Tausche Freundschaft gegen Liebe - Christine Schniedermann - E-Book
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Tausche Freundschaft gegen Liebe E-Book

Christine Schniedermann

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Beschreibung

Die unscheinbare Hannah trifft im Zug auf den charismatischen Jan. Seine freundliche Art bringt sie zwar ein wenig durcheinander, aber beeindruckt ist sie von seinem Interesse für besondere Bücher, die auch Hannah gerne liest. Als beide am gleichen Bahnhof aussteigen, trennen sich ihre Wege. Und Carla, Hannahs exaltierte Freundin und Mitbewohnerin, ist sich sicher, dass ein attraktiver Mann wie Jan ohnehin einfach jede Frau anspricht, die er trifft. Eine kurze Geschichte über die Liebe zu Büchern, Zufallsbegegnungen im Zug und toxische Beziehungen.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Tausche Freundschaft gegen Liebe

Die Abteiltür wurde aufgerissen. Hannah bekam es nicht mit, sie hatte Kopfhörer aufgesetzt, hörte Klaviermusik und tippte. Sie textete für eine Präsentation, und bei klassischer Musik konnte sie sich einfach am besten konzentrieren.

Den neuen Fahrgast bemerkte sie nur deshalb, weil sich ein polierter Herrenschuh in ihren Blickwinkel schob. Es war Freitag, später Nachmittag, und der Zug war voll. Der Mann, zu dem Hannah bewusst nicht aufsah – glänzende Schuhe waren absolut nicht ihr Ding –, stakste wie ein Storch ins Abteil, um bloß niemandem auf die Zehen zu treten. Er ließ sich auf dem einzigen freien Platz nieder. Ihr gegenüber.

Hannah warf nun doch einen flüchtigen Blick auf seine übereinandergeschlagenen Beine. Die dunkelblaue Anzughose und die glänzenden Schuhe gehörten eigentlich in die erste Klasse.

Sie tippte weiter. Dieser Zug brachte sie von einem Kunden in der Großstadt zu sich nach Hause in die Kleinstadt. Wenn sie das Wochenende nicht komplett am Rechner verbringen wollte, musste sie weitermachen, um wenigstens einen Teil der Präsentation fertig zu haben, bevor sie ankommen würde.

Verdammt! Welches Adjektiv hatte Herr Brandström, ein Firmenchef mit gegelten Haaren, vorhin benutzt? „Hören Sie, dieses Wort müssen Sie unbedingt aufnehmen“, hatte er gesagt und sie mit kalten Augen durchbohrt, als hinge sein Leben von diesem Adjektiv ab. Folgsam hatte Hannah es notiert, aber nun fiel es ihr nicht mehr ein; es konnte so eingängig nicht gewesen sein, aber der Kunde war schließlich König. Sie kramte in ihrer Laptoptasche, die sie neben sich auf den Sitz gezwängt hatte, um ihren Mitreisenden keine Staufläche auf der Ablage zu klauen. So war Hannah: niemandem zur Last fallen, brav mitschreiben.

Unbeholfen zog sie den Spiralblock heraus, im selben Moment drohte ihr Laptop von ihren Knien zu rutschen. In letzter Sekunde erfasste Hannah ihn noch, dabei fiel der Block zu Boden. Sie klappte den Laptop zu und wollte ihren Block vom dreckigen Teppichboden aufheben. Kinofilmmäßig griff eine gepflegte Männerhand ebenfalls danach.

Sie blickte auf und sah in zwei strahlend blaue Augen, die funkelten wie Sommersonnenstrahlen auf einem See. Dazu lächelte er ein unverschämt einnehmendes Lächeln.

Hannahs Herz fiel für eine Sekunde aus dem Takt.

Der Mann ihr gegenüber sah sie überhaupt nicht so überheblich an, wie seine Schuhe es hätten vermuten lassen. Sein Blick war offen und freundlich. Er hielt ihr den Block hin und seine Lippen formten Worte, die Hannah nicht verstand.

„Wie bitte?“, fragte sie, zog die Hörer vom Kopf und ließ sie wie eine Kette um den Hals hängen.

„Ich fragte, ob Sie bei einer Werbeagentur tätig sind?´“, sagte er und hielt ihr noch immer den Block hin, den sie schlafwandlerisch entgegen nahm.

„Wie kommen Sie darauf?“ Hannah schob ihre schwarzumrandete Brille auf dem Nasenrücken nach oben, von der ihre beste Freundin (und Mitbewohnerin) Carla behauptete, sie mache aus Hannah eine alte, neunmalkluge Jungfer.

„Ich wollte nicht spicken, aber die Schlagworte sind kaum zu übersehen“, sagte er und nickte dem Geschriebenen und Gekreistem auf dem Block zu. Media-Budget. UX-Design. Ressourcenplanung.

„Ach so, ja.“ Hannah klemmte den Block schnell zwischen sich und ihren Sitz.

„Keine Sorge, ich kann mir keinen Reim auf Ihren Auftraggeber machen. So viel konnte ich gar nicht lesen.“ Er schmunzelte. „Ihre Notizen ähneln meinen, wenn ich bei einem Kunden gewesen bin.“ Er machte eine kurze Pause. „Wollen wir uns nicht duzen? Wir sind doch quasi Kollegen. Jan. Von ‚Bell und Starken‘.“ Er nickte ihr kurz zu. Die Hand reichte er ihr nicht. Seit der Pandemie machte das kaum noch jemand.

„Wow, ‚Bell und Starken‘!“, entfuhr es Hannah, und sie ärgerte sich augenblicklich, weil sie ihre Ehrfurcht so deutlich zeigte. Die Werbeagentur, bei der Jan arbeitete, war die größte, preisgekrönteste und bekannteste Agentur im Land. Wer dort einmal eine Anstellung ergattert hatte, konnte sich danach seine Jobs aussuchen. Um ihren Fauxpas auszubügeln und von ihrer Bewunderung abzulenken, kombinierte sie schnell: „Sind Sie ... Verzeihung, bist du auf dem Weg zur Kommunikationskonferenz?“ Anders konnte sie sich nicht erklären, warum er in diesem Zug sitzen sollte, der nur mäßig spannende, mäßig große Städte als Ziel hatte; unter anderem eben die Stadt, in der Hannah wohnte und die sehr umtriebig war, was besondere Veranstaltungen anging. Berlin, Hamburg, München - das konnte ja jeder. Aber diese Kommunikationskonferenz in der Provinz war die Nummer eins unter Fachleuten. Ja, Hannahs Städtchen war klein, aber fein, und es wusste, sich zu präsentieren.

„Ja genau“, sagte Jan. „Und du? Bist du auch auf dem Weg dorthin?“

„Eigentlich nicht. Es ist meine Heimatstadt.“

„Du wohnst dort und du gehst nicht zum Kongress?“, fragte Jan erstaunt.

Hannah hielt den Laptop vor ihre Brust, wie ein Schutzschild. Wieder schob sie ihre Brille hoch. „Nein. Mein Chef geht hin, aber ich nicht“, sagte sie knapp und es klang, als sei sie nicht wichtig genug, um daran teilzunehmen. Oder als sei sie nicht durchsetzungsstark genug. Ihre Kollegin Myrna hatte sich nämlich sehr wohl in die Veranstaltung gequengelt. Jawohl gequengelt. Sie hatte einfach nicht lockergelassen, argumentiert, sie könne bei den Workshops eine Menge lernen, erklärt, man bräuchte für sie auch kein Hotelzimmer zahlen, immer wieder nachgehakt, und so hatte die Chefebene irgendwann nachgegeben und einer jungen Texterin die Teilnahmegebühren genehmigt, obwohl Myrna noch gar nicht in der Position war, kostspielige Konferenzteilnahmen einzufordern. Aber so wie Myrna fiel Hannah ihren Chefs nicht auf den Wecker.

Um selbstbewusster zu wirken, denn irgendwie wollte Hannah auch nicht, dass dieser Jan sie für mäuschenhaft hielt, fügte sie hinzu: „Ich war heute Nachmittag bei einem Kunden, der schon Montag erste Vorschläge für seine Kampagne braucht. Das muss alles ganz schnell gehen, also werde ich am Wochenende viel Zeit mit der Ausarbeitung verbringen.“ Sie verdrehte innerlich die Augen. Meine Güte hörte sie sich gestelzt an.

„Verstehe“, sagte Jan nur. Das war in Ordnung, denn besondere Anerkennung konnte Hannah für ihren Einsatz nicht erwarten. Wenn ein Auftrag erledigt werden musste, zählten weder Überstunden noch Wochenende. Das wusste er genauso gut wie sie.

Hannah bemerkte, wie er sie musterte. Eine kleine Denkerfalte setzte sich zwischen seine Augenbrauen. Stand ihm gut, musste sie zugeben und sie spürte, wie Hitze in ihr aufstieg. Verstohlen sah sie sich zu den Mitreisenden um. Würden sie ihr Gespräch belauschen oder merkwürdig finden? Nein. Alle hatten etwas auf den Ohren. Und sie hatten entweder ein Display vor der Nase, weil sie Filme streamten, oder hielten die Augen geschlossen, um Musik oder einem Podcast zu lauschen. Die Menschen waren beinahe zu jeder Zeit in ihren eigenen Welten unterwegs.

Dann sah sie wieder zu Jan, der sie immer noch beobachtete. Verlegen sah sie zur Seite. Worte rasten durch ihren Kopf. Sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen; irgendwas, aber sie wollte nicht einfach albern losplappern. Sie schob die Brille hoch und rutschte auf ihrem Sitz ein wenig hin und her. Wieso beobachtete er sie? Was wollte jemand wie er – gutaussehend, erfolgreich – mit einer wie ihr – schüchtern, vielleicht sogar verklemmt? Nichts. Rein gar nichts. Natürlich nicht. Wie kam sie nur auf so lächerliche Gedanken!

Hannah atmete einige beruhigende Züge ein und aus und sagte dann den Satz, der zu jeder Situation passte – wenn sie ihre Tante am Telefon abwimmeln wollte; wenn sie sich sonntags nicht Carlas x-tes Liebesabenteuer am Küchentisch anhören wollte; wenn sie den Nachbarn im Treppenhaus traf, der ewig über seine Erlebnisse im Supermarkt referierte, „Ich glaube, ich muss jetzt weiterarbeiten.“ Sie klappte den Laptop auf.

„Natürlich. Wichtige Kunden haben Vorrang“, sagte Jan. Sein Verständnis klang ehrlich und vielleicht sogar ein wenig enttäuscht darüber, dass sie die Unterhaltung für beendet erklärt hatte. Auch Hannah, die immer gewissenhaft war, verspürte plötzlich überhaupt keine Lust mehr, zu arbeiten. War das nicht absurd? Sie kannte ihn doch überhaupt nicht. Und dennoch hätte sie sich viel lieber mit ihm weiter unterhalten.

Während sie krampfhaft auf ihren Bildschirm starrte und überlegte, wo sie weitermachen sollte, lehnte sich Jan plötzlich zu ihr und sagte: „Würdest du mir denn noch deinen Namen verraten?“

Hannah blickte auf. Aber klar, er hatte sich ihr vorgestellt, sie sich ihm aber nicht. Dass er nun nachsetzte, bewies Hartnäckigkeit. Oder Flirtlaune. Ihm lagen sicher die meisten Frauen gleich zu Füßen.

„Hannah“, sagte sie. „Mit h.“ Es war ihr zur Gewohnheit geworden, das zweite „h“ mitzusprechen.

„Freut mich, Hannah mit h. Schöner Name mit besonderer Schreibweise.“ Seine Augen lächelten sie an, und wenn sie gestanden hätte, hätten beim Anblick dieses Lächelns ihre Knie nachgegeben. Glücklicherweise saß sie.

„Viele vergessen das zweite h“, erklärte Hannah und räusperte sich.

„Ich bestimmt nicht.“ Er zwinkerte ihr zu.

Ihr wurde ganz schwindelig. Sie war diese Aufmerksamkeit nicht gewöhnt. Carla, ihre Freundin Carla, die schon. Sie wusste mit Männern umzugehen wie eine Dompteurin mit Raubkatzen. Aber Hannah nicht. Jan hatte es geschafft, sie innerhalb weniger Minuten und mit wenigen Sätze völlig aus der Fassung zu bringen. Das wäre Carla nicht passiert.

„Also, ich muss“, sie unterbrach sich und räusperte sich wieder, „ich muss jetzt wirklich weitermachen.“ Arbeit, Arbeit, Arbeit – die einzige Flucht, die sie kannte, und das einzige Terrain, auf dem sie sich sicher wähnte.

„Natürlich. Ich will dich nicht abhalten. Chefs können sehr unangenehm werden, wenn sie ihre Sachen nicht pünktlich bekommen.“

Hannah nickte. „Das können sie. Sehr sogar.“ Ihre Stimme hatte an Stärke gewonnen und so richtete sie sich auf und sah selbstbewusst auf den Bildschirm. Arbeit. Ihr Terrain.

„Dann arbeitest du bei Nils Hartmann, richtig?“

Verblüfft sah sie auf. „Woher …“

„Woher ich das weiß?“ Jan lehnte sich zurück. „Nils Hartmann ist der beste Werber in deiner Stadt. Und die Disziplin, die du an den Tag legst, deutet für mich darauf hin, dass du zu seinem Team gehörst.

---ENDE DER LESEPROBE---