Tiroler Alltagsleben im Ersten Weltkrieg - Lukas Morscher - E-Book

Tiroler Alltagsleben im Ersten Weltkrieg E-Book

Lukas Morscher

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Beschreibung

Ein einzigartiger Einblick in den Tiroler Alltag zur Zeit des Ersten Weltkriegs: Zeitungsberichte und eindrucksvolle Bilder erzählen von der Angst um die Männer an der Front, vom Schmerz über die Teilung des Landes, aber auch von weiblicher Feuerwehr, abenteuerlichen Heiratsannoncen und vielem mehr ? so lebten die Menschen in Nord-, Süd- und Osttirol sowie im Trentino. Mit zahlreichen Farbabbildungen.

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Seitenzahl: 306

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HAYMONverlag

Lukas Morscher

TirolerAlltagslebenimErstenWeltkrieg

Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge 55

Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Kulturinstitut.

© 2014HAYMON verlagInnsbruck-Wienwww.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-3599-6

Umschlag- und Buchgestaltung, Satz:

hœretzeder grafische gestaltung, Scheffau/Tirol

Grafische Nachbearbeitung der Abbildungen: Benno Monz

Abbildungen: Wenn nicht anders angegeben, Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

Umschlagbild: Richard Müller

S. 67, 86, 97, 164: Innsbrucker Nachrichten

S. 24, 26, 33, 37, 38 (kleines Bild), 40 (kleines Bild), 46, 59, 63, 71, 72, 73, 85, 119, 123, 151, 156, 160, 188, 193 (kleines Bild), 204, 206, 209, 221, 222, 226: Kurt Klieber

S. 131: Hannelore Michlmayr

S. 70, 109, 127, 134: Richard Müller

S. 111: Arnold Stabinger

Bildnachweis: Trotz intensiver Bemühungen konnten nicht alle InhaberInnen von Bildrechten ausfindig gemacht werden. Für entsprechende Hinweise ist der Autor dankbar.

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

Inhalt

VORWORTE

Warum dieses Buch?

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen in und für Tirol

1914

1915

1916

1917

1918

1919

1920

1921

1922

Lukas Morscher

Zum Autor

VORWORTE

Herwig van Staa

Tiroler Landtagspräsident

Bewegte Zeiten

Hatten die Menschen noch mit Freudenskundgebungen die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an das Königreich Serbien am 28. Juli 1914 aufgenommen und gehofft, dass die Gegner in einer Art Blitzkrieg rasch besiegt würden, so wurden sie – auch in Tirol – rasch eines Besseren belehrt. Gerade in Tirol zeigten sich die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung sehr rasch, zumal im Vergleich zu den anderen Kronländern eine überaus hohe Zahl an Wehrfähigen eingezogen wurde, die in der Folge im vorwiegend bäuerlich strukturierten Land bei den Ernten besonders fehlten. Aber auch in den Städten kam es aufgrund der Lebensmittelknappheit und des Arbeitskräftemangels sehr bald zu dramatischen Entwicklungen. Viele Menschen lebten in für heutige Zeiten unvorstellbarer Armut und litten Hunger. Dazu kamen noch die unzähligen Toten an der Front und die verwundeten Soldaten, die oft schwer traumatisiert in ihre Heimat zurückkehrten.

Mein herzliches Dankeschön an Lukas Morscher, der sich im Rahmen seiner Alltagsleben-Buchreihe auf bewährte Weise mit dem Alltag in Tirol von 1914 bis 1922 auseinandergesetzt und diese so schwierige, aber auch spannende Zeit auf eindrucksvolle Art und Weise aufgearbeitet hat. Mit bewegenden, ergreifenden und beeindruckenden Geschichten und Bildern aus dem Tiroler Alltag dieser Jahre ist es ihm gelungen, eine faszinierende Dokumentation jener Zeit zusammenzustellen. Es lag diesmal in der Natur der Sache, nicht nur die Alltagsgeschehnisse in der Landeshauptstadt Innsbruck, die auch ein wichtiges Identifikationsmerkmal für Gesamttirol war, genau unter die Lupe zu nehmen. Gerade der Blick auf das gesamte historische Tirol in all seiner Vielfalt kurz vor seinem Zerreißen macht das Buch umso spannender. Die Tatsache, dass der Autor ganz bewusst auch noch die ersten Jahre nach Kriegsende mitberücksichtigt hat, ermöglicht es den Leserinnen und Lesern, einen Blick auf diese gerne vergessenen Aufbaujahre, in denen weiterhin der Kampf ums Überleben im Mittelpunkt stand, zu werfen.

Innsbruck, April 2014

Christine Oppitz-Plörer

Bürgermeisterin und Kulturreferentin der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck

Wie ein Phönix aus der Asche …

Mit seinen drei bisherigen Alltagsleben-Bänden hat Lukas Morscher viel Amüsantes, Skurriles, Bewegendes, Tragisches und Interessantes des Innsbrucker Alltagslebens aus den Jahren 1830 bis 1980 zusammengetragen. Diese Bücher haben in der Innsbrucker Bevölkerung eine sehr wohlwollende Aufnahme gefunden, was mich als Bürgermeisterin besonders freut.

Noch mehr freut mich, dass unser Innsbrucker Stadtarchivar seiner Sache nicht müde wird und Sie, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, nun den vierten Band seiner erfolgreichen Reihe in Ihren Händen halten. Den Fokus legt er diesmal auf das gesamte historische Tirol und schildert das harte Leben der Menschen während des Weltkriegs und in den ersten Nachkriegsjahren. Natürlich spart er dabei den Blick auf die Landeshauptstadt nicht aus.

Das Buch endet bewusst nicht mit Kriegsende 1918, sondern zeigt auch die Zeit während der italienischen Besatzung. Plötzlich von Südtirol getrennt, gab es verschiedene Bestrebungen für Autonomie, aber auch Anschluss. Für die Menschen brach damals in so wenigen Jahren die Weltordnung, wie sie sie kannten, zusammen und sie standen plötzlich vor dem Nichts.

Die Geschichten von damals sind oft tragisch, aber stets fesselnd: Durch zahlreiche Waisen und Witwen sah sich Tirol plötzlich mit einem Sozialproblem unbekannten Ausmaßes konfrontiert. Einschränkungen entstanden oft innerhalb weniger Tage. Müller und Bäcker waren von einem Tag auf den anderen kraft ihres Amtes wichtiger als die Hofräte der Landesregierung. Es sind Geschichten aus einer Zeit der Orientierungslosigkeit, die unter die Haut gehen.

Und doch konnte sich unser Bundesland mit vereinten Kräften wieder erholen und stieg schließlich wie der Phönix aus der Asche. Heute können wir uns glücklich schätzen, in einem Land mit einer derartig bewegten Geschichte zu leben.

Im Namen der Stadt Innsbruck bedanke ich mich bei Lukas Morscher für eine weitere faszinierende Alltagschronik in Buchform.

Innsbruck, April 2014

Lukas Morscher

Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck

Warum dieses Buch?

Die zahlreichen und überaus positiven Rückmeldungen zu den ersten Bänden der „Alltagsleben“-Reihe haben mich (und den Verlag) dazu bewogen, den Band, den Sie nun in Händen halten, in Angriff zu nehmen. Wie auch bei den letzten Büchern hat mir die Arbeit großes Vergnügen bereitet, ich habe enorm viel gelernt. Der Spaß am Recherchieren und Zusammenstellen steht für mich im Vordergrund.

Was die Arbeit an diesem Buch von den anderen unterschieden hat, ist, dass es weniger zu lachen gibt. Die hier dokumentierte Zeit ist von tragischen Ereignissen geprägt, jedoch geht das alltägliche Leben natürlich trotzdem weiter. Es handelt sich wie bei den anderen Bänden auch nicht um ein Geschichtsbuch, sondern um eine Auswahl von Zeitungsartikeln.

Ein Krieg ist mit dem offiziellen Kriegsende nicht einfach vorbei, die folgenden Jahre sind für die Menschen oftmals noch viel schlimmer. Ich habe die Jahre bis 1922 daher miteinbezogen. Niemand erinnert sich heute noch an die bayerische oder die italienische Besetzung Tirols nach 1918, die Hungersnot, daran, wie der Verlust Südtirols die Menschen getroffen hat, die verzweifelten Versuche eines Anschlusses an Deutschland und vieles andere. Ich wollte diese Themen, die ja dann auch die Ausgangslage für den Zweiten Weltkrieg in Tirol bildeten, unbedingt in Erinnerung rufen. Und wenn möglich, immer aus dem Blick des einfachen Durchschnittsmenschen.

Im vorgegebenen Umfang eines Buches das gesamte historische Tirol abzubilden, ist schlichtweg unmöglich. Trotzdem wollte ich zumindest Schlaglichter auf die verschiedenen Orte und Gegenden des Landes werfen. Nur so kann ein Bild der Gesamtsituation entstehen. Niemand ahnt heute, dass es auch auf dem Land Hunger gegeben hat: Menschen, die nicht selbst Flächen bewirtschaften konnten, waren am Land noch schlechter versorgt als in den Städten. Die Kriegsgewinnler, die über Nahrung verfügten, nutzten dies manchmal skrupellos aus. Dass die Verteilung der Zeitungsartikel trotzdem ein gewisses Übergewicht mit Innsbruck hat, liegt daran, dass einerseits die Landeshauptstadt mehr Resonanz in den damaligen Medien gefunden hat und ich mich andererseits wieder für die „Innsbrucker Nachrichten“ als Hauptquelle entschieden habe. Der Südtiroler Landesteil findet darin wenig Berücksichtigung, das Trentino beinahe gar keine. Aber auch Osttirol ist nur dünn vertreten, wobei mich besonders freut, dass es nun einen eigenen Osttirol-Band in der „Alltagsleben“-Reihe gibt, zusammengestellt von Frau Mag. Dr. Gertraud Zeindl. Ich bitte also um Nachsicht, wenn Ihr Ort, Ihr Tal oder Ihre Region nicht in dem Ausmaß verzeichnet ist, wie Sie es sich wünschen würden. Es ist keine Missachtung, sondern es geht in diesem Buch darum, einen Gesamteindruck vom Tirol unserer (Ur-)Großväter und (Ur-)Großmütter zu bekommen. Und vielleicht ist es ja auch ein Ansporn, selbst in alten Zeitungen zu schmökern.

Die Bilder in diesem Buch stammen größtenteils aus der Sammlung des Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck und der unglaublichen Privatsammlung von Kurt Klieber. Vor allem die Bilder und Dokumente von Kurt Klieber sind meist bislang unveröffentlichte Unikate und teilweise sensationell. Ich danke ihm dafür ganz herzlich! Alle Bilder stehen in einem Zusammenhang mit den jeweils benachbarten Texten. Manchmal ist diese Brücke nicht auf den ersten Blick erkennbar, aber nehmen Sie sich die Zeit und vollziehen Sie diese nach. In einer Periode, in der es um das nackte Überleben geht, haben nur die Wenigsten die Muße zum Fotografieren. Daher war ich gezwungen, bei der zeitlichen Zuordnung einigermaßen „großzügig“ sein.

An dieser Stelle möchte ich mich bei Mag. Dorothea Zanon vom Haymon Verlag ganz herzlich bedanken. Sie sorgt bereits von Anfang an energisch dafür, dass ich mich an die Vorgaben halte, und unterstützt mich bei der Bildauswahl. Danke nochmals auch an Kurt Klieber, dass er mich vollkommen unkompliziert in seiner Sammlung stöbern und auswählen ließ. Besonderer Dank auch an Benno Monz, der aus reiner Freundschaft seinen Ruhestand vorübergehend verließ, um meine Bilder grafisch aufzubereiten. Eine unglaubliche Leistung hat Frau Vera Hochschwarzer, Satzlabor Innsbruck, vollbracht: Sie hat in kürzester Zeit die Texte auf Papier mit großem Sachverstand in eine Datei verwandelt: Wahre Zauberei!

Daneben haben viele weitere Personen am Entstehen dieses Buches mitgewirkt, auch ihnen sei gedankt.

Der größte Dank aber geht an Sie, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, dass Sie das Buch gekauft haben. Es bestätigt Ihr Interesse an dieser Form der Aufbereitung dieses besonderen Themas. Das freut mich sehr.

Innsbruck, Juni 2014

Der Erste Weltkrieg und seine Folgen in und für Tirol

Der US-amerikanische Historiker George F. Kennan hat 1979 den Ersten Weltkrieg als die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet. Kaum ein anderes Zitat beschreibt die Bedeutung dieser Tragödie für Europa besser. Besonders für das Gebiet des sogenannten historischen Tirol, also Nordtirol, Südtirol und das Trentino, bedeuteten die Ereignisse des Ersten Weltkrieges eine einzigartige Zäsur.

Mit dem Anschluss Tirols an das internationale Eisenbahnnetz im Jahre 1858 konnte der strukturelle und gesellschaftliche Rückstand des Landes weitgehend aufgeholt werden. Mit den Gästen, die nun rasch und unkompliziert ins Land gelangen konnten, entstand ein neuer Wirtschaftszweig: der Fremdenverkehr. Schnell etablierten sich erste Zentren wie Meran, Gries bei Bozen oder die Dolomiten. Kurz darauf folgten Igls und Kitzbühel. Natürlich florierte dieses Geschäft mit Besuchern aus der ganzen Welt nur im Sommer. Wintertourismus folgte erst mit der Eröffnung der Seilbahnen in den 1920er Jahren. Mit den Gästen aus der weiten Welt kamen auch neue Ideen, Moden und Geisteshaltungen in das Land, die das Verhalten der Bevölkerung beeinflussten.

Die Eisenbahn brachte aber auch wirtschaftliche Veränderungen. Erste Fabriken modernen Zuschnitts entstanden, neue Produkte drängten auf den Markt. Das traditionelle Handwerk wurde von industriell erzeugten Waren schrittweise verdrängt.

Vor allem zwei Klammern hielten diese nicht nur vorteilhaften Prozesse zusammen: ein starrer Katholizismus und eine enorme Loyalität dem Kaiserhaus gegenüber.

In diesem Umfeld bestand die klare Überzeugung, dass der Kaiser den Krieg „selbstverständlich“ gewinnen würde. Dass die Tiroler Truppen an der Ostgrenze der Monarchie unter schrecklichen Verlusten eingesetzt wurden, nahm die Bevölkerung weitgehend kritiklos hin. Unter welchen Umständen tausende Männer und Söhne sinnlos ihr Leben verloren, war in Tirol nicht bekannt. Die Aufarbeitung dieses Kapitels der Tiroler Geschichte ist bis heute nicht abgeschlossen.

Es ist anzunehmen, dass unmittelbar vor und zu Beginn des Krieges weiten Teilen der Bevölkerung nicht klar war, welche Dimension der Konflikt annehmen würde – ein Straffeldzug gegen Serbien und ein Krieg des deutschen Kaisers mit Frankreich, mehr nicht. Entsprechend euphorisch wurde der Kriegsbeginn gefeiert. Die Losung „Zu Weihnachten ist der Krieg aus“ machte die Runde. Nur die wenigsten ahnten, dass es viermal Weihnachten werden würde, bis wieder Friede herrschen sollte. Und danach würde die Welt der Tirolerinnen und Tiroler eine völlig andere sein.

Den Kriegseintritt Italiens 1915 verwandelte die Propaganda zu einem „Jetzt erst recht!“, was von der Bevölkerung auch weitestgehend akzeptiert wurde. Die historische Brücke zum Freiheitskrieg 1809 und Andreas Hofer war hier eine oft gebrauchte Metapher. Der Krieg im Hochgebirge gilt bis heute als der höchst gelegene Kriegsschauplatz der Welt. Die unzulängliche Versorgung, die Gefahr durch Lawinen und die mangelnde Ausrüstung waren bald die ärgsten Feinde der Soldaten auf beiden Seiten. Die militärischen Leistungen und die Dauer dieser Auseinandersetzung geben Zeugnis der Verbissenheit, mit der dieser Konflikt ausgetragen wurde.

Der sich schon bei Kriegsende abzeichnende Verlust Südtirols und des Trentino wurde von der gesamten Bevölkerung als überaus schmerzlich und ungerecht empfunden. In ganz Tirol hielt man zahlreiche große Protestversammlungen ab, reichte Petitionen ein, startete Aufrufe, und auch mit anderen Maßnahmen wurde – allerdings vergeblich – versucht, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Südtirolfrage zu lenken.

Neben der militärischen Niederlage und dem Verlust eines Teiles des Landes wurde wohl auch die italienische Besetzung der Landeshauptstadt Innsbruck und einiger anderer Städte Nordtirols als besonders schmachvolle Erniedrigung empfunden. Das italienische Militär verhielt sich der Zivilbevölkerung gegenüber überaus korrekt und stellte mehrfach Lebensmittellieferungen zur Verfügung. Auch sonst legten die Befehlshaber großen Wert auf eine positive Wahrnehmung der Besatzungsmacht. Gleichzeitig begann in Südtirol eine sehr energische Italienisierungspolitik, die der deutschsprachigen Bevölkerung harte Maßnahmen auferlegte.

Die Bevölkerung Nordtirols hatte vor allem existenzielle Sorgen. Die ohnehin schon schlechte Versorgung mit Lebensmitteln während der Kriegsjahre wurde noch deutlich geringer. Stundenlanges Anstehen für kleinste Rationen war üblich. Manchmal vergebens. Besonders Milch, Brot, Zucker und Fleisch waren kaum zu bekommen. Auch auf dem Land war die Versorgung zum Teil sehr schlecht. Vor allem für diejenigen Familien, die über keine eigenen Möglichkeiten zur Lebensmittelproduktion verfügten, war die Situation bedrohlich. Bis sich in dieser Beziehung wieder normale Verhältnisse einstellen konnten, hat es einige Jahre gedauert.

Die geschwächte Bevölkerung konnte dem Ausbruch der Spanischen Grippe umso schlechter beikommen. In Tirol starben daran einige tausend Menschen binnen weniger Monate.

Das Vertrauen der Menschen in den neuen Staat war nur gering ausgeprägt. Dieser Reststaat, der noch wenige Jahre zuvor das Zentrum eines der mächtigsten Staaten der Welt war, erschien den meisten nicht lebensfähig. Als eine – für viele die einzige – mögliche Lösung galt der wirtschaftliche und politische Anschluss an Deutschland. Eine Idee, die begeisterte Anhänger fand. Am 21. April 1921 fand in Tirol eine entsprechende Volksabstimmung statt, die mit etwa 99 Prozent für einen Anschluss ausging. Dieses Referendum blieb allerdings ohne Konsequenzen.

Durch die desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Krieg begannen die Preise immer schneller und stärker zu steigen. Die Folge war eine rasant um sich greifende Inflation, die die letzten Reserven der Bevölkerung in kürzester Zeit vernichtete. Erst durch internationale Hilfe und eine Währungsreform konnte vorübergehend eine Stabilisierung der Währung erreicht werden.

Diese Umstände waren Mitursachen des wenige Jahre später folgenden Aufstiegs des Nationalsozialismus in Österreich und Deutschland.

1914

23. JÄNNER

Oberrasen, 20. Jänner (Rauferei)

Am 19. ds. Monats lieferten Holzfuhrknechte wie gewöhnlich Bretter von Antholz heraus und begegneten in Oberrasen zurückkehrenden Fuhrleuten von Antholz, mit denen sie sofort in Streit und Kampf gerieten. Außerhalb des Dorfes trafen dieselben mit dem Bierführer von Bruneck zusammen, setzten ihm aber ohne namhaften Grund so zu, daß er zum Messer griff und ihnen mehrere leichte Stiche beibrachte. – Am 18. nachts wurde in Antholz ein Bursch nach einer Rauferei über eine Stiege geworfen und starb an den Verletzungen. – Aus Saufereien gibt’s Raufereien und zuletzt Laufereien. Und wer trägt die Schuld? Pustertaler Bote (Brunecker Zeitung), Nr. 4, S. 14.

20. FEBRUAR

Wach- und Schließgesellschaft Bozen

Im Monate Jänner wurden von den Wächtern der Wach- und Schließgesellschaft Bozen-Gries als offen gefunden gemeldet: 892 Haustore, 6 Werkstätten, 7 Lagerräume, weiters wurden 10 im Schlosse stecken gebliebene Schlüssel abgegeben. Verkaufs- bezw. Geschäftslokale waren 4 unverschlossen. Wasserläufe wurden 9 verschlossen und an 18 Stellen wurde das Licht ausgeschaltet. Geöffnet wurde 8 Abonnenten. In Stallungen wurden 18 Pferde losgerissen angetroffen und bei 5 Pferden fanden sich anderweitige Unordnungen. Außerdem wurden mehrere Individuen, welche sich in Ställen und sonstigen Räumlichkeiten bei Abonnenten eingeschlichen haben, betreten und weiterbefördert. Anderweitige Meldungen wurden 43 erstattet. Bozner Nachrichten, Nr. 21, S. 4.

Ein Blick auf Wörgl gegen Norden mit dem Pendling. Die Aufnahme dürfte um ca. 1930 entstanden sein.

Bauernhöfe in Eichlwang bei Kufstein um 1920.

7. MÄRZ

Zurückgekehrt

Zur Meldung über das Verschwinden des Schweinehändlers Eisenmann, genannt Fackentod, wird uns von Westendorf berichtet: Der von Kufstein seit 12. Februar abgängige Händler Eisenmann hat hier Schweine gekauft und dieselben am 28. Februar nach Kufstein aufgegeben; derselbe ist nun heil und gesund wieder nach Kufstein zurückgekehrt. IN, Nr. 54, S. 3.

7. MÄRZ

Jung verdorben

Wie man uns aus Kundl schreibt, entwendete die 18jährige Anna Janschitz aus Wörgl am 3. ds. Mts. dort dem Holzhändler Georg Hechenblaikner den Betrag von 950 Kronen und suchte mit der Bahn das Weite. Die bereits vorbestrafte Diebin ist mittelgroß, schlank, trägt vermutlich städtische Kleider, hat blasses nicht unschönes Gesicht; vermutlich wird sie nun das Geld in leichtsinniger Gesellschaft verjubeln. IN, Nr. 54, S. 3.

Dieser Lkw mit der Nummer 14 auf der Beifahrertür könnte ein Auslieferungsfahrzeug der Marke Chevrolet der ETAB (Erste Tiroler Arbeiterbäckerei) um 1920 sein.

12. MÄRZ

Heirat

Nettes Fräulein, 22 J. alt, aus christl. Familie, hübsche Erscheinung, blond, sehr wirtschaftlich erzogen, sucht mangels Gelegenheit zwecks Heirat mit einem soliden christl. Herrn in guter, gesicherter Lebensstellung bekannt zu werden. – Witwer mit einem Kinde nicht ausgeschlossen.

Offerte mit Photographie unter „Glückliches Heim“ hauptpostlagernd. IN, Nr. 58, S. 9.

12. MÄRZ

Heirat!

Welche intell., hübsche, brave Blondine, Erzieherin zc., nicht über 30 J. alt, hat Lust, mit einem Witwer mit Kindern behufs Ehe in Briefwechsel zu treten?

Briefe mit Bild u. Lebenslauf erbeten unter „Guter Kaufmann“ hauptpostlagernd Innsbruck. Verschwiegenheit Ehrensache. Scherz verbeten. IN, Nr. 58, S. 9.

12. MÄRZ

Sympathische Witwe,

kommerziell und universell gebildet, 38 Jahre alt, unabhängig, repräsentationsfähig, schöne Figur, gutmütig und akkomodationsfähig, sucht entsprechenden Wirkungskreis hier oder auswärts. Gefl. Zuschriften unter „Geschäftstüchtig“ an d. Verwalt. IN, Nr. 58, S. 9.

30. MÄRZ

Subventionierung von Lasten-Automobilen

Nach den neu ausgearbeiteten „Bestimmungen für die Subventionierung kriegsbrauchbarer Lastenautomobile“ wird die Heeresverwaltung künftighin bestimmte, um den Preis von 26.500 Kronen käufliche, aus einem Motorwagen und Anhängewagen bestehende Motorlastzüge mit einer Prämie von 10.000 Kronen subventionieren, so daß für den Käufer des Motorlastzeuges nur ein bar zu bezahlender restlicher Kaufschilling von 16.500 Kronen verbleibt. […]IN, Nr. 71, S. 5.

24. APRIL

Opfer des strengen Winters

Aus Achenkirch wird uns unterm 23. d. Mts. berichtet: Durch die ungeheure Schneelawine, die in diesem Winter, wie wir seinerzeit berichtet haben, entlang des Seeberges losgebrochen und zum größten Teile in den See gestürzt ist, sind auch eine Menge Gemsen (die Jäger glauben mindestens 40 bis 50 Stück) zugrunde gegangen. Aus den am Ufer von der Lawine verbliebenen Schneemassen sind bis jetzt sieben Gemsen ausgeapert und dürften noch einige zu Vorschein kommen. Der Großteil wird aber im See begraben sein. IN, Nr. 92, S. 4.

2. MAI

Zur Eröffnung der Haller Alpensöhne-Hütte …

… erhalten wir folgende Zuschrift: Die Westwand des Haller Zunderkopfes wurde vom untersten Sockel bis zur Gratfortsetzung zum Gipfel im Herbste vorigen Jahres von Julius Mair und Hans Gollner, Mitglieder der Alpensöhne, zum erstenmal durchklettert. Diese Tour ist sehr interessant, ihrer Schwierigkeit wegen aber nur für tüchtige Kletterer zu empfehlen. IN, Nr. 99, S. 9.

Am Achensee reichen die Felswände teilweise bis direkt ans Wasser, so dass auch Lawinen in den See abgehen können. Diese Aufnahme zeigt wahrscheinlich den Blick gegen Pertisau um 1920.

4. MAI

Blinder Feuerlärm

Aus Fulpmes meldet man uns: Gestern gegen 9 Uhr abends wurden die Bewohner von Fulpmes durch Feuersignale in Schrecken versetzt; in der Richtung gegen Neustift bemerkte man starke Feuerröte. Es war aber nur der Schein des Feuers, das im Kalkofen zu Neder angemacht worden war, ohne daß hievon die Nachbarsgemeinde verständigt worden wäre. Solche Fälle sind übrigens schon mehrere vorgekommen. Man sollte doch einmal energisch verlangen, daß die Kalkbrennerei die Zeiten, wann Feuer gemacht wird, bekannt geben muß, damit unsere Feuerwehr nicht immer unnötig alarmiert wird. IN, Nr. 100, S. 4.

5. MAI

Große Feuersbrunst in Südtirol

Wie uns ein Privattelegramm aus Südtirol meldet, ist im Dorfe Stenico in Judikarien heute nachts ein Brand ausgebrochen, dem fast die ganze Ortschaft zum Opfer fiel. Von den 155 Häusern, welche Stenico hat, sind mehr als neunzig ein Raub der Flammen geworden, über 600 Personen von der 940 Köpfe zählenden Bewohnerschaft sind obdachlos geworden. Das Postamt ist unversehrt geblieben. […]

Die Ursache des Brandes ist noch nicht bekannt, man vermutet aber, daß das Feuer gelegt worden ist.

Aus Tione kamen zwei Kompagnien des 22. Feldjägerbataillons zur Hilfeleistung. Auch die Feuerwehren des ganzen Bezirkes beteiligten sich mit Erfolg an den Löscharbeiten. Die Häuser des Ortes sind zumeist mit Stroh gedeckt. IN, Nr. 101, S. 7.

Blick auf Fulpmes gegen den Habicht und die Gletscher 1927.

An der Tatsache, dass ein Verkehrsunfall sogleich Schaulustige anlockt, hat sich leider bis heute nichts geändert.

6. MAI

Tiroler Preisranggeln

Aus Steinhaus schreibt man uns: Das hiesige Vergnügungskomitee veranstaltet am 19. ds. Mts. hier ein großes Tiroler Preis-Ringen mit Besten von 280 Kronen. An diesem Ranggelfeste werden Wettkämpfe zwischen Ahrntalern, Zillertalern und Unterinntalern stattfinden. IN, Nr. 102, S. 9.

12. MAI

Amerikanische Gäste in Innsbruck

Gestern abends sind mit einem Sonderzuge 165 amerikanische Hoteliers mit ihren Damen aus Salzburg in Innsbruck angekommen, auf der letzten Etappe der Europareise, welche die Hoteliers zum Studium der Hoteleinrichtungen auf mehreren Kontinenten unternahmen. Die amerikanischen Gäste, welche mit dem Dampfer „George Washington“ des Norddeutschen Lloyd am 23. April in Plymouth anlangten, haben bisher London, Ostende, Brüssel, Köln, Frankfurt, Berlin, Wien und Salzburg besichtigt, heute erfolgte ihre Weiterreise nach München, von dort begeben sie sich nach Paris und von Boulogne aus erfolgt dann die Rückreise in die Heimat.

Zu Ehren der Gäste, die um 7 Uhr 15 Min. hier eintrafen, trugen die größeren Hotels und Restaurants Flaggenschmuck. […]IN, Nr. 107, S. 8.

2. JUNI

Linksfahren in Oesterreich

Ab 1. November wird nach dem „N. Wr. Tagbl.“ die Fahrordnung in allen Kronländern mit Ausnahme von Istrien und Vorarlberg endlich vereinheitlicht werden. Bekanntlich wurde bisher nur in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Krain, Küstenland, Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien links gefahren, wogegen in Kärnten, Tirol, Triest, Görz, Dalmatien, Istrien und Vorarlberg das Rechtsfahren die Norm bildeten. Nun soll die Fahrordnung „Links fahren“ auch in allen jenen Kronländern eingeführt werden, die früher das gegenteilige Prinzip vertraten; allerdings mit Ausnahme von Vorarlberg und Istrien. […]IN, Nr. 123, S. 5.

8. JUNI

Straßenbau

Aus Olang wird uns berichtet: Der Ort Mitterolang hatte seit dem Bahnbau durch das Pustertal 1872 keinen eigenen Zufahrtsweg zur Station und man konnte nur über Niederolang nach Mitterolang gelangen, was einen Umweg von einer halben Stunde ausmacht. Den Bemühungen des Gemeindevorstehers Josef Egger ist es nun gelungen, die Erbauung einer eigenen Zufahrtsstraße durchzusetzen, so daß nun die Orte Mitter- und Oberolang sowie Geiselsberg direkte und kurze Verbindung mit der Station Olang haben. Gegenwärtig ist die Hälfte der Straße schon vollendet, im Herbste wird sie fertiggestellt sein. Auch soll voraussichtlich nächstes Jahr ein neues Stationsgebäude erstehen. IN, Nr. 128, S. 5.

12. JUNI

Zum Scharfschießen am Brenner

… wird uns nachrichtlich mitgeteilt: Am 4. Juni d. J. fand auf dem Kalbenjoche bei Matrei am Brenner ein Scharfschießen der Artillerie statt, wobei 92 scharfe Schüsse abgegeben wurden. Blind gegangene Geschosse, die etwa später aufgefunden werden, dürfen bei Lebensgefahr nicht berührt werden. Vielmehr sollen die Fundorte bezeichnet und dem Kommando des k. u. k. Feldhaubitzen-Regiments Nr. 14 in Innsbruck sofort bekannt gegeben werden. Finderlohn pro Geschoß 1 Krone. IN, Nr. 131, S. 5.

Zwei Wegmacher mit ihrem Fahrzeug in der Gegend von Amras. Im Hintergrund ist das Plateau der Hungerburg zu erkennen.

Die Auto- und Motorradrennen auf den Zirlerberg waren renommierte Wettbewerbe, die auch Teilnehmer aus weiter Entfernung anzogen.

12. JUNI

Automobilrennen auf dem Zirlerberg

Der Automobilklub für Tirol und Vorarlberg veranstaltet Sonntag den 14. Juni eine Schnelligkeitskonkurrenz auf der Strecke Zirl–Reith, die für die Mitglieder des Automobilklubs für Tirol und Vorarlberg offen ist. Der Start erfolgt um halb 10 Uhr früh in Zirl und die Wagen werden in Intervallen von fünf Minuten, und zwar die stärksten Wagen zuerst, abgelassen. Behufs Aufnahme der Herren Kontrollore finden sich die Fahrtteilnehmer Sonntag um halb 8 Uhr früh beim Café Maria Theresia ein. Die Wertung erfolgt in der Art, daß das Mindestgewicht, welches jeder Wagen in betriebsfertigem Zustand, mit mindestens zwei Personen besetzt, einschließlich Kontrollor haben muß, in Abhängigkeit vom Motorzylinderinhalte festgelegt ist. […] Zur Sicherung der Rennstrecke wird dieselbe durch Gendarmerie, sowie Mitglieder des Tiroler Radfahrerverbandes und Klubmitglieder besetzt werden und wird das verehrliche Publikum zur Vermeidung von Unfällen höflichst ersucht, den Weisungen der Sicherheitsorgane unbedingt Folge zu leisten. […] Das Rennen dürfte sich nach den Nennungen zu schließen, sehr interessant gestalten. IN, Nr. 131, S. 11.

15. JUNI

Einbrecher und Diebe

Aus Kitzbühel wird uns gemeldet: In der Nacht vom Samstag auf Sonntag wurde in drei hiesigen Geschäften eingebrochen, nämlich in der Krämerei des Josef Rendl, Stefan Brunner und im Warenhaus „Billigkeit“. Während den Dieben in den beiden ersteren Geschäften nichts Bedeutendes in die Hände gefallen zu sein scheint, ist ihnen im letzteren Geschäfte ein Warenquantum im angeblichen Werte von zirka 1000 Kronen und überdies noch einiges Bargeld zur Beute geworden. […]IN, Nr. 133, S. 12.

Ein Blick auf das malerische Kitzbühel um 1930.

19. JUNI

Oesterreichisch-deutsche Alpenfahrt Bozen–München

Am kommenden Sonntag, den 21. ds. Mts. gelangt auf der Strecke Bozen–Brenner–Innsbruck–Zirl–Seefeld–Scharnitz–Mittenwald–Walchensee–Kochel–Tölz–Holzkirchen–Sauerlach–München, wie wir bereits berichtet haben, die „Oesterr.-deutsche Alpenfahrt“ 260 km, zur Durchführung. Veranstalter ist der Gau 12 Altbayern, des Deutschen Radfahrerbundes in Verbindung mit dem Tiroler Radfahrerverband. Zwischen Start und Ziel liegen zwei gewaltige Steigungen, welche die höchsten Anforderungen an die Rennfahrer stellen: der Brennerpaß mit seiner Höhe von 1370 Metern und der Zirlerberg, der im Seefeldersattel (1180 m) seinen höchsten Punkt erreicht. […]IN, Nr. 137, S. 11.

26. JUNI

Zur Tagesgeschichte. Österreich-Ungarn

Der Erzherzog-Thronfolger bei den bosnischen Manövern

Aus Metkovic wird unterm 25. Juni berichtet: S. M. S. „Viribus unitis“ ist um 5 Uhr früh an der Narentamündung vor Anker gegangen. Erzherzog Franz Ferdinand ging an Bord des Schiffes „Dalmat“, woselbst ihm der Landeschef FZM. Potiorek und der Statthalter die Meldungen erstatteten. Hierauf begab sich der Erzherzog nach Metkovic, von wo der Erzherzog und der Landeschef die Fahrt im Hofsonderzuge nach Mostar fortsetzten. Um 8.20 Uhr traf der Erzherzog bei prachtvollem Wetter in Mostar ein. Er wurde dort von der höheren Geistlichkeit aller drei Konfessionen empfangen. Ferner waren beim Empfang die Spitzen der Behörden usw. […] Auf allen Plätzen und Straßen bereitete ihm die Bevölkerung Ovationen. Der Erzherzog dankte nach allen Seiten grüßend. Die ganze Stadt prangte in reichem orientalischem Flaggenschmuck. Am Bahnhofe zurückgekehrt, verabschiedete sich der Erzherzog von den Dignitären, denen er wiederholt seine Befriedigung über den Empfang aussprach. Um ½10 Uhr setzte sich der Hofzug in Bewegung. IN, Nr. 143, S. 2.

2. JULI

Vom Reiseverkehr

Der Zuzug von fremden Reisenden nach Tirol wird stets stärker und reger. Auch der Verkehr in den Tälern nach den Schutzhütten und Alpenhotels ist derzeit ein erfreulich guter. Es sind jetzt beinahe alle Hütten geöffnet und zumeist bewirtschaftet. – Samstag den 4. d. M., Nachmittag, kommt eine englische Reisegesellschaft, aus 50 Personen bestehend, zu längerem Aufenthalte in Innsbruck an. IN, Nr. 148, S. 2.

Die Verhaftung des Attentäters Gavrilo Princip in Sarajevo unmittelbar nach der Tat.

2. JULI

Aus Bozen berichtet man

Samstag den 27. wurde das Schuljahr 1913/14 an sämtlichen hiesigen Mittelschulen geschlossen. Am Gymnasium der Franziskaner waren zu Beginn 324 Schüler und ein Privatist eingeschrieben, von welchen während des Schuljahres 14 ausgetreten und somit 310 verblieben sind. Hievon waren 263 aus Tirol und Vorarlberg, 38 aus den übrigen Kronländern und 9 Ausländer. Die Muttersprache war bei 285 deutsch, bei 5 italienisch, bei 3 ladinisch und bei 5 slawisch; das Religionsbekenntnis bei 309 katholisch, bei 1 evangelisch. Klassifiziert wurden: 39 als vorzüglich geeignet, 192 geeignet, 20 im allgemeinen geeignet, 49 nicht geeignet. […]IN, Nr. 148, S. 11.

15. JULI

Die Raiffeisenkasse in Oetz

… welche eine der ersten dieser Kassen ist, die im Lande entstanden, beging letzthin das 25jährige Jubiläum ihres Bestehens. Aus diesem Anlasse gab die Kassenverwaltung einen Bericht über die Hauptergebnisse der geschäftlichen Tätigkeit in den Jahren 1889 bis 1913 heraus. Demselben ist zu entnehmen, daß die Zahl der Mitglieder, welche bei der Kassengründung 36 betrug, im Jahre 1913 auf 176 stieg. […]IN, Nr. 159, S. 4.

16. JULI

Kohlengasvergiftung

Ein 5 Monate altes Kind, das bei einer Frau in der Leopoldstraße in Pflege war, ist an Kohlengasvergiftung bedenklich erkrankt. Das Kind befand sich in einem an die Küche anstoßenden Raume, da aber der Herd in der Küche mit Kohlen geheizt wurde und aus dem Herde anscheinend Gase entströmten, erkrankte das Kind unter sonderbaren Erscheinungen, die schließlich zur Diagnose Kohlengasvergiftung führten. Der Kleine wurde ins Spital gebracht. IN, Nr. 160, S. 4.

Die Leopoldstraße in Innsbruck gegen Norden mit der Triumphpforte und der bereits elektrifizierten Haller Lokalbahn im Vordergrund.

Blick in eine beschauliche Wirtsstube. Nach zu viel Bier und Wein kann sich das Idyll rasch grundlegend wandeln. Hier das Hotel Alte Post, Zunftstube, in Sterzing 1911.

21. JULI

Brand durch ein elektrisches Bügeleisen

Im Sticklokale des Paramentenmachers Michael Hofer in Brixen entstand am vergangenen Sonntag durch ein elektrisches Bügeleisen Feuer. Da von der Familie Hofer niemand zu Hause war, mußte man die Wohnung aufbrechen, um das Feuer löschen zu können. Man hatte jedenfalls vormittags das elektrische Bügeleisen benützen wollen, doch war am Sonntag von 7 Uhr früh bis 4 Uhr nachmittags seitens des Elektrizitätswerkes zwecks Montage der neuen Freileitung der Betrieb eingestellt worden. Leichtsinnigerweise ließ man nun das Bügeleisen eingeschaltet, so daß, als um 4 Uhr der Betrieb seitens des Elektrizitätswerkes wieder aufgenommen wurde, auch dem Bügeleisen ungehindert Strom zugeführt wurde. Die hiedurch entwickelte Hitze war so groß, daß das Drahtgestell, auf dem das Bügeleisen ruhte, glühend wurde und der Fußboden in Brand geriet. IN, Nr. 164, S. 5.

22. JULI

Kleine Ursachen …

Aus Vils schreibt man uns: In Nesselwang im Allgäu kamen am 20. d. M. zwei Taglöhner wegen einer Maß Bier in Streit. Im Verlaufe desselben riß einer der beiden sein feststehendes Messer heraus, bog dem anderen blitzschnell den Kopf zurück und schnitt ihm die Kehle bis an die Wirbelsäule durch, worauf er das Messer fortwarf und sich auf die Ofenbank legte, wie wenn nichts geschehen wäre, während der Verletzte innerhalb von zwei Minuten starb. Der Täter wurde noch am gleichen Tage durch die Gendarmerie festgenommen. IN, Nr. 165, S. 5.

22. JULI

Ein Meteor

Aus Landeck schreibt man uns: Am vergangenen Sonntag um 11 Uhr nachts konnte man einen großen Meteor niedergehen sehen. Derselbe nahm die Richtung vom Lechtal gegen das Verwalltal zu; der Schein war so außerordentlich stark, daß die ganze Gegend von Landeck wie durch ein ungeheuer großes magnetisches Licht erleuchtet war. Der Meteor hatte das Aussehen eines langen, spitzigen Kegels. Beim Niedergange war ein förmliches Rauschen vernehmbar. IN, Nr. 165, S. 5.

28. JULI

Ruhig Blut!

In diesen ernsten Tagen, da unser Vaterland vor einer so wichtigen Entscheidung steht, liegt es in der Natur der Sache, daß sich in die helle Begeisterung, mit welcher das Volk die kraftvolle entschiedene Haltung der Regierung aufnimmt, da und dort – bei Spargeldeinlegern zc. – auch ein gewisses Gefühl der Beunruhigung bemerkbar macht, das sich hauptsächlich auf die eventuellen wirtschaftlichen Nachteile, die ein Krieg mit sich bringen würde, bezieht und sich in verschiedenen Formen äußert.

Optimistische Propagandakarten beschworen den Sieg und die Einheit des Reiches in enger „Waffenbruderschaft“ mit dem Deutschen Reich.

Demgegenüber sei nachdrücklich darauf hingewiesen, daß zu Befürchtungen in erwähnter Hinsicht gar kein Grund vorhanden ist. Die energische Haltung der Regierung, die Macht unseres Reiches, die Stärke und Tüchtigkeit unserer Armee bürgen hinlänglich für eine für unseren Staat gedeihliche Lösung der gegenwärtigen Verwicklungen, ob sie nun mit dem Schwerte herbeigeführt werden muß oder nicht. […]

Die Bevölkerung kann der weiteren Entwicklung der Dinge in jedem Falle ruhig entgegensehen! IN, Nr. 171, S. 10.

29. JULI

Der unheilvolle Alkohol

Eine Frauensperson, vom Alkoholgenuß stark beeinflußt, hat gestern in der Nähe der Sill Versuche gemacht, sich ins Wasser zu stürzen, man hielt sie aber davon ab. Heute, nachdem die Wirkung des Alkohols verflogen ist, denkt sie wohl anders über ihre gestrigen Absichten. IN, Nr. 173, S. 3.

29. JULI

Zur Einweihung der Stiftskirche in Hall

Vom Stadtmagistrate in Hall werden wir um Aufnahme folgender Zuschrift ersucht: Da über Allerhöchsten Wunsch der Besuch Seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit des Erzherzog Thronfolger Karl Franz Josef auf unbestimmte Zeit verschoben wurde, soll auch die Einweihung der Stiftskirche den Charakter einer rein kirchlichen Feier erhalten und entfällt sohin jede offizielle weltliche Festlichkeit. Es unterbleibt daher auch die Teilnahme der offiziellen Persönlichkeiten, der Behörden zc. IN, Nr. 173, S. 3.

Die Haller Stiftskirche vom Standpunkt an der heutigen Bundesstraße nach Mils aus, um 1920/25.

1. AUGUST

Kundmachung

Auf Grund der kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1854, R.-G.-Bl. Nr. 96 wird folgendes verordnet: Der Verkauf und Ankauf von Lebensmitteln aller Art an und durch Privatparteien, welche den 4tägigen Bedarf der Haushaltung übersteigen, sowie die Weigerung der Lebensmittelverkäufer, Lebensmittel innerhalb obiger Grenzen gegen Barzahlung abzugeben, ist bis auf weiteres verboten und wird an den Zuwiderhandelnden, soweit nicht ein nach dem allgemeinen Strafgesetze strafbarer Tatbestand vorliegt, mit Geldstrafen bis zu 200 Kronen, eventuell mit Arreststrafen bis zu 14 Tagen sowie mit Beschlagnahme der verbotswidrig erworbenen oder zurückbehaltenen Waren geahndet.

Stadtmagistrat Innsbruck am 31. Juli 1914. Der 1. Vizebürgermeister: Dr. Erler m. p. IN, Nr. 178, S. 16.

3. AUGUST

Ein Wunsch der Bäcker

Die Innsbrucker Bäckergenossenschaft läßt in einer öffentlichen Bekanntmachung an die Bewohnerschaft der Stadt den Wunsch aussprechen, die Konsumenten mögen sich unter den obwaltenden Umständen mit einer einheitlichen und einfachen Brotform begnügen, weil aus ihrem Gewerbe auch viele Militärpflichtige abberufen worden sind. Dieser berechtigte Wunsch der Bäcker ist seit gestern bereits in die Praxis umgesetzt. IN, Nr. 180, S. 5.

3. AUGUST

Wasser, Bier usw. auf den Bahnstationen!

… für die einrückenden und durchziehenden Vaterlandsverteidiger, die vor Hitze und Durst fast verschmachten! Große Gefäße mit frischem Wasser, aufgestellt und dieses in Gläsern, Krügen, Kannen, Schöpfern u. dergl. gereicht, ist die größere Wohltat als Tücherschwenken, patriotisches Geschrei und die besten Glückwünsche. IN, Nr. 180, S. 5.

7. AUGUST

Szenen von der Straße

Die Vorsichtsmaßregeln, welche von den Behörden gegen Konfidenten und Spione feindlicher Mächte angewendet werden, verhüten manchen Plan der Feinde, denn die Wachsamkeit der Unseren ist groß; dies ist auch nötig und vorteilhaft, aber als eine der Folgeerscheinungen dieser Aufmerksamkeit zeigt sich eine Art von Ueberreiztheit, durch welche die mannigfachsten und abenteuerlichsten Gerüchte entstehen, die sich mit der bekannten Raschheit verbreiten, vermehren und durch die unglaublichsten Zutaten ergänzen. […] Ein biederer Patriot vom Lande hielt in der Anichstraße eine Frau an mit der Motivierung, er glaube, sie sei eine Serbin. Die Frau erwiderte darauf, sie sei aus Niederösterreich. Der Mann hatte aber die Antwort mißverstanden, denn mit großer Erregung drang er nun auf die Frau ein mit den Worten: „Was sagen Sie, nieder mit Oesterreich!“ Man kann sich nun den Auflauf denken; innerhalb weniger Minuten war die Straße angefüllt mit Leuten, die erregt den Vorfall besprechen – der doch so belanglos war. IN, Nr. 188, S. 2.

Ein Blick gegen Norden von der Bürgerstraße in die Anichstraße auf den ehemaligen Austria-Tanzpalast.

8. AUGUST

Warnung vor Einbrechern

Da sich gegenwärtig sehr viel lichtscheues Gesindel in der Stadt herumtreibt, das die häufige Abwesenheit vieler Hausbewohner zu Einbruchsversuchen benützt, ergeht die dringende Aufforderung, alle Wohnungen vor dem Verlassen gut abzuschließen. Wenn alle Parteien eines Hauses dieses verlassen, empfiehlt es sich auch, zur Sicherheit die Haustüren zuzusperren. Diese Warnung gilt besonders für die Zeit der morgigen Bittprozession, während der voraussichtlich zahlreiche Wohnungen leer stehen bleiben. IN, Nr. 190, S. 8.

10. AUGUST

Die Bittprozession in Innsbruck

Ueber Veranlassung des Dekanats der Pfarre St. Jakob wurde gestern in Innsbruck eine Prozession veranstaltet, um vom Allmächtigen den Sieg für unsere gerechte Sache, für unsere Waffen, um ein gutes Ende dieser schweren Zeiten der Not und Gefahr gegen tückische Feinde zu erflehen.

Es war eine eindrucksvolle Kundgebung vieler Tausende der gläubigen Bewohnerschaft Innsbrucks, die im Vertrauen auf den gerechten Gott und in Verehrung des als wundertätig gepriesenen Gnadenbildes „Mariahilf“, welches den Hauptaltar der Pfarrkirche von St. Jakob ziert, sich der Prozession anschlossen. […]IN, Nr. 193, S. 6.

12. AUGUST

Errichtung eines Hospitales in Innsbruck

An die Bevölkerung der Landeshauptstadt Innsbruck und Umgebung

Unser Vaterland mit seinem treuen Bundesgenossen Deutschland ist von vielen Feinden bedroht; unsere Söhne, Brüder, Väter ziehen ins Feld; gar manche werden die Heimat nimmer wiedersehen, noch viel mehr sinken durch des Feindes Waffen verwundet zu Boden oder liegen durch die Strapazen und Entbehrungen krank darnieder. […]

Das Rote Kreuz steht da nicht in letzter Linie, das Rote Kreuz in Tirol bietet den passierenden Kranken und Verwundeten in den Krankenhaltstationen Wörgl, Landeck und Bozen Unterkunft für die Nacht, Speisung, ärztliche Behandlung und Aufnahme einzelner Untransportabler zur weiteren Pflege, wie letzteres auch am Hauptbahnhofe Innsbruck vorgesehen ist. Im Pädagogium wird ein großes Spital für 300 Betten eingerichtet. […]IN, Nr. 197, S. 5.

13. AUGUST

Ein serbischer Spion

… wurde am Montag nachmittags mit dem Personenzuge unter militärischer Eskorte von Bozen nach Trient befördert. Der Kerl sah leichenblaß aus und wischte sich – wohl aus Angst – den Schweiß von der Stirne. Das Publikum brach in laute Verwünschungen auf diesen Vaterlandsfeind aus. IN, Nr. 199, S. 6.