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Eltern sind heute mit großen Herausforderungen konfrontiert. Angesichts der Flut widersprüchlicher und verwirrender Informationen über Erziehung bietet das STEP-Elterntraining eine leicht erlernbare Methode. Sie hilft, Beziehungen zwischen Eltern und Kindern zu verbessern mit dem Ziel des gegenseitigen Respekts. Sie hilft Eltern, ihre Kinder zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. Forschungsergebnisse der Universität Bielefeld bestätigen, dass Eltern durch STEP das Vertrauen in ihre Fähigkeiten steigern und Überreaktionen und Dauerstress reduziert werden. Das Konzept und seine praktische Umsetzung stehen im Mittelpunkt des Buches.
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Seitenzahl: 190
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Eltern sind heute mit großen Herausforderungen konfrontiert. Angesichts der Flut widersprüchlicher und verwirrender Informationen über Erziehung bietet das STEP-Elterntraining eine leicht erlernbare Methode. Sie hilft, Beziehungen zwischen Eltern und Kindern zu verbessern mit dem Ziel des gegenseitigen Respekts. Sie hilft Eltern, ihre Kinder zu verantwortungsbewussten Menschen zu erziehen. Forschungsergebnisse der Universität Bielefeld bestätigen, dass Eltern durch STEP das Vertrauen in ihre Fähigkeiten steigern und Überreaktionen und Dauerstress reduziert werden. Das Konzept und seine praktische Umsetzung stehen im Mittelpunkt des Buches.
Barbara Ehrlich arbeitet als Diplompsychologin und Therapeutin mit Eltern, die Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder suchen, und mit Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensstörungen. Dabei arbeitet sie eng mit Kinderärzten, Psychiatern und anderen Fachleuten zusammen. Sie gibt STEP-Elternkurse und bildet STEP-Kursleiter aus. Darüber hinaus ist sie in der Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften tätig.
Barbara Ehrlich
STEP-Elterntraining
Wege zu erfüllten familiären Beziehungen
Eine praktische Einführung für Eltern und Fachleute
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
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1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © 2011 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany
Print: 978-3-17-021467-5
E-Book-Formate
pdf:
978-3-17-022816-0
epub:
978-3-17-028182-0
mobi:
Geleitwort
Einleitung
1 Prävention und die Bedeutung von Elterntraining
2 Überblick über STEP
2.1 Herkunft
2.2 Theoretische Grundlagen
2.3 Ziele des STEP-Elterntrainings
2.4 Arbeitsweise
2.5 Qualitätsmanagement bei STEP
3 Was brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung?
3.1 Ergebnisse der Präventionsforschung
3.2 Salutogenese
3.3 Bindungsforschung
3.4 Resilienz
3.5 Systemische Ansätze und neurowissenschaftliche Beiträge
3.6 Empowerment
4 Allgemeine Anforderungen an Elternkurse
5 Erwartungen und Probleme der Eltern
6 Das STEP-Konzept im Kontext der Entwicklungspsychologie und der Präventionsforschung
6.1 Wünschenswerte erzieherische Kompetenzen
6.2 Inhalte, Ziele und Nutzen der STEP-Kompetenzen
7 Externalisierende und internalisierende Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen
7.1 Externalisierendes Verhalten
7.2 Internalisierendes Verhalten
7.3 Fazit
8 Elternkurse in verschiedenen Settings
8.1 STEP im Bereich Erziehungshilfe (STEP HZE plus)
8.2 STEP Tandem
8.3 STEP Duo
9 Ergebnisse der Bielefelder Evaluation (BEEP)
Literatur
Therapeutische Adressen
Weitere Informationen
Über die Autorin
Durch die Vielzahl der in den letzten Jahren entstandenen Elternkurse ist es nicht nur für Eltern, sondern auch für Fachleute aus den Bereichen Psychologie, Medizin und Pädagogik oft schwer zu wissen, welches Angebot für sie am besten geeignet ist – als potenzielle Teilnehmer bzw. als Ratgebende für Patienten, Klienten oder Eltern der Kinder. Barbara Ehrlich schafft Klarheit und Transparenz in diesem Dickicht, indem sie Anforderungen an Elternkurse bzw. Kriterien für die Bewertung der Qualität formuliert. Darüber hinaus liegt ihr bei ihrer Tätigkeit als Diplompsychologin seit langem der interdisziplinäre Ansatz am Herzen. Sie weiß aufgrund jahrelanger erfolgreicher Zusammenarbeit mit Ärzten, Kinder- und Jugendpsychiatern und Pädagogen und auch dadurch, dass sie seit Jahren STEP-Kurse anbietet, um die Bedeutung der gegenseitigen Befruchtung zwischen verschiedenen Professionen und Ansätzen. Auf der Basis dieser vielfältigen Erfahrungen ist es ihr im vorliegenden Buch gelungen, eine Brücke zwischen den Disziplinen zu schlagen. Sie hat die Verbindung hergestellt zwischen STEP und den Erkenntnissen der Präventionsforschung, der Entwicklungspsychologie und der Gesundheitsforschung, der Salutogenese, der Bindungs- und der Resilienzforschung, sowie dem systemischen Ansatz, den jüngsten neurobiologischen Erkenntnissen und dem sogenannten Empowerment. Wir gratulieren Barbara Ehrlich zur erfolgreichen Umsetzung ihres Anliegens!
Unter Einbeziehung der Komponenten der Erziehungskompetenz, die von Ulrike und Franz Petermann (2006) herausgearbeitet wurden, gibt die Autorin auch eine Übersicht über die Inhalte und Ziele des STEP-Elterntrainings und des Nutzens der angestrebten Kompetenzen. Die anschaulichen, detailliert aus psychologischer Sicht kommentierten Beispiele aus der Praxis machen die positiven Auswirkungen des STEP-Programms – sowohl für Laien als auch für Experten – leicht nachvollziehbar. Die Autorin erreicht, dass sich Eltern ernst genommen, verstanden und wertgeschätzt fühlen und auch Experten professionell und motivierend angesprochen werden. Stets hat sie das Ziel vor Augen, dass Elterntraining als wirkungsvolle Hilfe zur Selbsthilfe erkannt und als solche von Familien und Experten in Anspruch genommen wird. Schließlich geht auch ein Appell an Politiker, Elterntraining als nachhaltige Maßnahme durch entsprechende gesetzliche Verankerung anzuerkennen und zu unterstützen.
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation von STEP durch Professor Dr. Klaus Hurrelmann von der Universität Bielefeld (gefördert durch das BMBF im Rahmen der Präventionsforschung) werden überzeugend in den vorliegenden Band Eltern und Fachleute mit einbezogen – sowohl bezüglich der Wirksamkeit des STEP-Elterntrainings als auch der Inanspruchnahme von STEP-Kursen, die in verschiedenen Settings mit unterschiedlichen Anforderungen (Kindertagesstätte, Schule, Erziehungshilfebereich) angeboten werden. Wir begrüßen das Fazit der Autorin: „Die Zusammenarbeit zwischen Eltern und professionell Erziehenden in Krippe, Kindergarten, Hort und Schule kann maßgeblich dazu beitragen, dass die Herausforderung, Kinder zu erziehen, mit Freude gelingt und dass durch Kooperation und Vernetzung mehr Eltern integriert werden können, die bisher kaum Zugang zu einem Erziehungskurs gefunden haben.“ All dies ist ganz im Sinne unserer Vision, die schon vor zwölf Jahren am Anfang unserer Arbeit mit STEP in Deutschland stand: dass Eltern und Pädagogen zum Wohl der Kinder an einem Strang ziehen.
Trudi Kühn und Roxana Petcov
Die Diskussion über die richtige Erziehung gibt es schon lange, und sie ebbt nicht ab. Väter und Mütter wollen gute Eltern sein. Sie möchten ihre Kinder zu glücklichen und lebenstüchtigen Kindern erziehen und mit Freude auf die Entwicklungsschritte ihrer Kinder blicken können. Angesichts einer hohen Zahl von als verhaltensauffällig diagnostizierten Kindern, die ihre Störungen im Laufe der Entwicklung nicht überwinden und ein hohes Risiko tragen, im Erwachsenenalter ernsthafte psychische Erkrankungen zu entwickeln, werden Forderungen nach Präventionsmaßnahmen immer lauter. Als „tickende Zeitbombe“ wird der psychische Zustand unserer Jugend oft dramatisierend bezeichnet. Schätzungen zufolge leiden etwa vier Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland jährlich unter einer psychischen Störung. Durch die gesellschaftlichen Veränderungen, den Wandel der Erziehungsvorstellungen und die Veränderung der elterlichen Rollenvorgaben ist es zu einer der schwierigsten Herausforderungen unserer Zeit geworden, Kinder zu erziehen.
Individualisierung, fehlende Vorbilder, das Nebeneinander verschiedener Werte durch Migration und Globalisierung, der Leistungsdruck in Schule und Beruf haben zu sehr hohen Anforderungen an Familien geführt. Die gesellschaftliche Diskussion über Erziehungsthemen und die Präsenz des Themas in den Medien haben den Erwartungsdruck auf Väter und Mütter enorm erhöht. Immer mehr Eltern fühlen sich überfordert und hilflos. Die traditionellen Vorstellungen von Erziehung helfen nicht mehr, und die zahllosen Informationen in den Medien, die Angebote von Beratungsstellen, Jugendämtern und Erziehungsratgebern führen bei Eltern oft nur zu mehr Irritation darüber, ob sie ihre Kinder richtig und gut genug erziehen. Der Anspruch, perfekt zu sein und in der Erziehung keine Fehler machen zu dürfen, belastet immer mehr Eltern. Die veränderten Lebensformen bringen andere Anforderungen an die Gestaltung des Alltags mit sich als noch vor 30 Jahren.
Eine alleinerziehende Mutter zum Beispiel, die morgens um sechs Uhr ihre drei Kinder im Alter zwischen drei und sieben Jahren wecken muss, um sie kurz vor acht in Kindergarten und Schule abgeben zu können, damit sie danach selbst pünktlich an ihrem Arbeitsplatz erscheinen kann, sehnt sich nach einem konfliktfreien und harmonischen Ablauf am Morgen. Wie soll sie damit umgehen, dass der Dreijährige sich nicht alleine anziehen will, die Vierjährige darauf besteht, ein Sommerkleid anziehen zu wollen, obwohl es das Wetter nicht zulässt, und dem Siebenjährigen erst jetzt einfällt, dass er Wollreste mit in die Schule bringen soll? Zeitdruck, Erschöpfung und das Gefühl, für alles allein verantwortlich zu sein, führen zu einer chronischen Überforderungssituation. Diese Mutter möchte, wie die meisten anderen Mütter auch, die unter Bedingungen leben, in denen sie wenig Unterstützung erfahren, eine gute Mutter sein. Sie möchte sich liebevoll ihren Kindern zuwenden, genügend Zeit mit ihnen verbringen können und Freude und Spaß mit ihnen haben, statt jeden Morgen die gleichen nervenaufreibenden Konflikte zu erleben, die die Beziehung zwischen Mutter und Kindern nachhaltig belasten.
Bei meiner Mitarbeit als Psychologin in einer kinderärztlichen Praxis habe ich mir früher oft gewünscht, den Eltern eine Möglichkeit bieten zu können, die alltäglichen Sorgen und Probleme gemeinsam mit anderen zu besprechen; und ein wissenschaftlich evaluiertes Konzept, das den Eltern hilft, in Erziehungsfragen sicherer zu werden, damit sie sich den Herausforderungen besser gewachsen fühlen. Denn sehr viele der Eltern, die psychologische oder therapeutische Unterstützung suchten, kamen nicht nur wegen Fragen, die sich aus der Bewältigung chronischer Krankheiten ergaben oder wegen häufiger Kopf- oder Bauchschmerzen ihrer Kinder oder wegen der Schwierigkeiten bei der Sauberkeitserziehung. Sie kamen auch mit ganz alltäglichen, für sie schwierigen Erziehungsproblemen: „Sind die Trotzanfälle in diesem Alter eigentlich noch normal?“ – „Mein Kind will nur bestimmte Speisen essen.“ – „Der ständige Streit unter den Geschwistern belastet mich sehr.“ – „Der Lehrer meint, mein Kind habe ADS.“ – „Mein Mann und ich haben uns getrennt, jetzt möchten wir nichts falsch machen und haben Sorge, dass unsere Kinder zu sehr leiden.“
Der Wunsch nach Entlastung von Stress, nach Reduzierung von Unsicherheit oder der Wunsch nach harmonischeren familiären Beziehungen wurde von sehr vielen Eltern als Motiv für die Inanspruchnahme psychologischer Hilfe genannt. Die meisten Eltern hätten sich aber gescheut, Hilfe in einer Erziehungsberatungsstelle aufzusuchen. Das wäre eine zu große Hürde gewesen. Ein Gesprächsangebot in den Räumen ihrer Kinderarztpraxis konnten die Eltern leichter annehmen.
Die Ähnlichkeit der geschilderten Probleme und die Überzeugung, dass Eltern in einer Gruppe gegenseitige Unterstützung und ganz praktische Hilfe zur Selbsthilfe bekommen sollten, veranlassten mich dazu, nach einem geeigneten Elternedukationsprogramm zu suchen. Als ich schließlich im Jahr 2003 das STEP-Elterntraining kennenlernte, war ich sofort begeistert und konnte endlich den Eltern genau das anbieten, was meiner inneren Überzeugung hinsichtlich der Bedeutung der Beziehung und dem Zusammenwirken von Verhalten und Haltung in der Kindererziehung entspricht. Inzwischen habe ich viele positive Erfahrungen mit STEP gemacht, als Kursleiterin in Elternkursen, als Co-Trainerin bei der Ausbildung von Kursleitern und als Seminarleiterin bei der Weiterbildung für Erzieherinnen. Meine Begeisterung für STEP und der Wunsch, das Programm bekannter zu machen, sind Antrieb für dieses Buch. Mein Anliegen ist es, das STEP-Elterntraining ausführlich darzustellen, die Besonderheiten herauszustellen, bei Eltern die Hemmschwelle für den Besuch eines Elterntrainings zu reduzieren und sie vom Nutzen des STEP-Programms zu überzeugen.
Dieses Buch soll vorrangig als Information und Entscheidungshilfe bei der Suche nach einem passenden Elternkurs dienen. Es richtet sich sowohl an Eltern als auch an Fachleute, die ihnen die Teilnahme an einem Elternkurs empfehlen wollen. Im ersten Teil des Buches soll kurz der theoretische Hintergrund von STEP dargestellt und danach analysiert werden, ob das Konzept und die Ziele des Trainings mit den Ergebnissen der Präventionsforschung und mit den Bedürfnissen und Erwartungen der Eltern im Einklang stehen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Frage, ob die Ziele des STEP-Elterntrainings sich verändern sollen, abhängig davon, ob es sich um Verhaltensstörungen handelt, die üblicherweise als externalisierend oder als internalisierend bezeichnet werden. Es wird davon ausgegangen, dass sich alle Eltern eine Verbesserung der intrafamiliären Beziehungen wünschen und dass das STEP-Elterntraining auch bei gravierenden Verhaltensstörungen geeignet ist, den Umgang miteinander nachhaltig zu verbessern. Eine Zusammenfassung unterschiedlicher Erfahrungen mit STEP in verschiedenen Settings bildet den Schluss des Buches.
Fragt man Eltern, so ist der Wunsch nach Unterstützung und nach Erziehungsratschlägen groß. Die Flut an sich zum Teil widersprechenden Ratschlägen im Internet, in Zeitschriften und Büchern verstärken das Gefühl der Überforderung und Verunsicherung. „Du musst konsequenter sein!“ – „Ihr müsst euer Kind mehr loben!“ – „Richtet positive Spielzeiten ein!“ – „Der Medienkonsum ist schuld!“ So hören es viele Eltern von Lehrern, Erziehern, Nachbarn und Verwandten und fragen sich, was sie in der Erziehung bloß alles falsch machen. Nicht selten haben Eltern den Anspruch, perfekt zu sein oder alles unter Kontrolle zu haben. Auch die in unserer Gesellschaft bestehenden Forderungen nach Eigenverantwortlichkeit, nach Effektivität und danach, immer gut „funktionieren“ zu müssen, verursachen zunehmendes Stresserleben. Selbstwertzweifel, Ohnmachtsgefühle oder chronische Unzufriedenheit und Verärgerung stellen sich ein, denn die von Eltern meist unreflektierten Vorstellungen über sich selbst, ihre Elternrolle und das Zusammenleben mit ihren Kindern passen oft nicht zur erlebten Realität, in der das Kind jeden Tag erneut beim Anziehen bummelt, nicht aufräumen will oder nicht von der Playstation wegzubringen ist.
Der Wunsch nach Entlastung und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen in dem Bewusstsein, dass die Erfahrungen der ersten Lebensjahre für die weitere Entwicklung ihrer Kinder einen entscheidenden Einfluss haben, löst bei vielen Eltern die Absicht aus, an einem Elterntraining teilzunehmen. Aber wie soll eine alleinerziehende Mutter die Zeit aufbringen, wo im Haushalt schon so viel unerledigt bleibt? Wie soll sie einen Babysitter finden? Wie die Kosten aufbringen bei ihren finanziellen Nöten? Wo und wie findet sie ein für ihren Bedarf angemessenes Angebot?
Die Teilnahme an einem Elternkurs wird in solchen Erziehungssituationen zwar erwogen, aber zuviel Scham und Schuldgefühle verhindern häufig eine Anmeldung. So äußern Eltern beispielsweise: „Klasse, dass es so was gibt, das ist sicher sehr hilfreich“, um dann hinzuzufügen, dass sie selbst aber keinen Kurs benötigen.
Wenn Zeit, Ort und Kosten von Elternkursen jedoch die Teilnahme schon von vornherein verhindern, weil die Möglichkeiten der jeweiligen Zielgruppe nicht ausreichend berücksichtigt werden, wird die Chance vertan, dass die Teilnehmer in ihrer Elternrolle gestärkt werden und sie lernen können, mit den Herausforderungen der Kindererziehung sicherer umzugehen. Eltern brauchen gesellschaftliche Rahmenbedingungen, in denen sie ihre Erziehungsaufgabe besser wahrnehmen können. Dazu gehört auch, dass Elternkurse in Settings angeboten werden, in denen auch diejenigen Erziehenden erreicht werden können, die weniger Ressourcen haben als gut ausgebildete, in sicheren sozialen Verhältnissen lebende Eltern.
Das zunehmende Problembewusstsein der letzten Jahrzehnte hat aber auch positive Folgen: Kinder mit ihren individuellen Persönlichkeiten, ihren Bedürfnissen und Wünschen bekommen mehr Aufmerksamkeit, Achtung und Respekt. Verbunden mit der Zuwendung und Liebe ihrer Eltern, haben sie psychosoziale Kompetenzen entwickeln können, die sie widerstandsfähiger machen, um den gesellschaftlichen Forderungen nach beständigem Fitsein und Funktionieren standhalten zu können. Selbstbewusstsein, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität und Konfliktlösungskompetenz sind Eigenschaften von hohem gesellschaftlichem Wert. Da ist der Wunsch nach Erziehungsoptimierung, der gerade in der Mittelschicht zu beobachten ist, nur verständlich. Das Bedürfnis nach schnellen Ratschlägen und einfachen Antworten hat jedoch auch solche Erziehungskurse auf den Markt gebracht, die keine Prüfung hinsichtlich Qualität und Effektivität erfahren haben.
Erziehung gelingt nicht nach Rezept. Wenn Erziehende bereit sind, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, mit ihren Gefühlen, Wertvorstellungen und der Haltung dem Kind gegenüber, haben sie Chancen, eine erfüllende, tragfähige Beziehung zu ihren Kindern zu entwickeln und Kinder zu erziehen, die die Herausforderungen und Lasten einer sich rasch ändernden Gesellschaft annehmen können.
Neben der absichtsvollen Beeinflussung von Kindern findet immer Erziehung im Sinn wechselseitiger Beeinflussung durch Interaktion statt. In diesem Sinn ist Erziehung immer Beziehung. Meist im Unbewussten vorhandene Vorstellungen und Erwartungen darüber, wie Kinder sich entwickeln und wie sie werden sollen, bedingen das Verhalten der Erwachsenen dem Kind gegenüber und führen zu entsprechenden Reaktionen, die dann wieder auf die Erziehenden zurückwirken. Erziehung ist also zu verstehen als dialogische Begegnung. Das Kind ist Subjekt, es ist keinem bestimmten, von anderen festgelegten Verhalten ausgeliefert, sondern bestimmt die Wirksamkeit einer erzieherischen Maßnahme selbst mit.
Das Kind gibt dem Verhalten eine Bedeutung, einen meist unbewussten Sinn und reagiert entsprechend. So entstehen Muster von wechselseitiger Interaktion. Erziehende und Kinder erfinden einen Raum von Möglichkeiten, in dessen Rahmen sie ihre Beziehung aktiv gestalten. Das geschieht nicht unabhängig von Gesellschaft und Kultur. Nicht nur psychosoziale Bedingungen wie Armut, Wohnverhältnisse und Bildungsdefizite können es erschweren, als Eltern Verantwortung für die Erziehung der Kinder zu übernehmen, auch in der Mittel- und Oberschicht gibt es erhebliche Probleme in der Kindererziehung. Gesellschaftliche Bedingungen sind für den Einzelnen nur langsam und schwer zu verändern, daher ist es sinnvoll und notwendig, an der Verbesserung der Erziehungskompetenz möglichst vieler Eltern anzusetzen.
„Man kann das Pferd zum Wasser führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen. Das Trinken ist seine Sache. Aber selbst, wenn das Pferd durstig ist, kann es nicht trinken, wenn man es nicht zum Wasser führt.“
Dieser Gedanke von Gregory Bateson zeigt, dass wir bei unserer Erziehungsabsicht die Autonomie und Selbstverantwortung des anderen berücksichtigen müssen, aber auch Gelegenheiten bereitstellen sollen, damit gute und passende Lernerfahrungen gemacht werden können.
Elternbildungsprogramme zur Stärkung der Erziehungskompetenz werden bereits seit Jahren zum Beispiel in den USA und in Großbritannien in größerer Zahl angeboten und dort selbstverständlicher in Anspruch genommen. In Deutschland wird die flächendeckende Einführung von geeigneten Elterntrainingsprogrammen zum Schutz vor der Entstehung psychischer Störungen und als allgemeine Gesundheitsförderungsmaßnahme in letzter Zeit zunehmend gefordert. Seit etwa zehn Jahren hat sich die Zahl der verschiedenen Präventionsprogramme zur Elternedukation entscheidend erhöht. Die Zahl der Eltern, die bisher an einem solchen Programm teilgenommen haben, ist jedoch noch gering. Es wurden Programme für unspezifische Ziele wie die Verbesserung der seelischen Gesundheit oder spezifische Ziele wie die Prävention von Alkohol- und Drogenabhängigkeit und Rauchen entwickelt und evaluiert. Programme für sozial oder ökonomisch benachteiligte Gruppen wie alleinerziehende Mütter, Eltern mit Migrationshintergrund oder psychisch kranke Eltern sind in der praktischen Erprobung. Die Ergebnisse der Evaluation dieser Programme zeigen, dass die Familie eine ganz entscheidende Rolle bei der Entstehung und der Prävention von Störungen spielt. Familienkonflikte wurden in den Studien als ein bedeutender Faktor für die Entstehung psychischer Störungen identifiziert.
Die Resilienzforschung hat aber auch gezeigt, dass die Familie mit ihrem Zusammenhalt und der Qualität der Beziehungen ein bedeutender Schutzfaktor ist. Zuhören, auf Sorgen und Nöte eingehen sowie gemeinsames Erleben stärken den Aufbau eines positiven Selbstkonzepts bei Eltern und Kindern. Die Psychologie, die Sozialwissenschaften, die medizinische Forschung, insbesondere die Hirnforschung, und die Psychotherapieforschung haben verschiedene Einflussfaktoren herausgestellt, unter denen sich eine gesunde Entwicklung vollziehen kann. Das Wissen über die kindliche Entwicklung und die Bedingungen, unter denen das Erwachsenwerden mit Risiken behaftet ist, war nie so groß wie heute. Je nach theoretischem Hintergrund unterscheiden sich die Antworten auf die Frage, was Kinder für eine gesunde Entwicklung benötigen, nur in der Schwerpunktsetzung.
Meist werden die folgenden Aspekte genannt:
Verfügbarkeit von Bezugspersonen, Bindung als sichere Basis;
emotionale Wärme, Erfahrung von Kontinuität und Stabilität;
liebevolle Zuwendung, Wertschätzung und Respekt;
Sicherheit, Verlässlichkeit, verbindliche Grenzsetzung;
Anregung, Anleitung, Achtung.
Hierin stimmen Eltern überein. Ja, das wollen sie ihren Kindern geben. Die Frage ist nur: Wie kann man dies in Verhalten umsetzen? Woran können Kinder erkennen, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden? Einigen Eltern gelingt es nicht, ihre Erziehungsvorstellungen zu verwirklichen, weil sie ungeeignete Methoden anwenden oder weil sie selbst keine sichere Basis in sich (psychische Gesundheit) und um sich herum haben (gesunde Rahmenbedingungen). Der größte Teil der Eltern holt sich Rat in Erziehungsfragen im sozialen Nahraum, bei Freunden und den eigenen Eltern. Glücklicherweise funktioniert das noch immer. Die Erkenntnis, dass Elternsein gelernt werden muss, motiviert mehr und mehr Mütter und Väter, an Elternkursen teilzunehmen, ohne dabei den schamvollen Gedanken zu haben, dass sie eigentlich wissen sollten, wie man Kinder richtig erzieht.
Bisher ist noch zu wenig danach gefragt worden, wie die (fremdgesetzten) Ziele von Elterntrainings zu den Erwartungen und dem Bedarf von Eltern passen. Erhalten die Eltern tatsächlich die Unterstützung, die sie brauchen? Werden sie mit ihren Anliegen ernst genommen? Wer bestimmt, was Eltern brauchen? Selten wird danach gefragt, was für den Einzelnen bedeutsam ist. Es fehlt auch der Blick darauf, wozu das störende Verhalten der Kinder dient. Worin könnte der biologische, psychologische und soziale Sinn der als auffällig oder störend bewerteten Verhaltensweisen liegen? Was könnte der subjektive Nutzen oder Zweck eines Verhaltens sein? Die Perspektive des Kindes wird kaum eingenommen.
Einige Elternedukationsprogramme verfolgen das Ziel, dass die Kinder ihr störendes Verhalten aufgeben sollen. Die Methoden, die dazu eingesetzt werden, werden von Eltern als rigide empfunden. Ziele des Trainings werden nicht als ein gemeinsamer kooperativer Prozess angesehen, in welchem Eltern mithilfe der Erfahrung der anderen Teilnehmer und mithilfe des Fachwissens des Kursleiters über den Einsatz geeigneter Methoden versuchen, ihre individuellen Ziele zu erreichen. Es stellt sich die Frage, wie die Förderung und Unterstützung von Eltern aussehen könnten, damit diese ihre Erziehungsaufgaben hinreichend gut wahrnehmen können. Wie kann es Eltern gelingen, die Beziehungen zu ihren Kindern so zu gestalten, dass Kinder befähigt werden, ihre altersspezifischen Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und Lebenskompetenzen zu entwickeln, die dabei helfen, mit den komplexen Anforderungen gesellschaftlicher Rahmenbedingungen zurechtzukommen. Wenn Elternkurse positive Veränderungen bewirken sollen, dann müssen sie auf die soziale Herkunft ihrer potenziellen Teilnehmer, auf deren spezielle Lebenslagen abgestimmt sein und in der Schwerpunktsetzung flexibel auf die Interessen umschriebener Gruppen von Eltern eingehen können. Was für Eltern von sehr jungen Kindern eine erfolgreiche Strategie war, erweist sich eventuell bei Schulkindern als problematisch. Patchwork-Familien benötigen wiederum besondere Fähigkeiten, um mit den häufig auftretenden Loyalitätskonflikten umzugehen, und Mütter im Teenageralter brauchen andere Formen der Unterstützung als lebens- und erziehungserfahrene Eltern von vier Kindern.
STEP – Systematic Training for Effective Parenting (im Deutschen: Systematisches Training für Eltern und Pädagogen) – ist unter 500 Elterntrainings in den USA das bekannteste und am häufigsten genutzte Programm. Über vier Millionen Eltern haben seit 1976 an einem STEP-Elterntraining teilgenommen. Die Autoren von STEP, Don Dinkmeyer Sr., Gary D. McKay und Don Dinkmeyer Jr. (1976) haben Prinzipien der Humanistischen Psychologie und Grundlagen der Individualpsychologie in ein Konzept gefasst, das sich bis heute bewährt hat. 60 wissenschaftliche Untersuchungen haben den Erfolg eindeutig nachgewiesen. STEP wurde von den Autoren mehrfach aktualisiert und in mehrere Sprachen übersetzt.
Trudi Kühn und Roxana Petcov haben die amerikanischen Materialien (Buch und Video) übersetzt und für den deutschsprachigen Kulturraum adaptiert. Die Herausgeberinnen waren von der Notwendigkeit überzeugt, dass es solche Kurse auch in Deutschland geben sollte. In der heutigen Zeit ist es für Eltern eine besondere Herausforderung, Kinder zu erziehen, ob in den USA, Kanada, Frankreich, Spanien, Japan, in der Türkei oder anderswo. Diese Erkenntnis haben Trudi Kühn und Roxana Petcov dazu gebracht, sich dafür einzusetzen, dass Eltern durch gegenseitige Unterstützung in einer Atmosphäre der Ermutigung mit den Herausforderungen der alltäglichen Kindererziehung besser zurechtkommen können. Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung als Teilnehmerinnen eines STEP-Elternkurses mit Eltern unterschiedlicher Nationalitäten waren Trudi Kühn und Roxana Petcov davon überzeugt, dass die Anwendung der STEP-Prinzipien Eltern in vielen Kulturkreisen eine wertvolle und hilfreiche Unterstützung bieten kann.
Nachdem die nach dem Alter der Kinder differenzierten STEP-Bücher übersetzt waren und im deutschsprachigen Raum zur Verfügung standen, arbeiteten Trudi Kühn und Roxana Petcov an einem weiteren Baustein des STEP-Programms, der Weiterbildung für Erzieherinnen. Das auf die Bedingungen der vorschulischen Erziehung in deutschen Kindertageseinrichtungen ausgerichtete Training hat die Stärkung der Handlungskompetenz professionell Erziehender zum Ziel. Den Herausgeberinnen von STEP und Gründerinnen des InSTEP-Trainernetzwerks ist es ein großes Anliegen, auch Lehrern das STEP-Konzept nahezubringen. Ihrem Ziel, dass alle an der Erziehung Beteiligten zum Wohl der Kinder an einem Strang ziehen, werden Trudi Kühn und Roxana Petcov demnächst einen weiteren Schritt näher gekommen sein: Bald steht auch für die Berufsgruppe der Lehrer ein Buch zur Fort- und Weiterbildung zur Verfügung.