Two Hearts: You are my hope in the darkness ( Seelenbund-Trilogie Band 2 ) - Katharina Fendt - E-Book

Two Hearts: You are my hope in the darkness ( Seelenbund-Trilogie Band 2 ) E-Book

Katharina Fendt

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Beschreibung

Der achtzehnjährige Wolf, Elian Rice, welcher mit dem Rang eines Omega zur Welt kam, hatte es als schwächstes Mitglied unter den Werwölfen noch nie leicht in seinem Leben. Erst recht, nachdem sich auch sein bester Freund nach einem tragischen Unfall von ihm abwandte und nichts mehr mit ihm zu schaffen haben wollte. Ohne Eltern, Verwandte oder enge Freunde, die ihm zur Seite standen – abgesehen von seiner zweiten Seele, seinem Wolf Nelio – und einem Alpha, der ihn für den Tod seiner Gefährtin verantwortlich machte und meistens mit Ignoranz strafte, blieb ihm nur die Hoffnung, seinen Seelengefährten zu finden. Ein Wunsch, welcher drohte, womöglich niemals in Erfüllung zu gehen, als er bei einem Angriff auf sein Rudel von ihren Feinden gefangen genommen wurde. Doch was passiert, wenn er sein größtes Glück genau dort findet, wo er es niemals vermutet hätte? Ein Vampir und ein Lugaru ... Kann das gut gehen? Wird Elians sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen oder seine Seele in tausende Splitter zerspringen? Und was hat es mit den verschwundenen Vampiren auf sich? Erste Auflage: Ich bin Dein – Trilogie Neuauflage: Seelenbund – Trilogie Band 1: Two Souls Band 2: Two Hearts Urban-Fantasyroman M/M

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Katharina Fendt

Two Hearts

Band 2

Buchbeschreibung:

Der achtzehnjährige Wolf, Elian Rice, welcher mit dem Rang eines Omega zur Welt kam, hatte es als schwächstes Mitglied unter den Werwölfen noch nie leicht in seinem Leben. Erst recht, nachdem sich auch sein bester Freund nach einem tragischen Unfall von ihm abwandte und nichts mehr mit ihm zu schaffen haben wollte. Ohne Eltern, Verwandte oder enge Freunde, die ihm zur Seite standen – abgesehen von seiner zweiten Seele, seinem Wolf Nelio – und einem Alpha, der ihn für den Tod seiner Gefährtin verantwortlich machte und meistens mit Ignoranz strafte, blieb ihm nur die Hoffnung, seinen Seelengefährten zu finden. Ein Wunsch, welcher drohte, womöglich niemals in Erfüllung zu gehen, als er bei einem Angriff auf sein Rudel von ihren Feinden gefangen genommen wurde.

Doch was passiert, wenn er sein größtes Glück genau dort findet, wo er es niemals vermutet hätte? Ein Vampir und ein Lugaru ...

Kann das gut gehen? Wird Elians sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen oder seine Seele in tausende Splitter zerspringen? Und was hat es mit den verschwundenen Vampiren auf sich?

Erste Auflage: Ich bin Dein – Trilogie

Neuauflage: Seelenbund – Trilogie

Band 1: Two Souls

Band 2: Two Hearts

Katharina Fendt

Two Hearts

Seelenbund

YOU ARE MY HOPE IN THE DARKNESS

Roman

Herstellung und Verlag: Epubli

Neopubli GmbH

Köpenicker Straße 154a

10997 Berlin

Neuauflage, 2023

© by Katharina Fendt 2023

Brunnengasse 9

86856 Hiltenfingen

©alle Rechte vorbehalten

Lektorat und Korrektur: Franziska Eife

Coverdesign © by Hannah Sternjakob unter Verwendung von lizensierten Motiven von Depositphotos

[email protected]

Prolog

Vor 14 Jahren

„Aus dem Weg!“ Shay Nox, Alpha eines der größten, in Tallahassee – der Hauptstadt des US-Bundesstaates Florida – ansässigen Werwolfrudels Luxnoctis, schob sich wütend knurrend durch die kleine Menschentraube vor dem Infoschalter des HCA Capital Hospital. Was seinen fast vierjährigen Sohn Silvan, welchen er sich, kaum, dass sie sein Auto verlassen hatten, auf die Hüfte gesetzt hatte, dazu veranlasste, sich verängstigter in sein Hemd zu krallen. Ebenso wie sich dessen bester Freund Elian, welcher nur wenige Tage jünger war, und dessen Hand er soeben hielt, fest gegen sein Bein presste. Doch allein zu Hause konnte er die beiden Jungen nicht lassen und sie zu jemandem zu bringen, hätte ihn zu viel Zeit gekostet, schließlich war es längst mitten in der Nacht. „Lasst mich verdammt nochmal durch!“

„Bitte -! Mister -! Sie können sich doch nic-!“

„Chiara Nox -!“ Der Alphawolf unterbrach die grimmig dreinschauende Krankenschwester hinter dem Tresen, bevor sie ihren Satz zu Ende sprechen konnte, und ermahnte sich innerlich selbst zur Ruhe. Was nicht gerade leicht war, da die Angst seines Wolfs Ikarus um ihre Gefährtin fast sekündlich weiter zunahm, ebenso wie seine eigene. „Ich habe vor nicht einmal einer halben Stunde einen Anruf bekommen, dass meine Frau mit lebensgefährlichen Verletzungen eingeliefert wurde! Wie geht es ihr? In welchem Zimmer liegt sie?!“

Woraufhin die Mimik der älteren Dame wieder weicher wurde. Schnell schweifte ihr Blick von Shay Nox zu den Kindern an seiner Seite und richtete ihn im Anschluss daran wieder auf den Bildschirm des Computers, welcher vor ihr stand, und tippte mit flüssigen Bewegungen auf der Tastatur herum. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie ihren Blick erneut hob. „Ihre Frau wird soeben notoperiert. Ich bräuchte bitte Ihre Personalien, vorher darf ich Ihnen leider keine weiteren Auskünfte geben.“

*

„Wie geht es meiner Frau?!“ Shay erhob sich abrupt von einem der vielen Stühle, auf welchem er die letzten Stunden über zusammen mit den Kindern gewartet hatte, und starrte den Arzt mit schnell schlagendem Herzen an, welcher in diesem Moment auf sie zukam. „Mister Nox -.“ Der jung aussehende Mann sackte etwas in sich zusammen und bedeutete seinem Gegenüber, ihm zu folgen. Rasch nahm der großgewachsene Gestaltwandler seinen Sohn und Elian, der heute bei ihnen übernachten sollte, erneut an die Hand und folgte dem Blonden, der geduldig auf sie gewartet hatte. „Nun antworten Sie endlich! Wie geht es ihr?“

„Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand, Mister Nox -.“

Das Herz des Wolfes setzte einen Schlag aus. „Was wollen Sie mir damit sagen?“ Eine Abzweigung später blieben sie schließlich vor einer Tür stehen, woraufhin sich der Arzt erneut mit einem betrübten Blick an den älteren Mann wandte. „Die Verletzungen, welche bei dem Unfall entstanden, sind zu gravierend. Ihre Frau hat innere Blutungen, außerdem sind lebenswichtige Organe beschädigt worden. Im Moment ist sie zwar bei Bewusstsein.

Sie sollten diese wertvolle Zeit jedoch nutzen, um sich zu verabschieden. Wir können nicht genau sagen, wie lange dieser Zustand anhalten wird. Es tut mir leid, Mister Nox.“

*

„Mama – was ist mit dir? Mama -!“ Silvan sah mit großen tränennassen Augen zu seiner Mutter und schniefte aufgebracht.

Währenddessen sein Vater zwei der im Raum stehenden Stühle an das Krankenbett stellte und sich darauffolgend mit seinem Sohn auf einem niederließ, während Elian stumm auf den anderen kletterte. „Chiara -.“ Shay schluckte und wischte sich mit einer schnellen Bewegung die Träne aus dem Augenwinkel, welche sich soeben lösen wollte. „Alles wird wieder gut – du wirst sehen!“

Die Luna des Luxnoctis-Rudels lächelte müde und schüttelte kraftlos den Kopf, selbst mit den Tränen kämpfend, und streckte leicht eine Hand nach Silvan aus. Der daraufhin vorsichtig von seinem Vater auf das Krankenbett gesetzt wurde.

Darauf bedacht, nicht an die Schläuche zu kommen, welche an verschiedenartige Geräte rund um das Bett angeschlossen waren.

„Sieh mich an, Liebling!“ Chiara Nox lächelte sanft, als der Blick ihres Gefährten von den piepsenden Kästen schnell zurück zu ihr schweifte. „Arvid kann nichts für den Unfall. Wir waren auf dem Heimweg - und ein LKW kam auf unsere Spur. Arv hat noch versucht, auszuweichen, doch es war zu spät. Sie -“. Die Luna schloss für einen Moment die Augen. „Arv und - Lucy. Sie - sie haben es beide nicht geschafft, nicht wahr -? Lucy - sie ... sie hat mich noch darum gebeten, dass wir auf Eli aufpassen -. Bitte, Shay, ... sie war meine beste Freundin. Nimm ihn zu dir. Ich liebe dich – vergiss das bitte nie, ja!“

*

In dieser Nacht verstarb nicht nur die Luna des Luxnoctis-Rudels und ihre beiden besten Freunde -. Auch der Alpha war von dieser Stunde an nicht mehr derselbe.

1

Nelio – nun komm schon, ... lass uns zurück nach Hause! Es war abgemacht, dass wir nur etwas frische Luft schnappen und uns die Beine vertreten – Pfoten -.

Elian Rice seufzte leidend bei dem Gedanken daran, wie viele Räume es noch galt zu putzen, und die Gästezimmer, welche er für morgen noch herrichten sollte.

Es gibt nur wieder Ärger, wenn wir so lange wegbleiben und ich nicht fertig werde!

Elians Appell an seine tierische Seite schien jedoch nicht das Geringste zu bewirken. Die fließenden langen Schritte des dunkelbraunen zierlichen Wolfes, mit seinen eisblauen Augen, dessen Fell im Licht der untergehenden Sonne leicht rötlich schimmerte, wurden dadurch nicht einmal eine Spur langsamer. Es schien Nelio eher noch anzuspornen, mehr Distanz zwischen sich und ihrem kleinen Dorf, welches sich gut verborgen inmitten der unzähligen Bäume nahe des Upper Lake befand, zu bringen.

Elian war ein Wesen, welches zwei Seelen besaß, die zu zwei unterschiedlichen Körpern gehörten. Zwischen denen sie hin und her wechseln konnten, wie sie wollten. Ebenso wie sie dazu in der Lage waren, sich telepathisch miteinander zu unterhalten, egal, wer von ihnen in diesem Moment die Oberhand besaß.

Er war ein Lykaner, Lupus oder Werwolf, wie die Menschen sie in ihren Geschichten und Mythen bezeichneten. Der korrekte Begriff war allerdings Lugaru oder Wolfswandler. Nelio war der selbstständig denkende wölfische Teil seiner selbst. Er, Elian, war der typisch Menschliche. Nun ja – in Elians Fall war ‚normal‘ nicht unbedingt der passende Begriff, da er selbst unter seinesgleichen eine Anomalie war.

Ein Lugaru wurde schon bei der Geburt mit einer bestimmten Stellung unter seinesgleichen geboren. Was das Leben innerhalb eines Rudels, welches über den sogenannten Mind-Link verbunden war und über den sie kommunizieren konnten, enorm vereinfachte. Es gab die Alphas, Betas, Deltas und Omegas. Wobei Erstere und Letztere am seltensten vorkamen. Die Alphas unter ihnen waren die geborenen Anführer, welche durch ihre enorme Stärke und Größe – nicht nur in ihrer Wolfsform – herausstachen. Ihnen zur Seite standen die Betas.

Wolfswandler, welche den Alphas in puncto Kraft, Schnelligkeit und kämpferischem Geschick nahezu ebenbürtig waren. Ihren Rudelführern meist als rechte Hand und Vertreter zur Seite standen, und zudem für den Schutz des Rudels verantwortlich waren. Deltas konnten wiederum mit der normalen Bevölkerung verglichen werden. Wohingegen Omegas, obwohl sie ebenso selten wie die Alphas waren, in der Hierarchie an letzter Stelle standen. Sie waren zierlich. Hassten es regelrecht, zu kämpfen – wofür ihnen auch jegliches Geschick fehlte. Wurden schnell krank und ihre Verletzungen verheilten deutlich langsamer. Weshalb sie den Schutz des Rudels oder den ihres Gefährten benötigten. Omegas waren meist weiblich. In sehr seltenen Fällen kam es jedoch vor, dass ein männlicher Omega zur Welt kam. Wie in Elians Fall. Und wären all diese Nachteile dieses Ranges nicht schon genug Demütigung für einen seiner Art, kam erschwerend hinzu, dass männliche Omegas in der Lage waren, während ihrer sogenannten Hitze, schwanger zu werden.

Die Heat war eine Zeit von vier bis sieben Tagen, in welcher der Omega fruchtbar war und in einen Zustand fiel, in dem er fast ununterbrochen nach Sex verlangte. Und diesen sogar benötigte, um keine Schmerzen zu empfinden und etwas zur Ruhe zu kommen. Zumindest für eine kurze Zeit, bis das brennende Verlangen erneut aufflammte. Eine überaus kräftezehrende und ohne Gefährte auch schmerzvolle, wenn nicht gar gefährliche Zeit, wie Elian seit seinem 17. Geburtstag zirka alle drei Monate am eigenen Leib erfahren musste. Da hilfreiche Spielzeuge in diesem Fall leider nur bedingt den dominanten Part ersetzten. Welcher bei einem Omega – egal, ob männlich oder weiblich - ausnahmslos ein Mann war, und er zudem noch dazu gezwungen war, sich so gut es ging, selbst zu versorgen. Etwas, das im Normalfall der Gefährte übernahm, welcher seinem Omega in dieser Zeit nicht von der Seite wich. Ihn beschützte und sich um ihn kümmerte. Außerdem war es allein der männliche Omega, welcher in Heat ging, da die weiblichen sie naturgemäß nicht benötigten. Etwas, wofür ihn viele seiner Artgenossen schief, wenn nicht sogar angewidert, ansahen und die jüngeren Rudelmitglieder verspotteten. Und das, obwohl er nicht einmal einen Einfluss darauf hatte, was mit ihm geschah. Geschweige denn, dass er es sich ausgesucht hatte.

Was eventuell anders wäre, wenn Silvan, der Sohn des Oberhauptes, noch mit ihm befreundet wäre. Doch der junge Alpha hatte sich nach dem Tod seiner Mutter immer weiter von ihm distanziert und ihm letztlich die Freundschaft gekündigt, und das, obwohl er nicht das Geringste für den Tod der Luna konnte. Sie alle schienen zu vergessen, dass auch er an diesem Tag beide Elternteile verlor. Doch er hatte es längst aufgegeben und akzeptiert, wie es nun war. Ändern konnte er es schließlich so oder so nicht.

Nur gut, dass keiner dieser Idioten unser Gefährte ist!

Nelio knurrte und sprang über einen umgefallenen Baumstamm.

Stell dir bloß mal vor, es wäre Silvan.

Elian seufzte.

Es gab eine Zeit, da hätte ich mich gefreut, wenn es so gewesen wäre. Doch jetzt –

Nur gut, dass er als Omega seinen Gefährten bereits ab seinem 17. Lebensjahr erkennen konnte, und nicht wie die anderen mit achtzehn. Eines der wenigen positiven Dinge und mit einer der Gründe, warum er nicht schon lange abgehauen war. So konnte er sich zumindest sicher sein, dass ihn keine böse Überraschung erwartete.

Wir werden morgen schon sehen, wer es mit ihm aushalten muss - zumindest, wenn sie sich in unserem Rudel befindet. Was mich wieder zurück zum Thema bringt -. Wir sollten schleunigst heim. Shay flippt aus, wenn morgen am Tag von Silvans Geburtstag nicht alles perfekt ist.

Nur noch ein bisschen, Eli –

Die Schritte des braunen Wolfes wurden langsamer, als sie einen kleinen sauberen Teich weitab der Wanderwege erreichten, und trottete gemütlich darauf zu.

Du bekommst seinen Frust doch eh ab, egal, ob du alles richtig machst oder nicht. Dann können wir unseren kleinen Ausflug doch auch noch ein wenig genießen, findest du nicht? Außerdem habe ich Durst - und ich will unbedingt einmal um den Teich laufen -!

- Und dann läufst du zurück! Elian seufzte geschlagen. Ich bin es, der heute Nacht um drei Uhr tot in sein Bett fällt -. Nicht du!

***

Ravyn Ise erhob sich mit einem lauten aufgebrachten Knurren abrupt von seinem Schreibtischstuhl. Schlug mit beiden Handflächen auf das dunkle Holz der Schreibtischoberfläche und starrte seinen Sekretär mit wütend funkelnden Augen an. „Langsam reicht es mir mit diesen Wölfen! Wie können sie es wagen, das nächste meiner Etablissements zu überfallen, zu verwüsten und meine Leute anzugreifen! Die Stadt gehört nicht ihnen allein!“

Luc Durand, ein aus Frankreich stammender Vampir der dritten Generation und Sekretär Ravyns‘, verzog sein Gesicht zu einer Grimasse und erwiderte den Blick seines Bosses mit einem kalten Ausdruck in den braunen Augen. „Mir kommt es ganz so vor, als sehe Nox das anders!“

„Nox – dieser Bastard -!“ Der großgewachsene blonde Vampir und GEN2 – was dafür stand, dass er ein Vampir der zweiten Generation war – und Anführer des Gerlari-Syndikats aus Atlanta, schnaubte und ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. „Ich habe schon Igarashi auf der letzten Pet-Auktion hier in Atlanta gesagt, dass ich dem Alpha keine weiteren Warnungen mehr zukommen lasse. Und das gedenke ich einzuhalten.

Er zerstört nicht nur mein Geschäft, und damit meine ich nicht nur das Gebäude – auch mein Ruf leidet, wenn ich mir das noch länger gefallen lasse!“

„Und was hast du jetzt vor?“ Lucs‘ Blick war ununterbrochen auf das Gesicht des Älteren gerichtet, der sich in diesem Moment schmunzelnd und mit einem Ausdruck in den grünen durchdringenden Augen zurückgelehnte, welcher nichts Gutes versprach. „Finde heraus, wo Nox lebt. Es wird Zeit, dem Alpha einen Besuch abzustatten und ihnen zu zeigen, was passiert, wenn man meine Warnungen nicht ernst nimmt.“

Der GEN3 nickte zustimmend und sah auf seine Armbanduhr. „Soll ich deinem Bruder Bescheid geben?“ Doch Ravyn schüttelte nur leicht den Kopf, stützte sich mit seinem Ellenbogen auf der Lehne ab und legte einen Moment lang nachdenklich den Zeigefinger an seine Lippen. „Nein. Elric soll sich erst einmal um die Sicherheit des dunklen Hortes hier in Atlanta kümmern. Schließlich ist Enno Alarich, der Leiter, einer seiner besten Freunde, und die Angriffe der Jäger nehmen zu.

Ich weiß, dass Elric es sich nicht verzeihen würde, wenn ihm, den Vampiren und ihren Familien dort, etwas zustößt. Sobald du in Erfahrung gebracht hast, wo das Rudel lebt, möchte ich, dass genügend Wagen und Männer bereitstehen. Hast du verstanden?“ Woraufhin der GEN3 lediglich nickte und mit ernster Miene das Büro Ravyns‘ verließ.

2

„Elian, du sollst in das Büro des Alphas.“ Timon, ein breitgebauter Beta und die rechte Hand Shays‘, blieb im Türrahmen zur Küche stehen, in welcher Eli soeben das Dressing über den letzten, unfertigen Salat kippte, und sah diesen mit emotionsloser Miene an.

Elian schluckte, als sein müder Blick zu dem älteren Mann wanderte. Es war gestern zwar nicht drei Uhr nachts gewesen, als er endlich mit allem fertig war, dennoch war sie deutlich zu kurz, um jetzt am späten Nachmittag immer noch quietschfidel durch die Gegend zu hüpfen.

Was der Alpha wohl von ihm wollte? Elian biss sich auf seine Unterlippe, legte das Salatbesteck zur Seite und lief mit gesenktem Kopf auf Timon zu, der jeder seiner Bewegungen mit den Augen folgte.

In das Büro des Rudeloberhauptes gerufen zu werden, war nie ein gutes Zeichen. Er war sich jedoch sicher, nichts angestellt zu haben.

Eli atmete einmal tief durch und trat stumm an dem Beta vorbei.

Den Mann zu fragen, was Shay von ihm wollte, würde schließlich auch nichts bringen, da dieser ihm sowieso nicht die gewünschte Auskunft geben würde. Aus diesem Grund versuchte er es gar nicht erst und stieg die Stufen der Treppe hinauf, welche in das erste Stockwerk führte, und in welchem sich das Arbeitszimmer des Alphas befand. Die Anwesenheit der rechten Hand Shay Nox‘ dabei durchgehend hinter sich spürend, was gegen das mulmige Gefühl in seiner Magengegend und sein immer schneller schlagendes Herz nicht wirklich half. Im Gegenteil. Er kam sich vor wie ein Schaf, welches soeben zur Schlachtbank geführt wurde. Dagegen halfen nicht einmal die beschwichtigenden Worte Nelios. Der die ganzen harmlosen Dinge, weswegen der Alpha ihn zu sich rufen könnte, nacheinander aufzählte, sich dabei jedoch selbst nicht so Recht überzeugt anhörte.

„Herein!“ Der Omega schluckte ein weiteres Mal nervös, atmete tief durch und öffnete im Anschluss daran die schwere Holztüre, an welcher er vor wenigen Sekunden zaghaft geklopft hatte.

„Da bist du ja endlich!“ Shays Augen, welche nichts als Kälte ausstrahlten, lösten sich von den Papieren, die vor ihm auf dem Tisch lagen, und richteten sich auf Elian, währenddessen er den Kugelschreiber zur Seite legte. „Setz dich!“ Ein Befehl, dem der junge Gestaltwandler auf der Stelle nachkam.

Mit schnellen kleinen Schritten durchquerte Eli zügig den Raum, ließ sich daraufhin steif auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken und krallte seine Finger in den Stoff seiner Hose, ohne den Blick von dem Alpha zu lösen. Sein Herz schlug ihm mittlerweile bis zum Hals. Es war einfach nie gut, wenn dieser ihm seine Aufmerksamkeit schenkte.

Zur gleichen Zeit lehnte sich Nox in seinem Stuhl zurück, legte seine Unterarme auf den Armlehnen ab und verhakte seine Finger ineinander. „Da ich noch zu tun habe, werde ich mich kurzfassen -. Du wirst heute Abend das Rudel verlassen. In einer Stunde wird der Alpha eines der in Minnesota ansässigen Rudel eintreffen, welcher dich bei sich aufnehmen wird. Du hast diese eine Stunde Zeit, um deine Sachen zu packen. Sobald wir alles geregelt haben, wird er dich mitnehmen.“

„Was -? Aber -! - Nein!“ Elians Stimme klang hohl, gebrochen - und es dauerte einen Moment, bis sein Verstand die volle Tragweite der Worte erfasst hatte. „Da-das ist nicht dein Ernst?!“ Doch die Augen des Älteren blieben selbst bei den voller Panik geweiteten Seelenspiegeln des jungen Omegas ausdruckslos. „Ich bin mir sicher, dass ich nicht den Eindruck erwecke, als würde ich scherzen. Du solltest froh darüber sein, dass ich dich nicht einfach aus dem Rudel verbanne. So – und nun geh, ich habe zu tun!“

Wie mechanisch erhob sich Elian von seinem Platz, wandte sich mit auf den Boden gerichtetem leerem Blick ab und verließ das Arbeitszimmer.

Eine Stunde, dann würde ein ihm fremder Alphawolf hier ankommen und ihn mitnehmen. Einfach so -. Wie ferngesteuert und mit seinen Gedanken bei dem Grauen, welcher ihn als Omega dort mit Sicherheit erwartete, lief er in die Richtung des kleinen schlicht eingerichteten Raumes, dass er sein Zimmer nannte. Schloss leise hinter sich die Zimmertüre und ließ sich mit Tränen in den Augen auf sein Bett sinken. Von wo aus sein leicht verschwommener Blick durch den Raum schweifte.

Vielleicht ist es nun doch an der Zeit, Eli -. Ich will nicht dorthin!

Nelio wimmerte, währenddessen sich Elian eine der nassen Spuren von der Wange wischte.

Ich bin 17, Nelio. Ich - ich habe janicht einmal Geld oder komme an das Erbe meiner Eltern. Ich weiß, wir haben uns diese Möglichkeit immer offengelassen -. Aber wo sollen wir denn hin? Wir schaffen es ja nicht einmal, einen Hasen zu töten - ich meine -.

Die sind ja auch viel zu knuffig, um sie zu essen!

Elian kicherte auf die empörte Aussage seiner tierischen Seite hin und wischte sich erneut mit dem Handrücken über seine Wangen.

Aber, Elian – ich meine, ... wenn dieser Alpha und Shay vielleicht sogar befreundet sind -. Wer weiß, wie es uns dort geht! Ich - da töte ich für uns lieber diese süßen Flauschbälle, wenn es sein muss.

Elian atmete tief durch. Dann straffte er die Schultern, schniefte, wischte sich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck die letzten Tränen aus den Augenwinkeln und erhob sich hinterher mit einem Ruck von seinem Bett.

Du hast recht, Nelio. Irgendwie schaffen wir das schon! Lass uns packen!

*

Wir werden angegriffen! Shay Nox‘ Kopf ruckte nach oben, als die aufgebrachte Stimme eines der Mitglieder aus dem Patrouillentrupp in seinem Kopf ertönte. Und zu Timon, welcher auf dem 3-Sitzer-Sofa in seinem Büro saß und nun ebenfalls mit geweiteten Augen sein Starren erwiderte.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis Shay aufgesprungen und, dicht gefolgt von seinem Beta, aus dem Büro stürmte.

Konntet ihr erkennen - wer? - Und was ist passiert?

Der Alpha hastete die Treppe hinunter und weiter in Richtung Eingangsbereich. Nebenbei die Kämpfer seines Rudels über den Mind-Link zusammentrommelnd, während er weitere Infos der heutigen Patrouille erhielt.

Nein, Alpha! Eine Wagenkolonne, alle schwarz, mit verdunkelten Scheiben, fahren auf direktem Weg in Richtung Dorf. Wenn sie das Tempo beibehalten, sind sie in wenigen Minuten bei euch!

„Vater -!“

„Nicht jetzt, Silvan! Bleib mit deinem Beta und deinen Freunden im Haus, bis ich dir etwas anderes sage! Hast du gehört!“

Ohne einen Schritt langsamer zu werden, eilte das Oberhaupt des Wolfsrudels weiter auf die Haustüre zu und schenkte seinem Sohn, welcher soeben aus dem Wohnzimmer angelaufen kam, einen flüchtigen, strengen Blick. Was den 18-jährigen, blondhaarigen Alpha jedoch nicht davon abhielt, seinem Vater hinterherzueilen und ihm seine Hand auf die Schulter zu legen, um ihn aufzuhalten. „Was ist passiert? Ich werde nicht einfach hier im Haus bleiben, wenn du Hilfe brauchst!“ Woraufhin Nox Senior seufzte, sich mit grimmiger Miene zu seinem Sohn umdrehte und ihm seine Hände auf die Schultern legte. „Das war keine Bitte! Du bleibst erst einmal hier und passt auf deine Freunde auf!“

Nun war es an Silvan, sein Gesicht zu einer unwilligen Grimasse zu verziehen. Er nickte jedoch und sah seinem Vater noch einen Moment lang hinterher. Welcher keine Zeit verschwendete und mit dem Beta an seiner Seite weiter auf die Wohnungstür zueilte. Sie mit Schwung aufriss und ins Freie stürmte.

Und das keine Sekunde zu früh. Denn kaum war er von seinem Anwesen aus auf den Sammelplatz gerannt, auf welchem bereits seine fähigsten Rudelmitglieder versammelt waren und sich nervös umsahen, brachen die schwarzen SUVs und Geländewagen aus dem Unterholz und hielten weiterhin ungebremst auf sie zu. Und dann, nur wenige Wimpernschläge später, brach das Chaos auch schon los.

Die Wagen der Kolonne brachen aus der Linie aus und kamen an verschiedenen Stellen schlitternd zum Stehen. Während die Türen der dunklen Ungetüme aufflogen und die Sicht auf gänzlich in schwarze Anzüge gekleidete Hünen freigaben. Welche fauchend auf die Wölfe zurannten, kaum, dass die Reifen zum Stillstand gekommen waren.

Zur gleichen Zeit, und in einem Bruchteil von Sekunden, gab der Alpha den Befehl zum Angriff. Wandelte sich selbst im Sprung in seine tiefschwarze riesige Bestie, welche für einen Alpha üblich war, und stürzte sich auf einen der Angreifer. Was die anderen Wölfe seines Rudels ihm umgehend gleichtaten. Woraufhin lautes Fauchen, wütendes Knurren und Wolfsgeheul die unheimliche Stille durchbrach.

*

Die Laute des Kampfes gingen ihm durch Mark und Bein und ließen ihn voller Angst zwei Schritte zurückweichen. Nur einen Augenblick, nachdem er abrupt zum Stillstand gekommen war. Elians vor Schock geweitete Augen schossen zwischen den wild miteinander kämpfenden Vampiren und vierbeinigen Bestien hin und her. Ruhten einen Moment lang auf den Lugaru, welche zwischen den Kämpfenden tot auf dem Boden lagen.

Ein stechender Schmerz jagte durch seinen Körper, als immer mehr seiner Rudelmitglieder ihren letzten Atemzug taten, leblos zu Boden sanken, oder verunstaltet davongeschleudert wurden. Er spürte ihren Schmerz über die Verbindung, welche immer noch zwischen ihnen bestand. Was dazu führte, dass ihm unaufhörlich Tränen über die Wangen liefen und ein leiser Schrei seinen Mund verließ. Immer mehr Blut seiner Artgenossen, den Menschen, an deren Seite er aufgewachsen war, tränkte den Boden. Färbte ihn rot und ließ ihn im Schein der untergehenden Sonne glänzen. Es war ein schauriges Bild, welches sich wie im Zeitraffer vor seinen Augen abspielte.

Sein Herzschlag dröhnte ihm in den Ohren, während er begann, am ganzen Körper zu zittern.

Lauf, Eli - lauf!

Was? Elian schreckte auf, als er die panische Stimme seines Wolfes in seinem Kopf schreien hörte. Und dann sah er auch, was der Grund dafür war. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als seine Augen auf die feurigroten des Vampirs trafen, welcher inmitten der kämpfenden Wesen stand und in seine Richtung sah.

Eli – LAUF!

Und das tat er. Er drehte sich um, rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, in die entgegengesetzte Richtung und machte sich bereit, Nelio die Kontrolle zu überlassen. Als er mit einem Schlag einen stechenden Schmerz durch seinen Oberkörper jagen spürte, welcher die Luft aus seinen Lungen presste. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sein Körper unsanft einige Meter weiter auf dem Boden aufschlug.

Das Bild der gewandelten Lugaru und der Vampire im Schein der roten Abendsonne war das letzte, was er sah, bevor ihm schwarz vor Augen wurde. Ein Bild, welches sich unlöschbar in seinen Verstand einbrannte.

3

„Vater -! Nein -! Lasst mich verdammt noch mal los, ihr Bastarde!“

Elian stöhnte leise vor Schmerz und zwang seine Augenlider dazu, sich etwas zu heben, als die aufgebrachten, panischen Rufe Silvans wie durch Watte zu ihm durchdrangen und stetig lauter wurden. Er lag immer noch auf dem Boden, wie er schnell feststellte. Doch der Kampf schien mittlerweile ein Ende gefunden zu haben – zugunsten der Vampire, wie es aussah.

Elian schluckte, als seine Augen das Szenario erblickten, welches sich fast direkt vor ihm abspielte. Ein großgewachsener, breitgebauter Vampir mit stufig geschnittenen, blonden Haaren stand vollkommen gelassen, mit einer Hand in seiner Anzughose, inmitten des Platzes, zwischen all den Toten und seinen Begleitern. Zu seinen Füßen der regungslose Körper Shay Nox‘, wie Elian mit Schrecken feststellte, und sah ununterbrochen zu seinen zwei Leuten. Die soeben einen wild um sich schlagenden und knurrenden Silvan Nox in dessen Richtung bugsierten.

Ein Schauer, als hätte man ihn soeben mit eiskaltem Wasser übergossen, ließ seinen Körper erzittern. War Shay tot? Würde der Mann jetzt auch Silvan umbringen – und was war mit den Frauen und Kindern, welche sich zuvor versteckt hatten? - Warum hatten sie überhaupt angegriffen? Eli kniff einen Moment lang seine Augen fest zusammen und bemühte sich darum, keine verräterischen Laute von sich zu geben, währenddessen er hinterher verzweifelt seine aufkommenden Tränen wegzublinzeln versuchte.

Er war nur ein Omega - ein schwächlicher, wertloser Omega! Aber er konnte Silvan doch nicht einfach sterben lassen! Doch andererseits, was konnte er schon ausrichten? Wenn nicht einmal Nox und die Krieger des Rudels eine Chance gegen diese Gegner hatten. - Nein! Sie hatten es nicht verdient, dass er seine Kraft dafür einsetzte, den blonden Vampir anzugreifen. Welcher ihm vermutlich längst mit einem Lächeln im Gesicht die Kehle herausgerissen hätte, noch bevor es ihm überhaupt gelungen war, diesem auch nur einen einzigen Kratzer zuzufügen.

„Na-na, ... so spricht aber kein Anführer eines Rudels!“ Elian biss sich auf seine Unterlippe, als er dem Vampir dabei zusah, wie dieser über die ausgestreckten Beine des am Boden liegenden Alphas stieg, und den Kopf Silvans mit zwei Fingern unter dessen Kinn wenige Zentimeter anhob. Der weiterhin unnachgiebig von den zwei Hünen an Ort und Stelle gehalten wurde. „Du bist also sein Sohn. Weißt du, dein Vater hat meine Geduld lange auf eine harte Probe gestellt und mich herausgefordert! Was ihm - wie du siehst - nun teuer zu stehen kommt. Ich hoffe wirklich für dich, und für den Rest eures Rudels, dass du schlauer bist!“

„Du scheiß Vampir!“ Der junge Omega schloss gequält seine Augen, als er sah, wie Silvan dem Mann mit vor Wut verzerrter Miene vor die Füße spuckte und seinen Kopf wegdrehte, und krallte seine Finger in die Erde. Was natürlich nicht verhinderte, dass das dunkle Knurren des Vampirs an seine Ohren drang.

Er wird diesen Idioten töten, Eli. Silvan ist viel zu impulsiv, um zu verstehen, dass er soeben eine Chance erhalten hat, sein Überleben und das des restlichen Rudels zu sichern. Los, ... lass uns von hier verschwinden, das ist unsere Chance! Wir können nichts ausrichten -! Doch wenn wir schnell genug sind - vielleicht ist es ihnen egal!

Nelio hatte recht. Elian leckte sich über seine trockenen Lippen und schielte zu den Vampiren, welche ihm derzeit keinerlei Beachtung schenkten. Seine Kopf- und Gliederschmerzen waren zwar so grauenvoll, dass er am liebsten einfach hier liegen geblieben wäre. Vor allem seine Kopfschmerzen – vermutlich war er, als der Vampir ihn zur Seite geschleudert hatte, mit diesem auf einem Stein aufgeschlagen, was auch erklären würde, weshalb er kurz ohnmächtig war, doch er musste es wenigstens versuchen. Schließlich bestand wirklich die Chance, dass sie ihn einfach laufen ließen - nicht wahr?! Nun, da sie den Kampf eindeutig für sich entschieden hatten. Hier an Ort und Stelle, Nelio die Oberhand zu überlassen, würde sie allerdings zu viel Zeit kosten und die Aufmerksamkeit ihrer Angreifer erst recht auf ihn lenken -.

Es wäre am besten, wenn wir es so versuchen wie zuvor. Sobald du einige Meter weg bist, übernehme ich.

Eli schluckte erneut. Sein Hals war staubtrocken und sein Herz fühlte sich an, als wäre es zugeschnürt, ganz abgesehen von seiner Angst, welche ihm schwer auf den Magen schlug.

Jetzt, Eli – lauf!

Und das tat er. So schnell er konnte, rappelte sich Elian auf und rannte auf die nicht weit entfernt stehenden Bäume zu. Doch ihr Plan schien nicht aufzugehen. Denn Eli hatte noch nicht einmal die erste Baumreihe erreicht, da spürte er, wie er nach hinten gerissen wurde. Die Hand des Vampirs umschloss mühelos fast gänzlich seinen schlanken Hals und drückte ihm die Luft ab, während seine Füße den Kontakt zum Boden verloren.

„Wo wollen wir denn hin, Wölfchen?“ Eine Gänsehaut überzog Elians Körper, als der warme Atem des Vampirs sein Ohr streifte. Verzweifelt strampelte er wie ein Fisch auf dem Trockenen und versuchte, nach Atem ringend und wimmernd, die Finger, welche wie ein Schraubstock um seine Kehle lagen und ihm die Luft abdrückten, zu lösen. Nur zu deutlich spürte er den muskulösen Körper in seinem Rücken, die Kraft, über welche der andere verfügte – und die scharfen Fangzähne, welche seine empfindliche Haut streiften. So glaubte er zumindest.

*

„Nicht - Nathan! Bring ihn her!“ Hatte er sich also doch nicht getäuscht. Der Kleine hatte sie beobachtet und nur auf den richtigen Moment gewartet. Ravyns Mundwinkel zuckte leicht und beobachtete Nathan, einen seiner engsten Freunde, Berater und wie Luc Durand ein GEN3, dabei, wie dieser den verschüchterten Gestaltwandler nun in seine Richtung schob. Einen wahrlich bildhübschen jungen Wolf, wie er feststellte, nachdem sie sich jetzt, nur wenige Augenblicke später, gegenüberstanden.

„Was soll ich mit dem Lugaru machen, Boss?“ Nathan sah von dem zitternden Jungen in seinen Armen zu Ravyn, der nur einen Augenblick später Elians Kinn mit sanfter Gewalt etwas nach oben drückte, damit dieser ihn ebenfalls ansehen musste, und musterte ihn einen Moment lang.

„Zuerst einmal lockerst du deinen Griff um unseren jungen Omega hier etwas -.“ Ravyn summte belustigt, als er sah, wie sich die Augen seines Gegenübers weiteten, und sprach direkt, die Lippen weiterhin zu einem Schmunzeln verzogen, an Elian gewandt. „Natürlich erkenne ich, was du bist, Kleiner. Und ich bin mir auch darüber im Klaren, wie selten ein männlicher Omega ist. Wie besonders und wertvoll dein Rang dich macht, auch wenn diese Meinung von deiner Art nicht vertreten wird. Meistens zumindest. Zudem bist du eine wahre Augenweide. Es wäre eine Schande -.“

Der GEN2 schwieg einige Sekunden, dann verzogen sich seine Lippen zu einem kleinen Lächeln. „Nun, mein Bruder steht auf solch zarte, dunkelhaarige Geschöpfe wie du eines bist - und mir fehlt immer noch ein passendes Geschenk. Womit entschieden wäre, was Elric von mir zu seinem Geburtstag bekommt.“

„I-ich bin doch kein Gegenstand, den man verschenkt! Das – das -!“ Langsam ließ Ravyn seine Hand sinken und steckte sie wieder in seine Hosentasche, ohne den Blick einen Moment lang von dem Jüngeren abzuwenden, dessen leises gebrochenes Geflüster zu seinen geröteten tränennassen Augen passte, die ihn ungläubig anstarrten. „Wir leben in einer Welt, kleiner Omega, in der so etwas durchaus möglich ist und häufiger geschieht, als du denkst. Etwas, das nun einmal so real ist, wie die Gestaltwandler, Dämonen, Vampire und alle anderen Mystischen es sind, welche unter den Menschen leben. Sei ein braver, kleiner Omega, so wie es deiner Natur entspricht, und füge dich. Dann sehe ich mich auch nicht dazu gezwungen, dich grob zu behandeln, oder wie ein Objekt. Es liegt ganz an dir, ob du dich vor uns fürchten musst.“

Einen Moment lang war es still. In dem Ravyn den Kampf beobachtete, welchen der junge Gestaltwandler mit sich auszufechten schien. Doch letztlich siegte wohl die Vernunft, wie er zufrieden feststellte. Denn der Junge in Nathans Armen wurde sichtlich ruhiger. Hörte auf, gegen den GEN3 anzukämpfen, und ließ seinen Kopf etwas sinken. „Was – was passiert mit den anderen?“

Ravyn Ise schnaubte. Sah mit einer gehobenen Augenbraue von Elian zu Silvan, der in der Zwischenzeit ununterbrochen versucht hatte, sich zu befreien und mit einer erstaunlichen Bandbreite an Verwünschungen und Drohungen um sich geworfen hatte, und wieder zurück zu Eli. „Du meinst mit dem Alpha, der in der ganzen Zeit nicht einmal versucht hat, uns davon zu überzeugen, dich gehen zu lassen und dir keine Schmerzen zuzufügen? Oder die anderen, welche es wohl ebenso wenig interessiert? Nichts -! Ich habe, was ich wollte. Shay Nox. Der Rest interessiert mich nicht. Zumindest solange mir nicht erneut jemand in die Quere kommt.“ Damit wandte sich der blonde GEN2 ab und sah mit einer auffordernden Geste zu Nathan. „Bring den Kleinen zu meinem Wagen und hol aus einem der Kofferräume eine Decke. Omegas frieren recht schnell und ich möchte nicht, dass er krank wird. Wir fahren!“

4

Nathan zog die Fahrertüre des schwarzen Geländewagens hinter sich zu und blickte lächelnd über seine Schulter. „Soll ich zum Haupthaus zurück oder möchtest du den Kleinen woanders hinbringen?“ Was Ravyn Ise einen Moment lang nachdenken ließ, währenddessen er es sich bequem machte und, so gut es auf der Rücksitzbank eben ging, seine Beine überschlug.

„Zurück zum Haupthaus. Das Anwesen ist groß genug. Unwahrscheinlich, dass Elric ausgerechnet in den nächsten zwei Tagen meine Räume durchforstet, weil er etwas sucht.“

Dann wandte er sich an Elian, der zur gleichen Zeit seine Beine auf den Sitz zog und sich tiefer in der Decke versteckte, wie Nathan nickend den Motor startete und losfuhr. „Wie heißt du?“

„Elian Rice, Sir.“ Elis‘ leise Stimme zitterte ein wenig, dann kratzte er all seinen Mut zusammen. „Darf ich wissen, wer Sie sind? - und warum sie uns angegriffen haben?“ Elian biss sich auf seine Unterlippe und krallte seine Finger in die dunkle flauschige Decke, welche er längst bis zu seinem Kinn hochgezogen hatte. „Was passiert jetzt mit mir?“

„Ravyn Ise. Ich bin, wie mein Bruder, ein GEN2. Mir gehören einige Firmen und verschiedene Locations. Nox hat sich in meine Geschäfte eingemischt, was mich einiges an Geld gekostet hat und mich noch kosten wird. Und wir reden hier nicht über Taschengeldbeträge. Er war nicht der nette unschuldige Alpha.“

Elian nickte leicht und wandte einen Moment lang seinen Blick ab. „Das habe ich auch nicht angenommen. Was bedeutet GEN2?“ Der nun doch neugierige Blick des Jüngeren legte sich erneut auf Ravyn Ises‘ Gesicht, welcher leicht grinste. „Wir werden, nicht wie ihr, mit verschiedenen Rängen geboren. Die Hierarchie, wenn man so möchte, richtet sich bei uns nach der Generation, in welcher wir zur Welt kommen. GEN1, GEN2, GEN3 und so weiter. Ein GEN1, also ein Vampir der ersten Generation - durch einen Gendefekt sind wir Vampire immer männlich - stammt direkt von den alten Bestien ab. Wenn dieser GEN1 mit seinem Gefährten oder seiner Gefährtin ein Kind zeugt, wird dieses als GEN2 geboren. Selbstverständlich können die jungen Generationen meiner Rasse ebenso viel Macht erlangen wie die Älteren. In Hinsicht auf ihre Kraft jedoch, können sie diesen nicht das Wasser reichen, da das Blut der alten Kreaturen mit jeder neuen Generation verdünnt wird.

Um es noch einfacher auszudrücken, ein GEN1 ist mit euren mächtigsten Alphas zu vergleichen. Ein Vampir der zehnten Generation beispielsweise, mit einem Omega. Nur dass bei meiner Art keine neuen Vampire der ersten Generation geboren werden, anders wie bei euch. Hast du verstanden?“

Elian nickte, was den GEN2 zufrieden lächeln ließ.

„Gut. Und jetzt zu deiner letzten Frage -. Wir fahren zurück zu meinem Anwesen in Atlanta. Mein Bruder und ich besitzen nicht nur ein Grundstück, doch dort verbringen wir die meiste unserer Zeit. Elric hat in drei Tagen Geburtstag - und wie ich bereits sagte, wirst du mein Geschenk an ihn sein.

Ich habe seine ständigen One-Night-Stands langsam satt. Hinzu kommt, dass sie ihm nicht zu helfen scheinen, sondern von Mal zu Mal frustrierter zurücklassen. Das Ganze bringt in vielerlei Hinsicht nichts als Ärger und Probleme mit sich. Meinem Bruder fehlt jemand an seiner Seite, der in ihm den Beschützerinstinkt weckt und dessen sanfte Art auf ihn abfärbt. Ich hoffe, dass du ihm hilfst, wieder zur Ruhe zu kommen.

Ich möchte Elric nicht eines Tages an die Blutgier verlieren. Eine Frau kommt für ihn nicht in Frage. Doch du als männlicher Omega bist von deiner ganzen Natur her perfekt. Außerdem wirst du damit einen Alpha an deiner Seite haben, der dir die Sicherheit gibt, nach welcher ihr Omegas euch sehnt. Mein Bruder wird dich gut behandeln, da bin ich mir sicher. Und wenn du dich benimmst und nicht so etwas Törichtes, wie beispielsweise einen Fluchtversuch startest, hast du weder von mir, noch Elric oder unseren Männern etwas zu befürchten.

Weißt du, wer dein Mate ist?“ Ravyn ließ Eli keinen einzigen Moment aus den Augen. Beobachtete jede seiner Bewegungen und Reaktionen auf seine Worte. Der Geruch, der an dem kleinen Omega haftete, war zwar rein. Kein penetranter Geruch, welcher den lieblichen des Jüngeren überlagerte. Was bedeutet hätte, dass bereits jemand Anspruch auf den Omega erhoben und ihn als seines markiert hatte. Außerdem war die blasse Haut am Hals gänzlich unversehrt, soweit er das beurteilen konnte. Kein Mate-Biss war zu erkennen.

Wäre dies der Fall gewesen, hätte er ihn nicht mitgenommen. Schließlich war er kein Monster, auch wenn viele an dieser Stelle etwas anderes behaupten würden. Doch das schloss nicht gänzlich aus, dass er nicht längst seinen Mate gefunden hatte und sie nur noch nicht weiter gegangen waren. Zwar etwas sehr Unwahrscheinliches und Idiotisches, in Bezug auf die fehlende Sicherheit für den Omega, doch nichts Unmögliches. Dennoch fand er es nicht sehr wahrscheinlich, dass Letzteres zutraf.

Was Elian ihm nur wenig später in Form eines sachten kopfschüttelns bestätigte. „Nein - ich ... es ist niemand aus dem Rudel.“

Woraufhin der Vampir mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht nach seinem Smartphone in seiner Anzugjacke fischte, welches in dieser Sekunde angefangen hatte zu klingeln. „Gut. Ruh dich etwas aus. Wir sind noch eine Weile unterwegs.“ Ravyn sah Elian nur einen Moment lang an, dann nahm er mit einer deutlich genervt klingenden Stimme den Anruf entgegen.

Vielleicht hättest du ihn doch besser anlügen sollen. Wenn er angenommen hätte, dass jemand kommt, um uns zu befreien -.

Elian seufzte leise, bei der alles andere als sonst so fröhlichen Stimme Nelios‘ in seinem Kopf und wandte sein Gesicht der vorbeifliegenden Landschaft zu.

Nein, Nelio. Ich denke nicht, dass wir uns einen Gefallen damit tun, wenn wir ihn anlügen und wütend machen. Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass er uns verletzen möchte, abgesehen von dieser ‚Ihr seid mein Geschenk‘ Sache. Vielleicht tun sie uns ja wirklich nichts, was dir oder mir in irgendeiner Form Schmerzen bereitet. Außerdem scheint er nichts gegen Omegas zu haben und sogar über uns Bescheid zu wissen.

Wir enden mit einem Geschenkband um unseren Hals -.

Besser als halbtot, frierend und schutzlos im Wald liegend oder an Ketten in einem Keller.

Elian schloss einen Moment die Augen und konzentrierte sich auf den angenehmen Geruch des weichen anthrazitfarbenen Leders an seiner Wange.