Thomas und die Nonne - Christine Stutz - E-Book

Thomas und die Nonne E-Book

Christine Stutz

5,0

Beschreibung

Lord Thomas Davron lebt seiner Flucht zurückgezogen, versteckt in Indien. Er war unschuldig zum Tode verurteilt worden und konnte fliehen. Seitdem lebt er allein am Rande des Dschungels, nur umsorgt von seinem Diener und Freund Sirpa. Sein ruhiges Leben ändert sich schlagartig, als die kleine Nonne Maria Magdalena mit fünf Waisenkindern bei ihm auftaucht. Sie alle haben den Aufstand in Kalkutta überlebt und sind nun auf der Flucht. Thomas soll ihnen helfen, nach Madras zu kommen. Von dort will die Nonne ein Schiff nehmen um nach London zu kommen. Zuerst weigert Thomas sich. Die Nonne und die Kinder würden den Weg nicht schaffen. Doch Maria Magdalena kann Thomas überzeugen und so ziehen sie alle los, durch den Dschungel und den Bergkamm, Richtung Madras. Auf dem Weg dorthin, verliebt sich Thomas in die kleine, mutige, starke Frau. Doch Maria Magdalena ist eine Nonne und daher ihrem Orden verpflichtet..... Sie darf sich keinem Mann hingeben...

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Thomas und die Nonne

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Thomas

Und

Die

Nonne

1 Kapitel

1 Kapitel

Thomas sah sie auf sich zukommen und wischte sich ungläubig über die Augen. Das, was er sah, durfte nicht wahr sein. Er musste eingeschlafen sein und träumen. Anders konnte er es sich nicht vorstellen.

Eine kleine Nonne, an jeder Hand ein Kind und drei weitere neben sich, kam den langen staubigen Weg bis zu seinem Haus hoch. Wie hatte sie den Weg hierher finden können, überlegte er. Die Kinder von unterschiedlichem Alter sahen erschöpft und müde aus. Der älteste Junge führte ein altersschwaches Pferd am Zügel. Nein, er träumte nicht.

Fluchend rief Thomas nach seinem Diener und Freund. „Sirpa, schau dir das an!“ rief er ins geräumige Haus. Ein junger Inder kam aus dem Haus und zog nachdenklich seine Augen zusammen. „Eine Nonne, mit einer Menge Kinder, Tom“ sagte er überflüssigerweise. Der Inder rieb sich die Augen, so wie sein Freund vor kurzem.

„Das sehe ich auch!“ Thomas fluchte erneut. Was wollte dieser übergroße Pinguin von ihm? Weshalb kam sie mit der Kinderhorde hier zu ihm und störte seine mühsam erkämpfte Ruhe? Er wollte niemanden sehen. Schon gar nicht, jemand von der Kirche. Damit war er fertig.

Jetzt hatte die Nonne ihn fast erreicht, sie ließ die Kinder los, nickte dem Ältesten, einem etwa 15-Jährigem Jungen ernst zu und kam zu Thomas, die Treppe des alten Hauses hoch. Thomas betrachtete die Nonne. Höchstens 20-25 Jahre, älter konnte sie nicht sein, Thomas ließ seinen Blick über die schmale Gestalt wandern, ihre Haube war verrutscht und gab einige rote Locken frei, ärgerlich steckte sie sie wieder unter. Wunderschöne blaue Augen sahen zu ihm auf, sie hob ihre Hand und streckte sie ihm entgegen. Thomas musste lächeln, als er auf ihre Stupsnase sah, die sich witzig gegen Himmel richtete und ihrem Gesicht etwas Koboldhaftes gab. „Guten Morgen, Sir. Ich bin Maria Magdalena. Die Kinder und ich brauchen dringend ihre Hilfe.“Sagte sie leise, bittend, demütig. Ihre sanfte Stimme schien nicht zu dem Bild zu passen, das sie ihm vermittelte. In ihren Augen blitzte es auf, als er unwillig seinen Mund verzog. „Wir kommen aus Fort William. Es hat dort einen Aufstand gegeben, das Fort wurde überrannt. Wir konnten gerade noch fliehen und sind seit zwei Tagen unterwegs. Ohne Essen oder Wasser. Bitte, sie müssen uns helfen. Es wird nicht lange dauern und die Aufständischen werden auch hier sein. Niemand ist noch sicher.“ Jetzt hatte die junge Nonne Thomas Aufmerksamkeit geweckt. Er wandte sich zu seinen Diener um. „Hast du das gehört, Sirpa? Wir müssen flüchten. Pack die nötigsten Dinge ein und mach die Pferde klar.“ Sagte er streng. Dann wandte er sich an die junge Frau und schüttelte seinen Kopf. „Sorry Pinguin, aber mein Freund und ich reisen solo. Ich kann keine Familie brauchen. Nichts für ungut. Danke für die Warnung.“ Er wollte sich ins Haus begeben, doch die Nonne verstellte ihm energisch den Weg. „Sir, es sind Waisenkinder! Sie haben ihre Eltern verloren, als die Aufständischen das Fort überfallen haben! Wir wollen nach Madras und versuchen dort ein Schiff nach England zu bekommen! Und sie“ die Nonne hob ihren Finger und stieß Thomas hart auf die Brust. „Sie, Sir, werden uns dort hinbringen.“ Sie sah ihn stur an, ihre blauen Augen schienen Thomas zu durchbohren, als dieser sich nun langsam umwandte und zu den Kindern schaute, die näher gekommen waren, um ihrem Gespräch zu folgen. Fünf Kinder, die meisten keine sechs Jahre alt. Zu klein, um schnell zu reisen. Thomas schüttelte entschieden seinen Kopf. „Wie stellen sie es sich vor, Pinguin. Schließen sie sich einen der Flüchtlingstrecks an, dass ist sicherer für sie. Es werden doch bestimmt noch mehr Menschen unterwegs zur Koromandelküste sein. Sirpa und ich, wir werden einen Weg nehmen der viel zu gefährlich für Frau und Kind ist.“ Sagte Thomas widerwillig. Wieder glitt sein Blick über die Kinder. Wieder schüttelte er seinen Kopf.

„Es gibt keinen Treck! Wir haben keine anderen Menschen aus dem Fort flüchten sehen! Gideon und ich haben die vier anderen Kinder gefunden! Luise war eingeklemmt, lag neben ihrer toten Mutter! Samuel musste zusehen, wie ein Aufständischer seinen Vater erstochen hat! Carla hier“ Maria zog ein kleines Mädchen zu sich. „Carla hier hat sogar einen Aufständischen erschossen, als er ihren Bruder Paul abschlachten wollte!“ Sie zog einen anderen Jungen zu sich. Zwei kleine Kinder sahen jetzt mit unendlicher Traurigkeit zu Thomas auf. „Wir werden auch den Weg über den Bergpass nehmen! Entweder mit ihnen Sir, oder ohne sie!“ Maria wandte sich ab, als sie Thomas verschlossenes Gesicht sah. „Kommt Kinder, der Weg hierher war umsonst! Aus dem edlen Ritter der Tafelrunde ist ein hartherziger Barbar geworden!“ sagte sie unendlich traurig. Sie hatte hier umsonst auf Hilfe gehofft. Die Kinder begannen zu weinen, ihre Müdigkeit machte ihnen zu schaffen. Carla nahm ihren Bruder auf den Arm, das kleine, gerade mal 8 jährige Mädchen setzte sich ihn auf den Rücken. Gideon kam zum Mädchen und nahm ihn ihr schweigend ab. Maria setzte die anderen Kinder auf das alte Pferd und wandte sich zum großen Tor, als sich eine große Hand auf ihre Schulter legte. „Warte, Pinguin! Was sollte deine Bemerkung über Ritter der Tafelrunde!“ fragte Thomas. Er hielt sie fest, Maria schüttelte seine Hand ab, sie übergab Gideon das Pferd und wies ihn an, weiterzugehen, doch Thomas griff verärgert nach den Zügeln. „Los antworte gefälligst!“ befahl er grob.

Maria hob ihren Kopf. Ihre blauen Augen umfassten seine Gestalt, ein kleines Lächeln glitt über das Gesicht der Nonne. „Nun, Sir. Ihr seid Engländer, und dort auch aufgewachsen. Ich denke doch, ihr habt, wie alle Jungen, davon geträumt, Ritter oder Edelmann zu sein, Jungfrauen und arme Kinder zu beschützen“ erklärte die kleine Nonne ernst. „ Jetzt, da ihr dazu Gelegenheit habt, kneift ihr, Sir!“ Maria griff nach den Zügeln.

Thomas schluckte schwer, er schloss schwer seine Augen. Die Nonne dort, die ihm jetzt die Zügel zu entwenden versuchte, hatte einen wunden Punkt in seinen Innersten berührt. Seine sorglose Kindheit fiel ihn wieder ein, er hatte wirklich mit seinem besten Freund Ritter gespielt, hatte von großen Abenteuern geträumt. Vorn Räubern, Drachen und Ungeheuern.

„Also, Pinguin. Entweder hast du eine Direktverbindung zu deinem Chef dort oben“ Thomas hob seine Finger und wies in den Himmel. „Oder du weißt, wie man mit Worten kämpft! Keine Ahnung, wie du das mit den Rittern wusstest! Aber es hat gewirkt. Also gut. Komm rein mit den Kindern. Sie müssen unbedingt schlafen. Wir werden heute, wenn es dunkel wird, losgehen. Jetzt ist es zu gefährlich.“ Thomas nahm die kleinen Kinder wieder vom Pferd und wandte sich an Gideon. „Du scheinst ein ziemlich kluger Bursche zu sein, wie alt bist du?“ Er grinste, als Gideon ihn argwöhnisch ansah und weiter schwieg. „Gideon spricht nicht viel, Sir.“Antwortete Maria für den Jungen. „Er ist 15 Jahre alt. Er kann sehr gut mit einer Waffe umgehen.“ Sie ging zu den Jungen und nahm Paul, der auf Gideons Rücken eingeschlafen war. „Kommt ins Haus, Kinder, wir können dem Mann trauen.“ Sagte sie zuversichtlich.

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Thomas seufzte, sein Freund und Diener Sirpa zog verwundert seine Augen hoch, als dieser mit den Kindern und der kleinen Nonne zum Haus zurückkam. Doch Sirpa schwieg wohlweislich. „Mach mein Bett fertig, die Kinder müssen sich ausruhen, Sirpa. Und das Gästebett für unsere Fledermaus. Sie wird ebenso müde sein. Wir werden im Schutz der Dunkelheit losmarschieren, Sirpa.“ Befahl Thomas streng. Der Diener nickte nur.

„Wir haben auch Hunger Sir, seit zwei Tagen sind wir unterwegs ohne Nahrung“ Maria sprach leise, so als schämte sie sich, um etwas zu bitten. Thomas nickte grimmig und begab sich in die Küche des kleinen Hauses. Er hob seinen Arm und wies um sich. „Bediene dich, Fledermaus. Es wird wohl reichen, mitnehmen können wir eh nicht viel.“ Sagte er großzügig.

Maria nickte ihm dankbar zu und krempelte sich die langen Arme ihres Habitus hoch. Schweigend begann sie, Brote zuzubereiten. Eins der kleinen Kinder kam zu ihr und hielt sich an ihrer Kutte fest. Es steckte den Daumen in den Mund und gähnte herzhaft. „Luise, geh zu den anderen, ich bringe gleich etwas zu essen, danach geht’s ab ins Bett.“ Sagte die Nonne liebevoll. Thomas sah, die die Nonne sich zum Kind beugte und es liebevoll auf die Wange küsste, das Kind nickte und verschwand wieder.

„ Ich hoffe, du hast noch andere Kleidung dabei. Mit deinem langen Kostüm schaffst du es nie durch den Dschungel oder über den Bergpass.“ Sagte er bedächtig. Er lächelte als Maria herum schwang und ihn wütend anstarrte. „Zu ihrer Information, Sir! Es ist kein Kostüm! Es heißt Habit! Meine Kutte hat einen Namen. Und nein, ich trage nichts anderes!“ sagte sie wütend. Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. Es sah merkwürdig in der Kleidung aus.

„Nun, deine Haube kannst du ja behalten, wenn du dich damit besser fühlst, aber du wirst dich in eine meiner alten Hosen quälen müssen, Pinguin. Die beiden Mädchen auch. Es lässt sich nicht ändern, entweder das oder ich überlege es mir noch einmal!“ Thomas seufzte, eine Träne lief über das Gesicht der kleinen Nonne. Sie nickte ergeben und wandte sich wieder ihren Broten zu. „Ich kann dir ja beim Ankleiden helfen, wenn du mit einer Hose nicht zurande kommst“ sagte er grinsend, es juckte ihn, die kleine Frau vor sich herauszufordern.