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Das Spiegel-Universum macht nun auch Picard zu schaffen
Während einer Forschungsmission am Rande der Galaxis wird die
Enterprise in ein Paralleluniversum katapultiert. Kurz darauf dringt ein Spion in den Computerkern ein, um Daten über Bewaffnung und taktische Manöver zu kopieren. Und dieser Mann gleicht einem Crewmitglied bis aufs Haar. Data findet in geheimen Dateien der Sternenflotte Hinweise auf einen ähnlichen Vorfall: Die erste
Enterprise unter dem Kommando von James T. Kirk hatte bereits Kontakt mit diesem Paralleluniversum. Nun muss Picard ähnlich schockierende Erfahrungen machen wie sein Vorgänger, denn in diesem Universum hat das "Empire" Hunderte von Welten unterworfen und eine brutale Schreckensherrschaft errichtet. Die Spiegel-Sternenflotte dient als Instrument für neue Eroberungen, und das Flagschiff dieser Flotte ist die
Enterprise, befehligt von einem machthungrigen Zyniker: Captain Jean-Luc Picard.
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Seitenzahl: 521
Während einer Forschungsmission am Rande der Galaxis wird die Enterprise in ein Paralleluniversum katapultiert. Kurz darauf dringt ein Spion in den Computerkern ein, um Daten über Bewaffnung und taktische Manöver zu kopieren. Und dieser Mann gleicht einem Crewmitglied der Enterprise bis aufs Haar.
Data findet in geheimen Starfleet-Dateien Hinweise auf einen ähnlichen Vorfall: Die erste Enterprise unter dem Kommando von James T. Kirk war bereits in Kontakt mit diesem Paralleluniversum geraten. Nun muss Captain Picard ähnlich schockierende Erfahrungen machen wie sein Vorgänger. Denn in diesem Universum hat das »Empire« Hunderte von Welten unterworfen und eine brutale Schreckensherrschaft errichtet. Starfleet dient als Instrument für immer neue Eroberungen, und das Flaggschiff dieser Flotte ist die Enterprise, befehligt von einem machthungrigen Zyniker: Captain Jean-Luc Picard …
DIANE DUANE
DUNKLER SPIEGEL
Star Trek™
The Next Generation
Für Rick Sternbach und Mike Okuda,
die Männer hinter dem Vorhang
– besonders für Rick,
Das Böse ist einfach
Die in Dunkler Spiegel
Es gibt einige Regionen im All, in denen das ewig optimistische menschliche Herz sich einfach nicht heimisch fühlt. An diesen äußeren Rändern der Galaxis, zu denen die Menschheit gerade erst vorstößt, wird die Milchstraße, die überall sonst zwischen den bewohnten Planeten in so üppigem, strahlendem Ausmaß strömt und wogt, immer dünner, kalt und blass. Hier leuchtet das Sternenlicht nur unbestimmt und schwach – die Millionen Lichtpunkte in der Nähe der Welten im Herz der Galaxis werden von der gewaltigen Entfernung gedämpft, und die Wolken dunkler Materie zwischen den Sternen kühlen zu einem verschwommenen Nebel ab, der kaum auszumachen ist, außer, man wendet den Blick von ihm ab. Normalerweise fällt dies dem Betrachter jedoch schwer. Bei diesem Anblick denkt er unwillkürlich daran, wie klein selbst eine Galaxis in der Unendlichkeit des Universums, wie winzig sogar die Lokale Gruppe im Vergleich zu der Dunkelheit ist, die sie umgibt, und zu all den anderen galaktischen Clustern und Supergalaxien. Und diese Finsternis enthielt über die Grenzen bloßer räumlicher Integrität hinaus wahrscheinlich noch zahllose andere vollständige Universen, die sich alle in die größte Dunkelheit überhaupt einordneten – die der Entropie, die auf jeglicher Existenz lastet.
In diesen Einöden des Alls gibt es nur wenige und weit voneinander entfernte Oasen. In einer halben Million Kubikparsec findet man vielleicht einen Stern, dem es gelungen war, in dieser Unfruchtbarkeit Planeten hervorzubringen. Doch aufgrund der entmutigenden Entfernungen um sie herum findet man trotzdem lediglich Leere, und als Hintergrund nur einen schwachen Lichtschimmer, der die Zentralgestirne der besiedelten Welten erkennen lässt. Angesichts solcher Gegensätze wirkt jenes Licht fast düster und zeugt von seiner Vergänglichkeit und Neuheit in einem Universum, das seit unbekannter Zeit mit einer unaussprechlichen Dunkelheit schwanger ging und das Licht bis zu jenem ersten großen Gelächter in sich ungeboren hielt, dem Ausbruch neu entstandener Macht und Materie in das alte gedankenreiche Nichts.
Weit hier oben, über dem großen Galaktischen Riff, wirkt dieses Licht fast dürftig – eine Dunkelheit, die nicht aus Staub oder Entfernung, sondern aus dem schlichten Nichts geboren war. Nur wenige intelligente Wesen kommen hierher: Beobachter sind seltener als Sterne. Aber dann und wann durchbricht etwas die Kargheit der dunklen Wüste. Ein ferner Glanz, ein silberner Schimmer, der größer wird und näher kommt; wie eine Erinnerung, die in einem dunklen Verstand gesucht und plötzlich gefunden wird. Sollte der Beobachter so vernünftig sein, sich nicht nur auf schwerfälliges Licht zu verlassen, um etwas wahrzunehmen und Nachrichten zu übertragen – sondern vielleicht auf Tachyonen –, würde er sehen, wie es größer wird und an ihm vorbeirast, mit einem Spritzer Rot auf der Backbord- und einem Spritzer Grün auf der Steuerbordseite und den Buchstaben NCC 1701-D matt auf der Hülle. Dann ist diese Erinnerung wieder im Dunkeln verschwunden, hinterlässt nur eine Regenbogenspur hinter sich, die schnell verblasst, den Rückstand eines Warpfelds. Der einsame Gesandte der Vielgestaltigkeit aller Welten, gerade erst hier und schon wieder fort, aus der Dunkelheit in die Dunkelheit: die Enterprise geht ihren Geschäften nach.
In seinem Quartier trat Jean-Luc Picard von der Leinwand zurück und schaute kurz zur Seite auf das vorbeiziehende Dunkel. Er konnte sie fast spüren, die Dichte der Dunkelheit: ihre seltsame, leere, aber irgendwie schwere und bedrückende Eigenschaft, so weit entfernt vom Licht und Leben der dichter besiedelten Teile der Föderation. Sie waren weit draußen in den Randgebieten der Galaxis, und die relative Leere der Dinge ließ ihn frösteln. Bei solchen Gelegenheiten wandten seine Gedanken sich in eine andere Richtung, anderen Vorstellungen zu: wärmeren, etwas zuversichtlicheren – wenngleich ein jeder in dieser Dunkelheit ein anderes Ausmaß an Beruhigung brauchte. Picard kannte sich selbst so gut, dass er solche Gefühle nicht ignorierte, für wie unbegründet auch immer er sie vielleicht hielt. Bei solchen Gelegenheiten dachte er gern an sein Zuhause: an den heimischen Herd sozusagen.
Er drehte sich wieder zur Leinwand um. Normalerweise versuchte er sich nicht an Landschaftsmotiven, und ganz bestimmt nicht aus der Erinnerung heraus. Doch gerade, weil ihm das plötzlich klargeworden war, hatte er es unbedingt versuchen müssen.
Es war ein Wald im Luberon, nicht weit von seinen heimischen Weinbergen entfernt. Ein sonniger Morgen ganz früh im Herbst. Man erkannte es an den Bäumen, das Grün der Birken und Eichen in diesem Wald war nicht mehr die frische Farbe des Frühlings, sondern das müdere, resignierte, reifer werdende Grün von Bäumen, deren Blätter bereits daran denken, sich zu verfärben. Hier und dort konnte man in dem Gesprenkel der Birken vor dem hellblauen Himmel ein Blatt sehen, das schon gelb geworden war, die Veränderung eingeleitet, den Sommer leise verraten hatte. Ganz typisch dafür, wie solche Veränderungen sich vollziehen, langsam, Blatt für Blatt: Die Anfänge sind »klein und kaum zu sehen«, wie der Dichter es ausdrückt, doch wenn man plötzlich aufschaut und sie bemerkt, kommen sie einem gewaltig vor.
Unter den noch unwesentlich verräterischen Birken und Eichen breiteten sich Teiche aus Schatten und Licht aus; und genau dort, im Schatten einer Eiche, aber von einem schmalen Sonnenstrahl erhellt, den ein nachlässiger Zweig hindurchgelassen hatte, schwebte ein kleiner, strahlender Fleck in der Luft: ein Schmetterling. Ein brauner Waldschmetterling mit einem breiten weißen Streifen, der zu der freien Stelle zwischen den Bäumen hinabflatterte. Sonst rührte sich nichts; der Wind raschelte nicht in den Bäumen, keine Bewegung, nur die perfekte, stille und reife Wärme jener Jahreszeit, in der die Trauben geerntet wurden: der perfekte erste Augenblick des Herbstes, in dem die Erde sich gerade darauf vorbereitete, sich den Rest des Jahres über zur Ruhe zu begeben.
Picard trat zurück und betrachtete das Bild. Das grelle Blau des Sommers von Südfrankreich zeigte sich über den oberen Blättern. Im düsteren Hintergrund konnte man hier und dort die Nadeln einer der Kiefern ausmachen, die den Wind abhielten. Alles außer dem Lichtstrahl mitten in der Luft und dem Blau über den Bäumen war weich und unbestimmt; der Boden war mit dem Braun vieler Jahre bedeckt. Er hatte sehr lange an diesem Boden gearbeitet, um ihn richtig hinzubekommen. Das falsche Licht, zu wenige oder zu viele Einzelheiten, und alles hätte falsch ausgesehen. Er wechselte die Pinsel, tupfte an der Palette, rieb den Pinsel trockener und legte etwas mehr Licht auf die Schwingen des Schmetterlings, damit sie goldener wurden und nicht mehr so weiß waren.
Er trat erneut zurück, bis er die Leinwand etwas unscharf sah und besser einschätzen konnte. Licht, Wärme, ein Gefühl des Friedens: die Antithese zu allem, was zur Zeit dort draußen war.
Sein Blick glitt zur Seite. Er dachte an den großen Philosophen in seiner alten Heimat, wie er, von lauten Straßen umgeben, die vorbeischeppernde Straßenbahn und das rege Treiben der Stadt in jenen Tagen betrachtet und geschrieben hatte: »Die Stille dieses unermesslichen Raums erschreckt mich zu Tode.« Man musste ein feines Gespür haben, um jene Stille, diese Stille, an einem solchen Ort hören zu können, durch den Lärm und das Scheppern der Zivilisation. Hier draußen war dazu kein so feines Ohr nötig. Man brauchte sich nur einen Augenblick von seiner Arbeit oder seiner Freizeitunternehmung abzuwenden, und diese Sternenwolken erinnerten einen daran, wie klein man war, und wie weit entfernt von den Dingen, die man vielleicht liebte. Picard wusste, der Philosoph hätte entgegnet, man sei von diesen Dingen nicht weiter entfernt als von seiner Halsschlagader: da man sie in sich trüge, sei man mit ihnen identisch. Einige würden sich an dem scheinbaren Widerspruch stoßen. Da Picard wusste, wie Philosophen waren, lächelte er lediglich und griff nach einem anderen Pinsel.
Der Türsummer ertönte. »Herein«, sagte er.
Lieutenant Commander Data kam herein und verharrte abrupt. »Ich störe Sie doch nicht, oder, Captain?«
»Jedenfalls bei nichts Wichtigem.« Picard legte den ersten Pinsel, den er ausgesucht hatte, wieder zurück, und entschied sich für einen anderen: für einen schmaleren mit gefächertem Rand. Data bat mit einem Stirnrunzeln um Erlaubnis, die Leinwand zu betrachten. Picard nickte, und der Androide kam herum.
Data betrachtete das Bild. »Ah«, sagte er. »Ladoga camilla. Oder Limenitis camilla, dem älteren Linnéschen System zufolge.«
Picard runzelte ebenfalls die Stirn, aber vor Überraschung. »Ist das so offensichtlich?« Schließlich bestand der Schmetterling nur aus einem Quadratzentimeter Farbe und ein paar mittelmäßigen Pinselstrichen.
»Der gebrochene weiße Streifen bietet einen eindeutigen Hinweis, Captain.«
»Mr. Data«, sagte Picard kopfschüttelnd. »Ich verstehe, welche Freude es bereitet, Informationen zu sammeln. Aber Sie befinden sich in der einzigartigen Lage, dem berühmten Detektiv zuzustimmen, dass der Verstand ein geschlossener Raum ist, der für das Speichern von Informationen nur einen bestimmten Platz bietet. Was hat Sie dazu bewogen, Informationen über die Schmetterlinge der Erde zu sammeln, wo es doch wichtigere geben könnte, die denselben Raum beanspruchen?«
»›Der Mensch lebt nicht von Brot allein‹«, sagte Data. »Das behauptet zumindest Keiko O'Brien. Sie empfiehlt den Schmetterling als ausgezeichnetes Beispiel für ›das Geräusch einer klatschenden Hand‹.«
Picard lächelte schwach. »Da hat sie wahrscheinlich recht. Zumindest ist das eine der wenigen Antworten auf das Koan, die für mich einigermaßen logisch klingen … obwohl, wie ich eingestehen muss, einige Leute der Ansicht sind, es sei falsch, in einem Koan nach Sinn zu suchen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie mich aufgesucht haben, um mir etwas Bestimmtes zu sagen.«
»Jawohl, Sir. Vor ungefähr einer Stunde hat die Hauptgruppe der Lalairu uns gerufen. Sie schätzen, dass wir innerhalb einer weiteren Stunde in Transporterreichweite sein werden.«
»Ausgezeichnet. Wurde das Quartier des Missionsspezialisten für ihn vorbereitet?«
»Geordi überwacht gerade das letzte Stadium der Umbauten, Captain. Er hat gesagt, ›den letzten Pfiff‹ wolle er selbst beibringen.« Data schaute etwas fragend drein, während er weiterhin Picards Bild betrachtete. »Ich wusste zwar, dass das Volk, dem der Spezialist entstammt, schallorientiert ist, aber nicht, dass es besonderen Wert auf letzte Pfiffe legt …«
Picard lächelte. »Mr. LaForge hat wohl gemeint, er wolle sich vergewissern, dass Commander … dass das Quartier des Commanders über etwas mehr als nur die übliche Ausstattung verfügt. Bitten Sie ihn, mir Bescheid zu geben, sobald er fertig ist.«
»Natürlich, Sir.« Data betrachtete noch immer die Leinwand. »Herbst?«
Picard nickte. »Wie sind Sie darauf gekommen?«
»Der weiße Admiral erreicht erst im Spätsommer eine solche Größe. Darüber hinaus weist der Lichteinfall auf die erhöhte Deklination der Sonne im Herbst hin, ebenso die Farbe der Blätter. Aber die letzteren Feststellungen sind subjektiv und könnten aufgrund der unterschiedlichen Farbwahrnehmung der jeweiligen Personen zu Verwirrung führen. Der Schmetterling hingegen ist symptomatisch.«
»Man hat Schmetterlinge schon mit vielen Bezeichnungen belegt«, sagte Picard mit einem leisen Lächeln, »aber mit so einer wohl nur selten. Nun gut, Mr. Data, ich komme in Kürze. Wenn Sie den üblichen Informationsaustausch mit den Lalairu beginnen, grüßen Sie bitte die Laihe von mir und teilen Sie ihr mit, ich freue mich darauf, mit ihr zu sprechen, bevor sie weiterzieht.«
Data nickte und ging. Picard drehte sich zur Leinwand um, betrachtete sie und ließ seine Gedanken einen Augenblick lang treiben, wie der Schmetterling auf die Lichtung zwischen den Bäumen hinabzutreiben schien. Die Wärme, das schräg einfallende Licht, die Stille und die Süße in der stehenden Luft, dort, wo das späte Geißblatt am Stamm emporkletterte: die Lalairu würden solch einen Ort ziemlich bald besuchen. Doch ansonsten würden sie ihn kaum zu schätzen wissen.
Die Lalairu, so nannten sie sich selbst, obwohl sie nicht eine Spezies waren, sondern eine Vereinigung von Hunderten. Ihre Sprache war ein Gemisch von Übernahmen aus den Sprachen zahlreicher Planeten, grammatikalisch verwirrend, semantisch ein Albtraum und schwierig zu übersetzen, ganz gleich, wie lange man sich selbst oder der automatische Translator sich schon damit beschäftigte. Als einziges der Föderationsvölker konnte man sie wahrscheinlich am besten als »Sippe« im älteren Sinne des Wortes beschreiben – eine Gruppe, die freiwillig eine bestimmte Lebensweise miteinander teilte.
Sie waren Reisende. Niemand wusste, wie lange ihre gewaltigen, chaotisch zusammengebauten Schiffe in Familien oder kleineren Gruppen schon den Rand des bekannten Weltraums durchstreiften. In der Tat schienen sie Teile davon erforscht zu haben, die keinem sonst bekannt waren, aber es war schwierig, von ihnen gute Navigationsinformationen über diese Regionen zu bekommen, da die Sprache Lalairsa in Bezug auf räumliche Daten zweideutig war. Koordinatensysteme waren den Lalairu vertraut, doch sie selbst hatten eins entwickelt, das sich ständig ohne Warnung zu verändern schien, so dass die Richtungen, die es angab, bei Außenstehenden nicht immer zuzutreffen schienen. Und sie waren sowieso eigentlich gar nicht daran interessiert, Tizhne Informationen zu geben. Das war ihr Wort für Wesen, die auf Planeten lebten. Es war ein leicht verächtlicher, aber trotzdem liebevoller Begriff – den die Lalairu benutzten wie ein Mensch, der über den Nachwuchs eines Verwandten sprach, der sich weigerte, den Laufstall zu verlassen. Sie gaben sich mit anderen Raumfahrern ab, trieben Handel mit ihnen, begegneten ihnen durchaus freundlich, aber man hatte stets den Eindruck, dass eine Barriere zwischen ihnen und einem selbst bestand, das Gefühl, als hätten sie irgendwann einmal eine Entscheidung getroffen, die ihres Erachtens wesentlich klüger war als die, die ihr Gegenüber getroffen hatte, so dass dieser ihnen immer etwas leid tat.
Natürlich, sie waren frei; nur selten hatte ein Volk, eine Sippe, eine solche Freiheit gekannt. Da sie nicht die geringsten Beziehungen zu planetaren Kulturen hatten, konnten sie sich wenden, wohin immer sie wollten, mit jedem Handel treiben. Sie schufen keine Allianzen, unterzeichneten keine Verträge: Sie nahmen die Waren der Ferengi genauso bereitwillig wie die der Föderation, der Romulaner oder anderer Völker. Dafür boten sie seltene Pflanzen, Tiere, Mineralien oder Gebrauchsgegenstände, völlig unbekannte Dinge – und danach verschwanden sie wieder im Unbekannten, um später wieder im erforschten Raum aufzutauchen, wann und wo es ihnen beliebte. Das einzige, worauf man sich bei ihnen verlassen konnte, war der Umstand, dass die Lalairu verabredete Begegnungen stets einhielten, ob sie nun Handel treiben oder sich einfach nur zu einem Gespräch mit einem treffen wollten. Und sie würden auch diese nicht verpassen.
Picard verbrachte ein paar Minuten damit, seine Pinsel zu säubern und Farbe von seiner Haut zu entfernen – er hatte die Gewohnheit nie ablegen können, die Farbe mit dem Daumen auf der Leinwand zu verwischen, wenn er eine bestimmte Schattierung genau hinbekommen wollte. Er legte sich gerade eine Uniformjacke zurecht, als der Kommunikator piepte: »Captain?«
Es war erneut Data. »Ja?«
»Mr. LaForge hat seine Arbeit am Quartier des Missionsspezialisten beendet, und der Commander wird in Kürze herüberbeamen.«
»Ausgezeichnet. Ich gehe hinab und begrüße ihn. Picard Ende.«
Als er Transporterraum sechs betrat, fand er Chief O'Brien hinter seiner Konsole nachdenklich in die Arbeit vertieft vor. »Ein Problem?«, fragte Picard.
O'Brien schüttelte den Kopf. »Nur eine Feineinstellung. Der Commander trägt einen Feldgenerator, der ihn vor unseren Umweltbedingungen abschirmt. Obwohl die routinemäßige Feldanalyse des Transporters ziemlich gründlich ist, will ich nicht das Risiko eingehen, seinen Anzug zu durchlöchern.«
Picard runzelte die Stirn und wartete. Nach einem Augenblick war O'Brien zufrieden. »Ich führe den Transport jetzt durch«, sagte er und berührte die Kontrollen.
Aus dem Glitzern und Heulen des Transportvorgangs bildete sich eine Gestalt, die etwa einen Meter über dem Boden schwebte. Das Funkeln verblich. Auf einer elastischen Schwebeplattform ruhte ein Wesen, das wie ein Delphin in einer zwei Zentimeter dicken Glasschicht aussah. Zumindest erinnerte es daran, bis der Delphin zur Begrüßung mit dem Schwanz wackelte und das »Glas« sich bewegte und leicht kräuselte, wodurch es sich als eine aus Wasser bestehende Haut entpuppte, die von einem kleinen Umweltfeld-Generator um den Körper des Delphins gehalten wurde, der an dessen Schwanz festgebunden war. Der Delphin pfiff, und sein automatischer Translator sagte: »Bonjour, M'sieur Capitaine; permettez bord?«
Picard lächelte. »Oui, et bienvenue, M'sieur Commandant! Reisen Sie mit Gepäck?«
»Das traf über den Frachttransporter fünf ein«, sagte Mr. O'Brien. »Ich werde es von dort zum Quartier des Commanders bringen lassen.«
»Sehr gut. Commander, möchten Sie sich Ihre Unterkunft ansehen?«
»Sehr gern, vielen Dank.« Der Delphin holte mit dem Schwanz aus und krümmte leicht den Rücken; die Negativ-Feedbackmechanismen in den Schwebeblöcken vollzogen die Bewegung nach und bogen das Feld, so dass der Delphin durch die Luft von der Transporterplattform und in Richtung Tür zu schwimmen schien. »Bevor Sie fragen, Captain«, sagte der Commander, »ich heiße ›Hwiii‹; das kommt meinem Namen jedenfalls nah genug. Der Rest ist nur eine Familienbezeichnung – Teil des offiziellen Namens, aber nicht unbedingt notwendig.«
»Danke«, sagte Picard mit beträchtlicher Erleichterung; die Frage, wie der Name des Commanders ausgesprochen wurde, hatte ihm Sorgen bereitet, seit er sich dessen Starfleet-Unterlagen zum ersten Mal angesehen hatte. Hwiii ih'iieuUlak!ha' war ein der Familie der Wale angehörendes Mitglied des Starfleet-Navigationsforschungsteams, ein delphinähnlicher Bewohner des ozeanischen Satelliten von Omicron Fünf, der von einem frühen Starfleet-Forscher mit dem Namen Triton Zwei belegt worden war. Er hatte – nach einer ruhmreichen Laufbahn in Harvard und an der Sorbonne – sich bei Starfleet verpflichtet, um tief im All Studien freier Hyperstrings zu betreiben, und zwar so tief wie möglich im All. Nachdem er einige Jahre lang auf Starbases am Rand des Föderationsgebiets stationiert war, hatte Hwiii einen Forschungsurlaub beantragt, um noch tiefer hinaus zu kommen, und, nachdem er gewährt worden war, auf einem vorbeifliegenden Lalairu-Schiff eine Passage gebucht, das in den Leerraum über dem Großen Riff flog. Solch eine Stelle war geradezu ideal, um Forschungen über sein Spezialgebiet zu treiben, die Natur der Hyperstring-Natur des Subraums: eine Region, die nicht von Sternen, Planeten, ja nicht einmal dunkler Materie verschmutzt wurde. All diese Faktoren konnten zweideutige Messergebnisse hervorrufen, welche aber, wollte man den größten Nutzen aus ihnen ziehen, absolut eindeutig sein mussten.
Soviel wusste Picard aus seinen Unterlagen über den Offizier, doch er hatte genug Erfahrung mit Missionsspezialisten, um ebenfalls zu wissen, dass die Unterlagen oftmals die interessantesten Einzelheiten ausließen, oder diejenigen, die später am notwendigsten waren, um die Arbeit zu erledigen, woraus auch immer sie bestehen mochte. Picard hoffte – wie stets –, es würde ihm gelingen, Hwiii selbst diese Informationen zu entlocken, bevor er wieder versetzt wurde. »Hatten Sie bei den Lalairu einen angenehmen Aufenthalt?«, fragte er, als sie den Turbolift betraten. »Deck fünf.«
Hwiii lachte. »Einen so angenehmen, wie man ihn haben kann, wenn die Gastgeber in dem, was man tut, nicht den geringsten Sinn sehen. Ich war für sie wohl mehr eine Kuriosität als irgend etwas anderes.« Er erweckte den Eindruck, als würde er lächeln: nicht so sehr wegen seines Mundes, der diesen Anschein eigentlich immer erweckte, sondern weil seine Augen plötzlich funkelten. »Nicht, dass ich daran nicht gewöhnt gewesen wäre. Aber bei den Lalairu war das Gefühl noch ausgeprägter. Sie verhielten sich mir gegenüber, wie wir uns gegenüber jemandem benehmen würden, der zu uns gekommen ist, um die Kunst des Atmens zu erlernen. Wir nehmen das als gegeben hin und würden jeden, der ständig mit uns über das Atmen sprechen will, wohl als etwas seltsam betrachten. Aber die Positionsbestimmung und Navigation sind in ihnen und ihrer Sprache so tief verwurzelt, dass sie kaum verstehen können, wie man die Navigation abseits vom Rest des Lebens studieren kann. Als würde man das Kochen erlernen wollen, ohne Nahrungsmittel zu kennen.«
Picard schüttelte den Kopf. »Ich habe mir die letzte Nachricht von der Laihe angesehen und muss Ihnen eingestehen, dass ich aus ihr nicht so recht klug geworden bin. Man drückte eine allgemeine Besorgnis darüber aus, dass mit irgend einem Koordinatensystem etwas nicht in Ordnung war … aber der Computer war sich bezüglich der Übersetzung genauso unsicher wie ich. Mir wurde nicht mal ganz klar, ob die Lalairu behaupteten, dass sie sich verirrt haben, oder vielleicht dachten, wir hätten uns verirrt. Aber wie dem auch sei … es hat sich doch niemand verirrt, nicht wahr? Sie haben uns mit Hilfe ihres Koordinatensystems offensichtlich doch ohne die geringsten Schwierigkeiten gefunden.«
Hwiii wackelte mit den Flossen, ein delphinisches Achselzucken. »Captain, wenn Sie möchten, sehe ich mir den Funkspruch an. Aber ich kann Ihnen nicht garantieren, dass ich mir einen besseren Reim darauf machen kann, als Sie es vermochten. Eindeutige Übersetzungen sind dünn gesät, wenn es um Lalairsa geht.«
Sie verließen den Turbolift, bogen um eine Ecke und gingen ein paar Türen weiter zu den Gästequartieren. Vor einer Tür standen Geordi LaForge und Data, der zuschaute, während Geordi die Tür mit einem Tricorderscan und kritischen Blicken bedachte.
»Meine Herren«, sagte Picard, als sie sie erreicht hatten. Geordi schaute von dem Tricorder auf und grinste den Captain an. »Alles in Ordnung«, meinte LaForge.
»Meine Herren, Commander Hwiii. Commander, Mr. LaForge, Mr. Data.«
»Sehr erfreut, Commander«, sagte Geordi. Data legte den Kopf leicht zur Seite und stieß einige scharfe Zisch- und Schnalzlaute aus, die in einem hohen Quieken endeten.
Diesmal gab es nicht den geringsten Zweifel: Hwiii lächelte. »Commander, das ist ein sehr guter Triton-Akzent. Auch Ihnen ein gutes Fischen. Aber Sie befleißigen sich der östlichen Betonung. Stammt die Aufzeichnung von einem von K!eeeis Leuten?«
»Ich glaube schon«, sagte Data. »K!eeei war beim delphinischen Kurs über epische Waldichtkunst als Quelle angegeben.«
»Dachte ich mir. Dieser Akzent ist unverwechselbar.« Hwiii schaute durch die offene Tür. »Ist das wirklich mein Quartier?«
Picard sah ebenfalls hinein und war beeindruckt. Man hatte die übliche Einrichtung aus dem Raum entfernt, den Boden mit Sand bedeckt und das Quartier überflutet. Hinter der geöffneten Tür hielt ein Kraftfeld wie das, das Hwiii trug, aber wesentlich stabiler und flach wie eine Glasscheibe war, das Wasser zurück. In dem hellen Sand schienen Wasserpflanzen Wurzeln geschlagen zu haben: große, hohe Bänder aus braunem Seegras, das durchsetzt war mit größeren, höheren Wedeln, aus leicht zitterndem, halb durchsichtigem Grün. Über und unter diesem haarähnlichen Seegras strahlten durchsichtige Leuchttanks ein kaltes blaues Licht aus, das schimmerte und heller und trüber wurde, während die Strömungen im Wasser die Pflanzen bewegten. An der Decke des Quartiers angebrachte Leuchten erweckten den Eindruck, über der sich kräuselnden Wasseroberfläche würde die Sonne scheinen. Auf der anderen Seite des Quartiers befanden sich die einzigen Merkmale, die leicht fehl am Platz wirkten: die Fenster, die einen Blick ins All und auf die Sterne boten, die sich im Augenblick, da das Schiff mit Impulskraft flog, allerdings nicht zu bewegen schienen. Doch einem raumfahrenden Delphin würden sie vielleicht durchaus passend vorkommen.
»Zum Teil sind es natürlich Nachbildungen«, sagte Geordi entschuldigend. »Aber die biologische Abteilung bewahrt Samen der meisten größeren Seetangarten in Stasisfeldern für den Notfall auf, falls die Sauerstoffversorgung einmal hydroponische Unterstützung benötigen sollte. Ich durfte mich aus diesen Vorräten bedienen und habe die Abteilung gebeten, ein paar Exemplare für mich zu klonen und keimen zu lassen.«
Hwiii schwatzte leise in der delphinischen Sprache vor sich hin. »Mr. LaForge«, sagte er dann, »das ist ja der reinste Palast! Haben Sie herzlichsten Dank. Meistens muss ich in Umgebungen herumschwimmen, die wie ein Hotelzimmer aussehen.«
Picard lachte laut auf. »Verzeihen Sie, Commander, aber wann waren Sie zum letzten Mal in einem Hotelzimmer?«
Die Augen spiegelten einen Moment lang das stets lächelnde Gesicht. »Lachen Sie nicht, Captain. Gelegentlich muss auch ich Öffentlichkeitsarbeit erledigen, und sogar Starfleet-Spezialisten müssen auf Banketten die üblichen Gummiadler verdrücken. Obwohl es in meinem Fall eher Gummimakrelen sind.«
Picard kam in den Sinn, dass dieser Spezialist bei seiner Öffentlichkeitsarbeit wohl einen interessanteren Starfleet-Vertreter abgeben würde, als es bei den meisten zweibeinigen der Fall war. Er argwöhnte, dass Hwiii das genau wusste und bereitwillig mitspielte. »Das Essen hier wird Ihnen bestimmt munden«, sagte Picard. »Die Replikatoren wissen, wie frischer Fisch schmeckt.«
Hwiii schaute sehnsüchtig drein. »Ich wünschte, sie wüssten, wie lebender Fisch schmeckt, Captain, aber das bekommen sie einfach nicht hin. Die aromatischen Ester unterscheiden sich irgendwie.«
Picard wirkte kurz nachdenklich. »Ich muss eingestehen … der Kaviar kommt mir manchmal fade vor.«
Hwiii kicherte. »Spielt keine Rolle, Captain. Hier oben kann ich nicht fischen, und zu Hause kann ich keine Forschungen über saubere Hyperstrings betreiben. Zu viele Interferenzen! Nein, alles zu seiner Zeit, und die Fische haben im Augenblick nichts von mir zu befürchten.«
»Falls Sie Zeit dazu haben, würde ich gern mit Ihnen über Ihre Forschungen sprechen«, sagte Data. »Besonders, was die relative Sauberkeit von Hyperstring-Gebilden in Raumregionen betrifft, in denen es keine dunkle Materie gibt.«
Hwiii klappte verärgert die Kiefer zusammen. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr Ergebnisse präsentieren, aber wir hatten gerade erst eine solche Region erreicht – diese hier, um genau zu sein –, als die Laihe plötzlich den Entschluss fasste, zu den besiedelten Welten zurückzukehren. Wir haben lediglich sechs Wochen in einer Raumregion verbracht, die so leer war, dass sie den Kriterien genügte, und so konnte ich nicht gerade viele neue Daten sammeln oder viele Schlussfolgerungen daraus ziehen. Aber wenn Sie Spaß daran haben, können wir uns ja einen oder zwei Fische teilen und meine Erkenntnisse besprechen.«
»Brücke an Picard«, drang es aus dem Kommunikator des Captains. Er berührte ihn.
»Picard. Was gibt's, Nummer Eins?«
»Ein Ruf von der Laihe, Captain«, sagte Rikers Stimme. »Sie sagt, sie würde gern mit Ihnen sprechen, wenn Sie Zeit haben … glaube ich.«
Picard lächelte bedauernd. »Ich bin unterwegs. Commander Hwiii … kommen Sie hier zurecht?«
»Captain«, sagte Hwiii und klang dabei völlig zufrieden, »ich werde hier so glücklich sein wie eine Muschel im Schlamm.«
»Wie kann man den Gefühlszustand von Mollusken bestimmen?«, fragte Data in völliger Unschuld, als er mit Picard zum Turbolift zurückkehrte. Er wünschte sich fast, er könnte bleiben, um herauszufinden, wie Hwiii diese Redensart erklärte … aber er hatte Wichtigeres zu tun.
»Ahem«, machte Picard amüsiert, als die Türen des Turbolifts sich schlossen. »Brücke.«
Als Picard eintrat, erhob Riker sich aus dem Sitz in der Mitte. »Captain, falls ich die Lage richtig einschätze, klang sie ziemlich ungeduldig.«
»Das ist eher unüblich«, erwiderte Picard. »Normalerweise verhält die Laihe sich doch genau entgegengesetzt. Wie lange hat sie neulich gebraucht, um Sie zu begrüßen?«
»Etwa zehn Minuten«, sagte Riker und grinste leicht. »Und ich habe fast noch einmal so lang gebraucht, um zu verstehen, was sie sagen wollte.«
Picard warf einen Blick zu Troi hinüber, die mit verschränkten Armen auf ihrem Platz saß. »Counselor?«
Troi zuckte mit den Achseln. »Ein allgemeines Gefühl der Dringlichkeit, nichts weiter.«
»Nun gut«, sagte Picard und drehte sich zum Bildschirm um. »Rufen Sie bitte die Laihe, Mr. Worf.«
»Jawohl, Captain.« Der Bildschirm war auf die ferne Lalairu-Flotte gerichtet, die in diesem Halbdunkel kaum auszumachen war. Nun veränderte das Bild sich und zeigte einen Innenraum, ein kleines Privatquartier, das mit asymmetrischen Vorhängen aus einem dunklen, dick aussehenden Stoff verhangen war, dessen Falten einen gedämpften Glanz vermittelten.
Vor den schwach leuchtenden Vorhängen oder Tapisserien saß – falls man diesen Begriff überhaupt verwenden konnte – die Laihe. Sie war eine Huraen, Angehörige einer Spezies, deren Heimatwelt vor einigen Jahrhunderten von einer Naturkatastrophe vernichtet worden war; doch da schon lange vor dieser Zeit alle Huraenti sich als eins der Lalairu-Völker auf die Reise gemacht hatten, interessierte sich eigentlich niemand von ihnen besonders dafür. Aufgrund dieser alten Verbindung und irgendeines Opfers, das die Huraenti für die anderen Lalairu-Völker gebracht hatten, war die Laihe, Anführerin der gesamten Sippe, stets eine Huraen. Huraenti waren große, schlanke, insektoide Wesen mit Facettenaugen, vielgliedrig und zumeist blau oder grün gefärbt. Ihre chitinbedeckten Körper waren mit komplizierten Mustern aus formbaren Metallen oder strukturierten Plastikstoffen bedeckt. Sie sahen aus, als hätte jemand eine Gottesanbeterin genommen, ihr einen leicht traurigen, intelligenten Blick und mehr Beine gegeben, als sogar eine Gottesanbeterin benötigte. Huraenti waren geschickte Künstler und Handwerker sowie außerordentlich begabte Ingenieure und standen im Ruf, die Funktionsweise aller mechanischen Geräte innerhalb von ein paar Sekunden verstehen zu können. Was ihre Persönlichkeit betraf, so waren sie freundlich, einfühlsam und liebten zwischenpersönliche Beziehungen, in erster Linie jedoch ihre Sprache. Sie waren beredsam, und es gefiel ihnen. Das war völlig in Ordnung, solange sie sich der Huraenti-Sprache befleißigten. Doch die Laihe war mehr eine Lalairu als eine Huraen, und das zeigte sich auch in ihrer Sprache.
»Liebenswürdig begrüßt wird der noblissimus neueingetroffene Picard Oberbefehlshaber subjektive Warnung«, sagte die Laihe, indem sie ihre obersten Vorderbeine aneinander rieb.
Das klingt tatsächlich wie eine Begrüßung, dachte Picard, und Will hatte recht, sie hat es eilig. »Ich begrüße Sie ebenfalls freundlich, Laihe.«
»Dringlich räumlicher Koordinaten-Status falschgefunden haltlos haltlose Verzerrung in Nithwaeld bei reinster Dysfunktion erblich katastrophaler Antrieb!«, sagte die Laihe; zumindest war das alles, was der automatische Translator ihren Worten entnehmen konnte.
Picard nickte und bemühte sich, sehr besorgt dreinzuschauen, was unter diesen Umständen nicht schwierig war. »Laihe, verzeihen Sie uns, aber unser Translator hat bei Ihrem letzten Satz mehrere Begriffe nicht übersetzen können. Was ist Nithwaeld, bitte?«
»Ingwe. Oder Filament.«
»Hyperstrings?«
»Bestätigende Antwort.«
Picard atmete erleichtert aus. Zumindest so weit war er gekommen. »Laihe, Sie müssen mir verzeihen, wenn ich sage, dass ich über Hyperstrings nur oberflächliche Kenntnisse habe. Gehe ich recht in der Annahme, dass in dieser Raumregion etwas Unerwartetes oder Gefährliches geschieht?«
»Bestätigung, Einschränkung Nichtübereinstimmungsstelle Raum-Zeit-Koordinate nichtortbare Alteration-Aversion-Verlagerung Verlust. Verlust! Verlagerung!«
Picard ertappte sich bei dem Wunsch, James Joyce hätte bei der Programmierung des automatischen Translators mitgewirkt, oder vielleicht Anthony Burgess. Am liebsten jedoch beide. Beide wären mit der Vorliebe des Lalairsa vertraut gewesen, Begriffe zu entlehnen oder zu »streuen«. Picard schaute zu Troi hinüber; sie schüttelte den Kopf. »Der Translator funktioniert einwandfrei, Captain«, sagte Worf. »Zu mehr ist er nicht imstande.«
»Verstanden … Laihe, wir zeichnen Ihre Aussage natürlich auf, um sie später zu analysieren und an die Föderation weiterzuleiten. Aber können Sie uns jetzt mitteilen, welche Folgen diese lokale ›Verschiebung‹ haben wird? Und können Sie uns ihre Natur genauer beschreiben?«
»Qualifizierte Bestätigung, technische …« Und genau darum handelte es sich dann, als die Laihe ein Kauderwelsch-Gewitter ausstieß, das vertraute und relativ vertraute Begriffe aus der Physik und Astrophysik mit solchen vermischte, die Picard noch nie zuvor gehört hatte, und der Translator wohl auch nicht, da er sich geradeheraus weigerte, sie zu übersetzen. Die ganze Zeit über saß die Laihe nach vorn gebeugt da, rieb hektisch die vorderen Extremitäten aneinander und arbeitete mit ihren Greifzangen. »Langzeitauswirkung«, sagte sie schließlich, »unbekannt, aber gefährlich, emmfosend, beendend.«
Picard schaute zu Troi hinüber. Emmfosend?, wiederholte er lautlos. Trois Augen waren groß; hilflos schüttelte sie den Kopf.
»Laihe«, sagte Picard, »wir danken Ihnen. Wir werden Ihren Rat sorgfältig abwägen.« Sobald wir ihn verstanden haben! »Was haben Sie jetzt vor?«
»Verlagerung unerträgliche Wirklichkeit natürliches Leben, Inwendung verängstigter Sterne Inwelten Bevölkerungsverlust Verlagerung Fehlzeit Verlustzeit Überwechseln Tizhne Geheimnis großer sicherer Zufluchtsort … schlagen vor, entsprechende Sterne inwelts schneller Abgang Aufbruch Fehlzeit Verlustzeit Nutzen.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe und Sie in dichter besiedelte Gefilde zurückkehren«, sagte Picard, »wünschen wir Ihnen für Ihre Reise alles Gute. Wir werden noch eine beträchtliche Weile in dieser Gegend Patrouille fliegen.«
Die Laihe drehte den Kopf von einer Seite zur anderen wie jemand, der einem anderen unbedingt etwas mitteilen wollte. »Verlagerung unvorhersagbar datenlos Unsicherheiten gefährlich!«
Das glaubte Picard zu verstehen. »Ich danke Ihnen für Ihre Besorgnis. Aber die Unsicherheiten sind unsere Angelegenheit: Es gibt nur wenig, was wichtiger für uns ist, wenngleich sie gefährlich sein können, wie Sie ganz richtig sagen.«
Die Laihe betrachtete ihn traurig. »Aufbruch unmittelbar bevorstehend, Datentransfer unmittelbar bevorstehend, Koordinatensicherheit, Gutwunsch.«
»Wir wissen es zu schätzen, dass Sie uns alle Daten zukommen lassen, die Sie haben«, sagte Picard. »Bitte entnehmen Sie Ihrerseits unseren Datenbibliotheken alles, was Ihnen nützlich erscheint. Wir werden uns bemühen, dieses Problem zu untersuchen.«
Die Laihe nickte – diese Geste kannte und verstand sie – und hob ein Vorderbein. Das Bild erlosch und wurde durch das des Sternenhimmels und der schwach leuchtenden Funken der zahlreichen Lalairu-Schiffe ersetzt, die sich Tausende von Kilometern entfernt befanden und sich darauf vorbereiteten, in den Warptransit zu gehen.
Picard wandte sich vom Bildschirm ab und nahm nachdenklich auf seinem Sitz Platz. »Was halten Sie denn davon?«, sagte er zu Riker und Troi.
Troi schüttelte den Kopf. »Sie war eindeutig besorgt, Captain. Und je tiefer sie in die technischen Einzelheiten ging, desto besorgter wurde sie … als würde das Problem um so schlimmer, je genauer sie darüber nachdachte. Sie war offensichtlich entschlossen, sich und ihre Sippe so schnell wie möglich von hier fortzubringen.«
»Vorschläge?«, sagte Picard und schaute von Troi zu Riker.
Nummer Eins zuckte mit den Achseln. »Es ist nicht leicht, die Lage richtig einzuschätzen, wenn man die Wissenschaft nicht versteht, auf der die Einschätzung beruht … oder auch nur, welche Teilgebiete der Wissenschaft damit zu tun haben.«
»Ja, die Übersetzung ist ein Problem …« Picard seufzte. »Sobald Commander Hwiii sich in seinem Quartier eingerichtet hat, frage ich ihn, ob er sich einen Reim auf die Besorgnis der Laihe machen kann. Vielleicht kommen in ihrer Erklärung idiomatische Ausdrücke vor, die der Computer nicht richtig übersetzen konnte. Sobald seine Beurteilung vorliegt, kommen wir zu einer weiteren Besprechung zusammen. Bis dahin machen wir weiter wie geplant. Wie kommen wir mit der Datenaufnahme voran?«
Riker versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, und Picard erwischte ihn dabei und lächelte leise. Obwohl Picard wusste, dass Riker am Sammeln reiner Daten genauso gelegen war wie allen anderen, war ihr derzeitiger Auftrag für seinen Geschmack etwas zu trocken. Starfleet hatte sie unter anderem in diese Region geschickt, damit sie Forschungen über die Energieemissionen des gesamten Seitenarms ihrer Galaxis betrieben. Insbesondere sollten sie eine Bestätigung für die zur Zeit noch umstrittene Theorie suchen, dass die Galaxis gelegentlich aus ihrem Kern und den inneren Armen gewaltige Ströme aus positiv geladener Materie emporschleuderte und damit (unter anderem) zu der Struktur und Bewegung der galaktischen Spiralarme beitrug, vielleicht sogar zu der erhöhten oder veränderten Entstehung von Sternen in Gebieten, in denen diese Emissionen aus Materie und Energie wieder in die Scheibe der Galaxis zurückfielen. Die Enterprise nahm parallel dazu natürlich auch ihre üblichen Forschungsaufgaben wahr, doch hier in der dunklen Leere gab es nur wenig zu erforschen, und Will sehnte sich danach, auf interessantere Probleme zu stoßen, mit denen er sich die Zeit vertreiben konnte.
»Nur langsam, Captain«, sagte Riker mit einem trockenen Lächeln. »Und nicht nur ich behaupte das. Die Spuren der ›Materietüllen‹, nach denen wir suchen, sind kaum wahrnehmbar, selbst wenn wir direkt auf eine stoßen sollten. Wir sprechen hier von einem so leeren Raum, dass uns im Vergleich dazu sogar der Schweif eines Kometen proppenvoll vorkommt. Ein subatomares Partikel auf einem Kubikterameter – viel dichter ist die Materie hier nicht zusammen. Und die Stellen, an denen die Tüllen sich einst befanden, sehen fast genauso aus, einmal abgesehen von einem sehr deutlichen Muonen- und Antimuonenverfall – vorausgesetzt, wir können die fraglichen verfallenden Partikel überhaupt anmessen.« Das Lächeln wurde etwas verdrossen. »Ein sehr großer Heuhaufen … aber sehr kleine Nadeln.«
»Doch wie üblich ist die Geduld der Schlüssel«, sagte Picard.
»Ja, sicher«, sagte Riker. »Gestern gab es eine beträchtliche Aufregung. Wir haben unmittelbar hintereinander zwei Antimuonen mit heruntergelassenen Hosen entdeckt. Die Physiker waren so begeistert, dass sie eine Party geschmissen haben.«
»Davon habe ich gehört«, sagte Picard. »Was haben Sie übrigens zu Lieutenant Hessan gesagt, dass sie sich befleißigt fühlte, Ihnen Eiscreme auf die Uniformjacke zu kippen?«
Rikers ungezwungener Gesichtsausdruck blieb bestehen, doch er lief rot an. Troi grinste und wandte sich ab.
»Ja«, sagte Picard, »eine tolle Party.« Er stand auf und streckte sich. »Nun ja, bleiben Sie am Ball, Nummer Eins. Wenn Sie genug dieser Nadeln finden, wird Starfleet uns erlauben, diesen Heuhaufen zu verlassen und in lebhaftere Gefilde zurückzukehren.«
Riker lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Vielleicht wird das gar nicht nötig sein. Ich würde wirklich gern wissen, was die Laihe so nervös gemacht hat.«
»Das werden wir zweifellos herausfinden«, sagte Picard.
Die Einsatzbesprechung wurde unmittelbar nach dem Schichtwechsel anberaumt. Riker kicherte leise, als er sie vorbereitete. »Ein Arbeitsessen«, sagte er. »Das könnte einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen.«
Picard lächelte. »Wenn Zivilisation aus der Fähigkeit besteht, elegant in Gebräuche hineinzuschlittern, die nicht die eigenen sind«, sagte er, »habe ich gegen ein wenig Schlittern nichts einzuwenden.«
Die Bereitstellung von Nahrung bei der Konferenz war einfach eine Geste der Höflichkeit gegenüber ihrem Gast. Während die meisten Spezies sich bei der Nahrungsaufnahme nicht über Geschäfte oder berufliche Angelegenheiten unterhielten, sprachen die meisten walähnlichen Arten nur im äußersten Notfall Nahrung über geschäftliche Angelegenheiten. Für sie war die Nahrungsaufnahme ein Geschäft und zwar lange Zeit über das einzige, das sie hatten. Alles andere Gesänge, Liebe, Geburt, Tod sahen sie als Spiel an, genau (so lautete zumindest die Theorie einiger Wissenschaftler) wie die Wale der Erde das Universum vor Jahrhunderten betrachtet hatten. Als die Walspezies von Triton der Föderation beitraten und herausfanden, dass es alle möglichen anderen Beschäftigungen gab, stürzten sie sich bereitwillig darauf, bestanden aber darauf, dabei eine Mahlzeit zu sich zu nehmen.
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