagen, naturschutzrechtliche und artenschutzrechtliche Maßnahmen

c) Standard

d) Planung, Leistungsverzeichnis, Ausschreibung, Vergabe

e) Zeitliche Regelungen zum Erschließungsbeginn und Fertigstellung

f) Baudurchführung

g) Haftung, Verkehrssicherungspflicht, Versicherung

h) Abnahme

i) Übergabe, Übernahme, Widmung

j) Eigentumsmäßige Übertragung der Erschließungsanlagen

k) Ausführungs- und Bestandsunterlagen

l) Kostenbeteiligung der Gemeinde, Beiträge, Gebühren

m) Salvatorische Klausel

2. Vertragliche Regelungen „gegen“ Leistungsstörungen des Erschließungsunternehmers

a) Sicherung der Herstellung der Erschließungsanlagen und der Mängelbeseitigung

b) Fristsetzung, Ablehnungsandrohung, Nacherfüllung, ­Selbstvornahme nach BGB

3. Vertragliche Regelungen „gegen“ Leistungsstörungen der Gemeinde

a) Beispielhafte gemeindliche Leistungsstörungen

b) Vertragliche Regelung über Reaktionsmöglichkeiten

4. Sonstige zulässige Vereinbarungen

a) Rücktritt, Kündigung

b) Ausschluss der Kündigung und des Rücktritts

5. Regelungen über Vertragsanpassung

6. Unzulässige Vereinbarungen

a) Aufhebung des Planungsrechts

b) Sicherungen zum Abschluss eines Kostenerstattungsvertrags

c) Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung

VIII. Umfang der Kostentragung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 3

1. Kosten beitragsfähiger und nicht beitragsfähiger Anlagen

2. Gemeindlicher Eigenanteil, § 11 Abs. 2 Satz 3

3. Erschließungsvertrag und Beitragserhebung

4. Leitungsgebundene Erschließung (Kommunalabgabengesetze)

a) Abgabenrechtliche Refinanzierung der leitungsgebundenen ­Einrichtungen

b) Zulässigkeit des Erschließungsvertrags für leitungsgebundene ­Anlagen

c) Refinanzierung

d) Lösungsansätze

IX. Grenzen der Leistungspflichten, § 11 Abs. 2 Satz 1

1. Sachlicher Zusammenhang/Kausalität

2. Angemessenheit

a) Objektive Kriterien

b) Subjektive Kriterien

c) Vertragliche Regelungen über die Angemessenheit?

3. Konsequenzen der Verletzung des sachlichen Zusammenhangs und der Angemessenheit

a) Folgen der Rechtsverletzung

b) Keine Rückabwicklung bei beidseitig erfülltem Vertrag?

X. Formvorschriften: Schriftform, Zustimmung, Genehmigung

1. Schriftform

a) Allgemein

b) Beurkundungspflicht

2. Zustimmung der kommunalen Gremien

3. Genehmigung

XI. Kostenweitergabe an die Grundstückseigentümer

1. Fallkonstellationen

a) Allgemein

b) Gemeinde als Grundstückseigentümer

2. Private als Grundstückseigentümer

a) Ausgangslage

b) Rechtsnatur

c) Folgen der Aufhebung und der Nichtigkeit des Erschließungs­vertrags für den Kostenerstattungsvertrag

3. Zulässige Regelungsinhalte eines Kostenerstattungsvertrags

a) Materiell-rechtliche Grenzen

b) Verteilungsmaßstäbe

c) Abrechnung

d) Ablösung von Beiträgen

e) Anwendung des § 34c GewO/MaBV

f) Sicherheiten für Kostenerstattungsbeträge

g) Kündigung, Rücktritt, Rückabwicklung Kostenerstattungsvertrag

XII. Sonderfälle

1. Erschließungsvertrag und Erschließungspflicht, §§ 123, 124

a) Rechtsgrundlage

b) § 123 Abs. 3

c) Voraussetzungen für das Entstehen der Erschließungspflicht nach § 124 Abs. 3 Satz 2

2. Grundstücke, die an einer durch Erschließungsvertrag hergestellten und (später) an einer durch Beitrag abgerechneten Anlage liegen

a) Problemstellung

b) Lösung

3. Erschließungsvertrag und Fremdanlieger

a) Ausgangssituation

b) Kostenübernahme/Kostenfreistellung

c) Werkvertrags- bzw. Beitragslösung

d) Vertragsänderung/Vertragsanpassung

4. Erschließungsvertrag in der KAG-Beitragskalkulation

a) Baden-Württemberg

b) Sachsen

c) Rechnungsperiodenkalkulation und Erschließungsvertrag

5. Anwendbarkeit des § 124 auf Altverträge

B. Städtebauliche Verträge, § 11

I. Allgemeine Regelungen

1. Einführung

2. Übersicht über die gängigsten Vertragsarten

3. Verträge im Bebauungsplanverfahren und ihre Bedeutung

4. Kostentragung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HS 1

5. Allgemein geltende Grenzen der Übertragung der Kostenlast, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 2

6. Verhältnis von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 zu Nr. 3

7. Schriftform

II. Planungskostenvertrag, städtebaulicher Grundvertrag, Verfahrenssteuerung

1. Planungskostenvertrag

2. Städtebaulicher Grundvertrag

3. Vereinbarte rechtliche Verfahrenssteuerung

III. Natur- und artenschutzrechtlicher Ausgleich, Bodenschutz

1. Naturschutzrechtlicher Ausgleich

a) Rechtlicher Rahmen

b) Regelungsgegenstände

c) Vertragspartner

2. Artenschutz

a) Rechtlicher Rahmen

b) Vertrag über artenschutzrechtliche Maßnahmen

3. Bodenschutz

IV. Baulandmodelle

V. Privatrechtliche Neuordnung der Grundstücksverhältnisse ­(freiwillige Umlegung)

1. Gründe für freiwillige Umlegungen

a) Definition

b) „Defizite“ des gesetzlichen Umlegungsverfahrens

c) Verknüpfung mit Bauleitplanung und Erschließung

d) „Rechtsmittelfreiheit“ des freiwilligen Umlegungsverfahrens

e) Bewertung

2. Bodenordnung durch Vertrag

3. Regelungsschritte im Umlegungsvertrag

a) Vertragspartner/Gebiet

b) Zusammenfassung der Grundstücke

c) Zuordnung öffentlicher Flächen

d) Zuordnung privater Flächen

e) Zuordnung sonstiger Flächen

f) Auflassung

g) Zwischenbemerkung

4. Formelle und materielle Voraussetzungen eines Umlegungsvertrags

a) Mitwirkungsbereitschaft der Grundstückseigentümer

b) Mitwirkungsbereitschaft und -pflicht der Gemeinde

c) Mitwirkungsbereitschaft von Trägern eingetragener Rechte

d) Einigung

e) Vermessung

f) Veränderungsnachweise

g) Bebauungsplan, sonstiges Planungsrecht

5. Verfahrensträger

6. Rechtsnatur des Umlegungsvertrags

a) Gemischt öffentlich-rechtlicher, zivilrechtlicher Vertrag

b) Öffentlich-rechtlicher Vertragsteil

c) Zivilrechtlicher Vertragsteil

7. Rechtliche Einzelfragen

a) Gesetzlicher Rahmen

b) Konsequenzen

8. Mehrflächenabtretung

a) Erschließungsflächen

b) Grünflächen, natur- und artenschutzrechtliche Ausgleichsflächen

c) Flächen für Infrastrukturmaßnahmen und Gemeinbedarfseinrichtungen

d) Flächen für die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2

e) Flächen zum Erwerb angemessenen Wohnraums einkommensschwächerer und weniger begüterter Personen der örtlichen Bevölkerung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2; sogenannte Einheimischenmodelle

f) „Zielfreie“ Mehrflächenabtretung

9. Kombinierte Verfahren

a) Vereinbarte gesetzliche Umlegung

b) Kombination von freiwilliger und gesetzlicher Umlegung

c) Grunderwerbsteuer

10. Unzulässige Bodenwertabschöpfung

a) Methoden

b) Ergebnisse

11. Zusätzliche Vereinbarungen

VI. Andere Grundstückserwerbsmodelle

1. Flächenabtretungen

a) Regelungsziele

b) Sachlicher Zusammenhang

c) Angemessenheit

2. Zwischenerwerb

a) Regelungsziel

b) Sachlicher Zusammenhang

c) Angemessenheit

3. Ankaufsverfahren

4. Verschweigen beabsichtigter baulicher Entwicklungen beim Kauf

VII. Verkauf von Wohnbaugrundstücken mit städtebaulichen ­Verpflichtungen

1. Ausgangslage

2. Bauverpflichtung

a) Regelungsgehalt

b) Sachlicher Zusammenhang

c) Angemessenheit

d) Erfüllungssicherung

e) Sicherheiten

3. Veräußerungsverbot

a) Bindungsfristen

b) Verkauf zum Verkehrswert

c) Verkauf unter Verkehrswert

d) Sicherheiten

4. Mehrerlösklausel

a) Verkauf zum Verkehrswert

b) Verkauf unter Verkehrswert

c) Sicherheiten

5. Einheimischenmodelle

a) Überlassung vergünstigter Baugrundstücke an Einheimische

b) Überlassung von Baugrundstücken zum Verkehrswert an ­Einheimische

VIII. Einzelne Vertragsregelungen

1. Einführung: Vertragsziele und Vertragspartner

a) Zielbestimmung

b) Zielerreichung

c) „Zielpsychologie“

d) Vertragspartner

2. Allgemeine vertragliche Regelungen/Vertragsbestandteile

a) Vertrag über Bodenverunreinigungen-/Altlastenerkundung und ­-beseitigung

b) Vertrag zur Freilegung und zu Abbrucharbeiten

c) Bauverpflichtungen

d) Rückbauverpflichtungen

e) Gestaltungsvereinbarungen

f) Nutzungsvereinbarungen (Konkretisierungen, Beschränkungen, Nutzungsverpflichtungen)

g) Hochwasserschutzmaßnahmen

h) Gebäudesanierung u. Ä.

3. Wohnen

a) Belegungsrechte

b) Mietpreisbindung

c) Sozialer Wohnungsbau

4. Gewerbe

a) Grundlagen

b) Grundstücksverkauf

c) Nutzungsregelungen

d) Betriebspflichten

e) Arbeitsplätze

f) Firmensitz/Gewerbesteuer

g) Vergabevereinbarungen

IX. Umwelt

1. Energiesparmaßnahmen, § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4

Grundsätze

b) Vereinbarungsfähige Regelungen

c) Angemessenheit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 und AVBFernwärmeV

2. Energetische Gebäude, § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5

a) Grundsätze

b) Vereinbarungsfähige Regelungen

c) Leistungsstörungen

X. Folgelasten

1. Begriffsbestimmung

2. Vertragspartner

3. Folgelastenvertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3

a) Regelungsumfang

b) Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen

c) Entscheidungszuständigkeit und -qualität

d) Lokalisierung der Folgemaßnahmen

e) Folgelastenkalkulation

4. Konkrete Zulässigkeitsvoraussetzungen

a) Kausalität

b) Umfang der Kosten

c) Unzulässigkeit/Nichtigkeit eines Folgekostenvertrags, § 11 Abs. 2 Satz 2

5. Folgemaßnahmen zugunsten unterschiedlicher Gebiete

6. Rückabwicklung nichtiger Folgelastenverträge

XI. Leistungsstörungen bei städtebaulichen Verträgen nach § 11 ohne spezielle vertragliche Regelungen

1. Vorvertragliche Phase

a) Leistungsstörungen durch die Gemeinde

b) Leistungsstörungen durch den gemeindlichen Verhandlungspartner

c) Sonderfall: Ungültiger Vertrag

2. Leistungsstörungen nach Vertragsabschluss und vor Inkrafttreten des Planungsrechts

a) Leistungsstörungen durch die Gemeinde

b) Leistungsstörungen durch den gemeindlichen Vertragspartner

c) Bewertung

3. Leistungsstörungen nach Vertragsabschluss und Inkrafttreten des Planungsrechts

a) Primäransprüche

b) Anpassung und Kündigung in besonderen Fällen, § 60 VwVfG

c) „Planreue“

d) Planungsrecht und Baugenehmigung nach Vertragsaufhebung (z. B. wegen Leistungsstörungen)

XII. Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen nach § 11 über die Behandlung von Leistungsstörungen

1. Rechtliche Rahmenbedingungen

a) Sachlicher Zusammenhang

b) Angemessenheit

c) Anpassung nach § 60 VwVfG

d) Anwendung der AGB-Regelungen des BGB?

e) VOB/B

2. Sonderfall: Vertragliche Regelungen für den Ausfall des Planungsrechts

a) Kosten des gescheiterten Bebauungsplanverfahrens

b) Nutzlose Aufwendungen

3. Zulässigkeitskriterien vertraglicher Reaktionen auf ­Leistungsstörungen

a) Regeln gegen fehlerhafte Erfüllung bei baulichen Maßnahmen

b) Vertragliche Regelungen gegen Verstöße bei Handlungspflichten

c) Schadenersatzregelungen

4. Unzulässige Vereinbarungen

a) Planungsabreden

b) Aufhebung des Planungsrechts

c) Aufhebung erteilter Baugenehmigungen

d) Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung

XIII. Sicherheiten

1. Zweck

2. Allgemeine Grenzen

a) Sachlicher Zusammenhang

b) Angemessenheit

c) Sicherheiten zugunsten der gemeindlichen Vertragspartner

3. Repressive Erfüllungssicherungen

a) Bürgschaften

b) Patronatserklärung

c) Treuhänderische Lösung

d) Grundpfandrechte

e) Dienstbarkeit

f) Reallast

g) Baulast

4. Präventive Sicherung

a) Arten der präventiven Sicherung

b) Vertragsstrafe

c) Vormerkung

C. Vorhaben- und Erschließungsplan/vorhabenbezogener ­Bebauungsplan, § 12

I. Regelungssysteme des vorhabenbezogenen Bebauungsplans

1. Drei Alternativen: vorhaben- oder gebietsbezogener vorhabenbezogener Bebauungsplan

2. Vertrags- und Satzungsteil

3. Verfahren zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans

II. Verfahren vorhabenbezogener Bebauungsplan

1. Anspruch auf Einleitung des vorhabenbezogenen ­Bebauungsplanverfahrens, § 12 Abs. 2 Satz 1

2. Vorhabenbezogener Bebauungsplan und Zusatzflächen außerhalb des VEP, § 12 Abs. 4

3. Verfahren zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans

4. Aufhebung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, § 12 Abs. 6

5. Unwirksamer vorhabenbezogener Bebauungsplan/unwirksamer Durchführungsvertrag

III. Vertragliche Beziehungen

1. Vertragssystematik

2. Vorvertrag

IV. Durchführungsvertrag

1. Übersicht

2. Vorhaben

3. Abgestimmter Plan

4. Realisierungszusage

5. Erschließung

6. Kostentragung

7. Weitere fakultative vertragliche Regelungen

V. Besonderheiten des § 12 Abs. 3a

1. Baugebietsbezogene Festsetzungen

2. Regelungsmechanismus

3. Besonderheiten des Durchführungsvertrags bei baugebietsbezogenen Festsetzungen

VI. Vertragsabschluss

1. Einigung

2. Zeitpunkt des Vertragsabschlusses

3. Heilung bei späterem Vertragsabschluss?

4. Schriftform

5. Anwendung von Vergabevorschriften

VII. Satzung und Durchführungsvertrag

1. Verhältnis von Vertrag und Satzung

2. Verhältnis von Durchführungsvertrag, Bauantrag und Baugenehmigung

3. Ausnahmen und Befreiungen

4. Genehmigung nach § 33

5. Bauordnungsrecht

D. Andere städtebauliche Verträge

I. Allgemeines

1. § 11 Abs. 4

2. Rechtlicher Rahmen

3. Versuch einer Systematisierung

II. Abwendungsverträge, Drittverpflichtungen, Sicherstellungsverträge

1. Abwendungsverträge

2. Drittverpflichtungen

3. Sicherstellungsvertrag, § 35 Abs. 5

Entscheidungssammlung

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorbemerkungen

I.BauGB 2013/2017/2021

1

Im BauGB 2013[1] ist der Erschließungsvertrag in den § 11 aufgenommen worden; § 124 (neu) beinhaltet nur noch den Erschließungsanspruch bei Ablehnung eines zumutbaren Angebots auf Abschluss eines Erschließungsvertrags. § 11 ist mit Gesetzesänderung vom 04. 05. 2017[2] und am 03. 11. 2017[3] mit dem gesamten BauGB neu bekannt gemacht worden.

Am 14. 06. 2021 ist das Baulandmobilisierungsgesetz[4] in Kraft getreten. § 11 wurde dadurch nicht geändert oder ersetzt. Für das Thema städtebauliche Verträge interessant ist die Einführung des § 9 Abs. 2d mit der Möglichkeit in den Bereichen des § 34 sektorale Bebauungspläne zur Wohnraumversorgung aufzustellen. § 9 Abs. 2d Satz 1 Nr. 3 ermöglicht einen Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung aufzustellen, bei dem sich ein Vorhabenträger verpflichtet, die Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung einzuhalten und zu sichern.[5]

II.Behandelte Verträge

Die Darstellung hat zum Ziel, die Praxisfragen der städtebaulichen Verträge insgesamt umfassend darzustellen und dabei die in den letzten Jahren in die gesetzlichen Regelungen aufgenommenen neuen Instrumente ihrem Gewicht entsprechend zu berücksichtigen.

Im Vordergrund der Darstellung stehen die wichtigsten städtebaulichen Verträge. Dazu gehören der Erschließungsvertrag, wie ihn der § 124 ursprünglich ausgestaltet hat undwie ihn seit 2013 nun der § 11 als Unterform des allgemeinen städtebaulichen Vertrags präsentiert.

Der Erschließungsvertrag ist bewusst nicht in die Ausführungen des städtebaulichen Vertrages integriert worden, sondern behält seine Sonderbehandlung und Darstellung wie in den Vorauflagen. Dies rührt im Wesentlichen daher, dass Teile der Literatur der Rechtsprechung meinen, dem Erschließungsvertrag immer noch eine Sonderrolle mit dem Blick auf die Beitragspflicht der Erschließungsanlagen zuordnen zu müssen. Darin unterscheidet sich der Erschließungsvertrag von allen anderen städtebaulichen Verträgen. Dies rechtfertigt die getrennte Darstellung.

Der städtebauliche Vertrag nach § 11 ist aufgewertet worden; das hat mit den vertraglichen Regelungen zum naturschutzrechtlichen Ausgleich (§ 1a Abs. 3 Satz 4) begonnen und sich mit der Ausweitung der Regelungen über den Klimaschutz im weiteren Sinne in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 4 und 5 fortgesetzt. 2017 ist eine europarechtlich veranlasste Korrektur zur Frage der Einheimischenmodelle in Abs. 1 Ziff. 2[6] hinzugekommen.

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 11 hat durch Abs. 2a eine Erweiterung erfahren, die es ermöglicht, Baugebiete festzusetzen und das Vorhaben nur im Durchführungsvertrag zu definieren.

§ 11 Abs. 4 lässt die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge unberührt. Die Verträge des allgemeinen Städtebaurechts, soweit sie für die Praxis relevant sind, werden dargestellt. Hierbei wird das besondere Augenmerk auf die im öffentlichen Vertragsrecht geltenden allgemeinen Grenzen gerichtet.

III.Aufbau

2

Im Allgemeinen Teil wird der Versuch unternommen, die wichtigsten städtebaulichen Verträge (Erschließungsvertrag, städtebaulicher Vertrag, Vorhaben- und Erschließungsplan) hinsichtlich ihrer Rechtsnatur einzuordnen, um die auf die Verträge anwendbaren Rechtsvorschriften, insbesondere aus dem Bereich des Verwaltungsverfahrensrechts und des Zivilrechts abzuleiten. Für die Bestimmung der zulässigen Vertragsinhalte samt der Behandlung von Leistungsstörungen ist die Abklärung des Kreises der anwendbaren Rechtsvorschriften unabdingbare Voraussetzung.

Auf den Allgemeinen Teil aufbauend werden im Besonderen Teil der Erschließungsvertrag, der städtebauliche Vertrag mit seinen vielfältigen praxisrelevanten Ausformungen und der Durchführungsvertrag des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (Vorhaben- und Erschließungsplan) im Einzelnen dargestellt und behandelt. Dabei wird besonderes Augenmerk auf zulässige Vertragsinhalte samt ihren formellen Voraussetzungen und inhaltlichen Grenzen gelegt. Die in der Praxis zunehmende Bedeutung der Leistungsstörungen wird unter zwei Gesichtspunkten aufgearbeitet:

Was gilt, wenn sich im Vertrag

keine Regelungen

über eine konkret auftretende Leistungsstörung finden?

Welche rechtlich zulässigen Regelungen

über Leistungsstörungen können im Vertrag vereinbart werden?

Paragrafen ohne Gesetzesbezeichnung sind jene des BauGB.

Auf folgende Arbeitshilfen ist hinzuweisen:

Auszüge aus dem BauGB: §§ 11 und 12

Auszüge aus dem VwVfG §§ 54–62

Verzeichnis der zitierten Gerichtsentscheidungen mit Fundstellen

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

[1]Gesetz vom 11. Juni 2013, BGBl. I, 1513, 1548.[2]Gesetzblatt I 1057: § 11 Abs. 1 Ziff. 2 lautet statt: sowie „des Wohnbedarfs zur ortsansässigen Bevölkerung“ nunmehr neu: sowie „der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwächere und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung“.[3]Gesetzblatt I 3634.[4]BGBl. I Seite 1802.[5]Vgl. dazu Rdnr. 479a und für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Rdnr. 604.[6]Vgl. Gesetz vom 11. Juni 2013, BGBl. I, 1513, 1548.

Einführung

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Verhandlungen und der Abschluss von Verträgen setzen nicht nur Verhandlungsbereitschaft und Verhandlungsfähigkeit der Vertragspartner voraus, die in ein Minimum gegenseitigen Vertrauens münden müssen. Daneben stehen einige Besonderheiten, die den städtebaulichen Vertrag von zivilrechtlichen Verträgen zwischen Privatrechtssubjekten unterscheiden.

1.Die Gemeinde als Vertragspartner

Vertragspartner der städtebaulichen Verträge sind die Gemeinden. Diese haben – anders als Firmen oder gar Einzelpersonen – eine „Doppelhier­archie“: Sie besteht einerseits aus einer (nicht immer monolithisch auftretenden) Verwaltung mit einem Bürgermeister oder Oberbürgermeister an der Spitze und einem Selbstverwaltungsgremium (Gemeinderat, Stadtrat, Stadtverordneten o. ä.), die die letzte Entscheidung sowohl über den Abschluss und damit Inhalt eines Vertrages als auch über die Schaffung des Planungsrechtes haben; dieses wird in aller Regel parallel zum Vertrag erarbeitet. Für Verhandlungen über einen städtebaulichen Vertrag ist es deshalb gut zu wissen, dass möglicherweise die Verwaltung andere Überlegungen und ­Ziele verfolgt als die Mehrheit des Gremiums. Dies gilt in aller Regel weniger für das „ob“ eines Vertrages, kann aber sehr bedeutsam werden für die zu vereinbarenden Einzelheiten, insbesondere hinsichtlich der konkreten Vertragsziele und deren Erreichung. Dass diese Meinungsunterschiede divergierende Ansichten der im Gremium vertretenen Parteien spiegeln, mag genauso wenig überraschen, wie Konflikte, die aus der unterschiedlichen Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters / Oberbürgermeisters einerseits und der Gremienmehrheit andererseits herrühren.

Mit dem Blick auf die gemeindlichen Gremien und den Bürgermeister/Oberbürgermeister ist es außerdem empfehlenswert, sich nach dem jeweils nächsten Wahltermin zu erkundigen und die vermuteten Mehrheitsverhältnisse nach diesem Ereignis mit in die Überlegungen einzubeziehen. Dies gewinnt insbesondere dann Bedeutung, wenn das durch den Vertrag beförderte Vorhaben auf deutliche oder besonders hohe oder (organisierte) negative Gegenliebe stößt.

Für Verhandlungen über einen städtebaulichen Vertrag ist wichtig, sich zu Beginn und möglicherweise auch während der Verhandlungen wiederholt zu versichern, ob die angestrebten Ziele, die hierfür zu vereinbarenden Instrumentarien, ggf. auch die vorgesehenen Sicherungen von beiden Hierarchien gedeckt sind und bleiben. Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch die Einbindung des Vertragspartners in die örtliche oder überörtliche Parteienlandschaft eine Rolle!

2.Vertrag und Bauleitplanung

4

In aller Regel setzen städtebauliche Verträge noch aufzustellende Bebauungspläne voraus. Seltener, dann in der Regel beim Erschließungsvertrag nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, ist ein in Kraft getretener Bebauungsplan schon vorhanden. Wird der Bebauungsplan inhaltlich parallel zum städtebaulichen Vertrag entwickelt, stellt sich immer wieder die Frage, wie eine zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führende Vorbindung verhindert werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Flachglas-Entscheidung[7] verdeutlicht, dass, entgegen der häufig verbreiteten und damit schon beinahe landläufigen Ansicht, eine Vorbindung dann nicht zur Unwirksamkeit eines Bebauungsplanes führt, wenn planungsrechtliche Ziele einerseits vom zuständigen Gremium festgelegt werden und diese andererseits einer ordnungsgemäßen Abwägung nach (heute) § 1 Abs. 7 BauGB gehorchen. Daraus folgt, dass in vertraglichen Regelungen einerseits ein planerisches Ziel, ggf. sehr detailliert, vereinbart werden kann, andererseits aber durch entsprechende Regelungen klargestellt werden muss, dass, § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB folgend, ein vertraglicher Anspruch mit solchen planungsrechtlichen Vereinbarungen nicht geschaffen wird[8]. Im städtebaulichen Vertrag ist die gemeindliche Entscheidungsfreiheit ausdrücklich festzustellen und zu verdeutlichen.

3.Der Vertragspartner der Gemeinde

5

Ein (zukünftiger) Vertragspartner einer Gemeinde muss um die in den vorstehenden Ziffern beschriebenen politischen und rechtlichen Abhängigkeiten wissen und sie bei der Einschätzung der Umsetzungswahrscheinlichkeit seines Vorhabens und damit Zielerreichung gewichten.

Hinzu kommt: Viele (zukünftige) Vertragspartner der Gemeinden übersehen, dass die gemeindliche Planungshoheit, die sich im Ergebnis als ein in Kraft getretener Bebauungsplan präsentiert, zwischenzeitlich von einer Vielzahl von objektiven Vorgaben gesteuert ist, die die gemeindliche Entscheidungsfreiheit manches Mal nicht nur minimieren, sondern schlicht ausschließen, weil Verbote den Gemeinden die Planungsbefugnis in bestimmten räumlichen Bereichen entziehen[9].

4.Folge von Rechtsverstößen

6

Städtebauliche Verträge sind in besonderer Weise empfindlich. Sie dürfen weder gegen das Gebot der Angemessenheit, noch gegen das Kriterium des sachlichen Zusammenhangs verstoßen[10]. Die praktische Schwierigkeit im Umgang mit diesen Begriffen liegt darin, dass es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Gültigkeit der Verträge der vollen Überprüfung unterliegen. Verstöße führen regelmäßig zur Nichtigkeit. Schwierig ist im Einzelfall die Frage zu beantworten, ob von einer Teilnichtigkeit des Vertrages im Sinne des § 59 Abs. 3 VwVfG ausgegangen werden kann.

Bestrebungen, die Nichtigkeitsfolge, vorrangig bei Angemessenheitsverstößen, durch eine Anpassungsmöglichkeit des Vertrages zu ersetzen, in dem die unangemessene Regelung durch eine angemessene ersetzt wird, sind bisher noch nicht umgesetzt worden[11]. Eine solche Anpassungsregelung hätte den Vorteil, dass Überlegungen der Vertragsparteien, aus welchen Gründen auch immer, von dem Vertrag loszukommen, nicht mehr die Suche nach angeblich unangemessenen Regelungen auslösen würden.

In der Beratung muss beachtet werden, dass mit der Frage angemessener Regelungen und den Kriterien des sachlichen Zusammenhangs sehr sorgfältig umzugehen ist, um die Rechtssicherheit der Verträge zu gewährleisten. Das bedeutet, dass manchen Wunschvorstellungen der Städte und Gemeinden hinsichtlich besonderer Leistungen, Flächenabtretung usw. dann deutlich entgegenzutreten ist, wenn die Grenzen der Angemessenheit und des sachlichen Zusammenhangs erreicht sind. Dies gilt umso mehr, als die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sehr deutlich gemacht hat, dass der Vollzug eines nichtigen Vertrages und die Möglichkeit, diesen nur teilweise rückabzuwickeln (weil das Planungsrecht nicht mehr entzogen werden kann), nicht gegen eine Rückabwicklung der Leistungen spricht, die die Kommune erhalten hat.[12]

5.Bindung bei Dauerschuldverhältnissen

7

Städtebauliche Verträge sind in der Regel auf einen einmaligen Vollzug angelegt, um dann, im günstigen Normalfall, erledigt zu sein. Deswegen muss ein besonderes Augenmerk auf jene Verträge oder vertraglichen Regelungen gerichtet werden, die zu Dauerschuldverhältnissen führen. Gemeint sind damit Regelungen über eine dauerhafte Einhaltung bestimmter vereinbarter Ziele, ein Ansatzpunkt, der sich auch in § 4 c mit der geltenden Monitoring-­Regelung findet. Regelungen über Dauerschuldverhältnisse haben zwei, bei Vertragsverhandlungen besonders zu beachtende, Aspekte:

Zum einen stellt sich die Frage, ob sich die kommunale Seite mit dem Blick auf die Entscheidungshoheit ihrer Gremien auf lange Dauer binden will und rechtlich binden kann. Diese Frage ist vor allem dann bedeutsam, wenn es um finanzielle Verpflichtungen auch der jeweiligen Stadt oder Gemeinde geht, der Vertrag also die Entscheidungsträger auch für die Zukunft bindet und damit in die Budgethoheit möglicherweise später gewählter Gremien eingreift. Hier muss der Blick aus dem BauGB hinaus ins Kommunalverfassungsrecht gehen, um abzuklären, ob und in welchem Umfang für solche Bindungen Rechtsgrundlagen bestehen und inwieweit diese der Genehmigung der Kommunalaufsicht unterworfen sind. Beide Vertragspartner müssen sich klar darüber sein, welche Konsequenzen eine längere Bindung für den Vertragsvollzug beinhaltet.

Die nachstehenden Erläuterungen zu den städtebaulichen Verträgen versuchen, diese in der Einführung nur allgemein angesprochenen Besonderheiten sowohl für die Vertragsverhandlungen, wie auch für die Vertragsinhalte mit dem Ziel umzusetzen, klare, vom Regelungsbedürfnis her unmissverständliche und rechtssichere Verträge zu ermöglichen.

6.Vertragsvollzug und dessen Kontrolle

8

Daneben gibt es regelmäßig für die Zeit nach Vertragsabschluss ein zu beobachtendes organisatorisches Problem: Der Vertrag muss von den Vertragspartnern im Auge behalten und auf Dauer vollzogen werden. Dies bereitet den Beteiligten, so die Erfahrung, häufig Schwierigkeiten, weil eine Verf­ahrensorganisation und Vertragskontrolle, die auf Dauer angelegt ist, regelmäßig fehlt.

Es fällt zusätzlich auf, dass vorrangig die Gemeinde nach Abschluss der Verträge ein eher schwacher Vertragspartner ist, weil keine personelle Kontinuität vorhanden ist. Dies beruht auf zwei unterschiedlichen, sich aber kumulierenden Fakten:

Zum einen sind Verhandlungen über städtebauliche Verträge, je bedeutsamer das Vorhaben ist, umso höher in der Verwaltung angesiedelt. Dies hat oft zur Folge, dass jene an den Verhandlungen nicht beteiligt sind, die später den Vertrag zu vollziehen haben; dies – organisatorisch – zu verhindern ist eine wichtige Aufgabe in der Vorbereitung der Vertragsverhandlungen; jene die den Vertrag zu vollziehen und die Erfüllung zu kontrollieren haben, sind an den Verhandlungen zu beteiligen. Ohne Kenntnis des Gangs der Verhandlungen sind oftmals Detailregelungen nicht verständlich, vor allem nicht, wenn sie auf Kompromissen beruhen, die sich in Formulierungen präsentieren, die in kontroversen Verhandlungen gefunden wurden. Eine psychologische Hemmschwelle mag hinzukommen: Viele möchten Verträge nicht vollziehen, an deren Entstehen sie sich nicht beteiligen durften!

Das andere Problem liegt darin, dass gerade bei Verträgen, die eine längere oder andauernde Vollzugsphase haben, personelle Wechsel auf Seiten der öffentlichen Hand öfter vorkommen als auf Seiten der Vertragspartner der Gemeinden. Nicht immer findet in solchen Fällen eine detaillierte Übergabe des Vertrages, seiner Geschichte usw. auf die jeweilige Nachfolge statt. Auch in diesen Fällen kann durch eine entsprechende Verlagerung nach außen für eine größere Kontinuität gesorgt werden.

Eine, durchaus überraschende, aber letztlich selbstverständliche Erfahrung kommt noch hinzu: Werden die Vertragspartner, am besten beide, rechtzeitig regelmäßig, ggf. auch vorbeugend auf die vertraglichen Regelungen und die sich daraus ergebende Verhaltensweisen hingewiesen, fördert dies in erstaunlichem Maße die Einhaltung des Vereinbarten. Offensichtlich fällt aktiver Vertragsverstoß schwerer als ein durch Unterlassen versuchter oder vollzogener. Notwendige Änderungen oder Anpassungen werden frühzeitig erkannt, angesprochen und können so oftmals einer konfliktfreien Vertragsänderung zugeführt werden.

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Die praktische Erfahrung lehrt, das mangelnde Vertragskontrolle vorrangig zu folgenden Problemen führt:

Verspäteter Einzug oder Verjährung von Geldforderungen,

Baubeginn ohne Bürgschaften, verfrühte Rückgabe von Bürgschaften,

unbemerktes Abweichen von Vereinbarungen,

Verjährung von nicht rechtzeitig geltend gemachten Erfüllungsansprüchen,

Verjährung von Mängelbeseitigungsansprüchen.

Die Konsequenzen aus den vorstehenden Erkenntnissen und Erfahrungen aus der Praxis lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Es ist eine Stelle zu bestimmen, die für die Kontrolle der Vertragserfüllung zuständig ist (Querschnittsaufgabe).

Festlegung einer klaren Verantwortlichkeit und Zuständigkeit.

Diese Mitarbeiterin/dieser Mitarbeiter erhält alle Informationen, die es zum Projektstand und Realisierungsstand gibt. Alle Beteiligten haben eine Bringschuld.

Sie/er überwacht die Einhaltung von Fristen und Terminen gemäß Vertrag und ist berechtigt, „Mahnungen“ auszusprechen.

Daraus leitet sich dann ein System der kontinuierlichen Vertragskontrolle ab:

Änderungen des Vertrages im Rahmen der Ausführung werden dieser Stelle mitgeteilt und dort kontinuierlich dokumentiert.

Änderungen des Vertrages werden von dieser Stelle federführend bearbeitet.

Dort wird entschieden, in welcher Form Änderungen im Vertrag umzusetzen sind.

Zentrales Archiv für Verträge?

[7]BVerwG (05. 07. 1974) IV C 50.72.[8]Die Literatur und Rechtsprechung nennt dies „hinkenden Austauschvertrag“ (z. B. BVerwG, U. v. 16. 05. 2000, 4 C 4.99); besser erscheint es, von einem „bedingten gegenseitigen Vertrag“ zu sprechen.[9]Vgl. z. B. die Ausschlüsse im Bereich der FFH- und Vogelschutzgebiete; Hochwasserschutzgebiete.[10]So ausdrücklich § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB für den städtebaulichen Vertrag.[11]Überlegungen des Beirates für Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern (dessen Vorsitzender der Verfasser ist) zur Änderung des VwVfG, vgl. NVwZ 2002, 834.[12]BVerwG, Urteil vom 16. 05. 2000, 4 C 4/99.

Allgemeiner Teil

A.Rechtliche Einordnung der Verträge

I.Öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Verträge?

10

Die Qualifizierung der städtebaulichen Verträge als öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich zeitigt vielfältige Konsequenzen für die hier zu behandelnden Regeln der zulässigen Vertragsgestaltung im Bereich der Leistungen und Gegenleistungen, sowie für die Frage, welche Vorschriften Anwendung finden, wenn der städtebauliche Vertrag zu bestimmten Problemstellungen (z. B. Leistungsstörungen) keine Regelungen enthält.[13] Nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 10. 04. 1986[14] kommt es für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Vertrag auf dessen Gegenstand und Zweck, also Regelungszusammenhang, an[15]. Die Rechtsnatur des Vertrags bestimmt sich gemäß dieser Entscheidung danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder bürgerlichen Recht zuzuordnen ist.[16] Die Abgrenzung ist im Einzelfall stets eine Frage der Gewichtung der zivil- und öffentlich-rechtlichen Elemente, auch der im Vertrag eingeräumten Ansprüche.[17] Aus dieser grundsätzlichen Feststellung sollen die in der Praxis vorrangig auftretenden Vertragsarten auf ihre Einordnung als öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge hin überprüft werden.

Diese typische Ausgangssituation für den öffentlich-rechtlichen Vertrag nach §§ 54 ff. VwVfG gilt, wie ein Blick auf § 11 zeigt, für den städtebaulichen Vertrag nur sehr eingeschränkt. Wohl können Verwaltungsakte im Bereich der Erschließung (§§ 127 ff. oder Landesgesetze) und der Umlegung (§ 45 ff.) an die Stelle vertraglicher Regelungen treten. Die meisten anderen Gegenstände städtebaulicher Verträge können aber gerade nicht durch Verwaltungsakte subsituiert werden.[18] Hinzu kommt der prinzipielle Regelungsansatz in § 11 Abs. 1 Satz 1: Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen. Die Befugnis zum Abschluss dieser Verträge leitet sich direkt und ausschließlich aus der sich aus § 1 ergebenden Verpflichtung ab, die Maßnahmen zu ergreifen, die für die städtebauliche Ordnung und Entwicklung erforderlich sind.[19] Daraus leitet sich gleichzeitig die Befugnis ab städtebauliche Verträge abzuschließen. Ohne städtebaulichen Bezug kann sich die Zulässigkeit eines Vertrages nicht auf § 11 stützen.[20]

Daraus folgt vom Ansatz her und im Zweifelsfall,[21] dass deshalb alle städtebauliche Verträge öffentliche rechtliche Verträge sind, weil sie ihre Rechtfertigung zum einen daraus ableiten, dass immer eine Gemeinde Vertragspartner ist und diese ihre Befugnis zum Abschluss des Vertrages aus § 11 und den ihr durch das BauGB übertragenen Aufgaben ableitet.[22] Zu einem vergleichbaren Ergebnis gelangt Hien[23] mit seiner Faustformel, ein zivilrechtlicher Vertrag liegt vor, wenn er aufgrund seines Inhalts auch unter Privaten abgeschlossen werden könnte.

1.Erschließungsvertrag, § 11

11

Der Erschließungsvertrag ist öffentlich-rechtlicher Natur.[24] Sein Gegenstand und Regelungsgehalt leiten sich aus der gemeindlichen Erschließungspflicht nach § 123 Abs. 1 und dem sonst geltenden Refinanzierungssystem der §§ 127 Abs. 2, 128, 129 her. Dies gilt ebenso für die nach Landesrecht (§ 127 Abs. 4) geregelte Erschließung.[25]

Werden im Rahmen eines Erschließungsvertrags Grundstücksflächen[26] übertragen, ändert das schon deshalb an dem öffentlich-rechtlichen Vertragscharakter nichts[27], weil diese Flächen Teil der Erschließungsanlagen sind bzw. werden und ihre Kosten (zumindest z. T. ) zu den beitragsfähigen Kosten im Sinne des § 128 Abs. 1 Nr. 1 gehören, wenn über Beiträge abgerechnet wurde. Es ist zudem Aufgabe der gesetzlichen Umlegung (§ 45 Abs. 1), die für die Erschließung notwendigen Flächen bereitzustellen. Hierzu steht die Flächenbeschaffung als Teil einer öffentlichen Maßnahme (Erschließung, Bodenordnung) im Vordergrund.

Ausschließlich zivilrechtlich zu beurteilen ist allerdings der (schlichte) Grundstückskaufvertrag, mit dem die Gemeinde – losgelöst von einem Erschließungsvertrag – Flächen für die Erschließung erwirbt. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag Regelungen für den Fall enthält, dass die Erschließung nicht realisiert wird oder das Grundstück besondere Aufwendungen für den Bau verursacht und hierüber Regelungen getroffen werden.[28] Die Grundstücksbeschaffung durch Vertrag steht im Vordergrund.

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass der Erschließungsvertrag ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist.

2.Städtebaulicher Vertrag, § 11

a)Einordnungsfragen

12

§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ermöglicht den Gemeinden durch Vertrag, „die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten“ erledigen zu lassen. Im Mittelpunkt der vertraglichen Regelungen stehen städtebauliche Maßnahmen; diese sind von ihrem Gegenstand und Regelungsgehalt her regelmäßig öffentlich-rechtlicher Natur, ohne dass § 11 zivilvertragliche Regelungen völlig ausschließt. Art und Umfang zulässiger und damit möglicher städtebaulicher Maßnahmen bestimmen die Vorschriften des BauGB und der BauNVO. Sie räumen den Gemeinden Rechte und Pflichten zur Erfüllung der dort festgeschriebenen Aufgaben ein, ohne dass dadurch der Kreis der zulässigen städtebau­lichen Maßnahmen abschließend bestimmt wird.[29]

Werden Vereinbarungen über städtebauliche Maßnahmen in gesonderten Verträgen getroffen, wird es sich stets um öffentlich-rechtliche Verträge handeln.[30] Nur dort, wo in einem Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinde und einem Dritten kauf- oder bauvertragliche Regelungen vorrangig prägen, werden die Vereinbarungen über städtebauliche Maßnahmen dahinter zurücktreten und nicht den Vertragscharakter bestimmen.

b)Vertragsbereiche

13

Analysiert man die in § 11 Abs. 1 ausdrücklich benannten Vertragsbereiche, fallen unterschiedliche Kategorien auf:

aa)

Die Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen, die einer vertraglichen Regelung ausdrücklich zugänglich gemacht werden, umfasst:

Ausarbeitung städtebaulicher Planungen einschließlich Umweltbericht,

Bodenordnung und

Bodensanierung

Erschließung

(allesamt § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1). Diese Verträge sind öffentlich-rechtlicher Natur, bei der Bodenordnung und -sanierung dann, wenn die städtebauliche Zielsetzung, nämlich die Realisierung städtebaulicher Ziele, im Vordergrund steht.[31] Bodenordnung und Bodensanierung können auch einem rein privatrechtlichen Regelungssystem unterworfen sein. Die Umlegung kann sich als ein Tauschvertrag oder eine Reihe aufeinander abgestimmter Tauschverträge präsentieren, die Bodensanierung als Werkvertrag. Hier entscheidet sich die Einordnung an der konkreten Vertragsgestaltung. Ist die Gemeinde nicht beteiligt, liegt stets ein privatrechtlicher Vertrag vor.

bb)

Der Förderung und Sicherung städtebaulicher Ziele dienen Regelungen über

die baulich bestimmte Grundstücksnutzung,

den naturschutz- und artenschutzrechtlichen Ausgleich,

der Erwerb angemessenen Wohnraumes durch besondere Personengruppen der örtlichen Bevölkerung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2,

die Sicherung der Ziele der Errichtung und Nutzung von Anlagen der dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung, § 11 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 4,

die Sicherung der Anforderungen an die energetische Qualität der Gebäude, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5.

Diese Verträge sind ebenfalls öffentlich-rechtlicher Natur, weil sie der Umsetzung und Realisierung städtebaulicher Ziele, insbesondere auch deren Sicherung, dienen.

cc)

Den Folgen städtebaulicher Planung dienen Regelungen über

Infrastruktur- und Folgekosten, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3.

Die Regelungen sind öffentlich-rechtlicher Natur, weil die Gemeinde städtebauliche Folgelasten an ihren Vertragspartner weitergibt.[32]

c)Prüfungsschema

14

Verallgemeinernd – um damit die meisten Einzelfälle abschließend qualifizieren zu können – wird man folgende Regeln aufstellen und damit ein Prüfungsschema verdeutlichen können:

aa)

Schließt die Gemeinde einen städtebaulichen Vertrag nach § 11 ab, ohne (gleichzeitig) als Grundstückseigentümer, Vermieter oder Verpächter, Mieter oder Pächter beteiligt zu sein oder zu werden, liegt (ausnahmslos) ein

öffentlich-rechtlicher Vertrag

vor. Der Regelungsgehalt eines solchen Vertrages ist rein öffentlich-rechtlich, er hat keinen zivilrechtlichen Bezug durch Kauf o. ä.; die Gemeinde setzt durch Vertrag städtebauliche Ziele oder Aufgaben um oder sichert diese. Dies verdeutlicht sich auch darin, dass der qualifizierte oder einfache Bebauungsplan stets eine Angebotsplanung präsentiert, jedoch den Vollzug der mit der Realisierung der zulässigen baulichen Nutzung verbundenen Aufgaben und Pflichten nicht regeln kann.

bb)

Erhält die Gemeinde als Ziel dieser Verträge

Flächenübertragungen

, die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienen,

Beispiel:

Straßenflächen für Erschließung, Flächen für einen Kindergarten im Rahmen eines Folgelastenvertrags

ändert

dies regelmäßig

nichts an der öffentlich-rechtlichen Natur

des städtebaulichen Vertrags.

cc)

Werden den Grundstückseigentümern im Rahmen dieser Verträge bestimmte Verpflichtungen auferlegt,

[33]

Beispiele:

–Vermietung zu errichtender Wohnungen nur an einen bestimmten Personenkreis–Verkauf von Bauland nur an Einheimische–Verkauf nur zu einem bestimmten Preis

ändert dies an der

öffentlich-rechtlichen

Natur des städtebaulichen Vertrags nichts. Die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen leitet sich aus § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und damit aus der gemeindlichen Aufgabenstellung der Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen ab. Letztere Bestimmung verdeutlicht – in den Grenzen des § 11 Abs. 1 und 2 – die zulässigen Inhalte solcher Vereinbarungen: Gegenstand, Zweck

[34]

und Befugnis leiten sich aus den städtebaulichen Aufgaben der Gemeinden ab.

dd)

Handelt die

Gemeinde (auch) als Käufer oder Verkäufer

, Mieter oder Vermieter von Grundstücken, Gebäuden, Wohnungen oder Ähnlichem, ist im Einzelfall der vorrangige Gegenstand und Zweck des Vertrags zu bestimmen. Dort, wo die Schaffung oder Aufrechterhaltung von

Planungsrecht im Vordergrund

steht, ist regelmäßig vom vorrangigen

öffentlich-rechtlichen Gegenstand

auszugehen.

Beispiel:

Verkauf eines Grundstücks durch die Gemeinde an einen Dritten, der die für die ­Bebauung notwendigen Planungsleistungen auf eigene Kosten erbringt, z. B. im Rahmen eines Durchführungsvertrags zum Vorhaben- und Erschließungsplan, § 12.

Steht dagegen die Veräußerung eines Grundstücks, die Vermietung einer Fläche und die dafür vereinbarte Gegenleistung (Kaufpreis) im Mittelpunkt des Vertrags, ist er vorrangig dem Zivilrecht zuzuordnen.[35]

Beispiel:

Verkauf eines Grundstücks durch die Gemeinde mit Bauverpflichtung und Rückkauf bei Nichterfüllung in bestimmter Zeit.

Es verbleiben schwierige Einzelfallkonstellationen, die nur schwer rechtssicher einzuordnen sind.

Beispiel:

Verkauf eines Grundstücks durch die Gemeinde an einen Investor mit der Festlegung von Art und Maß der Bebauung im Kaufvertrag, wenn das dafür notwendige Planungsrecht noch nicht vorliegt.

15

Für die weitere Untersuchung wird von der öffentlich-rechtlichen Natur der städtebaulichen Verträge nach § 11 ausgegangen.[36] Arbeitet ein einzelner Vertrag nur mit den Instrumenten des Zivilrechtes (z. B. Kaufvertrag) müssen sich die anzuwendenden vertraglichen Regelungen an den Vorgaben des Rechts über städtebauliche Verträge messen lassen „… denn durch die Wahl der zivilrechtlichen Vertragsform haben sich die Hauptbeteiligten keiner Bindung entzogen, der sie beim Abschluss eines öffentlichen Vertrages unterlägen hätten“.[37]

3.Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan, § 12

16

Der Durchführungsvertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan ist, ebenso wie ein eventueller Vorvertrag,[38] ein öffentlich-rechtlicher Vertrag.[39] Die in § 12 vorgenommene Verknüpfung zwischen der Schaffung von Baurecht und der Verpflichtung zur Errichtung des Bauvorhabens verbunden mit der Erschließung, ist vom Gegenstand und Zweck her eindeutig dem öffentlichen Recht zugeordnet.

Dies gilt auch dann, wenn die Gemeinde die Fläche im Rahmen des Durchführungsvertrags zur Errichtung des Bauvorhabens an den Vorhabenträger veräußert oder die Gemeinde ihrerseits Flächen übertragen

Beispiel:

Erschließungsflächen

oder Nutzungsrechte

Beispiel:

Vermietung einer Fläche für einen Kindergarten

eingeräumt erhält.

Als zivilrechtlich kann ein Vertrag eingeordnet werden, der außerhalb des Durchführungsvertrags und getrennt hiervon Grundstücksflächen überträgt und nur Nutzungsrechte einräumt. Hier findet die Verknüpfung mit § 12 über die Geschäftsgrundlage statt; die in den zivilrechtlichen Vertrag zu übernehmenden Regelungsgrenzen ergeben sich aus §§ 134, 138 BGB. Für Leistungsstörungen dieser Verträge gelten ansonsten die Regeln des Zivilrechts.

Im Folgenden wird von der öffentlich-rechtlichen Natur des Durchführungsvertrags zum Vorhaben- und Erschließungsplan ausgegangen.

4.Rechtsweg

17

Die Einordnung des städtebaulichen Vertrages als zivil- oder öffentlich-rechtlich entscheidet auch über den Rechtsweg. Ist der Vertrag öffentlich-rechtlicher Natur, eröffnet § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Weg zu den Verwaltungsgerichten. Dies gilt dann für sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertrag, ob es um dessen Gültigkeit, Leistungsstörungen jeglicher Art[40] oder Rückgewähransprüche[41] geht. Ansprüche der Gemeinde aus ihr aufgrund der im städtebaulichen Vertrag übergebenen Sicherheiten sind zivilrechtlicher Natur[42].

Kommt der Vertrag nicht zustande und entsteht Streit z. B. über Schadensersatzansprüche aus diesem Grund (cic) fällt dieser nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO in die Zuständigkeit der Zivilgerichte.[43]

Weisen die Verträge öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Elemente auf, dann entscheidet sich der Rechtsweg nach dem Ergebnis der vorzunehmenden Gewichtung des Regelungszusammenhangs.[44]

II.Koordinationsrechtlicher oder subordinationsrechtlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag?

1.Bedeutung der Unterscheidung

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Die Einordnung des städtebaulichen Vertrags in die Kategorien koordinationsrechtlich oder subordinationsrechtlich ist aus Anlass der Frage nach den anzuwendenden Regeln über Vertragsinhalte und Leistungsstörungen nur dann notwendig, wenn sich daraus unterschiedliche Rechtsfolgen ableiten lassen.[45]

Geht man davon aus[46], dass die §§ 11 und 12 leges speciales gegenüber den §§ 54 ff. VwVfG mit der Folge sind, dass insbesondere die §§ 56 und 59 VwVfG hinsichtlich ihrer Anwendung nachrangig gelten, wenn §§ 11 und 12 keine Regelungen enthalten[47], bleibt als Konsequenz im Wesentlichen die Feststellung,[48] dass eine vertraglich vereinbarte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 61 VwVfG die Einordnung als subordinationsrechtlichen Vertrag voraussetzen würde. Ob eine solche Regelung über § 62 Satz 2 VwVfG in Verbindung mit dem BGB oder direkt nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auch für koordinationsrechtliche Verträge vereinbart werden kann, ist an anderer Stelle zu überprüfen.[49]

2.Bisherige Einordnungen

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Die bekannten Einordnungen tendieren deutlich dazu, städtebauliche Verträge als subordinationsrechtliche Verträge einzuordnen.[50] Dies wird einerseits „in der außerhalb des konkreten Vertragsverhältnis bestehenden generell untergeordneten Stellung der Privaten gegenüber dem Staat“ gesehen[51], zum andern aus der „uneingeschränkten Planungshoheit der Gemeinde“ abgeleitet, da der Private „zur Erreichung seiner städtebauvertraglichen Ziele elementar auf die Mitwirkung und Gestaltung der Gemeinde angewiesen“[52] ist.Beim Blick auf die für städtebauliche Verträge anzuwendenden Regelungen gem. §§ 54 Satz 2 i. V. m. § 59 kommt die Bewertung des VwVfG-Gesetzgebers zum Ausdruck, „dass bei subordinationsrechtlichen Verträgen eine gesteigerte Schutzwürdigkeit (des Bürgers) gegeben ist.“[53]

Diese Zuordnung überzeugt nicht.

3.Versuch einer Einordnung

20

Die Schutzfunktion ist durch die Regelung des § 11 (und des § 12) gegeben, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Einordnung des städtebaulichen Vertrages als subordinationsrechtlicher Vertrag bedarf.[54]

Aufgrund der jetzt bestehenden umfangreichen gesetzlichen Regelung spricht viel dafür, die städtebaulichen Verträge der §§ 11 und 12 insgesamt als koordinationsrechtlich einzuordnen. Auch wenn man davon ausgehen will, dass auch jene Verträge subordinationsrechtlich sein können, die Verpflichtungen enthalten, welche nicht durch Verwaltungsakt durchsetzbar sind, stehen im Gesamtsystem der städtebaulichen Verträge die Koordination und Kooperation im Vordergrund.

Nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 2 VwVfG sind subordinationsrechtlich nur jene Verträge, deren Inhalt auch Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 35 VwVfG (Verwaltungsakt) sein könnte.

Ein Großteil der möglichen Verpflichtungen des gemeindlichen Vertragspartners ist durch Verwaltungsakte nicht durchsetzbar. Dies gilt vor allem für die Kombination der Übernahme von Teilaufgaben (z. B. Vorbereitung der Bauleitplanung, Durchführung von Bodensanierung) und deren Kostentragung. Die Zielrichtung der gesamten vertraglichen Regelungsmöglichkeiten ist auf die Kooperation zwischen der Gemeinde und ihrem Vertragspartner, nicht auf die Substitution eines möglichen Verwaltungsakts in einem Über- und Unterordnungsverhältnis durch vertragliche Regelungen ausgerichtet.[55]

Die Praxis der Verhandlungen und der Abschlüsse städtebaulicher Verträge zeigt, dass die Positionen beider Vertragspartner – wie bei Vertragsverhandlungen allgemein der Regelfall – von unterschiedlichen Interessenlagen und Zielen geprägt sind, die nicht selten die Unterlegenheit der einen oder anderen Vertragspartei aufzeigen. Der gesetzlichen Befugnis der Gemeinde, Planungsrecht zu schaffen, steht deren Zielsetzung gegenüber, nicht nur bestimmte (dem Planungsrecht zugrunde liegende städtebauliche Aufgaben zu erfüllen, sondern gleichzeitig auch dadurch entstehende Folge-Kosten weiterzugeben. Dem Gewinnstreben der Vertragspartner der Gemeinde steht die Aufgabenerfüllung und Kostenübernahme und damit Entlastung der öffentlichen Haushalte der Gemeinden gegenüber, eine typische Situation, die in Vertragsverhandlungen wenig von der „Stärke“ der Gemeinden aus ihrer Planungshoheit übrig lassen kann.[56] Vor diesem Hintergrund nähern sich viele städtebauliche Verträge dem ppp[57] an, deren Einordnung eine solche als Über- und Unterordnungsverhältnis mehr als in Frage stellt.[58]

Die gegenseitigen Hauptpflichten sind in allen hier behandelten Vertragsarten des städtebaulichen Vertrages gerade nicht durch Verwaltungsakte zu „ersetzen“. Das gilt vorrangig für das „Beziehungsgeflecht“ des Vorhaben- und Erschließungsplans, wie er sich im Durchführungsvertrag präsentiert. Die vom Vorhabenträger in der konkreten Situation insgesamt übernommenen Hauptpflichten (Planung, Erschließung, Fertigstellungszusage zu einem bestimmten Zeitpunkt) können so durch Verwaltungsakte nicht durchgesetzt werden.

Auch beim Erschließungsvertrag nach § 124, in der seit dem 01. 05. 1993 geltenden Fassung, und nach § 11 BauGB 2013 steht die koordinationsrechtliche Komponente im Vordergrund.[59] Art und Umfang der vereinbarungsfähigen Erschließung und deren Kostentragung gehen weit über die (zulässigen) Möglichkeiten des Beitragsrechts nach §§ 127 ff. hinaus.[60]

Noch mehr gilt dies beim städtebaulichen Vertrag in seinem in § 11 definierten Umfang. Alle dort formulierten Vereinbarungsmöglichkeiten zeichnen sich vorrangig und in erheblichem Maße dadurch aus, dass sie Tatbestände und Regelungen betreffen, die die Gemeinden nicht durch Verwaltungsakt durchsetzen können.[61]

Die frühere Einordnung, gerade des städtebaulichen Vertrags,[62] war durch dessen volle Unterwerfung – mit Ausnahme des Erschließungsvertrags nach § 124 a. F. – unter die §§ 54 ff. VwVfG gekennzeichnet. Die seit dem 01. 05. 1993 durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz geschaffene und durch das BauGB 98 bestätigte Rechtslage hat die Verträge in Teilen von den Regeln des VwVfG gelöst und eine eigene Inhalts- und Grenzenbestimmung vorgenommen. Dadurch hat sich die Gewichtung bewusst vom Vertrag als „Ersatzinstrument“ des Verwaltungsakts hin zur eigenständigen Gestaltungsmöglichkeit entwickelt. Die Frage nach der Verwaltungsakt-Substitution spielt aufgrund konkreter gesetzlicher Regelungen in den §§ 11, 12 keine Rolle mehr.

4.Fazit

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Läge nicht die Beschränkung der Unterwerfung unter die sofortige Vollziehung nach § 61 VwVfG nur auf die subordinationsrechtlichen Verträge vor, könnte die Einordnung der städtebaulichen Verträge als koordinationsrechtliche oder subordinationsrechtliche Verträge letztlich dahingestellt bleiben oder gar festgestellt werden, dass die Zeit darüber hinweg gegangen ist.[63] Die Differenzierung stammt aus der Zeit des Inkrafttretens des VwVfG[64], die insbesondere in der Rechtsprechung noch stark von der Annahme geprägt war, „der Staat paktiert nicht“, zurückgehend auf den Satz von Otto Mayer: „Wahre Verträge des Staates auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes sind überhaupt nicht denkbar.“[65]Das VwVfG hat diese Frage mit § 54 positiv dahingehend entschieden, dass die Verwaltung mit dem Bürger einen Vertrag schließen kann.[66] Die Entwicklung ist seit dem Inkrafttreten, gerade durch die zunehmende Verankerung des städtebaulichen Vertrages in § 11 fortgeschritten und hat ihn zu einem wichtigen Handlungsinstrument der Gemeinde werden lassen.[67]

Im Folgenden wird deshalb für die städtebaulichen Verträge insgesamt von koordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Verträgen ausgegangen. Soweit möglich soll diese Frage allerdings dahingestellt bleiben.

B.Anwendbare Rechtsvorschriften für Vertragsinhalte und Leistungsstörungen

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Die gesetzlich ausdrücklich geregelten städtebaulichen Verträge (§§ 11 und 12), die durch vielfältige Verweisungen auf vertragliche Regelungen im BauGB ergänzt werden,[68] werden nach dem Vorstehenden als zulässige öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 54 Satz 1 VwVfG gewertet und behandelt. Dadurch ist ausdrücklich (positiv) klargestellt, dass „Rechtsvorschriften“ diesen vertraglichen Regelungen dem Grunde und dem in den speziellen Regelungen vorgesehenen zulässigen Umfang nach „nicht entgegenstehen“. § 1 Abs. 1 letzter HS VwVfG[69] bestimmt zudem den Vorrang dieser besonderen Vorschriften vor der Anwendbarkeit der §§ 54 ff. VwVfG.[70]

Die in den genannten Vorschriften getroffenen Sonderregelungen gehen insgesamt, also auch hinsichtlich der Leistungsstörungen, den Regelungen des VwVfG für die öffentlich-rechtlichen Verträge vor. Diese gelten nur subsidiär, soweit die §§ 11, 12 keine eigenen Lösungen anbieten. Mit der Verweisung auf die entsprechende Anwendung der BGB-Vorschriften, vgl. § 62 Satz 2 VwVfG, ergibt sich damit für die behandelten Leistungen bzw. Gegenleistungen und Leistungsstörungen folgende Regelungshierarchie: Die speziellen Vorschriften in den §§ 11 und 12 und der sonstigen vertragsbezogenen Regelungen des BauGB gehen jenen der §§ 54 ff. VwVfG, diese wiederum über § 62 Abs. 2 VwVfG jenen des BGB vor.[71] Entscheidend für die Anwendung der jeweiligen Regelungsstufe ist dabei, dass die jeweils speziellere die nachfolgend allgemeinere hinsichtlich Anwendungsumfang, -inhalt und -grenzen mitprägt und mitbestimmt. Die Vorschriften der §§ 54 ff. VwVfG gelten also immer nur so weit, wie die speziellen Regelungen über die genannten städtebaulichen Verträge ihre Anwendung nicht relativieren oder ausschließen; dies gilt entsprechend für die Vorschriften des BGB im Verhältnis zu denen der §§ 54 ff. VwVfG und den konkreten Vorschriften über städtebauliche Verträge. Diese Grundsätze sind an sich Selbstverständlichkeiten, die hier aber deshalb ausdrücklich festzuhalten sind, weil sie in erheblichem Umfang Regel- und Lösungsmechanismen dort prägen, wo konkrete Vorschriften gerade über zulässige Vertragsinhalte und die Behandlung von Leistungsstörungen fehlen.

Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Systematik soll in einem ersten Schritt (I.) untersucht werden, welche speziellen Regelungen über zulässige Vertragsinhalte und Leistungsstörungen die genannten Vorschriften über städtebauliche Verträge enthalten. Daran schließt sich die Überprüfung an, welche Regelungen die §§ 54 ff. VwVfG für städtebauliche Verträge aufweisen (II.). Es folgt die Darstellung der entsprechend anwendbaren Vorschriften des BGB (III.).

I.Direkte Regelungen über Vertragsinhalte und Leistungsstörungen in den §§ 11, 12 und 124

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Entsprechend der dargestellten Hierarchie[72] werden die Vorschriften der §§ 11, 12 und 124 im Hinblick auf ihre Regelungen über zulässige Vertragsinhalte und Reaktionen auf Leistungsstörungen überprüft.

1.§ 11: Erschließungsvertrag

a)Regelungen über Vertragsinhalte

Das BauGB 2013 hat den Erschließungsvertrag in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 übernommen und dabei wie bisher die Möglichkeit benannt, durch den Vertrag die Herstellung nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähiger sowie nicht beitragsfähiger Erschließungsanlagen durch Vertrag zu übertragen. Der in § 124 a. F. noch benannte „Dritte“ ist nicht mehr ausdrücklich aufgeführt, seine Existenz als Vertragspartner leitet sich jedoch aus der Grundkonstruktion des § 11 ab, der einen Vertragspartner der Gemeinde voraussetzt. In diesem Zusammenhang wird in § 11 Abs. 1 Satz 3 festgestellt, dass Vertragspartner auch eine juristische Person sein kann, an der die Gemeinde beteiligt ist. Schließlich stellt § 11 Abs. 2 Satz 3 klar, dass eine Eigenbeteiligung der Gemeinde beim Abschluss eines Erschließungsvertrages nicht erforderlich ist. Auch dies ist eine verbliebene gesetzliche Reaktion gegen anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes.[73]

Bei der Übernahme des Erschließungsvertrages aus § 124 in den § 11 ist der ausdrückliche Verweis auf den „sachlichen Zusammenhang“, in dem die vereinbarten Leistungen mit der Erschließung stehen müssen, § 124 Abs. 3 Satz 1 a. F. entfallen. Diese Verpflichtung leitet sich für den Erschließungsvertrag aus § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ab, wenn man ihn als subordinationsrechtlichen Vertrag einstuft[74], ansonsten aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Bindung der staatlichen Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG).

Verblieben ist in § 124 neuer Fassung die bisher in § 124 Abs. 3 Satz 2 geregelte Pflicht der Gemeinde zur Durchführung der Erschließung, wenn sie den Abschluss eines Erschließungsvertrages mit angemessenem Inhalt ablehnt.[75]

b)Regelungen über Leistungsstörungen

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Regelungen über Leistungsstörungen beim Erschließungsvertrag finden sich in § 11 nicht.

2.§ 11: Städtebaulicher Vertrag

a)Regelungsinhalte

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§ 11 Abs. 1 Satz 2 beschreibt beispielhaft – gekennzeichnet durch das „insbesondere“ und durch die Öffnungsklausel in § 11 Abs. 4 in den Nrn. 1 bis 5 mögliche Vertragsinhalte, ohne allerdings die zulässigen Regelungen und ihre Grenzen im Detail zu beschreiben. Nur die Kausalitätsregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 vermittelt eine deutliche Begrenzung für die Übernahme bei der Gemeinde entstandener oder entstehender Kosten und Abs. 2 Satz 1 stellt ein insgesamt geltendes Angemessenheitserfordernis auf.

§ 11 enthält keine direkten Regelungen über Leistungsstörungen in Bezug auf die nach dieser Vorschrift zulässigen Verträge. Indirekt wird die Problematik der Leistungsstörungen durch die Kausalitäts- und Angemessenheitsregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1 mitgeprägt. So wie sich die vereinbarten Primärleistungen an diesen Kriterien messen lassen müssen, gilt dies auch für die anzuwendenden oder vereinbarten Regelungen über Leistungsstörungen.

b)Kein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans

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Indirekte Bedeutung hat aber § 1 Abs. 3 Satz 2: Ein Anspruch auf Aufstellung eines Bauleitplans oder einer sonstigen städtebaulichen Satzung kann durch Vertrag nicht begründet werden.[76]

Dieses Verbot bewirkt, dass eine Primärleistung des „Schuldners“ Gemeinde auf „Aufstellung des Bebauungsplans“ nicht vereinbart werden kann; ein entsprechender Erfüllungsanspruch ist also ausgeschlossen. Damit ist aber noch nichts über die Frage ausgesagt oder geregelt, ob die Nichtaufstellung eines Bebauungsplans nicht eine Leistungsstörung der vorvertraglichen Phase oder des abgeschlossenen Vertrags sein kann und welche Folgen dies für den Vertrag und die Vertragspartner hat. Darauf wird im Einzelnen noch ausführlich einzugehen sein.[77]

c)Kausalität und Angemessenheit

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Indirekte Bedeutung – und zwar als Maßstab für die Auslegung der §§ 54 ff. VwVfG und der Vorschriften des BGB sowie als Grenze für entsprechende vertragliche Vereinbarungen über die Folgen von Leistungsstörungen – haben § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Abs. 2 Satz 1. Die strenge Kausalität des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3[78] und die Angemessenheitsgrenze sind auch im Rahmen der Leistungsstörungen zu beachten. Dies gilt nicht nur bei vertraglichen Vereinbarungen über die Behandlung von Leistungsstörungen der Vertragspartner, sondern ebenso dann, wenn vertraglich nichts vereinbart ist, Reaktionen auf Leistungsstörungen also aus den vorhandenen gesetzlichen Regelungen abzuleiten sind. Dies bedeutet konkret, dass die Anwendung der §§ 54 ff. VwVfG und des BGB im Rahmen der städtebaulichen Verträge hinsichtlich der Leistungsstörungen an diesen Kriterien (mit) zu messen sind.

3.§ 12: Vorhaben- und Erschließungsplan bzw. vorhabenbezogener ­Bebauungsplan

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§ 12 Abs. 1 Satz 1 beschreibt den Inhalt des Durchführungsvertrags; konkrete Inhalte finden sich in der notwendigen Bestimmung der Fertigstellungsfrist[79] und den persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Vorhabenträgers („bereit und in der Lage“[80]). Die Vorschriften über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan enthalten numerisch die meisten direkten Regelungen für den Fall von Leistungsstörungen im Vergleich zu den anderen hier behandelten städtebaulichen Verträgen. Der Grund ist leicht auszumachen: In keiner Vorschrift ist der Vertrag so direkt mit der Satzung verknüpft, liegen damit auch die Fragen der Folgen von Leistungsstörungen so offen auf der Hand. Ob alle denkbaren Leistungsstörungen einer Lösung zugeführt worden sind, ist hier, wie bei den anderen behandelten städtebaulichen Verträgen, noch nicht darzustellen und damit zu untersuchen.[81] An dieser Stelle geht es allein um die Regelungen zu Leistungsstörungen, die direkt aus § 12 abgeleitet werden können.

a)Kein Anspruch auf Satzung

§ 1 Abs. 3 Satz 2 ist entsprechend anwendbar: Auch ein Vertrag im Rahmen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans kann keinen Anspruch auf den Erlass einer Satzung begründen. Aus § 12 Abs. 2 ergibt sich ein solcher Anspruch nicht. In Abs. 2 ist nur die Pflicht der Gemeinde statuiert, über die Einleitung des Verfahrens auf Antrag des Vorhabenträgers nach pflicht­gemäßem Ermessen zu entscheiden. Es wird darzustellen sein, dass sich hieraus keine gesteigerten Bindungswirkungen ableiten lassen.[82]

b)Aufhebung der Satzung bei Nichterfüllung der zeitlichen ­Verpflichtung

§ 12 Abs. 6 Satz 1 gibt der Gemeinde die Möglichkeit, die Satzung aufzuheben, wenn der Vertragspartner der Gemeinde den Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der vereinbarten Frist durchführt. Eine solche Reaktion auf die Leistungsstörung „Nichterfüllung“ bleibt ausdrücklich ohne Gegenansprüche des gemeindlichen Vertragspartners, vgl. § 12 Abs. 2. Die Regelung lässt eine Anzahl von Fragen offen, die an anderer Stelle dem Versuch einer Beantwortung zugeführt werden sollen.[83]

c)Wechsel des gemeindlichen Vertragspartners

Der Wechsel des Vorhabenträgers ist möglich, aber zustimmungsbedürftig. Die Gemeinde kann den Wechsel nur ablehnen, wenn die Fertigstellungszusage gefährdet ist. Dem alten und neuen Vorhabenträger gegenüber bleibt allein die Reaktionsmöglichkeit nach § 12 Abs. 6.

d)Keine ausdrückliche Angemessenheitsregelung

Eine ausdrückliche Angemessenheitsregelung wie in § 11 Abs. 2 Satz 1 findet sich in § 12 nicht; hier wird man über die Anwendung des (verfassungsrechtlichen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einerseits und die Bindung der staatlichen Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) andererseits aber ebenfalls zur Angemessenheit als Kriterium gelangen.

II.Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf ­Vertragsregelungen und Leistungsstörungen

1.Keine subordinationsrechtlichen Verträge

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Die städtebaulichen Verträge sind insgesamt keine subordinationsrechtlichen Verträge nach § 54 Satz 2 VwVfG.[84] Deshalb ist eine Anzahl von Vorschriften des VwVfG, die ausdrücklich auf § 54 Satz 2 VwVfG Bezug nehmen, nicht anwendbar.[85] Die vorrangigen, in den §§ 11, 12 und bisher 124 genannten Regelungsbereiche und zulässigen -inhalte sind von der Gemeinde nicht mit Verwaltungsakt durchsetzbar; dazu fehlt es insgesamt an jeder Rechtsgrundlage.

Beispiele:

Kostenübernahme der Planung, Zahlung von Folgekosten, Bau und Kostentragung nicht beitragsfähiger Erschließungsanlagen.

Dies gilt auch für das im städtebaulichen Vertrag nach § 11 mögliche und im vorhabenbezogenen Bebauungsplan des § 12 stets zu vereinbarende Baugebot. Dem steht kein durch Verwaltungsakt durchsetzbares Baugebot (z. B.) nach § 176 gegenüber, dessen Erfüllung – und darauf käme es an – nur durch Vertrag umgesetzt werden könnte.

2.§§ 54 ff. VwVfG: Öffentlich-rechtlicher Vertrag

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Die Vorschriften des VwVfG über den öffentlich-rechtlichen Vertrag enthalten nur wenige direkte Regelungen zu den Problemkreisen der Vertragsinhalte und der Leistungsstörungen.

a)Anpassung und Kündigung in besonderen Fällen, § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG

§ 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG regelt den Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage[86] beim öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die Vorschrift verdrängt §§ 313, 314 BGB[87] und ist durch einen Vertrag nicht abdingbar.[88] Diese Vorschrift behandelt damit einen Sonderfall der ausbleibenden oder nicht vertragsgemäßen Erfüllung des abgeschlossenen Vertrags und gehört deshalb und insoweit zum Fragenkreis der Leistungsstörungen. § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG führt zu einer Anpassungspflicht und, wo dies nicht möglich oder zumutbar ist, also nachrangig, zu einer Kündigungsmöglichkeit, wenn die beim Vertragsabschluss maßgebenden Verhältnisse sich so wesentlich geändert haben, dass einer Vertragspartei ein Festhalten an den vertraglichen Regelungen nicht zumutbar ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, führt eine vertragliche Leistungsstörung nur zu den in § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG genannten Reaktionen, nicht zu anderen Reaktionen, die sich z. B. aus der entsprechenden Anwendung über § 62 Satz 2 VwVfG nach §§ 320 ff. oder 631 ff. BGB ergeben. Dies gilt wiederum nur dann, wenn nicht vorrangig konkrete Regelungen der Vorschriften über städtebauliche Verträge direkt gelten.

Diese Situation ist beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan/Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 gegeben:

Aus § 12 Abs. 5 Satz 1 ergibt sich die Verpflichtung der Gemeinde, einen Rechtsnachfolger des Vorhabenträgers zu akzeptieren, wenn dieser die zeitliche Vertragserfüllung sicherstellt. § 12 Abs. 5 Satz 1 stellt eine Sonderregelung gegenüber § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG dar. Daraus leitet sich die Frage ab, ob diese Sonderregelung abschließend ist, ob also § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG unanwendbar bleibt, oder ob diese Regelung als allgemeinere Regelung Anwendung finden muss, wenn die speziellere des § 12 Abs. 5 Satz 1 nicht greift. Letzteres dürfte der Fall sein: Der Vorhabenträger muss nach unserer Rechtsordnung bei Vorliegen wichtiger Gründe aus dem Vertrag und damit seinen Verpflichtungen „aussteigen“ können – mit welchen Konsequenzen auch immer –; ohne die (vom System her richtige) subsidiäre Anwendung des § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG müssten über § 62 Satz 2 VwVfG die Vorschriften des BGB oder gar allgemeine Rechtsgrundsätze der weiteren rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Aus der Normenhierarchie lässt sich ableiten, dass der ursprüngliche Vorhabenträger den Vertrag nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG – natürlich unter den dort genannten Bedingungen – erst und nur dann kündigen kann, wenn er keinen Rechtsnachfolger zu zumutbaren Bedingungen findet oder ein von der Gemeinde angebotener Rechtsnachfolger zu keinen zumutbaren Bedingungen in den Vertrag einsteigt.

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Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist eine so wesentliche Änderung der Verhältnisse, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestanden, dass einer Vertragspartei das Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist[89]; sie kann sich auch auf rechtliche Verhältnisse beziehen[90]; zu den Voraussetzungen allgemein: