Sternenflut - David Brin - E-Book

Sternenflut E-Book

David Brin

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Beschreibung

Woher stammt unser Bewusstsein? Wohin führt unser Weg?

Die Zukunft. Mittels Gentechnologie haben die Menschen intelligente Tierarten, unter anderem Delfine, zu gleichberechtigten Spezies weiterentwickelt. Ebenso hat jede Spezies, die im Universum den Aufbruch in den Weltraum geschafft hat, dafür Hilfe von einer höher entwickelten anderen Spezies bekommen. Doch wer half den Menschen? Eine waghalsige Expedition macht sich auf, um Licht in das Dunkel der menschlichen Evolution zu bringen ...

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Seitenzahl: 788

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Das Buch

Die Zukunft. Inzwischen ist das Universum von zahlreichen intelligenten Lebensformen bewohnt, von denen jede einer anderen Spezies auf die nächste evolutionäre Stufe geholfen hat. Angefangen hat alles mit den Menschen, die, mittels Gentechnologie, Delfine zu sprachbegabten Wesen und damit zu einer gleichberechtigten Spezies gemacht haben. Doch woher kommen die Menschen selbst?Wer hat ihnen geholfen? Bisher konnte keine Zivilisation ausfindig gemacht werden, die als Pate der Menschheit infrage kommt. Als ein Raumschiff von der Erde auf einem abgelegenen Wasserplaneten notlandet, finden sich dort erste Hinweise auf den Entwicklungsprozess der Menschheit – Hinweise, die die Bedeutung des Menschen im Kosmos in ein völlig neues Licht rücken. Eine waghalsige Expedition macht sich auf, um das letzte Geheimnis des Universums zu ergründen …

»David Brin schreibt nicht einfach nur Romane, nein, er zündet ein Feuerwerk!« Washington Post

Der Autor

David Brin, 1950 im amerikanischen Glendale geboren, studierte Astronomie und Physik und arbeitete lange Jahre als Wissenschaftler und Dozent, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Mittlerweile gehört er zu den bedeutendsten amerikanischen Science-Fiction-Autoren der Gegenwart und erobert regelmäßig die Bestsellerlisten. Mit seinem zuletzt erschienen Roman Existenz ist ihm eine der eindrucksvollsten Zukunftsvisionen der Science Fiction gelungen. David Brin lebt in Südkalifornien.

DAVID

BRIN

Sternenflut

Roman

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Titel der amerikanischen Originalausgabe: Startide Rising

Deutsche Übersetzung von Rainer Schmidt

Redaktion: Alexander Martin

Copyright © 1983 by David Brin

Copyright © 2013 der deutschen Ausgabe und der Übersetzung

by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

Satz: Leingärtner, Nabburg

ePub-ISBN 978-3-641-09534-5

www.heyne-fantastisch.de

»Meinen eigenen

Progenitoren gewidmet …«

Inhalt

Glossar und Personen des Romans

Prolog

ERSTER TEIL

AUFTRIEB

1 Toshio

2 Galactics

3 Takkata-Jim

4 Creideiki

5 Tom Orley

6 Galactics

7 Toshio

8 Galactics

9 Aus Gillian Baskins Tagebuch

10 Metz

11 Creideiki und Orley

12 Galactics

13 Toshio

ZWEITER TEIL

STRÖMUNGEN

14 Dennie

15 Stenos

16 Galactics

17 Tom Orley

18 Gillian

19 Creideiki

20 Galactics

21 Dennie und Toshio

22 Creideiki

23 Gillian

24 Galactics

25 Tom Orley

26 Creideiki

27 Die Insel

DRITTER TEIL

DISSONANZ

28 Sah’ot

29 Takkata-Jim

30 Akki

31 Suessi

32 Galactics

33 Tom Orley

34 Creideiki

VIERTER TEIL

LEVIATHAN

35 Gillian

36 Akki

37 Suessi

38 Charles Dart

39 Makanee

40 Creideiki

41 Tom Orley

42 Toshio

43 Akki

44 Creideiki

45 Tom Orley

FÜNFTER TEIL

ERSCHÜTTERUNG

46 Sah’ot

47 Streaker

48 Takkata-Jim

49 Die PSI-Bombe

50 Streaker

51 Tom Orley

52 Akki

53 Moki

54 Keepiru

55 Charles Dart

56 Sah’ot

57 Dennie und Toshio

58 Galactics

59 Creideiki

60 Gillian

61 Hikahi und Suessi

62 Exilanten

63 Tom Orley

SECHSTER TEIL

VERSTREUT

64 Creideiki/Sah’ot

65 Gillian

66 Akki

67 Keepiru

68 Tom Orley

69 Toshio

70 Hikahi

71 Charles Dart

72 Streaker

SIEBTER TEIL

DIE NAHRUNGSKETTE

73 Akki

74 Keepiru

75 Hikahi

ACHTER TEIL

DAS ›TROJANISCHE SEEPFERD‹

76 Galactics

77 Toshio

78 Tom Orley

79 Galactics

80 Aus Gillian Baskins Tagebuch

81 Charles Dart

82 Tom Orley

83 Gillian

84 Hikahi/Keepiru

85 Gillian

86 Toshio

87 Gillian

88 Toshio

89 Gillian

90 Creideiki

91 Tom Orley

NEUNTER TEIL

AUFSTIEG

92 Dennie & Sah’ot

93 Takkata-Jim & Metz

94 Streaker

95 Toshio

96 Tom Orley

97 Das Skiff

98 Tom Orley

99 Gillian

100 Toshio

101 Galactics

102 Streaker

103 Tom Orley

104 Galactics

105 Das Skiff

ZEHNTER TEIL

EKSTASE

106 Toshio

107 Takkata-Jim

108 Streaker

109 Takkata-Jim

110 Streaker

111 Tom Orley

112 Takkata-Jim

113 Streaker

114 Galactics

115 Streaker

116 Galactics

117 Takkata-Jim

118 Streaker

119 Galactics

120 Streaker

121 Galactics

122 Streaker

123 Galactics

124 Tom Orley

125 Das Skiff

Epilog

Post Scriptum

Glossar und Personen des Romans

AKZEPTOR: Angehöriger einer Klientenrasse der Tandu, PSI-Adept.

AKKI: Ein Delfin-Kadett von Calafia.

BEIECHOHOOAN (Bei Tschouhuan): Eine synthianische Spionin.

BIBLIOTHEK: Das Informationsreservoir, das die galaktische Gesellschaft zusammenhält. Ein komplexes Archiv des Wissens, das seit dem Zeitalter der Progenitoren akkumuliert wird.

BROOKIDA (BRUKIDA): Ein Delfin-Metallurg.

BASKIN, GILLIAN: Ärztin und Agentin des Rates der Terragenen; Produkt human-genetischer Manipulationstechnik.

BRÜDER DER NACHT: Eine galaktische Patronatsrasse.

CALAFIA: Eine von Menschen und Delfinen bewohnte Koloniewelt.

CREIDEIKI: Delfin, Captain der Streaker.

D’ANITE, EMERSON: Menschlicher Ingenieur, Besatzungsmitglied der Streaker.

DART, CHARLES: Neo-Schimpanse, Planetologe.

EPISIARCH: Angehöriger einer Klientenrasse, durch Dienstkontrakt den Tandu verpflichtet; PSI-Adept.

›FIN‹: Fachterminus für ›Neo-Delfin‹ (Plural: ›Fins‹ oder ›Fen‹)

›FEM‹: Anglische Bezeichnung für weibliche Menschen.

GALACTICS: Die älteren raumfahrenden Spezies, die zusammen die Gesellschaft der Fünf Galaxien bilden. Viele von ihnen sind Patronatsrassen und haben teil an den uralten Traditionen des Liftens.

GUBRU: Pseudo-avianische Galactic-Rasse, den Menschen gegenüber feindselig eingestellt.

HAOKE: Ein Tursiops-Neo-Delfin.

HERBIE: Die Mumie eines antiken Raumfahrers unbekannter Herkunft.

HEURKA-PETE (Hiurka-Piet): Ein Stenos-Neo-Delfin.

HIKAHI: Ein weiblicher Neo-Delfin, dritthöchster Offizier an Bord der Streaker.

IFNI: Die Unendlichkeit (›Infinitas‹), Göttin des Glücks.

IWASHIKA, TOSHIO: Mensch, Kadett von der Koloniewelt Calafia.

IKI: Eine uralte Insel des Todes und derVernichtung.

KANTEN: Eine der wenigen galaktischen Spezies, die den Menschen gegenüber unverhohlen freundlich sind.

KARRANK% (Korrekte Aussprache für Menschen unmöglich): Galaktische Spezies, die im Laufe ihres Dienstkontraktes als Klientenrasse so gründlich modifiziert wurde, dass sie dem Wahnsinn verfiel.

KENEENK: Eine Schule der Disziplin, die logisches Denken nach menschlicher Art und das Erbteil des Wal-Traumes miteinander kombiniert.

KEEPIRU (KIPIRU): Erster Pilot der Streaker; stammt vom Planeten Atlast.

KIQUI: Amphibische, präintelligente Lebewesen, Eingeborene des Planeten Kithrup.

KLIENT: Eine Spezies, die ihre volle Intelligenz dem genetischen Lifting durch ihre Patronatsrasse zu verdanken hat. Eine Klientenspezies mit Dienstkontrakt ist eine, die ihre daraus entstandene Schuld noch abarbeitet.

K’THA-JON: Unteroffizier der Streaker, Spezialvariante der Gruppe Stenos-Neo-Delfin.

KRAT: Commander der Soro-Streitkräfte.

LIFTING: Ein gentechnisches Aufzuchtverfahren, mit dem ältere raumfahrende Rassen neue Spezies in die Kultur der Galactics einführen. Als Bezahlung für diese Gunst verpflichtet sich die ›geliftete‹ Klientenspezies ihrem Patron durch einen Dienstkontrakt.

MAKANEE: Weiblicher Neo-Fin, Schiffsärztin an Bord der Streaker.

›MEL‹: Im Anglischen spezifische Bezeichnung für männlichen Menschen.

METZ, IGNACIO: Lifting-Experte an Bord der Streaker.

NISS-MASCHINE: Ein pseudointelligenter Computer, der Thomas Orley von Tymbrimi-Agenten leihweise überlassen worden ist.

ORLEY, THOMAS: Agent des Terragenen-Rates; Produkt leichter gentechnischer Manipulationen.

PILA: Galaktische Patronatsrasse,Angehörige des Soro-Klans und den Menschen gegenüber feindselig eingestellt.

PRIMAL: Die Halb-Sprache der natürlichen, unmodifizierten Delfine auf der Erde.

PROGENITOREN: Die mythische erste Spezies, die vor mehreren Milliarden Jahren die Galaktische Kultur und die Bibliothek etablierte.

SAH’OT: Ein Stenos-Neo-Delfin, Linguist an Bord der Streaker, Zivilist.

SEICHTER STERNENHAUFEN: Ein selten besuchter, unbewohnter, kugelförmiger Sternenhaufen, in dem die Verlassene Flotte entdeckt wurde.

SORO: Eine alte galaktische Patronatsrasse, der Erde gegenüber feindselig eingestellt.

STENOS: Terminus für Neo-Fins, deren Gene Elemente des natürlichen Stenos bredanensis-Delfins enthalten.

STENOS BREDANENSIS: Eine natürliche Unterart von Delfinen auf der Erde.

SUDMAN, DENNIE: Eine menschliche Exobiologin.

SUESSI, HANNES: Ein menschlicher Ingenieur.

SYNTHIER: Den Menschen gegenüber freundliche galaktische Spezies.

TANDU: Militante galaktische Spezies. Der Erde gegenüber feindselig eingestellt.

TAKKATA-JIM: Stenos-Neo-Fin, Vize-Captain der Streaker.

THENNANIN: Militante galaktische Spezies.

TSH’T (TISCHUT): Weiblicher Neo-Fin, Vierter Offizier der Streaker.

TURSIOPS:Fachterminus für Neo-Fins ohne Stenos-Genmaterial.

TURSIOPS AMICUS: Moderner Neo-Delfin (›Freundliche Flaschennase‹).

TURSIOPS TRUNCATUS: Natürlicher Flaschennasen-Delfin auf der Erde.

TYMBRIMI (TIMBRAIMI): Galactics, freundlich gegenüber Terranern, bekannt wegen ihrer Cleverness.

VERLASSENE FLOTTE: Eine Flotte steuerlos treibender Raumschiffe von gewaltiger Größe; bis zu ihrer Entdeckung durch die Streaker lange Zeit unbemerkt.

WATTACETI: Ein Neo-Fin, Unteroffizier auf der Streaker.

Prolog

AUS GILLIAN BASKINSTAGEBUCH

Die Streaker hinkt wie ein Hund auf drei Beinen.

Gestern haben wir einen heiklen Sprung mittels Overdrive riskiert, nur einen Schritt vor den Galactics, die uns auf den Fersen waren. Die eine Wahrscheinlichkeitsspule, die die Morgran-Schlacht überstand, hat geächzt und gemeutert, aber schließlich hat sie uns doch hierher befördert, in den seichten Gravitationsschacht eines Zwergsterns der Populationsklasse II namens Kthsemenee.

Die Bibliothek verzeichnet eine bewohnbare Welt im Orbit, den Planeten Kithrup.

Wenn ich ›bewohnbar‹ sage, so ist dies mit einigem Wohlwollen verbunden. Toni, Hikahi und ich haben zusammen mit dem Captain stundenlang nach Alternativen gesucht. Dann hat Creideiki sich entschlossen, uns hierherzubringen.

Als Ärztin denke ich mit Grauen daran, auf einem Planeten zu landen, der so trügerisch gefährlich ist wie dieser, aber Kithrup ist eine Wasserwelt, und unsere Besatzung, größtenteils Delfine, braucht Wasser, damit sie sich umherbewegen und das Schiff reparieren kann. Kithrup ist reich an Schwermetallen und dürfte über die Rohstoffe verfügen, die wir brauchen.

Außerdem hat dieser Planet den Vorteil, dass er nur selten besucht wird. Die Bibliothek sagt, er liege seit langer Zeit brach. Vielleicht werden die Galactics nicht auf den Gedanken kommen, uns hier zu suchen.

Das habe ich auch gestern Abend zu Tom gesagt, als wir händchenhaltend zuschauten, wie die Planetenscheibe in einer Luke im Aufenthaltsraum immer größer wurde. Es ist eine täuschend hübsch anzusehende blaue Kugel, umgeben von weißen Wolkenbändern. Die Nachtseite war hier und dort von matt schimmernden Vulkanen und flackernden Blitzen beleuchtet.

Zu Tom habe ich gesagt, ich sei sicher, dass niemand uns folgen werde – und ich habe diese Vorhersage äußerst zuversichtlich klingen lassen und niemanden damit zum Narren gehalten. Tom hat gelächelt und nichts gesagt, um mich in meinem Anfall von Wunschdenken nicht zu enttäuschen.

Selbstverständlich werden sie hier suchen. Es gibt nur eine Handvoll Interraumstrecken, die die Streaker benutzt haben kann, ohne einen Transferpunkt einzuschieben. Die Frage ist nur: Können wir mit den Reparaturen rechtzeitig fertig werden und von hier verschwinden, bevor die Galactics uns erwischen?

Tom und ich hatten zum ersten Mal seit Tagen ein paar Stunden für uns. Wir sind in die Kabine gegangen und haben miteinander geschlafen.

Ich schreibe diesen Eintrag, während er schläft. Ich weiß nicht, wann ich wieder Gelegenheit dazu haben werde.

Eben hat Captain Creideiki angerufen. Er will, dass wir beide auf die Brücke hinaufkommen, vermutlich, damit die Fins uns sehen können und wissen, dass ihre menschlichen Patrone in der Nähe sind. Kann sein, dass sogar ein kompetenter Delfin-Spacer wie Creideiki dieses Bedürfnis von Zeit zu Zeit verspürt.

Wenn wir Menschen nur auch eine solche psychologische Zufluchtsmöglichkeit hätten.

Es ist Zeit, Schluss zu machen und meinen müden Freund zu wecken. Aber vorher will ich noch rasch aufschreiben, was Tom gestern Abend zu mir sagte, während wir Kithrups stürmische Meere betrachteten.

Er sah mich an, lächelte so sonderbar, wie er es immer tut, wenn er etwas Ironisches denkt, und flötete ein kurzes Haiku auf Delfin- Trinär:

Die Sterne beben von Stürmen

Die Wellen rollen vom Donner –

Und dennoch – sind wir nass, Geliebte?

Ich musste lachen. Manchmal glaube ich, Tom ist selbst ein halber Delfin.

ERSTER TEIL

AUFTRIEB

»Alle eure besseren Taten werden

geschrieben sein ins Wasser …!«

Francis Beaumont und John Fletcher

Toshio 1

Seit Jahrtausenden rissen die Fins ihre Witzchen über die Menschen. Schon immer hatten sie die Menschen zum Schießen gefunden. Die Tatsache, dass die Menschen sich an ihren Genen zu schaffen gemacht und ihnen die technischen Wissenschaften beigebracht hatten, änderte diese Einstellung um keinen Deut.

Fins waren immer noch Klugscheißer.

Toshio starrte auf das kleine Instrumentenpaneel seines Wasserschlittens und tat, als beobachte er den Tiefenmesser. Der Schlitten brummte in einer konstanten Tiefe von zehn Metern unter der Wasseroberfläche dahin. Es gab nichts zu regulieren, aber er konzentrierte sich trotzdem auf die Instrumente, als Keepiru längsseits heranglitt – zweifellos, um eine neue Runde seiner Hänseleien zu eröffnen.

»Kleine Hand, pfeif!« Der schlanke, graue Kleinwal rollte einmal um seine Längsachse und kam dann noch näher, um den Jungen lässig zu beäugen. »Pfeif unsss ein Lied über Schiffe und Weltraum und Heimfahren!«

Keepirus Stimme hallte aus einer komplizierten Anordnung von Kammern in seinem Schädel und rumpelte wie ein weinendes Fagott. Ebenso gut hätte er eine Oboe oder ein Tenorsaxofon imitieren können.

»Nun, Kleine Hand! Wo bleibt dein Lied?«

Keepiru achtete darauf, dass alle anderen ihn ebenfalls hören konnten. Die anderen Fins schwammen schweigend dahin, aber Toshio merkte, wie sie zuhörten. Er war froh, dass Hikahi, die Führerin der Expedition, zum Kundschaften weit vorausgeschwommen war. Nicht auszudenken, wenn sie hier wäre und Keepiru den Befehl gäbe, ihn in Ruhe zu lassen. Nichts, was Keepiru sagen könnte, käme der Schande gleich, beschützt zu werden wie ein kleines Kind.

Keepiru rollte sich träge mit dem Bauch nach oben neben den Schlitten des Jungen. Mit langsamen Schlägen seiner Schwanzflosse blieb er mühelos vor Toshios Maschine. Im kristallklaren Wasser des Planeten Kithrup wirkte alles seltsam gebrochen. Die korallenartigen Gipfel der Metallhügel schimmerten wie Berge im Dunst eines lang gezogenen Tals. Wehende gelbe Fahnen von Treibgras hingen unter dem Wasserspiegel.

Ein phosphoreszierender Schimmer lag auf Keepirus grauer Haut, und die nadelspitzen Zähne in seinem lang gezogenen, schmalen, V-förmigen Mund glitzerten mit einer spöttischen Grausamkeit, die einfach vergrößert sein musste … wenn nicht durch das Wasser, dann durch Toshios eigene Fantasie.

Wie konnte ein Fin nur so gemein sein?

»Willssst du nicht für unsss singen, Kleine Hand? Sing uns ein Lied, dasss uns eine Fischsuppe einbringt, wenn wir diesen sogenannten Planeten verlassen haben und einen freundlichen Hafen finden! Pfeif uns ein Lied, das die Träumer vom Land träumen lässst!«

Ein Summen derVerlegenheit erfüllte Toshios Ohren, das das feine Sirren des Luftaufbereiters beinahe übertönte. Er war sicher, Keepiru würde jeden Augenblick aufhören, ihn ›Kleine Hand‹ zu nennen und stattdessen den neuen Spitznamen benutzen, den er sich ausgedacht hatte: ›Großer Träumer‹.

Es war schon schlimm genug, verspottet zu werden, weil er den Fehler begangen hatte, zu pfeifen, als er ein Erkundungsteam von Fins begleitet hatte – sie hatten seine gedankenverlorene Melodie mit unbändiger Heiterkeit und zwitscherndem Spott begrüßt –, aber wenn sie ihn jetzt noch mit einem Titel verhöhnten, der fast nur großen Musikern oder Buckelwalen zukam … das war beinahe mehr, als er ertragen konnte.

»Ich habe jetzt keine Lust zum Singen, Keepiru. Wieso gehst du nicht mal jemand anderem auf die Nerven?« Toshio empfand es als kleinen Triumph, dass es ihm gelungen war, ein Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.

Zu Toshios Erleichterung quiekte Keepiru nur etwas in schrillem, schnellem Gossen-Trinär – es war fast Delfin-Primal, und das an sich war schon wieder eine Beleidigung. Dann schwenkte der Delfin zur Seite und schoss hinauf zur Oberfläche, um zu atmen.

Das Wasser zu allen Seiten war heil und blau. Schimmernde kithrupanische Fische huschten vorüber, und das Licht funkelte in den Facetten ihrer schuppigen Rücken wie auf reifüberzogenen Blättern, die vom Wind davongewirbelt werden. Ringsumher sah man die verschiedenartigen Farben und Strukturen der Metalle. Die Morgensonne strahlte in das klare, ruhige Seewasser und glitzerte auf den eigentümlichen Lebensformen dieser fremdartigen und unausweichlich tödlichen Welt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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