Surftravelling - Karin Österreicher - E-Book

Surftravelling E-Book

Karin Österreicher

4,9

Beschreibung

2014 hatten wir die einmalige Chance mit unseren Surfboards 13 Wochen um die Welt zu reisen. Lest von unseren Abenteuern auch abseits der Wellen: Ratten im Bungalow in Java, Autounfälle in Bali, Australiens einzigartige Tierwelt, Abenteuercamping auf Fraser Island, Kavazeremonien in Fidschi, Hulatänze in Hawaii, fantastische Vulkantouren in Nicaragua.

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Reiseroute Mai-August 2014

INDONESIEN

01. Mai: Wien – Ostjava

02. - 20. Mai: Pulau Merah

21. - 30. Mai: Bali

AUSTRALIEN

30. Mai: Brisbane

31.5. -13. Juni: Noosa

FIDSCHI

14. - 18. Juni: Fidschi

19. - 26. Juni: Taveuni

HAWAII

27.6. - 03. Juli: Oahu-Hawaii

04. - 08. Juli: Kauai – Hawaii

NICARAGUA

09. - 30 Juli: Nicaragua

Inhaltsverzeichnis

Reiseroute Mai-August 2014

Prolog

Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen

Die Planung der Reiseroute

Die letzten Wochen vor der Abreise

INDONESIEN

Der erste Flug

Anreise zum Surfcamp in Ostjava

Unser Alltag in Ostjava

Die Jagd nach Edelmetallen und Plastik

Tiere und Menschen

Das Surfcamp – Trouble in paradise

G-Land – Welcome to the Jungle

Ratten zur Untermiete

Unsere letzten Tage in Ostjava

Besteigung des Vulkan Ijen

Bali

Umzug in die Deutsch-Schweizer Surf-

Rückblick auf Bali

AUSTRALIEN

Weiterflug nach Brisbane

Abenteuercamping auf Fraser Island

Zurück in Noosa Heads

FIDSCHI

Weiterflug Viti Levu

Über Taveuni nach Qamea

HAWAII

Oahu

Kauai

NICARAGUA

Playa Santana

San Juan del Sur

Unsere Tiererlebnisse

La Isla Ometepe

Unfälle die wir gerne vermieden hätten

Granada

Der Kratersee Apoyo

Die Heimreise

Epilog

Prolog

Ich wollte schon immer eine Weltreise machen. Als ich während meiner Studienjahre als Snowboardlehrerin in Sankt Anton am Arlberg arbeitete, traf ich viele Weltreisende, vor allem Australier und Kiwis, welche sich mit Saisonjobs wie Tellerwaschen den Traum vom europäischen Skiwinter verwirklichten. Ich war fasziniert und wollte genau in die andere Richtung – weg aus Europa. Damals rückte die Realisierung einer großen Reise in weite Ferne, denn ich hatte einfach kein Geld und stieg wie die meisten anderen Menschen ins Berufsleben ein. Die Jahre vergingen und ich begann mich zu fragen: „Würde ich wirklich noch eines Tages Kiwis in Neuseeland pflücken?“ Niemand weiß, was einem die Zukunft bringen wird. Bei Wolfi und mir war es tatsächlich so, dass wir noch sechs Monate vor unserem Abflug niemals gedacht hätten, dass uns eine Weltreise bevorstehen würde. Wir waren starr und bequem in unseren Alltag, in familiäre und berufliche Pflichten eingebunden.

Meine Arbeit hat mich auch motiviert, dieses Reisebuch zu schreiben. Als Sportwissenschafterin in einem onkologischen Rehabilitationszentrum treffe ich täglich auf Menschen, welche sich aufgrund ihrer körperlichen, finanziellen oder beruflichen Situation nicht frei bewegen können. Bereits vor unserem Abflug war meine Reise bei den Patienten in unserem Zentrum Gesprächsthema Nummer eins. Sie wollten mit mir über die Destinationen sprechen und schon vorab an meinen Glücksgefühlen teilhaben. Einige kamen nur vorbei und gratulierten mir zu meiner Entscheidung – ohne mich überhaupt als Therapeutin zu kennen. Und eine Patientin umarmte mich sogar, obwohl ihr nur andere von meinen Plänen erzählt hatten. Es waren unglaubliche Momente.

Hier nun aber die Geschichte einer kleinen Auszeit. Wie wir es schafften, uns für drei Monate unsichtbar zu machen und das zu tun, was in Österreich nicht möglich ist: Wellenreiten.

Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen

In meinen Mittdreißigern war in meinem Leben wirklich alles stabil. Seit acht Jahren hatte ich Wolfi, meinen wunderbaren Freund und Partner, an meiner Seite. Beinahe ebenso lange fuhr ich fünf Tage pro Woche in dieselbe Firma. Genau so würde es vermutlich auch noch die restlichen Jahre weiter gehen. Ich ging zwar immer gerne arbeiten, aber ich reise und surfe auch gerne.

Bei Wolfi lief es im Jahr 2013 hingegen nicht ganz so rund. Er hatte Wirtschaft studiert, war beruflich erfolgreich gewesen und hatte, je nach Firma, jahrelang dafür gesorgt, dass es in Österreich ausreichend Bananen, Alkohol und auch Putzmittel gab. 2013 spürten wir jedoch, dass unsere tägliche Routine plötzlich zur Belastung wurde. Wo würden wir uns in fünf, wo in fünfzehn Jahren sehen?

Wenn wir beide über unser Leben nachdachten, hatten wir stets den Gedanken an eine längere Reise im Kopf. Mehr Zeit füreinander haben, weg vom Alltag und andere Länder erkunden. Was hielt uns eigentlich wirklich davon ab? Warum nicht länger unterwegs sein? Noch dazu, wo wir uns gemeinsam in den Sprachen Französisch, Englisch und Spanisch ergänzten und somit perfekt auf eine Weltreise vorbereitet wären?

Im Oktober des gleichen Jahres stand ich, an einem stinknormalen Arbeitstag, am Firmenkopiergerät, als zufällig die beste Chefin der Welt, nämlich meine, vorbeikam. Völlig unvorbereitet für uns beide und ohne viel Small Talk sprudelte es aus mir heraus: „Was halten Sie eigentlich von unbezahltem Urlaub?“ Ohne mit der Wimper zu zucken, kam die Antwort: „Wäre in Ordnung, jedoch nicht länger als drei Monate.“ Drei ganze Monate! Dieser Satz beflügelte ab diesem Moment meine Gedanken und war immer im Hinterkopf, wenn der Alltag zu alltäglich wurde.

Doch noch lag eine konkrete Reiseplanung oder gar ein Abflugtermin in weiter Ferne und wir verbrachten den Winter mit dem Austausch von vagen Ideen für eine Reise, die irgendwann starten würde. Sollte unser Traum wirklich wahr werden? Und plötzlich ging es Schlag auf Schlag. Im Jänner rief mich Wolfi während seiner Mittagspause an und sagte: „Die Firma und ich werden uns Ende April einvernehmlich trennen.“ Die Aussicht auf Freiheit fühlte sich sofort unglaublich an. Bereits an diesem ersten Abend, einem Mittwoch, mailte ich meiner Chefin die Neuigkeiten und erinnerte sie an unser damaliges Gespräch beim Kopiergerät. Als Antwort darauf bekam ich: Nichts! Keine Antwort am Donnerstag. Keine Antwort am Freitag. Und dabei wusste ich doch, dass sie via Smartphone ihre E-Mails immer liest. Als wir samstags frühstückten, sagte ich, schon etwas bedrückt, zu Wolfi: „ Es kann sein, dass ich nicht frei bekommen werde und nicht mitfliegen kann.“ Daraufhin sah er mich mit dem verliebtesten Blick, der nach acht gemeinsamen Jahren noch möglich ist, an und erwiderte: „Dann wird es wohl der Sommer meines Lebens werden!“ Wir lachten und blieben einfach zuversichtlich.

Als ich montags im Büro meinen PC startete und meinen Posteingang öffnete, war ich doch sehr angespannt. Und darin fand sich: NICHTS! Was für ein Tiefschlag, ich konnte es nicht glauben. Natürlich wusste ich, dass meine Chefin die Entscheidung nicht alleine treffen konnte, doch ich war enttäuscht und wollte die Hoffnung trotz allem nicht aufgeben. Dann, am Dienstagmorgen, öffnete ich meinen Posteingang, las den Namen meiner Chefin, den Betreff: Weltreise und dann nur noch den einen Satz: „Liebe Frau Österreicher, es geht in Ordnung.“

Ich begann sofort, Tränen des Glücks zu vergießen, pure Freude. Ein Vogel mit offener Käfigtür könnte sich nicht glücklicher fühlen als ich in diesem Moment! Mein erstes SMS ging mit folgendem Inhalt an Wolfi: „Mein lieber Schatz! Es wird auch der Sommer meines Lebens werden!“

Die Planung der Reiseroute

Eines stand gleich mal fest: Unser Abflugdatum würde der erste Mai 2014 werden. Nun kamen wir in die Planungsphase, in der sich uns viele Fragen stellten. Welche Kontinente und Länder würden wir bereisen wollen? Was schafft man überhaupt in drei Monaten beziehungsweise 13 Wochen? Könnten wir die ganze Erde umrunden?

Es gibt so viele schöne und sehenswerte Plätze auf dieser Welt. Einige davon hatten wir auch schon gesehen, weshalb wir möglichst neue Länder bereisen wollten. Die Planung selbst fiel uns erstaunlich leicht, da wir uns grundsätzlich auf die Sportart Wellenreiten konzentrieren wollten. Wir versuchten nun unsere gemeinsamen Erfahrungen einiger anderer, kürzerer Surfreisen zu einer „Superreise“ zu kombinieren.

Zuerst mussten wir uns für eine Reiserichtung entscheiden. Wir wussten, dass es in Indonesien ab Mai perfekte Surfbedingungen gibt. Beim Planen mussten wir jedoch auch berücksichtigen, dass es auf der Südhalbkugel ab Mitte Juni winterlich wird. Das würde bedeuten, dass der Bikini für Bali in Sydney Gefrierbrand auslösen würde. Gleichzeitig wollten wir mit leichtem Gepäck reisen und kein Winteroutfit durch die Tropen schleppen. Wir suchten im Internet nach der besten Reisezeit oder der Klimatabelle für dieses oder jenes Land. Reisewarnungen fanden sich über das Auswärtige Amt, Impfvorschriften über ein Tropeninstitut. Sobald wir eine Zielregion ausgewählt hatten, mailten wir Leuten vor Ort, zum Beispiel Hotels oder Surfcamp-Betreibern. Natürlich sind die meisten Menschen stolz auf das Land, in dem sie leben und versuchen daher, die besten und schönsten Tipps zu geben. Im Gegensatz dazu ließen uns Berichte über Überfälle oft schon vor dem Reiseantritt nervös werden. Aber dann erinnerten wir uns an den bekannten Spruch: You never know before you go!

Mithilfe dieser Überlegungen grenzten wir Länder und Kontinente ein. Ich suchte nach Flügen und Flugzeiten und wir wussten bald, dass wir kein fertiges „Round the World Ticket“ aus dem Reisebüro buchen konnten. Unsere Destinationen waren zu individuell.

Unser erster Monat war schnell geplant. Wir würden über Amsterdam nach Kuala Lumpur und von dort nach Bali fliegen. Ich hatte von guten Wellen in Ostjava gehört, und bald hatten wir beschlossen, dass dies unser erster Stopp sein würde.

Im Hinterkopf behielten wir Lombok, die andere Nachbarinsel Balis.

Nach den ersten vier Wochen in Indonesien planten wir die Weiterreise nach Australien, jedoch nur nicht zu weit südlich. Brisbane war für unseren Geschmack eine zu große Stadt, aber das Surferstädtchen Noosa weiter nördlich sprach uns an. Hier würden wir meinen Geburtstag feiern und auf Fraser Island, der größten Sandinsel der Welt, campen.

Um diese Jahreszeit ist es bereits herbstlich in Australien und auch das Wasser ist kälter als im Sommer. Daher wollten wir zwar die Gegend und vor allem die außergewöhnliche Tierwelt Australiens erleben, jedoch nicht zulange bleiben. Nach nur zwei Wochen planten wir unseren Weiterflug in die Südsee, von Australien mit einem Katzensprung erreichbar.

Die Planung für Fidschi gestaltete sich am zeitintensivsten. Viele Resorts, schicke Restaurants, surfbare Wellen nur per Boot zugänglich, mit einem Wort: TEUER. Doch dann entdeckten wir eine kleine Surfinsel namens Qamea im nördlichen Teil der Inselgruppe, vielleicht keine Weltklassewellen, doch eindeutig leistbarer als die anderen Inseln – dort wollten wir unbedingt hin. Noch nie von dieser Insel gehört? Wir auch nicht. Und schon ging es weiter mit der Planung: E-Mails schreiben, Flüge suchen, im Zeitplan bleiben.

Nach zwei Wochen Inselleben am anderen Ende der Welt war es nur noch ein logischer Katzensprung nach Hawaii, Oahu. Unsere dortige Ankunft fiel denkbar ungünstig auf den Monat Juli, Amerikas Hauptreisezeit neben Weihnachten. Außerdem ist der vierte Juli Pearl Harbour Gedenktag und aus Angst vor völlig überfüllten Stränden planten wir gleich nach fünf Tagen unseren Weiterflug auf eine Nachbarinsel. Wir entschieden uns für die Garteninsel Kauai.

Als nächsten Stopp hatten wir lange Mexiko auf unserer Reiseliste. Doch irgendwann wurde es aus Budgetgründen gegen Nicaragua ausgetauscht.

Sobald wir uns für Gegenden und Orte entschieden hatten, nahmen wir Kontakt mit Hotels, Surfcamps und Tourveranstaltern auf. Somit wussten wir vorab, wo wir wohnen würden, welche Touren vor Ort geplant waren und wie es mit den durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten im jeweiligen Land aussah. So hatten wir innerhalb von einem Monat die Planung und ungefähren Kosten für die gesamte Reise, nämlich geschätzte 10.000,- Euro pro Person, fertig.

Die letzten Wochen vor der Abreise

Nachdem wir die Reise fixiert hatten, informierten wir sofort unsere Familien über diese unglaublichen Pläne. Sie waren begeistert, doch konnten sie uns nur minimal bei der Umsetzung helfen. Unsere Wohnsitze lagen zu weit auseinander, um sich während der langen Zeit um die Blumen kümmern zu können. Daher sollte unser Nachbar unser wichtigster Verbündeter werden.

Er wohnte schon ewig bei uns im Haus und wir würden ihn nur noch fragen müssen. Er war zwar viel unterwegs, doch wir hatten uns schon öfters nett unterhalten. Eigentlich regelmäßig, bis zu dem Tag, an dem wir unsere Weltreise beschlossen hatten. Daraufhin war kein Nachbar mehr weit und breit zu sehen. Manchmal, spät abends, hörte ich Musik, wollte aber so spät nicht mehr stören. Irgendwann beschlossen wir einen Zettel an seine Tür zu hängen. Noch am gleichen Abend kam er uns besuchen und wir tauschten die aufregenden News aus. Gerne würde er unser Projekt unterstützen. Und als ich später zu ihm sagte: „Wir wollten dich schon viel früher informieren, haben dich aber nie angetroffen“, meinte er nur: „Wieso? Erst letzte Woche hat mir Wolfi doch ein Paket vorbeigebracht.“ Aha, auf meinen Reisepartner war also Verlass. Wolfi meinte dazu nur: „Die Weltreise hatte ich in dem Moment einfach vergessen.“

Jetzt hatten wir also jemanden gefunden, der unsere Wohnung versorgen würde. Mein Bruder übernahm mittels Nachsendeauftrag unsere Post, eine Freundin kriegte den Ersatzschlüssel für die Wohnung und das Auto, den Wasserhahn würden wir abdrehen und natürlich meldeten wir die GIS ab. Drei Monate würden wir sicher keine TV-Gebühren in Abwesenheit zahlen.

Unser Flughafentransport wurde auch noch viel diskutiert, denn wer würde für uns schon gerne um 04:00 h morgens aufstehen. Einer unserer vielen hilfsbereiten Freunde erklärte sich gleich dafür bereit. Jedoch war die einzige Voraussetzung, dass wir vorab ausprobieren würden, ob und wie er unser Übergepäck (= Boardbag) im Auto sichern konnte. Er hatte nach jahrelangem Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr einfach schon zu viele Unfälle gesehen und wollte auf Nummer sicher gehen. Eines vorweg – wir schafften es unfallfrei zum Flughafen. Nun war wirklich alles perfekt organisiert. Wir gingen nur noch zur Arbeit und zählten die Tage bis zum Beginn unserer Auszeit.

Zwei Wochen vor unserem Abflug fuhren wir nach Oberösterreich, wo wir Ostern mit unserer Familie und Freunden verbrachten. Das Wochenende verlief toll und alle waren aufgeregt wegen unserer Reise. Einige Verwandte waren etwas besorgt und hörten sich wie das Auswärtige Amt persönlich an. Die meisten Bedenken betrafen die Themen Sicherheit und Gesundheit während der Reise. Wir fuhren ja auch in Länder wie Nicaragua mit bedenklicher Sicherheitslage.

Klar fühlten wir uns in Österreich am Sichersten, doch dann passierte uns diese unglaubliche Geschichte: Noch am gleichen Abend wurden Wolfi in einer Linzer Bar 50 Euro aus der Jackentasche gestohlen. Wir waren nur dankbar, dass seine Kredit- und Bankomatkarten noch da waren, denn das hätte uns so kurz vor der Reise noch gefehlt. Und wäre das alleine nicht schon schlimm genug, so ging unsere Pechsträhne gleich am nächsten Tag weiter. Da aßen wir auf der Rückfahrt von Oberösterreich in einem bekannten Restaurant zu Mittag. Weil Ostern war, bestellten wir gemeinsam Lammragout. Fröhlich setzten wir unsere Heimfahrt fort und wollten den Abend eigentlich gemütlich auf der Couch ausklingen lassen. Doch diese Idee hatten wir ohne Lammragout gemacht und das Wochenende endete mit einer massiven Lebensmittelvergiftung bei uns beiden.

Ausgeraubt und völlig erledigt von der harten Nacht lagen wir also an jenem Ostermontag im Bett und ich fragte Wolfi nur: „Davor haben uns doch alle im Hinblick auf unsere Reise gewarnt – aber seit wann ist es in Österreich so gefährlich?“ Meiner Meinung nach waren diese zwei Erlebnisse das beste Beispiel dafür, dass immer und überall etwas passieren kann. Und zwar auch im schönen Österreich, und ganz ohne Warnung durch das Bundesministerium.

Nach der Lebensmittelvergiftung war ich eine Woche ziemlich geschwächt, schaffte nur Arbeiten und Essen, aber keine weitere Reiseplanung, und auch an Kofferpacken war nicht zu denken. Deshalb blieb wirklich alles bis zum letzten Wochenende liegen. Zum Glück sah unsere Planung vor, mit wenig Gepäck zu reisen. Den größten Teil unseres Reisegepäcks nahm unsere Reiseapotheke ein, etwas übertrieben vielleicht, denn wir waren derart gut ausgestattet, dass wir auch als Ärzte ohne Grenzen hätten arbeiten können.

Nachdem wir über die Tage sämtliche Utensilien auf der Couch gelagert hatten, verbrachten wir das letzte Wochenende endlich mit dem Einpacken. Wir versuchten möglichst leicht zu reisen, denn immerhin würden wir alles selbst tragen müssen. Zum ersten Mal würde ich das iPad als Buchersatz ausprobieren und somit ordentlich an Gewicht einsparen können.

Den ganzen Abend lief es richtig gut, bis zu dem Moment als Wolfi Samstagabend nochmals ordentlich am Reißverschluss unseres Boardbags an- und diesen auch gleichzeitig ausriss. Uns traf beinahe synchron sprichwörtlich der Schlag, denn fünf Tage vor unserem Abflug war es einfach unmöglich, einen neuen Boardbag in Österreich, einem Land ohne Wellen und Meer, zu bekommen! Wolfi verfiel sofort in Schockstarre und ging wortlos schlafen, so bestürzt war er. Bei mir hingegen war an Schlaf nicht zu denken, ich brauchte eine Lösung für unser Problem. Internet sei Dank, mit etwas Recherche entdeckte ich mit dem Stichwort „Reißverschluss reparieren“ ein Video zu genau unserer Situation und werkte mit Schere und Zwirn bis ich den Bag notdürftig repariert hatte.

Vier Tage vor Abflug war unser Gepäck für 13 Wochen fertig:

Ein Boardbag mit zwei Surfboards und Schnorchelausrüstung, zirka 20 kg.

Ein großer Rucksack mit Reiseapotheke, Kleidung und Sonnencremen.

Als Handgepäck eine Umhängetasche und ein kleiner Rucksack – voll mit Kamera, iPad, elektronischem Equipment, Sudoku, Reiseroute, Pass, Geld und anderen Kleinigkeiten wie einer Reisezahnbürste.

Die letzten Tage vergingen sehr schnell. Kühlschrank und Tiefkühler abtauen und putzen, nochmals mit unserem Nachbarn Einzelheiten besprechen, die Familien anrufen und uns für lange Zeit verabschieden.

Unsere Wohnungsschlüssel waren noch ein besonderes Thema. Keinesfalls wollten wir diese auf die Reise mitnehmen. Somit wurde mit unserem Nachbarn vereinbart, dass wir ihm den einen Schlüssel um vier Uhr morgens vor die Türe legen würden. Den zweiten Schlüssel würde unser Flughafentransport bei unserer Freundin vorbei fahren.

INDONESIEN

Der erste Flug

01. Mai: Wien – Amsterdam – Denpasar - Ostjava Erster Mai 2014: Und dann ging die Reise los!

Um vier Uhr morgens aufzuwachen, fühlte sich leider gar nicht nach Urlaub an. Schlaftrunken trafen wir die letzten Vorbereitungen und Wolfi sperrte den Wasserhahn und die Tür ab. Im Dunkeln beluden wir das Auto unseres Freundes, der zum Glück nicht verschlafen hatte, und wir fuhren zum Flughafen Wien. Zum Glück merkten wir dort gleich bei der Ankunft: Keiner von uns beiden hatte seinen Schlüssel bei unserem Nachbarn hinterlegt! Wir waren einfach wie jeden Tag damit zur Tür hinausgegangen! Unser Freund verabschiedete uns, fuhr zurück und hinterlegte den Schlüssel. Um diese Uhrzeit sind meinerseits auch einfach keine Höchstleistungen erwartbar. Unser nächstes Highlight hatten wir kurz darauf am Flughafen. Zum ersten Mal hatten wir uns, zur Thrombose-Vorbeugung für Langstreckenflüge, blutverdünnendes Tomatenextrakt in Kapselform gekauft. Eine gute Idee, aber früh morgens an diesem Tag waren die Tabletten einfach nicht mehr auffindbar, selbst nachdem ich das gesamte Handgepäck ausgeräumt hatte. Da ich für das Handgepäck verantwortlich war, kriegte Wolfi praktisch schon vor dem Betreten des ersten Flugzeuges seinen ersten (Thrombose-)Anfall, um mir den Ernst der Lage bewusst zu machen. Nach dem Schlüssel frühmorgens war das nun schon mein zweiter Fehler am Tag eins der Reise und wir hatten Österreich noch nicht einmal verlassen. Ich liebe Wolfi und solche theatralischen Momente, denn immerhin hatten wir zuvor jahrelang alle Langstreckenflüge ohne Tabletten und auch ohne Thrombose geschafft. Die Tabletten fanden sich später übrigens gut verpackt in unserer Reiseapotheke, welche Wolfi akribisch genau sortiert hatte. Die Flüge selbst verliefen ruhig, aber stundenlang im Flugzeug auf engstem Raum zu sitzen, ist natürlich immer eine Belastung, da hilft auch das ganze Entertainment-Programm nicht. Wolfi, der mit einem unglaublichen Schlaf gesegnet ist, probierte auf diesem Flug auch erstmalig eine Schlafmaske aus. Seine war grau, die der Dame rechts von mir schwarz mit Glitzersteinen. Zum Glück hatte er sich nicht für dieses Modell entschieden. Beide Masken schienen jedoch äußerst gut zu funktionieren, und nur einmal lugte Wolfi zwischendurch unter seiner Maske hervor, zu meiner Verwunderung mit einem geröteten Auge, vermutlich schon wieder ein Thromboseanfall.

Bei der Zwischenlandung in Kuala Lumpur war unser gewohnter Wach-Schlaf-Rhythmus trotzdem völlig gestört. Wolfi drückte das in einem Satz wunderbar aus: Er erzählte mir mit müden Augen von dem Film, welchen er sich im Flugzeug angesehen hatte. Der zentrale Inhalt lautete nämlich: Nelson Mandela war 27 Jahre im Gefängnis, weil er den Friedensprozess in Südafrika mit Bombenlegen untermauert hatte. Nur mit Mühe ließ er sich von mir davon überzeugen, dass der Friedensprozess dadurch mehr untergraben als untermauert worden war. Wir waren froh, als wir im nächsten Flugzeug nach Bali gleich weiterschlafen konnten.

Anreise zum Surfcamp in Ostjava

Mister Thromboseauge und ich landeten am zweiten Mai gut und ohne Zwischenfälle in Denpasar (Bali). Wir waren 2008 schon einmal nach Bali gereist, und schon damals war der erste Eindruck sehr lustig gewesen, denn wir hatten uns namentlich bei unserem damaligen Fahrer vorgestellt. Ich mit Karin, und Wolfi unter Angabe seines vollen Vornamens Wolfgang. Unser Fahrer verstand den Namen nicht und fragte sofort nach: „What (Wie bitte)?“ Und so ging es ein paar Mal hin und her, bis er plötzlich inne hielt, überlegte, und – da er schon einmal in Deutschland auf Urlaub gewesen war – fragte: „You mean like Eingang, Ausgang, Wolfgang? (Du meinst so wie: Eingang, Ausgang, Wolfgang?)“

2014 wollten wir Missverständnisse vermeiden und Wolfi hatte bei den Reservierungen nur noch seinen Kurznamen „Wolfi“ in den E-Mails angegeben. Unser Fahrer Heru, ein Mitarbeiter des Surfcamps, erwartete uns wie vereinbart außerhalb des Flughafens. Wir verließen also das Flughafengebäude und lasen gleich auf dem ersten Schild:

Welcome Mr. Wolfi Katzehar

Ein Lachausbruch war die Folge. Keine Ahnung, woher die ganzen Buchstaben kamen und wie aus Wolfi Katzer Mr. Katzehar werden konnte. Es war einfach herrlich.

Um den Touristenströmen auf Bali zu entgehen, begannen wir vom Flughafen aus sofort mit der Weiterreise nach Ostjava, in eine Gegend genannt Pulau Merah. Wir waren schon bei der Landung ziemlich geschafft, und schon bald wurde klar, dass wir die nächste geplante Autoreisezeit von sieben Stunden nicht würden einhalten können. Es regnete und Bali ist für viel Verkehr auf schlechten Straßen bekannt. Irgendwann sahen wir neben der Straße einen Kleintransporter, welcher durch die Leitplanken in einen Graben gerutscht war, und beschlossen, Pause zu machen. Bei einem Warung, so bezeichnet man hier einen kleinen Straßenstand mit Kochstelle, hielten wir an. Wir waren hungrig und freuten uns auf die indonesische Küche. Doch bei dem von uns gewählten Stand war das Essen voller Fliegen! Die Vitrine bestand nämlich zur Straßenseite hin aus Plastik, auf der Innenseite bot jedoch nur ein alter Vorhang den Speisen spärlichen Schutz. Unser Fahrer war jedoch wirklich positiv und wir wollten nicht unhöflich sein. Es sah zwar ziemlich unappetitlich aus, schmeckte aber sehr gut, und unsere Verdauung hat sich erstaunlicherweise auch nie dazu geäußert. Vielleicht waren wir aber auch noch durch unsere österreichischen Ostererlebnisse vor dem Abflug abgehärtet. Nach dem Essen waren wir völlig erschöpft, legten die Autositze um und schliefen nur noch.

Die Reise nach Ostjava dauerte gefühlt ewig, nicht zuletzt, weil wir die Meeresenge zwischen den Inseln mit einer Fähre bewältigen mussten. Zum Glück war das Wasser ruhig und ich merkte keine Anzeichen von Reisekrankheit. Ich persönlich bin durch und durch Binnenstaatlerin, und sobald ich ein Boot besteige, ist es meistens nur eine Frage der Zeit, bis ich seekrank werde. Mein einziger Trost ist nur, dass es sogar hart gesottenen Matrosen genau wie mir ergeht.

Im Surfcamp kamen wir erst um ein Uhr nachts an und die gesamte Anreisezeit von Österreich hatte mehr als 24 Stunden gedauert. Wir waren gerädert und nur noch auf Tiefschlaf programmiert. Wenn unser Fahrer Heru nicht am nächsten Vormittag an unsere Tür geklopft hätte, wären wir an vermutlich gar nicht aus den Federn gekommen. Nach zwei Tagen hatten wir uns an den indonesischen Zeitrhythmus gewöhnt, auch daran dass zwischen Bali und Java – warum auch immer – nochmals eine Stunde Zeitunterschied lag. Warum das so war, konnte uns niemand beantworten.

Die Surfcamp-Anlage war zum Glück sehr klein und bestand nur aus drei Bungalows, dem Haus unserer Betreuerfamilie und einem kleinen Stall. Drei Mal täglich kochte die Familie für uns, hauptsächlich Reis mit Huhn, Tee oder Kaffee, Eier, Bananen-Pancakes. Verschiedene Melonensorten, Kokosnüsse und Gemüse, vor allem Kraut, rundeten unseren Speiseplan ab.

Unser Bungalow war ebenfalls sehr einfach aufgebaut: Ein Raum mit zwei getrennten Betten, ein Ventilator, und unter freiem Himmel eine Dusche mit WC, kein extra Waschbecken. Der Duschschlauch war für indonesische Menschen gemacht, das hieß ich musste mich zum Haare waschen immer bücken. Alle Türen, auch die zum Freiluftbad, waren sowohl von außen als auch von innen verschließbar, um Dieben das Leben zu erschweren, welche über die Rückseite einsteigen wollten. Das führte gleich in unserer zweiten Nacht zu einer besonders lustigen Situation:

Wie bereits erwähnt, ist Wolfi ein begnadeter Schläfer, der jederzeit und augenblicklich tief schlafen kann. Das führte auch schon in Österreich dazu, dass er bei nächtlichen Gängen zur Toilette kaum aufwachte. Vor einiger Zeit war er deshalb auch schon daheim in unserem Schlafzimmer über eine Wäschebox gestürzt. Nach einigen gemeinsamen Jahren haben wir uns angewöhnt, nacheinander ins Bad zu marschieren sobald der Partner mit aufwacht. In jener besagten Nacht ging Wolfi schlaftrunken voraus, kaum war ich jedoch draußen im Freien, hatte er die Tür bereits von innen verriegelt und sich wieder ins Bett gelegt! Zum Glück hörte er mich rufen.

Noch besser wurde es in der dritten Nacht: Unser Schlaf hier wurde von diversen unbekannten Geräuschen gestört, allen voran streunenden und raufenden Hunden. Um zwei Uhr morgens stand Wolfi plötzlich mitten im Raum und erklärte voller Überzeugung: „Bitte bleib liegen, jemand ist auf der Terrasse. Vermutlich will unser Vermieter den Abfalleimer entleeren.“ Was für eine seltsame Idee dachte ich mir gleich. Beim Öffnen der Türe wurde sofort klar, dass die streunenden Hunde auf der Terrasse nach Essen gesucht hatten.

Nach all unseren vorherigen Reisen nach Indonesien glaubte ich, den Lebensstil der einheimischen Bevölkerung wirklich zu kennen. Arbeiten ist hier eine sehr entspannte Tätigkeit, und wirklich niemand würde auf die Idee kommen, nachts den Abfalleimer zu entleeren!

Mir war ja schon vor dem Abflug klar gewesen: Mit Wolfi würden es drei sehr lustige Monate werden!

Die indonesische Art, mit Arbeit und Dienstleistung umzugehen, konnte ich schon 1999 eindrücklich beobachten. Damals machte ich mit Freundinnen meine erste große Reise nach Sumatra, von wo aus wir mit einer Fähre auf eine Insel namens Nias weiterfuhren. An Bord befanden sich noch andere Reisende, und wir kamen mit einem Australier ins Gespräch. Er war schon des Öfteren hierher gereist und wollte sich mit uns ein Taxi teilen. Im Zielhafen war es hektisch und die Hitze unerträglich, daher fragte er auch, ob wir bereit wären, etwas mehr zu zahlen, um die Wartezeit zu verkürzen. Unsere Antwort natürlich: JA. Er versprach einem Fahrer also mehr Geld, wenn wir im Gegenzug sofort Richtung Hotel losfahren würden. Der Fahrer willigte ein und tatsächlich fuhren wir als erstes Taxi los. Der Australier lehnte sich zufrieden zurück und auch wir waren hoch erfreut, dass alles so gut klappte. Doch nach nur drei Minuten Fahrzeit bogen wir in eine Seitengasse ein, der Fahrer stieg aus und frühstückte entspannt mit seiner Familie, während wir eine Stunde im Auto warteten und dafür auch noch mehr bezahlt hatten!

Also nochmals für Wolfi erklärt: Kein Indonesier käme jemals auf die Idee, nachts die Terrasse zu putzen oder den Abfalleimer zu entleeren. Das macht man hier tagsüber.

Nach einigen Tagen Aufenthalt in Pulau Merah konnten wir auch Bauarbeiten aus nächster Nähe beobachten, denn unser kleines Surfcamp sollte ein neues Restaurant und auch einen Pool bekommen. Die Arbeiter kamen immer frühmorgens und begannen langsam mit ihrer Arbeit. Gleich mittags hielten sie im Schatten stundenlange Mittagspausen ab und erst spät nachmittags starteten sie ihre Bauarbeiten erneut bis spät in die Nacht hinein. Die