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Im schönen Spreewaldstädtchen Lübben wird in einem Fitness-Studio eine Frau erwürgt und nackt aufgefunden. Zuerst werden die Mitarbeiter des Studios der abscheulichen Tat verdächtigt. Im Verlaufe der Ermittlungen ergeben sich jedoch Hinweise für mehrere Verdächtige, zumal die getötete Frau ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann hatte. Für die Mitarbeiter der Mordkommission ist die Erkenntnis, dass sie einem Single-Club angehörte, von großer Bedeutung. Die Ermittlungen gestalten sich sehr schwierig und aufwendig, und die Mordkommission mit Hauptkommissar Ullmann an der Spitze muss mehrere Spuren verfolgen, ohne zunächst des Täters habhaft zu werden. Als die Ermittler glauben, die Spur des Täters aufgenommen zu haben, geschieht ein erneutes Verbrechen, was die Ermittlungsarbeiten erschwert. Der Täter ist brutal und stellt die Mitarbeiter der Mordkommission vor einige Rätsel. Der Autor wurde 1944 im sächsischen Chemnitz geboren. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und ist seit 1966 im erzgebirgischen Annaberg wohnhaft. Nach Abschluss seines Studiums in der Fachrichtung Maschinenbau, war er als Technologe, technischer Leiter und Bauleiter in verschiedenen Einrichtungen tätig. Das Buch ist die fünfte Folge des Ermittlers Kommissar Ullmann.
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Seitenzahl: 301
Veröffentlichungsjahr: 2013
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Titelseite
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Joachim Bräunig
Kriminalroman
Engelsdorfer Verlag 2011
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Bisher vom Autor erschienene Bücher
1. Ein rätselhafter Mord
2. Aus Lust zum Mörder
3. Mord als letzter Ausweg
4. Der eiskalte Mörder
Copyright (2011) Engelsdorfer Verlag
Alle Rechte beim Autor
Titelfoto © Nick Freund - Fotolia.com
www.engelsdorfer-verlag.de
eISBN: 978-3-86268-663-6
Auf dem Schulhof der Mittelschule in Lübben herrschte an diesem schönen Samstagmorgen reger Betrieb. An diesem Tag fand die Einschulung der Schulanfänger statt und nicht nur die Jüngsten waren sehr aufgeregt, sondern auch die Eltern der neuen ABC-Schützen konnten ihre Nervosität kaum unterdrücken.
Einige Eltern, welche sich durch gemeinsame Arbeit oder Nachbarschaft kannten, standen in Gruppen zusammen und führten aufgeregt Gespräche, deren Thema immer wieder die Zukunft der Einzuschulenden beinhaltete. Die Kinder standen im Kreise ihrer Familie und waren zum Großteil sehr erwartungsvoll und wirkten etwas verunsichert. Die Schulanfänger schauten sich kaum an, außer einigen Kindern, welche sich bereits durch ihre Nachbarschaft kannten. Der Tag hatte für die Kinder bereits sehr aufregend begonnen, denn sie mussten sich sehr korrekt ankleiden und bekamen von ihren Eltern einige Verhaltensregeln gesagt, die sie während der Feierlichkeiten beachten sollten. Für die Kinder war dieser Tag dennoch spannend, denn zum Schluss der Einschulung wartete eine Zuckertüte auf die Kleinen. Zum Teil konnten die Kinder einige Wünsche zur Bestückung der Zuckertüte äußern, was die Eltern jedoch in die Zuckertüte getan hatten, sollte nach Aussage der Eltern eine Überraschung bleiben. Die offizielle Feier zur Einschulung sollte 10.00 Uhr beginnen, aber die meisten der Eltern waren mit ihren Schützlingen bereits seit zirka 30 Minuten auf dem Schulhof versammelt. Das Wetter hat es mit den Versammelten, einschließlich der Schulanfänger, sehr gut gemeint, denn bereits seit den frühen Morgenstunden schien die Sonne und es versprach, ein schöner Sommertag zu werden. Die Eltern hatten die Paten der Schulanfänger und noch einige Bekannte zu einer gemeinsamen Feier anlässlich des Beginns des neuen Lebensabschnittes ihrer Kinder eingeladen. Die meisten der Eltern wollten diese Feierlichkeit in einer Gaststätte begehen und hatten entsprechende Vorbestellungen in den Restaurants aufgegeben. Einige der Eltern hatten ein eigenes Heim mit Grundstück und wollten die anschließende Feier mit ihren Freunden zu Hause verbringen. Im Mittelpunkt des heutigen Tages sollten unbedingt die Kinder stehen, die noch lange an diesen Tag zurückdenken. Auf Anraten der Schulleitung waren die Eltern den Schulweg gemeinsam mit den Kindern mehrmals abgelaufen und hatten diese auf mögliche Gefahren und das richtige Verhalten hingewiesen. Die ersten Tage wollte jedoch größtenteils ein Elternteil die Kinder auf ihren Schulweg begleiten, um den Kindern die Scheu vor der Schule und die Gefahren auf den Weg zu nehmen. Leicht abseits vom Haupteingang zur Schule hatten sich Jens und Angelika Melker mit ihrer Tochter Ursel postiert und konnten ebenfalls kaum den Beginn der Feierlichkeit erwarten. Zum Kreis der Schulanfängerin Ursel gehörten ihre Großeltern Ulrich und Irene Melker, sowie ihre Paten Lars Melker und Karola Eisiger und deren Ehegatten. Zum Kreise dieser Gesellschaft gehörten noch die Familien Wiese, die mit Jens und Angelika befreundet waren, sowie die Familie Lehmann, welche mit den Eltern von Ulrich und Irene Melker eng befreundet waren. Die kleine Ursel, die Schulanfängerin, schaute aufgeregt ihre zukünftigen Klassenkameraden an und wusste nicht recht, wie sie sich verhalten sollte. Sie freute sich bereits auf ihre Zuckertüte und fragte sich, was ihre Eltern in diese getan hatten. Ihre Eltern und ihre Freunde unterhielten sich über ihren Schulanfang, welcher nun bereits einige Jahre zurück lag.
„Eine alte Regel sagt, wenn zum Schulanfang schönes Wetter ist, werden es schlaue Schüler“, sprach Klaus Wiese und schaute die Anwesenden an.
„Jetzt weiß ich auch warum es bei dir geregnet hat“, sagte Carsten Lehmann und schaute schmunzelnd seine Ehefrau Christine an.
„Wenn diese Regel stimmt, müsste es bei dir geschneit haben“, erwiderte diese mit spitzer Zunge.
Die Anwesenden brachen in schallendes Gelächter aus und Carsten Lehmann musste ebenfalls über die freche Erwiderung seiner Frau schmunzeln.
„Das kann ja lustig werden heute, wenn ihr zwei so weitermacht“, freute sich Ulrich Melker.
„Du hast dir deine Gäste selbst ausgesucht, nun musst du damit zu recht kommen. Ich hoffe, ihr habt auch an genügend Verkostung gedacht. Wir haben wegen diesem Tag seit Mittwoch nichts mehr gegessen“, erwiderte Carsten Lehmann seinem Freund Ulrich Melker.
„Ist das wahr?“, fragte Ulrich Christine Lehmann.
„Kannst du dir Carsten ohne drei Tage Essen vorstellen?“
„Kaum.“
„Dann liegst du richtig.“
Die Wartezeit bis zum Beginn der Feierlichkeit war schnell verflogen und die Anwesenden begaben sich in den Schulsaal, welcher festlich geschmückt war. Der Schulsaal war mit Stuhlreihen bestückt worden. Die Schulleitung hatte in ihren ersten Überlegungen zur Durchführung der Einschulungsfeier eine Begrenzung der Teilnehmerzahl erwogen, war jedoch nach reiflichen Überlegungen davon abgekommen. Sie hatte sich für eine größere Bestuhlung des Schulsaales entschlossen, so dass alle Anwesenden Platz fanden. Die einzuschulenden Kinder hatten in der ersten Reihe Platz genommen und schauten mit großen Augen erwartungsvoll auf die Bühne, wo sich die Schulleitung platziert hatte. Nachdem im Saal Ruhe eingetreten war, trat die Schuldirektorin an das Rednerpult. Die Direktorin war adrett gekleidet und sprach mit ruhigen Worten, wobei sie sich besonders an die Ehrenkinder des heutigen Tages wandte. Sie ging mit einfühlsamen Worten auf den neuen Lebensabschnitt der Einzuschulenden ein und versuchte ihnen die Angst vor dieser Zukunft zu nehmen. Sie berichtete mit Stolz von der kürzlich abgeschlossenen Sanierung der Schule und der teilweise neu gestalteten Unterrichtsräume. Mit freundlichen Worten wies die Schulleiterin darauf hin, dass sich einige Schüler bereits vom gemeinsamen Hortbesuch kannten und Freundschaften geschlossen hatten. Zum Schluss ihrer Ausführungen stellten sie den Schulanfängern ihre erste Klassenlehrerin vor. Frau Rita Schön machte mit ihrem Aussehen ihrem Namen alle Ehre, denn sie war eine sehr attraktive Frau um die dreißig Jahre. Alle Anwesenden waren von dieser Frau sofort eingenommen und brachten der Frau große Sympathien entgegen. Frau Rita Schön wandte sich anschließend kurz mit einigen Worten an die Angehörigen der ABC-Schützen und bat sie um Verständnis, dass diese ihre Schützlinge für einige Minuten mit ihr allein lassen möchten, damit sie mit ihren zukünftigen Schülern in das Klassenzimmer gehen könnte. Es war an der Schule eine gute Tradition, dass nach der Feierlichkeit die Lehrerin mit ihren Schülern das Klassenzimmer aufsuchte, in welchem die Zuckertüten, die zuvor von den Eltern bei der Schulleitung abgegeben wurden, für die Schüler bereitlagen. Frau Schön, die einen elegant wirkenden Hosenanzug trug, verabschiedete sich von den Eltern und Freunden der Einzuschulenden und verließ gemeinsam mit den Schulanfängern und den Worten, sie in einigen Minuten unbeschattet zurückzubringen, den Schulsaal. Nachdem die Kinder mit ihrer Klassenlehrerin den Saal verlassen hatten, gingen die Erwachsenen ebenfalls aus dem Saal auf den Schulhof und warteten auf ihre Schützlinge. Die Eltern waren gespannt, was ihre Kinder zum Inhalt ihrer Zuckertüte sagen würden. Auch die Familie Melker wartete ungeduldig auf ihre Tochter Ursel. Ursel war kein Kind, welches sich gern mit Puppen oder ähnlichem Spielzeug beschäftigte, sie half lieber ihrem Vati oder Opa beim Bauen oder Basteln. Immer wenn ihr Vati in seiner Werkstatt arbeitete war Ursel dabei und half ihm beim Sortieren der Werkzeuge und schaute seinen Tätigkeiten mit großer Aufmerksamkeit zu. Aus diesem Grund hatten sich ihre Eltern Jens und Angelika entschlossen einen Werkzeugbaukasten zu schenken, was eigentlich für ein Mädchen in Ursels Alter ungewöhnlich war, aber sie hofften ihrer Tochter damit eine Freude zu bereiten. Sie hatten neben Süßigkeiten und Schulmaterial ein Briefkuvert mit dem Hinweis auf eine Überraschung zu Hause in die Zuckertüte gelegt. Die große Feier der Familie Melker zum Schulanfang von Ursel sollte auf ihrem Grundstück stattfinden. Für die Verköstigung hatte Irene Melker, die Oma von Ursel, bereits einige Vorbereitungen getroffen. Sie hatte mehrere Schüsseln Kartoffelsalat vorbereitet, für dessen gute Zubereitung sie bekannt war. Für das weitere Abendessen hatten sie bei einer naheliegenden Fleischerei entsprechende belegte Teller mit warmen Beilagen bestellt. Für das Essen am Nachmittag war ein Kuchen und Torten bestellt worden. Das Grundstück der Familie Melker lag an einem Arm des Schlangengrabens, welcher mit einem Spreewaldkahn erreichbar war. Es konnte jedoch auch mit einem Fahrzeug von der Straßenseite erreicht werden. Das Grundstück lag in Nähe der B87 und daher bereitete der Einkauf Frau Melker keinerlei Probleme, was bei anderen Grundstücken, auf Grund ihrer Insellage, komplizierter war. Für die Familie Melker war es dennoch immer wieder ein besonderes Erlebnis, mit ihrem eigenen Kahn die Wasseradern des Spreewaldes zu befahren. Die Ausflüge mit ihrem Kahn bereiteten stets allen große Freude und gelegentlich unternahmen sie mit ihren Bekannten oder Freunden sowie deren Bekannten Ausflüge, um diesen die Schönheit des Spreewaldes zu zeigen. Sie besaßen einen eigenen Kahn und Ulrich Melker sowie sein Sohn Jens hatten die Fahrerlaubnis zum Führen des Kahnes erworben. Diese Prüfung musste aller drei Jahre erneuert werden und die Fahrbarkeit des Kahnes musste jährlich nachgewiesen werden. Diese Herstellung der Fahrtüchtigkeit des Kahnes war jedes Jahr sehr beschwerlich und konnte nur in Gemeinsamkeit mit anderen Kahnbesitzern realisiert werden. Die Kähne waren sehr schwer und mussten stets aufs Neue auf der Bodenseite, welche mit dem Wasser Kontakt hat, mit Bitumenlack neu gestrichen werden, um die Wasserundurchlässigkeit zu gewährleisten. Das war eine sehr harte Arbeit, deshalb wurde diese Tätigkeit in Gemeinsamkeit der Kahnbesitzer durchgeführt. Diese Arbeit wurde gleichfalls von den gewerblich tätigen Fährleuten realisiert. Die gewerblich tätigen Fährleute waren einheitlich, entsprechend der zugehörigen Liegeplätze, gekleidet. Die Arbeit der Fährleute war körperlich sehr anstrengend, was beim Betrachten der Fortbewegung der Kähne, kaum diesen Eindruck erweckte. Die Fährleute konnten meistens nur eine Fahrt pro Tag unternehmen, die im Schnitt zwei Stunden dauerte. Bei besonderen Anlässen wurden größere Fahrtrouten zusammengestellt, was jedoch im Jahr maximal dreimal geschah. Die Kähne wurden im Schnitt mit zirka 9 Kilometer pro Stunde bewegt, wobei die Fortbewegung mittels Holzrudel geschah. Diese Holzrudel glichen im Aussehen Paddel, nur das diese Holzrudel als Staken benutzt wurden. Die Rudel wurden mit ihrer Breitseite in das Wasser geführt und in Fahrtrichtung in den sandigen Boden gestoßen, was zu der Vorwärtsbewegung des Kahnes führte. In Lübben gab es mehrere Kahnhäfen, die sich größtenteils auf der von den Einwohnern genannten Hafeninsel befanden. Diese Hafeninsel beheimatete außerdem mehrere Souvenirstände, Stände mit Spreewaldgurken, die das Symbol des Spreewaldes darstellten, eine große Gaststätte sowie die Information. An der Gaststätte schloss sich eine große Terrasse mit vielen Sitzmöglichkeiten an. Von der Terrasse aus war eine gute Sicht auf die Kahnhäfen und ein Bootshaus gegeben. Diese Gaststätte wurde von den Einheimischen und den zahlreichen Touristen gut besucht, was auch auf die gute Küche zurückzuführen war.
Nach zirka zwanzig Minuten kamen die Schulanfänger gemeinsam mit ihrer Klassenlehrerin Frau Rita Schön aus dem Schulgebäude und stürmten auf ihre Eltern zu. Alle hielten ihre Schultüte fest umschlungen und hatten strahlende Augen. Auch die kleine Ursel der Familie Melker war sehr glücklich und rannte auf ihre Eltern zu und konnte ihre Ungeduld bezüglich des Inhaltes der Zuckertüte nur mühsam unterdrücken.
„Darf ich in die Zuckertüte schauen?“, fragte sie ihren Vati Jens.
„Gedulde dich noch etwas. Wenn wir im Kahn sind, darfst du reinschauen“, sprach Jens.
Ursel hatte sich zu ihrer Einschulung gewünscht, dass sie nach der Schule mit dem Kahn ihrer Großeltern nach Hause fahren. Diese Kahnfahrten waren stets ein besonderes Erlebnis für die kleine Ursel. Ihre Großeltern und ihre Eltern wollten diesen Wunsch Ursel gern erfüllen, denn die Kleine war für die Familie ein Sonnenschein. Sie war ein gut erzogenes Kind und bereitete immer große Freude, sie war sehr wissbegierig und half gern im Haushalt nach ihren Kräften mit.
„Fahren wir mit dem Kahn nach Hause?“, fragte Ursel.
„Es war dein Wunsch“, erwiderte ihre Mutti Angelika.
„Danke“, sagte Ursel.
Die Einschulungsgesellschaft von Ursel begab sich zur Anlegestelle des Kahnes der Familie, da sie diese Stelle heute nur für eine begrenzte Zeit zur Verfügung hatten. Die offiziellen Anlegestellen der Fährleute waren gut besucht, so dass für andere Kähne nur eine festgeschriebene Nutzung von freien Plätzen möglich war. Die Gesellschaft war bester Stimmung und ging fröhlich zum Kahn und wartete auf den Augenblick, da Ursel ihre Zuckertüte öffnen durfte. Nachdem sie alle im Kahn Platz genommen hatten und das Familienoberhaupt Ulrich Melker zum Rudel griff, glitt der Kahn geräuschlos durch das Wasser. Die Kähne hatten nur einen Tiefgang von Zentimetern und man konnte mit den Händen in das Wasser greifen, was bei der heutigen warmen Witterung eine Genugtuung war und von den Fahrgästen genutzt wurde.
Die Stimmung auf den anderen Kähnen, die ihnen begegneten war gleichfalls sehr gut und die Fahrgäste grüßten sich gegenseitig. Einige Kähne hatten Zwischenstopps an kleinen Anlegestellen, an denen es zur Verzehrung Spreewaldgurken und Speckfettschnitten gibt, angehalten und die Fahrgäste ließen sich die Köstlichkeiten gut munden.
„Darf ich nun die Zuckertüte öffnen?“, fragte Ursel.
„Wenn du möchtest“, sagte Angelika.
„Ja“, entgegnete Ursel und öffnete die Schleife der Zuckertüte.
Die Anwesenden schauten gespannt der Kleinen beim Öffnen der Zuckertüte zu und waren gespannt auf ihre Reaktion. Ursel griff nach den Leckereien und den Spielen, denn sie spielte gern mit ihren Eltern zusammen und hatte viel Spaß dabei. Ursel freute sich über die Geschenke und die Paten und Freunde der Familie ergänzten, dass Ursel ihre Geschenke von ihnen zu Hause bekommen würde. Plötzlich bekam Ursel große Augen, als sie ein Briefkuvert aus der Zuckertüte zog und ihre Eltern mit erstaunten Augen ansah. Sie wusste für kurze Zeit nicht, was sie sagen sollte bis sie nach einigen Augenblicken fragte: „Was ist da drin?“
„Öffne den Brief“, sagte die Eltern gleichzeitig.
Ursel öffnete den Brief und schaute das eingelegte Papier freudig an. Die Eltern hatten in das Kuvert das Cover des Werkzeugkastens, der für Kinder ausgelegt war, eingelegt. Dadurch wusste Ursel, obwohl sie noch nicht lesen konnte, welche Überraschung zu Hause noch auf sie wartete. Sie strahlte über das ganze Gesicht und drückte ihre Eltern, welche im Kahn neben ihr Platz genommen hatten. Jeder konnte die ganze Freude des kleinen Mädchens spüren. Unter den geschickten Fährkünsten von Ulrich Melker glitt der Kahn wie spielend durch das Wasser des Spreewaldes ihrem Ziel, dem Grundstück der Familie Melker, entgegen.
Nach zirka fünfzehn Minuten hatte der Kahn mit seinen Insassen ihr Ziel erreicht und diese stiegen unter großem Hallo und spitzen Bemerkungen bezüglich der Beweglichkeit einiger Gäste aus dem Kahn. Nachdem alle ausgestiegen waren und Ulrich Melker den Kahn an einen Pflock befestigt hatte, wobei ihm die kleine Ursel geholfen hatte, gingen sie gemeinsam zum Wohnhaus der Familie. Das Anpflocken des Kahnes erfolgte längs des Wasserverlaufes, da die Anbringung eines Bootsteges quer zum Wasserverlauf aus Sicherheitsgründen untersagt war. Das Wohnhaus war ein zweistöckiges Gebäude, indem die Eltern, Ulrich und Irene Melker, mit ihrem Sohn Jens Melker und seiner Frau Angelika wohnten. Die Eltern bewohnten das Untergeschoss, während Jens und Angelika mit ihrer Tochter Ursel im Obergeschoss wohnten. Das Verhältnis zwischen den beiden Familien war ausgezeichnet, was sich nach der Geburt des Mädchens noch verbessert hatte. Sie unterstützen sich, sowohl bei den erforderlichen Einkäufen und bei der Betreuung der kleinen Ursel. Die Kindheit von Ursel war bisher reibungslos und glücklich verlaufen und sie konnte gut aufwachsen. Von Krankheiten war sie bisher verschont geblieben und sie hatte ab ihrem dritten Lebensjahr den Kindergarten besucht, wo sie einige Freundinnen kennengelernt hatte, was ihr zukünftig beim Besuch der Schule sicherlich entgegenkommen würde, denn Ursel gehörte zu den Schülern die bereits einige ihrer Mitschülerinnen kannte. Die Einschulungsgesellschaft war vor dem Wohnhaus der Familie Melker angekommen und sie gingen in die Wohnstube von Ulrich Melker, denn die Feier wurde in deren Wohnung durchgeführt, da die Gegebenheiten im Untergeschoß für die Gesellschaft günstiger waren. In der Wohnstube auf dem großen Esstisch waren die Geschenke zur Einschulung aufgestellt, welche jedoch noch mit einem weißen Tuch zugedeckt waren. Die Paten und Gäste hatten bereits gestern ihre Geschenke den Eltern von Ursel übergeben, da sie die Geschenke nicht mit in die Schule nehmen wollten. Die Gäste stellten sich in der Wohnstube auf und alle schauten die Kleine an. Ursel war sehr aufgeregt und fragte mit großer Aufregung ihre Eltern, wann sie die Geschenke bekommt.
„Du musst die Decke vom Tisch nehmen“, antwortete Angelika.
„Darf ich?“, wollte Ursel nochmals wissen.
„Es sind deine Geschenke“, sagte ihr Vati Jens.
Ursel rannte zum Tisch und konnte nicht schnell genug die Decke vom Tisch entfernen, was ihr jedoch nach einiger Zeit gelang und dabei ihre Geschenke zum Vorschein kamen. Auf den ersten Blick konnte sie alle Geschenke nicht überschauen, so dass sie längere Zeit benötigte, um alles zuzuordnen. Bei jedem Geschenk fragte Ursel von wem das Geschenk war. Die Anwesenden machten sich einen Spaß daraus und ließen jedes Mal Ursel raten, von wem das Geschenk sein könnte. Ursel bereitete das Öffnen der Geschenke viel Freude und sie hatte den Werkzeugkasten schon längere Zeit erkannt, wollte sich diese Freude aber anscheinend bis zum Schluss aufheben. Sie freute sich offensichtlich über alle Geschenke und nahm als letztes den Werkzeugkasten und wollte diesen sofort öffnen, aber ihr Vati sagte: „Lass diesen Kasten bitte zu, du kannst ihn dir morgen in Ruhe anschauen.“
„Ich möchte gern reinschauen“, sagte enttäuscht Ursel.
„Gut, wenn du unbedingt willst, aber erst heute Nachmittag“, erwiderte Jens.
Ursel gab sich mit der Bemerkung ihres Vatis zufrieden und bedankte sich anschließend bei allen Anwesenden für die tollen Geschenke. Diese waren über die große Freude des kleinen Mädchen entzückt und mit ihrer Wahl der Geschenke, bei denen ihnen die Eltern der Kleinen mit verschiedenen Tipps geholfen hatten, zufrieden. Die Stimmung der Gäste war sehr gut und Klaus Wiese sagte:
„Wenn der Tisch mit den Geschenken bedeckt bleibt, müssen wir im Stehen essen.“
„Ulrich und Irene werden dich nicht verhungern lassen“, entgegnete dessen Ehefrau Sonja Wiese
„Bei uns ist bis jetzt niemand verhungert“, sprach lächelnd Irene Melker.
„Die Schulfeier hat aber hungrig gemacht“, schaltete sich Carsten Lehmann ein.
„Das du wieder der Erste beim Essen sein willst, ist klar“, rügte ihn seine Frau Christine.
„Gutes Essen ist der Nährboden für eine gute Feier“, bemerkte Carsten.
„Ich wundere mich immer wieder über deine schlanke Figur. Wenn mein Mann Klaus so viel essen würde wie du, dann hätte er eine Figur wie eine Tonne“, sprach Sonja Wiese.
Die Anwesende schmunzelnden über das Wortgefecht, denn das Thema Essen war bei ihren Zusammenkünften stets Gegenstand der Unterhaltung. Die Großeltern der Kleinen und zugleich die Eltern von Jens, Lars und Karola hatten das Grundstück von den Eltern von Ulrich übernommen und wohnten nunmehr seit mehr als dreißig Jahren auf diesem Anwesen.
Ulrich Melker hatte nach der Wende in Lübbenau ein Fotogeschäft eröffnet, welches wirtschaftlich gut ging und die Familie gut ernähren konnte. Im Laufe der Jahre hatte er das Geschäft erweitert und konnte seine Kunden mit Informationstechnik, wie Telefongeräte, Handys und Fernsehgeräte bedienen. Gleichzeitig konnte er seine Kunden mit den entsprechenden Verträgen ausrüsten. Er konnte auf Grund der guten Geschäftsergebnisse zwei Mitarbeiter einstellen, so dass Ulrich Melker nicht unbedingt jeden Tag in das Geschäft musste. Seine Frau Irene bearbeitete zu Hause die Steuerproblematik des Geschäftes, wobei sie ihre Tochter Karola unterstützte.
Ihr großer Sohn Jens war 31 Jahre und arbeitete an den städtischen Bühnen als Bühnentechniker und hatte mit dieser Tätigkeit sein Hobby zum Beruf gemacht, da er sich schon von Kindheit an für das Theater interessierte. Seine Arbeit war weit gefächert und in der dazugehörigen Werkstatt musste ein Großteil der Kulissen selbst hergestellt werden. Jens hatte sich auf dem Grundstück der Eltern eine kleine Werkstatt errichtet und nutzte jede Gelegenheit, um Probleme bezüglich der Gestaltung von Bühnenbildern in seiner Werkstatt zu bearbeiten. Seine Tochter Ursel half ihm bei dieser Tätigkeit und daher stammt auch das große Interesse der Kleinen für Werkzeuge und damit zusammenhängende Arbeiten. Sie schaute ihrem Vati oft über die Schulter und versuchte seine Arbeiten nachzuahmen. Jens war ungefähr 1,80 m groß und von kräftiger Gestalt und hatte gewelltes schwarzes Haar. Frau Angelika war Lehrerin an der Schule, in welcher Ursel heute eingeschult wurde und kannte und schätzte ihre Klassenlehrerin Frau Rita Schön. Die beiden hatten sich während ihrer Arbeit angefreundet und besuchten bei Gelegenheit gemeinsam Vorstellungen des Theaters. Ihr Verhältnis zu ihren Schwiegereltern war bestens und sie war froh so hilfsbereite verständnisvolle Schwiegereltern zu haben. Angelika war eine äußerst schöne Frau und legte stets großen Wert auf elegante Kleidung. Sie hatte langes blondes Haar und wählte ihre Kleidung immer passend zu ihrem körperlichen Aussehen. Sie war überall beliebt und trotz ihres guten Aussehens und der zahlreichen Verehrer bescheiden und drängte sich nie in den Vordergrund.
Der zweite Sohn der Familie Melker, Lars, war gleichfalls verheiratet und war zwei Jahre jünger als sein Bruder. Er wohnte mit seiner Ehefrau Katrin in einem Einfamilienhaus am Rande von Lübben, welches sie mit Unterstützung ihrer Eltern kürzlich erworben hatten. Das Grundstück war versteigert worden und dadurch günstig zu kaufen gewesen, wobei das Haus baulich noch nicht fertiggestellt war. Lars arbeitete in der Stadtverwaltung von Lübben im Dezernat Bau. Er war von Beruf Bauingenieur und nach seinem Studium in einer Baufirma tätig gewesen, bis die Arbeitsstelle in der Stadtverwaltung ausgeschrieben wurde und er nach dem Vorstellungsgespräch die Bestätigung seines neuen Arbeitsverhältnisses erhielt. Seine Arbeit machte ihm viel Freude und kam ihm auf Grund seiner Fachkenntnisse bei der Fertigstellung des erworbenen Grundstückes entgegen. Seine Frau Katrin war brünett und etwas kräftig, aber keinesfalls dick. Sie half bei der Fertigstellung des Hauses tatkräftig mit und hatte großen Anteil am Erwerb des Grundstückes, da sie Lars zu diesem Schritt überreden musste. Sie arbeitet in einem Friseursalon und ihre Chefin hatte ihr vor zwei Wochen angeboten das Geschäft, nach ihrem Rentenantritt, zu übernehmen. Katrin zögerte gegenwärtig dieses Angebot anzunehmen und wollte diese Entscheidung in Ruhe und mit Bedacht, nach Prüfung aller finanziellen und persönlichen Bedenken, in den nächsten zwei Wochen treffen. Ihre Chefin hatte ihr diesen Termin gesetzt, da sie sich ansonsten nach anderen Käufern oder Bewerber umsehen müsste, denn die Chefin wollte keinen Tag länger nach ihren Renteneintritt arbeiten. Lars wollte sie zur Übernahme des Geschäftes bewegen, aber Katrin nahm sich mit der Entscheidung Zeit.
Schwester Karola arbeitete in einem Büro für Steuerangelegenheiten und war mit ihrer Tätigkeit zufrieden und wollte demnächst eine weitere Qualifizierung beginnen. Sie war im Büro bei ihren Mitarbeitern sehr beliebt. Ihr Mann Werner arbeitete in einem Pflegeheim als Oberpfleger. Er übte diese Tätigkeit gern aus und fühlte sich zu diesem Beruf berufen. Die Ausübung dieses Berufs erforderte auch großen körperlichen Einsatz. Werner forderte von seinen Kollegen stets vollen Einsatz und ging mit gutem Beispiel voran, was des Öfteren zu Sondereinsätzen und Überstunden führte. Seine Frau Karola war nicht immer begeistert, wenn Werner wieder verspätet nach Hause kam oder abends wieder auf Arbeit ging, aber da ihre Arbeitszeit auch nicht immer pünktlich beendet war, hatte sich beide arrangiert. Beide schätzten die Arbeit des Anderen und waren noch immer verliebt wie zu ihrer Hochzeit. Karola war das jüngste Kind der Melkers und dementsprechend von ihren Eltern stets besonders umsorgt worden, was ihre Brüder sie manchmal scherzhaft spüren ließen.
Die Einschulungsgesellschaft bestand aus insgesamt dreizehn Personen, welche sich bereits kannten, denn sie hatten sich bei Geburtstagsfeiern oder ähnlichen Anlässen mehrmals getroffen. Neben den Großeltern von Ursel, Ulrich und Irene Melker sowie den Eltern Jens und Angelika, gehörten die Schwester Karola und der Bruder Lars vom Vater Jens zur Gesellschaft. Jens Schwester Karola war mit ihrem Ehemann Werner Eisiger gleichfalls zugegen. Lars und Karola hatten mit Freude die Patenschaft für die kleine Ursel bei deren Geburt übernommen und hatten es bis jetzt keinen Augenblick bereut. Weitere Gäste der Einschulungsfeier waren die Familien Wiese und Lehmann. Die Familie Lehmann war bereits seit Jahren mit Ulrich und Irene Melker befreundet und beide Familien waren des Öfteren gemeinsam in Urlaub gefahren. Die beiden Männer kannten sich von ihrer Schulzeit und hatten sich auch in den Folgejahren nie aus den Augen verloren. Der Zufall wollte es, dass beide gemeinsam ihren Wehrdienst bei einem Grenzregiment versehen haben. Aus all diesen Jahren gab es viele gemeinsame Erlebnisse zu erzählen, was zumeist zur Erheiterung der Anwesenden beitrug. Wenn es die Zeit erlaubte, spielten sie Romme, wobei das gewonnene Geld in eine gemeinsame Kasse eingezahlt wurde, welches jährlich zu einer Weihnachtsfeier ausgeschüttet wurde. In all den Jahren hatte sich daraus eine enge Freundschaft der Familien ergeben. Die Familie Wiese war mit den Eltern von Ursel, Jens und Angelika, befreundet. Die beiden Frauen hatten sich während eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt und sich angefreundet. Beide waren in einen Verkehrsunfall mit einem Linienbus verwickelt gewesen, aber glücklicherweise nur leicht verletzt worden. Der vollbesetzte Bus war mit einem anderen Bus kollidiert und einige Fahrgäste, darunter Sonja Wiese und Angelika Melker, mussten für einige Tage zur Beobachtung in die Klinik gebracht werden. Seit dieser Zeit hatten sich die Frauen öfters getroffen und zu einem späteren Zeitpunkt ihre Ehegatten in die Freundschaft einbezogen. Zur Freude der beiden Frauen hatten sich die beiden Männer ebenfalls von Beginn ihrer Bekanntschaft gut verstanden und so entstand eine enge Bindung der beiden Familien. Sonja Wiese arbeitete in einem Fitness - Studio und war selbst eine begeisterte Sportlerin und nutzte oft die Möglichkeiten des Studios zum persönlichen Wohlbefinden. Sonja war bei den Besuchern des Studios sehr beliebt und ihre Vorschläge zur Gestaltung der persönlichen Trainingseinheiten wurden gern und willkommen angenommen. Ihr langes Haar war dunkelblond und sie trug es stets offen, was ihrer jugendlichen Erscheinung entgegenkam. Sie war eine positive Erscheinung und hatte ein sehr angenehmes und freundliches Auftreten. Sie war zu allen Kunden des Studios sehr freundlich und hatte für ihre Probleme immer ein offenes Ohr. Sie ging immer sehr gut gekleidet und konnte sich das auf Grund ihrer tollen Figur leisten. Ihr Outfit während der Trainingsstunden war ebenfalls, wie bei den meisten Gästen, körperbetont und zur Realisierung der durchzuführenden Übungen unerlässlich. Ihr Ehemann, Klaus Wiese, war stets aufs Neue von ihrem tollen Aussehen begeistert und war sehr stolz auf seine schöne Sonja. Er bemerkte zwar stets die begehrenden Blicke anderer Männer, wenn er mit seiner Frau unterwegs war, aber zu Sonjas Glück und Freude war er nie eifersüchtig, weil er sich der Treue seiner Frau sicher sein konnte. Klaus Wiese betrieb im Kahnhafen in Lübbenau ein Souvenirgeschäft, was sehr gut lief und dessen Betrieb Klaus Wiese viel Freude bereitete. Klaus Wiese war ein Mensch der nach eigener Aussage den Umgang mit Menschen brauchte. Er konnte sich ein Leben ohne sein Geschäft nicht mehr vorstellen. Er hatte das Geschäft vor drei Jahren von einem Bekannten, der auf Grund seiner erkrankten Eltern nach Berlin ziehen musste, erworben und hatte es bis zum heutigen Tag nicht eine Sekunde bereut. Zum Erwerb des Geschäftes musste die Familie Wiese einen kleineren Kredit aufnehmen, was jedoch beiden keine größeren Probleme bereitete. Klaus Wiese war von kräftiger Statur und besuchte hin und wieder, auf Bitten seiner Frau, das Sportstudio, obwohl er es prinzipiell nicht nötig hatte. Beim Besuch des Sportstudios ging er meistens mit seinem Freund Ulrich Melker und gelegentlich trafen sich auch Angelika und Rita Schön im Studio. Die beiden Frauen gingen stets gemeinsam in das Studio, indem Sonja Wiese arbeitete. Das Geschäft hatte in der Sommerzeit auf Grund der zahlreichen Touristen seine finanziell beste Zeit und zu dieser Zeit hatte er sich zwei Aushilfskräfte eingestellt, die er in der Winterzeit nicht benötigte. Das Geschäft führte sämtliche im Spreewald üblichen Geschenkartikel und weitere für den Urlaub benötigten Artikel, wie z.B. Einwegfotoapparate, T-Shirts, Landkarten, Karten für Wanderrouten, Ansichtskarten, Regenschirme usw. Bei schönem Wetter waren die Besucher des Geschäftes kaum zu übersehen und Klaus musste abends manchmal registrieren, dass einige Artikel offensichtlich unendgeldlich das Geschäft verlassen hatten, wobei der finanzielle Schaden im Rahmen blieb. Er erstellte monatlich eine Liste der gestohlenen Artikel und klärte diese Problematik mit seiner Versicherung ab. Leider hatte sich der Kinderwunsch bei der Familie Wiese noch nicht eingestellt, obwohl sich beide Nachwuchs wünschten.
Die Eltern der Eingeschulten hatten sich in Abstimmung mit ihren Eltern auf diesen kleinen Kreis der Feiernden geeinigt, denn bei mehreren Gästen wäre wahrscheinlich der eigentliche Anlass der Feier in den Hintergrund geraten. Bei dieser Feier sollte jedoch unbedingt Ursel der Mittelpunkt der Feierlichkeiten sein und für sie sollte dieser Tag unvergesslich bleiben. Zudem hatten einige befreundete Ehepaare der Eltern von Ursel selbst mit der Einschulung ihrer Kinder zu tun, beziehungsweise waren zu anderen Anlässen eingeladen, so dass der Rahmen der Gäste begrenzt blieb. Irene Melker hatte auf der Terrasse des Wohnhauses, welche sich auf der Rückfront der Straße zugewandt befand, eine lange Tafel vorbereitet und ihre Nachbarin hatte ein festliches Mahl zubereitet. Irene verstand sich mit ihrer Nachbarin sehr gut und beide halfen sich bei Bedarf gegenseitig. Auf der Tafel standen Teller mit verschiedenen Rindsrouladen sowie Kartoffelklöße und anderer Kartoffelformen. Dazu waren noch Schüsseln mit Beilagen und mehrere verschiedene Soßen vorbereitet. Die Gäste nahmen an der Tafel Platz und äußersten sich begeistert über die vorbereitete Mahlzeit. Ursel hatte sich an die Stirnseite der Tafel gesetzt, denn sie war am heutigen Tag der Mittelpunkt der Feierlichkeit.
„Ihr habt euch große Mühe gegeben, das ist ein Festmahl“, lobte Carsten.
„Unsere Nachbarin hat uns dabei geholfen“, sagte Irene.
„Wenn es so gut schmeckt, wie es aussieht, halte ich mich nicht zurück“, erwiderte Carsten.
„Hast du dich beim Essen jemals zurückgehalten?“, fragte ihn seine Frau Christine.
„Muss ich auch nicht“, konterte Carsten.
Die anwesenden Gäste griffen gern zu und man merkte deutlich, dass es allen sehr gut schmeckte. Alle nahmen sich mehrmals von dem reichlichen Angebot, so dass nach einiger Zeit fast alle Teller und Schüsseln von Speisen befreit waren. Nachdem die Gäste ihre Mahlzeit beendet hatten, kam Jens mit einem Tablett gefüllter Sektgläser und bat alle auf das Wohl der Schulanfängerin mit ihm anzustoßen. Die kleine Ursel bekam ein Glas Orangensaft und stieß gleichfalls mit strahlenden Augen mit den Erwachsenen an. Im Anschluss stellte Ulrich Melker einige Flaschen Bier und zwei Flaschen Wein für die Frauen auf den Tisch und bat alle sich die Getränke gleichfalls, wie das Essen, munden zu lassen. Die Anwesenden nahmen diese Aufforderung gern an und griffen zu den bereitgestellten Gläsern.
„Ich hoffe, ihr könnt heute Abend noch reden“, schmunzelte Ulrich.
„Wir könnte einige spiele machen“, forderte Irene die Anwesenden auf.
„Eine gute Idee“, erwiderte Sonja Wiese.
„Für Spiele ist meine Sonja immer zu begeistern“, stimmte auch Klaus Wiese zu.
„Lars, wir könnten etwas Tischtennis spielen?“, fragte Jens seinen Bruder.
„Gern, wenn du scharf aufs verlieren bist.“
„Heute habe ich ein gutes Gefühl in meinen Händchen“, konterte Jens.
Die beiden Brüder standen auf und gingen Richtung Werkstatt, in welcher Jens eine fahrbare und klappbare Tischtennisplatte untergestellt hatte.
Die Frauen setzten sich zusammen an die rechte Ecke der Tafel, während sich die Männer an der anderen Seite zusammenfanden und zum Bierglas griffen. Die Zeit war bereits fortgeschritten, es war gegen 14.00 Uhr, und Irene fragte ihre Gäste für welchen Zeitpunkt das Kaffeetrinken vorbereitet werden soll.
„Kaffee gibt es auch noch?“, fragte schelmisch Carsten.
„Das gehört zum Fest“, erwiderte Irene.
„Bitte erst in zwei Stunden, ich bin noch satt vom Mittagsessen“, wünschte Karola.
„Ich stimme ihr zu“, sprach Angelika.
Die Gäste einigten sich, dass das nachmittägliche Kaffeetrinken frühestens 16.00. Uhr vorbereitet werden sollte und hofften, bis dahin wieder etwas Appetit zu haben. In der Gesprächsrunde der Männer sagte soeben Carsten: „Da fällt mir ein neuer Witz ein.“
„Mir ist rätselhaft, woher du immer neue Witze weißt“, sprach Ulrich.
„Die werden mir alle in meinem Geschäft durch Kunden oder meine benachbarten Geschäftsfreunde erzählt.“
„Ich könnte mir die Witze nicht alle merken“, lächelte Werner Eisiger.
Carsten Lehmann besaß in der Innenstadt von Lübben ein erträgliches Schuhgeschäft und war ein sehr angesehener Bürger der Stadt. Er war für seinen stets freundlichen Umgang mit den Kunden und seinen scheinbar nie erlahmenden Optimismus bekannt und die Einwohner von Lübben hatten ihn deshalb vor einigen Jahren in den Stadtrat gewählt. In diesem Gremium gab es jedoch öfters Streitigkeiten, weil Carsten Lehmann nicht immer mit der Handlungsweise der Stadtverwaltung einverstanden war. Aus diesem Grund hatte er sich vor zwei Jahren, aus sogenannten persönlichen Gründen, nicht zur Wiederwahl gestellt und sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen.
„Also, nu hört mal drauf. Der erste Witz, aber es kommen noch mehrere.
Eine alleinstehende Dame macht eine Schiffsreise. An Bord trifft sie einen Mann in Uniform. „Verzeihen sie, sind sie der Kapitän?“ – „Nein, der Deckoffizier.“ Errötend entfernt sie sich und murmelt: „Die denken aber auch an alles.“
„Ich hätte gern einen Papagei, der sprechen kann.“ – „Tut mir leid, ist ausverkauft. Ich kann ihnen aber einen Specht anbieten.“ – „Kann der sprechen?“ – „Nein, aber morsen.“
Jupps Frau kommt nach Hause und traut ihren Augen nicht. Ihr Mann sitzt nackt am Tisch und schreibt “Was schreibst du da und warum nackt?“ – „Ich mache das Preisrätsel fertig und da steht geschrieben: „Bevor sie abschicken, bitte frei machen!“
Die Männer bewunderten Carsten Lehmann für seinen unendlichen Humor und waren zugleich froh, dass er anwesend war und zur Unterhaltung beitrug. Nachdem Carsten mit seinen Witzen geendet hatte, sagte mit einem verschmitzen Lächeln auf den Lippen Ulrich: „Da muss ich eine Begebenheit aus unserer gemeinsamen Wehrdienstzeit erzählen.“
„Oh, je“, ahnte Carsten Schlimmes.
„Unsere Gruppe musste zu einer Überprüfung in Atomschutzkleidung in das Gelände ausrücken. Die Überprüfung sollte nach Zeit erfolgen. Ihr wisst vielleicht noch, die Atomschutzkleidung bestand aus drei Teilen, einschließlich der unheimlich lästigen Schutzschuhe. Mein Freund Carsten hatte offenbar keine Lust zu dieser Übung, denn als wir im Übungsgelände angekommen waren, hatte er einen Einfall. Wir mussten alle in Reih und Glied Aufstellung nehmen und die Zeitnehmer wurden festgelegt. Plötzlich sagte Carsten, er müsse mal austreten. Der Unteroffizier schickte ihn ins Gebüsch und nach einer Weile kam Carsten mit einem zerkratzten und blutigen Gesicht zurück.
„Was ist geschehen?“, fragte der Kapo.
„Bin gestolpert“, antwortete Carsten.
„So können sie an der Übung nicht teilnehmen.“
„Warum?“, fragte anscheinend enttäuscht Carsten.
„Sie können keine Schutzmaske aufsetzen“, erwiderte der Kapo.
„Schade“, sagte mit enttäuschtem Gesichtausdruck Carsten.
„Sie werden die Zeit der Überprüfung stoppen“, legte der Unteroffizier fest.
„Gern“, lächelte Carsten.
Später hat sich unsere Ahnung bestätigt und Carsten gab ehrlich zu, dass er mit Absicht gegen einem Baum gerannt ist, damit er an dieser Übung nicht teilnehmen musste.“
„Schmerzhaft war es trotzdem.“
„Aber von der Übung hast du dich gedrückt, denn sie wurde nie wiederholt.“
„Das stimmt, aber teuer war es auch.“
„Am Abend als wir alle in der Gaststätte getroffen haben, damals gab es noch eine Gaststätte in der Kaserne, musste er uns alle freihalten.“
Die Männer lachten über diese Geschichte und in der nächsten Zeit erzählten sie Geschichten aus ihrer Jugendzeit oder andere lustige Begebenheiten. Vor dem Kaffeetrinken mussten sich Jens und Lars noch duschen, denn sie hatten sich beim Tischtennis spielen völlig verausgabt und waren durchnässt. Nachdem Kaffee trinken spielten die Erwachsenen mit der Kleinen Ursel Verstecken und andere Spiele, was die Kleine sehr erfreute und glücklich machte. Der Tag war immer noch sehr warm und die Gäste stöhnten in der Hitze und tranken mehr als üblich, so dass Ulrich Melker Nachschub versorgen musste. Gegen 19.00 Uhr servierte Irene das Abendessen, welches wieder sehr üppig ausfiel. Alle lobten den von ihr angefertigten Kartoffelsalat und in kürzester Zeit war dieser von den Gästen verzehrt. Die Stimmung der Gesellschaft war weiterhin bestens und nach dem Abendessen wurde die ermüdete Ursel in das Bett gebracht. Sie bedankte sich nochmals bei allen und jeder spürte, dass dieser Tag für sie gelungen war. Die Feier dauerte bis Mitternacht an und konnte auf Grund der guten Witterungsbedingungen bis zum Abschluss auf der Terrasse durchgeführt werden. Beim Abschied lobten alle die schöne Feier und bedankten sich bei den Veranstaltern für die gelungenen schönen Stunden.
Die nächsten Tage und Wochen vergingen ereignislos und Ursel hatte sich in der Schule gut eingelebt. Die Geschäfte der Familien Wiese und Lehmann verliefen erfolgreich und die Touristen spülten eine Menge Geld in die Kassen der Geschäfte. Die Stadt war zu dieser Jahreszeit gut besucht und die Fährleute mussten mit ihren Kähnen