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Stille. Sie kann uns ganz zu uns selbst führen, aber auch beunruhigen. Sie kann Energie geben und Ruhe, aber auch Gefühle von Einsamkeit auslösen. Sie kann uns Vertrauen finden lassen in uns selbst, in andere und in Gott. Durch sie können wir lernen, wer wir wirklich sind. In persönlichen Texten erklärt Margot Käßmann, welche Bedeutung Stille in unserer heutigen Zeit hat und wie wir aus ihr Kraft schöpfen können.
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Seitenzahl: 42
Veröffentlichungsjahr: 2025
Neuausgabe 2025
Hermann-Herder-Str. 4, 79104 Freiburg
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Bei Fragen zur Produktsicherheit wenden Sie sich an [email protected]
Umschlaggestaltung: Sabine Hanel, Gestaltungssaal
Umschlagmotiv: © Niels Starnick / Bild am Sonntag
E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN Print: 978-3-451-03585-2
ISBN EPUB: 978-3-451-83862-0
Vorwort
Stille hören
Stille werden in mir
Die Stille des Heiligen Raumes
Erwartungsvoll angespannte Stille
Stille Liebe
Konzentrierte Stille
Stille beim Pilgern
Ersehnte Stille
Stille der Betroffenheit
Klärende Stille
Schockstille
Heilsame Stille
Stille Menschen
Stillleben
Einsame Stille
Rückzug in die Stille
Stillstand
Stille der Nacht
Stille im Zentrum des Orkans
Musikalische Stille
Stille aushalten
Stille, die weh tut
Tröstende Stille
Stille mit vollbrachtem Tagewerk
Letzte Stille
Quellennachweise
Die Autorin
Über das Buch
»Durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein«, heißt es beim Propheten Jesaja (30,15).
Das ist ein interessanter Aspekt, finde ich. Stille kann ja Angst machen, Schockstarre auslösen. Und es ist schwer, in einer so lauten, umtriebigen Welt Stille zu finden. Da ist die eigene Unruhe, die ständige mediale Bespaßung, die Kommunikation über Handy, Notebook, Internet.
Manchmal ist Stille aber notwendig, um nachzudenken, Lösungen zu finden oder um sich selbst nicht zu verlieren. Viele Menschen suchen heute Klöster auf, weil sie Stille suchen.
In der Zeit der Coronakrise wurde es manchen allzu still. Sie haben Einsamkeit empfunden in der erzwungenen Abschottung, durch das Gebot, direkte Kontakte zu meiden.
Auch an das Stillen musste ich denken. Als ich eine meiner Töchter einmal mitten im Familienchaos stillte, sagte meine Mutter: »Stillzeit ist stille Zeit!« Erst habe ich mich geärgert und das als Vorwurf empfunden. Aber ich habe mir ihren Zwischenruf zu Herzen genommen und ab da versucht, aus der Zeit des Stillens wirklich eine stille, bewusste Zeit mit dem Kind zu gestalten. Eine schöne, intensive Erfahrung, ich bin heute noch dankbar für den Rat.
Gern bin ich auf die Anregung des Verlags Herder eingegangen, ein Buch zu diesem Thema zu gestalten. Ich wünsche mir sehr, dass dieses Buch Leserinnen und Leser ermutigt, zur Ruhe zu kommen, eigenes Nachdenken anregt, vielleicht auch etwas von der himmlischen Stille zeigt, nach der wir uns sehnen.
Ich danke Elke Rutzenhöfer für die Idee zu diesem Buch und das Lektorat
Margot Käßmann
Als ich mit meiner Tochter einmal Urlaub in einem kleinen Häuschen an der Elbe machte, sagte sie irgendwann überrascht: »Mama, hörst du, wie still das hier ist?« Eigentlich ein lustiger Gegensatz: Stille hören. Und doch habe ich es ganz ähnlich empfunden. Wir wohnten damals ziemlich zentral in Hannover über der Bischofskanzlei. Es war immer etwas los, sowohl im Haus, in dem neben der großen eigenen Familie über uns mein Referent mit seiner Familie lebte und unter uns die Büro- und Sitzungsräume frequentiert wurden. Da waren Stimmen, manchmal Gepolter, die Klingel der Haustür und das Klingeln des Telefons. Und draußen bildeten Autos und Menschen, das normale Leben der Stadt, eine Geräuschkulisse, die du irgendwann gar nicht mehr wahrnimmst.
Dort an der Elbe gab es: nichts. Keine Autos, keine Nachbarn. Und wir begannen, wirklich in die Stille zu hören. Das Ohr wird auf eine ganz neue Weise aufmerksam. Da raschelt vielleicht das Schilf. Direkt am Fluss kannst du das Wasser fließen oder den Storch fliegen hören – wenn du ganz genau hinhörst. Aber dafür musst du selbst still werden! Stille ist nicht absolute Geräuschlosigkeit.
Ein Kanon von Michael Hermes besteht nur aus drei Zeilen:
Schweige und höre.
Neige deines Herzens ans Ohr.
Suche den Frieden.
Ich habe erlebt, wie bei der stetigen Wiederholung des Textes zu einer alten englischen Melodie Ruhe entsteht. Wir lassen dabei los, weil wir aufhören, viel herumzudenken, sondern uns einlassen auf den Rhythmus. Und eben in diesem Schweigen ganz anderes hören. Damals an der Elbe den Fluss und die Störche, deren Töne wir vorher gar nicht wahrgenommen hatten. Und bei diesem Singen vielleicht wirklich unser Herz, das wir oft ignorieren. Auf jeden Fall kann Stille helfen, Frieden zu finden.
Und so vollendete Gott amsiebenten Tage seine Werke,die er machte, und ruhteam siebenten Tagevon allen seinen Werken,die er gemacht hatte.
1. Mose 2,2–3
In der christlichen Tradition ist die innere Stille Teil der Spiritualität. Innerlich still zu werden, um alle Ablenkung einmal auszublenden und ganz zu mir zu kommen, mich mit den existentiellen Fragen des Lebens zu befassen, ist eine gute Übung. Solches Schweigen meint nicht Feigheit oder Angst, sondern Meditation. Ich horche in mich hinein, um herauszufinden, was mich bewegt. Oder ich schweige, um Konzentration zu finden.
Bei mir selbst kenne ich ein Denken, Rennen, Tun, eine Geschäftigkeit, die mich völlig in Beschlag nimmt. Das macht mich oft glücklich, es ist schön, das alles zu können und zu dürfen. Aber es kommt immer wieder ein Punkt, an dem mir deutlich wird: Du musst zur Ruhe kommen. Du weißt ja gar nicht mehr, wohin du rennst, warum du etwas tust, womit du derart beschäftigt bist.