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Vergiss nie den hohen Preis der Macht …
Für die Macht über die Galaktische Allianz hat sich Jacen Solo mit all seinen Freunden und Verwandten entzweit. Doch er war bereit, alles aufzugeben, um der Galaxis Frieden zu bringen. Erst jetzt, da er allein ist, erkennt er, dass der Preis, den er gezahlt hat, weit höher ist als erwartet – und unendlich viel dunkler …
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Seitenzahl: 498
Aaron Allston
ZORN
Wächter der Macht 7
Aus dem Englischen
von Andreas Kasprzak
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Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »Star Wars™: Inferno. Legacy of the Force 7« bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.
Deutsche Erstveröffentlichung März 2009 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München.
Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.
All rights reserved. Used under authorization.
Translation Copyright © 2010 by Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, München
Umschlaggestaltung: HildenDesign, München
Cover Art Copyright © 2007 by Lucasfilm Ltd.
Cover illustration by Jason Felix
Redaktion: Marc Winter
HK · Herstellung: RF
Satz: omnisatz GmbH, Berlin
ISBN 978-3-641-07750-1V002
www.blanvalet.de
Dramatis Personae
ALEMA RAR; Jedi-Ritterin (Twi’lek)
ALLANA; Hapanische Prinzessin (Mensch)
BEN SKYWALKER; Jedi-Schüler (Mensch)
DENJAX TEPPLER; Corellianischer Informationsminister (Mensch)
GENNA DELPIN; Oberbefehlshaberin der corellianischen Streitkräfte (Mensch)
HAN SOLO; Pilot und Captain des Millennium Falken (Mensch)
JACEN SOLO/DARTH CAEDUS; Sith, Mit-Staatschef der Galaktischen Allianz (Mensch)
JAGGED FEL; Pilot und Jäger (Mensch)
JAINA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)
KYLE KATARN; Jedi-Meister (Mensch)
KYP DURRON; Jedi-Meister (Mensch)
LEIA ORGANA SOLO; Jedi-Ritterin (Mensch)
LUKE SKYWALKER; Jedi-Großmeister (Mensch)
SADRAS KOYAN; Corellianischer Fünf-Welten-Premierminister (Mensch)
SYAL ANTILLES; Pilotin (Mensch)
TENEL KA; Hapanische Königinmutter (Mensch)
TOVAL SEYAH; Wissenschaftsspion der Galaktischen Allianz (Mensch)
TYCHO CELCHU; Militäranalytiker (Mensch)
VALIN HORN; Jedi-Ritter (Mensch)
WEDGE ANTILLES; Pilot (Mensch)
ZEKK; Jedi-Ritter (Mensch)
1. Kapitel
ÜBER DEM PLANETEN KASHYYYK, AN BORD DES MILLENNIUM FALKEN
Der Falke kreiste über einem Abbild der Hölle.
Unmittelbar darunter brodelte ein aufgewühltes Meer aus Schwarz- und Gelbtönen, aus Rot und Orange. Weiter östlich ging die Feuerdecke in den dem Untergang geweihten Wald über. Die Linie zwischen diesen beiden Bereichen war ungleichmäßig und unbeständig, und selbst aus der Entfernung von einigen Kilometern konnte Han Solo im Grenzgebiet einzelne Bäume in Flammen aufgehen sehen; einige ließ die Hitze schier explodieren.
Westwärts stieg eine mehrere Kilometer durchmessende Säule überhitzter Luft auf, schleuderte Rauch in die Atmosphäre und verdunkelte die Nachmittagssonne. Und es war diese Rauchsäule, die die wahre Gefahr des Mahlstroms zeigte; während sie immer höher kletterte, saugte sie aus allen Richtungen Luft an, die das Feuer ringsum in einem fort anfachte und das unersättliche, außer Kontrolle geratene Ungetüm nährte.
Einst hatte sich einem hier ein makelloser Blick auf himmelhohe Wroshyr-Bäume und anderes Blattwerk geboten. Vor einigen Tagen jedoch hatte der Sternenzerstörer Anakin Solo mit seinen Langstreckenturbolasern auf Befehl von Jacen Solo hin die Oberfläche von Kashyyyk ins Visier genommen und das Feuer so konzentriert, dass quadratkilometergroße Waldstücke schier in Flammen explodiert waren. Der Angriff sollte die Wookiees dafür bestrafen, dass sie den Jedi Zuflucht gewährten und sich übermäßig viel Zeit damit ließen, ihre Streitkräfte Jacens Galaktischer Allianz zu unterstellen.
Und was für eine Strafe es war. Die einzelnen Feuer hatten sich in unkontrolliert wütende Feuersbrünste verwandelt.
Der Falke bockte, als er über einen thermischen Aufwind glitt. Han brachte ihn wieder in geschmeidigen Horizontalflug und reckte den Kopf, um nach irgendwelchen Lauten von sich lösenden Hüllenplatten oder durch die abrupte Bewegung herausspringender Nieten zu lauschen, doch abgesehen von den Tausenden von Geräuschen, die er in- und auswendig kannte, war nichts zu vernehmen.
Leias Stimme drang knisternd aus der Kommunikationskonsole. »Überflug abgeschlossen. Ich habe den letzten Peilsender platziert.«
Han zog den scheibenförmigen Raumfrachter in die Kurve und sank tiefer, in Richtung ihres Treffpunkts, etwa zwei Kilometer außerhalb der Brandzone. »Irgendwelche Probleme?«
»Jede Menge. Musste einige Schnellreparaturen an einem der Sender durchführen. Und die ganze Zeit über muss ich Herden fliehender Tiere ausweichen.«
Der Falke buckelte heftiger, als er von einer besonders starken Thermalbö erfasst wurde, und dann glitt das Schiff über unverbrannten Wald. Hier war das Gelände höher, die Bäume wesentlich niedriger – kein Einziger ragte mehr als einen halben Kilometer in die Höhe. Die geologische Abtastung ergab, dass die Erdschicht zu dünn war, als dass hier voll ausgewachsene Wroshyrs wachsen könnten – der unterirdische, steinerne Höhenrücken, der die Bäume klein hielt, würde das Feuer aufhalten, zumindest in diesem Gebiet.
Han überprüfte die Kom-Konsole, suchte nach dem Signal, das von Leias letztem Peilsender übertragen wurde, und peilte ihn an. »Waroo! Mach die Winde einsatzbereit!«
Ein bestätigendes Knurren drang über die Gegensprechanlage. Gleichzeitig konnte Han hören, wie das Geräusch um einiges schwächer den Zugangskorridor zum Cockpit hinter ihm entlanghallte. Waroo stand an der Andockschleuse an Steuerbord, durch die Kashyyyks Atmosphäre hereindrang, bereit, Leia in Empfang zu nehmen.
Han gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. Es war gut, wieder einen Wookiee an Bord des Falken zu haben. Das erinnerte ihn an die alten Tage, als er und Chewbacca noch jung und sorglos gewesen waren – vorausgesetzt, dass es nicht unter die Rubrik »Sorgen« fiel, wenn sie von Kopfgeldjägern und imperialen Schmuggelabwehreinheiten gehetzt wurden.
Außerdem war Waroo nicht bloß irgendein Wookiee. Er war Chewbaccas Sohn. Ein gescheiter Sohn, ein guter Krieger.
Wären die Dinge anders gelaufen und hätte sich Hans eigener Sohn Jacen nicht zu dem entwickelt, zu dem er sich entwickelt hatte, hätte der Falke eines Tages womöglich ihm gehört, um mit Waroo an seiner Seite Hans schurkisches Erbe anzutreten.
Stattdessen war Jacen zu etwas Dunklem geworden, zu etwas Schrecklichem, zu einem selbsternannten Anführer, der entschlossen war, die Galaxis seiner unbeugsamen Herrschaft zu unterwerfen. Er hatte konspiriert, gefoltert, betrogen, gemordet, und das alles mit einer Überzeugung von der Richtigkeit seiner Sache, die der eines Geisteskranken gleichkam.
Und obwohl Han sich einzureden versuchte, dass Jacen für ihn gestorben war, dass er nichts anderes mehr war als ein Fremder mit dem Gesicht und dem Namen seines Sohnes, packte jede neuerliche Gräueltat, die Jacen beging, sein Herz wie eine Eisenfaust und drückte fest zu.
Die Kommunikationskonsole piepte, um darauf hinzuweisen, dass sie sich dicht bei der Quelle des Peilsignals befanden. Han drückte den Bug nach unten, um sich einen besseren Blick in die Tiefe zu verschaffen. Von der Steuerbordseite her vernahm er einen dumpfen Schlag, gefolgt von einer geknurrten Beschwerde, und wieder grinste er. »Tut mir leid. Keine weiteren abrupten Flugmanöver mehr. Ich versprech’s.«
Die Wroshyr-Bäume waren hier immer noch hoch genug, um den Waldboden zu einem Ort tiefer Schatten und dräuender Gefahr zu machen. Es gab keine Lichtung, auf der man landen konnte. Dennoch war Leia zu sehen; ihr weißes Gewand zeichnete sich deutlich zwischen all dem Blattwerk ab. Sie stand auf einem der oberen Äste, als würde sie auf einem der Gehsteige in Coruscant warten, ohne sich Gedanken über den Wind oder die potenziell lästige Schwerkraft zu machen. Sie winkte.
Han brachte den Falken unmittelbar über ihr in Position. »In Ordnung, Waroo. Hol sie hoch.« Einen Moment später hörte er das surrende Geräusch der Winde, als der Wookiee das Seil zu Leia hinabließ.
Die Besatzung des Millennium Falken war dabei, etwas zu tun, das – unter anderen Umständen – als etwas genauso Schreckliches betrachtet worden wäre wie Jacens’ Feuerlegen … weil sie letzten Endes etwas ganz Ähnliches vorhatten.
In Kürze würde ein Konföderationskreuzer im niedrigen Planetenorbit mit seinen Turbolasergeschützen auf die Wälder feuern, um Teile davon in Brand zu stecken. Allerdings würde dieser Schlag mit chirurgischer Präzision erfolgen, um exakt der mehrere Kilometer langen Linie von Peilsendern zu folgen, die Leia platziert hatte. Sobald diese Feuerlinie gezogen worden war, würden die Turbolaser die Schneise nach Osten hin verbreitern … und der Falke, weitere mit Löschschaum beladene Raumfrachter sowie ein ganzes Heer von Wookiee-Feuerbekämpfungsteams würden den Brand an seinem westlichen Rand in Schach halten. Sobald dieses kontrollierte Feuer erloschen war, würde der vorrückende Flächenbrand dort bloß noch auf verkohlte Erde stoßen – auf einen so breiten Streifen verkohlter Erde, dass die vom Wind getragenen Funken ihn nicht überwinden könnten.
Hier stünde dem Feuer sein Ende bevor, sodass der Falke und die anderen Schiffe dann anderswo Feuerschneisen bilden könnten, um den Flächenbrand schließlich überall unter Kontrolle zu bringen. Sobald der Feuersturm nirgendwo mehr Nahrung fand, würde die Flammenbestie verhungern und ersterben – um Millionen verbrannter Hektar Wald und eine narbenübersäte, in Rauch gehüllte Welt zurückzulassen.
Han hörte, wie das Schwirren der Winde verstummte, um dann Sekunden später erneut einzusetzen und Leia zu ihm hochzuholen. Eine Woge der Erleichterung spülte über ihn hinweg. Er wusste, dass sie gut auf sich selbst aufpassen konnte. Das bedeutete allerdings nicht, dass er sich keine Sorgen machte, wenn sie sich wissentlich in Gefahr brachte.
Er zog den Falken behutsam auf einen östlichen Kurs, um sich von der Feuerschneise zu entfernen, und überprüfte, ob seine Kom-Verbindung nach wie vor auf die Konföderationsfrequenz eingestellt war. »Millennium Falke an Lillibanca. Peilsender sind in Position. Sie können anfangen. Bei Nummer eins, falls belieben, nicht bei Nummer zwanzig.«
Er vernahm ein Schmunzeln, bevor die Stimme des Kommunikationsoffiziers auf dem Kreuzer erwiderte: »Bestätige, Falke. Und danke.«
Dann war da eine neue Stimme – weiblich, tief und verführerisch –, direkt hinter Han. »Deine Gefühle verraten dich.«
Durchzuckt von Adrenalin, riss Han den Kopf herum.
Im Zugang zum Cockpit stand eine Frau. Sie war beinahe von Kopf bis Fuß in dunkle Gewänder gekleidet. Lediglich ihr Gesicht war zu sehen, und es war ein schönes Gesicht, blauhäutig, ausdrucksstark.
Ihr Name war Alema Rar, und sie war gekommen, um ihn zu töten.
Han zog seinen Blaster. Gleichzeitig vollführte Alema eine Geste, eine elegante Bewegung, die ihr den Umhang vom Körper wehen ließ, und sie streckte die linke Hand aus, während sie sich mit der Rechten ihr Lichtschwert vom Gürtel schnappte. Hans Pistole entglitt seinem Griff, kaum dass er sie aus dem Halfter gezogen hatte, und schwebte in ihren.
Han starrte sie mit offenem Mund an. Eigentlich hätte sie dazu überhaupt nicht fähig sein dürfen. Ihr linker Arm war nutzlos, seit er Jahre zuvor ruiniert worden war – jetzt jedoch funktionierte er bestens.
Sie bedachte ihn mit einem spöttischen Ts-ts. »Wir sind eine Jedi. Wir ziehen es vor, dass man nicht auf uns schießt. Wir wurden bereits angeschossen. Das ist nicht angenehm.« Sie ließ den Blaster fallen; es klapperte, als die Waffe auf die Deckplatten schlug.
Han gab sich draufgängerisch, auch wenn ihm gar nicht danach zumute war. »Und? Was hast du jetzt vor? Willst du mich totquatschen?« Im Geiste ging er flugs die Waffen und Möglichkeiten durch, die ihm zur Verfügung standen. Dazu gehörten eine versteckte Vibroklinge, die ihm bei einer Jedi wie Alema nicht von großem Nutzen sein dürfte, und eine sehr große Waffe, die ihn nur selten im Stich gelassen hatte.
»Wir werden warten, bis dein Piranhakäfer von Ehefrau hier ist, um alles mit anzusehen, und dann werden wir dir unser Lichtschwert durchs Herz rammen. Dann kann sie deinen Leichnam in den Armen wiegen und weinen. Wäre das nicht schön?«
»Nicht besonders.«
Es gab Zeiten, in denen es eine wunderbare Sache war, dass Han den Falken so gut kannte, wie er es tat – dass er das Schiff gut genug kannte, um jeden Steuermechanismus und jedes Instrument zu bedienen, selbst wenn er blind oder orientierungslos gewesen wäre. Ohne den Blick von Alema abzuwenden, griff er nach vorn und deaktivierte den Trägheitskompensator und den Generator für die künstliche Schwerkraft des Raumfrachters. Im selben Augenblick gab er Schub auf die Düsen und riss den Steuerknüppel nach hinten.
Er brachte den Falken in die Senkrechte und schoss aufs Weltall zu. Da der Trägheitskompensator ausgeschaltet war, presste ihn die plötzliche Beschleunigung brutal in den Sitz zurück. Ungewohnter Schwindel ließ seinen Kopf schwirren.
Alemas Miene wandelte sich von guter Laune zu großäugiger Überraschung, als sie nach hinten stürzte. Han vernahm, wie sie dumpf gegen die Schottwand des Cockpit-Zugangskorridors krachte – sie musste da aufgeschlagen sein, wo sich der Gang nach Backbord und Steuerbord hin verzweigte. Er hörte, wie seine Blasterpistole hinter ihr her klapperte. Dann folgte weiteres Gepolter und Geklapper, als Alema und der Blaster die rechtwinklige Fläche hinabrollten, die die Wand jetzt bildete.
Außerdem war da Gelächter – Alemas schallendes Gelächter.
Waroo – dessen goldbraunes Fell im Schein des Feuers, das durch den Ring der Andockschleuse zu erkennen war, orangerot glomm – war gerade dabei, Leia an Bord zu hieven, als der Falke bockte; mit einem Mal deutete der Bug des Raumfrachters geradewegs auf den raucherfüllten Himmel, während das Schiff gleichzeitig rasant beschleunigte. Waroo und Leia wurden gegen die Korridorschottwand an achtern geschleudert, dicht hinter der Steuerbord-Andockschleuse. Mit einem Mal wurde die Wand zum Fußboden, und die Beschleunigung drückte sie wie eine große, unsichtbare Hand nach unten.
Leia befreite sich selbst vom Windengurt und holte Luft, um nach Han zu rufen. War ihm womöglich entgangen, dass die künstliche Schwerkraft des Falken nicht funktionierte? Dann hörte sie es – Gelächter, das von den Schotts und Bodenplatten des Falken widerhallte.
Waroo richtete sich auf, und seine gewaltige Kraft ließ die Bewegung ungeachtet der massiv verstärkten Schwerkraft, mit der die Beschleunigung an ihm zerrte, ungezwungen wirken. Er stieß ein verwirrt klingendes Grollen aus.
»Alema Rar. Sie ist an Bord.« Leia konzentrierte sich auf die Macht, um ihre eigene körperliche Stärke zu vergrößern. Sie stand schwankend da, nahm ihr Lichtschwert zur Hand und aktivierte es. »Lass uns gehen.«
Steifbeinig marschierte sie die paar Meter zum Gang mit der Einstiegsrampe hinab, über die die Solos den Falken normalerweise betraten und verließen; jetzt stellte die Rampe eine schmutzige Wand zu ihrer Rechten dar. Sie erreichte die Luke, die in den Hauptkorridor des Raumfrachters führte, den gewundenen Gang, der einem Zutritt zu sämtlichen Bereichen des Falken gewährte.
Gleichwohl, den Hauptkorridor zu betreten, würde zur Folge haben, dass sie ein beträchtliches Stück weit fiel. Dann würde die gekrümmte Korridorwand, die jetzt als steil angewinkelter Boden fungierte, sie schmerzhaft nach unten purzeln lassen, bis sie zur Öffnung des Frachtaufzugs gelangte. An dieser Stelle würde sie mehrere Meter weit stürzen und gegen das Schott krachen, das die Wohnquartiere von den Sublichttriebwerken trennte. Unter normalen Umständen hätten ihre gymnastischen Fähigkeiten und ihre Machtkräfte dafür gesorgt, dass sie das Ganze ohne Verletzungen überstand, doch bei mehrfacher Schwerkraft war sie sich da nicht ganz so sicher.
Vermutlich befand sich Alema in diesem Moment im Frachtaufzug. Aber auch dessen konnte Leia sich nicht gewiss sein. Das Gelächter war verklungen, und es gelang Leia nicht, Alema in der Macht auszumachen.
Leia warf Waroo über die Schulter einen Blick zu. »Geh ins Cockpit. Da wird Alema am Ende auftauchen. Beschütze Han. Und nimm dich vor Giftpfeilen in Acht!«
Waroo grollte einwilligend. Er ging geduckt an Leia vorbei und sprang über den Hauptkorridor, um mit beiden Händen die Ecke zu fassen zu bekommen, wo ein Nebengang zu den Zugangsröhren der Geschütztürme führte. Ungeachtet der multiplen Schwerkraft, die an ihm zerrte, zog er sich nach oben, bis er auf der Wand dieses Gangs stand. Dann drehte er sich zu Leia um und sprang wieder zurück in ihre Richtung; diesmal packte er die Kanten der Lukenöffnung ein gutes Stück über ihrem Kopf – der Öffnung, die zum Cockpit-Zugangskorridor führte.
Hans Stimme drang über Leias Komlink. »Festhalten, Leute!«
Leia zuckte vor Anspannung zusammen und umklammerte den Rahmen der Luke, bei der sie stand. Sie hörte Waroo eine Beschwerde knurren.
Der Falke begann abrupt zu rollen und drehte sich um die eigene Achse, während er gleichzeitig die Richtung änderte. Leia mühte sich zu bleiben, wo sie war, und stellte fest, dass sich um sie herum nichts änderte; allerdings vernahm sie das Gepolter von Frachtcontainern, Teilen der Innenausstattung und losen Wand- und Bodenplatten, das durch das Innere des Raumfrachters hallte, und sie fühlte sich seltsam orientierungslos.
Dann wurde ihr bewusst, warum. Über ihr hingen Waroos Beine nicht länger nach unten; vielmehr lagen sie gespreizt auf dem, was eigentlich die Decke des Korridors hätte sein sollen. Das bedeutete, dass der Falke jetzt kopfüber flog. Während Leia hinsah, wand sich der Wookiee in den Cockpit-Zugangskorridor. Er verschwand außer Sicht, doch sie konnte ihn immer noch murren hören.
Leia rollte sich nach vorn, ein akrobatischer Purzelbaum, der sie in den Hauptzugangskorridor katapultierte. Sie landete mit Bedacht, um keinen der Glühstäbe, Sensoren oder einen der anderen an der Decke angebrachten Gegenstände zu zerschmettern, die ihr jetzt als Fußboden diente.
Sie musste Alema finden – aber das würde nicht sonderlich schwierig sein, da das fröhliche Lachen der verrückten Twi’lek erneut zu ihr drang, vage aus Richtung Heck des Falken. Mit aktiviertem Lichtschwert bewegte sie sich vorsichtig darauf zu.
Weiter vorne links, von ihrer gegenwärtigen Position aus auf dem Kopf stehend, war die Technikstation des Raumfrachters; die Konsolen erlaubten die Überwachung jedes Systems an Bord des Schiffs. Rechter Hand führte die gewölbte Wand zu der breiten Öffnung, die in den Maschinenraum führte, von wo aus man Zugriff auf den Frachtaufzug, den Hyperantrieb, die Sublicht-Triebwerke und andere wichtige Systeme hatte.
Aus ebendieser Richtung vernahm sie das summende Geräusch eines Lichtschwerts, doch es war ein anhaltender Ton – eine Waffe, die stillgehalten wurde, ohne vorzustoßen oder sich sonstwie zu rühren.
Leia konzentrierte sich auf die Macht und suchte erneut nach ihrer Beute. Zuerst registrierte sie Waroo, dann Han, dann wieder Waroo …
Wieder? Sie öffnete den Mund, um über ihr Komlink eine Frage zu stellen, doch das Lichtschwert vor ihr begann zu zucken und zu zischen, als es mit einer metallischen Oberfläche in Berührung kam. Leia fluchte leise vor sich hin und stürmte vorwärts.
Als sie um die Ecke in den Maschinenraum bog, entdeckte sie Alema Rar. Die Twi’lek stand auf der anderen Seite des Frachtaufzugs, neben dem ausladenden, kreisförmigen Gehäuse des Hyperantriebs. Sie hielt ihr Lichtschwert mit zwei gesunden, ruhigen Händen, als sie die Spitze tief in das Gehäuse trieb; gleißende Funken stoben auf, die die Kammer erhellten.
Und sie stand auf dem Boden – dem richtigen Boden. Ihre Füße schienen an der Oberfläche über Leias Kopf zu kleben, als hätte die Schwerkraft nicht den geringsten Einfluss auf sie.
Sie schaute herüber, als Leia eintrat. »Prinzessin! Kommt und helft uns, den Hyperantrieb zu zerstören. Dann können wir die Triebwerke zusammen in Stücke schneiden.«
Wachsam rückte Leia vor. »Zuerst schneide ich erst einmal dich in Stücke. Das wird mir zeigen, wie man das am besten macht.«
»Zuerst solltet Ihr …«
Alemas Worte wurden abrupt abgeschnitten, als der Falke mit einem Mal wieder um die eigene Achse rotierte und der Boden unter Leias Füßen wegsackte, sodass sie gegen die Decke krachte und schließlich mit der Schulter voran gegen die Schottwand an Steuerbord donnerte.
Einige Sekunden zuvor hatte Lumpawaroo die vier Ecken des Cockpitzugangs mit beiden Händen und Füßen umklammert. Er knurrte Han vernehmlich zu, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Han warf dem Wookiee über die Schulter hinweg einen Blick zu. »Es schert mich nicht, was Leia gesagt hat; geh gefälligst zurück und hilf ihr!«
Grummeln.
»Ich werde die Cockpitluke verriegeln. Falls Alema wieder hier hochkommt, wird sie sich den Weg dadurch freischneiden müssen, was euch beiden jede Menge Zeit verschafft herzukommen.«
Grummeln.
»Wenn du dich dann besser fühlst, werde ich lieber aufpassen, wohin ich fliege.« Er drehte sich, um nach vorn zu schauen. »Nicht, dass es hier oben sonst noch irgendwas gäbe! Und der Annäherungsalarm wird mich darüber informieren, wenn …«
Der Annäherungsalarm schrillte los, und der Horizont draußen vor den Cockpitfenstern leuchtete so grell auf, dass Han nur noch Weiß vor Augen sah. Er glaubte zu spüren, wie sich auf seinem Gesicht und seinen Händen schlagartig ein Sonnenbrand bildete. Waroo heulte.
Mit geschlossenen Augen rollte Han den Falken abrupt zur Seite. Waroos Beschwerdeheulen ertönte weiter – der Wookiee war nicht vom Cockpitzugang losgerissen worden.
Wo war er da nur beinahe hineingeflogen? Dann wusste Han es. Die Lillibanca in der Umlaufbahn hatte mit ihrem Feuerschneisenbombardement begonnen, und Hans Flugmanöver hatten den Falken geradewegs auf die erste Geschützsalve zugesteuert.
Aber wohin sollte er jetzt abdrehen? Er konnte nichts sehen, und jede Richtung, in die er sich wandte, manövrierte sie womöglich direkt auf die zweite Salve zu – oder hinein.
Jede Richtung – bis auf zwei.
Er ließ den Raumfrachter weiter um die eigene Achse rollen, bis der Falke im engsten rechten Bogen flog, den er zustande brachte, und riss ihn so rasant um 360 Grad herum, dass die Streben und Nieten des Schiffs gequält ächzten. Dann, als allein seine Pilotenerfahrung ihm sagte, dass er sich wieder auf seinem ursprünglichen Kurs befand, riss er den Steuerknüppel zurück und schickte den Falken einmal mehr steil nach oben.
Wenn er so flog, konnte er sich nicht weit genug zur Seite bewegen, um in den zweiten Strahl zu geraten. Für den Augenblick war er in Sicherheit.
Waroo allerdings nicht. Das empörte Heulen des Wookiees wandelte sich zu einem überraschten. Han hörte, wie Waroo gegen die Schottwand des Cockpit-Zugangskorridors donnerte, ehe er demselben holprigen Pfad folgte, den Alema zuvor genommen hatte, als er den Gang hinunterrollte.
Einen Moment lang herrschte Stille. Han zuckte innerlich zusammen, als er sich vorstellte, wie Waroo in den Hauptzugangskorridor katapultiert wurde. In einer Sekunde würde man das gewaltige Krachen von Wookiee auf Metall vernehmen …
Der Drall des Falken nagelte Leia lange Sekunden gegen die Korridorwand. Sie bemühte die Macht, um sich davon abzustoßen und der Zentrifugalkraft zu trotzen, doch das erforderte ihre gesamte Konzentration – das, und die Notwendigkeit, ein Auge auf Alema und ein Ohr auf all die Frachtgüter, Maschinenteile, persönliche Ausrüstung und – nach allem, was sie wusste – Besatzungsmitgliedern zu haben, die überall im Schiff von Schottwänden abprallten.
Alema machten die abrupten Flugmanöver des Falken weit weniger zu schaffen. Die Rotation hatte sie einen Moment lang an die Decke geheftet, doch jetzt richtete sie sich schon wieder auf, als wäre die Schwerkraft normal und ausgeglichen.
Sie stemmte sich auf zwei gesunde Füße, ungeachtet des Leia bekannten Umstands, dass sie die Hälfte eines Fußes eingebüßt hatte. Ihre Gesichtszüge waren so jugendlich und makellos wie damals vor fünfzehn Standardjahren, als Leia ihr zum ersten Mal begegnet war.
Leia zwang sich, ihre Stimme ruhig und tief zu halten. »Scheint, als hättest du dir endlich einige Prothesen gegönnt.« Und eine Schönheitsoperation, um Falten, Tränensäcke und Narben loszuwerden …
»Nichts derartig Plumpes. Wir sind jetzt schlicht unsterblich und für alle Zeiten jung, wie wir es uns verdient haben.« Alema hob ihr Lichtschwert zu einem traditionellen Salut, eine Komm-her-und-kämpf-gegen-mich-Geste.
Der Falke schoss wieder senkrecht in die Höhe. Das plötzliche Manöver erwischte Leia unvorbereitet und schleuderte sie auf die Rückseite des Maschinenraums zu – geradewegs an Alema vorbei, die sich nicht vom Fleck rührte.
Leia wirbelte ihr Lichtschwert in einem defensiven Bogen herum, in dem Bemühen, den Hieb abzublocken, von dem sie wusste, dass er kommen würde – doch er blieb aus. Alema tänzelte bloß beiseite. Leia donnerte gegen die Heckschottwand, und der Aufprall sandte Wogen der Pein durch ihre Muskeln, ihre Schulterblätter, ihr Rückgrat …
Eine flüchtige Sekunde lang war sie hilflos, krümmte sich vor Schmerzen. Trotzdem riss Alema nicht ihr Blasrohr hervor, um einen Giftpfeil in ihre Richtung zu schicken – sie machte nicht einmal einen blitzschnellen Satz hinter ihr her, um einen verstümmelnden Schlag mit ihrer Waffe zu führen. Stattdessen rückte sie langsam vor und ging über die Decke mit Bedacht auf Leia zu.
Leia sammelte sich und streckte die Hand aus, eine fegende Geste, die eine Welle von Machtenergie auf ihre Gegnerin zuströmen ließ. Alema wippte einfach auf den Absätzen nach hinten und wirkte gelinde belustigt. »Lässt Eure Kraft nach, Prinzessin? Vielleicht ist das Altersschwäche.«
Ein dumpfes, klapperndes Geräusch ertönte, und dann segelte Waroo vom Hauptkorridor aus an Leia vorbei; er drehte sich wie ein Kinderspielzeug.
Leia wirbelte beiseite und konzentrierte sich auf die Macht, um Waroos Sturz zu verlangsamen. Der Wookiee krachte neben ihr gegen die Schottwand, jedoch nicht hart genug, als dass ein Wesen von seiner Größe und Kraft dadurch Schaden nahm.
Alemas Lächeln wurde breiter. Mit einer Bewegung, die eigentümlich plump und ungeübt wirkte, hob sie das Lichtschwert und stürmte vor, um es auf Waroo herniedersausen zu lassen.
Leia riss die eigene Klinge hoch und fing Alemas scheinbar ungeschickte Attacke ab; ihre Schwerter trafen sich, es surrte, Funken flogen. Waroo rollte sich von den beiden Frauen fort und setzte sich auf, während er gleichzeitig seinen Bogenspanner vom Rücken nach vorn schwang und auf Alema anlegte. Die Waffe, deren robuste Bauweise Wookiee-Standards entsprach, schien nicht beschädigt zu sein.
»Nein!« Leias Fuß zuckte vor, als Waroo feuerte. Sie traf ihr Ziel zuerst, und Alema flog nach hinten, derweil Leia ihr Lichtschwert anwinkelte, um den Bogenspanner-Bolzen abzufangen, der an der Klinge mit einem Zischen zu Nichts verging.
Der verwirrte Waroo stieß ein beleidigtes Knurren aus. Er erhob sich und spannte die Waffe hastig wieder. Leia kam ihrerseits wieder auf die Beine und sprang mit einem Satz auf Alema zu, um sich zwischen die Twi’lek und den Wookiee zu bringen. Sie fing Alemas nächsten Hieb ab – diesmal so flink und kraftvoll geführt, wie man es von einer Jedi erwartete –, bevor er ihr den rechten Arm abtrennen konnte, ging ihrerseits aber nicht zum Angriff über. »Waroo, nicht schießen! Irgendetwas stimmt hier nicht. Vertrau mir.«
Waroo stieß ein leises, missmutiges Grummeln aus. Er zielte, feuerte aber nicht.
Leia stemmte sich gegen Alemas Klinge, keuchend vor Schmerz und Anstrengung. Ihre Klingen zischten und schlugen Funken, als sie sie gegeneinanderpressten, der Länge nach aneinander entlangglitten.
Alema versuchte, sich frei zu machen und zuzuschlagen, aber Leia folgte ihr einfach Schritt für Schritt, blieb dicht bei ihr und kämpfte rein defensiv. Alema hieb ein zweites und ein drittes Mal auf sie ein; alle Schläge zielten auf eins von Leias Gliedern, doch Leia blockte zwei der Attacken ab und wich der dritten aus.
Alemas Lächeln verblasste nicht, ihre Kraft einen Moment später allerdings offenbar schon. Sie sackte nach hinten, als Leia weiter nach vorn drängte. »Schön.« Ihr Tonfall klang unbekümmert, doch ihm haftete etwas Gezwungenes, Sprödes an. »Wir bringen das später zu Ende.«
Sie sprang rückwärts hoch, um weiter oben auf der Wand des Hauptkorridors zu landen, ihre Bewegung so leichtfüßig und anmutig, dass es den Anschein hatte, als habe die konstante Aufwärtsbeschleunigung des Falken keinerlei Einfluss auf sie. Dann wandte sie sich ab und lief auf die Luken zum Schalterraum und zu den Mannschaftsquartieren zu.
Leia und Waroo setzten ihr nach, was sowohl die Jedi als auch den Wookiee einiges an Anstrengung kostete. Doch obwohl Alema kaum ein paar Sekunden lang außer Sicht gewesen war und es in dieser Zeit unmöglich zu einer der beiden Luken geschafft haben konnte, war sie verschwunden.
2. Kapitel
BESPRECHUNGSZIMMER DES STAATSCHEFS, CORUSCANT
Die Stimme der Ratgeberin ähnelte dem Brummen von Insekten, und Darth Caedus wusste, was man mit Insekten machte – man ignorierte oder zertrat sie.
In diesem Fall konnte er es sich allerdings nicht erlauben, das Gebrumme zu ignorieren; ungeachtet ihrer Unzulänglichkeiten als Rednerin versorgte sie ihn mit wichtigen Informationen. Auch konnte er nicht den Stiefel heben und die Quelle des Brummens zerquetschen – nicht, während Admiralin Cha Niathal, seine Partnerin in der Regierungskoalition, die gegenwärtig Coruscant und die Galaktische Allianz führte, auf der anderen Seite des Tisches saß; nicht in Gegenwart all der Berater und der laufenden Holocam-Rekorder.
Um das Ganze noch schlimmer zu machen, würde die Ratgeberin in Kürze zum Ende kommen und ihn dann unvermeidlicherweise mit dem Namen ansprechen, den er so verachtete, dem Namen, mit dem er geboren worden war, dem Namen, den er bald für immer ablegen würde. Und dann überkäme ihn von Neuem das Verlangen, sie zu zertreten, ohne dass er dem nachgeben durfte.
Sie tat, womit er gerechnet hatte. Die blauhäutige Omwati – das federartige Haar mattschwarz gefärbt, ihre Flottenuniform frisch gestärkt – sah von ihrem Datapad auf. »Unterm Strich, Colonel Solo …«
Caedus winkte mit der Hand, um sie zu unterbrechen. »Unterm Strich raubt uns der Abzug der gesamten hapanischen Flotte aus den Reihen der Allianz-Streitkräfte mindestens zwanzig Prozent unserer Flottenstärke und zwingt uns in ein Spiel aus Rückzug und Verschanzen, wenn wir die Konföderation daran hindern wollen, uns zu überrennen. Und der Verrat der Jedi, die uns bei Kuat im Stich gelassen haben, sorgt darüber hinaus zu einem Vertrauensverlust in den Teilen der Bevölkerung, die glauben, dass ihre Unterstützung etwas zählt.«
»Ja, Sir.«
»Vielen Dank. Das wäre dann alles.«
Sie erhob sich, salutierte und ging gleichermaßen schweigend wie steif hinaus. Caedus wusste, dass sie ihn fürchtete, dass sie die ganze Besprechung über Mühe gehabt hatte, die Haltung zu wahren, und das war ihm nur recht. Wenn Untergebene Angst hatten, bedeutete das, dass sie Befehle unverzüglich befolgten und sich mehr anstrengten.
Normalerweise. Manchmal führte es jedoch auch zu Verrat.
Niathal wandte sich an die anderen anwesenden Ratgeber. »Wir sind hier fertig. Vielen Dank.«
Als sich die Bürotür mit einem Wusssch hinter dem Letzten von ihnen schloss, drehte sich Caedus zu Niathal um. Die Mon Calamari in ihrer weißen Admiralsuniform, die fast zu glänzen schien, saß schweigend da und musterte ihn. Der Blick ihrer weit vorstehenden Augen war nicht unfreundlicher als gewöhnlich, doch Caedus kannte die Botschaft, die in ihnen lag: Sie könnten diesen Schlamassel in Ordnung bringen, indem Sie zurücktreten.
Ihre Worte indes waren andere. »Sie sehen nicht gut aus.« Sie besaß diese raue Stimme, die für ihre Spezies so charakteristisch war, und darin lag nichts von dem Mitgefühl, das Admiral Ackbar zum Ausdruck zu bringen vermochte. Niathal äußerte keine Besorgnis über seinen Gesundheitszustand. Sie wollte damit andeuten, dass er nicht in der Verfassung war, Dienst zu tun.
Und damit hatte sie beinahe recht. Caedus tat alles weh. Erst vor wenigen Tagen hatte er das härteste, grausamste Lichtschwertduell seines Lebens bestritten. In einer Geheimkammer an Bord seines Sternenzerstörers, der Anakin Solo, hatte er Ben Skywalker gefoltert, um die Seele des jungen Mannes abzuhärten, um Ben besser auf ein Leben als Sith vorzubereiten. Dabei jedoch war er von Bens Vater, Luke Skywalker, überrascht worden.
Dieser Kampf … Caedus wünschte, er hätte eine Holoaufzeichnung davon gehabt. Das Gefecht schien eine Ewigkeit zu dauern. Es war brutal gewesen, und zuerst hatte sich die Waagschale zu Lukes Gunsten geneigt, und dann zu denen von Caedus, während sie beide eine überragende Demonstration von Lichtschwerttechniken, von roher Machtstärke, von subtilen Jedi- und Sith-Fertigkeiten geliefert hatten. Ungeachtet all seiner Schmerzen empfand Caedus einen gewissen Stolz – nicht bloß, weil er dieses Duell überlebt, sondern weil er sich so gut dabei behauptet hatte.
Am Ende hatte Caedus seinen Vorteil eingebüßt: Als Ben unversehens eine Vibroklinge tief in Caedus’ Rücken rammte, die das Schulterblatt glatt durchdrang und beinahe das Herz traf, war es Luke gelungen, sich von den Gift injizierenden Folterranken zu befreien, mit denen Caedus ihn würgte.
Das hatte den Kampf beendet. Sie hätten ihn auf der Stelle töten können. Doch aus Gründen, die er nicht verstand, hatten Luke und Ben sein Leben verschont und waren geflohen. Das war ein Fehler, der Luke teuer zu stehen käme.
Caedus hatte Dutzende kleinerer und größerer Verletzungen davongetragen, einschließlich eines Vibroklingenstichs, einer vom Lichtschwert angesengten Niere und einer üblen Kopfwunde. Nachdem er behandelt worden war, hatte er das Kommando über die Anakin Solo unverzüglich wieder übernommen, bloß, um weiteren Schmerz zu erfahren – diesmal allerdings emotionaler Art. Im Weltraum über Kashyyyk war seine Fünfte Flotte von Konföderationseinheiten umzingelt worden. Die mit Verspätung eintreffenden hapanischen Streitkräfte hätten ihn retten können … stattdessen jedoch hatte die hapanische Königinmutter Tenel Ka, seine Gefährtin und Geliebte, ihn verraten. Unter dem Einfluss der heimtückischen Überredungskünste von Caedus’ eigenen Eltern, Han und Leia Solo, hatte sie für ihre weitere militärische Unterstützung der Allianz eine Gegenleistung gefordert, und diese Gegenleistung bestand in seiner Aufgabe.
Natürlich hatte er sich geweigert. Und natürlich hatte er sich den Weg aus der Einkesselung freigekämpft, um die Überreste der Fünften Flotte zurück in die Sicherheit von Coruscant zu führen.
Wenn Niathal also sagte, dass er nicht gut aussah, hatte sie damit recht. Seine schlimmste Verletzung bereitete ihm sengende Pein. Nicht die Vibroklingenwunde, nicht der Riss in seiner Kopfhaut, nicht die versengte Niere – all das heilte. All das war die Art von Schmerz, die ihn stärkte.
Es war die Wunde in seinem Herzen, die ihn quälte. Tenel Ka hatte sich gegen ihn gewandt. Tenel Ka, die Liebe seines Lebens, die Mutter seiner Tochter Allana, hatte ihn im Stich gelassen.
Niathals ernste Miene war unerschütterlich. Sie könnten diesen Schlamassel in Ordnung bringen, indem Sie zurücktreten.
Er schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Vielen Dank für Ihre Anteilnahme, aber ich erhole mich zusehends. Und ich habe einen Plan. In den nächsten paar Tagen müssen wir dem empfohlenen Vorgehen eines Truppenrückzugs folgen … bis sich die Hapaner wieder auf unserer Seite am Krieg beteiligen. Unsere heutige Aufgabe besteht darin, uns zu überlegen, wie wir sie am besten einsetzen, sobald sie wieder auf das Schlachtfeld zurückkehren. Da die Konföderation davon ausgeht, dass sie weiterhin neutral bleiben, können wir uns die Hapaner für einen verheerenden Überraschungsangriff zunutze machen. Wir müssen lediglich entscheiden, wo dieser Angriff stattfinden soll.«
»Sie sind sehr zuversichtlich, dass sich die Hapaner uns wieder anschließen werden.«
»Das garantiere ich. Ich habe eine Operation initiiert, die dafür Sorge tragen wird.«
»Welche Ressourcen benötigen Sie, um das Ganze durchzuführen?«
»Bloß die, über die ich bereits verfüge.«
»Wurde ich über die Einzelheiten Ihrer Operation unterrichtet?«
Caedus schüttelte den Kopf. »Wenn ich keine Unterlagen einreiche, kann auch niemand dazwischenfunken. Und wenn ich keine Details verlauten lasse, kann niemand etwas davon aufschnappen, ob nun zufällig oder vorsätzlich. Für mich hängt zu viel davon ab, die Hapaner wieder an Bord zu holen, als dass ich riskieren würde, die Sache zu ruinieren, indem ich allzu freigiebig Einzelheiten ausplaudere.«
Niathal schwieg. Eine aufbrausendere Persönlichkeit als sie hätte Anstoß an Caedus’ angedeuteten Zweifeln an ihrer Fähigkeit genommen, angemessen mit vertraulichen Angelegenheiten umzugehen. Niathal indes beschloss, es nicht als Beleidigung zu werten. Sie wandte sich einfach dem nächsten Thema ihrer Tagesordnung zu. »Wo wir gerade von Geheimnissen sprechen … Belindi Kalenda vom Geheimdienst meldet, dass Dr. Seyah vom Centerpoint-Station-Projekt abgezogen wurde. Seyah berichtet, dass er unter Verdacht geriet, ein GA-Spion zu sein.«
»Was er natürlich auch ist. Was für eine Position hat er jetzt inne, und kann er uns fortan noch irgendwelche nützlichen Informationen beschaffen?«
Niathal schüttelte auf die gemächliche, ernste Art der Mon Cals den Kopf. »Kalenda hat ihn angewiesen zurückzukommen. Er befindet sich bereits wieder auf Coruscant.«
Caedus widerstand dem Drang, irgendetwas zu zerstören. »Sie ist eine Närrin. Und Seyah ist auch ein Narr. Er hätte bleiben sollen, um den Ermittlungen gegen sich die Stirn zu bieten und uns – zumindest fürs Erste – weiterhin mit Informationen zu versorgen.«
»Kalenda war überzeugt, dass sie ihn verhaften, verhören und exekutieren würden.«
»Dann hätte er bis zu seiner Verhaftung vor Ort bleiben sollen! Wer weiß, was seine Feigheit uns gekostet hat? Selbst Berichte über Schiffs- und Truppenbewegungen können uns in einer Schlacht den entscheidenden Vorteil verschaffen.« Caedus seufzte und zog sein Datapad hervor. Er ließ es aufschnappen und tippte eine kurze Notiz.
Niathal erhob sich und beugte sich vor, sodass ihre Kugelaugen umgedreht auf seinen Bildschirm schielen konnten. »Was ist das?«
»Eine Erinnerung an mich selbst, Seyah verhaften zu lassen. Er hat Kalenda mit Fehlinformationen gefüttert, die sie dazu veranlasst haben, ihn aus einer Gefahrenzone abzuziehen, was gleichbedeutend mit Fahnenflucht unter Beschuss ist. Er wird gestehen. Man wird ihn hinrichten.«
»Aha.« Niathal nahm wieder Platz, erhob jedoch keinen Einspruch.
Caedus wusste das zu schätzen. Zweifelsohne wurde Niathal zusehends bewusster, dass Caedus’ Herangehensweise die beste war – auf diese Weise blieben ihre Untergebenen motiviert, und Totholz wurde aus ihren Reihen entfernt.
»Bimmisaari und einige seiner verbündeten Planeten im Halla-Sektor haben gerade verkündet, dass sie zur Konföderation überlaufen.«
Caedus schüttelte herablassend den Kopf. »Kein großer Verlust.«
»Nein, aber wenn man es als mögliches erstes Anzeichen eines allgemeinen Trends wertet, wird es um einiges beunruhigender. Der Geheimdienst hat vermehrten Kommunikationsverkehr zwischen Corellia und den imperialen Restwelten registriert, wie auch zwischen Corellia und den Planeten des Korporationssektors, bei dem es sich möglicherweise um nichts anderes als um verstärkte Rekrutierungsbemühungen der Konföderation handelt. Oder vielleicht stecken die anderen Fraktionen dahinter, zur Anbahnung von Verhandlungen und weiterer Treuebrüche.«
»Auch das ist irrelevant.« Caedus überkam ein Aufflackern von Verärgerung. Ja, es gab Angelegenheiten, derer sich die vereinten Staatschefs annehmen mussten, doch all das würde sich ganz von selbst klären, sobald das Hapes-Konsortium wieder in ihre Gemeinschaft zurückkehrte. »Sonst noch etwas?«
»Nein.«
»Ausgezeichnet.«
Als das Treffen vorüber und Niathal gegangen war, blieb Caedus im Büro zurück. Er starrte die leeren Wände an. Das beruhigte ihn. Er brauchte Beruhigung.
In seinem Innern loderten Zorn, Verbitterung, ein Gefühl von Verrat – all die Emotionen, die einen Sith antrieben.
In den Tagen seit seinem Kampf mit Luke war er zu der Erkenntnis gelangt, dass er vollkommen allein im Universum war. Es war wie das wehleidige Jammern eines Fünfjährigen: Keiner hat mich lieb. Der Gedanke daran, wie selbstmitleidig das klang, rang ihm beinahe ein Lächeln ab.
Doch es stimmte. Jeder, der ihn einst geliebt hatte, hasste ihn jetzt. Sein Vater und seine Mutter, seine Zwillingsschwester Jaina, Tenel Ka, Luke, Ben … Rein verstandesmäßig hatte er gewusst, dass das passieren würde, als er den Pfad der Sith einschlug. Einer nach dem anderen wurden diejenigen, denen er am Herzen lag, fortgepellt wie die äußeren Schichten seiner Haut, bis von ihm bloß noch eine Masse blutiger, gequälter Nerven übrig blieb.
Das war ihm bewusst gewesen … doch es tatsächlich durchzumachen, war eine andere Sache. Sein Leib mochte vielleicht heilen, doch seine Seelenqualen nahmen von Tag zu Tag weiter zu.
Jeder, den er geliebt hatte, hasste ihn jetzt … abgesehen von Allana. Und er würde nicht zulassen, dass Tenel Ka seine Tochter dazu brachte, sich gegen ihn zu wenden. Er würde jeden niedermähen, der zwischen ihm und seinem Kind stand.
Jeden.
WALDMOND ENDOR, AUFGEGEBENER IMPERIALER AUSSENPOSTEN
Vor vielen Jahren, bevor Jacen Solo geboren wurde – tatsächlich sogar, bevor Luke und Leia erfahren hatten, dass sie Geschwister waren, und bevor Leia auch nur sich selbst eingestanden hatte, dass sie in Han verliebt war –, hatte Yoda Luke erzählt, dass Elektroschocks, die mit unterschiedlicher Intensität und in unregelmäßigen, aber dauerhaften Intervallen verabreicht wurden, einen Jedi daran hinderten, sich zu konzentrieren und auf die Macht zurückzugreifen. Dass sie einen Jedi hilflos machen konnten.
Allerdings hatte Yoda Luke nie gesagt, dass emotionale Schocks dasselbe vermochten.
Dem war wirklich so. Und genau so, wie kein noch so hoher Grad an Selbstbeherrschung einen Jedi dazu befähigte, die Auswirkungen von Stromschlägen auf seinen Körper zu ignorieren, konnte seine Selbstbeherrschung Luke ebenso wenig vor seinen Erinnerungen bewahren. Alle paar Sekunden riss ihn eine Erinnerung, die sich wie ein spannungsführender Draht um seinen Hals legte, aus dem Hier und Jetzt und katapultierte ihn in die jüngste Vergangenheit.
Er entsann sich, wie er an Bord der Anakin Solo gelangt war. Daran, wie er Jacen dabei ertappt hatte, dass er Lukes einziges Kind, seinen Sohn Ben, folterte – folterte! An den folgenden Zweikampf, Luke gegen den Neffen, den er einst geliebt hatte … gegen den Neffen, der jetzt über eines Meisters würdige Machtfähigkeiten verfügte, auch wenn er nie in den Rang eines Jedi-Meisters erhoben worden war und es niemals werden würde.
Und kein Schmerz, den Luke in diesem Kampf erlitten hatte, quälte ihn so sehr wie Bens Beharren auf sein vermeintliches Recht, Jacen töten zu dürfen. Diese Forderung seines Sohnes war es, die Luke dorthin gebracht hatte, wo er sich nun befand, im Schneidersitz auf dem Boden eines Raums im Obergeschoss eines aufgegebenen imperialen Außenpostens, wo er durch ein breites Transparistahlfenster auf die saftigen Wälder von Endor hinausblickte, ohne sie richtig wahrzunehmen. Sein Körper heilte, doch selbst nach all diesen Tagen war seine Seele immer noch krank und verletzt.
Über alle Maßen entsetzt von Bens Blutdurst, hatte Luke seinen Sohn daran gehindert, Jacen den Todesstoß zu versetzen. Ebenso wenig hatte Luke sich dazu entschlossen, Jacen persönlich den Rest zu geben. Stattdessen hatte er Ben auf ihrer übereilten Flucht von der Anakin Solo weggebracht – eine Flucht, die auch und vor allem dazu diente zu vermeiden, dass Ben den nächsten, möglicherweise unvermeidlichen Schritt in Richtung Dunkler Seite tat, wie Jacen es für den Jungen geplant hatte.
Aber war das die richtige Entscheidung gewesen? In jenem Moment schien es die einzig mögliche Wahl zu sein. Das Gleichgewicht zwischen Bens Zukunft und seinem Anstand war ins Wanken geraten. Hätte einer der Skywalkers Jacen umgebracht, wäre Ben weiter dem Dunkel anheimgefallen.
Einige kehrten aus der Dunkelheit zurück. Wie Luke. Andere nicht. Und dass Ben dadurch für den Rest seines Lebens zu einem Handlanger des Bösen wurde, war keine Gewissheit gewesen.
Dass Jacen noch lebte, war hingegen gewiss. Und jetzt, während Jacen seine Pläne zur Eroberung der Galaxis weiterverfolgte, würden noch mehr sterben. Zumindest Tausende würden nun umkommen, aller Wahrscheinlichkeit nach Zehn- oder Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen.
Und Luke war dafür verantwortlich.
Also, war es die richtige Entscheidung gewesen? Das von Ben gegen Tausende andere Leben einzutauschen?
Die Vernunft sagte nein – nein, es sei denn, Ben wurde dadurch, dass er der Dunklen Seite anheimfiel, zu einer ebenso gewaltigen Kraft des Bösen, wie Jacen Solo sie war, oder wie ihrer beider Großvater, Anakin Skywalker, der berüchtigte Darth Vader.
Sein Gefühl sagte ja – ja, es sei denn, Ben interpretierte Lukes Weigerung zu töten als Zeichen von Schwäche, sodass diese Entscheidung Verachtung in ihm schürte, Verachtung für Luke und die helle Seite der Macht. Das konnte ihn Lukes Absicht zum Trotz weiter Jacens Pfad hinabtreiben.
Und Tausende würden so oder so sterben.
Jenseits des Sichtfensters vor Luke tauchte ein durchscheinendes weißes Rechteck auf, hoch und sehr schmal. Es wurde rasch breiter, um sich als Spiegelung der Türöffnung in der Wand hinter ihm zu erweisen. Jedi-Meister Kyp Durron stand auf der Schwelle. Sein braunes Gewand war zerknittert, sein langes, ergrauendes braunes Haar klamm von Schweiß und zerzaust. Seine Miene, die für gewöhnlich gelinde Belustigung zur Schau stellte, die etwas überlagerte, was gemeinhin als Anflug von Übermut gedeutet wurde, war jetzt ernster – Neutralität, die Besorgnis verbarg. »Großmeister?«
»Komm rein.« Luke drehte sich nicht um, um Kyp anzusehen. Der Anblick von Endors Wildnis wirkte beruhigend.
Kyp trat ein und schloss die Tür hinter sich, was das erhellte Rechteck in Lukes Blickfeld verschwinden ließ. »Die Türsummer auf diesem Gang scheinen nicht zu funktionieren, und du bist nicht an dein Komlink gegangen …«
Luke runzelte die Stirn. »Ich hab es nicht gehört.« Er zog das Komlink aus dem Hemd seines weißen Arbeitsanzugs im Tatooine-Stil. Die Energieleuchte an dem kleinen zylindrischen Gerät leuchtete nach wie vor. Eine rasche Überprüfung indes ergab, dass das Komlink abgeschaltet worden war. Verwirrt schaltete Luke es wieder ein und steckte es weg.
»Bloß ein Routinebericht. Die StealthX sind in Paaren unter Tarnnetzen über ein großes Gebiet verteilt. Viele der Piloten haben zweckdienliche Landestellen gefunden, vornehmlich in Bereichen, in denen Trümmer des zweiten Todessterns runtergekommen und Brandflächen verursacht haben. Wir haben die Jünglinge in zwei großen Räumen in diesem Außenposten untergebracht, die als Schlafsäle dienen, doch ein Aufklärungsteam aus Jedi-Rittern hat ganz in der Nähe ein Höhlensystem entdeckt, das hinreichend Platz für eine Trainingsanlage bietet … und einen gewissen Schutz gegen Orbitalsensoren. Die Jedi-Ritter sind derzeit dabei, ein Nest riesiger Höhlenspinnen umzusiedeln. Sobald sie sicher sind, dass die Spinnen und ihre Eier weg sind, werden wir anfangen, die Jünglinge dort hinzuschaffen.«
»Gut. Aber gebt euch nicht zu viel Mühe damit, diese Höhlen wohnlich zu gestalten. Wir werden Endor in wenigen Wochen wieder den Rücken kehren.«
Kyp nickte. »Andererseits scheinen wir gut mit den einheimischen Ewoks auszukommen.«
»Irgendwelche dabei, die wir kennen?«
»Nein … Das Territorium von Wickets Familienverband ist nach wie vor auf die Gebiete südlich von hier beschränkt. Deine Idee, Ce-Dreipeo als Übersetzer einzusetzen, zahlt sich allerdings aus. Offenbar mag der hiesige Clan ihn.«
»Gut.«
Kyp erwiderte nicht sofort etwas, also wandte Luke sich um und warf ihm einen Blick zu. Der jüngere Meister schien über seine nächsten Worte nachzugrübeln. Luke sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Sonst noch etwas?«
»Einige fragen sich, wie unser nächster Schritt gegen Jacen aussieht.«
»Ah ja.« Luke drehte sich um und schaute wieder aus dem Fenster. »Ich weiß es nicht. Warum kümmerst du dich nicht darum?«
Es folgte ein langes Schweigen, dann: »Ja, Großmeister.«
Von Neuem tauchte das Rechteck aus Licht auf. Kyps Spiegelbild trat hinein, und dann schloss sich die Tür wieder, um Luke allein in Stille und Frieden zurückzulassen.
Und heimgesucht von der Erinnerung an Jacen, fast bis zur Unkenntlichkeit blutend und zerschlagen, der vor ihm fortkroch, Bens Vibroklinge in seinem Rücken vergraben. Bens Gesicht erschien vor ihm und formte mit den Lippen die Worte: Der gehört mir.
Luke erschauerte.
3. Kapitel
KASHYYYK, MAITELL-BASIS, HANGAR DES MILLENNIUM FALKEN
Von der blendenden Helligkeit der Turbolasersalve, in die er beinahe hineingeflogen war, flirrten immer noch gleißende Punkte vor Hans Augen, direkt im Zentrum seines Sichtfelds. Er musste sich konzentrieren und den Blick auf das Drumherum richten, um hinreichend sehen zu können.
Unmittelbar vor ihm befand sich ein alter Sabacc-Tisch mit rostiger Kante und fleckiger Filzoberfläche; darauf ruhten eine Weinbrandflasche und zwei Becher. Dahinter stand der Millennium Falke; die Einstiegsrampe war runtergelassen, und daneben parkten Wookiee-Wartungsvehikel und Raumschiffe der Konföderation. Das breite Hangartor, dem sich der Falke gegenübersah, war offen, um den Blick auf ein Flussufer und Bäume freizugeben, die an Kashyyyk-Standards gemessen verkümmert und winzig wirkten, wie auch auf einen Himmel, an dem Dunst und Rauchwolken das Sonnenlicht dämpften. Auf der anderen Seite des Flusses waren weitere Gebäude zu erkennen, allesamt Überbleibsel eines lange aufgegebenen Raumhafens, der noch aus den Jahren der imperialen Besatzung stammte.
Die Ärzte hatten gesagt, dass die hellen Flecken in ein paar Stunden verschwinden würden. Nicht, dass das ein nennenswerter Trost war. Am liebsten hätte er jetzt am Falken gearbeitet, in diesem Augenblick. Er grinste angesichts seiner eigenen kindlichen Ungeduld, hob seinen Becher und nahm einen weiteren Schluck von der Flüssigkeit darin; es brannte ein wenig, als sie seine Kehle hinunterglitt, eine samtige, schmackhafte Hitze.
»Was ist los?« Leia, die in einem Metallstuhl mit spindeldürren Beinen neben ihm saß, war sein Lächeln nicht entgangen.
»Ich dachte gerade, dass es schlimmere Arten gibt, gezwungenermaßen eine Auszeit zu nehmen, als mit einem guten Brandy und seinem liebsten Mädel.«
Aus dem Augenwinkel heraus sah er Leia lächeln, doch ihr Tonfall war um einiges weniger liebenswürdig. »An dem, was du da sagst, stimmt so einiges nicht. Zunächst mal kommt deine Frau bei dir erst nach Alkohol. Und dann ist da diese ganze Mädchen-Frau-Sache, die jetzt aber keine große Rolle spielt, weil du das bestimmt nicht abwertend oder herablassend gemeint hast. Die Bezeichnung liebstes Mädel deutet allerdings an, dass es da noch andere gibt …«
»Die gibt’s tatsächlich. Da kommt gerade eins.« Han zeigte mit dem Finger.
Ihre Tochter Jaina stieg die Einstiegsrampe des Falken hinunter. Obgleich ebenso zierlich und schön wie ihre Mutter, wenn auch mit schmaleren Zügen, hatte sie die Mechanikergabe ihres Vaters geerbt, was sich auch in ihrem gegenwärtigen Aufzug widerspiegelte, einem von Schmiermittel und Hydraulikflüssigkeit bespritzten Overall. Zudem hatte sie auch das Machttalent ihrer Mutter mit in die Wiege gelegt bekommen – ein Umstand, der durch das an ihrem Gürtel hängende Lichtschwert hinreichend deutlich gemacht wurde. Als sie herunterkam, wischte sie sich die Hände an einem öligen blauen Lappen ab, bis sie bemerkte, dass Han sie musterte. »Dad! Alles repariert.«
»Du machst Witze.«
Jaina schüttelte den Kopf, ehe sie auf einem Stuhl an seinem Tisch Platz nahm. »Alemas Angriff hat einigen Schaden verursacht, doch sie hatte nicht viel Zeit, am Hyperantrieb herumzufuhrwerken, bevor Mom sie unterbrach. Ich habe einige Teile ausgetauscht, und jetzt ist alles im grünen Bereich. Ich vermute, du willst den Falken in die Luft bringen und ein oder zwei Testrunden drehen!?«
»Richtig vermutet. Danke.« Er warf Leia einen Seitenblick zu. »Ich bin von Tag zu Tag weniger nutze. Jetzt muss ich nicht mal mehr die Kampfschäden des Falken zusammenflicken.«
Leia schenkte ihm ein mit Häme getünchtes Lächeln. »Solange gewisse Leute altmodische Denkweisen und Klassiker bevorzugen, wirst du niemals unnütz sein.«
»In solchen Momenten finde ich es wirklich schade, dass man eine Jedi nicht übers Knie legen kann.«
Das Klappern von Absätzen ertönte, und Han schaute auf, um Jagged Fel und Zekk zu erblicken, die die Einstiegsrampe herunterkamen.
Fel, Sohn eines der gefeiertsten Kampfjägerpiloten des Imperiums und Neffe von einem, der diese Ehre in der Neuen Republik innehatte, war ein muskulöser Mann von mittlerer Größe. Sein Haar, sein sorgfältig getrimmter Vollbart und der Schnauzer waren schwarz, und eine weiße Locke an seinem Haaransatz markierte eine alte Kopfwunde. Er trug einen pechschwarzen Pilotenoverall; in finsterster Nacht musste es wirken, als würden sein Gesicht und seine Hände in der Luft schweben.
Zekk, Jainas Jedi-Gefährte, war ungewöhnlich groß, sein langes, dunkles Haar derzeit zu Zöpfen geflochten. Wie Leia trug er gewöhnliche Jedi-Gewänder.
Jag hielt eine Blasterpistole in Händen; sein Finger lag nicht am Abzug, und als er sich Han näherte, drehte er die Waffe um und hielt sie ihm mit dem Griff voran hin. »Hab sie gefunden.«
Han stellte seinen Drink ab. Er nahm die Pistole entgegen, wirbelte sie probeweise herum und schob sie ins Halfter. »Jetzt fühle ich mich nicht mehr ganz so nackt. Wo war sie?«
»Bei Ihrer Kunstflugeinlage muss die Luke über einer der Rettungskapseln aufgesprungen sein. Ihr Blaster fiel hinein, und als Sie das nächste Mal wieder richtig herum waren, hat sich die Luke geschlossen und verriegelt.«
»Danke.« Han wandte sich wieder an Leia. »Um ehrlich zu sein, könnte ich mich hieran gewöhnen. Das Jungvolk die ganze Arbeit machen zu lassen, meine ich, die ganze Zeit über. Hey, kann mir jemand noch was zu trinken holen?«
Zekk setzte sich in den vierten und letzten Stuhl, streckte die Hand nach Hans Becher aus und schob ihn zwei Zentimeter näher zu ihm hin. »Ihr Drink, Sir.«
»Nun, einige Aufgaben sind einfacher zu bewältigen als andere.«
»Also.« Leia bedachte die drei Neuankömmlinge mit einem raschen, ernsten Blick. »Irgendetwas Neues? Irgendeine Spur von Alema?«
Jag, der noch immer stand, schüttelte den Kopf. »Keine.« Seine Stimme klang bedächtig. »Absolut keine.«
Leia runzelte verwirrt die Stirn. »Was soll das bedeuten?«
Zekk wies über die Schulter mit dem Daumen auf den Falken. »Alema hat keine Fingerabdrücke hinterlassen. Keine Fäden ihrer Gewänder. Da waren nicht einmal Hautzellen an den Schottwänden, gegen die sie geprallt sein soll.«
Han blickte finster drein. »Sie hätte Fingerabdrücke auf meinem Blaster zurücklassen müssen. Sie hat ihn mit der Macht zu sich dirigiert, ihn mit einer Hand aufgefangen.«
»Mit ihrer linken Hand, haben Sie gesagt.« Jags Stimme klang nachdenklich.
»Ja.«
»Dann muss sie sich am Ende doch für Prothesen entschieden haben«, überlegte Jag. »Obwohl die meisten dazu neigen, sich Prothesen zuzulegen, die vollkommen identisch mit dem ursprünglichen Körperteil sind, bis hin zu jedem einzelnen Leberfleck und Wirbel des Fingerabdrucks, liegt das nicht an irgendwelchen unverrückbaren Gesetzmäßigkeiten der Kybernetik. Sie könnte Implantate ohne Identifizierungsmerkmale besitzen.«
Leia schüttelte den Kopf, sichtlich unzufrieden. »Also gibt es nichts, um zu beweisen, dass Alema überhaupt da war.«
Han schnaubte. »Nichts außer einem beschädigten und reparierten Hyperantrieb.«
»Was immer noch kein Beweis dafür ist.« Zekk bedachte Leia mit einem entschuldigenden Achselzucken. »Wir haben nicht einmal die technischen Mittel, um zwischen den Schnitten unterschiedlicher Lichtschwerter zu unterscheiden. Aber wozu brauchen wir überhaupt Beweise? Wir glauben es auch so.«
»Weil ich mir nicht sicher bin, ob ich mir in dieser Angelegenheit selbst glaube. Ich konnte sie nicht einmal in der Macht wahrnehmen. Bloß Lumpy. Ich meine, Waroo.« Leia sah sich schuldbewusst um, als sie sich auf frischer Tat dabei ertappte, wie sie den Spitznamen aus Kindheitstagen benutzte, den Waroo längst abgelegt hatte. Zum Glück hielt sich der Wookiee nicht im Hangar auf. »Ich weiß nicht einmal, wie sie entkommen ist.«
»Ich habe da eine Idee.« Jaina runzelte nachdenklich die Stirn. »Allerdings ist sie ziemlich sonderbar.«
»Ich bin offen für Sonderbares. Immer noch besser als gar nichts.« Han hielt inne, um seinen Becher wieder aufzufüllen, ehe er mit der Flasche in die Runde winkte, eine Sonst-noch-wer?-Geste.
Jag nickte. »Ich nehm einen.«
Zekk schaute ihn bestürzt an. »Colonel Keusch gönnt sich einen Brandy, wo er später am Tag womöglich noch fliegen muss?«
»Wer hat gleich noch gesagt, ich solle versuchen, mal lockerer zu werden, bevor ich mich endgültig in eine Ganzkörpergrimasse verwandle? Soweit ich mich entsinne, ein groß gewachsener Jedi mit zu viel Haar.« Jag nahm von Han einen Becher entgegen und schenkte dem älteren Mann ein dankbares Nicken, ehe er einen kleinen Schluck nahm.
Jaina warf Zekk und Jag einen mahnenden Blick zu. »Zurück zum Thema. Anstatt diesen Angriff von Alema als irgendeine neue Taktik zu sehen, als neues Teil des Puzzles, ist das Ganze vielleicht nichts anderes als ein alter Hut in neuem Gewand.«
Leia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, der ein metallisches Ächzen von sich gab. »Schieß los, Liebes.«
»Erinnert ihr euch noch, wie Jacen und Ben zu Brisha Syos Asteroid gereist sind? Ben musste gegen ein böses Mara-Phantom kämpfen.«
Han und Leia wechselten einen Blick. Han zuckte die Schultern. »Dann willst du sagen, dass wir gerade ein Phantom vor uns hatten?«
»Zumindest würde ein Phantom keine Fingerabdrücke hinterlassen, Dad. Ein Phantom könnte von einer Sekunde zur anderen aus einem versiegelten Raumfrachter verschwinden.«
Han schüttelte den Kopf. »Aber Brisha Syo ist tot. Ihre Mutter, Lumiya, ist tot.«
»Richtig, Dad. Aber uns erreichen Berichte, dass Alema jetzt ein Schiff fliegt, das Ähnlichkeit mit einer altertümlichen Sith-Meditationssphäre aufweist.«
Han sah erst seine Tochter und dann die Weinbrandflasche klagevoll an. »Oh, ehrwürdiger Brandy, warum hast du mich verlassen? Ich verstehe kein Wort von dem, was meine Tochter da redet.«
Jag lächelte. »Genau wie ihr Vater tendiert sie dazu, das eine oder andere wegzulassen, wenn sie ihre Gedanken darlegt.« Er winkte ab, um jeglichen Protest von Jaina im Keim zu ersticken. »Sie will damit sagen, dass Lumiya unseres Wissens zufolge die einzige Sith war, die in diesem Schlamassel mit drinsteckte. Und wir wissen, dass Alema mit ihr unter einer Decke steckte. Vermutlich hat Alema das Sith-Schiff von Lumiya geerbt. Aber was hat sie sonst noch geerbt? Vielleicht irgendeine Art seltsamer Sith-Machttechnik?« Er drehte seinen Becher zwischen den Fingern und nahm einen weiteren Schluck. »Abgesehen davon bin ich nicht einmal davon überzeugt, dass es tatsächlich eine Brisha Syo gab.«
Jetzt war es an Zekk, eine Augenbraue zu heben. »Wie meinst du das?«
Jainas Stimme war sanft, aber eindringlich. »Bleib bei der Sache, Jag.«
»Ich bin bei der Sache. Das mit Brisha Syo werde ich später erklären.«
Leia dachte nach. »Also, warum habe ich Alema gesehen, aber Waroo gefühlt?«
Ihre Tochter zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber ich nehme an, dass deine Entscheidung, sie nicht niederzumähen, instinktiv richtig war.«
»Sie wird diese Technik wieder einsetzen. Und je mehr Übung sie hat, desto besser wird sie werden.« Jag stellte seinen leeren Becher auf den Tisch und schüttelte den Kopf, als Han schweigend anbot, noch einmal nachzugießen. »Damit ist es zwingender denn je, dass wir sie finden. Besonders im Hinblick auf die Tatsache, dass sie die Hauptverdächtige des Mordes an Mara Jade Skywalker ist. Es wäre unklug zuzulassen, dass der Großmeister immer mehr und mehr Ressourcen darauf verwendet, sie zur Strecke zu bringen, nicht jetzt, wo der Bürgerkrieg immer blutiger und immer komplizierter wird. Die Jedi werden anderswo gebraucht.«
Han nickte. »Dann braucht ihr also … Colonel Solos Raumfähre. Die, die er für die Reise zu diesem Asteroiden benutzt hat.«
Jag schaute zweifelnd drein. »Brisha Syo – oder Lumiya – hätten niemals zugelassen, dass die Fähre mit dem richtigen Kurs zur Position des Asteroiden wieder abfliegt.«
Han grinste. »Bloß weil du noch jung bist, heißt das nicht, dass du auch dämlich sein musst, Jag. Klar, wir können davon ausgehen, dass sie die Koordinaten im Speicher des Shuttles manipuliert hat. Also muss man die Daten genauer unter die Lupe nehmen. Die Menge an verbranntem Treibstoff beispielsweise, die pro Schubmanöver auf den Milliliter genau registriert wird. Wie lange jeder Hyperraumsprung gedauert hat. Wie viel Zeit nach dem Verlassen des Hyperraums verging, bis das Hyperkom des Schiffs Funkverkehr empfing, um das dann mit dem exakten Zeitpunkt zu vergleichen, an dem die Nachrichten losgeschickt wurden.«
Jag dachte darüber nach und pfiff leise. »Um solche Daten zu verarbeiten, brauchen wir aber leistungsfähige Computer und Entschüsselungsprogramme.«
»Mach dir darum mal keine Gedanken, Söhnchen. Talon Karrde oder Booster Terrik werden uns damit versorgen, falls es sonst keiner tut. Aber als Erstes müssen wir an Bord gelangen …« Han versuchte, sich daran zu hindern, eine Grimasse zu ziehen, doch es gelang ihm nicht – zumindest nicht ganz. »An Bord der Anakin Solo. Um die Raumfähre des Colonels in die Finger zu bekommen. Planungssitzung?«
Jag nickte. »In ein paar Stunden. In der Zwischenzeit können Sie sich ja an Ihr Komlink klemmen und uns diese Computerzeit beschaffen. Fürs Erste brauchen wir aber alle eine gewisse Auszeit fürs Hirn. Zekk und Jaina wollten ein bisschen Lichtschwerttraining machen, um gewappnet zu sein, wenn wir Alema schließlich gegenüberstehen.«
»Zwei Stunden.« Han erhob sich, beugte sich vor, um seine Frau zu küssen, und marschierte auf den Falken zu. Er fühlte sich etwas besser als vorhin zu Beginn der Unterhaltung – besser, weil die Dinge jetzt ein wenig mehr Sinn ergaben; besser, weil er jetzt eine Aufgabe hatte.
Dann ließ ihn sein gestörtes Sehvermögen über den Sockel der Einstiegsrampe stolpern, wie um ihn daran zu erinnern, dass noch nicht alles wieder im grünen Bereich war.
Kurz darauf gingen auch Jaina und Zekk. Leia überlegte, sich ihnen anzuschließen, um etwas zusätzliches Training zu bekommen, beschloss jedoch, dass sie für einen Tag genügend Lichtschwertpraxis gehabt hatte.
Jag musterte Hans Stuhl einen Moment lang, ehe er darin Platz nahm. Er schaute Leia an, und seine Haltung war so steif wie eh und je. »Verraten Sie keinem, dass ich das hier mache.«
»Dass du was machst?«
Langsam, methodisch lehnte er sich zurück und lümmelte sich Han-Solo-mäßig hin. Sobald sein Rücken mit der Rückenlehne des betagten Stuhls abschloss, legte er seinen Ellbogen auf den Tisch und stützte mit einer Hand seinen Kopf ab.
Leia lachte auf. »Und? Wie ist es?«
»So ungemütlich, dass mir die Worte fehlen. Wie hat Ihr Mann es bloß geschafft, in all diesen Jahren keinen Rückenschaden zu erleiden?«
»Dickköpfigkeit.«
»Das hat Jaina zweifellos von ihm geerbt. Die Dickköpfigkeit, meine ich. Nicht die schlechte Körperhaltung.«
»Ihre Haltung hat sie von meiner Seite der Familie – in jeder Hinsicht«, sagte Leia ruhig. »Wie meintest du das, als du eben angezweifelt hast, dass Brisha Syo überhaupt existiert hat?«
Jag atmete tief durch, ehe er antwortete. »Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich all die Fähigkeiten eines Sicherheitsermittlers wie Corran Horn besitze. Aber ich bin jedem gegenüber skeptisch, der bloß einen einzigen Zweck im Leben zu haben scheint und dann sofort stirbt.« Sein Blick schweifte in die Ferne, am Falken vorbei, an den Hangarwänden entlang, über die Rauchwolken und den brennenden Himmel von Kashyyyk hinaus. »Bevor sie auf Lorrd auftauchte, hatte niemand jemals von ihr gehört. Es ist uns gelungen, einige ihrer Bewegungen nachzuvollziehen, und wir haben eine einzige verstümmelte Nachricht, die andeutet, dass sie Lumiyas Tochter war. Sie starb – zumindest Jacen zufolge, der nie einen ausführlichen Bericht darüber vorgelegt hat, was auf dem Asteroiden vor sich ging und für Nachfragen nicht mehr zur Verfügung steht. Und das Einzige, wozu ihr Tod diente, war offenbar, Lumiya einen Grund dafür zu liefern, nach Coruscant zu kommen, sich Zugriff auf das Sicherheitssystem der Garde der Galaktischen Allianz zu verschaffen und Ben zu beschatten, der Brisha Syo möglicherweise getötet hat, möglicherweise aber auch nicht; erinnern kann er sich jedenfalls nicht daran. Das ist im Groben die Summe ihrer Existenz.« Er streckte eine gewölbte Hand aus, wie um einen herabfallenden Regentropfen aufzufangen. »Mehr ist da nicht. Für gewöhnlich hinterlassen die Leute mehr Spuren, mehr Erinnerungen an sich. Mir scheint es wahrscheinlicher, dass sie bloß eine Erfindung war. Eine Handlangerin oder eine alternative Identität von Lumiya selbst.«
Leia musterte ihn. Den Blick noch immer auf jenen fernen Ort gerichtet, schien sich Jag über ihre Gegenwart kaum im Klaren zu sein, und in seinen Augen sah Leia eine Kälte, eine Leere, die ihr zuvor nicht aufgefallen war.
»Jag, du hinterlässt Erinnerungen.«
Er schaute sie überrascht an. »Wie bitte?«