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Diese werkgetreue Umsetzung als Roman umfasst den Inhalt des vierten Abenteuers aus den Piccolo-Comicheften 26-35 von Hansrudi Wäscher. - Eine Filmgesellschaft versetzt den Dschungel in Aufruhr und gefährdet die Tiere. Beherzt greift Tibor zu Gunsten seiner Freunde ein, doch es kommt noch schlimmer. Zwielichtige Schurken entführen den jugendlichen Hauptdarsteller des Dschungelstreifens und fordern ein Lösegeld. Tibor, selbst der Tat verdächtig, ist der Einzige, der den Menschenräubern im Urwald auf der Spur bleiben kann.
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Seitenzahl: 153
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Originalausgabe März 2013
Charakter und Zeichnung: Tibor © Hansrudi Wäscher / becker-illustrators
Text © Achim Mehnert
Copyright © 2016 der eBook-Ausgabe Verlag Peter Hopf, Petershagen
Lektorat: Edelgard Mank
Umschlaggestaltung: etageeins, Jörg Jaroschewitz
E-Book-Konvertierung: Thomas Knip | Die Autoren-Manufaktur
ISBN ePub 978-3-86305-195-2
www.verlag-peter-hopf.de
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Hansrudi Wäscher wird vertreten von Becker-Illustrators,
Eduardstraße 48, 20257 Hamburg
www.hansrudi-waescher.de
Alle Rechte vorbehalten
Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.
Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.
WIE ALLES BEGANN
EINS
ZWEI
DREI
VIER
Der junge Millionenerbe Gary Swanson erfüllte sich den Wunsch seiner Jugend. Von New York aus begab er sich auf Safari in den noch weitgehend unerforschten schwarzen Kontinent Afrika. Was wie ein Traum begann, entwickelte sich zu einem Albtraum.
Nach einem Ausflug zum Kilimandscharo geriet sein Flugzeug in eine ausgedehnte Schlechtwetterzone und stürzte ab. Swanson überlebte das Unglück nur leicht verletzt, konnte sich aber weder an seine Identität noch an seine Herkunft erinnern. Er hatte das Gedächtnis verloren.
Mit dem Willen zu überleben schlug er sich durch die Wildnis. Im Dschungel stieß Swanson auf einen von einem umgestürzten Baum eingeklemmten Gorilla und befreite ihn. Dafür bedachte ihn der große Affe Kerak mit dem Namen »Tibor«, was so viel bedeutet wie »der Hilfsbereite«.
Kerak brachte Tibor das Überleben im Dschungel bei und lehrte ihn die Sprache der Tiere. Schnell wurden sie zu unzertrennlichen Freunden.
Bei einem Kampf im Urwald erlangte Swanson sein Gedächtnis schließlich zurück. Er spielte mit dem Gedanken, in die Zivilisation zurückzukehren, entschied sich aber dagegen.
»Wir suchen uns ein schönes Plätzchen im Dschungel, der an die toten Sümpfe grenzt«, sagte Tibor.
Er konnte es kaum erwarten, an dem Ort anzukommen, den er als neue Heimat auserkoren hatte. Der Gorilla Kerak und er schwangen sich an Lianen durch die Kronen der Urwaldriesen Richtung Nordosten. Nach dem gefährlichen Abenteuer, das hinter ihm lag, wollte Tibor sich ein paar Tage der Ruhe gönnen. Es würde herrlich sein, für eine Weile keine anderen Menschen zu sehen. Plötzlich hallte das Echo eines Schusses durch den Urwald. Unwillkürlich hielt Tibor inne und lauschte.
»Ich fürchte, du hast dich zu früh gefreut.« Kerak hielt sich dicht an seiner Seite. »Der Knall kam aus der Richtung, in die wir wollen.«
»Das ist merkwürdig«, wunderte sich der Sohn des Dschungels. »Soweit mir bekannt ist, hat noch kein weißer Mann das Gebiet betreten, das vor uns liegt.«
»Die schwarzen Zweibeiner benutzen keine Donnerstöcke.«
»Nein, mein Freund.« Tibor griff nach einer Liane, um den Weg fortzusetzen. »Sehen wir nach, wer da geschossen hat.«
Kerak zögerte. »Vielleicht ist es besser, wenn wir uns nicht darum kümmern. Wir schlagen einen Bogen um dieses Gebiet und kehren später auf den richtigen Weg zurück.«
Tibor lauschte in sich hinein. Auch wenn er sich auf ruhige Tage freute, konnte er nicht die Augen davor verschließen, dass vielleicht etwas Unrechtes im Gange war. »Das geht nicht. Ich muss mich darum kümmern.«
»Aber warum?«, wollte der Gorilla wissen.
»Weil es nicht mehr viele Landstriche in Afrika gibt, in denen die Tiere unbehelligt von Menschen leben können. Die Jäger dürfen nicht überall hingehen. Sie müssen sich an die Gebiete halten, die ihnen von der Verwaltung in Nairobi zugewiesen werden.«
Andernfalls machten sie sich eines Vergehens schuldig, über das man nicht hinwegsehen durfte. Es genügte, dass weite Teile des schwarzen Kontinents erforscht und besiedelt wurden. Die Zivilisation drang immer weiter vor. Entsprechend schrumpfte der Lebensraum der Tiere, die Tibors Freunde waren. Diese Entwicklung gefiel ihm nicht.
Erneut hallte aus der Ferne das Donnern eines Schusses herüber.
»Hast du das gehört?«
»Ja.«
Für Tibor gab es kein Halten mehr. »Los jetzt, Kerak! Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich lasse nicht zu, dass jemand auf meine Freunde schießt.«
Eilig setzten die Gefährten ihren Weg fort. Sie kamen rasch voran. Längst war Tibor die Fortbewegung mit Hilfe von Lianen in Fleisch und Blut übergegangen. Er stand dem Gorilla in nichts nach, vielmehr hatte er ihn an Geschicklichkeit und Schnelligkeit überflügelt. Während sie sich von Baum zu Baum schwangen, lauschte er auf weitere Schüsse. Zum Glück blieben sie aus.
»Ich höre Geräusche«, sagte Kerak. »Jemand kommt auf uns zu.«
Tibor vernahm das Brechen von Holz und das Stapfen schwerer Schritte im Urwald. Dazwischen ertönten die ängstlichen Rufe von Tieren auf der Flucht. Es dauerte nicht lange, bis mehrere Elefanten durchs Unterholz brachen. Schreiende Affen begleiteten sie, Antilopen, eine Hyäne und andere Tiere. Sie stoben in blinder Panik durch den Urwald. Tibor spürte Zorn auf den unbekannten Verursacher dieses Durcheinanders in sich aufsteigen. Er wollte weiterstürmen, doch Kerak hielt ihn fest.
»Warten wir, bis sie vorbei sind! Die Tiere sind in Panik und trampeln alles nieder, was ihnen im Weg steht.«
»Ja, du hast recht. Danach ist der Weg frei.«
Die Freunde verharrten zwischen den Bäumen, während große und kleine Vierbeiner das Weite suchten. Endlich versiegte der Strom. Eine Weile noch war das Lärmen der flüchtenden Tiere zu hören, dann kehrte Ruhe ein. Am Fuß eines Urwaldriesen entdeckte Tibor eine Gazelle. Sie lag im Gras und stieß gequälte Laute aus.
»Warum läuft sie nicht mit den anderen weg?«, fragte Kerak.
Tibor ahnte es, als er den verkrümmt daliegenden Körper der Gazelle sah. »Weil sie dazu nicht in der Lage ist. Sie kann nicht weiter. Anscheinend hat sie sich etwas gebrochen.«
Eine kurze Untersuchung des verletzten Tiers bestätigte seine Vermutung. Es war so schwer verletzt, dass keine Aussicht bestand, es wieder auf die Beine zu bringen. Tibor griff nach dem Dolch, der seitlich in seinem Lendenschurz steckte, und zog ihn.
»Was hast du vor?«
»Ich kann der Gazelle nicht helfen. Wir können sie aber auch nicht so liegen lassen. Sie wird so oder so sterben. Ich bereite ihrer Qual ein Ende.«
Kerak betrachtete ihn wortlos. Schweren Herzens tat Tibor, was er tun musste. Er tötete die Gazelle mit seinem Messer, um ihr weiteres Leiden zu ersparen. Anschließend wischte er das Blut von der Waffe und steckte sie wieder weg. Sein Zorn auf den Schützen wuchs. Zumindest ein Tier hatte der Unbekannte auf dem Gewissen. Damit hatte er sich Tibor nicht zum Freund gemacht.
»Wenn ich den Burschen erwische, der mit seiner Schießerei Unglück über diesen Landstrich bringt, kann er sich auf etwas gefasst machen«, murmelte er und winkte dem Gorilla zu. »Komm, wir gehen weiter!«
Er kletterte an einem Baum hoch und ergriff eine Liane. Schon schwang er sich weiter. Kerak beeilte sich, seinem Freund zu folgen.
In Tibor brodelte es. Er war entschlossen, den Schützen zur Rechenschaft zu ziehen. Für dieses Gebiet gab es keine Jagdgenehmigung. Der Sohn des Dschungels eilte so schnell durch die Baumkronen, dass Kerak Mühe hatte, ihm zu folgen. Er glaubte nicht, dass der Unbekannte sich weit von der Stelle entfernt hatte, wo er die Schüsse abgegeben hatte.
Kerak rief protestierend hinter ihm her. »Warte auf mich!«
Endlich hielt Tibor inne. Es konnte nicht mehr weit sein. Er wollte vermeiden, dass auf ihn gefeuert wurde, weil man ihn irrtümlich für ein wildes Tier hielt. Er bedeutete Kerak, der ihn einholte, sich leise zu verhalten.
»Vorsicht jetzt! Wir müssen in der Nähe des Schützen sein«, raunte er.
»Ich mag die Donnerstöcke der Zweibeiner nicht.«
»Das weiß ich, mein Freund. Auch ich mag ihre Gewehre nicht.«
Geräuschlos ließen sie sich an den Lianen hinabgleiten. Tibor sah sich um. Der Unbekannte war nicht zu sehen. Er steckte irgendwo im Unterholz. Vermutlich lauerte er in einem Versteck auf Beute, die noch nicht geflohen war. Tibor streckte einen Arm aus.
»Dor drüben knackt der Repetierhebel eines Gewehrs«, flüsterte er Kerak zu. »Der Zweibeiner verbirgt sich zwischen den Büschen.«
»Ich höre einen Elefanten schnaufen.«
Tibor lauschte angestrengt. Kerak hatte sich nicht geirrt. Nun vernahm auch er selbst das Schnaufen des Dickhäuters. Kurz nur, dann verstummte es wieder. Was ging dort vor? Er zuckte zusammen, als ein Schuss jäh die Stille zerriss. Das schmerzerfüllte Trompeten des Elefanten folgte dem scharfen Knall. Tibor wusste sofort, was das bedeutete. Der graue Riese war getroffen.
Tibor vergaß jegliche Vorsicht. Er warf sich an die nächste Liane und schwang sich dorthin, wo der Schuss aufgepeitscht war. Kerak folgte ihm dichtauf, um seinem Freund in einem möglichen Kampf beizustehen. Sie flogen zwischen Astgabeln hindurch und über Unterholz hinweg. Das Schreien des Elefanten wies ihnen den Weg. Plötzlich lag ein freier Platz vor Tibor. Er blieb auf einem knorrigen Ast stehen, die Liane in der Hand. Aus aufgerissenen Augen starrte er ungläubig auf die Szene, die sich am Boden abspielte.
»Bei allen guten Geistern!«, entfuhr es ihm, »Das ist ja ein Junge!«
Der Halbwüchsige verharrte mit erhobenem Gewehr im Gras. Um seinen Oberkörper war ein Patronengurt gewunden. Am Rand der Lichtung stand der Elefant mit gesenktem Kopf. Seine Ohren schlackerten. Eine Verletzung konnte Tibor von seinem Standort aus nicht entdecken. Plötzlich kam Bewegung in den tonnenschweren Vierbeiner.
»Er greift den kleinen Zweibeiner an«, warnte Kerak.
Tibor durfte keine Sekunde warten. Wenn er zögerte, war der Kleine tot. »Lenke den Dickhäuter ab, Kerak!«, rief er seinem Freund zu. »Ich kümmere mich um den Jungen.«
Der Gorilla reagierte sofort. Er schnappte sich eine Liane und stieß sich von dem Ast ab. Dabei stieß er grunzende Schreie aus, um den grauen Riesen auf sich aufmerksam zu machen. Er schwang dicht vor dem Kopf des Elefanten vorbei, der für einen Moment verwirrt war und seinen Angriff unterbrach. Tibor handelte gleichzeitig mit seinem Freund. Mit einer Hand hielt er die Liane, die ihn trug, mit der anderen packte er den Jungen und zog ihn mit sich.
»Lass mich los!«, protestierte der Kleine. »Lass mich sofort los! Ich will den wilden Elefanten schießen.«
Er wehrte sich mit aller Kraft gegen seinen Retter, doch Tibor dachte nicht daran, der Aufforderung nachzukommen. Anscheinend wusste das Bürschchen nicht, in welcher Gefahr es steckte.
Kerak schwang sich weiterhin schreiend hin und her. Mit schwenkendem Rüssel folgte der Dickhäuter ihm. Er gab erst auf, als Kerak auf einen hohen Ast flüchtete, auf dem er dem Zugriff des Elefanten entzogen war. Der warf sich herum, um sich wieder auf sein ursprüngliches Opfer zu stürzen, doch er kam zu spät. Tibor hatte die Ablenkung genutzt, um sich und den Jungen in Sicherheit zu bringen.
Nun standen sie zwischen riesigen Bäumen, die sie vor dem Elefanten verbargen. Der Junge hielt das Gewehr umklammert, mit dem er das Durcheinander angerichtet hatte. Er bebte vor Wut. In seinem Gesicht zeichnete sich Verärgerung ab.
»Was fällt dir ein, mich um meine Jagdbeute zu bringen, du komischer Wilder?«, fuhr er seinen Retter patzig an.
»Darüber reden wir gleich noch. Zunächst gibst du mir das Gewehr.«
»Ich denke nicht daran.« Der Junge hob die Waffe. Die Mündung zeigte auf Tibors Brust. »Versuch nicht, es mir wegzunehmen! Ich schieße.«
Die Reaktion überraschte Tibor. Er hatte nicht gedacht, dass der Kleine so aggressiv war, auch ihn zu bedrohen. Blitzschnell packte er zu und riss das Gewehr an sich. Er war erleichtert, dass sich kein Schuss löste.
»Damit ist jetzt Schluss«, versetzte er. »Du hast schon genug Unheil angerichtet.«
»Warte, du! Gib mir das Gewehr zurück!«
Der Gesichtsausdruck des Jungen wurde noch wuterfüllter, doch das war Tibor egal. Er dachte nicht daran, dem Bengel die Waffe wiederzugeben. Der war imstande und ballerte weiter in der Gegend herum. Davon abgesehen, dass er eine Bedrohung für die Tiere darstellte, brachte er sich womöglich auch selbst wieder in Lebensgefahr. Tibor nahm das Gewehr beim Lauf und schlug es mit aller Wucht gegen einen Baumstamm. Der Kolben brach splitternd auseinander.
»Damit schießt niemand mehr«, sagte er zufrieden.
Der Junge starrte ihn fassungslos an. Er konnte nicht glauben, dass der Fremde seine Waffe zerstört hatte. Der funkelnde Blick in seinen Augen verriet Tibor, dass er sich am liebsten auf den um gut einen Kopf größeren Mann gestürzt hätte. Doch dazu fehlte ihm der Mut.
»Jetzt reden wir einmal vernünftig miteinander.«
»Mit dir rede ich überhaupt nicht.«
Tibor packte den Arm des Halbwüchsigen und hielt ihn fest. »Du wirst mir zuhören.«
»Nein. Lass mich endlich los, sonst wirst du es bereuen!«
Tibor merkte auf, als sein Freund zwischen den Baumkronen auftauchte. Kerak ließ sich an einer Liane herunter und gesellte sich zu ihnen. Neugierig betrachtete er den jungen Zweibeiner.
»Was ist mit dem Elefanten? Ist seine Verletzung schlimm?«, sorgte sich der Sohn des Dschungels um den Dickhäuter.
»Nein. Er hat nur ein Loch im linken Ohr. Das heilt wieder. Ich denke, die Verletzung schmerzt ihn gar nicht.«
Das Gesicht des Jungen hellte sich auf. »Jetzt durchschaue ich euch. Das habt ihr inszeniert, um mich kleinzukriegen, aber darauf falle ich nicht herein. Ihr habt einen Fehler gemacht, indem ihr MacDaffy in dieses mottenzerfressene Gorillafell gesteckt habt.«
Tibor begriff nicht, was der Junge meinte. Er schien der irrigen Meinung zu sein, Kerak sei kein echter Gorilla. Dabei sollte einer, der Jagd auf Tiere machte, es eigentlich besser wissen.
»Was hat er gesagt?«, fragte Kerak. »Wieso deutet er mit dem Finger auf mich?«
»Ich weiß zwar nicht genau, wovon der kleine Teufel spricht, aber zeige ihm mal deine Zähne, damit er begreift, dass du echt bist.« Tibor grinste. »Das wird ihm guttun und ihn hoffentlich auf andere Gedanken als das Schießen bringen.«
»Wie?«
»Mach schon!«, forderte Tibor seinen Freund auf.
»Wie du willst.« Kerak riss sein Maul auf und entblößte die beiden Reihen mächtiger Zähne. Dazu ließ er seinen berühmten Urwaldruf erklingen, der weithin zu hören war.
Der Junge stieß einen erschreckten Schrei aus. Er wich zurück, damit ihm die Zähne des großen Affen nicht zu nahe kamen. Er blieb stehen und schaute zwischen Tibor und Kerak hin und her.
»Vielleicht verrätst du mir jetzt, wer du bist und wie du hier herkommst.«
Der Junge lachte hämisch. Nach dem anfänglichen Schreck hatte er sich schnell wieder gefangen. »Stell dich nicht dumm!«, blaffte er. »Der Gorilla ist zwar echt, das gebe ich zu. Doch das besagt gar nichts. Bestimmt hat dich der Boss mit diesem dressierten, lahmen Affen eingestellt, um mich einzuschüchtern. Aber das schafft er nicht, denn darauf falle ich nicht herein. Er muss sich schon etwas Besseres einfallen lassen.«
»Ich weiß nicht, von welchem Boss du sprichst«, erwiderte Tibor. »Niemand hat Kerak und mich eingestellt.«
»Bei der ›Big Mammut‹ hat sich alles nach mir zu richten«, überging der Junge den Einwand, als hätte er ihn überhaupt nicht gehört. »Ich will jetzt auf Jagd gehen. Geh zum Boss und richte ihm das aus!«
»Ich sage es dir noch einmal. Ich kenne diesen Boss nicht, von dem du dauernd sprichst.« Der Bursche schaffte es wirklich, Tibor zur Weißglut zu treiben.
Trotzig verschränkte der Halbwüchsige die Arme vor der Brust. »Wenn du in zehn Minuten nicht mit einem anderen Gewehr hier bist, kann er mit der nächsten Einstellung warten, bis er schwarz wird.« Er lachte höhnisch. »Das kann er sich nicht leisten. Daher wird er tun, was ich verlange. Ohne mich ist er nämlich pleite, verstehst du?«
»Nein, das verstehe ich nicht. Dafür verstehe ich etwas anderes umso besser, nämlich dass du der ungezogenste Bengel bist, dem ich je in meinem Leben begegnet bin.«
»Was bildest du dir eigentlich ein?! Niemand wagt es, so mit mir zu sprechen.«
»Ich schon, wie du hörst. Anscheinend bist du es nicht gewöhnt, dass man dir die Wahrheit sagt.«
»Diese Frechheit wirst du büßen. Ein Wort von mir, und der Boss feuert dich. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Wenn du so weitersprichst, reißt mir die Geduld, und ich feuere dir eine.«
Wieder lachte der Junge. »Das möchte ich erleben, du Maulheld.«
Tibor platzte endgültig der Kragen. »Das kannst du haben.«
Seine Hand schnellte vor, und er packte den Jungen. Der wehrte sich nach Leibeskräften, doch gegen den kräftigen Mann kam er nicht an. Tibor legte ihn übers Knie und tat, was er angekündigt hatte. Der Junge schrie wie am Spieß.
*
Tornton machte sich große Sorgen um seinen Star. Teddy war ausgerissen, ohne ein Wort zu sagen. Obwohl die Dreharbeiten weitergehen mussten, trieb er sich allein im Dschungel herum. Dabei konnte ihm wer weiß was zustoßen. Der Dschungel war gefährlich, erst recht für einen Jungen. Überall lauerten gefährliche Tiere, und das wusste Teddy ganz genau.
»Was hat er sich bloß dabei gedacht?«, jammerte Tornton. »Was machen wir nur, wenn wir ihn nicht wiederfinden?«
»Beruhigen Sie sich! Wir finden ihn schon«, sagte Jane Night, die neben Teddy die weibliche Hauptrolle in dem Film spielte.
MacDaffy und Spencer hielten vergeblich Ausschau nach dem kleinen Rumtreiber. Zu viert suchten sie bereits seit einer geschlagenen Stunde nach ihm. Es war nicht auszudenken, wenn er einem wilden Tier zum Opfer gefallen wäre. Im Urwald waren allerlei unheimliche Geräusche zu hören.
Plötzlich hielt MacDaffy inne und hob eine Hand. Er bedeutete den anderen, leise zu sein. Nicht weit entfernt hörten sie Schreie. Tornton erkannte die Stimme auf Anhieb.
»Das ist Teddy.«
Sie hasteten zwischen den Bäumen hindurch, bis sich ihnen ein seltsames Bild bot. Ein weißer Mann hockte auf einer knorrigen Baumwurzel und hatte Teddy übers Knie gelegt.
»Was hat das zu bedeuten?«, entfuhr es MacDaffy.
Jane stieß einen ersticken Schrei aus. »Teddy!«
Tornton glaubte seinen Augen nicht zu trauen. »Ist dieser Wilde wahnsinnig geworden? Er versohlt unseren Star.«
Die kleine Gruppe lief hinüber, um dem Wilden Einhalt zu gebieten.
*
Rufe drangen zu Tibor herüber. Als er aufsah, kamen drei Männer und eine Frau auf ihn zugelaufen. Sie machten einen verstörten Eindruck auf ihn.
»Lass sofort den Jungen los, Bursche!«, fauchte einer der Männer. Er trug einen breitkrempigen Hut und hatte einen Pistolengurt um die Hüften geschnallt.
»Gib es ihm, MacDaffy!«, rief der Junge den Ankömmlingen entgegen.
Tibor setzte den Bengel auf dem Boden ab. Ohne zu fragen, was geschehen war, stürzte MacDaffy sich mit bloßen Fäusten auf Tibor. Geschickt tauchte der Sohn des Dschungels unter dem Schlag weg. Die Attacke des Angreifers ging ins Leere. Tibor traf dafür umso besser. Seine Faust krachte MacDaffy unters Kinn und warf ihn von den Beinen. Er rührte sich nicht mehr.